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Nicht zuletzt die Bedrohungen durch Terrorismus und aus dem Cyberraum haben das Bewusstsein geschärft, dass Nachrichtendienste einen wichtigen Beitrag zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und zur Gewährleistung einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung leisten. Da sie zur Informationsgewinnung und weiteren Datenverarbeitung jedoch in vielfacher Hinsicht in Grundrechte eingreifen, stellt sich die Frage nach rechtsstaatskonformen gesetzlichen Grundlagen. Das vorliegende Studienbuch gibt einen praxisorientierten Überblick über Aufgaben und Befugnisse der Nachrichtendienste in Deutschland sowie die Kontrolle ihrer Tätigkeit.
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Seitenzahl: 572
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SchriftenreiheVerwaltung in Praxis und Wissenschaft (vpw)
von
Prof. Dr. Gunter Warg, Mag. rer. publ.Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung
Deutscher Gemeindeverlag
1. Auflage 2023
Alle Reche vorbehalten
© Deutscher Gemeindeverlag GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-555-02156-0
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-555-02157-7
epub: ISBN 978-3-555-02158-4
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Nicht zuletzt die Bedrohungen durch Terrorismus und aus dem Cyberraum haben das Bewusstsein geschärft, dass Nachrichtendienste einen wichtigen Beitrag zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und zur Gewährleistung einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung leisten. Da sie zur Informationsgewinnung und weiteren Datenverarbeitung jedoch in vielfacher Hinsicht in Grundrechte eingreifen, stellt sich die Frage nach rechtsstaatskonformen gesetzlichen Grundlagen. Das vorliegende Studienbuch gibt einen praxisorientierten Überblick über Aufgaben und Befugnisse der Nachrichtendienste in Deutschland sowie die Kontrolle ihrer Tätigkeit.
Prof. Dr. Gunter Warg, Mag.rer.publ., Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung - Fachbereich Nachrichtendienste - in Brühl.
Dieses Lehrbuch möchte eine praxisorientierte Darstellung der rechtlichen Grundlagen des Verfassungsschutzes und Bundesnachrichtendienstes liefern. Es richtet sich daher an Studierende der Fachhochschulen und Universitäten, an denen das Recht der Nachrichtendienste als „grundständiges“ Fach gelehrt wird. Für dogmatische Feinheiten und Details gibt es ausführliche Handbücher und Kommentare, auf die ich zur Vertiefung gerne verweise.
Der Schwerpunkt in dieser Darstellung liegt – wegen der großen Bedeutung in der Verwaltungspraxis – auf den Aufgaben und wichtigsten Befugnissen der Nachrichtendienste zur Datenerhebung, sowie auf den Vorschriften zur Übermittlung personenbezogener Daten durch und an die Nachrichtendienste.
Für hilfreiches Korrekturlesen danke ich Herrn Dipl.-Krim. Martin Weinrich, M.A.
Ich habe versucht, die Entwicklung in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur bis Mai 2023 zu berücksichtigen. Die grundlegenden Entscheidungen des BVerfG zum Bayerischen Verfassungsschutzgesetz vom 26.4.2022 und zur Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit Strafverfolgungsbehörden von 28.9.2022 sind daher eingearbeitet.
Wenn man ein Lehrbuch für eine ziemlich exotische Rechtsmaterie neu herausbringt, zu der es vergleichsweise wenig (Ausbildungs-)Literatur gibt, bestehen mindestens drei Risiken: man schreibt zu manchen Themen zu wenig (oder gar nichts), zu anderen zu viel oder zu manchen etwas schief. Für alle drei Unwägbarkeiten bitte ich die Leser um Nachsicht und um Verbesserungsvorschläge an: [email protected].
Brühl, im Mai 2023Gunter Warg
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
Recht der Nachrichtendienste
I.Merkmale der Nachrichtendienste in Deutschland
1.Gemeinsamer Auftrag und Abgrenzung zum Geheimdienst1
2.Trennungsgebot2
3.Funktion der Nachrichtendienste in der Sicherheitsarchitektur und Abgrenzung zur Tätigkeit der Polizei5
4.Die Rechtsgrundlagen für die Nachrichtendienste8
5.Verfassungsschutz als Ausfluss und Verkörperung der „wehrhaften Demokratie“9
6.Begriff des „Verfassungsschutzes“ und Institutionen, die Verfassungsschutzaufgaben wahrnehmen11
7.Verfassungsschutz durch Aufklärung12
8.Der Verfassungsschutzbericht13
9.Verfassungsrechtliches Gebot eines nachrichtendienstlichen Verfassungsschutzes?15
10.Existenzrecht oder -pflicht der LfV?16
II.Wesentliche Entwicklungslinien des BVerfSchG seit 1950
1.Ursprungsfassung des BVerfSchG17
2.Aufnahme des Ausländerextremismus und der Spionageabwehr in den Aufgabenkatalog (1972)18
3.Umsetzung des Volkszählungsurteils (1990)19
4.Änderungen durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz (2002)19
5.Fortschreibung der „neuen“ Befugnisse durch das Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (2007)20
6.Weitere Änderungen in 2011 und 201322
7.Regelungen zu V-Leuten und verdeckten Mitarbeitern und zur Stärkung der Zentralstellenfunktion des BfV (2015)22
III.Überblick über die Geschichte von MAD und BND
IV.Überblick über die Struktur des BVerfSchG
V.Die Aufgaben des Verfassungsschutzes
1.Verfassungsrechtliche Verankerung in Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 GG24
2.Beobachtung der Organisierten Kriminalität?25
3.Sammeln und Auswerten von Informationen26
4.Tatsächliche Anhaltspunkte (§ 4 Abs. 1 Satz 5 BVerfSchG)29
a)Begriffsdefinition29
b)Abgrenzung zu anderen Verdachtsstufen und zur „erwiesen extremistischen Bestrebung“30
c)Beispiele für tatsächliche Anhaltspunkte, die Notwendigkeit repräsentativen Verhaltens und die Relevanz von Ausreißermeinungen31
d)„Tatsächliche Anhaltspunkte“ als Umschreibung für Verdachtsbeobachtung33
e)Kriterien für die Bewertung als „extremistisch“34
f)Justitiabilität35
5.Verdachtsfälle und Prüffälle im Vorfeld von Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 BVerfSchG36
6.Begriff der Bestrebung (§ 4 Abs. 1 BVerfSchG)40
a)In oder für einen Personenzusammenschluss40
b)Politisch motiviert43
c)Ziel- und zweckgerichtetes Vorgehen43
d)Abgrenzung zur bloßen Kritik an Regierung und staatlichen Repräsentanten44
e)Potentialität der Bestrebung erforderlich?45
f)Keine Notwendigkeit von Straftaten oder konkreten Gefahren46
g)Ist Vorsatz erforderlich?47
7.Entschließungsermessen und/oder Auswahlermessen?48
8.Verfassungsschutzrelevante Bestrebungen bzw. Aktivitäten49
a)Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG)49
b)Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, Var. 2 BVerfSchG)53
c)Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, Var. 3 BVerfSchG)55
d)Bestrebungen gegen die Amtsführung der Verfassungsorgane (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, Var. 4 BVerfSchG)57
e)Geheimdienstliche Tätigkeiten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 BVerfSchG)57
f)Bestrebungen, die durch Anwendung oder Vorbereitung von Gewalt auswärtige Belange gefährden (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 BVerfSchG)68
g)Bestrebungen gegen den Gedanken der Völkerverständigung (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 BVerfSchG)70
h)Zusammenfassende Übersicht zu extremistischen Bestrebungen73
i)Übungsfall zu §§ 3, 4 BVerfSchG74
9.Sonstige Aufgaben des BfV: personeller und materieller Geheim- bzw. Sabotageschutz76
10.Die Festlegung von Beobachtungsobjekten77
11.Die Problematik der Beobachtung von Parlamentariern78
VI.Die Aufgaben des MAD
1.Aufgaben des MAD und Abgrenzung zu den zivilen Verfassungsschutzbehörden80
a)Weitgehend gleiche Aufgaben wie zivile Verfassungsschutzbehörden80
b)Die Verfassungsrechtliche Grundlage des MAD82
2.Zum eingeschränkten Tätigkeitsradius des MAD82
3.Zusätzlicher Auftrag: Beurteilung der Sicherheitslage und Schutz der Bundeswehr bei besonderen Auslandsverwendungen83
VII.Die Aufgaben des BND
1.Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Bezug auf die Aufgaben des Verfassungsschutzes85
2.Außen- und sicherheitspolitische Bedeutung der Informationsgewinnung86
3.Aufklärungsauftrag „über das Ausland“, nicht notwendig im Ausland88
4.Aufklärungsfelder des BND, insbesondere das Auftragsprofil der Bundesregierung89
VIII.Die Befugnisse der Nachrichtendienste
1.Befugnisse auch für das BfV als Zentralstelle?91
2.Befugnisregeln auch für den BND bei Datenerhebungen im Ausland?92
3.Allgemeines zur Bedeutung der Datenumgangsregeln93
4.Grundlagen des Datenschutzrechts93
a)Das Volkszählungsurteil93
b)Die Relevanz des BDSG für die Arbeit der Nachrichtendienste96
c)Die Kontrolle der Nachrichtendienste durch den BfDI97
d)Aufgaben und Stellung des behördlichen Datenschutzbeauftragten99
5.Die Regelungen zu Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten im Einzelnen (ohne Übermittlung)99
a)Übersichten zur Datenerhebung und weiteren Verarbeitung nach §§ 8 ff. BVerfSchG99
b)Generalklausel für offene Informationsbeschaffung100
c)Die sog. nachrichtendienstliche Generalklausel103
d)Optische und akustische Wohnraumüberwachung111
e)Benachrichtigungspflichten bei besonders eingriffsintensiven ND-Mitteln115
f)Auskunftsverlangen bei privaten Dienstleistern und IMSI-Catcher116
g)Speicherung in Dateien (insbesondere NADIS WN)117
h)Minderjährigenschutz120
i)Berichtigen, Löschen und die Einschränkung der Verarbeitung (Sperren) von Daten121
6.Frage der Strafbarkeit bei Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel125
a)Rechtfertigung nur von Straftaten gegen Kollektivrechtsgüter126
b)Spezielle Vorgaben für V-Personen und Verdeckte Mitarbeiter128
c)Anwendung des rechtfertigenden Notstands129
d)Strafprozessuale Möglichkeiten129
7.Auslandstätigkeit von Nachrichtendiensten und das Völkerrecht130
8.Grundrechte und Verhältnismäßigkeit (ohne Art. 10 GG)132
a)Allgemeines Persönlichkeitsrecht132
b)Meinungs- und Pressefreiheit140
c)Versammlungsfreiheit143
d)Wohnungsgrundrecht144
e)Parteiengrundrecht (Art. 21 GG)145
f)Kernbereich privater Lebensgestaltung148
g)Benachrichtigung der Betroffenen nach Beendigung der heimlichen Überwachungsmaßnahme151
9.Eingriff in das Post-, Brief- und Telekommunikationsgeheimnis nach dem G10151
a)Allgemeines zur Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen151
b)Grundlagen des Schutzbereichs nach Art. 10 GG153
c)Schutz nur für die Phase des Informationsaustauschs154
d)Reichweite der TKÜ156
e)Kommunikation im Internet und Zugriffe auf Online-Speicher156
f)Kein Vertrauensschutz bzgl. der Integrität der Kommunikationspartner158
g)Übersicht zu den relevanten Datenkategorien159
h)Die Voraussetzungen für Überwachungsmaßnahmen nach dem G10159
i)Anordnung durch das BMI und Zustimmung durch die G10-Kommission161
IX.Die Übermittlung von Informationen durch und an die Nachrichtendienste
1.Einleitung162
2.Anwendungsbereich der §§ 17 ff. BVerfSchG162
3.Speziell: Informationsaustausch und Zusammenarbeit im Verfassungsschutzverbund163
a)Zusammenarbeitsverpflichtung163
b)Insbesondere: Zusammenarbeit durch Führen gemeinsamer Dateien165
c)Exkurs: Benehmensherstellung bzw. Herstellung des Einvernehmens im Verfassungsschutzverbund166
4.Begriffsklärung: was bedeutet „Übermittlung“?167
5.Allgemeine Grundsätze für Datenübermittlungen168
6.Verhältnis der Übermittlungsvorschriften des BVerfSchG zu anderen Übermittlungsregeln170
7.Einzelne Übermittlungsregeln des BVerfSchG172
a)Ersuchen an die Bundespolizei bzw. die Polizeibehörden der Schengen-Staaten (§ 17 Abs. 2 und § 17 Abs. 3 BVerfSchG)172
b)Übermittlung von Informationen durch andere Behörden an die Nachrichtendienste175
c)Übermittlungen durch die Nachrichtendienste an andere Stellen183
d)Übermittlungsverbote, § 23 BVerfSchG199
e)Übersicht zu den wichtigsten Übermittlungsvorschriften201
X.Übersicht zu den Befugnissen nach §§ 8 ff. BVerfSchG
XI.Amtshilfe durch und für die Nachrichtendienste
1.Charakter der Amtshilfe203
2.Voraussetzungen der Amtshilfe204
3.Verantwortung für die Zulässigkeit der Gesamtmaßnahme206
4.Amtshilfe und Zusammenarbeitsverpflichtung nach dem BVerfSchG207
XII.Die Kontrolle über die Nachrichtendienste
1.Eigenaufsicht209
2.Öffentliche Kontrolle durch Medien209
3.Exekutive Kontrolle209
4.Parlamentarische Kontrolle209
a)Die Kontrollorgane und der Umfang ihrer Kontrollrechte209
b)Grenzen parlamentarischer Kontrolle211
5.Kontrolle durch unabhängige öffentliche Stellen216
6.Gerichtliche Kontrolle218
a)Allgemeines218
b)Typische Klagekonstellationen gegen nachrichtendienstliche Maßnahmen218
c)Pflicht der Nachrichtendienste zur Vorlage von Akten in verwaltungsgerichtlichen Verfahren219
Stichwortverzeichnis
Matthias Bäcker/Erhard Denninger/Kurt Graulich (Hrsg.), Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl. 2021 (zitiert: Bearb., in: Bäcker/Denninger/Graulich)
Maximilian Banzhaf, Die Ämter für Verfassungsschutz als Präventionsbehörden. Rechtsfragen zur Stellung der Verfassungsschutzämter in der deutschen Verfassungsschutzarchitektur, 2021 (zitiert: Banzhaf)
Hermann Borgs-Maciejewski/Frank Ebert, Das Recht der Geheimdienste, 1986 (zitiert: Borgs/Ebert)
Karl Peter Bruch/Bruno Jost/Eckhart Müller/Heino Vahldieck, Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus vom 30. April 2013 (zitiert: BLKR)
Jan-Hendrik Dietrich/Sven Eiffler (Hrsg.), Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017 (zitiert: Bearb., in: Dietrich/Eiffler)
Jan-Hendrik Dietrich/Matthias Fahrner/Nikolaos Gazeas/Bernd von Heintschel-Heinegg (Hrsg.), Handbuch Sicherheits- und Staatsschutzrecht, 2022 (zitiert: Bearb., in: Dietrich/Fahrner)
Bernadette Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, 2007 (zitiert: Droste)
Christian Gröpl, Die Nachrichtendienste im Regelwerk der deutschen Sicherheitsverwaltung, 1994 (zitiert: Gröpl)
Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bände I-XIII (zitiert: Bearb., in: Isensee/Kirchhof, HStR)
Markus Löffelmann/Mark A. Zöller, Nachrichtendienstrecht, 2022 (zitiert: Löffelmann/Zöller)
Manfred Möller/Gunter Warg, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 6. Auflage 2011 (zitiert: Möller/Warg)
Helmut Roewer, Nachrichtendienstrecht der BR Deutschland, 1987 (zitiert: Roewer)
Monika Rose-Stahl, Recht der Nachrichtendienste, 2. Auflage 2006 (zitiert: Rose-Stahl)
Wolf-Rüdiger Schenke/Kurt Graulich/Josef Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Auflage 2019 (zitiert: Bearb., in: Schenke/Graulich/Ruthig)
Wolf-Rüdiger Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 10. Aufl. 2018 (zitiert: Schenke)
Patrick Spitzer, Die Nachrichtendienste Deutschlands und die Geheimdienste Russlands – ein Vergleich, 2011 (zitiert: Spitzer)
Satish Sule, Spionage: Völkerrechtliche, nationalrechtliche und europarechtliche Bewertung staatlicher Spionagehandlungen unter besonderer Berücksichtigung der Wirtschaftsspionage, 2006 (zitiert: Sule)
1Die BR Deutschland kennt auf Bundesebene drei Nachrichtendienste: Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und den Militärischen Abschirmdienst (MAD) als Inlandsnachrichtendienste sowie den Bundesnachrichtendienst (BND) als Auslandsnachrichtendienst.2 Mit dem BfV zusammen bilden die 16 Verfassungsschutzbehörden der Länder (LfV) einen Verfassungsschutzverbund mit weitgehend identischem Aufgabenkatalog, in dem alle relevanten Informationen wechselseitig ausgetauscht werden (§ 6 Abs. 1 BVerfSchG).
Abb. 1: Nachrichtendienste in der BR Deutschland
2Alle genannten Behörden haben als Aufgabe die Beschaffung und Auswertung von Informationen (s. §§ 3 Abs. 1 BVerfSchG, 1 Abs. 2 BNDG, 1 Abs. 1 MADG). Ihr Beitrag zur öffentlichen Sicherheit beschränkt sich also auf das Bereitstellen von Informationen, mit denen andere Behörden (vor allem solche mit weitergehenden polizeilichen Zwangsbefugnissen) Maßnahmen zur konkreten Gefahrenabwehr bzw. zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten betreiben können. Wegen dieser Beschränkung auf Sammeln und Auswerten und angesichts des Trennungsgebots (Rn. 4 ff.) ist ihnen sowohl das Ausüben polizeilicher Zwangsbefugnisse („imperative Befehls- und Zwangsmaßnahmen“, z. B. Hausdurchsuchung, Beschlagnahme, Festnahme) als auch das Betreiben subversiver Aktivitäten (z. B. die heimliche Beeinflussung gesellschaftlicher Gruppen als „agent provocateur“, etwa durch Gründung oder gezielte Unterstützung einer extremistischen Partei) verwehrt. So wäre der Einsatz von V-Leuten mit dem Ziel der Steuerung eines extremistischen Personenzusammenschlusses unzulässig (§ 9a Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG). Mit dem Rechtsstaatsprinzip wäre es nicht vereinbar, wenn die Nachrichtendienste ihre Beobachtungsobjekte selbst steuern, formen oder gar (z. B. durch Geldzuwendungen) ins Leben rufen könnten.3
3Demgegenüber haben „Geheimdienste nicht nur polizeiliche Zwangsbefugnisse, sondern sind oft auch auf die Störung oder Beeinflussung politischer Gegner im In- und Ausland gerichtet. Sie beschränken sich nicht auf das bloße Sammeln und Auswerten von Informationen, sondern versuchen auf gesellschaftliche und politische Abläufe einzuwirken, etwa durch Desinformationskampagnen (dazu Rn. 154 ff.), Sabotage, „Zersetzung“ oder gar durch politischen Mord bzw. das Initiieren militärischer Auseinandersetzungen (z. B. durch das Finanzieren von Guerilla-Gruppen).4 Damit ist auch dem BND im Rahmen der Gegenspionage (Rn. 204) eine manipulative Einflussnahme auf ausländische Akteure untersagt. Die Übermittlung von „Spielmaterial“ an ausländische Nachrichtendienste (insbesondere solche, die gegen die Interessen der BR Deutschland arbeiten), um dortige Entscheidungsprozesse im Sinne der außenpolitischen Interessen der BR Deutschland subtil beeinflussen zu können, dürfte aber noch zulässig sein.5
4Um die unerwünschten Methoden mancher Geheimdienste insbesondere in Unrechtsregimen von vornherein auszuschließen, ist das sog. Trennungsgebot ein prägendes Merkmal der Tätigkeit deutscher Nachrichtendienste.6 Die deutschen Nachrichtendienste sollen nicht erst auf verdeckte Weise Informationen sammeln und diese Informationen dann auch selbst im Anschluss für polizeiliche Zwangsmaßnahmen nutzen dürfen. Diese Machtzusammenballung wollte man in der Bundesrepublik nicht, was mit der Formel „Wer (fast) alles weiß, soll nicht alles dürfen, und wer (fast) alles darf, soll nicht alles wissen“7 zusammengefasst ist. Das Trennungsgebot war deshalb auch Inhalt des von den Alliierten am 14.4.1949 an westdeutsche Stellen übergebenen sog. „Alliierten Polizeibriefs“, der letztlich als Genehmigung der Alliierten angesehen werden kann, dass die zu gründende Bundesrepublik eine „Staatsschutzbehörde gegen umstürzlerische Bestrebungen“ einrichten konnte. Der Polizeibrief sah in Ziffer 2 folgende Regelung vor:
„The Federal Government will also be permitted to establish an agency to collect and disseminate concerning subversive activities directed against the Federal Government. This agency shall have no police authority.”
5In der Folge wurde das Trennungsgebot zwar nicht im Grundgesetz verankert,8 wohl aber in sämtlichen Verfassungsschutzgesetzen, dem BNDG sowie dem MADG und wird als ein organisatorisches, befugnisrechtliches und informationelles Trennungsgebot wahrgenommen. Das BVerfG hat sich zu einem möglichen Verfassungsrang des Trennungsgebots nur indirekt geäußert und angedeutet, dass „das Rechtsstaatsprinzip, das Bundesstaatsprinzip und der Schutz der Grundrechte es verbieten [können], bestimmte Behörden miteinander zu verschmelzen oder sie mit Aufgaben zu befassen, die mit ihrer verfassungsrechtlichen Aufgabenstellung nicht vereinbar sind. So werden die Zentralstellen für Zwecke des Verfassungsschutzes oder des Nachrichtendienstes – angesichts deren andersartiger Aufgaben und Befugnisse – nicht mit einer Vollzugspolizeibehörde zusammengelegt werden dürfen (vgl. schon „Polizeibrief“ der westalliierten Militärgouverneure vom 14. April 1949). Diese Frage bedarf jedoch hier keiner abschließenden Entscheidung.“9 Das Trennungsgebot ist damit kein normiertes Verfassungsgebot, doch können die Staatsstrukturprinzipien des Art. 20 GG, gestützt von der Abwehrfunktion der Grundrechte einer Kumulation von polizeilichen und nachrichtendienstlichen Eingriffsbefugnissen wegen der damit verbundenen Machtzusammenballung entgegenstehen.10 Auf dieser Linie liegt auch das ATD-Urteil des BVerfG, das das Prinzip der Trennung zwischen polizeilichen und nachrichtendienstlichen Informationsbeständen aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ableitet.11
6Das befugnisrechtliche Trennungsgebot als „Herzstück“ des Trennungsgebots besagt, dass Nachrichtendienste keine polizeilichen Zwangsbefugnisse (z. B. Festnahmen, Verkehrskontrollen, Identitätsfeststellungen, Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmen) ausüben dürfen (§§ 8 Abs. 3 Satz 1 BVerfSchG, 2 Abs. 3 BNDG, 4 Abs. 2 MADG). Hierdurch soll eine Machtzusammenballung polizeilicher und nachrichtendienstlicher Befugnisse vermieden werden. Informationen dürfen nur auf freiwilliger Basis erhoben werden (siehe § 8 Abs. 4 BVerfSchG).12 Auch wenn verdeckte (also nachrichtendienstliche) Mittel zur Informationsbeschaffung eingesetzt werden (dazu Rn. 245 ff.) und der Informationsgeber über die Motivation oder die Identität der erhebenden Stelle getäuscht wird, ändert dies nichts daran, dass kein physischer oder psychischer Zwang angewendet werden darf, um an relevante Informationen zu gelangen. Wenn z. B. bei einer Telefonüberwachung festgestellt wird, dass die überwachte Person einen Anschlag plant, muss der Nachrichtendienst diese Information an die Polizei weitergeben, die den Betroffenen dann verhaften kann; der Nachrichtendienst darf diese Zwangsmaßnahme nicht selber vornehmen. Ein weiterer Ausfluss des befugnisrechtlichen Trennungsgebotes ist, dass den deutschen Nachrichtendiensten für eine notfalls erforderliche zwangsweise Durchsetzung von Auskunftsersuchen bei Banken, Telekommunikationsdienstleistern oder Fluggesellschaften nach § 8a BVerfSchG (i. V. m. §§ 2a BNDG, 4a MADG), etwa wenn der Telekommunikationsdienstleister die Verbindungsdaten nicht freiwillig herausgeben möchte, keine Zwangsbefugnisse zur Verfügung stehen.13 Obgleich es gesetzlich nicht so klar geregelt ist, gilt das Trennungsgebot auch umgekehrt: so dürfen die speziellen nachrichtendienstlichen Ermittlungsmethoden nicht gezielt für polizeiliche Zwecke eingesetzt werden.14 Es wäre daher unzulässig, wenn die Polizei den Verfassungsschutz um den Einsatz von V-Leuten in einem Beobachtungsobjekt bitten würde, um so gezielt an Informationen über geplante Straftaten zu gelangen, die die Polizei mit ihren eigenen (grundsätzlich offenen) Datenerhebungsmethoden nicht erlangen könnte (so auch die Aussage in § 17 Abs. 1 BVerfSchG).15 Teil des befugnisrechtlichen Trennungsgebots ist zudem, dass ein Nachrichtendienst eine Polizeibehörde nicht im Wege der Amtshilfe um die Durchführung von polizeilichen Zwangsmaßnahmen bitten darf (§ 8 Abs. 3 BVerfSchG; zur Amtshilfe s. Rn. 475 ff.). Nachrichtendienste sollen also auch nicht „durch die Hintertür“ polizeiliche Befugnisse erlangen können,16 was eine Umgehung des Verbots in § 8 Abs. 3 Satz 1 BVerfSchG bedeuten würde.
7Um eine Zusammenlegung polizeilicher und nachrichtendienstlicher Informationen bzw. Ermittlungsmethoden auch nicht „auf dem kleinen Dienstweg“ zu ermöglichen, dürfen Nachrichtendienste auch nicht mit einer Polizeibehörde zusammengelegt werden, die über die Möglichkeit von Zwangsmaßnahmen verfügen (organisatorisches Trennungsgebot, siehe § 2 Abs. 1 Satz 3 BVerfSchG). Daraus folgt logisch auch die personelle Komponente, dass Hoheitsträger in einer Person nicht zugleich polizeiliche und nachrichtendienstliche Befugnisse ausüben dürfen.17
8Schließlich folgt aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nach Ansicht des BVerfG auch ein informationelles Trennungsprinzip. Die weitreichenden Überwachungsbefugnisse der Nachrichtendienste im Vorfeld von Straftaten und konkreter Gefahren seien nämlich nur dann gerechtfertigt (so das BVerfG), wenn die gewonnenen Informationen nicht ohne Weiteres an andere Behörden mit operativen Anschlussbefugnissen übermittelt werden.18 Folglich dürfen Daten zwischen den Nachrichtendiensten und Polizeibehörden nur ausnahmsweise ausgetauscht werden.19 Als Konkretisierung der Vorgaben einer grundsätzlichen Datentrennung zwischen beiden Behördentypen dienen die engen Vorgaben für eine Übermittlung nachrichtendienstlicher Informationen an die Polizeibehörden gemäß §§ 19 f. BVerfSchG sowie §§ 4 Abs. 4, 7, 7a, 8 Abs. 5–6 G10 (letztere betreffen die Weitergabe von Informationen aus G10-Maßnahmen), wobei jedoch die neuere Rspr. des BVerfG die aktuellen gesetzlichen Hürden nicht für ausreichend ansieht (näher Rn. 451 f., 465).20 Kritisch gesehen wird vor allem die Informationsübermittlung der Nachrichtendienste an die Polizei, da hier die Gefahr besteht, dass letztere mithilfe der übermittelten Informationen, die oft im Vorfeld konkreter Gefahren bzw. Straftaten mit geheimen nachrichtendienstlichen Mitteln erhoben wurden (also zu einem Zeitpunkt, in dem häufig noch kein Handlungsunrecht bzw. kein Normverstoß geschehen ist und die Informationen obendrein mit ND-Mitteln gewonnen wurden, die der Polizei i. d. R. nicht zustehen) erheblich belastende Zwangsmaßnahmen (z. B. Hausdurchsuchungen) durchführt. Dies ist deshalb problematisch, weil die eigene polizeiliche Erkenntnislage ohne Informationshilfe des Nachrichtendienstes derartige Maßnahmen zu diesem frühen Zeitpunkt häufig noch gar nicht erlauben würde. Deshalb differenziert § 19 Abs. 1 BVerfSchG zwischen der Übermittlung von mit nachrichtendienstlichen Mitteln gewonnenen Informationen an Polizeien und Staatsanwaltschaften einerseits (hierfür sind höhere Voraussetzungen zu beachten) und sonstigen Übermittlungsfällen an inländische Behörden andererseits. Zulässig ist die Übermittlung von Erkenntnissen, die mit nachrichtendienstlichen Mitteln gewonnen wurden an Polizei und Staatsanwaltschaft grundsätzlich nur, wenn dies zur Verhinderung oder Aufklärung von Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich ist (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG; entsprechend §§ 11 Abs. 1 MADG, 11 Abs. 1 BNDG; näher dazu Rn. 434 ff.).
9Problematisch am Trennungsgebot ist allerdings, dass bei terroristischen und anderen unmittelbaren Gefahrenlagen nachrichtendienstliche Aufklärung und polizeiliches Eingreifen zeitlich Hand in Hand gehen. Gefahrerforschung und Gefahrintervention müssen nahtlos ineinandergreifen, um Informationsbrüche und zeitliche Verzögerungen in der Bearbeitung zu vermeiden. Ein organisatorisches und befugnisrechtliches Trennungsgebot kann hier hinderlich sein.21 Zudem ist das Trennungsgebot international auch in westlichen Demokratien kein Standard. So erfolgt beispielsweise in Schweden (Säkerhetspolisen) oder den USA (FBI) die nachrichtendienstliche Vorfeldaufklärung durch die Kriminalpolizei.
10Trotz Überschneidungen im Aufgabenspektrum haben die Nachrichtendienste andere Aufgaben als die Polizei. Der Verfassungsschutz und erst recht der BND sind bei der Erforschung von Sachverhalten nicht an das Kriterium der „Gefahr“ oder „Straftat“ gebunden, sondern beobachtet gemäß § 3 Abs. 1 BVerfSchG bereits „Bestrebungen“ gegen die verfassungsschutzrelevanten Schutzgüter (beim BND existiert insoweit gar keine Eingriffsschwelle, Rn. 199). „Bestrebungen“ werden sich häufig im Vorfeld einer polizeirechtlich relevanten Gefahr bzw. von Straftaten abspielen. Aus diesem Grund und wegen der fehlenden Zwangsbefugnisse (Rn. 6) gelten die Verfassungsschutzbehörden nicht als Polizeibehörden im institutionellen Sinne.23 Nachrichtendienste verfolgen bei ihrer Tätigkeit (anders als Polizeibehörden) nicht primär das Ziel, dass das, was sie erheben, in Gefahrenabwehr- oder Strafverfolgungsmaßnahmen umgesetzt wird. Ihnen geht es um strukturorientierte Aufklärung, nicht in erster Linie um die Abwehr einzelner konkreter Gefahren oder konkreter Straftaten.24 Nachrichtendienste haben „mannigfaltige Bestrebungen auf ihr Gefahrenpotenzial hin allgemein zu beobachten“ [Hervorh. durch Verf.] und sie diese gerade auch unabhängig von konkreten Gefahren in den Blick zu nehmen. Demgegenüber sind die Aufgaben der Polizei geprägt von einer operativen Verantwortung und insbesondere der Befugnis, Maßnahmen erforderlichenfalls auch mit Zwang durchzusetzen.25
11Jedoch bedeutet der befugnisrechtliche Verzicht auf polizeiliche Zwangsbefugnisse (Rn. 6) nicht, dass die Nachrichtendienste auf die Funktion von bloßen (mit nachrichtendienstlichen Mitteln aufgeladenen) politischen Beratungsinstituten verkürzt sind. Vielmehr nehmen sie in Bezug auf elementare Bedrohungen der inneren und äußeren Sicherheit des Staates die Funktion eines „analytischen Informationsdienstleisters“26 für diejenigen Stellen ein, die über entsprechende Befugnisse verfügen, um anschließend gegen die von den Diensten identifizierten Gefahren intervenieren zu können.27 Das BVerfG ist auch in Bezug auf den BND, der von seiner gesetzlichen Aufgabenbeschreibung in § 1 Abs. 2 BNDG (Rn. 196 ff.) von konkreter Sicherheitsgewährleistung „am weitesten entfernt“ ist, der Auffassung, dass es bei der Versorgung der Bundesregierung mit Informationen für ihre außen- und sicherheitspolitische Entscheidungsfindung mittelbar zugleich auch um die Bewahrung demokratischer Selbstbestimmung und den Schutz der verfassungsrechtlichen Ordnung und damit um Verfassungsgüter von hohem Rang gehe.28 Auch liefern die Nachrichtendienste mit ihren Informationen häufig den entscheidenden Anstoß für mit polizeilichem Zwang verbundenes Gefahrenabwehr- bzw. Strafverfolgungshandeln. Damit sind die Nachrichtendienste funktional durchaus an der Abwehr konkreter Gefahren bzw. an der Aufklärung von Straftaten beteiligt. Dass dies von der Verfassung so gewollt ist, wird aus dem Wortlaut des Art. 73 Abs. 1 Nr. 10b, c GG deutlich: hiernach wird der Verfassungsschutz tätig „zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes“ sowie „zum Schutze gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden“. Ein Schutz lässt sich durch Information der politischen Entscheidungsträger allein nicht verwirklichen.29 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 G10 darf der Verfassungsschutz „zur Abwehr von drohenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes“ Beschränkungsmaßnahmen durchführen, was die funktionale Zuordnung der Nachrichtendienste zur Gefahrenabwehr verdeutlicht30 (s. auch den Katalog der vom BND gezielt beobachteten Straftaten in § 5 G10). Das Grundgesetz selbst gliedert den staatlichen Selbstschutzmechanismus in zwei arbeitsteilig ineinandergreifende Funktionselemente: die nachrichtendienstliche Gefahrerforschung und die durch andere Stellen erfolgende Gefahrenintervention.31 Es ist daher zu kurz argumentiert, wenn man annimmt, dass Individualrechtsgüter durch die Tätigkeit der Nachrichtendienste nur „als Beiwerk“ mittelbar geschützt werden, etwa wenn im Rahmen der Beobachtung einer verfassungsfeindlichen Gruppierung geplante oder begangene Straftaten bekannt und der Polizei- bzw. Strafverfolgungsbehörde mitgeteilt werden.32
12Daher wäre es auch künstlich, die Beobachtung extremistischer Bestrebungen durch den Verfassungsschutz einerseits und die exekutiv intervenierende polizeiliche Gefahrenabwehr andererseits als Gegensätze zu konstruieren; beide Aufgaben ergänzen und überschneiden sich vielmehr, vor allem bei staatsschutzrelevanten Gefahren bzw. bei der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung.33 Nachrichtendienste und Polizei arbeiten zielgerichtet in arbeitsteiliger Weise bei der Abwehr von Gefahren für die Schutzgüter des § 3 Abs. 1 BVerfSchG zusammen.34
13Die Vergleichbarkeit der Aufgaben kommt indirekt auch in ähnlichen Eingriffsschwellen bei der Informationserhebung zum Ausdruck. Denn eine Reihe – insbesondere eingriffsintensiver – nachrichtendienstlicher Befugnisse setzen tatsächliche Anhaltspunkte einer bestimmten schweren – polizeirechtlich zu verstehenden – Gefahr voraus. § 9 Abs. 2 BVerfSchG etwa verlangt für eine Wohnraumüberwachung eine gegenwärtige Lebensgefahr oder eine gegenwärtige gemeine Gefahr, § 8a Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG für die dort geregelten Auskunftsbefugnisse gegenüber privaten Dienstleistern „schwerwiegende Gefahren“ für die in § 3 Abs. 1 BVerfSchG genannten Schutzgüter. Umgekehrt darf der Verfassungsschutz seine Auswertungstätigkeit auch bei Verdacht einer bevorstehenden oder begangenen Straftat fortsetzen (d. h. er muss bei polizeilichem Tätigwerden nicht das „Feld räumen“),35 da in diesen Fällen die tatsächlichen Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen besonders stark sind. Zudem haben verfassungsschutzrelevante Bestrebungen häufig auch unter dem Gesichtspunkt der Aufklärung von potentiellen Gefahren im Vorfeld der konkreten Gefahr (Gefahrvorsorge)36 polizeirechtliche Relevanz, denn das Polizeirecht löst sich zunehmend von der traditionellen Anknüpfung an die konkrete Gefahr und verlagert seine informationsbezogenen Befugnisse in das Gefahrenvorfeld.37
14Durch das vermehrte Zugestehen nachrichtendienstlicher Vorfeldbefugnisse an die Polizei wird auch von einer „Vernachrichtendienstlichung“38 der Polizei gesprochen. Hierdurch wird in gewisser Weise das befugnisrechtliche Trennungsgebot aufgeweicht, und zwar von Seiten der Polizei.39
15Deshalb zeichnet sich ab, dass das „Vorfeldmonopol“ der Nachrichtendienste angesichts der vermehrt wahrgenommenen Informationsvorsorge der Polizei nicht mehr existiert.40 In den gewaltorientierten extremistischen Szenen mit ihren häufig sehr schnellen Radikalisierungsverläufen sind die Grenzlinien zwischen Gefahrenverdacht, Gefahrvorsorge und konkreter Gefahrenabwehr ohnehin fließend und werden, z. B. bei Planungen für den gewaltsamen Jihad in kürzester Zeit durchschritten. Diese Gemengelage wird auch daran deutlich, dass die geschriebene Rechtsordnung und damit auch die fdGO zu den Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit zählt41 (vgl. explizit §§ 1 Abs. 1 Satz 2 BWPolG, 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SächsPolG, 11 Abs. 2 Nr. 1 BayPAG), weshalb Polizei und Verfassungsschutz zumindest teilidentische Aufgaben haben.42 In Bezug auf die Informationserhebung haben sie ohnehin im Wesentlichen die gleichen Befugnisse.43 Daher ist es durchaus konsequent, auch die Nachrichtendienste als Gefahrenabwehrbehörden anzusehen,44 auch wenn das BVerfG dies mit Blick auf ihre fehlenden Gefahrenabwehrbefugnisse verneint.45
16Das Rollenverhältnis von Nachrichtendiensten und Polizei kann synoptisch wie folgt dargestellt werden:
Verfassungsschutz und BND
Polizei
Aufgaben
– Beobachtung von extremistischen „Bestrebungen“ (einschließlich terroristischer Aktivitäten, sofern sie extremistisch motiviert sind und sich gegen ein Schutzgut des § 3 Abs. 1 BVerfSchG richten); i. d. R. erfolgt Tätigwerden aber im Vorfeld der konkreten Gefahr bzw. Straftat. Bei Bestrebungen gegen die fdGO liegt allenfalls eine „latente Gefahr“46 vor, die als eigenständige Kategorie im Polizeirecht nicht anerkannt ist und der Polizei folglich keine Befugnis zum Eingreifen eröffnet
– Gewinnen von außen- und sicherheitspolitisch bedeutsamen Erkenntnissen
– Abwehr konkreter Gefahren(Verhinderung eines drohenden Schadens für ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit und Ordnung)
– (in jüngerer Zeit vermehrt:)Gefahrenvorsorge (Prävention) /Gefahrenverhütung /vorbeugende Bekämpfung von Straftaten ist typische Vorfeldaufgabe, was zu Überschneidungen mit dem klassischen Tätigkeitsfeld der Nachrichtendienste führt
– Aufklärung von Spionagetätigkeiten, die häufig, aber nicht zwingend den Straftatbestand des § 99 StGB erfüllen (Rn. 157)
– Aufklärung von Straftaten,§§ 161, 163 StPO, 4 BKAG
17Überblicksmäßig kann man die Rechtsgrundlagen für die deutschen Nachrichtendienste wie folgt zusammenfassen:47
Nachrichtendienst
Gesetzliche Grundlage
Verfassungsrechtliche Verankerung
Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und Landesämter für Verfassungsschutz (LfV)
Aufklärung von Bestrebungen gegen die fdGO und andere hochrangige Staatsschutzgüter
Spionageabwehr
BVerfSchG (von 1950)
und 16 LVerfSchG
a) Gesetzgebungskompetenz des Bundes: Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 b, c GG;für die Länder: Art. 30, 70 Abs. 1 GG;48
b) Einrichtungskompetenz des Bundes für das BfV: Art. 87 Abs. 1. Satz 2 GG
Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (MAD)
Aufklärung von Bestrebungen gegen die fdGO und andere hochrangige Staatsschutzgüter im Geschäftsbereich des BMVg
Abwehr von Spionage gegen die Bundeswehr und andere Dienststellen des Geschäftsbereichs des BMVg
MADG
(von 1990)
keine ausdrückliche Erwähnung im GG;
a) Gesetzgebungskompetenz des Bundes wird abgeleitet aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG (Verteidigung);
b) die Einrichtungskompetenz des Bundes wird abgeleitet aus Art. 65a und 87a Abs. 1 Satz 1 GG
Bundesnachrichtendienst (BND)
Auslandsaufklärung
BNDG
(von 1990)
keine ausdrückliche Erwähnung im GG;
a) Gesetzgebungskompetenz des Bundes wird abgeleitet aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG (auswärtige Angelegenheiten);49
b) die Einrichtungskompetenz des Bundes wird abgeleitet aus Art. 87 Abs. 3 GG
18Speziell für das BfV sind die wichtigsten Rechtsgrundlagen folgende:
Abb. 2:: Überblick zu den Rechtsgrundlagen des BfV
19Die Verfassungsschutzbehörden sind – neben weiteren Einrichtungen – Ausdruck der Grundentscheidung der Verfassung für eine wehrhafteDemokratie (Synonym: streitbare Demokratie).50 Bereits 1937 stellte Karl Loewenstein das Konzept der „militant democracy”51 vor, das später von Karl Mannheim (jeweils unter den Erfahrungen der NS-Diktatur) in den begrifflichen Zusammenhang einer „streitbaren” Demokratie gebracht wurde. Beide traten dafür ein, dass man Gegnern der Demokratie durch Partei- und Organisationsverbote Rechte beschneiden sollte und wandten sich prinzipiell gegen einen Laissez-faire-Liberalismus, der Toleranz mit Neutralität verwechsele.52 Die Idee fand später an verschiedenen Stellen Eingang in das Grundgesetz.53 Prägend für das Verständnis der „wehrhaften Demokratie“ war der Beitrag von Carlo Schmid in der 2. Sitzung des Parlamentarischen Rates am 8.9.1948:
„Soll diese Gleichheit und Freiheit völlig uneingeschränkt und absolut sein, soll sie auch denen eingeräumt werden, deren Streben ausschließlich darauf geht, nach der Ergreifung der Macht die Freiheit selbst auszurotten? Also: Soll man sich auch künftig so verhalten, wie man sich zur Zeit der Weimarer Republik z. B. den Nationalsozialisten gegenüber verhalten hat? Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass es nicht zum Begriff der Demokratie gehört, dass sie selber die Voraussetzungen für ihre Beseitigung schafft: Demokratie ist nur dort mehr als ein Produkt einer bloßen Zweckmäßigkeitsentscheidung, wo man den Mut hat, an sie als etwas für die Würde des Menschen Notwendiges zu glauben. Wenn man aber diesen Mut hat, dann muss man auch den Mut zur Intoleranz denen gegenüber aufbringen, die die Demokratie gebrauchen wollen, um sie umzubringen“.54
20Verfassungsfeinde sollen also nicht unter Berufung auf Freiheiten, die das Grundgesetz gewährt, die Verfassungsordnung oder den Bestand des Staates gefährden, beeinträchtigen oder zerstören dürfen.55 In einer wehrhaften Demokratie werden sämtliche Freiheiten garantiert bis auf diejenige, die Freiheit abzuschaffen.56 Im Grundgesetz hat das Konzept der wehrhaften Demokratie – ohne ausdrücklich als solches erwähnt zu sein – verschiedene Normen geprägt, insbesondere Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 20 Abs. 4, Art. 21 Abs. 2 und Art. 79 Abs. 3 GG.57 Das BVerfG hat zudem festgestellt, dass das Grundgesetz an mehreren Stellen (Art. 45d, 73 Abs. 1 Nr. 10b, 87 Abs. 1 Nr. 2 GG) ausdrücklich auch die Errichtung von Nachrichtendiensten als Ausdruck einer verfassungsrechtlichen Grundentscheidung für eine wehrhafte Demokratie, den Selbstbehauptungswillen des Rechtsstaates und als Bestandteil des Sicherheitssystems der Bundesrepublik Deutschland anerkennt.58 Dabei kann offen bleiben, ob neben BfV, LfV und MAD auch der BND als behördlicher Baustein der wehrhaften Demokratie anzusehen ist oder – was angesichts seiner auslandsbezogenen Agenda näher liegt – primär als Informationsdienstleister59 für die Bundesregierung zur Einschätzung außen- und sicherheitspolitischer Gefahrenpotentiale.60 Sachgerecht ist, insoweit zwischen Verfassungsschutz und BND zu unterscheiden,61 da mit Blick auf ihren gesetzlichen Zuständigkeitskatalog nur die Verfassungsschutzbehörden zur Abwehr von Gefährdungen für die Funktionsbedingungen des demokratischen Rechtsstaats tätig werden.
21Die wehrhafte Demokratie ist durch drei Merkmale gekennzeichnet:62
– Wertgebundenheit der Verfassung:
der demokratische Verfassungsstaat baut auf festen Grundüberzeugungen auf, die nicht zur Disposition politischer Mehrheiten stehen (z. B. die Menschenwürde);
– Abwehrbereitschaft des Staates:
der Staat ist willens und in der Lage, sich gegen Angriffe gegen diese grundlegenden Prinzipien seiner Verfassung zu verteidigen, etwa durch Vereinsverbote (Art. 9 Abs. 2 GG), Art. 18 GG (Entscheidung zur Verwirkung von Grundrechten) und Parteiverbote (Art. 21 Abs. 2, 4 GG).
– Vorverlagerung der Beobachtung in das Vorfeld strafbarer Handlungen:
Der Verfassungsschutz als „frühestes staatliches Sanktionensystem“ (Frühwarnsystem)63 wird bereits dann tätig, wenn noch keine konkrete Gefahr bzw. noch keine Rechtsgüterverletzung eingetreten ist. Der Aufgabenkatalog der Nachrichtendienste knüpft deshalb nicht an eine konkrete Gefahr bzw. Straftat an, sondern an „Bestrebungen“ (Verfassungsschutz) bzw. an die „Gewinnung von Erkenntnissen von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung“ (BND; näher Rn. 201 f.).
22Aufgabe insbesondere der Verfassungsschutzbehörden ist es, als „vorverlagertes Frühwarnsystem des Staates“ Gefahren für die grundlegenden Funktionsbedingungen des demokratischen Rechtsstaats zu erkennen und andere Stellen sowie die Öffentlichkeit darüber zu informieren (s. § 16 BVerfSchG).
23Nach der Legaldefinition in Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 b GG bedeutet „Verfassungsschutz“ der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (fdGO) sowie des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes.64 Diese Definition wurde 1972 in das GG eingefügt und in die damalige Fassung des § 1 Abs. 1 BVerfSchG übernommen.
Jenseits dieser Legaldefinition kann man den Begriff „Verfassungsschutz“ aber auch in einem weiteren Sinn verstehen und alle Regeln darunter fassen, mit deren Hilfe der Bestand der Verfassung und insbesondere der fdGO gewährleistet werden soll. In Deutschland nehmen folgende staatlichen Institutionen im weiteren Sinne Verfassungsschutzaufgaben wahr:65
– Das BVerfG entscheidet über das Verbot verfassungswidriger Parteien oder die Verwirkung von Grundrechten (verfassungsgerichtlicher Verfassungsschutz, siehe Art. 21 Abs. 2, 4 und Art. 18 GG).
– Polizei, Staatsanwaltschaften und Strafgerichte verfolgen Straftaten, die sich gegen den Bestand des Staates oder gegen die Verfassung richten, z. B. Delikte nach §§ 86a, 89a, 129a, 130 StGB (strafrechtlicher Verfassungsschutz).
– Auch andere Verwaltungsbehörden tragen zum Schutz der Verfassung bei, wenn z. B. die Ausländerbehörde einen extremistischen Ausländer ausweist, die Einbürgerungsbehörde einen Terroristen nicht einbürgert, die Polizei eine extremistisch-gewalttätig verlaufende Demonstration auflöst oder das Innenministerium einen extremistischen Verein verbietet (sonstiger behördlicher Verfassungsschutz). An diesen Verfahren wirken BfV und LfV häufig mit, indem sie gerichtsverwertbare Informationen zur Verfügung stellen, die die entsprechenden Vorwürfe belegen.
– Das BfV, die LfV und der MAD verkörpern den nachrichtendienstlichen Verfassungsschutz (zur Frage, ob auch der BND als Institution des Verfassungsschutzes gelten kann, s. Rn. 19, 198). Diese Behörden sind vor allem dadurch gekennzeichnet, dass sie Informationen über verfassungsfeindliche Bestrebungen auch mit nachrichtendienstlichen (d. h. „heimlichen“) Mitteln beschaffen können. Der Begriff ist also mit der Arbeitsweise der Dienste begründet.
24§ 2 Abs. 2 BVerfSchG verpflichtet Bund und Länder, Stellen einzurichten, die die Aufgaben des Verfassungsschutzes wahrnehmen. Für die Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern unterhält der Bund als Zentralstelle ein Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund und der Länder untereinander unterhält jedes Land eine Landesbehörde für Verfassungsschutz (LfV). Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BVerfSchG können allerdings mehrere Länder eine gemeinsame Behörde unterhalten, d. h. auf eine eigene Verfassungsschutzbehörde verzichten (zur Frage, ob das Grundgesetz die Existenz von Landesbehörden für Verfassungsschutz verlangt, s. Rn. 31 f.). Es muss allerdings sichergestellt sein, dass im gesamten Bundesgebiet eine Verfassungsschutzbehörde zuständig ist (BfV oder ein LfV). In den meisten Bundesländern sind die Verfassungsschutzämter mittlerweile nicht mehr als eigenständiges Landesamt, sondern als eine Abteilung im jeweiligen Innenministerium bzw. Innensenat organisiert (so z.Zt. in NRW, Berlin, Bremen, Brandenburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen), was mit Blick auf kürzere Dienst- und Berichtswege zu den politischen Entscheidungsträgern vorteilhaft ist.
25Extremistische Bestrebungen sollen nicht nur mithilfe nachrichtendienstlicher Beobachtung oder mit Verboten und strafrechtlicher Verfolgung (d. h. mit repressiven Maßnahmen) bekämpft werden, sondern auch mittels Aufklärung der Öffentlichkeit.66 „Verfassungsschutz durch Aufklärung“ bedeutet zunächst Kenntnisvermittlung, d. h. Informierung und Sensibilisierung der Gesellschaft über extremistische Phänomene und Spionage sowie deren gesellschaftliches Bedrohungspotential.67 Durch die Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes soll es letztlich ermöglicht werden, dass sich jedermann selbst ein Urteil über die Gefahren bilden kann, die dem Rechtsstaat durch verfassungsfeindliche Kräfte drohen. § 16 Abs. 1 BVerfSchG sieht für das BfV – wie auch die LVerfSchG für die LfV68 – eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die Öffentlichkeitsarbeit vor. Sie ist in Bezug auf extremistische Phänomene nach § 16 Abs. 1 BVerfSchG, der auf die entsprechende Vorgabe des BVerfG zurückgeht,69 auf erwiesen extremistische Bestrebungen und Verdachtsfälle (s. zu dieser Unterscheidung Rn. 83 ff.) beschränkt. Über Prüffälle ist mangels gesetzlicher Grundlage eine Information der Öffentlichkeit unzulässig und würde im Übrigen auch einen unverhältnismäßigen Grundrechtseingriff bedeuten. Denn für eine öffentliche Berichterstattung müssen mindestens „hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte“ vorliegen, die beim sog. Prüffall gerade noch nicht gegeben sind.70 Über Verdachtsfälle ist eine Berichterstattung möglich, sofern die Verdachtsmomente hinreichend gewichtig sind und in der Berichterstattung optisch-sprachlich klar unterschieden wird, ob es sich um eine erwiesen extremistische Bestrebung oder eben „nur“ um einen Verdachtsfall handelt.71
26§ 16 Abs. 1 BVerfSchG beschränkt die Öffentlichkeitsarbeit nicht nur auf die „operativen“ Beobachtungsbereiche des § 3 Abs. 1 BVerfSchG, sondern umfasst auch die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Unternehmen für Fragen des Wirtschaftsschutzes, um die Risiken für die deutsche Wirtschaft durch Wirtschaftsspionage (dazu Rn. 161 f.) zu verringern. Durch die Erwähnung des Wirtschaftsschutzes in § 16 Abs. 1 BVerfSchG (also außerhalb des originären Aufgabenkatalogs des §§ 3, 4 BVerfSchG) ist klargestellt, dass für die Beratungs- und Präventionstätigkeit zugunsten privater Unternehmen keine tatsächlichen Anhaltspunkte vorliegen müssen, dass die vermutete Wirtschaftsspionage von einem fremden staatlichen Nachrichtendienst ausgeht (§§ 3 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. 4 Abs. 1 Satz 5 BVerfSchG und Rn. 138 ff., 149 f.), da dies nur selten zu belegen ist.
27Für eine besonders wichtige Form der Öffentlichkeitsarbeit, den jährlichen Verfassungsschutzbericht (VSB) existiert eine spezielle Rechtsgrundlage (§ 16 Abs. 2 BVerfSchG; näher Rn. 338 f.). Er ist das zentrale Element nachrichtendienstlicher Öffentlichkeitsarbeit72 und ist für die herausgebende Behörde (BMI) verpflichtend (der BND kann ebenfalls Öffentlichkeitsarbeit betreiben, allerdings muss er dies nicht, s. § 65 Abs. 2 BNDG: Der BND kann die Öffentlichkeit über Erkenntnisse informieren, die er im Rahmen seiner Aufgaben nach § 1 Absatz 2 oder bei der Aufarbeitung seiner Historie gewinnt.“ […]). Allerdings beschränkt der Wortlaut des § 16 Abs. 2 BVerfSchG die Öffentlichkeitsarbeit nicht auf einen einmal jährlich herausgegebenen Jahresbericht; vielmehr spricht das Gesetz davon, dass die Unterrichtung der Öffentlichkeit „mindestens einmal jährlich“ zu erfolgen habe. Folglich kann auch in kürzeren Abständen oder zu besonderen Anlässen unterrichtet werden, ebenso sind andere Formen der Unterrichtung der Öffentlichkeit oder ausgewählter Gruppen durchaus zulässig (z. B. von Wirtschaftsunternehmen, die besonders von Sicherheitsrisiken betroffen sind).
28Sowohl der Verfassungsschutzbericht, als auch die sonstigen Themenbroschüren, in denen vor extremistischen Gruppierungen gewarnt wird, führen zu Grundrechtseingriffen bei den betroffenen Gruppen oder Personen, u. a. in Art. 5 GG (Meinungs- bzw. Pressefreiheit, Rn. 324 ff.)73 und Art. 21 GG (näher Rn. 334 ff.).74 Denn der VSB informiert nicht nur die Öffentlichkeit, sondern will zugleich die extremistischen Bestrebungen bekämpfen und deren gleichberechtigte Teilhabe am politischen Meinungsdiskurs verhindern. Die Publikationen des Verfassungsschutzes haben eine mit behördlicher Autorität ausgestattete Warnfunktion und damit eine stigmatisierende Wirkung. Deshalb müssen die Ausführungen nicht nur sachlich richtig und in der Darstellung objektiv sein, sondern die Bestrebungen und Tätigkeiten so umfassend erläutern, dass dem Leser eine sachgerechte Information gegeben wird, die ihm als Grundlage für eine weitere Auseinandersetzung mit der genannten Person oder Organisation dienen kann.75
29So stellt die Erwähnung einer Zeitung im Verfassungsschutzbericht wegen Verdachts verfassungsfeindlicher Bestrebungen einen Eingriff in die Pressefreiheit dar und bedarf der Rechtfertigung durch ein allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG (näher Rn. 324 ff.).76 Das BVerfG lässt keinen Zweifel, dass die Veröffentlichung im VSB eine an die verbreiteten Kommunikationsinhalte anknüpfende, mittelbar belastende negative Sanktion ist, denn „[p]otentielle Leser könnten davon abgehalten werden, die Zeitung zu erwerben oder zu lesen, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass etwa Inserenten, Journalisten oder Leserbriefschreiber die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht zum Anlass nehmen, sich von der Zeitung abzuwenden oder sie zu boykottieren.“77 Da die Kommunikationsgrundrechte des Art. 5 Abs. 1 GG konstituierend für die Demokratie sind, reicht die bloße Kritik an Verfassungswerten für die Annahme „verfassungsfeindlicher Bestrebungen“ nicht aus.78 Es bedarf vielmehr darüber hinausgehender Aktivitäten zu deren Beseitigung. Auch deshalb müssen die tatsächlichen Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen hinreichend gewichtig sein, wenn ihre Erwähnung im VSB unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten gerechtfertigt sein soll. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz fordert zudem eine deutliche Differenzierung in der optischen Gestaltung des Berichts (etwa in Überschriften und in der Gliederung) zwischen den Organisationen, für die bloß ein Verdacht für verfassungsfeindliche Bestrebungen besteht, und denjenigen, für die solche Bestrebungen bereits sicher erwiesen sind.79 Ein flüchtiger Leser – und dieser ist als Beurteilungsmaßstab entscheidend – wird eine bloße Differenzierung im Text (anstatt in der äußeren Aufmachung bzw. den Überschriften) wahrscheinlich nicht wahrnehmen können. Auch Medien geben in ihrer Berichterstattung über Verfassungsschutzberichte Nuancen im Text oft nicht wieder. Daher muss bereits durch die optische Aufmachung des Berichts klar zwischen „Verdacht des Extremismus“ (Verdachtsfällen) und „erwiesenem Extremismus“ (näher Rn. 76, 83 ff.) unterschieden werden.
30Werden personenbezogene Daten genannt, wird in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) eingegriffen.80 Nach § 16 Abs. 3 BVerfSchG ist die Erwähnung personenbezogener Daten und die damit verbundene Übermittlung dieser Daten „an die Öffentlichkeit“ allerdings unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. So dürfen personenbezogene Daten der Öffentlichkeit im Rahmen des VSB u. a. dann bekannt gegeben werden, wenn dies für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppierungen erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegen (ebenso § 65 Abs. 2 Satz 2 BNDG für die Öffentlichkeitsarbeit des BND). Diese „Erforderlichkeit“ ist nicht nur dann zu bejahen, wenn die Darstellung ohne die Namensnennung aus sich heraus nicht mehr verständlich wäre. Ein solch enges Verständnis des § 16 Abs. 3 BVerfSchG wäre mit Ziel und Zweck der Regelung nicht vereinbar. Vielmehr ist die Veröffentlichung personenbezogener Daten bereits erforderlich, wenn die Einzelangaben dem Verständnis und der Zuordnung von Ereignissen oder Personenzusammenschlüssen dienlich sind.81 Die „Erforderlichkeit“ ist also nicht im Sinne von „unerlässlich“ für das Verständnis der Darstellung auszulegen. Denn mit der Veröffentlichung im VSB soll eine gut informierte Öffentlichkeit in den Stand versetzt werden, die geistig-politische Auseinandersetzung mit extremistischen Bestrebungen zu führen, wobei dieser Zweck nur dann erreicht werden kann, wenn der Leser sachbezogene Schilderungen – ggf. mithilfe seiner durch die Medien gewonnenen Zusatzkenntnisse – auch den verantwortlichen Personen zuordnen kann. Eine Namensnennung ist danach insbesondere dann zulässig, wenn über eine Person in öffentlichen Medien unter Namensnennung bereits berichtet worden ist und der VSB die namentliche Bezeichnung lediglich wiederholt, um dem Leser die Zuordnung von verfassungsschutzrelevanten Ereignissen und Personen zu erleichtern. Außerhalb des Rahmens der Öffentlichkeitsarbeit (z. B. wenn ein privater Arbeitgeber eine Auskunft über etwaige extremistische Aktivitäten einer seiner Mitarbeiter haben möchte) dürfen personenbezogene Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs allerdings nur unter den nochmals gesteigerten Anforderungen des § 19 Abs. 4 BVerfSchG übermittelt werden (näher Rn. 461 f.).82
31Fraglich ist, ob das Grundgesetz zwingend von der Existenz eines nachrichtendienstlichen Verfassungsschutzes ausgeht, der neben den anderen Institutionen, die Aufgaben des Verfassungsschutzes wahrnehmen (dazu Rn. 23), bestehen muss. Zwar setzen die einfachgesetzlichen Regelungen in §§ 2 Abs. 1 und 2, 3 Abs. 1, 5 und 6 BVerfSchG die Existenz von BfV und LfV als selbstverständlich voraus. Allerdings könnte das BVerfSchG vom Bundestag jederzeit mit einfacher Mehrheit geändert bzw. aufgehoben werden. Einer solchen Abschaffung des Verfassungsschutzes durch einfache Gesetzesänderung könnte jedoch
– die Erwähnung des Verfassungsschutzes in Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b, c GG und Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG, sowie
– das in der Verfassung insgesamt angelegte Prinzip der wehrhaften Demokratie
entgegenstehen. Teilweise wird bereits aus der Existenz der beiden Normen, die den Verfassungsschutz erwähnen, seine institutionelle Garantie hergeleitet (gemeint ist dort zweifellos die nachrichtendienstliche Komponente).83 Hierzu ist jedoch anzumerken, dass sich die beiden Vorschriften nur auf die Gesetzgebungskompetenz des Bundes beziehen bzw. auf seine Kompetenz, eine Zentralstelle für die Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes einzurichten. Von einer Kompetenz kann, muss aber nicht Gebrauch gemacht werden.84 Auch der Begriff „können … eingerichtet werden“ in Art. 87 Abs. 1 GG deutet auf einen Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers hin. Beide Vorschriften stünden nach ihrem Wortlaut einer Abschaffung der Behörden für Verfassungsschutz folglich nicht entgegen.
32Allerdings setzen die beiden Verfassungsbestimmungen (Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 b und Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG) das Vorhandensein eines institutionalisierten Verfassungsschutzes zur Sicherung der staatlichen Existenz des Bundes oder eines Landes bzw. zum Schutz der fdGO als wesentlichen Pfeiler der „wehrhaften Demokratie“ voraus (s. auch Rn. 19). Es würde wenig Sinn machen, die Aufgabe „Verfassungsschutz“ ausdrücklich im Grundgesetz zu verankern und dem Staat die Möglichkeit zur Schaffung diesbezüglicher Behörden einzuräumen, es zugleich aber in das Belieben des Gesetzgebers zu stellen, ob er dem Regelungsziel nachkommt oder nicht. Die Bestimmungen in Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 b und Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG enthalten folglich einen Regelungs- bzw. Einrichtungsauftrag, dem der Gesetzgeber bzw. die Exekutive nachzukommen hat.85 Insoweit wird von einer „verfassungsvorgezeichneten Staatsaufgabe“ und somit von einer institutionellen Garantie für einen nachrichtendienstlichen Verfassungsschutz ausgegangen.86 Im Übrigen legt das in der Verfassung in einer Vielzahl von Bestimmungen zum Ausdruck kommende Prinzip der streitbaren Demokratie (Rn. 19 ff.) die Existenz eines nachrichtendienstlichen Verfassungsschutzes nahe. Ohne nachrichtendienstlichen Verfassungsschutz wäre das System der wehrhaften Demokratie an einer entscheidenden Stelle lückenhaft. Ähnlich hat das BVerfG ausgeführt:
„Die Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik Deutschland haben die verfassungsrechtlich begründete Pflicht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu schützen. Sie erfüllen diese Pflicht unter anderem dadurch, dass sie auf gesetzlicher Grundlage bei gegebenem Anlass Gruppen und auch politische Parteien beobachten, um feststellen zu können, ob von ihnen eine Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgeht“.87
33Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 b, c GG und Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG gehen also von einer verfassungsrechtlichen Pflicht aus, die fdGO durch „Verfassungsschutzbehörden“ schützen zu lassen (freilich ohne festzulegen, mit welchen Aufgaben und Befugnissen im Detail diese ausgestattet sind).
34Wenn das Grundgesetz auch die Existenz von Verfassungsschutzämtern – und aufgrund von Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG insbesondere ein Bundesamt als Zentralstelle – verlangen mag, gibt es aber nicht vor, wie viele Landesbehörden für Verfassungsschutz existieren müssen. Zwar bestimmt § 2 Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG grundsätzlich eine Errichtungspflicht für Landesverfassungsschutzbehörden. Diese Bestimmung könnte der Bund aber einfach-gesetzlich ändern. Auch ist es möglich, dass Länder auf ihre eigene Verfassungsschutzbehörde verzichten (§ 2 Abs. 2 Satz 2 BVerfSchG). Aus diesem Umstand wird der Schluss gezogen, dass bei Aufhebung der Verpflichtung aus § 2 Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG (ggf. unter der Voraussetzung, dass das BfV die Aufgaben des Verfassungsschutzes in dem betreffenden Land selber übernimmt) es jedes Land in der Hand habe, durch Änderung oder Aufhebung seines Landesverfassungsschutzgesetzes aus dem Verfassungsschutz „auszusteigen“ und ihre LfV abzuschaffen.88 Zulässig wäre auch eine teilweise Übertragung der gemeinsamen gesetzlichen Aufgaben von einer Landesverfassungsschutzbehörde durch Verwaltungsvereinbarung auf den Bund, d. h. einzelne Länder könnten zumindest Teile ihrer Aufgaben durch Verlagerung zum BfV freiwillig aufgeben.89Es müssen allerdings noch LfV vorhanden sein, denn wenn nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 10b GG eine Zusammenarbeit in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes erfolgen muss und nach Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG eine Zentralstelle (BfV), die koordinieren soll und mit der eine Zusammenarbeit möglich ist, muss es konsequenterweise auch Behörden geben, mit denen diese Zentralstelle auch tatsächlich zusammenarbeiten kann.90 Art. 73 Abs. 1 Nr. 10b GG setzt also das Vorhandensein einer nicht näher zu quantifizierenden Mindestzahl von weiteren Verfassungsschutzbehörden – also Landesbehörden – voraus.
35Im Übrigen enthält das Bundesrecht keine weitergehende organisationsrechtliche Spezifizierung und überlässt es den Ländern, eigene Behörden zu schaffen oder den Verfassungsschutz z. B. einer Abteilung des Landesinnenministeriums anzugliedern.91 Unzulässig wäre es lediglich, durch landesrechtliche Regelungen die Kooperationsfähigkeit einer Landesverfassungsschutzbehörde zu untergraben, etwa durch für einen Nachrichtendienst inadäquate Kontrollstrukturen92 oder durch eine landesrechtliche Regelung, wonach das LfV von der Wahrnehmung des gemeinsamen und für alle Verfassungsschutzbehörden verbindlichen Aufgabenkatalogs nach § 3 Abs. 1 BVerfSchG entbunden würde (z. B. nicht mehr Bestrebungen gegen die „Sicherheit des Bundes oder eines Landes“ beobachten solle).
36Da Nachrichtendienste bei den Beratungen des Herrenchiemseer Verfassungskonvents im August 1948 keine Rolle gespielt hatten94 und die Rolle eines Verfassungsschutzes95 auch im Parlamentarischen Rat weitgehend unklar blieb – insbesondere in Abgrenzung zur Kriminalpolizei96 –, war die deutsche Seite einigermaßen überrascht, als ihr am 14.4.1949 von den alliierten Militärgouverneuren der sog. „Polizeibrief“ übergeben wurde, der die Erlaubnis für die Schaffung eines eigenständigen Inlandsnachrichtendiensts beinhaltete. Nummer 2 dieses Briefes hatte folgenden Wortlaut:
„The Federal Government will also be permitted to establish an agency to collect and disseminate concerning subversive activities directed against the Federal Government. This agency shall have no police authority.”
37Allen Beteiligten war vor allem wichtig, dass diese zu schaffende Behörde nicht den Eindruck einer Geheimpolizei erwecken sollte. Die Annahme, dass der Begriff „Verfassungsschutz“ in Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 GG a. F. bewusst als Unterscheidungskriterium zu einer (davon zu trennenden) Polizei gewählt worden sein könnte („die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in der Kriminalpolizei und in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes“), um dadurch die Notwendigkeit einer organisatorischen Trennung zwischen beiden Behörden zu betonen (Rn. 4 ff.), überdehnt jedoch die Funktion des Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 GG.97
38In der ersten Fassung des BVerfSchG98 war dem BfV und den Landesbehörden folgende Aufgabe zugewiesen:
„Aufgabe des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der nach § 2 Abs. 2 bestimmten Behörden [LfV, Anm. d. Verf.] ist die Sammlung und Auswertung von Auskünften, Nachrichten und sonstigen Unterlagen über Bestrebungen, die eine Aufhebung, Änderung oder Störung der verfassungsmäßigen Ordnung99 im Bund oder in einem Land oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben.“
39Da der Text keine ausdrückliche Aussage zur Spionageabwehr enthielt, war zunächst unklar ob auch diese zu den Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden gehören sollte. Vertretbar war, Spionageaktivitäten bereits von der Aufgabe zur Extremismusaufklärung als umfasst anzusehen, da erstere in aller Regel von Geheimdiensten des kommunistischen „Ostblocks“ ausging, deren Ziel es war, die demokratische Ordnung in der Bundesrepublik (notfalls auch gewaltsam)100 zu unterminieren. Daher waren geheimdienstliche Tätigkeiten der „Ostblock“-Staaten zugleich auch Aktivitäten gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik.
40Ende der 1960er Jahre hatten Aktivitäten von ausländischen Organisationen und Einzelpersonen, die einen terroristischen oder nachrichtendienstlichen Hintergrund aufwiesen, stark zugenommen. Für Gewaltakte gegen hier lebende Ausländer oder die Vorbereitung von Gewaltakten im Ausland war vor allem der Nahostkonflikt ursächlich.101 Um den Verfassungsschutz in die Beobachtung solcher Phänomene einzubinden, stellte sich das Problem, dass die terroristischen Bestrebungen in der Regel nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung in der Bundesrepublik gerichtet waren, sondern der Bestand oder die Verhältnisse des jeweiligen Heimatlandes oder eines anderen Staates bekämpft werden sollten. Hierfür griff die Aufgabennorm des § 3 Abs. 1 BVerfSchG in der damaligen Fassung zu kurz. Weil man jedoch annahm, dass die betroffenen terroristischen Ausländergruppen (meistens marxistische Splittergruppen der PLO) mit inländischen extremistischen und terroristischen Bestrebungen verflochten seien, wurde die Aufgabe zur Beobachtung des „Ausländerextremismus“ im Jahr 1972 – dem Jahr des Attentats palästinensischer Terroristen auf die israelische Delegation bei der Olympiade in München – den Ämtern für Verfassungsschutz übertragen (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 BVerfSchG).102 Erfasst werden sollte der gewaltorientierte „Ausländerextremismus“, der sowohl nationalistisch als auch anderweitig ideologisch bzw. religiös motiviert sein kann. Auch wenn hinsichtlich des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BVerfSchG vom „Ausländerextremismus“ (oder: auslandsbezogener Extremismus) gesprochen wird, fehlt dieser Begriff in der gesetzlichen Regelung. Dies geht vor allem darauf zurück, dass sich auch deutsche Staatsbürger solchen Bestrebungen anschließen können, die sich gegen Heimatstaaten der Akteure oder Drittstaaten richten. Es wäre eine Lücke im Beobachtungsauftrag entstanden, wenn der Gesetzeswortlaut auf die ausländische Staatsangehörigkeit der Gruppenmitglieder abgestellt hätte.
41Das Problem eines fehlenden Bezugs zu den originären Aufgaben des Verfassungsschutzes galt 1972 auch für solche nachrichtendienstlichen Tätigkeiten fremder Staaten, die nicht das staatliche System der Bundesrepublik zu untergraben suchen, sondern deren Tätigkeit auf die Ausforschung wirtschaftlicher und politischer Verhältnisse oder die Einschüchterung von Landsleuten (meist Oppositionellen) gerichtet war. Es war klarstellungsbedürftig, dass auch jede andere Art von geheimdienstlicher Tätigkeit fremder Staaten in der Bundesrepublik in die Zuständigkeit der Verfassungsschutzbehörden fällt.103 Nach einer Grundgesetzänderung (Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 und Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG wurden Ende Juli 1972 um die Aufgabe der Beobachtung des „Ausländerextremismus“ ergänzt) trat am 7.8.1972 das Verfassungsschutzänderungsgesetz in Kraft. Damit wurde der Aufgabenkatalog der Verfassungsschutzbehörden erweitert um die Sammlung und Auswertung von Auskünften, Nachrichten und sonstigen Unterlagen über
– sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 BVerfSchG), sowie
– Bestrebungen (…), die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 BVerfSchG).
Der Begriff „fremde Macht“ dürfte 1972 gewählt worden sein, weil seitens der Bundesrepublik nicht beabsichtigt war, die DDR als Staat anzuerkennen, was indirekt die Folge gewesen wäre, wenn im Gesetz der Begriff „für einen fremden Staat“ verwendet worden wäre. Denn dann hätte man – bei Beibehaltung der Sichtweise, dass die DDR kein „fremder Staat“ sei – den damaligen Hauptgegner der Spionageabwehr, die „Hauptverwaltung Aufklärung“ des MfS, nicht beobachten können.104
42Die bislang umfangreichste Änderung erfuhr das BVerfSchG durch das am 20.12.1990 in Kraft getretene „Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes“.105 Anlass für dieses Gesetz, mit dem unter anderem auch erstmals gesetzliche Grundlagen für BND und MAD geschaffen wurden, war das „Volkszählungsurteil“ des BVerfG vom 15.12.1983. Dort entwickelte das BVerfG aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) das Recht auf „informationelle Selbstbestimmung“ (= Recht auf Datenschutz).106 Die technischen Möglichkeiten moderner Datenverarbeitung seien, so das BVerfG, geeignet, in Sekundenschnelle Einzelangaben zu einer Person zusammenzufügen und ein umfassendes Bild über deren Persönlichkeit zu erzeugen. Die Befugnis des Einzelnen, selbst über die Preisgabe oder Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen, müsse daher durch einen effektiven Schutz gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe dieser Daten abgesichert werden (näher Rn. 212 ff.).
43Für den Gesetzgeber hatte das Volkszählungsurteil die Konsequenz, dass er eine Vielzahl von Gesetzen, die die Verarbeitung personenbezogener Daten betreffen, nunmehr mit detaillierten Datenschutzregelungen zu versehen hatte, die dem vom Verfassungsgericht vorgegebenem Maßstab genügten. Auch das BVerfSchG gewann durch diese Änderungen massiv an Umfang; der weit überwiegende Teil der Regelungen bezieht sich seither auf die detaillierte Beschreibung der Vorgaben, wie und unter welchen Voraussetzungen Daten erhoben, verarbeitet und weitergegeben werden dürfen (vgl. §§ 8 ff., 17 ff. BVerfSchG). Neben den datenschutzrechtlichen Bestimmungen wurden 1990 auch die Befugnisse des BfV ausdrücklich im Gesetz verankert (§§ 8, 9 BVerfSchG). In § 3 Abs. 3 BVerfSchG wurde klargestellt, dass die Verfassungsschutzbehörden an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden sind, was mit Blick auf die ohnehin gegebene Rechtsbindung der Verfassungsschutzbehörden als Teile der vollziehenden Gewalt (Art. 20 Abs. 3 und 1 Abs. 3 GG) eigentlich entbehrlich gewesen wäre.
44in Reaktion auf die Anschläge vom 11.9.2001 erließ der Gesetzgeber in 2002 das Terrorismusbekämpfungsgesetz (TBG). Darin wurde dem BfV in § 3 Abs. 1 Nr. 4 BVerfSchG eine neue Aufgabe zugewiesen, nämlich die Beobachtung auch solcher Bestrebungen, die „gegen den Gedanken der Völkerverständigung (…), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (…)“ gerichtet sind. Hintergrund dieser Ergänzung war, dass die Beobachtung ausländerextremistischer Bestrebungen in § 3 Abs. 1 Nr. 3 BVerfSchG an die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen geknüpft ist. War diese Formulierung unter den historischen Umständen ihrer Entstehungszeit (Rn. 40) noch ausreichend, konnte es nunmehr zu Schutzlücken kommen, wenn in Deutschland aufhältige Extremisten zwar weder in Deutschland noch im Ausland Gewalttaten vorbereiten bzw. ausüben, aber eine gewaltbereite Organisation – z. B. durch Spendensammlungen, Waffenlieferungen oder Gewaltpropaganda – nachhaltig unterstützen.
45Durch das TBG erhielt das BfV – und über entsprechende Verweisungen auch BND und MAD – zudem neue Befugnisse zur Datenerhebung bei privaten Dienstleistern, die mittlerweile in § 8a BVerfSchG geregelt sind (i. V. m. §§ 3 Abs. 1 BNDG, 4a MADG). Ziel war die Aufklärung internationaler Finanz- und Kommunikationsstrukturen extremistischer bzw. terroristischer Netzwerke durch Informationen über Konten, Reisebewegungen und Kommunikationskanäle. Die Nachrichtendienste dürfen daher unter bestimmten Voraussetzungen Auskünfte bei Banken und sonstigen Finanzdienstleistern (§ 8a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BVerfSchG) sowie bei Luftfahrtunternehmen und Buchungsdienstleistern (§ 8a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BVerfSchG) einholen. Die Befugnis, bei Postdienstleistern die z. B. zur Vorbereitung eines G10-Antrags erforderlichen Auskünfte über Namen, Adressen und Postfächer zu erheben (§ 8a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BVerfSchG a. F.), wurde 2012 mangels Anwendung in der behördlichen Praxis vom Gesetzgeber wieder gestrichen.107 Auch die Telekommunikationskontakte können wichtige Aufschlüsse über Umfeld und Kontakte verdächtiger Personen oder den Standort eines Handybenutzers liefern; deshalb sind die Nachrichtendienste auch befugt, Telekommunikationsverbindungsdaten wie beteiligte Anschlüsse, Beginn und Ende von Telefonverbindungen oder Daten über Standorte usw. einzuholen (§ 8a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BVerfSchG). Weil terroristische Gruppen oft Mobiltelefone benutzen, deren Rufnummern den Sicherheitsbehörden nicht bekannt sind und auch nicht über einen Provider festgestellt werden können, ermächtigt § 9 Abs. 4 BVerfSchG zum Einsatz des sog. IMSI-Catchers zur Ermittlung der Geräte- und Kartennummern von Mobiltelefonen. Mithilfe der von einer Zielperson verwendeten SIM-Karte kann die dieser Karte zugeordnete Rufnummer ermittelt werden. Deren Kenntnis ist z. B. für einen G 10-Antrag gegen die Zielperson erforderlich.108 All diese neuen (Auskunfts-)Befugnisse waren jedoch zunächst auf die Aufklärung von Bestrebungen des gewaltgeneigten Ausländerextremismus und auf Spionagetätigkeiten begrenzt (§ 3 Abs. 1 Nr. 2-4 BVerfSchG). Eine Erstreckung auf den „klassischen Extremismus“ nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG sollte erst 2007 erfolgen (Rn. 47).
46Im Bereich der Befugnisse wurde § 9 Abs. 2 BVerfSchG, der den „Lauschangriff“ in Wohnungen regelt, dahingehend ergänzt, dass eine technische Maßnahme nunmehr auch zum Schutz einer Einsatzperson (z. B. eines verdeckten Mitarbeiters) bei konkreten Gefahrenlagen möglich ist. Diese Regelung wurde 2012 allerdings wieder gestrichen, weil sie seit ihrer erstmaligen Einführung im Jahre 2002 nie genutzt wurde.109 Freilich bliebe eine solche Vorschrift für verdeckt eingesetzte Mitarbeiter in heiklen Beschaffungssituationen durchaus sinnvoll, zumal eine solche Konstellation in Art. 13 Abs. 5 GG ausdrücklich für verfassungskonform erklärt wird.
47Da die Auskunftsbefugnisse des TBG nicht speziell auf die Terrorismusabwehr zugeschnitten waren, wurden sie mit dem Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG) von 2007 auch auf den „klassischen“ Extremismus im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG (d. h. insbesondere den Rechts- und Linksextremismus) erweitert. Auch bei der Beobachtung dieser Bestrebungen sind kommunikative Verbindungen, finanzielle Verhältnisse und Beziehungen, der Aufenthalt von Zielpersonen sowie internationale Kontakte der Szene bedeutsam. Die Auskunftsbefugnisse können hier etwa zur Aufklärung von Verflechtungen, Finanzflüssen, Produktions- und Vertriebsstrukturen der rechtsextremistischen Szene für Hasspropaganda beitragen.110 Durch die Erweiterung erfasst wird aber auch der Islamismus, sofern er sich „nur“ gegen die Schutzgüter des § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG richtet, ohne dass durch Gewalt bzw. Gewaltvorbereitung auswärtige Belange gefährdet (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 BVerfSchG) oder die Völkerverständigung (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 BVerfSchG) beeinträchtigt werden. Von den Auskunftsbefugnissen abgedeckt werden somit auch die Aktivitäten sog. „Hassprediger“ oder die ideologische Mobilisierung für djihadistische Aktivitäten, und zwar auch dann, wenn ihre Propaganda nicht gegen die Völkerverständigung gerichtet ist, sondern beispielsweise zu Gewalthandlungen im Inland aufruft.
48Auch schuf der Gesetzgeber in 2007 mit § 17 Abs. 3 BVerfSchG eine neue Möglichkeit der Informationsgewinnung bei international agierenden Zielpersonen, nämlich die Ausschreibung verdächtiger Personen zur verdeckten Registrierung („verdeckte Kontrolle“) im gesamten Schengen-Raum (Rn. 402 ff.). Seitdem können BfV, BND und MAD „verdächtige Personen“ zur verdeckten Registrierung im zentralen Polizeirechner der Schengen-Staaten, dem Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) ausschreiben (aktuell geregelt in Art. 36 der EU-Verordnung 2018/1862 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.11.2018). Eine derartige Ausschreibungsmöglichkeit war erforderlich geworden, weil seit der Aufhebung der Personenkontrollen an den Binnengrenzen des Schengen-Raumes im März 1995 der grenzüberschreitende Verkehr nur noch sehr eingeschränkt erfasst wird. Ein Ersuchen z. B. des BfV an die Bundespolizei nach § 17 Abs. 2 BVerfSchG um Übermittlung von (personen- und sachbezogenen) „Daten, die bei der Wahrnehmung grenzpolizeilicher Aufgaben bekannt werden (Rn. 397 ff.)“, d. h. wenn Zielpersonen bei der Ein- oder Ausreise kontrolliert werden, greift – da Deutschland seit dem Beitritt der Schweiz zum Schengen-Raum Ende 2008 ausschließlich von Schengenstaaten umgegeben ist – nur bei den internationalen Flug- und Seehäfen mit Verkehr in Nicht-Schengenstaaten. Die hierdurch entstandene Lücke bei der Informationsgewinnung zu Zielpersonen, die zwischen Schengen-Staaten reisen, wurde 2007 mit einer im gesamten Schengenraum wirksamen Ausschreibung im SIS geschlossen. Der Staat, dessen Polizeibehörde die ausgeschriebene Person antrifft, darf demnach der ausschreibenden Stelle die hierbei erhobenen Informationen übermitteln.
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