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Ein Rhetorik-Grundkurs für jedermann Reden müsste man können … und zwar so, dass die anderen gern zuhören. Denn nur wem zugehört wird, der kann seine Ziele erreichen. Ob als Führungskraft oder Mitarbeiter, beruflich oder privat: Sie müssen sich Gehör verschaffen. Fokus auf partnerfreundliches Verhalten und der bewusste Umgang mit der Macht des Wortes – damit ist das Buch ein unverzichtbarer Ratgeber insbesondere für alle, die mit Worten Macht und Einfluss ausüben: Eltern, Führungskräfte, Lehrer, Redner. Das Buch besticht durch den reichen Erfahrungsschatz des Rhetorikspezialisten Scheerer, durch schnörkellose Ratschläge für partnerschaftliche Kommunikation, durch Witz und eine hohe Fähigkeit, den Leser abzuholen und anzuleiten.
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Seitenzahl: 182
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Harald Scheerer
Wie Sie durch Ihr Sprechen gewinnen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind
im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Lektorat: Susanne von Ahn, Hasloh
Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de
Titelbild und Illustrationen: K.-H. Schrörs, Köln
©2014 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Das E-Book basiert auf dem 1995 und 2010 erschienenen Buchtitel „Reden müsste man können“ von Harald Scheerer, ©1995 und © 2010 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.
ISBN Buchausgabe: 978-3-86936-058-4
ISBN epub: 978-3-86200-945-9
© 1995 und 2010 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Völlig überarbeitete 10. Neuauflage
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise,
nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.
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Einstimmung
1. Durch partnerfreundliches Verhalten können Sie sich voll entfalten
Das Recht auf (s)eine eigene Meinung
Partnerfreundlich zugehört hat noch niemanden gestört
Partnerfreundlich eingefühlt hat schon manchen Schmerz gekühlt
Partnerfreundlich formulieren lässt den Partner applaudieren
Partnerfreundlich fragen lässt »ja« den Partner sagen
2. Sie stören beim Hören
Wie man in den Wald hineinruft …
Aggressionen niemals lohnen
Der Stimme Klang macht manchen bang
Redner, die nuscheln, ärgern die Hörer
Wer leise spricht, den(m) hört man nicht (zu)
Monoton weckt Spott und Hohn
Lass Pausen »sprechen«
»Äh« – eine – äh – (un)verschämte – äh – Zumutung
Wie du kommst gegangen, so wirst du empfangen
3. Rede, Vortrag, Referat, Präsentation – alle leben vom Reden
Was will ich erreichen und bei wem?
Die Stufenleiter zum Redeerfolg
Manuskript? Stichworte? Stegreif?
Die Angst des Redners beim Reden
Eine Rede mal so, mal so – zwei Beispiele
Reden und essen – ein heiterer Vergleich
4. Die Verhandlung
Das Machtdiktat – eine (all)gemeine Versuchung
Wie weit kann ich gehen?
Unangenehmes sagen? Unangenehm!
Beispiele zum Abgewöhnen
5. Partnerfreundlich führen heißt: Zum Menschen reden, nicht zur Sache
6. Sie können sich ändern, wenn Sie nur wollen
Über den Autor
»Reden ist Gold, Silber, Blech – je nach Erfolg.«
Die Machtdes Wortes
Eine Mahnung vorab: Reden heißt die Macht des Wortes einsetzen. Macht kann missbraucht werden, auch die des Wortes. Wenn Sie diese Macht benutzen, um einen Gegner zu besiegen, dann schaffen Sie sich Feinde. Wenn Sie diesen Gegner durch Ihr Sprechen gewinnen, gewinnen Sie Sympathie. So einfach ist das.
Warum müssen Sie »reden« können? Weil Sie Ziele haben, die Sie erreichen wollen. Dieses Buch beschäftigt sich mit den Wegen, auf denen Sie Ihre Redeziele gewaltlos und dadurch schnell erreichen können. Das ist längst nicht so kompliziert, wie einige von Ihnen vielleicht fürchten. Denn, dies sei gleich zu Anfang gesagt: Alle Redevorhaben haben dasselbe Ziel. Das wundert Sie vermutlich, denn jede Rede, jede Präsentation, jeder Vortrag, jedes Referat hat doch andere Inhalte. Da müssten doch auch die Ziele ganz unterschiedlich sein?
Das Ziel allenSprechens istZuhören
Zunächst möchte ich mit einem weitverbreiteten Irrglauben aufräumen: Rede, Präsentation, Vortrag, Referat sind verschiedene Namen für dieselbe Sache. Es sind Instrumente, mit denen Sie andere beeinflussen wollen. Mit jedem dieser Werkzeuge müssen Sie zunächst nur ein einziges Ziel erreichen: Ihre Zuhörer zum Zuhören bringen. Deshalb ist – trotz der unterschiedlichen Inhalte – das mit jedem dieser Instrumente angestrebte Ziel dasselbe: Zuhören! Erst wenn Sie dieses Ziel – Zuhören – erreicht haben, können die Inhalte der Reden und Verhandlungen ins Bewusstsein der Hörer eindringen, erst dann können die Zuhörer und Partner verstehen. Und erst wenn sie verstanden haben, können sie innerlich dazu Stellung nehmen und den Inhalt bejahen. Zusammengefasst:
Zuhörziel: Möglichst viele sollen zuhören.
Inhaltsziel: Möglichst viele sollen den Inhalt verstehen und bejahen.
Wichtig: Das Erreichen des Inhaltsziels hängt ab vom Erreichen des Zuhörziels – ohne Zuhörziel kein Inhaltsziel!
Wie erreichen Sie nun diese Ziele möglichst
• gewaltfrei,
• leicht,
• dauerhaft?
Schon in der Antikebekannt: partnerfreundlichesVerhalten
Das, was ich Ihnen vorschlage, ist kein Rezept, sondern eine wichtige Veränderung Ihrer Einstellung und damit Ihres Verhaltens gegenüber Ihren Kommunikationspartnern. Ich nenne es das partnerfreundliche Verhalten. Philosophen der Antike und Scholastiker des Mittelalters sollen diese Einstellung schon gekannt haben, die es möglich macht, in kontroversen Gesprächen den oder die Gesprächspartner dazu zu bringen, gern oder ohne großen Widerstand das zu tun, was der Gesprächsführer will. Warum diese Haltung sich nie allgemein durchsetzen konnte, kann hier nicht erörtert werden. Ich stelle sie Ihnen vor, erläutere sie und empfehle sie Ihnen als wichtigsten Baustein für erfolgreiches Reden und Verhandeln.
Die in diesem Buch beschriebenen Erfolgsregeln des partnerfreundlichen Verhaltens gelten für jede Rede, jedes Gespräch und für jede Verhandlung – also für jeden Umgang mit Menschen in jedem Lebensbereich, nicht nur fürs Management.
Sie gelten ganz besonders auch in der Schule, was mir sehr am Herzen liegt. Nur wenige Kinder gehen gerne in die Schule (was wohl zum guten Teil auf schlechte »Kommunikation« zurückzuführen ist). Infolgedessen ist die Zuhörbereitschaft vieler Schüler gering. Wenn das, was manche gar nicht hören wollen, zudem so vorgetragen wird, dass man sich anstrengen muss, es zu verstehen, dann versuchen sie es gar nicht erst! Auch Schüler wollen es leicht und angenehm haben, zuzuhören. Das Vermittelte soll Spaß machen, muss spannend und interessant sein. Und es muss immer wieder den Nutzen, den das Kind davon hat, wenn es zuhört, an lebhaften Beispielen betonen. Mit solchermaßen ausgebildeten Lehrern wäre »Pisa« für unsere Kinder kein Problem. Denn: Nicht die Menge des Wissens, sondern die Fähigkeit, dieses Wissen weiterzugeben, zu »kommunizieren«, wie man auf Neudeutsch sagt, ist ausschlaggebend für die Qualität eines Lehrers.
Sie können somit das, was Sie in diesem Buch lesen, auf jede andere Kommunikationssituation leicht übertragen.
»Die Würde des Menschen ist unantastbar.«
GRUNDGESETZ
Ein Beispielzu Beginn
Sie haben einen guten Bekannten, der gern Tennis spielt. Sie selbst spielen Golf und wollen – aus welchem Grund auch immer – diesen Bekannten dazu bewegen, auch Golf zu spielen.
Sie beginnen folgendermaßen:
»Also, ich weiß nicht, Tennis ist doch eine langweilige Sache. Einen Ball immer hin und her zu schlagen, darauf zu warten, bis der andere vielleicht mal ins Aus schlägt oder danebenhaut, immer in diesem Viereck herumzulaufen, nur den Ball, den Gegner und das Feld anzusehen – ich könnte mir weiß Gott Besseres vorstellen. Da ist Golf doch etwas ganz anderes! …« usw.
Sie könnten aber auch so beginnen:
»Ich weiß, dass du gerne Tennis spielst. Das ist eine feine Sache, wenn man so gut spielt wie du. Gute Tennisspiele sehe ich mir immer gerne an. Aber ich würde mich freuen, wenn du auch mal Golf versuchen würdest. Golf hat …« usw.
Bitte überlegen Sie, bei welchem dieser beiden Einstiege Ihr Gesprächspartner lieber und aufmerksamer zuhören würde. Ich bin ziemlich sicher, dass es der zweite ist. Warum? Weil Ihr erster Einstieg den Interessen und dem seelischen Wohlbefinden des angesprochenen Bekannten völlig entgegenläuft, denn:
• Sie erzeugen eine aggressive Atmosphäre.
• Sie nehmen die Meinung des anderen nicht ernst.
• Sie verletzen mit abwertenden Formulierungen sein Selbstwertgefühl.
PartnerfeindlichesVerhalten istkontraproduktiv
Sie wissen genau, dass Ihr Gesprächspartner gut und gerne Tennis spielt. Trotzdem sagen Sie: »Tennis ist doch eine langweilige Sache.« Damit zeigen Sie deutlich, dass Sie seine Meinung (»Tennis spiele ich gerne«) nicht respektieren, nicht ernst nehmen. Darüber hinaus wurde dieser Einstieg partnerfeindlich formuliert; Sie sagen nämlich indirekt, aber sehr deutlich: »Was bist du doch für ein Depp, dass du Tennis spielst!« Beides freut Ihren Bekannten nicht, verletzt sein Selbstwertgefühl und bringt ihn gegen Sie auf. Dadurch steht er Ihnen verärgert, vielleicht sogar feindselig gegenüber und betrachtet alles, was Sie ihm zu sagen haben, weitgehend negativ. Ihr Inhaltsziel, ihn für das Golfspiel zu interessieren, können Sie getrost vergessen.
Partnerfreundlichgeht es besser
Ganz anders verhält es sich beim zweiten Einstieg: »Ich weiß, dass du gerne Tennis spielst. Das ist sicher eine feine Sache …« Jetzt respektieren Sie seine Meinung (»Tennis ist fein«) und Sie formulieren auch weiterhin durchweg partnerfreundlich, also so, dass er gerne zuhört. Dadurch mag Ihr Gesprächspartner Sie, findet Sie okay und ist aufgeschlossen, Sie anzuhören. Die Atmosphäre ist völlig aggressionsfrei. Ob Sie ihn dann überzeugen können, bleibt natürlich Ihren Argumenten und der Art und Weise, wie Sie diese vortragen, überlassen.
Wir entnehmen diesem Beispiel folgende Erkenntnisse:
• Jeder Mensch legt großen Wert darauf, dass seine Meinung ernst genommen, also respektiert wird.
• Je besser Ihr Gesprächspartner Sie leiden mag, je mehr er Sie achtet, je positiver Sie als Mensch auf ihn wirken, desto leichter haben Sie es, ihn von Ihrer Meinung oder Absicht zu überzeugen. (Sie erreichen so Zuhörziel und Inhaltsziel.)
Jetzt lösen wir uns vom Beispiel und kommen zum Kernsatz des partnerfreundlichen Verhaltens:
Zeige einem Menschen, dass du seine Meinung ernst nimmst, und er tut meist das, was du von ihm willst.
Sie müssen esehrlich meinen
»Nun, das ist ja fein«, wird jetzt mancher von Ihnen sagen. »Nur ein bisschen freundlich sein, schon setze ich mich problemlos durch!« So leicht ist es leider nicht. Das partnerfreundliche Verhalten ist nämlich keine »Masche«, sondern eine Lebenshaltung. Wenn Sie nicht durchdrungen davon sind, dass jeder Mensch ein Recht auf seine eigene Meinung hat, dann ist Ihre »Freundlichkeit« unglaubwürdig. Selbst wenn diese andere Meinung Ihnen sehr befremdlich, ja, völlig blödsinnig vorkommt, so gibt Ihnen das kein Recht, sie nicht ernst zu nehmen. Der andere hat das Recht auf seine Meinung, auch wenn sie Ihnen nicht passt! Jeder hat das Recht auf seine Meinung! Das steht schon im Grundgesetz.
Es wird allerdings voraussichtlich einige Zeit dauern, bis Sie sich wirklich dazu durchgerungen haben werden, einem anderen Menschen das Recht auf (s)eine Meinung zuzugestehen, vor allem dann, wenn diese von Ihrer Ansicht abweicht. Jeder von uns nimmt zwar dieses Recht auf eine eigene Meinung für sich in Anspruch, aber wehe, ein anderer hält dagegen! Dann ist nicht nur unser Selbstwertgefühl verletzt, sondern wir werden oft wütend und sogar ausfallend. Oder aber – wenn dieser »unverschämte« Gesprächspartner stärker und mächtiger ist als wir (auch Sie haben Vorgesetzte!) – wir sind ganz still, verschließen Schmerz und Ärger tief in der Brust und warten auf einen günstigen Augenblick (oft unbewusst), es dem anderen heimzuzahlen und uns zu rächen – offen oder versteckt. Es liegt auf der Hand, dass vom Moment einer solchen Verletzung an nicht mehr oder nicht mehr richtig zugehört wird.
Hält mich mein Gesprächspartner (bei Verhandlungen) oder mein Zuhörer (bei Reden) hingegen für sympathisch, kompetent, vertrauenswürdig, mag er mich im Augenblick der Kommunikation gut leiden, dann ist er bereit, mir zuzuhören. Das geht uns allen so: Wen wir mögen, der hat unser Ohr. Diesen Zustand erreichen Sie verhältnismäßig leicht durch partnerfreundliches Verhalten. Dazu gehört:
• dass Sie sich bemühen, dem Partner das Zuhören angenehm und leicht zu machen,
• dass Sie eine von der Ihren abweichende Meinung des anderen respektieren.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen:
Eine andere Meinung zu respektieren und somit ernst zu nehmen bedeutet nicht, diese Meinung zu akzeptieren!
Sie dürfen sie klar ablehnen, sie jedoch nicht schlechtmachen, vom Tisch wischen, angreifen, bagatellisieren, und vor allem dürfen Sie nicht den Menschen angreifen, der diese Meinung geäußert hat. Wenn Sie anderer Ansicht sind als Ihr Gesprächspartner, könnten Sie zum Beispiel so antworten: »Okay, das ist Ihre Meinung. Ich sehe das allerdings ganz anders, denn …«
Auf diese Weise wird über die (falsche!?) Meinung des anderen überhaupt nicht gesprochen, also auch nicht gestritten. Es kommt keine Aggression auf, der Partner mag Sie, weil Sie seine Meinung nicht schlechtmachen, und er ist durchaus aufgeschlossen, sich jetzt Ihre Ansicht anzuhören. Was wollen Sie mehr?
Jeder hat dasRecht auf seineMeinung – jeder!
Grundvoraussetzung ist, dass Sie Ihren oder Ihre Partner bei einem kontroversen Gespräch nicht innerlich ablehnen, weil diese anderer Meinung sind als Sie. Denken Sie immer daran, dass jeder, aber auch wirklich jeder das Recht hat, eine eigene Ansicht zu vertreten – auch Sie, auch Ihr Gesprächspartner, auch Ihr Mitarbeiter, auch Ihr Vorgesetzter, auch Ihr Kunde, auch Ihr Lieferant, auch Ihr Partner, auch Ihre Kinder …
Warum sollten Sie die Haltung anderer anerkennen? Weil das Gegenteil, dem anderen kein Recht auf eine eigene Meinung einzuräumen, diesen zum »Unmenschen« degradiert. Ihr Verhalten wäre menschenverachtend. Und weil es Ihnen dann viel leichter fällt, partnerfreundlich zu sprechen, also so, dass andere Ihnen gern zuhören. Wenn man Ihnen gern zuhört, dann besteht die große Chance, dass Ihre Argumente wirken, überzeugen und Ihre Partner das tun, was Sie von ihnen wollen. Selbst wenn Ihre Zuhörer Ihren Standpunkt ablehnen, gibt es bei großer Sympathie auf beiden Seiten immer noch die Möglichkeit, dass diese sich trotzdem Ihrer Meinung anschließen, weil man Ihnen »einen Gefallen tun« möchte.
Um partnerfreundlich zu agieren, müssen Sie bei Vorbereitung und Durchführung aller Gespräche und Vorträge stets auf eines achten: Form und Inhalt des Gesprochenen sollen eindeutig sein, die Formulierung des Inhalts darf keine Missverständnisse aufkommen lassen. Machen Sie es Ihrem Gegenüber so leicht und angenehm wie möglich, Ihnen zuzuhören (Zuhörziel). Das gilt übrigens für jeden Partner: für denjenigen, der hierarchisch über Ihnen steht, wie auch für den Gleichgestellten oder den Ihnen Unterstellten. Sie müssen sich immer bemühen, partnerfreundlich zu sein, um zu überzeugen und so Ihr inhaltliches Ziel (Inhaltsziel) zu erreichen. Vermutlich haben Sie das in der Vergangenheit nicht immer für notwendig gehalten. Aber:
Wer etwas erreichen will, muss sich bemühen.
Manchmalgeht’s nicht
Selbstverständlich ist jede partnerfreundliche Haltung fehl am Platz, wenn Sie jemanden wirklich »besiegen« müssen. Das sollten Sie sich aber immer sehr gut überlegen – wegen der damit verbundenen Folgen, denn »fast jeder Sieg zeugt neuen Krieg«.
Wie »oute«ich mich?
Nehmen wir an, Sie haben sich überwunden und gestehen anderen zu, eine eigene Meinung zu äußern, die Sie ernst nehmen. Wie können Sie diese neue, partnerfreundliche Einstellung Ihren Gesprächspartnern deutlich machen? Es nützt ja nichts, wenn Sie partnerfreundlich sind, und niemand merkt es. Der beste Weg, Ihre Haltung zu offenbaren, ist das partnerfreundliche Zuhören.
Bitte gehen Sie in sich: Wie verhalten Sie sich (manchmal?) insbesondere als Vorgesetzter, wenn ein Mitarbeiter etwas zu Ihnen sagt, das Sie nicht interessiert oder das Ihnen »gegen den Strich« geht? (Das Beispiel lässt sich auch auf Eltern und Kinder, Lehrer und Schüler und ähnliche Abhängigkeitsverhältnisse übertragen.)
• Sie schalten ab oder denken an etwas anderes.
• Sie unterbrechen ihn.
• Sie zeigen sich desinteressiert und sehen (zum Beispiel) aus dem Fenster.
• Sie sehen auf die Uhr.
• Sie trommeln mit den Fingern auf dem Tisch.
• usw.
Sie verhalten sich ganz und gar unfreundlich und damit partnerfeindlich. Ihr Gesprächspartner merkt dann bald, dass Sie das, was er sagt, nicht interessiert oder dass Sie es sogar ablehnen. Sie würden das im umgekehrten Fall ja auch merken. Natürlich freut er sich nicht darüber, genauso wenig, wie Sie sich selbst darüber freuen würden. Es handelt sich hier ganz eindeutig um körpersprachliche Signale, eine Art körpersprachliche Demonstration der »Arroganz der Macht«, auf die ich noch zu sprechen komme. Diese Signale werden fast nur von »Führenden« gesendet, die keinen Widerspruch zu fürchten brauchen, die jedoch dadurch oft die Chance verspielen, die »Untergebenen« für ihre Meinung zu gewinnen. Sie brauchen aber die andereren, etwa Ihre Mitarbeiter. Ohne diese erreichen Sie Ihre Ziele nicht. Warum sie also verletzen? Eine relativ kleine Verhaltensänderung Ihrerseits – und schon besteht die Möglichkeit, sie für Sie und Ihre Ziele zu gewinnen – durch Zuhören.
Sichtbar zuhören
Zuhören allein genügt allerdings nicht. Sie müssen Ihrem Partner zeigen, dass Sie ihm zuhören, sonst erkennt er es nicht.
• Sehen Sie ihn an, wenn er zu Ihnen spricht.
• Zeigen Sie eine aufmerksame Miene.
• Lassen Sie Ihr Gegenüber durch Kopfschütteln, Nicken, Achselzucken, Lächeln usw. merken, dass Sie am Ball sind, dass Sie sich für das interessieren, was der andere sagt, dass Sie also seine Meinung ernst nehmen, auch wenn Sie diese nicht teilen.
Das freut Ihren Gesprächspartner, das nimmt ihn für Sie ein. Das schafft eine positive Beziehungsebene und baut ein »Sympathiefeld« auf.
Das macht ihm auch Mut, noch mehr von sich mitzuteilen. Und je mehr Sie von ihm erfahren und über ihn wissen, je besser Sie seine Meinung kennen, umso eher können Sie, wenn nötig, dagegenargumentieren.
PartnerfreundlicheRückmeldung
Eine weitere Möglichkeit, Ihrem Gesprächspartner deutlich zu machen, dass Sie zuhören, ist das partnerfreundliche Rückmelden. An den richtigen Stellen eingesetzt, signalisiert es Ihrem Gegenüber: »Ich habe dich verstanden.« Darüber hinaus zeigt es eventuell sogar die Bereitschaft zu einem Kompromiss. Sie haben vielleicht schon einmal an sich selbst beobachtet, dass Sie bei einem Gespräch, einer Diskussion oder einer Verhandlung angenehm berührt waren, wenn Ihr Gesprächspartner etwas von dem wiederholte, was Sie gerade gesagt hatten. Sie hatten das Gefühl: »Der ist aber aufmerksam, der interessiert sich für das, was ich sage, der nimmt meine Meinung ernst.« Und schon fanden Sie ihn recht angenehm und waren bereit, auch ihn anzuhören.
So oder so ähnlich geht es fast jedem Menschen. Die »Technik« der partnerfreundlichen Rückmeldung ist einfach: Sie unterbrechen Ihren Gesprächspartner – möglichst am Ende eines Gedankengangs –, um dann mit Ihren eigenen Worten das zu wiederholen, was er gerade gesagt hat. Sie leiten dieses Wiederholen ein mit Redewendungen wie:
• »Wenn ich Sie richtig verstanden habe …«
• »Sie meinen also …«
• »Ihrer Ansicht nach …« usw.
Unterbrechungen werden normalerweise als ärgerlich empfunden, nur nicht in diesem Fall. Im Gegenteil. Fast jeder findet es angenehm, wenn Gedanken, die er gerade geäußert hat, wiederholt werden. Wichtig ist, dass Sie beim Rückmelden nicht durch Mienenspiel, Betonung oder Worte zu erkennen geben, wenn Sie mit dem, was der andere geäußert hat, nicht einverstanden sind. Ihre Wiederholung soll ganz neutral nur den Inhalt dessen wiedergeben, was gesagt wurde, ohne Entstellung oder Veränderung, mit Ihren eigenen Worten – eventuell abgekürzt und verdichtet. Nachdem Sie wiederholt haben, warten Sie, bis der andere seine Zustimmung äußert oder vielleicht doch widerspricht – erst dann antworten Sie auf das Gesagte.
Hier zwei Beispiele für die partnerfreundliche Rückmeldung:
Beispiel 1
Vorgesetzter: »Ich bin in letzter Zeit gar nicht zufrieden mit Ihnen. Dauernd kommen Beschwerden bei mir an, dass Sie sich bei den Außenstellen wie ein kleiner Herrgott aufspielen. Wenn das Ihre Auffassung von Teamarbeit ist, dann bedanke ich mich!«
Mitarbeiter: »Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind Sie mit mir nicht mehr zufrieden. Es sind Beschwerden von Außenstellen über mich eingegangen, aus denen Sie entnehmen, dass ich es an der notwendigen Teamarbeit habe fehlen lassen. Ist das richtig?«
Vorgesetzter: »Ja, das habe ich gesagt.«
Mitarbeiter: »Es ist mir sehr unangenehm, dass dieser Eindruck entstanden ist. Das habe ich wirklich nicht gewollt. Es liegt wahrscheinlich daran, dass ich mich oft darüber ärgere, wenn unsere Vorschläge auf geringes Verständnis stoßen und die Kollegen wenig kooperativ sind. Da rastet man schon mal aus.«
Statt sich aufzuregen, hat der Mitarbeiter das wiederholt, was sein Vorgesetzter gesagt hat. Damit hat er das Machtdiktat (von dem später noch die Rede sein wird) entschärft und der Führungskraft sozusagen »die Aggression aus dem Kopf genommen«. Nach der Rückmeldung und der Bestätigung durch den Chef antwortet er mit Ich-Aussagen (darüber berichte ich noch) und trifft mit seiner Antwort auf einen dadurch wesentlich milder gestimmten Gesprächspartner. Sie sehen, es geht nur darum, mit eigenen Worten, ohne Entstellung, das zu wiederholen, was der Partner sagte.
Sollte die Stimmung immer noch gereizt sein, könnten weitere Rückmeldungen helfen. Versuchen Sie es möglichst bald einmal. Vielleicht bei Ihrem nächsten kontroversen Gespräch mit Ihrer Frau, mit Ihren Kindern, Ihrem Chef, Ihrem Mitarbeiter. Es gelingt natürlich nicht immer – Menschen sind keine Maschinen, die auf Knopfdruck funktionieren –, aber meistens.
Beispiel 2
Werbefeind: »Ich finde diesen ganzen Werberummel zum Auswachsen. Wo man hinsieht: Nur Reklame! Stellt man das Fernsehen an – Reklame! Die Zeitschriften bestehen fast nur noch aus Anzeigen und so weiter und so fort. Ich meine, das gehört verboten. Wir wissen doch allein, was wir wollen und was wir brauchen. Die wollen uns doch mit ihrer Werbung bloß manipulieren, damit wir etwas kaufen, was wir gar nicht brauchen.«
Werbefreund (der ganz anderer Auffassung ist, aber Aggressionen vermeiden will): »Diese ganze Reklame oder Werbung stört dich. Du bist der Auffassung, Werbung gehöre verboten. Wir wüssten schließlich allein, was für uns gut ist, und brauchten uns deshalb nicht durch Werbung verleiten zu lassen, etwas zu kaufen, was wir gar nicht wollen. Ist das richtig?«
Werbefeind: »Ja, durchaus, so ist es!«
Werbefreund: »Da bin ich etwas anderer Meinung. Ohne Werbung wüssten wir über viele nützliche Dinge überhaupt nicht Bescheid. Außerdem macht die Werbung interessante Artikel so bekannt, dass sie häufiger gekauft werden. Dadurch können sie in größeren Stückzahlen hergestellt und so billiger angeboten werden. Außerdem …«
Sie sehen, durch die partnerfreundliche Rückmeldung bleibt – trotz gegensätzlicher Meinungen – das Gespräch aggressionsfrei. Natürlich können Sie das partnerfreundliche Rückmelden nicht ein ganzes Gespräch hindurch anwenden. Ihr Partner wäre irritiert. Außerdem würde der Austausch dadurch sehr in die Länge gezogen. Im Gegensatz zu allen auf »Sieg« getrimmten pseudodialektischen Gesprächstechniken lässt sich die partnerfreundliche Rückmeldung von beiden Gesprächspartnern – sogar gleichzeitig – anwenden, denn sie dient ja nicht der unlauteren Manipulation oder dem Mundtot-Machen des Partners.
Wann Sie partnerfreundlichrückmeldensollten
Bei welchen Gelegenheiten sollten Sie nun die partnerfreundliche Rückmeldung einsetzen, wenn sie schon nicht durchgängig anwendbar ist?
• Wenn ein Gespräch droht, scharf zu werden und außer Kontrolle zu geraten. (Die Spannung legt sich dadurch.)
• Wenn das Verhandlungsklima unterkühlt ist. (Die Atmosphäre wird wärmer.)
• Wenn Sie etwas nicht richtig verstanden haben oder Ihr Partner sich unklar ausgedrückt hat. (Durch Ihre Rückmeldung, die ja in diesem Fall nicht korrekt wiedergibt, was der andere gesagt hat, wird Ihr Partner veranlasst, sich deutlicher auszudrücken.)
• Wenn Sie noch nicht genau wissen, was Sie antworten sollen. (Während Sie wiederholen, haben Sie Zeit zu überlegen.)
• Wenn Sie den Partner unterbrechen wollen, ohne ihn zu verärgern. (Über die Wiederholung dessen, was er gesagt hat, freut sich Ihr Partner.)
• Und noch eine Möglichkeit: Wenn Sie wollen, dass Ihr Partner weiterspricht, also noch mehr sagt, dann wiederholen Sie, was er bisher geäußert hat, ohne darauf zu antworten. (Er hat dann das Gefühl, Sie noch nicht ausreichend informiert zu haben.)