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"Ein listiges Bergvolk in Lederhosen, das sich jodelnd verständigt", lautet eine viel zitierte Aussage über die Tiroler – zu Unrecht, denn glücklicherweise sehen die Bergbewohner von gejodelter Konversation, insbesondere mit Fremden, ab. Wer mit den Einheimischen trotzdem näheren Kontakt sucht, der bricht das Eis mit ein paar gekonnten Redewendungen aus dem Kauderwelsch Tirolerisch. Kauderwelsch Dialektbücher stellen deutsche Mundart vor und laden zum Schmökern und Schmunzeln ein. Die einfache, praxisnahe Beschreibung von Wörtern, Floskeln und Redewendungen eröffnet einen amüsanten Einblick in die Mentalität der Menschen vor Ort und ermuntert auch Ungeübte zum Mitmachen und Ausprobieren. Um schnell ins Gespräch zu kommen, wird auf sprachwissenschaftliche Abhandlungen verzichtet und nur auf grundlegende grammatikalische und lautliche Besonderheiten eingegangen. Das originelle Geschenk für Urlauber, Zugezogene und Sprachinteressierte!
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Seitenzahl: 111
Veröffentlichungsjahr: 2025
Daniela Hartinger
Auf einen Blick: Tirolerisch
Vorwort
Typisch Tirolerisch
Hinweise zur Benutzung
Tirolerisch lernen
Was ist Tirolerisch?
Wo wird Tirolerisch gesprochen?
Der Dialekt im Alltag
Die Aussprache
Tirolerisch sprechen
Das erste Gespräch
Essen und Trinken
Ausgehen
Ballsaison und Zeltfeste
Liebe und Flirten
Die liebe Saubande – über die Familie
Drunter und drüber – Richtungs- und Ortsangaben
Mander, es isch Zeit
Schimpfen und Fluchen
Sehr und ziemlich
Kirche und Feiertage
Bei der Arbeit
Der Arbeitstag
Die Berufswahl
Im Geschäft
Gesundheit und Körperliches
In den Bergen
Heute geht wieder der Föhn
Das liebe Geld
Wie man sich kleidet
Tipps für einen erfolgreichen Tirol-Aufenthalt
Zu guter Letzt
Anhang
Wörterliste
Die Autorin
Impressum
Tirolerisch, genauer gesagt die in Tirol gesprochenen Dialekte, sind mit regionalen Ausnahmen dem Bairischen zuzuordnen.
9
Bezirke
gibt es im Bundesland Tirol. Ihre Kürzel stehen auf den Nummernschildern der Autos.
15
Kilometer
lang ist die längste Skipiste Tirols: die Schwarze Schneid in Sölden, die 2.000 Höhenmeter überwindet.
464
Einwohner
zählte 2024 die kleinste Stadt Tirols: die sehenswerte Glasstadt Rattenberg.
„Die Tiroler: ein listiges Bergvolk in Lederhosen, das jodelt“ − liebe Leserin, lieber Leser, haben Sie diesen Satz auch schon einmal irgendwo gelesen oder gehört? Angeblich soll ein Lexikon um 1900 die Bewohner der damaligen Grafschaft Tirol so beschrieben haben, doch Belege für die Echtheit dieses Zitats sind nicht zu finden. Auch um welches Lexikon es sich handeln soll, ist unklar.
Vielmehr schreibt der Brockhaus in seinem Conversations-Lexikon von 1886 (Band 15):
„Der Tiroler ist fröhlich, aufgeweckten und muntern Sinnes, ein geborener Schütze und Jäger und hängt mit großer Liebe an seinem Vaterlande.“
Wie es nun einmal so ist: Bei der Beschreibung von Personengruppen wird gerne verallgemeinert, oft auch übertrieben, mal in die eine, mal in die andere Richtung, bis hin zur Glorifizierung oder Verunglimpfung. Gewisse Übereinstimmungen lassen sich daher sowohl in der ersten, eher despektierlichen Beschreibung des Tiroler Volkes, die in dieser Form womöglich nie getätigt wurde, als auch in der deutlich wohlwollenderen des Brockhaus finden.
So sind wir Tiroler, wie sollte es auch anders sein, immer noch ein Bergvolk und einige von uns auch listig ‒ oder bauernschlau, wie wir es gerne nennen. Die Lederhosen bzw. das in der Beschreibung unterschlagene Dirndl allerdings holen wir – wenn überhaupt – nur hin und wieder aus dem Schrank. Und ob der eine oder die andere unter der Dusche jodelt, das müssen Sie im Einzelfall selbst herausfinden. Wer weiß …
Auch das Talent fürs Schießen und für die Jagd muss individuell beurteilt werden. So bin beispielsweise ich als Tochter eines passionierten Jägers gänzlich untalentiert im Treffen von Zielen jeglicher Art. Das muntere, aufgeweckte Naturell wiederum verbirgt der eine oder die andere gerne hinter einer ruppigen Fassade, woran sich aber kaum jemand zu stören scheint. Denn egal ob bei Wienern oder Berlinern: Die Tiroler sind allgemein beliebt – was nicht immer auf Gegenseitigkeit beruht. Ob das daran liegt, dass die Tiroler mit der ihnen attestierten großen Liebe zum „Vaterland“ bereits voll ausgelastet sind? Auch der Aphorismus, mit dem sie ihre Heimatliebe gern in Worte fassen − Bisch a Tiroler, bisch a Mensch −, spricht für die „Selbstgenügsamkeit“ der Tiroler.
Selbstverständlich wissen auch die Tiroler, wie man sich Ortsfremden gegenüber anständig benimmt. Aber im Grunde ist uns alles, was nördlich von München und östlich der Tauern liegt, – zugegeben – schon suspekt. So werden nicht nur Norddeutsche, sondern bereits Ostösterreicher misstrauisch beäugt. Auch sie müssen sich das Wohlwollen der Tiroler erst erarbeiten, was wirklich nicht leicht ist. Denn wie so oft ist die Sprache der Schlüssel zur Verständigung und in Tirol ist man stolz auf seine Dialekte. So im Übrigen auch ich, die ich diese Zeilen für Sie schreibe. Geboren in einem kleinen Dorf nahe Innsbruck ist meine offizielle Muttersprache zwar Deutsch, die Sprache meines Herzens, meiner freudigen Ausrufe und ganz besonders meiner Flüche ist jedoch Tirolerisch. Das gilt auch heute noch, nachdem ich schon seit einigen Jahren der Liebe wegen in München – also auf fremdem, aber sozusagen akzeptablem Gebiet – lebe.
Warum auch immer Sie dieses Büchlein in Händen halten – vielleicht planen Sie eine Reise in unser schönes Land oder haben sich Tirol als Ihre neue Heimat auserkoren, womöglich wurde es Ihnen auch von gehässigen Arbeitskollegen oder Nachbarn zugesteckt, damit Sie endlich lernen, wia men gscheit red (wie man richtig spricht): Die folgenden Seiten sollen Ihnen dabei helfen, sich zu integrieren, im neuen sozialen Umfeld Fuß zu fassen oder einfach „nur“ die Tiroler, ihr Leben und ihre Traditionen besser zu verstehen – ganz gleich ob als Touristin, Zugereister oder Gast.
Somit bleibt mir an dieser Stelle nur noch, Ihnen viel Vergnügen mit dem schönen Dialekt Tirolerisch, vor allem aber mit Tirol und seinen manchmal listigen, teils schießfreudigen und vereinzelt jodelnden Bewohnern zu wünschen. Wenn Sie darüber hinaus beim Lesen das eine oder andere Mal schmunzeln sollten, wäre es auch mir eine besondere Freude.
Auf geat‘s!
Daniela Hartinger
Nationalheld Andreas Hofer, s. S. 8
Wo Sie auch hinsehen: In Tirol steht immer erst einmal ein Berg, die Tiroler Bergwelt ist beeindruckend. Der höchste Gipfel, der sich auf dem Gebiet des Bundeslandes Tirol befindet, ist die Wildspitze (3.768 m ü. M.). Je nach geografischer Zuordnung der Berge gibt es in Tirol zwischen 440 und 570 „Dreitausender“ – und das auf einem Gebiet von 12.648 km2. Das entspricht etwa einem Dreitausender auf 25 km2.
Der Bergbauer Andreas Hofer aus Südtirol, damals noch Teil der Grafschaft Tirol, war 1809 einer der Anführer des Tiroler Aufstands gegen die französische und bayerische Besatzung. Nachdem er verraten worden war, wurde Hofer in einer Berghütte aufgespürt und nach Mantua (Italien) gebracht, dort vor ein Militärgericht gestellt und erschossen. Die Tiroler Landeshymne trägt den Titel Andreas-Hofer-Lied und beginnt mit den Zeilen „Zu Mantua in Banden, der treue Hofer war“. Ein Besuch im Bergisel-Museum lohnt sich.
Eine der verhasstesten Buchstabenkombinationen Tirols lautet IG-L. Sie steht für das Immissionsschutzgesetz-Luft und ist verantwortlich dafür, dass auf den meisten Autobahnabschnitten Tirols 100 km/h nicht überschritten werden dürfen. Ein schnelles Auto zu besitzen, hat sich in der kurvenreichen Bergwelt Tirols ohnehin nie gelohnt.
Das Hahnenkamm-Rennen in Kitzbühel steht seit 1931 in dem Ruf, das gefährlichste Skirennen der Welt zu sein. Damals gab es die heutigen Sicherheitsstandards noch nicht, die Läufer galten als „harte Hunde“, um die sich ein wahrer Mythos entwickelte. Inzwischen hat sich das Rennen zu einem Treffpunkt der nationalen und internationalen High Society und einem der wichtigsten Tourismusmagneten des Landes entwickelt.
Es mag nicht auf den ersten Blick ins Auge springen, aber die Tiroler sind gesellige Menschen und nehmen aktiv am Vereinsleben im Heimatort teil. Sollte Ihr Aufenthalt in Tirol länger dauern, bieten Vereinsaktivitäten eine gute Möglichkeit, um Kontakte zu knüpfen.
Dieser Dialektband versteht sich als Kommunikationshilfe, die Sie nutzen können, um sich Tirol sprachlich und kulturell zu nähern, egal ob Sie Ihre Zelte nur vorübergehend oder längerfristig aufschlagen.
Es liegt in der Natur von Dialekten, dass sie hauptsächlich in gesprochener Form existieren. So sind in Tirol die meisten Erwachsenen noch nach dem Motto Tirolerisch sprechen, Standarddeutsch schreiben aufgewachsen. Unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist es allerdings inzwischen üblich, Kurznachrichten, E-Mails und Postings in sozialen Netzwerken im Dialekt zu verfassen. Eine verbindliche Schreibweise gibt es dabei nicht, sodass eine einheitliche schriftliche Darstellung schwierig ist. Wenn Sie einen Tiroler fragen, nach welchen Regeln er Tirolerisch schreibt, werden Sie sehr wahrscheinlich folgende Antwort erhalten: I schreib, wia i red. Hauptsache, das Gegenüber versteht es.
Für die Verschriftlichung des Dialekts verwende ich in diesem Buch die graphematische, das heißt die vertraute Buchstabenschreibweise. Als Ausnahme wird Ihnen das å ins Auge stechen, das einen Laut kennzeichnet, der zumindest im bundesdeutschen Standarddeutsch nicht vorkommt. Das werde ich im Ausspracheteil erklären S. 17.
Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Alltagssprache in den verschiedenen Lebensbereichen. Sie lernen dort die wichtigsten Wörter und Wendungen kennen und bekommen so die Chance, Ihr Gegenüber besser zu verstehen und Fettnäpfchen zu vermeiden. Auf diese Weise sprachlich gerüstet, können Sie sich den Einheimischen frohen Mutes nähern. Und wenn Sie dann noch die Tipps für einen erfolgreichen Tirol-Aufenthalt beherzigen, die ich am Ende des Buches für Sie zusammengetragen habe, kann praktisch nichts mehr schiefgehen!
Was ist Tirolerisch?
Wo wird Tirolerisch gesprochen?
Der Dialekt im Alltag
Die Aussprache
Die in Tirol gesprochenen Dialekte sind mit einer Ausnahme – in der Region Außerfern werden neben Tirolerisch auch, in einigen Gemeinden sogar ausschließlich schwäbisch-alemannische Dialekte gesprochen − dem Bairischen zuzuordnen, einer oberdeutschen Dialektgruppe.
Den einen Tiroler Dialekt gibt es nicht und daher auch keine einheitliche Aussprache. Echte Tiroler werden Ihnen sogar weismachen wollen, dass de då entn, also die dort drüben, die im Nachbardorf, einen vollkommen anderen Dialekt sprechen als sie selbst. Und manchmal haben sie gar nicht so Unrecht damit. Ohne zu sehr in die Tiefe gehen zu wollen, möchte ich Ihnen im Folgenden einen Eindruck von der Vielfalt der Tiroler Dialektwelt vermitteln.
Nehmen wir das Wort gehen: Rund um Innsbruck wird meist gian gesagt, in anderen Teilen Tirols allerdings auch gean, gen, ge oder gea. Lassen Sie sich davon nicht aus der Ruhe bringen! Auch wenn das Schriftbild große Unterschiede vermuten lässt, liegen die Varianten in der Praxis nah beieinander. Diese Formen sind gegenseitig verständlich und häufig kommt es auch zu Vermischungen.
Die Vielfalt innerhalb der Dialektstruktur des Tirolerischen ist vor allem der Topografie geschuldet, die von hohen Bergen und tiefen Tälern gekennzeichnet ist. Lassen sich heutzutage nahezu alle Punkte der Region schnell und einfach mit dem Auto oder einem anderen Verkehrsmittel erreichen, konnten vor gar nicht langer Zeit die Wege nur zu Fuß zurückgelegt werden. Dabei bildeten die Berge eine Art natürliche Grenze und es wollte jedes Mal gut überlegt sein, bevor man sich aufmachte, um auf beschwerliche Weise über den 3.000 Meter hohen Gipfel ins Nachbartal zu wandern.
Der Kontakt zu Menschen in angrenzenden Regionen war also seit jeher eingeschränkt und so entwickelten sich in den Tälern und teilweise sogar in den unterschiedlichen Abschnitten eines Tals verschiedene Ausprägungen des hiesigen Dialekts.
In diesem Buch stelle ich hauptsächlich meinen eigenen Dialekt vor, eine gemäßigte Variante, die in der Nähe von Innsbruck gesprochen wird und überall in Tirol verständlich sein sollte. Man könnte sie fast als Durchschnittstirolerisch bezeichnen. Seien Sie aber nicht überrascht, wenn Ihnen in Tirol Wörter und Aussprachevarianten begegnen, die in diesem Buch nicht vorkommen. Die Vielfalt ist enorm. Es kann daher nicht mein Anspruch sein, die feinen Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionen und ihren dialektalen Besonderheiten herauszuarbeiten, vielmehr möchte ich Ihnen einen allgemeinen Überblick vermitteln.
Wie so oft entsprechen die politischen Grenzen nicht den sprachlichen und so wird in Tirol nicht nur (südbairisches) Tirolerisch gesprochen und Tirolerisch nicht nur in Tirol. Die politischen Grenzen werden Sie vielleicht aus Sommer- und Winterurlauben kennen. Das österreichische Bundesland Tirol gliedert sich in zwei Teile. Nordtirol erstreckt sich vom Arlbergtunnel im Westen bis nach Kitzbühel im Osten. Osttirol wird im Norden von Großvenediger und Großglockner, im Südosten von den Gailtaler Alpen und im Westen von Italien begrenzt. Von Nordtirol aus erreicht man Osttirol nur über das Bundesland Salzburg oder Italien − vielleicht ein Grund dafür, dass es manchmal etwas stiefmütterlich behandelt wird. Aber: Auch Osttirol gehört zum Bundesland Tirol.
Und war da nicht auch noch Südtirol? − Auch wenn der Name es vermuten lässt: Südtirol gehört seit 1919 nicht mehr zu Tirol bzw. Österreich. Im berühmten Lied „Dem Land Tirol die Treue“ (man spricht dabei auch gern von der inoffiziellen Landeshymne Tirols) heißt es: „[…] von dir gerissen wurde Südtirol“ ‒ eine Sichtweise, die bis heute polemische Diskussionen auslösen kann. Einerseits wird von nationalistischen österreichischen Politikern die doppelte Staatsbürgerschaft für Südtiroler gefordert, andererseits kann man es bei Zeltfesten erleben, dass auf die zitierte Strophe hin die angeheiterten Gäste ein lautes „Gott sei Dank!“ erschallen lassen. Fakt ist, dass Südtirol 1919 im Vertrag von Saint-Germain Italien zugesprochen wurde. Dennoch wird dort auch heute noch Deutsch gesprochen, ja sogar Tirolerisch. Die Unterschiede sind für das geschulte Ohr allerdings leicht zu erkennen und ein Südtiroler wird von einem Nordtiroler schnell als solcher identifiziert werden – und umgekehrt genauso. Das Südtirolerische könnte in seiner Vielfalt einen eigenständigen Dialektband füllen und wird in diesem Büchlein nicht behandelt. Aber vielleicht lässt sich mit einem Augenzwinkern behaupten, dass Tirolerisch in zwei Staaten gesprochen wird und es sich somit fast schon um einen internationalen Dialekt handelt.
Eine geografische Besonderheit Tirols ist die Region Außerfern, also die Region rund um die Stadt Reutte. Wer schon einmal das Vergnügen hatte, im Kolonnenverkehr über den Fernpass in Richtung Füssen zu kriechen (in die Gegenrichtung ist es nicht besser), hat das Außerfern bereits in aller Langsamkeit genießen dürfen. Die Lage des Außerfern, vom übrigen Nordtirol durch Gebirgsketten getrennt, hat unter anderem zur Folge, dass es für die Außerferner zum Einkaufen eher ins deutsche Füssen und Garmisch-Partenkirchen als nach Innsbruck geht. Und wenn sie doch mal die Landeshauptstadt besuchen und dabei die Autokolonnen am Fernpass vermeiden möchten, sind sie gezwungen, den Zug über München oder eine zweistündige Busfahrt mit Umstieg in Kauf nehmen. Es überrascht daher wenig, dass in diesem nördlichsten Teil Tirols neben Tirolerisch auch schwäbisch-alemannische Dialekte gesprochen werden, die den Dialekten in Vorarlberg und dem Allgäu ähnlich sind.