Ren Dhark Weg ins Weltall 113: Der Göttliche von Strak - Jan Gardemann - E-Book

Ren Dhark Weg ins Weltall 113: Der Göttliche von Strak E-Book

Jan Gardemann

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Beschreibung

Seit der fehlgeschlagenen Transition befindet sich Wächter Simon an einem ihm unbekannten Ort. Dieser entzieht ihm allmählich die Energie. Lange wird er nicht mehr durchhalten. Da erhält er Hilfe von überraschender Seite. In Maffei 1 stoßen Ren Dhark und seine Gefährten auf das Volk der Tigma. Dort lebt Iondru als der Göttliche von Strak... Gary G. Aldrin, Jan Gardemann und Gabriel Wiemert verfassten diesen faszinierenden SF-Roman nach dem Exposé von Anton Wollnik.

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Ren Dhark

Weg ins Weltall

 

Band 113

Der Göttliche von Strak

 

von

 

Jan Gardemann

(Kapitel 1 bis 7)

 

Gary G. Aldrin

(Kapitel 8 bis 13)

 

Gabriel Wiemert

(Kapitel 14 bis 21)

 

und

 

Anton Wollnik

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

21.

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Impressum

Prolog

Am 21. Mai 2051 startet die GALAXIS von Terra aus zu einer schicksalhaften Reise in den Weltraum. Durch eine Fehlfunktion des »Time«-Effekts, eines noch weitgehend unerforschten Überlichtantriebs der Terraner, springt das Raumschiff über beispiellose 4.300 Lichtjahre. Genau einen Monat später erreicht es das Col-System, wo es auf dem Planeten Hope landet. Weil ein Weg nach Hause unmöglich erscheint, beschließen die Raumfahrer, auf dem Planeten zu siedeln, und gründen die Stadt Cattan.

Rico Rocco schwingt sich zum Diktator auf und lässt sämtliche Kritiker verfolgen und auf den Inselkontinent Deluge verbannen. Dieses Schicksal trifft auch den zweiundzwanzigjährigen Ren Dhark, seinen besten Freund Dan Riker sowie eine Reihe weiterer Terraner. Doch damit endet die Geschichte nicht. In einer Höhle entdecken die Verbannten nicht nur Artefakte einer mysteriösen fremden Hochkultur, sondern auch ein unvollendetes Raumschiff, das eine prägnante Ringform aufweist.

Nachdem Rico Rocco bei einem Angriff der Amphi umgekommen ist, wird Ren Dhark zum neuen Stadtpräsidenten Cattans gewählt. Er lässt den Ringraumer reparieren, welcher später von Pjetr Wonzeff auf den Namen POINT OF INTERROGATION, kurz POINT OF, getauft wird. Im April 2052 bricht der Ringraumer unter Dharks Kommando zu seinem Jungfernflug zur Erde auf. Damit beginnt ein neues Kapitel in der terranischen Raumfahrt. Nicht zuletzt dank Dharks Forscherdrang entdecken die Menschen weitere Hinterlassenschaften der Mysterious, die es ihnen ermöglichen, neue Ringraumer zu bauen und immer weiter in die Tiefen des Weltraums vorzudringen. Die POINT OF jedoch bleibt trotz allem einzigartig, was nicht zuletzt am Checkmaster liegt, dem eigenwilligen Bordgehirn dieses Raumschiffes.

Ren Dhark bleibt der Kommandant der POINT OF und erforscht mit seiner Mannschaft in den folgenden Jahren nicht nur das Weltall, sondern rettet auch immer wieder die Menschheit und sogar ganze Galaxien. Im Mai 2074 lässt sich der unvermutet aktivierte Schutzschirm um Terra nicht mehr abschalten. Die Erde ist damit vom Rest des Universums isoliert. Niemand ahnt, dass es sich in Wahrheit um einen von den Thanagog installierten Zweitschirm handelt, um Ren Dhark zu einer Reise nach ERRON-3 zu bewegen. Dort wollen sie in den Besitz des Schebekaisen gelangen, eines Artefakts, das mutmaßlich von den Balduren stammt. Ihr Plan geht auf.

Zurück in der Milchstraße zeigen die Thanagog ihr wahres Gesicht: Dabei kommt nicht nur die Wahrheit über den angeblich entarteten Schutzschirm um Terra heraus, sondern auch, dass die transitierende Sonne eigentlich das Mutterschiff der Schemenhaften ist. Bei dem Versuch, das Artefakt der Balduren von den Thanagog zurückzuholen, wird Ren Dhark Zeuge davon, wie die Wächter den Kern des Sonnenschiffes und damit die Lebensgrundlage eines ganzen Sternenvolkes zerstören. Shamol, der Herrscher der Thanagog, vernichtet das Schebekaisen und wendet sich in seiner Verzweiflung an Dhark. Er habe das alles nur getan, um sein Volk vor der buchstäblichen Auflösung zu bewahren. Weil die Erde nicht mehr in Gefahr schwebt, willigen der Commander und seine Experten ein zu helfen. Die Thanagog können gerettet werden, indem sie zu einem Megawesen verschmelzen, und fliegen in die Weiten des Weltraums hinaus.

Wenige Tage später finden Ren Dhark und seine Gefährten auf einem entlegenen Planeten ein weiteres Schebekaisen. Dieses öffnet ihnen auf Terra ein Portal zu einem mutmaßlichen Balduren-Tempel. Dort stürzt Iondru in die Galaxis Maffei 1 und verschwindet spurlos. Da taucht unvermittelt die Schwarze Macht im Sonnensystem auf. Ren Dhark muss ihr das Schebekaisen übergeben. Weil er ohne das Relikt nun nicht mehr in den Balduren-Tempel zurückkehren kann, fliegt er mit der POINT OF nach Maffei 1. Dort stoßen er und seine Gefährten auf ein Sternenvolk, das die Terraner anscheinend für Dämonen hält und glaubt, dass diese ihren »Göttlichen« stehlen wollen …

1.

Plötzlich war der Boden unter seinen Füßen weg. Iondru fiel. Es kam ihm vor, als würde ihn eine unsichtbare Kraft in die Tiefe ziehen. Vornüber stürzte er in eine teerartige Schwärze. Darin leuchteten zahllose silbrige Punkte, wie er jetzt erkannte. Der Weltraum!, schoss es ihm beunruhigt durch den Kopf. Dieser Gedanke war widersinnig, wie er wusste. Eben noch hatte er sich in einer Halle aufgehalten. Doch das Bauwerk, zu dem diese Halle gehörte, war mehr als sonderbar gewesen; ein verdrehtes, unlogisches Konstrukt. Widersinnig und im höchsten Grad absonderlich. Dass sich unter dem Fußboden das All geöffnet hatte, war nur eine weitere paradoxe Begebenheit von vielen anderen, die er und seine Gefährten während der Erkundung der Balduren-Ebene erlebt hatten.

Aber war dies wirklich das All? Iondru wäre längst nicht mehr am Leben, würde er in diesem Moment tatsächlich ungeschützt im Weltraum dahin fliegen. Er wäre zu Eis erstarrt, seine Lungenbläschen wären geplatzt und seine Augäpfel ins Vakuum hinausgesaugt worden. Nichts dergleichen war bisher geschehen. Stattdessen umgab ihn angenehme Wärme, und er vermochte sogar komplikationslos zu atmen.

Allerdings spürte er ein zunehmendes Schwindelgefühl und eine Orientierungslosigkeit, die ihm die Weite des ihn umgebenden endlosen Raums als noch bedrückender erscheinen ließ. Er ruderte mit den Armen. Dabei entglitt ihm die goldene Kugel, die er hielt. Das Schebekaisen driftete von ihm fort. Verzweifelt versuchte er, nach dem Balduren-Artefakt zu greifen. Aber alles, was er damit erreichte, war, dass sein Körper sich drehte.

In sein Blickfeld geriet nun eine Art Loch im Nichts des Alls. Es war nur deshalb als eine Öffnung zu erkennen, weil goldenes Licht daraus hervorflutete. Das Licht des Tempels in der Balduren-Ebene!

»Bleibt zurück!«, rief er aus einem Instinkt heraus, als er Ren Dhark in dem Loch erblickte. Entweder hatte der weißblonde Raumfahrer ihn nicht gehört oder dieser hatte seine Warnung absichtlich ignoriert. Jedenfalls fiel nun auch Dhark in das Loch. Ihm folgten die anderen Begleiter, die zu der Expeditionsgruppe gehörten.

Immer schneller entfernte sich Iondru von der Öffnung. Die Kraft, die an ihm zog und zerrte, schien sich auf seine Gefährten weit weniger auszuwirken als auf ihn selbst. Irgendwie schafften sie es sogar, mit Schwimmbewegungen gegen den Sog anzukämpfen und ihre Flugrichtung zu ändern. Wie zu einem Loch in der Eisdecke eines Sees, in den sie hineingefallen waren, schwammen sie der Öffnung entgegen.

Nein, nicht alle versuchten, zu dem Loch zurückzukehren, erkannte Iondru. Liz Beeber, seine selbsternannte Leibwächterin, tat es nicht. Diese Närrin versuchte hinter ihm her zu schwimmen, wahrscheinlich, um ihn zu retten. Aber das wäre ihr nicht möglich, selbst wenn es ihr gelänge, ihn zu erreichen. Die Macht, die ihn mit sich riss, war zu stark, zu mächtig. Das begriff er, obwohl sein Geist sich immer mehr vernebelte.

Das golden schimmernde Loch im All wurde nun schnell immer kleiner; seine Gefährten waren nur mehr als dunkle Punkte vor dem herausflutenden Leuchten wahrzunehmen. Und als würde mit dem Schrumpfen dieser unerklärlichen Öffnung inmitten dieses wunderlichen Weltalls auch sein Bewusstsein abnehmen, trübten sich Iondrus Gedanken immer mehr ein. Und schließlich erloschen sie gänzlich. Das Letzte, was er bewusst wahrnahm, waren Abertausende von Sternen, die sich zu einer elliptischen Wolke zusammengeballt hatten und auf die er rasend schnell zustürzte.

Eine Galaxis, dachte er noch, bevor seine Sinne ihn gänzlich dem Nichts überließen.

*

Langsam öffnete Iondru die Lider. Ein goldenes Flimmern spielte vor seinen Augen. Er blinzelte und rieb sich mit den Händen übers Gesicht. Als er dann erneut um sich blickte, musste er feststellen, dass sich seine Sicht nicht verbessert hatte. Noch immer stand eine golden flimmernde Wand vor ihm. Sie schien transparent zu sein, denn dahinter zeichnete sich nachtschwarze Dunkelheit ab, in der hier und da ein Lichtpunkt aufschien.

Iondru spürte, dass er nach wie vor schwebte. Mit dieser Erkenntnis kehrte auch die Erinnerung an die letzten Momente zurück, bevor der das Bewusstsein verloren hatte.

»Ich bin immer noch im Weltraum.« Dass er die Worte laut ausgesprochen hatte, wurde ihm erst bewusst, als er dem seltsamen Klang seiner Stimme nachlauschte. Das Gesagte hatte dumpf geklungen und schien aus allen Richtungen aus kurzer Distanz widerzuhallen. Dieser Sinneseindruck kam ihm seltsam vertraut vor. Und plötzlich begriff er: Er befand sich in einer mannshohen goldenen Kugel!

Er tastete um sich. Ein leichtes Kribbeln war auf seinen Handflächen zu spüren, wenn er die Membran berührte, die ihn umgab. Er hielt sich in einer Blase auf. Sie schien der, in der er auf die Erde gelangt war, exakt zu gleichen.

»Bubble-Boy«, fiel ihm der Spitzname wieder ein, den die Menschen in New York ihm damals verliehen hatten. Während die Kugel auf dem Platz des 1 WTC niedergegangen war, war Iondru das erste Mal erwacht. Was davor gewesen war, daran konnte er sich bis heute nicht erinnern. Er wusste inzwischen jedoch, dass er ein Klon von Ion Alexandru war, dem im Säuglingsalter ums Leben gekommenen Sohns von Ren Dhark. Er war ein Produkt der Balduren. Sein Bewusstsein hatte sich aus vielen verschiedenen außerirdischen intelligenten Lebensformen zusammengesetzt.

Daran hatte er sich allerdings erst später Stück für Stück erinnert …

Inzwischen war sein aus verschiedenen Facetten bestehendes Selbst zu einer eigenständigen Persönlichkeit verschmolzen. Dennoch war er weit davon entfernt zu verstehen, warum er existierte. Was hatten sich die Balduren dabei gedacht, ihn aus einer Gewebeprobe zu züchten, die sie dem Leichnam Ion Alexandrus entnommen hatten?

Und warum war er jetzt hier – hier in dieser goldenen Sphäre, die inmitten des Weltraums schwebte?

Iondru zog die Hände an seinen Körper, denn plötzlich befürchtete er, die Kugel könnte wie damals auf dem Platz des 1 WTC unter seinen Händen vergehen und ihn freigeben. Das würde ihm im luftleeren Raum des Alls sicherlich nicht gut bekommen. Aber hatte er nicht vorhin – oder wann immer das gewesen sein mochte – ungeschützt im All geschwebt, ohne dass dieses lebensfeindliche Vakuum ihm etwas hatte anhaben können?

»Wie lange mag meine Bewusstlosigkeit wohl angedauert haben?«, stellte er sich selbst laut eine Frage. Er zuckte mit den Schultern, denn er kannte die Antwort nicht, vermochte sie noch nicht einmal zu erahnen.

Iondru furchte die Stirn. Seine Gedanken waren wirr und unkoordiniert. Es wurde Zeit, sich zu konzentrieren und sich einen Überblick über seine Lage zu verschaffen!

Der Klon zog die Beine wie zu einem Schneidersitz unter seinen Körper und legte die Hände auf die Knie. In dieser Pose schwebte er inmitten der Kugel und versuchte, innerlich zur Ruhe zu kommen. Tief atmete er durch und vergegenwärtigte sich des reichen Erfahrungsschatzes, über den er trotz seines relativen jungen Alters dennoch verfügte. Auf diese Weise innerlich gefestigt blickte er sich aufmerksam um, versuchte durch die goldene Membran hindurch Einzelheiten dessen zu erkennen, was ihn umgab.

Erst jetzt wurde er gewahr, dass sich in relativer Nähe eine Sonne befand. Es war ein gelb leuchtender Stern, der sein Feuer in weiten Bögen von sich schleuderte. Die Protuberanzen erfassten sogar einen der Planeten, die um diesen wütenden Glutofen kreisten. Die kleine glühende Kugel fiel Iondru nur deswegen auf, weil sie von seiner Position aus betrachtet gerade neben dem Zentralgestirn stand.

»Ich befinde mich innerhalb eines Sonnensystems«, erkannte er. Als er sich nach weiteren Himmelskörpern umblickte, bemerkte er, dass eine der zum hiesigen System gehörenden Welten ganz in seiner Nähe schwebte. Der riesige Planet war ihm nur deshalb nicht sofort aufgefallen, weil dieser ihm die Nachtseite zugekehrt hatte. Nun aber zeichnete sich am linken Rand eine halbkreisförmige Aura ab. Dort begann die Dämmerung, über die Welt zu kriechen und einen neuen Tag auf dieser Hemisphäre anzukündigen.

Weil dieser Planet nun immer weitere Teile seines Sichtfeldes einnahm, vermutete Iondru, dass dieser das Ziel seiner rätselhaften Reise darstellte. War der Sturz in dieses Bodenloch, das sich in dem Balduren-Tempel jäh unter ihm aufgetan hatte, womöglich kein willkürlicher Vorgang gewesen? War dies alles geschehen, um ihn zu diesem Planeten zu führen?

Auch auf diese Frage wusste Iondru keine Antwort. Aber er vermutete, dass es nicht mehr allzu lange dauern würde, bis sich eine Ahnung abzeichnete, was das alles zu bedeuten hatte.

Die goldene Sphäre flog nun schnell und zielstrebig auf die Dämmerzone des Planeten zu. Zwei Monde schoben sich über den leuchtenden Rand der Welt. Aber denen schenkte Iondru nur wenig Aufmerksamkeit. Stattdessen war sein Augenmerk auf die Oberfläche des Planeten gerichtet, auf den er zuflog. Dieser schien gänzlich mit Wasser bedeckt zu sein, das an den Polen zu Eis gefroren war. Aus dem weltumspannenden Ozean ragten kreisrunde Landmassen. Diese Inseln unterschieden sich in ihrer Größe und Ausformung kaum voneinander und muteten daher wie künstliche Konstrukte an.

Nach einer Weile trat die Sphäre in die Atmosphäre des Planeten ein, und die Schwerkraft griff nach ihrem Passagier. Iondru sank auf den »Boden« der Blase hinab und stellte sich aufrecht hin. Wie die Luft dieser Welt beschaffen war, konnte er nicht einmal raten. In seiner Sphäre verfügte er über keinerlei technische Möglichkeiten, Messungen oder Ortungen durchzuführen. Lediglich sein Armbandvipho stand ihm zur Verfügung. Aber dieser Kommunikationsapparat nützte ihm im Moment rein gar nichts, denn die goldene Sphäre schirmte ihn offenbar komplett von der Außenwelt ab.

Auch schien zwischen den Molekülen der Luft und der Außenhaut der Sphäre keinerlei Wechselwirkung stattzufinden. Die goldene Blase schwebte ungehindert hinab, ohne im Himmel dabei irgendwelche Spuren zu hinterlassen.

Jetzt sah Iondru, dass sich eine der Inseln sehr wohl von den anderen unterschied. Zwar war sie ebenfalls kreisrund, jedoch wesentlich größer. Seine Kugel flog direkt auf diese Landmasse zu, so kam es ihm zumindest vor.

Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung wahr, und als er den Kopf drehte, erblickte er ein Raumschiff. Es musste kürzlich von einer der Inseln gestartet sein und flog nun senkrecht empor. Der Raumer bestand aus einer zentralen Kugel, von der drei Röhren wegführten, die wiederum in Kugeln endeten. Diese Kugeln waren allerdings viel kleiner als das Zentralmodul.

Im nächsten Moment war das Raumschiff Iondrus Blicken entschwunden.

»Diese Welt ist also wahrscheinlich bewohnt«, überlegte er laut. Wundern tat ihn dies nicht, denn was für einen Sinn mochte es haben, ihn zu einem unbelebten Planeten zu schicken?

Inzwischen zweifelte Iondru nicht mehr daran, dass die Balduren ihn absichtlich auf diese Reise geschickt hatten. Auf die eine oder andere Weise hatten sie das in der Vergangenheit schon öfter getan. In den zurückliegenden Fällen waren es jedoch stets seine Erinnerungen an eines seiner außerirdischen Leben gewesen, die ihn auf eine Mission ins Weltall geführt hatten. Dass er diesmal in einer ähnlichen Sphäre schwebte wie die, die ihn zur Erde gebracht hatte, ließ Iondru diese Reise als weitaus außergewöhnlicher erscheinen als seine vorherigen Unternehmungen, die ihn zu anderen Welten geführt hatten.

Dass dieser Planet tatsächlich bewohnt sein musste, das ließen nun auch die Strukturen erahnen, die sich auf der großen Insel abzeichneten, auf die er zuflog.

In konzentrischen Kreisen angeordnet bedeckten ringförmige Bauten das Eiland. Die gigantischen Wälle erstreckten sich bis zur Küste, wo lediglich ein schmaler Landstreifen sie von dem Spülsaum des Meeres trennte. Das Zentrum der Ringbauten bildete ein kreisrunder Freiplatz. Und wie es aussah, hatte die goldene Sphäre Kurs auf diesen architektonischen Mittelpunkt gesetzt.

*

In der Ringstadt wimmelte es von Leben. Was innerhalb der wuchtigen Bauten vor sich ging, konnte Iondru zwar nicht sehen, aber das Treiben auf den ringförmigen Außenbereichen und den Häfen reichte aus, um ihm eine Ahnung davon zu vermitteln, was in den Ringwällen los war. Dass diese hohl und nicht etwa massiv waren, ließen die Massen von Geschöpfen vermuten, die aus den Toren hinaus- oder hineinströmten.

Zu gerne hätte Iondru den Kurs der Sphäre beeinflusst, um noch ein wenig länger über der Ringstadt zu schweben und deren Bewohner zu beobachten. Das war ihm allerdings nicht möglich. Unaufhaltsam flog die Sphäre dem Platz im Zentrum der konzentrischen Kreise entgegen. Inzwischen war die Kugel tief genug gesunken, sodass Iondru die Geschöpfe, die diese Welt bevölkerten, ein wenig deutlicher erkennen konnte. Die Wesen erinnerten ihn an Nacktschnecken. Sie hielten ihre Körper aufrecht und schienen ein bisschen größer als ein durchschnittlicher Mensch. Gleitend bewegten sie sich auf dem abgeknickten unteren Ende ihrer Leiber vorwärts.

Mehrere Hundert dieser Kreaturen hielten sich zurzeit auf dem zentralen Platz auf, dem die Sphäre sich näherte. Sie standen auf stufenförmig angeordneten Ringen, die den runden Freiplatz umschlossen. Offenbar handelte es sich um eine Art Arena, und anscheinend fand gerade eine Veranstaltung statt. Eine niedrige Mauer trennte den Turnierplatz von den Rängen, die sich bis zum Dach des inneren Ringwalls hinauf erstreckten. Diese Stufen boten Platz für mehrere Tausend Nacktschneckenartige. Momentan waren jedoch nur etwa die Hälfte der Ränge besetzt.

Auf dem Turnierplatz machte Iondru zwei Individuen aus. Offenbar kämpften sie gegeneinander. Sie standen sich dicht gegenüber und rangen miteinander, wobei sie bedenklich wankten und schwankten.

Plötzlich hielten die Kämpfer inne und lösten sich voneinander. Ihre kugelrunden Köpfe hoben sich, als spähten sie in den Himmel. Augen konnte Iondru in ihren »Gesichtern« allerdings nicht ausmachen, dafür aber eine mundartige Öffnung und vier Fühlerpaare, die aus dem Schädel ragten und sich jetzt wild hin und her bewegten.

Iondru schwante, dass er von den Wesen entdeckt worden war, denn auch die Besucher der Veranstaltung reckten ihre Köpfe, als würden sie zu ihm aufblicken. Plötzlich fühlte er sich nicht mehr wohl in seiner Haut. Was erwartete ihn auf dieser Welt? Und wie würden diese Geschöpfe auf ihn reagieren? Er war ein ungebetener Gast, der unaufgefordert in diese Veranstaltung platzte. Beim besten Willen wusste er nicht, was er tun sollte.

Im nächsten Moment setzte die Sphäre mit der Unterseite auf dem Boden auf. Dieser bestand aus einem fugenlosen festen Material und war mit einer dünnen Sandschicht bedeckt.

Iondru furchte die Stirn. Als er damals auf Terra angekommen war, hatte die Blase etwa eine halbe Armlänge über dem Boden geschwebt. Anschließend hatte sie sich aufgelöst. Diesmal verlief seine Ankunft offenbar ein bisschen anders. Gebannt wartete er darauf, dass die Sphäre sich mit einem Knall auflöste, wie es auf dem Platz des 1 WTC geschehen war. Aber die Blase blieb auch dann noch bestehen, als er die Handflächen dagegen presste.

Der Klon zuckte unmerklich zusammen. Vor der Sphäre waren die beiden Nacktschneckenartigen aufgetaucht, die sich eben noch bekämpft hatten. Entlang des Schneckenfußes, der sich vom Hals abwärts bis zum Ende des schlanken Leibes erstreckte, ragten Pseudopodien. Diese vermochten die Wesen offenbar beliebig zu verlängern. Sie streckten ihre Auswüchse der Blase entgegen und betasteten diese. Dabei bemerkte Iondru, dass beide Geschöpfe über eine Art Bauchtasche verfügten, ähnlich wie bei einem Känguru. Diese Taschen schienen jedoch leer zu sein. Die Schuppenhaut der Wesen schimmerte feucht; sie war bei diesen beiden Exemplaren absolut identisch gemustert, als handelte es sich um eineiige Zwillinge.

Iondru stutzte. Sein erster Eindruck war gewesen, dass die Nacktschneckenartigen die goldene Sphäre neugierig hatten abtasten wollen. Aber anscheinend hatte er sich getäuscht. Die Art und Weise, wie diese Kreaturen ihre Pseudopodien benutzten, ließ eher darauf schließen, dass sie bemüht waren, die Blase zu zerstören. Sie fuhren abrupt über die goldene Membran, als wollten sie sie aufreißen. Außerdem vibrierten die Fühlerpaare heftig, was vermuten ließ, dass diese Organe gerade stark beansprucht wurden.

Beschwichtigend hob Iondru die Hände. »Beruhigt euch!«, rief er, allerdings mehr, um sich selbst zu beruhigen, denn er erwartete weder, dass seine Worte durch die Membran drangen, noch, dass die Wesen ihn verstehen würden. Eine der Kreaturen bog den Körper plötzlich zurück, um den Kopf im nächsten Moment gegen die Sphäre zu stoßen. Die Blase erschütterte unter dieser »Kopfnuss« und rollte ein Stück von den Geschöpfen weg. Iondru hatte Mühe, in der rollenden Kugel das Gleichgewicht zu wahren, und trippelte mit den Füßen, um nicht zu stürzen.

»Sie greifen mich an!«, fluchte er verhalten.

Die beiden Nacktschneckenartigen rückten auf ihren abgeknickten unteren Körperenden auf die Sphäre zu. Die Pseudopodien ausgestreckt und den Kopf mit den vibrierenden Fühlerpaaren vornüber geneigt, boten sie einen angriffslustigen, kämpferischen Anblick.

Iondru erstarrte, als er jetzt gewahr wurde, dass die Zuschauer sich ebenfalls in Bewegung gesetzt hatten. In offenkundiger Hast krochen sie die Stufen hinab, stießen und rempelten sich an, aber nicht, um zu fliehen. Vielmehr ging es ihnen darum, den Kampfplatz so schnell wie möglich zu erreichen. Einige von ihnen kletterten bereits über die Mauer des Turnierplatzes. Sie wirkten nicht weniger aggressiv als die beiden Kontrahenten, die die Sphäre inzwischen erneut erreicht hatten.

»Verdammt! So nehmt doch Vernunft an!«, rief Iondru außer sich. »Ich hege keine feindlichen Absichten!«

Nein, du nicht, dachte er sarkastisch. Die aber schon!

Eine schattenhafte Bewegung über ihm ließ ihn aufblicken. Mehrere metallene Kugeln schwebten über dem Kampfplatz. Sie waren mit Antennen ausgestattet, die den Fühlern der Nacktschneckenartigen sehr ähnlich waren.

»Na toll«, grummelte Iondru. »Wie es aussieht, wird mein Auftauchen gerade aufgezeichnet und womöglich live übertragen.«

Erneut erhielt die Sphäre einen derben Stoß. Iondru strauchelte, während er versuchte, die Rollbewegung auszugleichen und nicht zu stürzen. Mit den Händen tastete er über die Innenseite der Blase und brachte es so fertig, nicht hinzufallen.

Aus allen Richtungen glitten nun Nacktschneckenartige auf ihn zu. Es mussten mehrere Dutzend sein. Gehetzt sah er sich um und hoffte inständig, dass sich die Sphäre nicht plötzlich auflöste und ihn diesen feindseligen Kreaturen auslieferte.

Iondru erstarrte. Das Kribbeln, das er stets gefühlt hatte, wenn er die Innenhaut der Blase berührte, war plötzlich nicht mehr zu spüren.

Im nächsten Moment verging die Sphäre mit einem Knall.

*

Geschockt sah sich Iondru um. Breitbeinig und mit ausgestreckten Armen stand er da und konnte nicht fassen, was passiert war. In einem weiten Umkreis lagen die Nacktschneckenartigen am Boden. Vor der Begrenzungsmauer des Turnierplatzes stapelten sich die gestürzten Geschöpfe sogar.

Ein paar von ihnen bewegten sich benommen, die meisten aber rührten sich nicht.

Am schlimmsten hatte es die Kreaturen getroffen, die sich in unmittelbarer Nähe der Sphäre aufgehalten hatten. Ihre Leiber waren zerplatzt. Schleim und Sekret hatten sich mit dem Arenasand vermischt.

»Das … das wollte ich nicht«, stammelte Iondru. Mit beiden Händen fasste er sich an die Stirn. Als die Sphäre ihn seinerzeit auf Terra abgesetzt hatte, hatte es nicht mehr als einen laut vernehmlichen Knall gegeben, als sie sich aufgelöst hatte. Die umstehenden Menschen waren alle unversehrt geblieben. Sie hatten sich erschreckt, das war aber auch schon alles gewesen. Hier jedoch …

Erneut blickte sich Iondru um. Es war alles so schnell gegangen … und er hatte nichts tun können, um die Katastrophe abzuwenden. Er meinte sich jetzt zu erinnern, dass er gesehen hatte, wie die goldene Sphäre sich explosionsartig in alle Richtungen ausgedehnt hatte. Sie platzte weder noch löste sie sich auf; sie dehnte sich aus und stieß dabei die Nacktschneckenartigen reihenweise um.

Und dann … als die Membran die Begrenzungsmauer der Arena erreichte, zog sie sich blitzschnell wieder zusammen. Sie stürzte auf Iondru zu … und … und …

Der Klon hob seine Hände vor das Gesicht und drehte sie, um sie von allen Seiten zu betrachten. Eine goldene Schicht bedeckte seine Haut, lag dicht auf ihr auf und verlieh ihr einen goldenen Schimmer.

Iondrus Blick wanderte seine Arme entlang, die jetzt ebenfalls golden waren. Der Effekt bezog offenkundig auch die Kleidung mit ein, die er am Leib trug. Er betrachtete seinen Torso, die Beine, die Füße: Seine gesamte Gestalt war in Gold getaucht. Er schielte und starrte auf seine Nasenspitze.

Auch sie war golden.

Wahrscheinlich war er vom Scheitel bis zur Sohle in diese goldene Membran gehüllt, die zuvor die Sphäre gebildet hatte. Seine Sicht wurde allerdings nicht beeinträchtigt. Auch vermochte er frei zu atmen, und als er nun schnuppernd Luft durch die Nase sog, nahm er einen staubigen, dumpfen Geruch wahr, der von einer süßlichen Note durchdrungen wurde.

»Es … es tut mir leid«, stammelte er erneut, als er sich wieder der Geschöpfe bewusst wurde, die um ihn herum in den Arenasand geschleudert worden waren.

Unbeholfen trat einen Schritt auf das am nächsten liegende Opfer zu. Es handelte sich um einen der beiden Kämpfer, wie er an der Maserung der Schuppenhaut gerade noch erkennen konnte. Ansonsten war nicht viel von dem Wesen übrig geblieben. Um dessen Kontrahenten stand es nicht besser. Auch dieser war von der goldenen Sphäre zerfetzt worden.

Ruckartig schaute Iondru nach oben. Noch immer schwirrten die kugelförmigen Drohnen über der Arena, die fühlerartigen Antennen nach unten auf das Geschehen ausgerichtet.

»Was werden sie jetzt tun, nachdem ich etliche ihrer Artgenossen auf dem Gewissen habe?«, flüsterte er beklommen. Er bewegte sich vom Zentrum der Explosion weg. Die Wirkkraft der Sphäre schien abgenommen zu haben, je weiter sie sich ausgedehnt hatte. Die Nacktschneckenartigen hier waren nicht mehr ganz so übel zugerichtet wie jene, die der Blase nahe gewesen waren. Ein bisschen weiter entfernt regten sich einige der Niedergeworfenen sogar und versuchten, sich aufzurappeln.

Bis zu den Rängen des Zuschauerbereichs hatte sich die Sphäre nicht ausgedehnt. Die Geschöpfe, die sich dort aufgehalten hatten, waren alle unversehrt geblieben. Aufrecht standen sie da und sondierten mit ihren Fühlern in Iondrus Richtung, wie es schien.

Er hob beide Arme und rief ihnen zu: »Es lag nicht in meiner Absicht, euch zu schaden!«

Es bestand keine Hoffnung, dass sie ihn verstehen würden. Iondru hoffte, dass die Wesen reagierten und etwas erwiderten. Auf diese Weise würde sein Translator akustisches Material erhalten, mit dessen Hilfe das Gerät die Sprache dieser Lebewesen entschlüsseln konnte.

Seltsame Laute schallten ihm nun aus Richtung der Stufenränge entgegen. Die Mundöffnungen rund aufgerissen, gaben die unversehrt gebliebenen Nacktschneckenartigen schrille, modulierte Laute von sich. Iondru war sich nicht sicher gewesen, ob diese Geschöpfe überhaupt mittels Sprache miteinander kommunizierten. Umso erleichterter war er, diese deutlich artikulierten Rufe jetzt zu hören.

Plötzlich schallten auch hinter ihm Rufe auf, und als er sich umdrehte, sah er, dass sich in der Begrenzungsmauer ein Tor geöffnet hatte, aus dem nun mehrere der Nacktschneckenartigen hervorglitten. Sie führten kreisrunde Scheiben mit sich, die etwa einen Meter über dem Boden schwebten und einen Durchmesser von etwa zwei Metern aufwiesen.

Unwillkürlich nahm Iondru eine abwehrende Körperhaltung ein. Die Wesen schienen jedoch kein Interesse an ihm zu haben. Jedenfalls kamen sie nicht direkt auf ihn zu, sondern glitten auf das Zentrum der Zerstörung zu, dort, wo die Leichen ihrer Artgenossen lagen.

Iondru schluckte trocken, während er verfolgte, wie die Nacktschneckenartigen die zerfetzten Leiber aufhoben und auf den Schwebescheiben betteten. Im nächsten Moment entschlüpfte ein entsetzter Schrei seinen Lippen. Denn anstatt den Verwundeten zu helfen, die sich benommen auf dem Boden wälzten, beugten sich die Hinzugekommenen zu ihnen herab und richteten die Fühler auf sie aus.

Dies hatte zur Folge, dass die Leiber der Verwundeten augenblicklich zerplatzten. Mit diesen Toten wurde anschließend genauso verfahren wie mit den anderen Leichen. Sie wurden auf die Antigravscheiben gewuchtet, auf denen sich die Körper bereits stapelten.

»Was macht ihr denn da?«, rief Iondru den vermeintlichen Sanitätern zu. »Man hätte ihnen noch helfen können!«

Erneut wurde ihm geantwortet. Der Translator war aber noch nicht so weit, das Gesagte übersetzen zu können, denn er gab keinen Ton von sich. Iondru hütete sich, auf die Leicheneinsammler zuzugehen. Bisher ließ man ihn in Ruhe. Womöglich würde sich das ändern, wenn er ihnen zu nahe käme.

Unterdessen hatten sich die Nacktschneckenartigen, die nicht so schwer verletzt worden waren, aufgerappelt. Als wollten sie ihren Artgenossen signalisieren, dass mit ihnen alles in Ordnung war, richteten sie ihre Körper kerzengerade auf und schwenkten die Fühlerpaare.

Nichtsdestotrotz wurden sie von den anderen aufmerksam gemustert.

In zwei Fällen traten die Leichensammler in Aktion und ließen ihre Fühler heftig vibrieren. Die beiden Nacktschneckenartigen, auf die die Fühler zielten, wandten sich wie unter Schmerzen und zerplatzten dann plötzlich.

Geschockt stand Iondru da. Langsam begriff er, dass er seine Beobachtungen neutral analysieren musste, um zu lernen, wie dieses fremde Sternenvolk tickte. Die Nacktschneckenartigen richtig einzuschätzen, davon könnte sein Überleben abhängen.

Während die Toten einer nach dem anderen auf die Plattformen gehievt wurden, glitten die Besucher, die auf den Rängen geblieben waren, zur Umgrenzungsmauer hinab.

Sie kletterten darüber hinweg und gesellten sich zu ihren vor der Mauer stehenden Artgenossen, die die Schockwelle der Sphäre überlebt hatten. Wie abwartend standen die zwei Meter großen Nacktschnecken da, wobei Iondru sich des Eindrucks nicht erwehren konnte, dass sie ihn mit ihren rätselhaften Sinnesorganen anvisierten und taxierten.

»Ich bin untröstlich!«, rief er und drehte sich im Kreis, damit sich alle Anwesenden angesprochen fühlten. Dabei bemerkte er, dass sich die Leicheneinsammler mit den beladenen Antigravscheiben soeben aus der Arena zurückzogen.

Der Turnierplatz war nun frei von Toten oder von Verwundeten, denen ein »Gnadenstoß« versetzt worden war. Lediglich die schleimigen Überreste verrieten noch, welche Tragödie sich hier kürzlich abgespielt hatte.

»Was geschehen ist … darauf hatte ich keinen Einfluss«, fuhr Iondru fort und stellte erleichtert fest, dass sein Translator anfing, die Laute der Nacktschneckenartigen zu imitieren. Das Gerät hatte mit der Übersetzung seiner Worte begonnen. »Glaubt mir, wenn ich …« Er verstummte.

Aus dem Tor, durch das die Leicheneinsammler verschwunden waren, glitt nun eine große Antigravplattform hervor. Darauf standen vier Nacktschneckenartige. Es schien sich um wichtige Persönlichkeiten zu handeln, denn die Anwesenden in der Arena neigten bei ihrem Erscheinen leicht das Haupt.

Iondru wappnete sich.

Mit festem Blick sah er der heranschwebenden Antigravplattform entgegen. Zwei Meter von dem Klon entfernt verharrte das Fahrzeug. Die Plattform sank zu Boden, und die Passagiere glitten herab.

Unwillkürlich wich Iondru einen Schritt zurück, während sich die vier Nacktschneckenartigen ihm langsam näherten. Über ihnen schwebten die mit Fühlerantennen ausgestatteten Metallkugeln, um das Geschehen aus vielen Blickwinkeln heraus aufzuzeichnen, wie Iondru mutmaßte.

Etwa zwei Armlängen von dem Klon entfernt hielten die Geschöpfe inne. Waffen oder andere Gerätschaften schienen sie nicht bei sich zu haben. Und dann geschah das Unglaubliche: Die vier Nacktschneckenartigen krümmten ihre Leiber, bis diese einen neunzig Grad Winkel eingenommen hatten.

»Wir heißen dich auf Strak, unserer Heimatwelt, willkommen, Göttlicher«, übersetzte Iondrus Translator die Laute, die aus der Mundöffnung eines der Wesen drangen, dessen grünliche Schuppenhaut mit gelben senkrechten Strichen gemustert war. »Deine Anwesenheit ehrt unser Volk über alle Maßen.«

Wie auf ein Kommando richteten sich die vier zu ihrer vollen Größe auf. »Dein Erscheinen in unserer Mitte bestärkt uns Tigma in der Überzeugung, das mächtigste Sternenvolk in dieser Galaxis zu sein«, sagte ein anderer, dessen Schuppenhaut aus grauen und rötlichen Flächen bestand.

»Wir werden uns dir als würdig erweisen«, versicherte ein Dritter, der ziemlich dürr aussah. »Das Schauspiel, das du uns auf dem Platz der höchsten Glorie dargeboten hast, hat uns alle stark beeindruckt und uns deine uneingeschränkte Macht aufgezeigt. Sei versichert, dass wir dich als noch höher ansehen werden als den Stärksten unter uns!«

Nicht zum ersten Mal, seit er auf dieser Welt angekommen war, schluckte Iondru trocken.

Dass der Translator die Worte der Tigma, wie sich dieses Sternenvolk offenbar nannte, korrekt ins Angloter übersetzt hatte, daran bestand für ihn kein Zweifel.

Allerdings fiel es ihm schwer, angesichts des Gemetzels, das er in der Arena angerichtet hatte, zu glauben, dass sie ihn ernsthaft für ein göttliches Wesen hielten.

Erneut hob er einen Arm und betrachtete den goldenen Schimmer. Man hätte ihn für einen Goldenen – einen Balduren – halten können, wurde ihm bewusst. War den Tigma womöglich irgendwann einmal ein Baldure leibhaftig begegnet? Und verwechselten sie ihn aufgrund seiner goldenen Erscheinung nun mit einem solchen? Sogar die Worgun hatten die Balduren für Götter gehalten. Warum also nicht auch die Tigma?

»Komm mit uns«, wurde er von dem gelbgrün Gestreiften aufgefordert. »Deine Ankunft wird gebührend gefeiert werden, Göttlicher!«

Der vierte Tigma, der fettleibig und gedrungen wirkte, hatte bisher nichts von sich gegeben. Er wirkte misstrauisch und abwartend, wie es Iondru vorkam. Dennoch kam er der Aufforderung der Nacktschneckenartigen nach und folgte ihnen auf die Antigravplattform.

2.

Iondrus Vermutung, was die Beschaffenheit des Inneren der Ringwälle betraf, bewahrheitete sich. Die gewaltigen Bauwerke waren innen hohl. Ein schier unübersichtliches Gewirr aus Fluren, Gängen, Tunneln, Räumen und Zimmerfluchten füllte die Ringmauern aus. Iondru bekam zwar vorerst nur das Innere desjenigen Walls zu Gesicht, der den Platz der höchsten Glorie umgab, aber er war überzeugt, dass es in den übrigen Ringwällen nicht anders aussah. Sie dienten den Tigma offenkundig als Wohn- und Arbeitsbereich.

Von den Nacktschneckenartigen umgeben, die ihn in der Arena begrüßt hatten, stand er auf der Antigravplattform und bestaunte die verworrene Architektur des Ringwalls. Hohe, kuppelförmige Hallen bildeten die Knotenpunkte in diesem labyrinthartigen Bau. Von dort führten Rampen zu Galerien empor, von denen Gänge und Flure abzweigten. Diese wiederum wurden von Türen oder mit schweren Stoffen verhängten Durchgängen gesäumt.

Einmal sah Iondru einen quer durch eine Halle verlaufenden Schienenstrang, der in einen Tunnel mündete. Überall hielten sich Tigma auf. Geschäftig glitten sie umher, kamen aus den Räumen hervor oder versammelten sich in den Hallen. Einige schwebten auf kleinen Antigravplattformen dahin.

Während des Flugs wurde kein Wort gesprochen. Iondru befremdete dies ein wenig, denn er hatte erwartet, die Tigma würden ihm von dem Leben auf Strak berichten oder ihn mit Fragen bestürmen. Stattdessen drehten sie sich ihm hin und wieder zu und ließen ihre Fühler vibrieren. Es kam ihm vor, als erwarteten sie etwas von ihm, aber er wusste nicht, was es sein könnte. Hatten die Tigma am Ende ganz spezielle Vorstellungen davon, wie ein Göttlicher sich verhalten sollte? Wenn dies der Fall war, würde ihnen schnell auffallen, dass er ihren Erwartungen nicht entsprach, und ihm irgendwann seine »Göttlichkeit« absprechen. Was sie dann mit ihm anstellen würden, darüber wollte Iondru lieber nicht nachdenken. Das Geschehen in der Arena ließ ihn nämlich befürchten, dass sie sein Leben dann nicht verschonen würden.

Erneut schwebte die Antigravplattform aus einem Tunnel hinaus in eine Halle hinein und steuerte eine der Rampen an. Die Tigma, die diesen Aufgang gerade benutzten, wichen respektvoll aus, um die Schwebescheibe mit gesenktem Haupt passieren zu lassen.

»Warum kommst du nicht rein?«, sprach der gestreifte Tigma ihn plötzlich an.

Iondru überlegte fieberhaft, was diese Bemerkung bedeuten mochte. Vage deutete er um sich. »Sind wir denn nicht schon drin?«, fragte er.

Die Tigma drehten sich kurz einander zu.

»Sind die Göttlichen der Gedankensprache etwa nicht mächtig?«, fragte der fettleibige Tigma ihn und wackelte dabei auffällig mit seinen Fühlerpaaren.

Iondru verzog das Gesicht. »Ah, verstehe«, murmelte er. »Ihr … ihr könnt Gehirnwellen senden und empfangen?«

»Nur bestimmte«, wurde ihm von dem gertenschlanken Tigma erklärt. »Die Gedanken müssen willentlich abgestrahlt werden. Andernfalls vermögen wir nicht, sie zu empfangen. Auf diese Weise schaffen wir einen stillen Raum der Kommunikation.«

»Darum also die Frage, warum ich nicht reinkomme«, dämmerte es Iondru. Er ging kurz in sich, überlegte, wie er den Tigma erklären sollte, dass diese ihm hinsichtlich der Gedankenübertragung überlegen waren, ohne dass seine »Göttlichkeit« deshalb infrage gestellt wurde. »Meine Gedanken würden euch nicht zuträglich sein«, improvisierte er. »Es geschieht zu eurem eigenen Schutz, dass ich mich verschließe.«

»Du bist also kein gewöhnlicher Gedankenschweigender?«, wurde er gefragt.

»Gewöhnlich bin ich ganz und gar nicht«, versicherte Iondru seinen Begleitern.

Erneut wandten sich die Tigma einander zu, als würden sie sich kurz beraten.

»Verzeih, dass wir annahmen, du seist gehandicapt, Göttlicher«, sprach ihn das gelbgrün gestreifte Wesen erneut an. »Die Gedankenschweigenden haben ihre Fähigkeit der stummen Kommunikation aufgrund eines Unfalls oder während des Zwillingkampfes verloren, musst du wissen.«

»Schon gut«, gab Iondru zurück, der dieses Thema nicht weiter vertiefen wollte, um sich nicht in Widersprüche zu verstricken. »Mein Name lautet übrigens Iondru«, sagte er dann.

»Mich nennt man Filal²«, erwiderte der gestreifte Tigma und deutete eine Verbeugung an. Anschließend zeigte er mit seinen Pseudopodien nacheinander auf seine Artgenossen; zuerst auf den dickleibigen, dann auf den dürren und zuletzt auf den grau-rot gescheckten. »Das sind Berzy³, Lyla² und Whyl². Wir gehören dem Rat der Höchsten an.«

Iondru prägte sich die Zuordnung der Namen anhand der körperlichen Auffälligkeiten ein.

»Es freut mich, euch kennenzulernen«, gab er freundlich zurück und fragte sich im Stillen, was es mit den Potenzahlen auf sich haben mochte, die den Namen nachgestellt waren. Momentan beschäftigte ihn jedoch eine andere Sache viel mehr: Dass wegen seiner Ankunft so viele Tigma ihr Leben hatten lassen müssen, belastete ihn nicht unerheblich, schien seine Begleiter aber nicht weiter zu kümmern. »Was da vorhin in der Arena passiert ist …«, setzte er an.

»… war eine beeindruckende Machtdemonstration«, fiel ihm Filal² ins Wort. »Es zeugt von Stil und Erhabenheit, dass du ausgerechnet diesen Ort gewählt hast, um uns zu erscheinen.«

Die Antigravplattform schwebte eine Galerie entlang, die kreisförmig um die Halle herum führte. »Der Platz der höchsten Glorie ist ein geschichtsträchtiger Ort, musst du wissen«, erläuterte Whyl². »Dort fand der erste Überlebenskampf unserer Art statt.«

»Es kämpften die Urzwillinge Ayda und Elyma«, fuhr Berzy³ fort. »Ayda obsiegte und begründete die moderne Populationseindämmung, die bis heute Bestand hat.«

»Verstehe«, sagte Iondru, obzwar er ahnte, dass die Erzählung ihm nur eine ungefähre Ahnung dessen vermittelte, was die Arenakämpfe wirklich bedeuteten. Er war offensichtlich in einen dieser Überlebenskämpfe hineingeplatzt. Und nicht nur das: Einer der beiden kämpfenden Tigma, bei denen es sich wahrscheinlich um Zwillinge gehandelt hatte, hätte den Zwist überleben sollen. Stattdessen waren nun beide ums Leben gekommen … und zusammen mit ihnen Dutzende weitere Individuen. Aber das schien ihm nicht übelgenommen zu werden. Ganz im Gegenteil: Die Tötung dieser Geschöpfe ließ ihn als mächtig und stark dastehen. Dass er keinen Einfluss auf das Geschehen gehabt hatte, hatte er den Tigma eigentlich darlegen wollen, aber das erschien ihm in Anbetracht seiner Lage momentan wenig ratsam.

Die Antigravplattform bog in einen breiten Gang ein. Dieser endete nach wenigen Metern vor einem bogenförmigen Tor, das geräuschlos aufglitt, als die Gruppe darauf zuflog. Dahinter öffnete sich ein runder, hell erleuchteter Saal. Darin hielten sich etwa einhundert Tigma auf. Stumm umstanden sie runde Tische, auf denen Schüsseln, Schalen, Karaffen und Trinkgefäße bereitstanden.

Wie auf ein Kommando drehten sich die Anwesenden der Antigravplattform zu und neigten die Köpfe. Kein Laut drang aus ihrer Mundöffnung. Nur das feuchte Gleiten ihrer abgeknickten Körperenden war zu hören.

»All diese Würdenträger haben sich hier versammelt, um dich zu ehren, Göttlicher!«, wandte sich Filal² an Iondru, während die Plattform zu Boden sank.

Der Klon fragte sich, wie all diese Tigma so schnell von der Ankunft des »Göttlichen« erfahren haben konnten. Dann fielen ihm die kugelförmigen Drohnen wieder ein. Offenbar hatten sie, wie er bereits vermutet hatte, das Geschehen aufgezeichnet und anschließend verbreitet. Sein Blick suchte in dem Saal nach einer entsprechenden Wiedergabevorrichtung. Aber es gab weder Bildschirme noch Installationen, die Lautsprechern geähnelt hätten. Solche technischen Geräte hatte es auch in den Hallen und Gängen nicht gegeben. Dann aber bemerkte er die fühlerartigen Antennen, die hier und da aus der Hallendecke ragten.

Sie haben eine Technik entwickelt, ihre Gedankenimpulse künstlich zu reproduzieren, erkannte er. Die Aufzeichnungen des Geschehens auf dem Platz der höchsten Glorie wurde mithilfe dieser Antennen über ihre Kopffühler direkt in ihre Gehirne übertragen.

»Eine Art Gedankensteuerung, wie die Worgun sie entwickelt haben«, flüsterte er.

»Was hast du gesagt?«, erkundigte sich Lyla² und reichte Iondru eine Pseudopodie, um ihn beim Herabsteigen von der Plattform behilflich zu sein.

»Nichts von Bedeutung«, gab Iondru zurück, fasste nach der Pseudopodie und verließ die Scheibe. Dabei nahm er sich vor, bei nächster Gelegenheit auszuprobieren, ob es ihm gelingen würde, die künstlich erzeugten Gehirnwellen zu empfangen. Die Gedankensteuerung der Worgun beherrschte er perfekt. Womöglich half ihm diese Erfahrung dabei, das System der Tigma ebenfalls zu verwenden.

Doch zuvor galt es, diesen offiziellen Empfang zu überstehen …

*

Die anwesenden Tigma kommunizierten aus Rücksicht auf ihren Gast hauptsächlich verbal. Das wurde Iondru mehrmals versichert. So kam es, dass der Saal von den Gesprächen der Nacktschneckenartigen erfüllt war, was zur Folge hatte, dass Iondrus Translator mitunter Schwierigkeiten hatte, die Worte exakt zu übersetzen, die direkt an ihn gerichtet wurden.

Der Tisch, zu dem er hingeführt worden war, befand sich am gegenüberliegenden Ende des Saals, sodass Iondru auf dem Weg dorthin an all den geladenen Gästen hatte vorbeidefilieren müssen. Man hatte ihm huldvoll zugenickt und ihn willkommen geheißen. Dabei verwendeten die Tigma ausnahmslos den Begriff »Göttlicher« und nicht Iondrus wahren Namen.

»Stärke dich!«, forderte Berzy³ ihn nun auf, fischte mit dem Ende einer Pseudopodie einen Wurm aus einer Schüssel und steckte ihn sich in die Mundöffnung.

Iondru verspürte tatsächlich Hunger und Durst. Er war sich jedoch nicht sicher, ob er die Nahrung der Tigma vertragen würde. Um nicht unhöflich zu wirken oder womöglich die Etikette zu verletzen, nahm er dennoch einen der Würmer mit Daumen und Zeigefinger und betrachtete ihn prüfend. Das Geschöpf lebte offensichtlich noch und erinnerte Iondru an die auf Terra lebenden Blindschleichen.

Obwohl die Tigma über keine Augen verfügten, fühlte sich Iondru von ihnen dennoch beobachtet. Eine ihrer Fühlerpaare diente ihnen sicherlich zum Sehen. Jedenfalls folgten zwei ihrer acht Fühler eindeutig der Bewegung seiner Hand, die er nun zögernd zum Mund führte. Widerwillig öffnete er die Lippen und schob das Geschöpf in seine Mundhöhle. Dabei machte er eine seltsame Entdeckung: Nicht alle Bestandteile der Speise gelangten in seinen Mund. Ein Teil davon blieb außerhalb der Mundöffnung, purzelte Iondrus Kinn hinunter und klatschte auf den Boden.

Was hingegen in seinen Mund gelangte, schmeckte ganz annehmbar, musste er feststellen. Er kaute kurz und schluckte den Brei dann hinunter.

»Vorzüglich«, merkte er an und schob die zu Boden gefallenen Reste mit dem Stiefel verschämt unter den Tisch.

Die Mitglieder des höchsten Rates, die den Tisch umstanden, neigten leicht den Kopf. Es konnte ihnen nicht entgangen sein, dass Bestandteile des Wurms nicht in den Mund des »Göttlichen« gelangt waren, aber sie erwähnten es mit keiner Silbe.

Etwas Ähnliches geschah, als Iondru von Lyla² kurz darauf ein metallenes Trinkgefäß entgegennahm. Er setzte den silbrigen Becher an die Lippen und trank. Ein wenig von der bräunlichen Flüssigkeit rann ihm aus den Mundwinkeln und tropfte hinab. Er bemühte sich redlich, den gesamten Inhalt des Bechers in sich hineinzuschütten, aber das war ihm nicht möglich. Eine klebrige Substanz blieb zurück und floss zäh an den Seiten seines Kinns herab, kleckerte auf seine goldene Brust und perlte davon ab.

Iondru wischte mit dem Handrücken über seine Lippen und versuchte sich an einem Lächeln. Die Tigma aßen und tranken ungerührt. Allerdings kleckerten sie dabei nicht. Dennoch ließen sie sich durch nichts anmerken, dass ihnen am Verhalten des »Göttlichen« irgendetwas seltsam vorkam.

Iondru wollte es nun genau wissen. Er hob den Becher vor sein Gesicht und betrachtete sich in dem spiegelnden Metall. Als er den Mund öffnete, wurde er gewahr, dass sich davor eine hauchdünne, golden schimmernde Membran spannte. Auch seine Nasenlöcher wurden von einem solchen Gebilde verschlossen. Sogar seine Augäpfel überspannte eine goldene, durchscheinende Schicht.

Ich bin in eine Art Schutzanzug gehüllt, erkannte er. Diese Membran scheint genau zu wissen, was schädlich für mich ist und was nicht. Sie lässt nur Stoffe passieren, die ungiftig für meinen Körper sind.

Iondru fragte sich, wie er überhaupt in diese goldene Sphäre hineingekommen war, die ihn nach Strak gebracht hatte. Er mutmaßte, dass es sich dabei um eine Entwicklung der Balduren handelte. Die Sphäre hatte ihn sicher auf diese Welt gebracht und hüllte ihn nun hauteng ein, um ihn vor schädlichen Umwelteinflüssen zu schützen.

Iondru stellte den Becher zurück auf den Tisch. Wie sollte diese Balduren-Technologie in seinen Besitz gelangt sein, fragte er sich. Dafür gab es nur eine mögliche Antwort: Das Schebekaisen musste dafür verantwortlich sein. Er erinnerte sich noch sehr deutlich daran, dass eine Art Synchronisation zwischen ihm und diesem Balduren-Artefakt stattgefunden hatte. Womöglich war währenddessen diese Sphäre irgendwie auf ihn übergegangen.

Iondru betrachtete die Tigma nun mit ganz anderen Augen. Weil er frei atmen konnte, hatte er angenommen, dass die Atmosphäre ihrer Welt der der Erde glich. Doch das konnte er nun nicht mehr sicher voraussetzen. Womöglich setzte sich die Atemluft der Tigma gänzlich anders als die auf Terra zusammen und wäre für ihn giftig.

In diesem Moment empfand Iondru tiefe Bewunderung für die Fähigkeiten der Balduren. Wie diese Sphäre arbeitete und woher sie die Energie bezog, um ihre Funktionen auszuführen, erschien ihm noch tausendmal rätselhafter als etwa das Prinzip eines W-Anzugs.

»Wie können wir uns dir als würdig erweisen?«, wurde Iondru jetzt von Filal² angesprochen. »Jeder Wunsch, den du äußerst, wird dir sofort erfüllt werden.«

»Wenn dies in unserer Macht steht«, setzte Berzy³ reserviert hinzu. »Wir mögen zwar das mächtigste Volk in dieser Galaxis sein, aber mit einem Göttlichen können wir uns natürlich nicht messen.«

Iondru war überrascht. Offenbar standen ihm aufgrund seiner Position gewisse Möglichkeiten offen. Er besaß Privilegien, und die galt es zu nutzen, bevor den Tigma auffiel, dass er alles andere als göttlich, sondern bloß ein ganz gewöhnliches sterbliches Geschöpf war. Und er wusste auch schon, was er von den Nacktschneckenartigen fordern würde …

*

»Hyperfunksender?«, erkundigte sich Whyl² zurückhaltend. »Was genau ist das?«

»Ein Kommunikationsgerät, das Strecken von vielen Lichtjahren überbrücken kann, indem es den Hyperraum benutzt«, erklärte Iondru.

»Möchtest du eine Botschaft absetzen?«, hakte Filal² nach.

»Genau aus diesem Grund habe ich euch gebeten, mich zu einem Hyperfunksender zu bringen«, bestätigte Iondru. »Die Tigma sind ein hochtechnisiertes Volk. Ich meine, ihr müsstet über eine derartige Technologie verfügen. Ihr nennt sie womöglich nur ganz anders.«

»Wir verfügen über Galaxisfunk«, erwiderte Lyla². »Den verwenden wir, um mit unseren Raumschiffen zu kommunizieren oder uns unterworfenen Sternenvölkern Befehle und Anweisungen zu erteilen.«

»Wem möchtest du denn eine Nachricht zukommen lassen?«, erkundigte sich Berzy³.

»Ich muss Terra erreichen«, antwortete Iondru.