Ringelnatz: Die schönsten Gedichte / Mein Leben bis zum Kriege - Joachim Ringelnatz - E-Book

Ringelnatz: Die schönsten Gedichte / Mein Leben bis zum Kriege E-Book

Joachim Ringelnatz

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Beschreibung

Auf Berlins Kleinkunstbühne "Schall und Rauch" begann die Karriere des Kabarettisten Joachim Ringelnatz. Im Verlauf der 20er Jahre folgten unzählige Kabarett-Auftritte in allen größeren deutschen Städten. Ringelnatz war im deutschsprachigen Raum ein bekannter Dichter, Humorist und Vortragslyriker. Mit dem derb humoristischen Seemann Kuttel Daddeldu hatte er eine neue Kunstfigur des Literarischen Kabaretts geschaffen. Das Ringelnatz-Programm war abwechslungsreich gestaltet und fand ein begeistertes Publikum. Seine Gedichte sind mal humorvoll, unverschämt-frivol, mal polternd, närrisch und vergnüglich, dann wieder tiefsinnig-betrübt. Er nimmt die kleinen Dinge des Lebens eine Briefmark, eine Seifenblase, ein Stäubchen oder eine Ameise, aber auch das menschlich-allzumenschliche ins Visier: Liebe, Laster, erfüllte und enttäuschte Sehnsüchte. Die Sprache der Gedichte ist wunderschön geringelt wie das Seepferdchen, das dem unvergleichlichen Dichter seinen Namen einbrachte. In diesem Jubiläumsband sind nicht nur die schönsten Gedichte zu finden, auch seine Autobiographie bis zum Kriege.

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Joachim Ringelnatz

Die schönsten Gedichte

Mein Leben bis zum Kriege

Edition Lempertz

Impressum

Math. Lempertz GmbH Hauptstr. 354 53639 Königswinter Tel.: 02223 / 90 00 36 Fax: 02223 / 90 00 38 [email protected] www.edition-lempertz.de

Gedichte 1910

Die Frau mit der Reiherfeder

Ich weiß nicht genau, Warum ich so oft an die bleiche Frau Mit der weißen Reiherfeder denke, Mich immer in den Gedanken versenke: Wie könnte es werden, wie würde es sein, Wäre sie dein. – Ich weiß es nicht und frage vergebens. Sie ist auf dem bunten Wege des Lebens Irgendwo still mir vorübergegangen, Die schöne Frau mit den bleichen Wangen. Sie hat mich mit kalten Blicken gemessen; Wir haben kein einziges Wort getauscht, Doch sie hat mich mit fremdem Zauber berauscht. Dass ich sie nimmer werde vergessen. Etwas wie sehnende, nagende Glut Will mir das pochende Herz zerreißen, Denk ich der bleichen Frau mit der weißen, Wehenden Reiherfeder am Hut.

Nachtschwärmen

Die alte Pappel schauert sich neigend, Als habe das Leben sie müde gemacht. Ich und mein Lieb – hier ruhen wir schweigend – Und vor uns wallt die drückende Nacht.

Bis sich zwei schöne Gedanken begegnen, – Dann löst sich der bleierne Wolkenhang. Goldene, sprühende Funken regnen Und füllen die Welt mit lustigem Klang.

Ein trüber Nebel ist uns zerronnen. Ich lege meine in deine Hand. Mir ist, als hätt ich dich neu gewonnen. – Und vor uns schimmert ein goldenes Land.

Der letzte Weg

„Ich gehe ins Wasser“, sagte sie leis, „Ade! Du hast es gut mit mir gemeint. So weiß ich einen, der um mich weint. Hab Dank!“ Ich aber sah ihr tiefes Weh Und küsste sie, die arm und krank, Und sagte: „Geh!“

An meinen Lehrer

Ich war nicht einer deiner guten Jungen. An meinem Jugendtrotz ist mancher Rat Und manches wohlgedachte Wort zersprungen. Nun sieht der Mann, was einst der Knabe tat.

Doch hast du, alter Meister, nicht vergebens An meinem Bau geformt und dich gemüht. Du hast die besten Werte meines Lebens Mit heißen Worten mir ins Herz geglüht.

Verzeih, wenn ich das Alte nicht bereue Ich will mich heut wie einst vor dir nicht bücken. Doch möcht ich dir für deine Lehrertreue

Nur einmal dankbar, stumm die Hände drücken.

DIE SCHNUPFTABAKSDOSE

Die Schnupftabaksdose

Es war eine Schnupftabaksdose, Die hatte Friedrich der Große Sich selbst geschnitzelt aus Nußbaumholz. Und darauf war sie natürlich stolz.

Da kam ein Holzwurm gekrochen. Der hatte Nußbaum gerochen. Die Dose erzählte ihm lang und breit Von Friedrich dem Großen und seiner Zeit.

Sie nannte den alten Fritz generös. Da aber wurde der Holzwurm nervös Und sagte, indem er zu bohren begann: „Was geht mich Friedrich der Große an!“

Ein männlicher Briefmark

Ein männlicher Briefmark erlebte Was Schönes, bevor er klebte. Er war von einer Prinzessin beleckt. Da war die Liebe in ihm erweckt.

Er wollte sie wiederküssen, Da hat er verreisen müssen. So liebte er sie vergebens. Das ist die Tragik des Lebens!

Die Ameisen

In Hamburg lebten zwei Ameisen, Die wollten nach Australien reisen. Bei Altona auf der Chaussee Da taten ihnen die Beine weh, Und da verzichteten sie weise Denn auf den letzten Teil der Reise.

So will man oft und kann doch nicht Und leistet dann recht gern Verzicht.

Es war ein Brikett, ein großes Genie

Es war ein Brikett, ein großes Genie, Das Philosophie studierte Und später selbst an der Akademie Im gleichen Fache dozierte.

Es sprach zur versammelten Briketterie: „Verehrliches Auditorium, Das Leben – das Leben – beachten Sie – Ist nichts als ein Provisorium.“

Da wurde als ketzerisch gleich verbannt Der Satz mit dem Provisorium. Das arme Brikett, das wurde verbrannt In einem Privatkrematorium.

Lampe und Spiegel

„Sie faule, verbummelte Schlampe“, Sagte der Spiegel zur Lampe. „Sie altes, schmieriges Scherbenstück“, Gab die Lampe dem Spiegel zurück. Der Spiegel in seiner Erbitterung Bekam einen ganz gewaltigen Sprung. Der zornigen Lampe verging die Puste. Sie fauchte, rauchte, schwelte und rußte. Das Stubenmädchen ließ beide in Ruhe Und doch: Ihr schob man die Schuld in die Schuhe.

Das Schlüsselloch

Das Schlüsselloch, das im Haustor saß, Erlaubte sich nachts einen Spaß. Es nahten Studenten Mit Schlüsseln in Händen. Da dachte das listige Schlüsselloch: Ich will mich verstecken, Um sie zu necken! Worauf es sich wirklich seitwärts verkroch. Alsbald nun tasteten die Studenten Suchend, Fluchend, Mit Händen An Wänden. Und weil sie nichts fanden, zogen sie weiter. Schlüsselloch lachte heiter.

(Die Herren erreichten ihr Zimmer nimmer. Eigentlich war die Sache noch schlimmer. Ich selbst war nämlich bei den Studenten – Doch lassen wir es dabei bewenden.)

Ein Pflasterstein, der war einmal

Ein Pflasterstein, der war einmal Und wurde viel beschritten. Er schrie: „Ich bin ein Mineral Und muß mir ein für allemal Dergleichen streng verbitten!“ Jedoch den Menschen fiel's nicht ein, Mit ihm sich zu befassen, Denn Pflasterstein bleibt Pflasterstein Und muss sich treten lassen.

Ohrwurm und Taube

Der Ohrwurm mochte die Taube nicht leiden. Sie haßte den Ohrwurm ebenso. Da trafen sich eines Tages die beiden In einer Straßenbahn irgendwo.

Sie schüttelten sich erfreut die Hände Und lächelten liebenswürdig dabei Und sagten einander ganze Bände Von übertriebener Schmeichelei.

Doch beide wünschten sich im stillen, Der andre möge zum Teufel gehn, Und da es geschah nach ihrem Willen, So gab es beim Teufel ein Wiedersehn.

Ein Taschenkrebs und ein Känguruh

Ein Taschenkrebs und ein Känguruh, Die wollten sich ehelichen. Das Standesamt gab es nicht zu, Weil beide einander nicht glichen.

Da riefen sie zornig: „Verflucht und verdammt Sei dieser Bureaukratismus!“ Und hingen sich auf vor dem Standesamt An einem Türmechanismus.

An einem Teiche

An einem Teiche Schlich eine Schleiche, Eine Blindschleiche sogar. Da trieb ein Etwas ans Ufer im Wind. Die Schleiche sah nicht, was es war, Denn sie war blind.

Das dunkle Etwas aber war die Kindsleiche Einer Blindschleiche.

Ein Nagel saß in einem Stück Holz

Ein Nagel saß in einem Stück Holz. Der war auf seine Gattin sehr stolz. Die trug eine goldene Haube Und war eine Messingschraube. Sie war etwas locker und etwas verschraubt Sowohl in der Liebe, als auch überhaupt. Sie liebte ein Häkchen und traf sich mit ihm In einem Astloch. Sie wurden intim. Kurz, eines Tages entfernten sie sich Und ließen den armen Nagel im Stich. Der arme Nagel bog sich vor Schmerz. Noch niemals hatte sein eisernes Herz So bittere Leiden gekostet. Bald war er beinah verrostet. Da aber kehrte sein früheres Glück, Die alte Schraube, wieder zurück. Sie glänzte übers ganze Gesicht. Ja, alte Liebe, die rostet nicht!

Der Spiegel, der Kamm

Der Spiegel, der Kamm Und der Schwamm Und das weiße Handtuch an der Wand Und ein Mann, der hinter dem Kleiderschrank stand, Die warteten auf das schöne Mädchen Käthchen. Und endlich, endlich kam Käthchen gegangen. Da küsste der Schwamm ihr Mund und Wangen, Und sie küsste den Schwamm und beugte sich nieder Und küsste das Handtuch und küsste es wieder. Sie ließ sich von dem Spiegel umschmeicheln Und von dem Kamme ihr Goldhaar streicheln. Dann sagte sie allen recht schönen Dank. Dann sah sie den Mann hinterm Kleiderschrank Und rannte davon und schrie dabei: „Zu Hilfe! Mörder!“ und „Polizei!“ Der Mensch glaubt über den Dingen zu stehen. Hier war das Gegenteil deutlich zu sehen.

„Oh“, rief ein Glas Burgunder

„Oh“, rief ein Glas Burgunder, „Oh, Mond, du göttliches Wunder! Du gießt aus silberner Schale Das liebestaumelnde, fahle, Trunkene Licht wie sengende Glut Hin über das nachtigallige Land –“ Da rief der Mond, indem er verschwand „Ich weiß! Ich weiß! Schon gut! Schon gut!“

Es war ein Stahlknopf irgendwo

Es war ein Stahlknopf irgendwo, Der ohne Grund sein Knopfloch floh. (Vulgär gesprochen: Es stand offen.) Ihm saß ein Fräulein vis-à-vis. Das lachte plötzlich: Hi hi hi. Da fühlte sich der Knopf getroffen Und drehte stumm Sich um. Solch’ Peinlichkeiten sind halt nur Die schlimmen Folgen der Kultur.

TURNGEDICHTE 1920

Am Barren (Alla donna tedesca)

Deutsche Frau, dich ruft der Barrn, Denn dies trauliche Geländer Fördert nicht nur Hirn und Harn, Sondern auch die Muskelbänder, Unterleib und Oberlippe. Sollst, das Hüftgelenk zu stählen, Dich im Knickstütz ihm vermählen. Deutsches Weib, komm: Kippe, Kippe!

Deutsche Frau, nun laß dich wieder Ellengriffs im Schwimmhang nieder. So, nun Hackenschluß! Und schwinge! Schwinge! Hurtig rum den Leib! O, es gibt noch wundervolle Dinge. Rolle vorwärts! Rolle! Rolle rückwärts, deutsches Weib.

Deutsche Jungfrau, weg das Armband! In die Hose! Aus dem Rocke! Aus dem Streckstütz in den Armstand, Nun die Flanke. Sehr gut! Danke! Deutsches Mädchen, Hocke, Hocke!

Mußt dich keck emanzipieren Und mit kindlichem „Ätsch-Ätsche“ Über Männer triumphieren, Mußt wie Bombe und Kartätsche Deine Kräfte demonstrieren. Deutsches Mädchen – Grätsche! Grätsche!

KUTTEL DADDELDU ODER DAS SCHLÜPFRIGE LEID

Vom Seemann Kuttel Daddeldu

Eine Bark lief ein in Le Haver, Von Sidnee kommend, nachts elf Uhr drei. Es roch nach Himbeeressig am Kai, Und nach Hundekadaver.

Kuttel Daddeldu ging an Land. Die Rü Albani war ihm bekannt. Er kannte nahezu alle Hafenplätze.

Weil vor dem ersten Hause ein Mädchen stand, Holte er sich im ersten Haus von dem Mädchen die Krätze.

Weil er das aber natürlich nicht gleich empfand, Ging er weiter, – kreuzte topplastig auf wilder Fahrt. Achtzehn Monate Heuer hatte er sich zusammengespart.

In Nr. 6 traktierte er Eiwie und Kätchen, In 8 besoff ihn ein neues, straff lederbusiges Weib. Nebenan bei Pierre sind allein sieben gediegene Mädchen, Ohne die mit dem Celluloid-Unterleib.

Daddeldu, the old Seelerbeu Kuttel, Verschenkte den Albatrosknochen, Das Haifischrückgrat, die Schals, Den Elefanten und die Saragossabuttel. Das hatte er eigentlich alles der Mary versprochen, Der anderen Mary; das war seine feste Braut.

Daddeldu – Hallo! Daddeldu, Daddeldu wurde fröhlich und laut. Er wollte mit höchster Verzerrung seines Gesichts Partu einen Niggersong singen Und „Blu beus blu“. Aber es entrang sich ihm nichts.

Daddeldu war nicht auf die Wache zu bringen. Daddeldu Duddel Kuttelmuttel, Katteldu Erwachte erstaunt und singend morgens um vier Zwischen Nasenbluten und Pomm de Schwall auf der Pier.

Daddeldu bedrohte zwecks Vorschuß den Steuermann, Schwitzte den Spiritus aus. Und wusch sich dann.

Daddeldu ging nachmittags wieder an Land, Wo er ein Renntiergeweih, eine Schlangenhaut, Zwei Fächerpalmen und Eskimoschuhe erstand. Das brachte er aus Australien seiner Braut.

Ansprache eines Fremden an eine Geschminkte vor dem Wilberforcemonument

Guten Abend, schöne Unbekannte! Es ist nachts halb zehn. Würden Sie liebenswürdigerweise mit mir schlafen gehn? Wer ich bin? – Sie meinen, wie ich heiße?

Liebes Kind, ich werde Sie belügen, Denn ich schenke dir drei Pfund. Denn ich küsse niemals auf den Mund. Von uns beiden bin ich der Gescheitre. Doch du darfst mich um drei weitre Pfund betrügen.

Glaube mir, liebes Kind: Wenn man einmal in Sansibar Und in Tirol und im Gefängnis und in Kalkutta war, Dann merkt man erst, dass man nicht weiß, wie sonderbar Die Menschen sind.

Deine Ehre, zum Beispiel, ist nicht dasselbe Wie bei Peter dem Großen L’honneur. – Übrigens war ich – (Schenk mir das gelbe Band!) – in Altona an der Elbe Schaufensterdekorateur. –

Hast du das Tuten gehört? Das ist Wilson Line.

Wie? Ich sei angetrunken? O nein, nein! Nein! Ich bin völlig besoffen und hundsgefährlich geistesgestört. Aber sechs Pfund sind immer ein Risiko wert.

Wie du mißtrauisch neben mir gehst! Wart nur, ich erzähle dir schnurrige Sachen. Ich weiß: Du wirst lachen. Ich weiß: dass sie dich auch traurig machen. Obwohl du sie gar nicht verstehst.

Und auch ich – Du wirst mir vertrauen, – später, in Hose und Hemd. Mädchen wie du haben mir immer vertraut.

Ich bin etwas schief ins Leben gebaut. Wo mir alles rätselvoll ist und fremd, Da wohnt meine Mutter. – Quatsch! Ich bitte dich: Sei recht laut!

Ich bin eine alte Kommode. Oft mit Tinte oder Rotwein begossen; Manchmal mit Fußtritten geschlossen. Der wird kichern, der nach meinem Tode Mein Geheimfach entdeckt. – Ach Kind, wenn du ahntest, wie Kunitzburger Eierkuchen schmeckt

Das ist nun kein richtiger Scherz. Ich bin auch nicht richtig froh. Ich habe auch kein richtiges Herz. Ich bin nur ein kleiner, unanständiger Schalk. Mein richtiges Herz. Das ist anderwärts, irgendwo Im Muschelkalk.

DIE GEBATIKTE SCHUSTERPASTETE

Abendgebet einer erkälteten Negerin

Ich suche Sternengefunkel All mein Karbunkel Brennt Sonne dunkel. Sonne drohet mit Stich.

Warum brennt mich die Sonne im Zorn? Warum brennt sie gerade mich? Warum nicht Korn?

Ich folge weißen Mannes Spur. Der Mann war weiß und roch so gut. Mir ist in meiner Muschelschnur So négligé zu Mut.

Kam in mein Wigwam Weit übers Meer, Seit er zurückschwamm, Das Wigwam Blieb leer.

Drüben am Walde Kängt ein Guruh –

Warte nur balde Kängurst auch Du.

Die Weihnachtsfeier des Seemanns Kuttel Daddeldu

Die Springburn hatte festgemacht Am Petersenkai. Kuttel Daddeldu jumpte an Land, Durch den Freihafen und die stille heilige Nacht Und an dem Zollwächter vorbei. Er schwenkte einen Bananensack in der Hand. Damit wollte er dem Zollmann den Schädel spalten, Wenn er es wagte, ihn anzuhalten. Da flohen die zwei voreinander mit drohenden Reden. Aber auf einmal trafen sich wieder beide im König von Schweden.

Daddeldus Braut liebte die Männer vom Meere, Denn sie stammte aus Bayern. Und jetzt war sie bei einer Abortfrau in der Lehre, Und bei ihr wollte Kuttel Daddeldu Weihnachten feiern.

Im König von Schweden war Kuttel bekannt als Krakehler. Deswegen begrüßte der Wirt ihn freundlich: „Hallo old sailer!“ Daddeldu liebte solch freie, herzhafte Reden, Deswegen beschenkte er gleich den König von Schweden.

Er schenkte ihm Feigen und sechs Stück Kolibri Und sagte: „Da nimm, du Affe!“ Daddeldu sagte nie „Sie“. Er hatte auch Wanzen und eine Masse Chinesischer Tassen für seine Braut mitgebracht.

Aber nun sangen die Gäste „Stille Nacht, Heilige Nacht“, Und da schenkte er jedem Gast eine Tasse Und behielt für die Braut nur noch drei. Aber als er sich später mal darauf setzte, Gingen auch diese versehentlich noch entzwei, Ohne dass sich Daddeldu selber verletzte.

Und ein Mädchen nannte ihn Trunkenbold und schrie: Er habe sie an die Beine geneckt. Aber Daddeldu zahlte alles in englischen Pfund in Gold. Und das Mädchen steckte ihm Christbaumkonfekt Still in die Taschen und lächelte hold Und goß noch Genever zu dem Gilka mit Rum in den Sekt. Daddeldu dachte an die wartende Braut. Aber es hatte nicht sein gesollt, Denn nun sangen sie wieder so schön und so laut. Und Daddeldu hatte die Wanzen noch nicht verzollt, Deshalb zahlte er alles in englischen Pfund in Gold.

Und das war alles wie Traum. Plötzlich brannte der Weihnachtsbaum. Plötzlich brannte das Sofa und die Tapete, Kam eine Marmorplatte geschwirrt, Rannte der große Spiegel gegen den kleinen Wirt. Und die See ging hoch und der Wind wehte.

Daddeldu wankte mit einer blutigen Nase (Nicht mit seiner eigenen) hinaus auf die Straße. Und eine höhnische Stimme hinter ihm schrie: „Sie Daddel Sie!“ Und links und rechts schwirrten die Kolibri.

Die Weihnachtskerzen im Pavillon an der Mattentwiete erloschen. Die alte Abortfrau begab sich zur Ruh. Draußen stand Daddeldu Und suchte für alle Fälle nach einem Groschen. Da trat aus der Tür seine Braut Und weinte laut: Warum er so spät aus Honolulu käme? Ob er sich gar nicht mehr schäme? Und klappte die Tür wieder zu. An der Tür stand: „Für Damen“.

Es dämmerte langsam. Die ersten Kunden kamen, Und stolperten über den schlafenden Daddeldu.

TURNGEDICHTE 1923

(Neue Gedichte der erweiterten Ausgabe)

Bumerang

War einmal ein Bumerang; War ein weniges zu lang. Bumerang flog ein Stück, Aber kam nicht mehr zurück. Publikum – noch stundenlang – Wartete auf Bumerang.

GEHEIMES KINDER-SPIEL-BUCH

Sich interessant machen (Für einen großen Backfisch.)

Du kannst doch schweigen? Du bist doch kein Kind Mehr! – Die Lederbände im Bücherspind Haben, wenn du die umgeschlagenen Deckel hältst, Hinten eine kleine Höhlung im Rücken. Dort hinein mußt du weichen Käse drücken. Außerdem kannst du Käsepfropfen Tief zwischen die Sofapolster stopfen.

Lasse ruhig eine Woche verstreichen. Dann mußt du immer traurig herumschleichen. Bis die Eltern nach der Ursache fragen. Dann tu erst, als wolltest du ausweichen, Und zuletzt mußt du so stammeln und sagen: „Ich weiß nicht, – ich rieche überall Leichen –.“

Deine Eltern werden furchtbar erschrecken Und überall rumschnüffeln nach Leichengestank Und dich mit Schokolade ins Bett stecken. Und zum Arzt sage dann: „Ich bin seelenkrank.“

Nur laß dich ja nicht zum Lachen verleiten. Deine Eltern – wie Eltern so sind – Werden bald überall verbreiten: Du wärst so ein merkwürdiges, interessantes Kind.

Übergewicht

Es stand nach einem Schiffsuntergange Eine Briefwaage auf dem Meeresgrund. Ein Walfisch betrachtete sie bange, Beroch sie dann lange, Hielt sie für ungesund, Ließ alle Achtung und Luft aus dem Leibe, Senkte sich auf die Wiegescheibe Und sah – nach unten schielend – verwundert: Die Waage zeigte über Hundert.

REISEBRIEFE EINES ARTISTEN

Im Park

Ein ganz kleines Reh stand am ganz kleinen Baum Still und verklärt wie im Traum. Das war des Nachts elf Uhr zwei. Und dann kam ich um vier Morgens wieder vorbei, Und da träumte noch immer das Tier. Nun schlich ich mich leise – ich atmete kaum – Gegen den Wind an den Baum, Und gab dem Reh einen ganz kleinen Stips. Und da war es aus Gips.

Ruf zum Sport

Auf, ihr steifen und verdorrten Leute aus Büros, Reißt euch mal zum Wintersporten Von den Öfen los.

Bleiches Volk an Wirtshaustischen, Stellt die Gläser fort. Widme dich dem freien, frischen, Frohen Wintersport.

Denn er führt ins lodenfreie Gletscherfexlertum Und bedeckt uns nach der Reihe All mit Schnee und Ruhm.

Doch nicht nur der Sport im Winter, Jeder Sport ist plus, Und mit etwas Geist dahinter Wird er zum Genuß.

Sport macht Schwache selbstbewußter, Dicke dünn, und macht Dünne hinterher robuster, Gleichsam über Nacht.

Sport stärkt Arme, Rumpf und Beine, Kürzt die öde Zeit, Und er schützt uns durch Vereine Vor der Einsamkeit,

Nimmt den Lungen die verbrauchte Luft, gibt Appetit; Was uns wieder ins verrauchte Treue Wirtshaus zieht.

Wo man dann die sporttrainierten Muskeln trotzig hebt Und fortan in Illustrierten Blättern weiterlebt.

Aus meiner Kinderzeit

Vaterglückchen, Mutterschößchen, Kinderstübchen, trautes Heim, Knusperhexlein,Tantchen Röschen, Kuchen schmeckt wie Fliegenleim.

Wenn ich in die Stube speie, Lacht mein Bruder wie ein Schwein. Wenn er lacht, haut meine Schwester. Wenn sie haut, weint Mütterlein.

Wenn die weint, muß Vater fluchen. Wenn er flucht, trinkt Tante Wein. Trinkt sie Wein, schenkt sie mir Kuchen Wenn ich Kuchen kriege, muß ich spein.

Überall

Überall ist Wunderland. Überall ist Leben. Bei meiner Tante im Strumpfenband Wie irgendwo daneben.

Überall ist Dunkelheit. Kinder werden Väter. Fünf Minuten später Stirbt sich was für einige Zeit. Überall ist Ewigkeit.

Wenn du einen Schreck behauchst, Schrumpft er ins Gehäuse. Wenn du ihn in Kognak tauchst, Sieht er weiße Mäuse.

ALLERDINGS 1928

Ich habe dich so lieb

Ich habe dich so lieb! Ich würde dir ohne Bedenken Eine Kachel aus meinem Ofen Schenken.

Ich habe dir nichts getan. Nun ist mir traurig zu Mut. An den Hängen der Eisenbahn Leuchtet der Ginster so gut.

Vorbei – verjährt – Doch nimmer vergessen. Ich reise. Alles, was lange währt, Ist leise.

Die Zeit entstellt Alle Lebewesen. Ein Hund bellt. Er kann nicht lesen. Er kann nicht schreiben. Wir können nicht bleiben.

Ich lache. Die Löcher sind die Hauptsache An einem Sieb.

Ich habe dich so lieb.

Nach dem Gewitter

Der Blitz hat mich getroffen. Mein stählerner, linker Manschettenknopf Ist weggeschmolzen, und in meinem Kopf Summt es, als wäre ich besoffen.

Der Doktor Berninger äußerte sich Darüber sehr ungezogen: Das mit dem Summen wär’ typisch für mich, Das mit dem Blitz wär’ erlogen.

Schenken

Schenke groß oder klein, Aber immer gediegen. Wenn die Bedachten Die Gaben wiegen, Sei dein Gewissen rein.

Schenke herzlich und frei. Schenke dabei, Was in dir wohnt An Meinung, Geschmack und Humor So dass die eigene Freude zuvor Dich reichlich belohnt.

Schenke mit Geist ohne List. Sei eingedenk, Dass dein Geschenk Du selber bist.

Seepferdchen

Als ich noch ein Seepferdchen war, Im vorigen Leben, Wie war das wonnig, wunderbar Unter Wasser zu schweben. In den träumenden Fluten Wogte, wie Güte, das Haar Der zierlichsten aller Seestuten, Die meine Geliebte war. Wir senkten uns still oder stiegen, Tanzten harmonisch um einand, Ohne Arm, ohne Bein, ohne Hand, Wie Wolken sich in Wolken wiegen. Sie spielte manchmal graziöses Entfliehn, Auf dass ich ihr folge, sie hasche, Und legte mir einmal im Ansichziehn Eierchen in die Tasche. Sie blickte traurig und stellte sich froh, Schnappte nach einem Wasserfloh Und ringelte sich An einem Stengelchen fest und sprach so: Ich liebe dich!

Du wieherst nicht, du äpfelst nicht, Du trägst ein farbloses Panzerkleid Und hast ein bekümmertes altes Gesicht, Als wüßtest du um kommendes Leid. Seestütchen! Schnörkelchen! Ringelnaß! Wann war wohl das? Und wer bedauert wohl später meine restlichen Knochen? Es ist beinahe so, dass ich weine – Lollo hat das vertrocknete, kleine Schmerzverkrümmte Seepferd zerbrochen.

Der Bücherfreund

Ob ich Biblio – was bin? Phile? „Freund von Büchern“ meinen Sie? Na, und ob ich das bin! Ha! und wie!

Mir sind Bücher, was den andern Leuten Weiber,Tanz, Gesellschaft, Kartenspiel, Turnsport, Wein, und weiß ich was, bedeuten. Meine Bücher – wie beliebt? Wieviel?

Was, zum Henker, kümmert mich die Zahl. Bitte, doch mich auszureden lassen. Jedenfalls: viel mehr, als mein Regal Halb imstande ist zu fassen.

Unterhaltung? Ja, bei Gott, das geben Sie mir reichlich. Morgens zwölfmal nur Nüchtern zwanzig Brockhausbände heben – Hei! das gibt den Muskeln die Latur.

Oh, ich musste meine Bücherei, Wenn ich je verreiste, stets vermissen. Ob ein Stuhl zu hoch, zu niedrig sei, Sechzig Bücher sind wie sechzig Kissen.

Ja natürlich auch vom künstlerischen Standpunkt. Denn ich weiß die Rücken So nach Gold und Lederton zu mischen, Dass sie wie ein Bild die Stube schmücken.

Äußerlich? Mein Bester, Sie vergessen Meine ungeheure Leidenschaft, Pflanzen fürs Herbarium zu pressen. Bücher lasten, Bücher haben Kraft.

Junger Freund, Sie sind recht unerfahren, Und Sie fragen etwas reichlich frei. Auch bei andern Menschen als Barbaren Gehen schließlich Bücher mal entzwei.

Wie? – ich jemals auch in Büchern lese?? Oh, Sie unerhörter Ese – Nein, pardon! – Doch positus, ich säße Auf dem Lokus, und Sie harrten Draußen meiner Rückkehr, ach dann nur Ja nicht länger auf mich warten. Denn der Lokus ist bei mir ein Garten, Den man abseits ohne Zeit und Uhr Düngt und erntet dann Literatur.

Bücher – Nein, ich bitte Sie inständig: Nicht mehr fragen! Laß dich doch belehren! Bücher, auch wenn sie nicht eigenhändig Handsigniert sind, soll man hoch verehren. Bücher werden, wenn man will, lebendig. Über Bücher kann man ganz befehlen. Und wer Bücher kauft, der kauft sich Seelen, Und die Seelen können sich nicht wehren.

Heimatlose

Ich bin fast Gestorben vor Schreck: In dem Haus, wo ich zu Gast War, im Versteck, Bewegte sich, Regte sich Plötzlich hinter einem Brett In einem Kasten neben dem Klosett, Ohne Beinchen, Stumm, fremd und nett Ein Meerschweinchen. Sah mich bange an, Sah mich lange an, Sann wohl hin und sann her, Wagte sich Dann heran Und fragte mich: „Wo ist das Meer?“

Der Komiker

Ein Komiker von erstem Rang Ging eine Straße links entlang. Die Leute sagten rings umher Hindeutend: „Das ist der und der!“ Der Komiker fuhr aus der Haut Nach Haus und würgte seine Braut. Nicht etwa wie von ungefähr, Nein ernst, als ob das komisch wär.

Gedicht in Bi-Sprache

Ibich habibebi dibich, Lobittebi, sobi liebib. Habist aubich dubi mibich Liebib? Neibin, vebirgibib

Nabih obidebir febirn, Gobitt seibi dibir gubit. Meibin Hebirz habit gebirn Abin dibir gebirubiht.

Das Mädchen mit dem Muttermal (Chanson)

Woher sie kam, wohin sie ging, Das hab’ ich nie erfahren. Sie war ein namenloses Ding Von etwa achtzehn Jahren. Sie küsste selten ungestüm. Dann duftete es wie Parfüm Aus ihren keuschen Haaren.

Wir spielten nur, wir scherzten nur; Wir haben nie gesündigt. Sie leistete mir jeden Schwur Und floh dann ungekündigt, Entfloh mit meiner goldnen Uhr Am selben Tag, da ich erfuhr, Man habe mich entmündigt.

Verschwunden war mein Siegelring Beim Spielen oder Scherzen. Sie war ein zarter Schmetterling. Ich werde nie verschmerzen, Wie vieles Goldene sie stahl, Das Mädchen mit dem Muttermal Zwei Handbreit unterm Herzen.

Genau besehn

Wenn man das zierlichste Näschen Von seiner liebsten Braut Durch ein Vergrößerungsgläschen Näher beschaut, Dann zeigen sich haarige Berge, Dass einem graut.

Was die Irre sprach

Wir armen Schizophrenen! Wir sind nur ein Begriff. Wir lassen uns endlos dehnen. Aber es war ein englisches Schiff.

Ich weiß, Sie möchten was fragen; Seien sie ruhig ganz streng zu mir. Sie sind nur glücklich, und ein Tier – Muß man treten und schlagen.

Die Blicke sind selbstverständlich Bei Kapitänen Befehle. Ich habe auch Eure Seele, Aber – die Schwester lügt. Sie lügt schändlich.

Vielleicht ist Hingeben Schande. Kein Tier weiß, was es redlich tut. So wahr er tausend Meter vom Lande – Amen – im Wasser ruht.

Nein danke! Ich bin nicht müde. Oder spreche ich Ihnen zu viel? –

Die Quintessenz der Güte Liegt schließlich nicht im Peitschenstiel. Er hebt oder senkt die Blüte. – Nun aber genug im grausamen Spiel. Sie haben doch recht! Ich bin müde.

Living or dead – Mir riecht sich das gleich. Aber wären Sie englisch ersoffen,

Sie kämen vielleicht auch ins Himmelreich. – Amen. – Wir wollen es hoffen. – Jetzt ist er zum ersten Male weich.

Sehen sie nur: Wie der Oberarzt schaut! Er soll viel strenger zu mir sein. Ich bin doch allein.Weil ich ein Schwein Bin. Ich bin eine Seemannsbraut Tausend Meter vom Lande. – Die Schwester hält das für Schande.

Ihr schmutziges Volk! Euer Captain ist fort. – Nie wieder die Stiefel lecken muß. Ja, führt mich hinaus! Wir treffen uns dort. – Wo Anfang ist, da ist auch ein Schluß. Weil Ihr uns um unser freieres Sehnen Beneidet. – Hier fragt sich: Wer führt das Wort? Ihr armen Schizophrenen.

Zu einem Geschenk

Ich wollte dir was dedizieren, Nein schenken; was nicht zuviel kostet. Aber was aus Blech ist, rostet, Und die Messinggegenstände oxydieren. Und was kosten soll es eben doch. Denn aus Mühe mach ich extra noch Was hinzu, auch kleine Witze. Wär’ bei dem, was ich besitze, Etwas Altertümliches dabei – Doch was nützt dir eine Lanzenspitze! An dem Bierkrug sind die beiden Löwenköpfe schon entzwei. Und den Buddha mag ich selber leiden. Und du sammelst keine Schmetterlinge, Die mein Freund aus China mitgebracht. Nein – das Sofa und so große Dinge Kommen überhaupt nicht in Betracht. Außerdem gehören sie nicht mir. Ach, ich hab’ die ganze letzte Nacht

Rumgegrübelt, was ich dir Geben könnte. Schlief deshalb nur eine, Allerhöchstens zwei von sieben Stunden, Und zum Schluß hab’ ich doch nur dies kleine, Lumpige beschißne Ding gefunden. Aber gern hab’ ich für dich gewacht. Was ich nicht vermochte, tu du’s: Drücke du Nun ein Auge zu. Und bedenke, Dass ich dir fünf Stunden Wache schenke. Laß mich auch in Zukunft nicht in Ruh.

An M.

Der du meine Wege mit mir gehst, Jede Laune meiner Wimper spürst, Meine Schlechtigkeiten duldest und verstehst –. Weißt du wohl, wie heiß du oft mich rührst?

Wenn ich tot bin, darfst du gar nicht trauern. Meine Liebe wird mich überdauern Und in fremden Kleidern dir begegnen Und dich segnen.

Lebe, lache gut! Mache deine Sache gut!

FLUGZEUGGEDANKEN

Kindergebetchen

Erstes

Lieber Gott, ich liege Im Bett. Ich weiß, ich wiege Seit gestern fünfunddreißig Pfund. Halte Pa und Ma gesund. Ich bin ein armes Zwiebelchen, Nimm mir das nicht übelchen.

Zweites

Lieber Gott, recht gute Nacht. Ich hab noch schnell Pipi gemacht, Damit ich von dir träume. Ich stelle mir den Himmel vor Wie hinterm Brandenburger Tor Die Lindenbäume. Nimm meine Worte freundlich hin, Weil ich schon sehr erwachsen bin.

Drittes

Lieber Gott mit Christussohn, Ach schenk mir doch ein Grammophon. Ich bin ein ungezognes Kind, Weil meine Eltern Säufer sind. Verzeih mir, dass ich gähne. Beschütze mich in aller Not, Mach meine Eltern noch nicht tot Und schenk der Oma Zähne.

KINDER-VERWIRR-BUCH

Nie bist du ohne Nebendir

Eine Wiese singt. Dein Ohr klingt. Eine Telefonstange rauscht. Ob du im Bettchen liegst Oder über Frankfurt fliegst, Du bist überall gesehen und belauscht.

Gonokokken kieken. Kleine Morcheln horcheln. Poren sind nur Ohren. Alle Bläschen blicken.

Was du verschweigst, Was du den andern nicht zeigst, Was dein Mund spricht Und deine Hand tut, Es kommt alles ans Licht. Sei ohnedies gut.

Arm Kräutchen

Ein Sauerampfer auf dem Damm Stand zwischen Bahngeleisen, Machte vor jedem D-Zug stramm, Sah viele Menschen reisen

Und stand verstaubt und schluckte Qualm, Schwindsüchtig und verloren, Ein armes Kraut, ein schwacher Halm, Mit Augen, Herz und Ohren.

Sah Züge schwinden, Züge nahn. Der arme Sauerampfer Sah Eisenbahn um Eisenbahn, Sah niemals einen Dampfer.

Bist du schon auf der Sonne gewesen?

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