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In "Robuste Lieferketten in unsicheren Zeiten" zeigt ein Team engagierter, erfahrener Betriebsstrategen praxisnah auf, wie Sie die Lieferketten Ihres Unternehmens durch einen unerbittlichen Fokus auf Resilienz zukunftssicher machen können. In diesem Buch erfahren Sie anhand von 5 Geschäftsprinzipien, wie Sie den Schwerpunkt Ihres Unternehmens von "niedrigen Kosten" auf "geringe Volatilität" verlagern können, um Ihr Unternehmen vor Angebots- und Nachfrageschocks zu schützen, die mit Pandemien, Kriegen, Arbeitskämpfen und Handelskonflikten einhergehen.
Außerdem erfahren Sie mehr über:
- Beispiele aus der Praxis von Unternehmen, die durch die Umsetzung der von den Autoren empfohlenen Veränderungen langfristige Wettbewerbsvorteile erzielen.
- Warum es besser ist, langfristige, für beide Seiten vorteilhafte Beziehungen zu zuverlässigen Lieferanten aufzubauen, als immer die billigste Option zu wählen.
- Wie ein erneuter Fokus auf Vielfalt und neue Arbeitsweisen belastbare Betriebsteams schaffen kann, die Ihren Kunden einen Mehrwert bieten.
"Robuste Lieferketten in unsicheren Zeiten" ist ein Buch, das Manager, Führungskräfte, Geschäftsführer, Unternehmer, Fachleute aus den Bereichen Operations und Lieferketten und alle anderen, die an einem reibungslosen Betrieb ihres Unternehmens interessiert sind, unbedingt lesen sollten, da dies eine der größten Herausforderungen darstellt, mit denen sich moderne Unternehmen weltweit auseinandersetzen müssen.
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Seitenzahl: 394
Das englische Original erschien 2023 unter dem Titel Strong Supply Chains Through Resilient Operations: 5 Principles for Leaders to Win in a Volatile World bei John Wiley & Sons, Inc., Hoboken, New Jersey.
Copyright © 2024 by A.T. Kearney, Inc. All rights reserved.
This translation published under license with the original publisher »John Wiley & Sons, Inc.«
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© 2024 Wiley-VCH GmbH, Boschstraße 12, 69469 Weinheim, Germany
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Print ISBN: 978-3-527-51178-5ePub ISBN: 978-3-527-84652-8
Umschlaggestaltung: Susan Bauer (inspiriert vom Originalcover, Coverbild: 9bdesign/Shutterstock)
Für unsere Kundinnen und Kunden, Kolleginnen und Kollegen sowie alle, die uns nahestehen.
Cover
Titelblatt
Impressum
Hingabe
Inhaltsverzeichnis
Vorwort: Starke Supply Chains für ein profitables Wachstum trotz Disruptionen
Anmerkungen
Teil I: FÜNF KERNPRINZIPIEN FÜR DIE NEUAUSRICHTUNG IHRER OPERATIONS-STRATEGIE
1 Ein starkes Operations Management als Treiber von Wachstum und Gewinn durch Anpassung an eine Welt im stetigen Wandel
Resilienz entlang der gesamten Wertschöpfungskette
Resilienz und Wettbewerbsvorteil
Resilienz als Differenzierungsmerkmal in Krisensituationen
Operations als Gewinntreiber
Die fünf Kernprinzipien exzellenter Operations
Erkenntnisse in Prinzipien des Handelns übertragen
Anmerkungen
2 Erstes Prinzip: Aufbau von Resilienz gegenüber Angebotsschocks durch Stärkung Ihrer Lieferantenbasis
Knappe Halbleiter offenbaren brüchige Lieferketten
Ein starkes Lieferantennetzwerk fördert Resilienz
End-to-End-Denkprozesse fördern Resilienz
Reshoring fördert Resilienz
Anmerkungen
3 Zweites Prinzip: Aufbau von Resilienz durch die Ausrichtung der Operations auf eine kundenzentrierte Wertschöpfung
Lektionen aus der Fast-Fashion-Industrie
Sie müssen wissen, was Ihre Kundschaft will
Komplexität reduzieren
Kreatives Zuhören
Nachfrage verstehen, um die Lieferkette zu optimieren
Lieferketten sind heute Wertschöpfungsketten (wenn sie das nicht schon immer waren)
Anmerkungen
4 Drittes Prinzip: Entwicklung resilienter Teams durch die Nutzung neuer Arbeitsmodelle und Diversitätsvorteile
Ein CEO ist nur so erfolgreich wie seine Mitarbeitenden
Resilienz lässt sich nicht im Alleingang aufbauen
»Purpose« und Arbeitszufriedenheit fördern die Resilienz
Economies of Skill bauen Resilienz auf
Anmerkungen
5 Viertes Prinzip: Förderung von Resilienz mittels Technologie und einer Kombination aus menschlichem Urteilsvermögen und künstlicher Intelligenz
Entwicklungen im Warehouse Management und kommende Technologietrends
Transparenz erhöht Resilienz
Technologie schafft neue, resiliente Geschäftsmodelle
Automatisierung erhöht Resilienz
Lernen erhöht Resilienz
Anmerkungen
6 Fünftes Prinzip: Sicherstellung langfristiger Resilienz durch Nachhaltigkeit
Die chemische Industrie veranschaulicht die weitreichenden Auswirkungen von Nachhaltigkeit
Um Resilienz zu fördern, sollte Nachhaltigkeit auf strategischem statt Silodenken basieren
Beispiele für nachhaltige Resilienzstrategien
Zusätzliche Perspektiven, die für eine Nachhaltigkeitsstrategie sprechen
Anmerkungen
7 Passen Sie die Prinzipien an Ihre Situation und Strategie an
Teil II: STRATEGIEN ALS LEITFADEN: DIE UMSETZUNG DER FÜNF KERNPRINZIPIEN
8 Resilienz gegenüber Angebotsschocks durch Zusammenarbeit mit Ihrem Lieferanten-Ökosystem
Verwandeln Sie Ihre Supply Chain durch die Entwicklung alternativer Bezugsquellen und die Qualifizierung von Back-up-Lieferanten in ein Netzwerk
Fokussieren Sie nicht nur auf die Kosten, sondern optimieren Sie kollaborativ mit Ihren Lieferanten
Schließen Sie strategische Partnerschaften und investieren Sie in Lieferanten-Fitnessprogramme, um starke Verbündete zu haben
Erweitern Sie Ihr Lieferantenmanagement auf Tier-2-Lieferanten und darüber hinaus
Bezugsquellen »in der Region, für die Region« durch Re- und Nearshoring schaffen
Anmerkungen
9 Resilienz gegenüber Nachfrageschocks durch Kundenorientierung
Ein besseres Bild von Ihren Kundinnen und Kunden durch Sharing-Sitzungen und automatischen Feedback-Service
Gewinnen Sie Aufschluss über Nachfrageentwicklung durch Advanced Analytics von Kundendaten
Achten Sie bei der Umgestaltung Ihres Produktportfolios auf den Mehrwert Ihrer Kundschaft
Entwickeln Sie eine Omnichannel-Strategie, um die Auftragsabwicklung zu sichern
Rücken Sie näher an Ihre Konsumenten und verkaufen Sie »in der Region, für die Region«
Anmerkungen
10 Resiliente Teams durch Expertise und Economies of Skill
Hören Sie Ihren Mitarbeitenden zu – was sie beunruhigt, sollte auch Sie beunruhigen
Achten Sie bei der Personalauswahl auf berufliche und soziale Diversität
Erweitern Sie Schulungskonzepte, um Ihr Team gezielt weiterzuentwickeln
Weltweites Kompetenz-Mapping und globale Expertenrunden als Überblick über Ihre wichtigste Ressource
Lassen Sie Ihre Belegschaft den Sinn ihrer Arbeit definieren – und formen Sie aus individuellem
Purpose
Ihre Unternehmenskultur
Anmerkungen
11 Resilienz durch kontinuierliche Lernprozesse und eine Kombination aus menschlicher und künstlicher Intelligenz
Sorgen Sie für einen effizienten Datenfluss und den Aufbau eines KI-/Analytics-Schwungrads
Erkenntnisgewinn durch Connected Manufacturing
Teilen Sie Daten und Erkenntnisse mit Lieferanten, Kundinnen und Kunden, um den End-to-End-Prozess zu optimieren
Nutzen Sie die Automatisierung zum Aufbau resilienter Operations
Vernetzen Sie Ihre Plattformen global und mit externen Partnerfirmen
Anmerkungen
12 Langfristige Resilienz durch Nachhaltigkeit sicherstellen
Die Autarkie Ihres Unternehmens durch eine verantwortungsbewusste Beschaffung und Herstellung stärken
Nachhaltigkeit sollte in Ihrem Business Case entscheidungsleitend sein
Definieren Sie quantifizierbare Nachhaltigkeitsziele für jede Unternehmenseinheit und alle Bereiche
Schließen Sie den Kreis mit Ihrer Lieferanten- und Kundenbasis durch zirkuläre Geschäftsmodelle
Anmerkungen
Teil III: PERSPEKTIVEN: DIE ANPASSUNG AN ZUKUNFTSSZENARIEN MIT HILFE DER RESILIENZ-PRINZIPIEN
13 Potenzielle Szenarien für die zukünftige Wirtschaft
Die Ausarbeitung der Szenarien
Szenarien und Strategien
14 Sektorspezifische Fallstudien: Die fünf Kernprinzipien als tragfähiges Fundament von Zukunftsszenarien
Pharmazeutischer und Gesundheitssektor
Technologiesektor
Fertigungssektor
Einzelhandels- und Konsumgütersektor
Anmerkungen
15 Gemeinsame Themen aller Transformationsprozesse
16 Fragen, die Sie sich über die Zukunft Ihres Operations Managements stellen sollten
Anmerkungen
Danksagung
Über uns
Über die Autoren und Autorinnen
Stichwortverzeichnis
End User License Agreement
Kapitel 1
Abbildung 1.1: Eine ganzheitliche Wertschöpfungskette umfasst Operatio...
Abbildung 1.2: Projekte können bei jedem Arbeitsschritt die Resilienz ...
Abbildung 1.3:
Sense and Pivot bzw. Erkennen und Anpassen.
Abbildung 1.4: Die fünf Prinzipien resilienter Operations
Kapitel 2
Abbildung 2.1: Entscheidungen über Reshoring.
Kapitel 3
Abbildung 3.1: Reduzierung der Portfoliokomplexität.
Kapitel 4
Abbildung 4.1: Warum CEOs gefeuert werden.
Abbildung 4.2: Die Lücke in puncto Arbeitszufriedenheit.
Kapitel 6
Abbildung 6.1: Portfolio für Nachhaltigkeitsprojekte.
Kapitel 13
Abbildung 13.1: Zukunftsszenarien mit zwei Achsen.
Abbildung 13.2: Vier Zukunftsszenarien.
Cover
Titelblatt
Impressum
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort: Starke Supply Chains für ein profitables Wachstum trotz Disruptionen
Danksagung
Über uns
Über die Autoren und Autorinnen
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Keine Frage: Produkte, Serviceleistungen, Strategien und Kundenbestand sind alle gleichermaßen wichtig für den Unternehmenserfolg. Doch die treibende Kraft hinter den Kulissen, die Kundinnen und Kunden den versprochenen Mehrwert liefert, ist die Supply Chain.
Lieferketten sind aktuell in den Fokus medialer Aufmerksamkeit gerückt, weil sie zu Beginn der 2020er-Jahre durch die Covid-19-Pandemie, Arbeitskräftemangel, soziale Unruhen, Kriege und andere Schockwellen destabilisiert wurden. Der Umbau der Lieferketten ermöglichte die Globalisierung, die unseren Planeten prägte und einen grundlegenden ökonomischen Wandel zur Folge hatte. Mittlerweile betrachten Führungskräfte und Medien die Verflechtungen globaler Lieferketten aber mit wachsender Sorge. Die Pandemie deckte hier verborgene Schwachstellen auf und offenbarte, dass viele extrem störanfällig, brüchig und alles andere als nachhaltig sind.
Warum waren die globalen Lieferketten Anfang der 2020er-Jahre nicht agil und resilient? Das Problem war ihre einseitige Ausrichtung: Jahrzehntelang hatten Unternehmen einen rigorosen Sparkurs verfolgt. Sie sahen in den Prinzipien der Lean Production vor allem eine Möglichkeit, Arbeitskosten und andere Inputs so weit wie möglich zu reduzieren. Auf Kosteneffizienz getrimmt, um die Skaleneffekte im Zuge der Globalisierung voll auszuschöpfen, verschwendeten sie kaum einen Gedanken an mögliche Fehler oder notwendige Redundanzen. Ihnen war nicht bewusst, in welchem Ausmaß ihr Erfolg von einer stabilen Supply Chain abhing.
Unternehmen müssen sich heute in einer VUCA-Welt behaupten, die von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität (Complexity) und Mehrdeutigkeit (Ambiguity) geprägt ist.1 Sie ist volatil, weil sich das Tempo der Veränderungen zunehmend erhöht: Pandemien, verheerende Waldbrände, geschlossene Häfen, Invasion in Nachbarstaaten – eine Krise folgt der anderen. Die Welt ist unsicher, weil einige dieser Ereignisse nahezu unvorhersehbar sind. Unternehmen ziehen Planungssicherheit vor – »Diese Produktkomponente wird morgen früh um 9 Uhr hier sein« –, doch Führungsfähigkeit angesichts solcher Unwägbarkeiten erfordert Kompetenzen ganz anderer Art. Die VUCA-Welt ist komplex, mit zahlreichen voneinander abhängigen Variablen. Komplexität verlangt Back-up-Pläne und gut durchdachte Alternativen, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Schließlich ist die Welt mehrdeutig, weil Informationen, so sie überhaupt verfügbar sind, auf verschiedene Weise interpretiert werden können. Die Versuchung, voreilige Schlussfolgerungen zu ziehen, ist groß.
Auf dem Höhepunkt der Globalisierung wollten viele glauben, dass sich die Welt von nun an nur noch stabil entwickeln würde. Doch angesichts der aktuellen Ereignisse wäre es naiv, auf eine magische Rückkehr von Stabilität zu warten – Unternehmen sind daher gut beraten, nach einer Strategie Ausschau zu halten, die ihren Erfolg auch in einer unwägbaren Welt sichert.
Daher konzentrieren sich Unternehmen heute zunehmend auf das Thema Resilienz, die Fähigkeit, sich durch eine geschärfte Wahrnehmung für potenzielle Bedrohungen den Weg durch das klippenreiche Gewässer der VUCA-Welt zu bahnen und proaktiv Notfallpläne zu entwickeln. Eine Krise bricht aus, eine erwartete Produktkomponente trifft nicht pünktlich ein, die Auswirkungen ziehen weite Kreise und die begrenzten Informationen, die zur Verfügung stehen, lassen sich nur schwer deuten – aber keine Panik! Ihr Unternehmen, seine Belegschaft, Arbeitsabläufe und Systeme sind darauf geeicht, auch angesichts solcher Disruptionen handlungsfähig zu sein. Ihre Operations sind resilient.
Resilienz umfasst alle Aspekte unternehmerischer Aktivität. Für das Lieferkettenmanagement ist sie aber besonders relevant. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens wurden die meisten Supply Chains, wie bereits erwähnt, in einer vermeintlich stabilen Welt aufgebaut – und auch dann nicht umgebaut, als sich die Volatilität der Märkte zusehends erhöhte. Kostensparen war das Gebot der Stunde, nach dem Motto: »Wenn wir einen billigeren Lieferanten finden, wechseln wir. Risiken? Nicht der Rede wert.« Eine absolute Fehleinschätzung, denn heute sind wir von einigen dieser Risiken unmittelbar betroffen. Und sie fallen sehr wohl ins Gewicht: Beschleunigte Lieferungen und Erhöhung der Sicherheitsbestände sind unerlässlich geworden und lassen Kosten explodieren. Stock-outs (ein leeres Lager oder eine nicht lieferbare Ware) haben Umsatz- und Kundenverluste zur Folge. Aufgrund der fortwährenden Anstrengungen, solche Buschbrände im Unternehmen zu löschen, sehen viele Mitarbeitende keinen Sinn mehr in ihrer Arbeit und wandern in Scharen ab. Inzwischen dürfte allen klar sein: Unternehmen, die für einen effektiven Umgang mit solchen Risiken gerüstet und widerstandsfähiger sind als ihre Mitbewerber, haben die Chance, Wettbewerbsvorteile zu erzielen und Marktanteile zu gewinnen.
Und zweitens: Die Unwägbarkeiten der VUCA-Welt und der Lieferketten unterstreichen die Bedeutung der Rolle, die dem Operations Management zukommt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts sahen sich die Fertigungsunternehmen gezwungen, ihre Fließbandarbeit und Produktionsprozesse in ihren Fabriken effizienter zu gestalten. Das war für sie der wichtigste Schlüssel zum Erfolg. Damit begann das Zeitalter der Optimierung von Arbeitsabläufen und Prozessen. Im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts trat das Operations Management infolge der Fortschritte im Marketing- und Technologiesektor und des allgemein wachsenden Wohlstands jedoch in den Hintergrund. Die Aufmerksamkeit verlagerte sich auf nachfragegetriebene Strategien, nach dem Motto: »Das Produkt stellen wir her – wie auch immer. Überlegen wir lieber, wie wir es am besten bewerben!«
Heute befinden wir uns an der Schwelle zu einem weiteren strategischen Kurswechsel. Die Covid-19-Pandemie hat nicht nur die Lieferketten empfindlich gestört, sondern uns auch einen Ausblick auf die immensen Verwerfungen geboten, die uns bevorstehen könnten. Einige Firmen werden erfolgreich durch das klippenreiche Gewässer dieser weitläufigen Disruptionen steuern, wenn sie den Material-, Finanz- und Informationsfluss innerhalb globaler Netzwerke optimieren. Die Resilienz, die sie dabei aufbauen, wird ihnen mehr Gewinn einbringen als die fortgesetzte alleinige Fokussierung auf Kosten, Werbung oder Technologie um ihrer selbst willen.
Führungskräften bieten sich dadurch spannende Chancen und Gelegenheiten. Das erforderliche Niveau an Resilienz zu erreichen, erfordert aber eine Menge Arbeit. Sie brauchen neue operative Strategien. Sie müssen ihre Geschäftsabläufe und Prozesse von Grund auf umgestalten, um diese Strategien umzusetzen. Und nicht nur das: Sie brauchen ein neues Mindset, eine neue Art des Denkens und Handelns, die ein resilientes Operations Management als Herzstück des Unternehmens etabliert. Eine Fokussierung auf das Operations Management sollte die Unternehmensstrategien prägen – und die Resilienz die Unternehmenswerte.
In diesem Buch erfahren Sie, wie sich der Umbau bewerkstelligen lässt. Es beschreibt fünf Kernprinzipien und zeigt Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie Pläne in Praxis umsetzen und in verschiedenen Zukunftsszenarien agil reagieren können. Die Erkenntnisse, die wir hier mit Ihnen teilen, leiten sich aus der langjährigen Zusammenarbeit unseres Unternehmens mit zahllosen Klienten her und wurden in Artikeln des Kearney Supply Chain Institute (KSCI) veröffentlicht. In den Anmerkungen am Ende des Buches finden Sie Links zu detaillierten Analysen, die zumeist auf spezifische Branchen oder Herausforderungen bezogen sind.
Das Buch basiert auf den fünf Kernprinzipien eines resilienten Operations Managements:
Aufbau von Resilienz gegenüber Angebotsschocks durch Stärkung der Lieferantenbasis.
Aufbau von Resilienz durch die Ausrichtung der Operations auf eine kundenzentrierte Wertschöpfung.
Entwicklung resilienter Teams durch die Nutzung neuer Arbeitsmodelle und Diversitätsvorteile.
Förderung von Resilienz mittels Technologie und einer Kombination aus menschlichem Urteilsvermögen und künstlicher Intelligenz.
Sicherstellung langfristiger Resilienz durch Nachhaltigkeit.
Diese Kernprinzipien sind weder brandneu noch darauf ausgelegt, die Welt aus den Angeln zu heben. Fakt ist aber, dass sie sich bewährt haben. Ihre Aufgabe besteht darin, sie in allen Bereichen des Operations Managements zu verankern. Wenn sie richtig kombiniert und auf Ihr Unternehmen zugeschnitten werden, stärken sie Ihre Resilienz und stoßen darüber hinaus Regenerationsprozesse an, die Ihnen ermöglichen, sich nach Krisen oder Störungen gleich welcher Art zu erholen. Damit sichern Sie den langfristigen Erfolg Ihres Unternehmens.
Der erste Teil des Buches beschreibt die Strategie, mit der sich diese fünf Kernprinzipien kombinieren lassen, um ein profitables Wachstum voranzutreiben und Ihr Unternehmen zukunftsfit zu machen.
Der zweite Teil ist der Implementierung Ihrer Resilienz-Initiativen gewidmet. Für jedes Kernprinzip werden taktische und strategische Maßnahmen aufgezeigt, die eine erfolgreiche Umsetzung ermöglichen, mit Fallbeispielen von Unternehmen, die diese Aufgabe in Angriff genommen haben.
Im dritten Teil werfen wir einen Blick in die Zukunft, nehmen potenzielle Szenarien unter die Lupe und bieten Orientierungshilfen, damit Ihr Unternehmen trotz aller Unwägbarkeiten auf Erfolgskurs bleibt.
Diese Prinzipien sind weder Binsenweisheiten noch beruhen sie auf Fantasievorstellungen. Die Transformationsprozesse, über die wir sprechen wollen, basieren auf den Erfahrungen einer weltweit führenden strategischen Unternehmensberatung. Ihre Wurzeln reichen annähernd hundert Jahre zurück, in das Goldene Zeitalter der Prozessoptimierung. Der Firmengründer, Tom Kearney, unterstützte Unternehmen dabei, ihre operativen und organisatorischen Probleme in Angriff zu nehmen. Er war dafür bekannt, die Ärmel hochzukrempeln und sich bei einer Tour durch die Werkshallen ein persönliches Bild der Situation zu machen.2 Die Führungskräfte, die in seine Fußstapfen traten, folgten seinem Beispiel. Wir gehören zur jüngsten Generation der Strategic-Operations-Fans, die ihr Know-how durch die enge Zusammenarbeit mit unseren Klienten bei der Lösung ihrer realen Probleme ständig erweitern. Wir hoffen, dass Sie beim Lesen viele Erkenntnisse gewinnen und genauso viel Vergnügen haben wie wir beim Schreiben.
1
. Der Begriff VUCA stammt aus dem US Army War College und beschreibt eine Militärstrategie in einer Welt nach dem Kalten Krieg, siehe
https://usawc.libanswers.com/faq/84869
, abgerufen am 6. Dezember 2022.
2
. Zur Unternehmensgeschichte von Kearney siehe
https://www.kearney.com/about-kearney/our-story
, abgerufen am 3. Dezember 2022.
Wenn der Begriff Resilienz nicht genau definiert ist, besteht die Gefahr, dass er zur leeren Worthülse wird. Genau das passierte mit dem Schlagwort Lean Management. Ursprünglich der Mittelpunkt einer Unternehmensphilosophie zur Gestaltung effizienter Wertschöpfungsketten, stand es am Ende für alle möglichen falsch oder nur oberflächlich angewendeten Bruchstücke eines Rahmenwerks, das einer tiefgründigen wie ganzheitlichen Umsetzung bedurft hätte. Deshalb möchten wir gleich vorab klarstellen: Mit Resilienz ist die Widerstandsfähigkeit in risikoreichen Situationen gemeint. Risiken können sich in verschiedener Form präsentieren (Angebots- und Nachfragerisiken, interne und externe, kurzfristige und langfristige usw.). Genauso vielfältig ist das Rüstzeug, mit dem Sie sich gegen solche Herausforderungen wappnen können (mehr Transparenz, verlässlichere Prognosen, mit Daten angereicherte Back-up-Pläne, schnellere Entscheidungsprozesse usw.). Ein resilientes Unternehmen zeichnet sich dadurch aus, dass es zukunftssicher aufgestellt und besser auf kommende Risiken vorbereitet ist als seine Mitbewerber.
Im ersten Teil des Buches erfahren Sie, wie Sie die fünf Kernprinzipien nutzen können, um die Resilienz Ihrer Operations zu stärken. Doch zuerst gehen wir der Frage nach, warum gerade die Operations von zentraler Bedeutung und reif für eine Transformation sind.
Die Geschichte der Halbleiter, die in Kraftfahrzeugen verbaut werden, ist vielleicht das beste Beispiel dafür, wie die Covid-19-Pandemie Bruchlinien in den Lieferketten offenlegte. Die Fakten sind allgemein bekannt: Als sich Covid-19 ausbreitete, kam die Nachfrage nach Neuwagen buchstäblich zum Stillstand. Um Kosten einzusparen und Massenentlassungen vorzubeugen, schlossen die Automobilhersteller zeitweilig ihre Produktionsstätten und stornierten Aufträge. Ihre Lieferanten und deren Zulieferbetriebe folgten ihrem Beispiel, die Hersteller von Silizium-Wafer – Grundlage aller Mikrochips – eingeschlossen. Nach dem temporären Shutdown dauerte es einige Zeit, bis die Fertigungsunternehmen ihre Kapazitäten wieder hochgefahren hatten, und dabei gaben sie den Produkten mit den höchsten Margen Vorrang. Vor allem erkannten sie die wachsende Nachfrage nach Haushaltstechnik und Erweiterung der 4G/5G-Netze. Als der Neuwagenbedarf im vierten Quartal 2020 schlagartig anstieg, mussten die Autobauer feststellen, dass der Halbleiter-Markt leergefegt war. Fast alle sahen sich gezwungen, ihre Produktion zu drosseln. Die Neuwagen-Bestände schrumpften, teilweise bis zu 70 Prozent. Da sie die Nachfrage nicht ausreichend befriedigen konnten, mussten die Autobauer Umsatzeinbußen bis zu 54 Prozent hinnehmen.1
Die Situation deckte die Schwächen der Lean-Manufacturing-Methoden schonungslos auf. Die Automobilhersteller hatten Kosteneinsparungen durch die Reduzierung ihrer Lagerbestände erzielt. Als es wieder bergauf ging, konnten sie die steigende Nachfrage aufgrund der Fehlbestände nicht mehr bedienen. Sie legten ihren Lieferanten finanziell die Daumenschrauben an, bevor sie selbst unter Druck gerieten. Sie verlagerten die Risiken in den Upstream-Bereich ihrer Supply Chains, nur um feststellen zu müssen, dass diese Risiken am Ende Downstream gelandet waren.
Die Krise war nicht durch einzelne Unternehmen ausgelöst worden, sondern hatte ihren Ursprung in der Struktur des Systems. Ein Problem war, dass Halbleiter in Kraftfahrzeugen allgegenwärtig sind: in Mikrocontrollern wie Türschlössern, in hocheffizienten Automatikgetrieben wie Sitzheizungen. Selbst Automobilherstellern mit einem breit gefächerten Tier-1- und Tier-2-Lieferantenportfolio wurde plötzlich bewusst, dass alle von denselben Chip-Herstellern abhängig waren. Ein weiteres Problem war, dass die Autobauer Halbleiter mit 200mm-Wafer bevorzugten – ein älteres Design, das kosteneffektiv und zuverlässig war –, statt auf neuere, höherwertige 300mm-Wafer umzurüsten. Anders ausgedrückt: Die rigiden Technologiespezifikationen führten zur Abhängigkeit von einem veralteten Produkt, das auf der To-do-Liste der Wafer-Hersteller weit unten stand. Kompliziertes Design seitens der Autobauer erschwerte darüber hinaus einen Wechsel. Und das dritte Problem war die komplexe, geografisch weit gestreute Lieferkette: Viele Halbleiter legten im Verlauf des Fertigungsprozesses die Entsprechung von drei Weltreisen zurück, wobei sie 70-mal oder noch häufiger internationale Grenzen überquerten.