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Die Geschichte von Rostam und Sohrab, dem Vater, der seinen Sohn erst bei einem tödlichen Zweikampf auf dem Schlachtfeld kennenlernt, zählt zu den dramatischten und zugleich schönsten Sagen des Schahname. Das von Ferdausi (940-1020) verfasste iranische Nationalepos Schahname schildert Mythologie und Geschichte des Iran bis zur Eroberung des sassanidisches Weltreiches durch die Araber. Friedrich Rückert hat die Geschichte von Rostam und Sohrab in einer genialen Nachdichtung ersmals 1838 veröffentlicht. Seit dieser Zeit hat das Interesse an Schahname im deutschen Sprachraum nie abgenommen.
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Seitenzahl: 185
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Friedrich Rückert
Rostam und Sohrab
Eine Heldengeschichte in zwölf Büchern
Zu diesem Buch:Die Geschichte von Rostam und Sohrab, dem Vater, der seinen Sohn erst bei einem tödlichen Zweikampf auf dem Schlachtfeld kennenlernt, zählt zu den dramatischten und zugleich schönsten Sagen des Schahname. Das von Ferdausi(940-1020)verfasste iranische Nationalepos Schahname schildert Mythologie und Geschichte des Iran bis zur Eroberung des sassanidisches Weltreiches durch die Araber. Friedrich Rückert hat die Geschichte von Rostam und Sohrab in einer genialen Nachdichtung ersmals 1838 veröffentlicht. Seit dieser Zeit hat das Interesse an Schahname im deutschen Sprachraum nie abgenommen.
Über den Autor:Friedrich Rückert zählt zu den bedeutendsten deutschen Lyrikern und Mitbegründern der deutschen Orientalistik. Er wurde am 16. Mai 1788 in Schweinfurt geboren. Populär wurde Rückert zunächst mit seinen "Geharnischten Sonetten", die er unter dem Pseudonym Freimund Raimar gegen die napoleonische Besatzung schrieb. 1815 ging Rückert auf Anregung des Ministers von Wangenheim nach Stuttgart, wo er die Redaktion des poetischen Teils des Cotta'schen Morgenblatts für gebildete Stände übernahm. In dieser Zeit erschienen auch der Kranz der Zeit (1817) und Napoleon,
Friedrich Rückert
Rostam und Sohrab
Eine Heldengeschichte in zwölf Büchern
Die Ausgabe dieses Textes folgt der Erstausgabe von 1838.
Die Originalfoliierung wurde im fortlaufenden Text beibehalten.
Der Anhang enthält ein Glossar und gibt Auskunft zu Autor und Werk.
Rostam und Sohrab
Friedrich Rückert´
Herausgegeben von Wolfgang von Keitz
Neuausgabe als ebook, Februar 2011
© 2011 Wolfgang von Keitz
Umschlaggestaltung: Wolfgang von Keitz
Umschlagbild: Rostam trauert um Sohrab, Illustration aus einer persischen Handschrift
Published at epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-86931-939-1
Dieses eBook ist für Ihre persönliche Nutzung lizenziert. Das eBook darf nicht an Dritte weitergegeben oder weiterverkauft werden. Wenn Sie das Buch an eine andere Person weitergeben wollen, kaufen Sie bitte eine zusätzliche Lizenz für jeden weiteren Rezipienten.
Vorwort
1838 veröffentlichte Friedrich Rückert, seit 1826 Professor für Orientalische Sprachen der Universität Erlangen, im Verlag Theodor Bläsing Rostem und Suhrab - Eine Heldengeschichte in zwölf Büchern. Mit den einleitenden Worten „Lass aus dem Königsbuch der Perser dir berichten …“ verweist er in der ersten Zeile auf das Schahname, das iranische Nationalepos, aus dem die Geschichte von Rostam und Sohrab, wie wir die beiden Helden heute nennen, stammt. Das Schahname, das Buch der Könige, gilt mit mehr als 50.000 Versen als das umfangreichste Epos der Welt. Es ist das Lebenswerk des Dichters Ferdausi, der 940 in Tus im Iran geboren wurde und dort 1020 hochbetagt verstarb.
Rückert arbeitete Zeit seines Lebens an der Übersetzung des Schahname, konnte die Arbeit aber nicht zu Ende bringen. Bei seinem Tod am 31.Januar 1866 war bis auf Rostem und Suhrab, das inzwischen bei S.G.Liesching in einer zweiten, leicht überarbeiteten Auflage erschienen war, kein weiterer Teil aus dem „Königsbuch der Perser“ veröffentlich worden. Es sollte bis 1890 dauern, bis Edmund Bayer den ersten Band der Rückertschen Übersetzung unter dem Titel Firdosi’s Königsbuch (Schahname) bei Georg Reimer in Berlin aus dem Nachlass Rückerts herausbrachte. Der erste Band enthält die Sagen I bis XIII und endet genau an der Stelle, an der die Geschichte von Rostam und Sohrab beginnt. Der zweite, 1894 erschienene Band beginnt mit Sage XV und endet mit Sage XIX. Die Geschichte von Rostam und Sohrab, in dieser Zählung Sage XIV, fehlt, da sie sich, wie Edmund Bayer in der Einleitung vermerkte, „trotz intensiver Suche nicht habe auffinden lassen“. Mit dem dritten, 1895 erschienen Band, der die Sagen XX bis XXVI enthält, endet die Übersetzung des Schahname von Rückert nach ungefähr 25.000 Versen.
Rostam und Sohrabist, anders als die nahezu wortgetreue Übersetzung des Schahname, eine freie Nachdichtung. Rückert gliederte den Text in zwölf Bücher. Rückert benutzte keine Paginierung sondern eine Foliierung, bei der nicht die Seiten sondern die Blätter (Folio) eines Buches gezählt werden.
Der Text unserer Ausgabe von Rostam und Sohrab folgt der Erstausgabe, übernimmt aber nicht die Orthographie sondern passt den Text an die heutige Rechtschreibung an. In einem Glossar werden zudem die heute nicht mehr gebräuchlichen Ausdrücke erläutert. Ein Verzeichnis der mythologischen Namen gibt Auskunft über Personen und Orte. Wie bereits Edmund Bayer in dem von ihm herausgegeben ersten Band des Schahname in der Einleitung vermerkt, schrieb Rückert die Eigennamen auf verschiedene Weise, so Sijamek und Siamek, Gajumarth und Gajomarth, Tamuhrat und Thamurath, Bizhen und Bischen, Ersheng und Erscheng oder Erzhengm Naudher und Nudher, Ka’us und Kaus oder Kawus, Chosro und Chosrow oder Chosru, usw. Diese Nachlässigkeiten mochten ihren Grund darin haben, dass Rückert, wie er selbst im poetischen Tagebuch von 1850-1866 bekannte, nicht nachschlug, was er früher geschrieben hatte. In der vorliegenden Ausgabe wurde die Schreibweise der Eigennamen Rückerts nicht übernommen sondern der heute üblichen Schreibweise angepasst. Das Problem, dass bei der Transkription iranischer Schriftzeichen in lateinische Buchstaben sich die Lautwerte der beiden Schriften nicht immer deckungsgenau übertragen lassen, bleibt naturgemäß bestehen. Auf die in wissenschaftlichen Veröffentlichungen verwendeten diakritischen Zeichen zur genaueren Bezeichnung der einzelnen Laute wurde in der vorliegenden Ausgabe weitestgehend verzichtet, um dem Leser die Lektüre zu erleichtern.
Mein besonderer Dank für seine tatkräftige Unterstützung gilt dem Geschäftsführer der Rückert-Gesellschaft Herrn Dr. Rudolf Kreutner.
Wolfgang von Keitz
1.
Lass aus dem Königsbuch der Perser dir berichten
Von Rostam und Sohrab die schönste der Geschichten,
Von Heldenruhm, wie leicht er Frauenlieb’ erwarb,
Und wie der eigne Sohn, erlegt vom Vater, starb!
Held Rostam sprach, als er am Morgen war erwacht:
Auch heute hab’ ich nicht zu reiten in die Schlacht.
Afrasiab, der Fürst von Turan, lässet ruhn
Die Waffen, friedlich blüht das Reich von Iran nun;
Doch in der Friedensruh was soll ich selber tun?
Da rüstet’ er sich schnell zur Jagd, er band in Eile
Den Gürtel fest und hing den Köcher um voll Pfeile.
Den Bogen prüft’ er, ob er nicht die Kraft verlor;
Dann zog er aus dem Stall den edlen Hengst hervor.
Dem war die Weile dort wie seinem Herren lang;
Er wieherte vor Lust, als er ihn setzt’ in Gang.
Er schwang sich auf den Rachs und sagte nicht ein Wort
Den Seinigen im Haus, in Eile ritt er fort.
Der Mark von Turan zu wand’ er sein lockig Haupt,
Als wie ein Löwe, der nach seiner Beute schnaubt.
Wie zu der Turanmark er hingekommen war,
Die Heide nahm er da voll wilder Elche wahr.
Wie eine Rose war erblüht des Helden Wange
Vor Lust, er tummelte den Rachs mit raschem Gange.
Mit Pfeil und Bogen bald, mit Keul’ und Fangeschnur
Ein Dutzend Stücke warf er nieder auf die Flur.
Aus Dornen und Gesträuch und manchem Baumes Ast
Entzündet’ er darauf ein Feuer von starkem Glast.
Und als zu Kohlenglut war eingebrannt die Flamm’,
Erkor der Recke sich zum Bratspieß einen Stamm.
Der Elche feistesten steckt’ er an diesen Baum,
Der wog in seiner Hand nicht eines Vogels Flaum.
Er drehte wohl den Spieß, dass fein der Braten briete
Auf allen Seiten gleich und nirgend ihm missriete.
Und als er gar nun war, nahm er ihn vor und saß
Am grünen Boden hin mit guter Lust und aß,
Wobei er auch das Mark im Knochen nicht vergaß.
Gesättigt schritt er nun hin, wo ein Wasser lief,
Zur Gnüge trank er auch, dann legt’ er sich und schlief.
Am Rand des Baches lag der Held, den heißen Tag
2.
Als Rostam lag und schlief und an sein Ross nicht dachte,
Da kamen Türken her, ein sieben oder achte.
Die sahn ein edles Ross frei weiden in dem Bann
Von Turan, und zu sehn zum Rosse war kein Mann.
Worauf sie sich alsbald das Ross zu fangen schickten:
Sie hättens nicht gewagt, wo sie den Mann erblickten!
Da kamen sie dem Rachs mit ihrer Fangschnur nah;
Aufschnaubt’ er wie ein Leu, da er die Fangschnur sah.
Nicht wollte sich der Rachs geduldig lassen fangen,
Es wäre schlimm zuvor erst einigen ergangen.
Den Kopf vom Rumpfe riss dem einen sein Gebiss;
Derweil ein Hufschlag zwei zu Boden hinten schmiss.
Der kühnen Türken so getötet lagen drei,
Das kriegerische Ross war noch von Banden frei.
Doch unverdrossen stürmt’ herbei der andre Tross
Und warfen übers Haupt mit Müh die Schnur dem Ross.
Gebändigt führen sie’s zur nahen Stadt in Eil,
Es wär’ um vieles Gold ihr Fang nicht ihnen feil.
Es sei von hoher Art, ersahn sie an den Zeichen;
Jedweder wollte Teil am edlen Hengst erreichen.
Sie fürchteten, der Raub werd’ ihnen bald entführt;
Nicht lange bliebe solch ein Schatz unaufgespürt.
Da brachten sie geschwind ihn zu der Stuterei,
Dass seines Samens doch teilhaftig jeder sei.
Ich hörte, dass er dort auf zwanzig Stuten sprang,
Die alle seiner Wucht erlagen beim Empfang.
Und nur von einer ward getragen Leibesfrucht;
3.
Doch Rostam, wie er dort von seinem Schlaf erwachte,
Das erste war sein Ross, an das er wieder dachte.
Er blickt’ umher und sah sein Ross nicht mehr im Hag;
Verlaufen hatt’ es ihm sich nie vor diesem Tag.
Laut rief er ihm; sonst kam’s auf leisen Ruf herbei;
Nun kam es nicht; da sprang er auf mit lautem Schrei.
Er suchte rings im Hag, er spähte durch die Flur,
Von seinem Rosse fand er hier und dort die Spur,
Es selber fand er nicht und rief: O weh! Verloren
Hab’ ich, derweil ich schlief, mein Ross gleich einem Toren.
Was soll ich ohne Ross mit dieser Rüstung tun?
Des Rittes lang gewohnt, geh ich zu Fuße nun?
Was werden Türken, wenn sie mir begegnen, sagen,
Dass ich den Sattel muss, statt mich der Sattel, tragen?
Verlaufen hat sichs nicht, das ist nicht seine Art;
Nun desto schlimmer, wenn es mir gestohlen ward!
Doch lang bleibt nicht der Rachs des Rostam unbekannt;
Auffinden werd’ ich ihn, der mir den Rachs entwand!
Kam wohl, derweil ich schlief, ein ganzes Türkenheer?
Denn einem einz’gen ist der Rachs zu fangen schwer.
Doch den Gedanken ist vergebens nachzuhangen;
Auf, rüste dich zum Gang, weil dir dein Ross entgangen!
So sprach er unmutsvoll und schwieg und schaute stumm
Noch eine Weile sich nach seinem Rösslein um;
Denn immer dacht’ er noch, es müsste wiederkommen:
Wer auf der Welt sollt’ ihm haben den Rachs genommen?
Als aber doch der Rachs nicht wiederkommen wollte,
Macht’ er sich endlich an den sauren Gang und grollte.
Mit Waffen und Geschirr belud er sich und sprach
Noch viel mit sich, indem er ging den Spuren nach.
Die Spuren leiteten zur Stadt Samangan ihn,
4.
Er sprach: Das ist die Stadt, in der ein König sitzt,
Der es mit Turan jetzt und hält mit Iran itzt,
Der wie die Waage schwankt, sich nach der Seite neigt,
Wo sich ein Perser hier und dort ein Türke zeigt.
Den Rostam kennen sie, wenn er zu Pferde steigt!
Doch fehlt mir ja der Rachs, dass ich zu Pferde steige!
Ob ich zu Fuße denn mich in Samangan zeige?
Ich geh’ in ihre Stadt zu Fuß mit meinen Waffen,
Und seh’, ob meinen Rachs sie dort mir wieder schaffen!
Ich sag’ es ihnen gleich, dass sie ihn schaffen sollen,
Und denke nicht, dass sie ihn vorenthalten wollen!
Ich werb’ um Gastherberg’ in dieser Stadt der Grenzen
Und sehe, was beim Schmaus dem Rostam sie kredenzen!
So sprach er unterm Gehn, doch aus den Augen ließ
Er nie dabei die Spur, die sich am Boden wies;
Bis die in Schilf und Rohr am Flusse sich verlor;
Da ließ er sie und ging grad auf Samangans Tor.
Nun in Samangan ward dem König angesagt:
Held Rostam kommt, er hat im Türkenforst gejagt.
Zu Fuße geht einher die lichte Kronenzier,
Weil ihm entlaufen ist der Rachs im Jagdrevier.
Der König, wie er dies vernahm, war er geschürzt,
Dass nicht ein solcher Gast an Ehren sei verkürzt.
Da zogen aufs Gebot des Königs alle Degen,
Die Edlen all des Hofs dem Edelsten entgegen.
Entgegen zog ihm, wer aufs Haupt nur einen Helm
Zu setzen hatt’, und wer zurückblieb, war ein Schelm.
Sie reihten feierlich sich um den Heldenglanz,
Wie um der Sonne Haupt der Abendwolke Kranz.
So führten sie zur Stadt das Licht der Ehren ein,
5.
Der König trat zu Fuß hervor aus dem Palast,
Der Hofstaat um ihn her, entgegen seinem Gast.
Er grüßt’ und neigte sich: Woher durch Wald und Feld,
Und kein Begleiter ist mit dir, o Kampfesheld?
Hast du den Tag vollbracht mit Jagd im Jagdrevier,
Und suchest nun zur Nacht bei Freunden Nachtquartier?
Wir alle sind hier nur auf deinen Wunsch bedacht,
Und zu Befehle steht Samangan deiner Macht.
Die Leben stehen dir und Güter zu Befehle;
Die Edlen, Edelster, sind dein mit Leib und Seele.
Was wünschest du? Es soll geschehen, o Pahlavan!
Gebiet, was wir dir tun, und denk’, es sei getan!
Held Rostam hörte gern die Rede sanft und zahm,
Wohl merkt’ er, ihnen sei die Hand zum Bösen lahm.
Er sprach: Abhanden kam der Rachs mir auf der Flur,
Und hier bis an die Stadt geht seiner Tritte Spur.
Wenn du mir diese Nacht ihn wieder schaffen kannst,
So wisse, dass du Dank von mir und Preis gewannst.
Doch wenn ihr mir den Rachs nicht werdet wieder schaffen,
So sollen durch mein Schwert hier breite Wunden klaffen.
Der König sprach erschreckt: Held ohne Furcht und Zagen,
Wer dürfte wohl den Rachs dir zu entwenden wagen?
Sei du mein Gast, lass dir den Ehrenbecher spenden
In Frieden, und nach Wunsch wird sich die Sache wenden.
Von Rostams Rosse bleibt die Fährte nicht verborgen;
Wir schaffen dir den Rachs; gedulde dich bis morgen!
Mit ungestümer Hast gelangt man nicht zum Fange;
Mit sanften Worten lockt man aus dem Loch die Schlange.
Drum sänfte deinen Zorn, kehr’ ein, und lass beim Wein
Mit Herzen sorgenfrei die Nacht uns fröhlich sein!
Wir bringen dir den Rachs, o tapfrer Kampfgesell,
Wir bringen ihn, bevor der Morgen tagt, zur Stell;
6.
Der Löwenmutige ward dieser Rede froh,
Davon aus seiner Brust so Groll als Unmut floh.
Es dünkt’ ihm gut, dass er zum Königshause ginge,
Als wohlgemuter Gast zu Fest und Schmause ginge.
Ihm gab den Ehrensitz der König im Palast,
Auf Füßen dienstbereit stand er vor seinem Gast.
Die Häupter aus der Stadt, die Häupter aus dem Heer
Berief und pflanzt’ er beim Gelag um Rostam her.
Den Köchen er befahl, von allen guten Dingen
Gerichte zu der Wahl des Helden herzubringen.
Da ward hereingebracht ein ausgesuchtes Mal,
Der Silberschüsseln Pracht und goldner Schalen Zahl;
Aus China war beim Fest chinesischer Pokal.
In diesem ward kredenzt Wein unter Lautentönen
Von rosenwangigen gazellenaugigen Schönen.
Sie mengten Saitenspiel und Wein mit Schmeichelei,
Damit nicht ungemut der Hochgemute sei.
Er hörte seine Lust und schaute sein Vergnügen
Und trank den frohen Mut dazu in langen Zügen.
Mit allen Sinnen so schöpft’ er des Festes Wonne,
Ihm strahlte sein Gesicht bei Nacht wie eine Sonne.
Und allen, welche da das helle Angesicht
Des Helden leuchten sahn, ward’s in der Seele licht.
Die Becher ließ er nicht die ungetrunknen säumen;
Und als er trunken war, dacht’ er den Sitz zu räumen.
Da war bereit für ihn, gewölbet kühl und luftig,
Ein Schlafgemach, von Musk und Rosenwasser duftig.
Im kühlen Schlafgemach verschlief auf seidnen Decken
7.
Um Mitternacht, wenn sich des Poles Wagen drehn,
Ward leises Wort gesagt bei leiser Tritte Gehn.
Geräuschlos aufgetan ward Rostams Ruhgemach,
Mit Staunen ward der Held beim Glanz von Fackeln wach.
Tahmine stand vor ihm, bestrahlt von Stein und Gold,
Die Königstochter von Samangan wunderhold.
Ihr standen beiderseits mit Fackeln Dienerinnen;
Sie strahlte hell vom Glanz der Fackeln und der Minnen.
Der Reiz der Jugend war in den der Scham getaucht,
Der Wangen Lilien von Rosen überhaucht.
Doch im Rubinenschloss des Mundes lag bewahrt
Geheimnis liebliches, für diese Nacht gespart.
Er richtete sich auf und staunte lang und tief,
Indem er Preis ob ihr und ihrem Schöpfer rief.
Er fragte sie und sprach: Wie, Holde, nennst du dich?
Und was in finstrer Nacht zu suchen kommst du, sprich!
Zur Antwort gab sie ihm: Tahmine ist mein Name,
Gespalten ist mein Herz von einem tiefen Grame.
Ich bin des Schahes von Samangan einzig Kind,
Von Kindheit auf im Lauf der Neid von Hirsch und Hind;
Sie holen mich nicht ein, mich holt nicht ein der Wind.
Allein die Sehnsucht kam mich heimlich einzuholen,
Die führt mit diesem Gram mich her zu dir verstohlen.
Wie eine Wundersag’ hab’ ich aus jedem Munde
Gehört zu jeder Stund’, an jedem Ort die Kunde,
Wie du so tapfer bist und trägest keine Scheu
Vor Tiger, Elefant und Krokodil und Leu.
Du schirmest ganz allein Iran mit deiner Kraft,
Und Turan zittert, wenn sich rührt dein Lanzenschaft.
Du reitest ganz allein bei Nacht in Turan ein
Und streifest dort umher und schläfest dort allein.
Dergleichen Kunde ward mir vom Gerücht vertraut;
Lang wünscht’ ich dich zu sehn, heut hab’ ich dich geschaut.
Wenn du zum Weibe mich begehrst, bin ich dein Weib;
Nie Mond- noch Sonnenstrahl berührte diesen Leib.
Vom Schleier meiner Zucht erwuchs ich tief umfangen;
Den Zügel der Vernunft entzog mir dies Verlangen:
Ich bitte Gott, von dir zu tragen einen Spross,
Der einst, an Kraft dir gleich, beherrsche dieses Schloss.
Zur Mitgift will ich jetzt, o Held, dies Schloss dir bringen,
8.
So endet’ ihren Gruß das Mondglanzangesicht;
Der Löwenkühne hört’ aufmerksam den Bericht.
Wie sie der Held so schön, so perigleich sie sah,
An Sinn so hoch und an Verstand so reich sie sah,
Und dass sie noch dazu vom Rachs ihm gab die Kunde;
Von lauter Fröhlichkeit sah er erfüllt die Stunde.
Er rief die wandelnde Zypress’ an sich heran;
Hold tauschte Blick und Wort mit ihr der Pahlavan.
Er rief ins Vorgemach, dass einen der Mobeden
Sie brächten ihm herbei, der wüsste wohl zu reden.
Den sendet’ er alsbald, den Weisen tugendvoll,
Dass er die Tochter ihm vom Vater fordern soll.
Der Wohlverständige, dahin zum Schahe schritt er
Und tat die Werbung kund von Irans edlem Ritter.
Der Schah ward freudenvoll, da dieser Gruß erscholl;
Er fühlte, wie sein Herz von hohem Mute schwoll.
Er richtete sich stolz, der Zeder gleich, empor;
Das Band mit Rostam kam ihm wert und teuer vor.
Dem Ritter in der Nacht gab er der Tochter Hand;
Und wie die Kund’ erscholl, war Freud’ in Stadt und Land.
Von Freuden war erwacht ein Aufruhr in der Nacht,
Zu Rostam sei als Braut des Königs Kind gebracht.
Da war der Jubel laut die ganze Nacht ums Schloss,
Wo seine holde Braut der starke Held umschloss.
Still tauschte drin das Paar die Lust der Seelen aus,
Und draußen ließ die Schar die Kraft der Kehlen aus:
»Dass dieser neue Mond lang dein Behagen sei!
Dass deiner Feinde Haupt ewig geschlagen sei!
Aus diesem Bunde müss’ ein Heldenspross entspringen,
Der mög’ an Tapferkeit mit seinem Vater ringen!“
Sie meinten ihr Gebet zum Segen und zum Heil,
9.
Nach kurzer Freudennacht als an der Morgen brach,
Wand aus Tahmines Arm sich Rostam los und sprach,
Indem vom Arm er nahm ein goldenes Gespang,
Von dem erschollen war der Ruhm die Welt entlang;
Sie glaubten, dass daran sei Rostams Heil gebunden,
Und unverletzlich sei, wen dieses Band umwunden:
Das gab er ihr und sprach: Liebtraute! Dies bewahr!
Wenn eine Tochter dir nun bringen wird das Jahr,
So nimm dies Goldgespang und schling es ihr ins Haar!
Als welterleuchtenden Glückstern soll sie es tragen,
Der ihr soll und der Welt von ihrem Vater sagen.
Wenn aber einen Sohn dir die Gestirne reichen,
So bind ihm um den Arm, wie ich es trug, das Zeichen.
Des Vaters Zeichen sei an seinem Arm bewahrt,
Und wachsen wird er selbst nach seines Vaters Art.
Gleich seiner Ahnen Stamm wird der aus Heldensamen
Erzeugte sein, es bleibt nicht ungenannt sein Namen.
Ist er erwachsen, send’ ihn mir nach Iran zu!
Nun aber naht der Tag, ich geh, wohl lebe du!
Zum Abschied fasst’ er sie an seine starke Brust,
Auf Aug’ und Haupt gab er ihr manchen Kuss voll Lust.
Mit Weinen wandte sich von ihm die zarte Braut;
Sie ward nach kurzer Lust mit langem Weh vertraut.
Zu Rostam aber kam der König hochgemut,
Den Eidam fragt’ er da, wie er die Nacht geruht?
Ihm gab er Kunde dann vom Rachs, er sei gefunden;
Und aller Sorgen war das Heldenherz entbunden,
Er ging und streichelt’ ihn und sattelt’ ihn sogleich,
Dann von Samangan ritt er froh und freudenreich.
Gen Sistan auf dem Rachs als wie ein Wind er flog,
Indem er die Geschicht’ in seinem Sinn’ erwog.
Von Sistan ritt er heim nach Sabulistan gar,
10.
Neun Monde waren schon Tahminen hingegangen,
Als sie gebar den Sohn wie eines Mondes Prangen.
Die Mutter sah ihn an mit Lust und schmerzenreich,
Er war in jedem Zug wohl seinem Vater gleich.
Sie nannte Sohrab ihn und nahm ihn an die Brust;
Das Kind war auf der Welt nun ihre einz’ge Lust.
So zärtlich pflegte sein die Mutter, die ihn nährte,
Dass keines Dinges er zu keiner Stund’ entbehrte.
Der Knabe weinte nie; er hatte neugeboren
Gelächelt schon, als sei er nicht zum Weh geboren.
Er wuchs so wunderbar: Als er ein Monat war,
Da war er anzusehn, als ob er wär ein Jahr.
Drei Jahr alt, dacht’ er schon zur Rennbahn sich zu rüsten,
Im fünften sah man ihn mit Löwenmut sich brüsten.
Wie er zehn Jahr alt war, da war im ganzen Land
Nun kein gestandner Mann, der ihm zum Kampfe stand.