Royal Legacy: Die royale Vampir Romance Dilogie in einer E-Box! (Royal Legacy) - Alexandra Lehnert - E-Book

Royal Legacy: Die royale Vampir Romance Dilogie in einer E-Box! (Royal Legacy) E-Book

Alexandra Lehnert

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Beschreibung

**Royal Vampires – Ist Liebe wichtiger als Blut?** Als Kronprinzessin der Kiye muss sich die 21-jährige Melody vor der Öffentlichkeit verborgen halten, denn auf den Schultern der jungen Vampirin lastet die Verantwortung einer ganzen Blutlinie. Das Aufdecken ihrer Existenz könnte eine Jagd auf ihre Art auslösen, die versteckt vor den Menschen in Kanada lebt. Als Melody auf der Hochzeitsfeier ihres Bruders den geheimnisvollen Nikolaj kennenlernt, lässt sie ihre Verpflichtungen und ihr Schicksal hinter sich und brennt kurzerhand mit ihm durch. Nikolaj zeigt ihr, was ein Leben außerhalb ihrer royalen Mauern zu bieten hat, und zum ersten Mal genießt Melody ihr Dasein in vollen Zügen. Doch als sich ihre Kräfte als Vampirin entwickeln, holen die Schatten ihrer Herkunft sie ein und auch Nikolaj scheint noch andere Motive zu verfolgen … Knisternde royale Vampir-Romantasy mit einem unerwarteten Twist. //Diese E-Box enthält beide Bände mitreißenden »Royal Legacy«-Dilogie. Die Reihe spielt in der Welt des E-Book-Bestsellers »Die letzte Kiya«, kann aber vollkommen unabhängig davon gelesen werden: -- Prinzessin der Schatten -- Krone der Blutkönigin Diese Reihe ist abgeschlossen.//  

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www.impressbooks.de Die Macht der Gefühle

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Impress Ein Imprint der CARLSEN Verlag GmbH, Völckersstraße 14-20, 22765 Hamburg © der Originalausgabe by CARLSEN Verlag GmbH, Hamburg 2024 Text © Alexandra Lehnert, 2023 Coverbild: Shutterstock.com / © kilic inan / © Ana Babii / © seksan wangkeeree / © RachenStocker / © Nella / © Pixel-Shot Covergestaltung der Einzelbände: Bianca Wagner // Cover Up Buchcoverdesign ISBN 978-3-646-61105-2www.impressbooks.de

© privat

Alexandra Lehnert, geboren im April 1995 im wunderschönen Franken, entdeckte ihre Leidenschaft fürs Lesen und Schreiben bereits in ihrer Kindheit. Nach dem Abitur hat sie eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten abgeschlossen, merkte jedoch schnell, dass sie in dem Bürojob nicht glücklich werden würde. Heute lebt sie mit ihrem Mann in einem kleinen Dorf in Franken, arbeitet als Erzieherin und taucht in ihrer Freizeit am liebsten in fremde Welten ein. Mit der Fantasy Trilogie »Die letzte Kiya« legte sie den Grundstein für ihr Autorendasein.

Wohin soll es gehen?

Vita

Band 1: Prinzessin der Schatten

Band 2: Krone der Blutkönigin

Impress

Die Macht der Gefühle

Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.

Wer nach Geschichten zum Mitverlieben in den beliebten Genres Romantasy, Coming-of-Age oder New Adult Romance sucht, ist bei uns genau richtig. Mit viel Gefühl, bittersüßer Stimmung und starken Heldinnen entführen wir unsere Leser*innen in die grenzenlosen Weiten fesselnder Buchwelten.

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Alexandra Lehnert

Prinzessin der Schatten (Royal Legacy 1)

**Royal Vampires – Ist Liebe wichtiger als Blut?**Als Kronprinzessin der Kiye muss sich die 21-jährige Melody vor der Öffentlichkeit verborgen halten, denn auf den Schultern der jungen Vampirin lastet die Verantwortung einer ganzen Blutlinie. Doch nicht nur ihre royalen Pflichten zwingen sie, abgeschottet zu leben. Das Aufdecken ihrer Existenz könnte eine Jagd auf ihre Art auslösen, die versteckt vor den Menschen in Kanada lebt. Als Melody auf der Hochzeitsfeier ihres Bruders den geheimnisvollen Nikolaj kennenlernt, der sie sofort in seinen Bann zieht, lässt sie ihre Verpflichtungen und ihr Schicksal hinter sich und brennt kurzerhand mit ihm durch. Nikolaj zeigt ihr, was ein Leben außerhalb ihrer royalen Mauern zu bieten hat, und zum ersten Mal genießt Melody ihr Dasein in vollen Zügen. Doch als sich ihre Kräfte als Vampirin entwickeln, holen die Schatten ihrer Herkunft sie ein und auch Nikolaj scheint noch andere Motive zu verfolgen …

Wohin soll es gehen?

Buch lesen

Danksagung

Für meine Familie,die meinen Lebensweg nicht immer versteht, mich aber trotzdem stets unterstützt.

Auszug aus dem Geschichtsbuch der Vampyre

Seit Anbeginn der Zeit leben unentdeckt Vampyre auf dieser Erde. Bis zum zweiundzwanzigsten Lebensjahr unterscheiden sie sich kaum von den Menschen, danach erwachen ihre Kräfte und der Alterungsprozess wird verlangsamt.

Es gibt drei mächtige Vampyrrassen, die alle von einem eigenen Königshaus angeführt werden:

Die Kiye, Siye und Djiye.

Die Kiye zeichnen sich nicht nur durch Schnelligkeit aus, sondern entwickeln übernatürliche Kräfte. Äußerliches Merkmal dieser Rasse sind die schwarzen Haare und strahlend blauen Augen, die sich lila färben, sobald sie ihre Kräfte einsetzen.

Die Königin der Kiye regiert nicht nur ihre eigene Rasse, sondern gilt als das Oberhaupt aller Vampyre.

Die Djiye werden von einem König regiert. Sie sind die körperlich stärksten Wesen und bilden das Schwert und das Schild der Vampyre. Sie gleichen sich äußerlich durch die große und muskulöse Gestalt, die brünetten Haare und braunen Augen, die sich im Kampf rot verfärben.

Die Siye zeichnet neben Sanftmut ihre herausragende Intelligenz aus, die sie zu Forschern und Entwicklern macht, die dem Leben gerne auf den Grund gehen. Regiert werden sie von einer Königin. Mitglieder dieser Rasse besitzen deutlich ausgeprägtere Sinne und stärkere Selbstheilungskräfte als andere Vampyre. Sie fallen durch ihre zierliche Gestalt, das blonde Haar und die grünen Augen auf, die einen Goldton annehmen können.

Jahrhunderte lang galt eine Beziehung zwischen den Rassen und das Vermischen der Blutlinien als strengstens verboten, bis eine Liebe alles veränderte …

Vor fünfundzwanzig Jahren tobte ein Krieg in der Vampyrwelt, ausgelöst durch Valentin Krylow, der ursprüngliche Kronprinz der Djiye, der die gesamte Macht an sich reißen und die Menschheit versklaven wollte. Sein Zwillingsbruder und neuer Thronerbe Dimitri setzte alles daran ihn aufzuhalten und stieß dabei auf Lilya, die Thronfolgerin der Kiye.

Lilya wuchs unter Menschen auf, nachdem ihre Mutter sie aufgrund der Aufstände versteckte, weshalb sie nichts von der Vampyrwelt ahnte.

Sie verliebten sich ineinander und Dimitri unternahm alles, um Lilya vor dem Krieg und seinem Bruder zu beschützen. Lilya geriet jedoch in Valentins Fänge, genauso wie Soley, die Kronprinzessin der Siye.

Mit dem Erwachen von Lilyas Kräften gelang ihnen die Flucht. Es war ein langer und steiniger Weg, doch letztendlich wurden Lilya, Dimitri und Soley gekrönt und gemeinsam schafften sie es, Valentin zu besiegen.

Dimitri und Lilya standen öffentlich zu ihrer Beziehung und obwohl sie zwei verschiedenen Vampyrrassen angehörten, heirateten sie. Soley verliebte sich unterdessen in Lilyas Halbbruder Malyk. Beide Paare bekamen Kinder, wodurch alle nachfolgenden Thronerben als Mischlinge geboren wurden und die Gesetze der Vampyre sich für immer veränderten …

1. Kapitel

Melody

»Drei, Zwei, Eins … Happy Birthday, Melody!«

Meine Freunde erhoben ihre Gläser und prosteten mir zu. Ich stieß mit ihnen an, nahm selbst einen großen Schluck von meinem Champagner und stellte das Glas zurück auf den Tisch.

»Alles Gute, Melody!«, rief Darja neben mir und übertönte damit die laute Musik. Überschwänglich umarmte sie mich.

»Danke«, erwiderte ich und drückte sie fest an mich.

»Happy Birthday, meine Liebe«, kam es auf meiner linken Seite von Ylvie, die sich direkt der Umarmung anschloss.

»Danke, ich bin froh, dass ihr hier seid.«

Zwischen meinen zwei Freundinnen gefangen hob ich den Blick und sah zu meinem Cousin Fynn und meinem Bruder Ryan, die uns gegenüber am Tisch saßen. Mein Bruder hatte, wie sonst auch, nur Augen für die Brünette rechts neben mir, während Fynn mir zulächelte.

Ich erwiderte das Lächeln und wand mich aus der Umarmung.

»Gehen wir tanzen?«, fragte ich in die Runde und nickte in Richtung Tanzfläche, auf der sich etliche Feiernde tummelten.

Wir erhoben uns von der beigen Sitzecke und verließen den abgetrennten VIP-Bereich. Aus dem Augenwinkel erkannte ich, wie unsere Bodyguards sich vom Nachbartisch erhoben und uns unauffällig verfolgten. So unauffällig zwei riesige Muskelprotze eben sein konnten, die noch dazu unverschämt gut aussahen. Ich selbst war ihre Anwesenheit so gewohnt, dass ich sie nur noch selten wahrnahm.

Um zur Tanzfläche zu gelangen, mussten wir den Pool umrunden, in dem die Menschen während der Party eine Abkühlung suchten.

Wir hatten die meiste Zeit nur in der VIP-Lounge gesessen und getrunken, aber ich schwitzte bereits unheimlich. Mitte Juni sanken die Temperaturen in Las Vegas auch nachts nur selten unter dreißig Grad. In weiser Voraussicht trug ich einen Bikini unter dem kurzen schwarzen Kleid und würde später wohl auch noch in den Pool hüpfen.

»Süße zarte einundzwanzig, hmm?« Mit einem breiten Grinsen im Gesicht legte Ryan brüderlich einen Arm um mich. »Egal wie alt du wirst, du bleibst für immer meine kleine nervige Schwester, die mich immer bei unseren Eltern angeschwärzt hat.«

Ich verdrehte die Augen. »Ich hab dich auch lieb, Bruderherz«, murmelte ich, wusste jedoch, dass er es trotz des Lärms hören würde. Im Gegensatz zu mir war Ryan dieses Jahr bereits zweiundzwanzig geworden und somit ein vollwertiger Vampyr. Nur noch ein Jahr musste ich in diesem schwächlichen Zustand ausharren, bis ich ebenfalls erwachen und meine Kräfte entdecken würde. Momentan ähnelte ich viel zu sehr den Menschen.

Er lachte und ließ mich los. Ohne mich noch eines Blickes zu würdigen, griff er nach Darjas Hand und zog seine Freundin auf die Tanzfläche.

Ein wenig neidisch blickte ich ihnen hinterher, bis Ylvie mich in die Seite stieß. »Zieh nicht so ein Gesicht. Es ist dein Geburtstag.«

Sie hatte recht. Das war nicht der richtige Moment, um meinen Bruder um seine Vorzeigebeziehung zu beneiden. Mein Leben war auch ohne einen Typen schon kompliziert genug.

Ylvie schob mich mitten in die Menschenmenge und Fynn folgte uns. Irgendein berühmter DJ legte heute auf, von dem ich selbst allerdings noch nichts gehört hatte. Kein Wunder, allzu viel Zeit verbrachten wir nicht außerhalb des Schlosses und in meiner spärlichen Freizeit recherchierte ich nicht wirklich über die Stars und Sternchen der Menschen.

Ich ließ meinen Blick kurz über die feiernde Menge schweifen. Sie wussten nicht, welche gefährlichen Wesen mit ihnen Party machten.

Mit einem Schmunzeln auf den Lippen schloss ich die Augen und ließ mich von der Musik treiben. Sie erfüllte mich und der Bass drang bis in mein Herz.

Tanzen – nach dem Singen meine zweitgrößte Leidenschaft. Eine Möglichkeit, kurz der Realität zu entfliehen. Meine Pflichten als Thronerbin zu vergessen.

Wie oft wünschte ich mir, ein ganz normales Mädchen zu sein. Auf eine gewöhnliche Schule zu gehen und den Lebensweg einzuschlagen, der mir gefiel. Alle Optionen offen zu haben.

Ich verstand den Wunsch vieler junger Mädchen nicht, die am liebsten mit mir tauschen würden. Wer wollte schon gern ein Vogel in einem goldenen Käfig sein?

Das Lied wechselte und auch wenn ich den Text nicht kannte, grölte ich wie die Menschen einfach mit. So langsam merkte ich den Alkohol und hörte schon die tadelnde Stimme meines Vaters im Ohr, dass wir beim Trinken vorsichtig sein mussten. Heute war es mir egal, man wurde nur einmal einundzwanzig.

Bevor mir schwindelig werden konnte, öffnete ich meine Augen und begegnete Fynns Blick. Fast wäre ich vor Schreck zurückgewichen. Er stand direkt vor mir und es schien ihn nicht zu stören, dass er sich als einziger auf der Tanzfläche nicht bewegte. Ich sah in seine blauen Augen, ohne den Ausdruck darin lesen zu können. Wo war Ylvie hin? Gerne hätte ich mich nach den anderen umgesehen, doch ich konnte meinen Blick nicht von Fynn lösen. Er sah heute unverschämt gut aus. Eine Tatsache, über die ich mir normalerweise keine Gedanken machte.

Er beugte sich zu mir hinunter, so dass ich seinen Duft nach Minze und Jasmin einatmen konnte. Wäre ich bereits erwacht, würde ich neben seinem Parfüm auch den Geruch seines Blutes wahrnehmen können.

»Du kannst wirklich unfassbar gut tanzen«, raunte er mir zu und ich spürte, wir mir das Blut in die Wangen schoss. Ein Kichern entfuhr mir. Ich konnte nie gut damit umgehen, wenn er mir Komplimente machte. Deshalb fiel mir nun auch keine schlagfertige Antwort ein.

Als bester Freund war Fynn für mich tabu und außerdem stand ich einfach nicht auf ihn. Eigentlich dachte ich, dass es ihm auch so ging und er nur aus reinem Pflichtgefühl Annäherungsversuche startete, schließlich würden wir das perfekte Paar abgeben – zumindest, wenn es nach unseren Familien ging.

Ich atmete tief ein, trat einen Schritt zurück und sah mich um. »Wo sind die anderen?«

Ohne auf eine Antwort zu warten, ließ ich ihn stehen und bahnte mir einen Weg durch die Menge. Zwischen all den tanzenden Menschen ein schwieriges Unterfangen.

Plötzlich griff jemand nach meinem Handgelenk und zog mich zurück. Durch den Schwung drehte ich mich und prallte gegen Fynns Brust. Fragend sah ich zu ihm hoch.

»Lass dich fallen, Mel. Es ist dein Geburtstag«, murmelte er an meinem Ohr.

Ehe ich etwas erwidern konnte, lud er mich auf seine Arme und trat an den Rand der Tanzfläche.

»Untersteh dich!«, schrie ich und zappelte in seinen Armen.

Fynn ignorierte meinen Protest, sprang in den Pool und kühles Wasser empfing uns.

Keine Sekunde später tauchten wir klitschnass wieder auf. Ich schlang meine Arme um Fynns Hals, der mich immer noch festhielt und nun überheblich grinste.

»Du Idiot«, murrte ich und wollte mich aus seinem Griff befreien, doch er drückte mich nur noch näher an sich.

Unsere Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt und erneut hielten mich seine blauen Augen gefangen. Wir waren beide Mischlinge und dennoch hatten wir die typischen Merkmale der Kiye, der mächtigsten der drei Vampyrrassen, geerbt. Schwarze Haare und blaue Augen.

»Was wird das, Fynn?«, murmelte ich und lehnte provozierend meine Stirn an seine.

»Wir sind betrunken«, erwiderte er, als wäre das die Antwort auf alles, und ich konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Von wegen. Wir waren höchstens angetrunken.

»Blitzmerker. War der Alkohol schuld, dass du uns mitsamt Klamotten in den Pool verfrachtet hast?« Kurz dachte ich an mein Handy, das in meinem Bikinioberteil steckte. Es war wasserdicht, doch ob es sich mit dem Chlorgehalt vertrug, wusste ich nicht.

»Glaubst du, ich muss mir erst Mut antrinken, um dich in einen Pool zu werfen?«

»Nein, du ärgerst mich schließlich für dein Leben gern.«

Fynn runzelte die Stirn. »Vielleicht will ich dich aber nicht nur ärgern.«

»Sondern?«, fragte ich und legte den Kopf schief. »Wofür hast du dir dann Mut angetrunken?«

In seinen Augen blitze etwas auf. Er zog mich an sich und legte seine Lippen auf meine. Etwas in mir sollte Einwände gegen diesen Kuss erheben, doch mein Gehirn war wie leergefegt. Fynn küsste mich unglaublich sanft und wie automatisch schloss ich die Augen und erwiderte den Kuss.

Ein plötzlicher Schlag gegen meinen Kopf holte mich wieder in die Realität zurück. Ich wich zurück und begegnete dem Blick eines Typen, der den Wasserball einsammelte, der mich getroffen hatte. »Sorry!«, rief er und schwamm zu seinen Freunden zurück.

»Hat das wehgetan?«, fragte Fynn, woraufhin ich den Kopf schüttelte.

»Ey, ihr wisst schon, dass man nicht mit Klamotten in den Pool soll?«, hallte die Stimme meines Bruders zu uns.

Er stand mit verschränkten Armen und einem breiten Grinsen neben Darja und Ylvie am Beckenrand. Hatten sie mitbekommen, dass Fynn und ich uns geküsst hatten?

»Sehr witzig!«, rief ich zurück und befreite mich aus Fynns Griff. Ich schwamm zum Rand und hievte mich aus dem Wasser. Das nasse Kleid hing schwer an mir, als ich ohne ein weiteres Wort an den anderen vorbeimarschierte und beschloss, die Ereignisse der Nacht für immer zu vergessen.

2. Kapitel

Fynn

»Glaubst du, dass du jetzt endlich mal bei meiner Schwester gelandet bist?«

Ich verdrehte die Augen und erwiderte nichts auf Ryans Bemerkung.

»Hey, pennst du etwa schon?« Er warf ein Kissen nach mir.

»Nerv mich nicht«, brummte ich und zog mir die Decke über den Kopf. Es half jedoch nichts. Ryans Bett knarrte und Schritte folgten. Ich wappnete mich darauf, dass er mir die Decke entreißen würde. Stattdessen packte er mich und schmiss mich mit einem Ruck aus dem Bett.

Mit einem lauten Rums landete ich mitsamt Decke auf dem Boden.

»Verdammter Djiyo!«, schimpfte ich vor mich hin und zwang mich auf die Beine. Es hatte wirklich auch Nachteile, wenn der beste Freund zu den körperlich stärksten Wesen des Planeten zählte.

»Du bist so schrecklich langweilig, Fynn.« Ryan ließ sich auf meinem Bett nieder.

»Liegt vielleicht an dem momentanen Ungleichgewicht unserer Kräfte«, zischte ich und hob meine Decke auf. »Das bekommst du alles zurück, wenn ich erwacht bin.«

»Glaubst du wirklich, du hättest dann eine Chance gegen mich?« Ryan grinste schief.

»Kiye sind nicht umsonst die mächtigste Rasse.«

Ryan stieß einen spöttischen Laut aus. »Eure Stärke hängt ganz entschieden davon ab, welche Fähigkeit ihr dann entwickelt. Wenn es etwas Nutzloses ist, bist du mir weiterhin unterlegen.«

»Wir werden sehen«, antwortete ich und beendete die Diskussion. Ich machte mir oft genug Sorgen darum, welche Kraft in mir schlummerte. Mein Vater konnte für einen Moment die Leute um sich herum einfrieren und Ryans und Mels Mutter beherrschte die Fähigkeiten der Telekinese und Teleportation. Abgesehen davon konnte unsere Oma Anisya Erinnerungen manipulieren und deren Nichte Malyra sich unsichtbar machen. Alles nützliche und coole Fähigkeiten. Hoffentlich würde es bei mir genauso sein.

»Also was läuft jetzt zwischen dir und meiner Schwester?«, hakte Ryan nach.

»Ich werde nicht mit dir darüber reden«, stellte ich klar und warf die Decke zurück auf mein Bett.

»Warum? Weil sie meine Schwester ist oder weil es dir peinlich ist?«

Ich presste die Lippen aufeinander. Es störte mich nicht, dass Ryan ihr Bruder war, sondern dass er bei Frauen weitaus mehr Erfolg hatte als ich. Seufzend ließ ich mich neben Ryan auf seinem Bett nieder. »Wie hast du es geschafft, dass Darja mehr als nur einen guten Freund in dir sieht?«

Ryan musterte mich von der Seite und stand schließlich auf. »Komm mit.«

Fragend sah ich zu ihm hoch.

»Wir gehen noch etwas trinken.«

***

Müde drehte ich das Whiskeyglas in meiner Hand. Ich mochte keinen Whiskey, doch Ryan hatte darauf bestanden. Er trank wirklich zu oft mit seinem Vater, so normal wie es für ihn bereits geworden war.

»Wir suchen dir jetzt irgendeine Blondine, die kein bisschen aussieht wie meine Schwester und dann verbringst du die Nacht mit ihr.«

Ruckartig hob ich den Kopf. »Spinnst du?«

»Ich dachte, du wolltest meine Hilfe?«, erinnerte Ryan mich und leerte sein Glas.

»Falls du dich erinnern kannst, ich hatte nicht vor, Mel zu vergessen. Ich möchte wissen, wie das zwischen uns etwas werden kann.«

Stöhnend legte mir Ryan eine Hand auf die Schulter. »Genau das möchte ich dir ja erklären. Du läufst meiner Schwester hinterher, seit ich denken kann. Habe ich das je bei Darja gemacht?«

»Erzähl mir jetzt nicht, dass ich nur als Frauenheld eine Chance hätte.«

Ryan lehnte sich zurück und hob die Schultern. »Du brauchst mehr Erfahrung und Selbstbewusstsein. Die Aktion heute Nacht war doch schon mal ein guter Anfang. Aber ich bezweifle, dass ein Kuss reicht, um das Herz meiner Schwester zu erobern. Sie ist ein Eisklotz.«

»Du hast ein völlig falsches Bild von ihr«, brummte ich.

»Und du siehst sie durch die rosarote Brille«, gab Ryan zurück.

»Meine Schwester ist auch kein unbeschriebenes Blatt, falls du das vergessen hast. Und wenn ich mir die Typen anschaue, die sie bisher an sich rangelassen hat, haben die überhaupt nichts mit dir gemeinsam.«

»Und was soll das heißen?«

»Dass du endlich den Siyo in dir überwinden musst. Mel ist zur Hälfte eine Djiya. Sie steht auf starke und böse Männer. Und die Kiya in ihr steht auf Unabhängigkeit. Sie braucht keinen Ritter in strahlender Rüstung.«

»Sie soll mich aber so mögen, wie ich bin, und nicht irgendeine Version, die du aus mir machen möchtest.«

Mein bester Freund stöhnte erneut und bestellte noch mehr Whiskey. Der Barkeeper schenkte nach und Ryan musterte mich nachdenklich. »Ich würde es dir ja wünschen, dass es auch so klappt, aber du solltest besser nicht zu viel erwarten. Mit deiner netten Art wirst du jede Siya um den Finger wickeln, aber nicht Mel.«

»Immerhin hat sie den Kuss erwidert, also scheint zumindest eine Chance für mich zu bestehen«, murmelte ich beleidigt und starrte wieder in mein volles Glas.

»Du hast eine andere Seite von dir gezeigt, was aber auch nicht ausreichen wird, um dein Image zu ändern.«

Ich warf Ryan einen bösen Blick zu und er hob entwaffnend die Hände. »Tut mir leid. Du bekommst das schon irgendwie hin.«

Lächelnd schüttelte ich den Kopf und schob ihm mein Glas hin. »Du bist wirklich ein mieser Freund.«

Grinsend hob er das Glas an seine Lippen und trank es aus. »Also genug von Mel. Ich wollte dir auch noch etwas anderes erzählen.« Er zog etwas aus seiner Hosentasche und ich starrte ihn ungläubig an.

»Das ist nicht dein Ernst!«

Ryan zuckte mit den Schultern und lächelte schief. »Hilfst du mir?«

3. Kapitel

Melody

»Ich hätte gerne einmal alle zum Mitnehmen«, flüsterte ich Ylvie zu, ohne meinen Blick von den Männern auf der Bühne zu lösen.

»Sich in einen Menschen zu verlieben sorgt nur für Herzschmerz. Mach nicht denselben Fehler wie meine Mutter.«

»Erstens: Es war kein Fehler, immerhin wärst du sonst nicht auf der Welt, und zweitens …« Ich zwinkerte ihr verschwörerisch zu. »Möchte ich auch nicht mein Herz an diese Männer verlieren.«

Sie hob die Augenbrauen. »Was denn sonst? Deine Unschuld hast du ja nicht mehr.«

Leicht stieß ich ihr in die Seite. »Vielleicht verlierst du deine auch endlich. Welchen soll ich dir klar machen?«

Statt einer Antwort verdrehte Ylvie nur die Augen. Auch wenn sie die Älteste in unserem Freundeskreis war, hatte sie sich bisher auf keinen Typen eingelassen, geschweige denn überhaupt jemanden interessant gefunden. Stattdessen verbrachte sie den Großteil ihrer Zeit in Laboren. Eine typische Siya eben.

»Du bist so langweilig wie dein Bruder«, murmelte ich und lehnte mich in meinem Sitz zurück.

Ylvie warf mir einen bösen Blick zu.

»Sei endlich still, Mel«, zischte Darja, die neben Ylvie saß.

Ich presste die Lippen zusammen und konzentrierte mich wieder auf den Inhalt des heutigen Mädelsabends. Die Tanz- oder besser gesagt Stripshow von sehr ansehnlichen Männern. Wo Fynn und mein Bruder den heutigen Abend verbrachten, wusste ich nicht. Vermutlich sahen sich die beiden ebenfalls eine Show an. Vermutlich eine, bei der die wenig bekleideten Darsteller vorrangig weiblich waren.

Nach der Sache zwischen Fynn und mir kam mir ein Mädelsabend allerdings auch sehr gelegen. Die letzten zwei Tage über hatte ich ihn wie immer behandelt und so getan, als hätte es diesen Kuss nie gegeben. Ich konnte nur hoffen, dass er nicht mehr in einen kurzen Moment der Nähe unter Alkoholeinfluss interpretierte.

Die Gruppe durchtrainierter Männer, die mit ihrer Show dem Publikum kräftig einheizte, war definitiv mehr nach meinem Geschmack. Vor allem, wenn diese sich so bewegen konnten.

Als ein blonder Tänzer von der Bühne sprang und die Reihen entlanglief, grölten die Frauen lauthals und die meisten schienen ihn direkt anfallen zu wollen.

Ich griff nach dem Cocktail vor mir auf dem Tisch und beobachtete schmunzelnd, wie er sich durch die Menge kämpfte.

Gegen eine Horde Frauen kommt auch ein starker Mann nicht an.

So sah es auch aus, wenn mein Bruder oberkörperfrei am Strand entlangjoggte und ihm alle Mädchen sabbernd hinterherblickten. Bei meinem Vater war es ähnlich, der gerade wie Mitte oder Ende zwanzig aussah.

Der Tänzer schüttelte ein besonders anhängliches Exemplar einer Zuschauerin ab und lief weiter die Reihe entlang in unsere Richtung.

Ich erwartete, dass er an uns vorbeilaufen würde, doch vor Darja blieb er stehen und hielt ihr die Hand hin. Irritiert sah sie zu ihm hoch, woraufhin er sich zu ihr hinabbeugte und ihr etwas ins Ohr flüsterte.

»Na George, hast du eine Dame gefunden, die du mit auf die Bühne bringen kannst?«, erklang die Stimme eines anderen Tänzers aus den Lautsprechern.

»Viel Spaß!«, rief ich Darja grinsend hinterher, als sie die Hand des Mannes ergriff und sich zur Bühne führen ließ.

War ja klar, dass es Darja traf. Sie hatte unglaublich viel Ähnlichkeit mit ihrer Mutter, einer wahren Sexgöttin.

Ein wenig neidisch beobachtete ich, wie der blonde Tänzer sie auf seine Arme lud und die Stufen hochtrug. Darja wurde in der Mitte der Bühne abgesetzt und auf einem Stuhl platziert.

Ihre geröteten Wangen und ihr unruhiger Blick ließen darauf schließen, dass die Situation sie etwas überforderte.

Als einer der Tänzer mit einer Augenbinde zu ihr kam, wurden ihre Augen größer, doch sie spielte das Spiel mit und setzte sie auf.

Für einen Moment wurde es hektisch. Ein Teil der Männer verschwand, während der Rest anfing, auf der Bühne Blumen zu verteilen. Was für eine Einlage planten sie nun?

Als plötzlich zwei Männer erschienen, die mir nur allzu bekannt vorkamen, hätte ich beinahe laut aufgeschrien.

Ryan und Fynn!

Was hatten sie auf der Bühne verloren?

Mein Bruder und mein Cousin waren wie die anderen Tänzer nur mit Jeans bekleidet. Mein Blick fiel auf Fynns nackten Oberkörper, der nicht mit dem meines Bruders mithalten konnte, sich zwischen den vielen durchtrainierten Kerlen aber dennoch sehen lassen konnte.

Irritiert sah ich zu Ylvie, die nur lächelnd die Schultern hob. War sie in das Schauspiel etwa eingeweiht?

Als ein neues Lied einsetzte ging mein Bruder auf Darja zu und fing an zu tanzen. Und wie gut er sich bewegen konnte!

Die Tänzer, die sich noch auf der Bühne befanden, machten mit und auch wenn ich es für Unmöglich gehalten hätte, stieg auch Fynn in die Choreo ein.

Mit offenem Mund beobachtete ich das Spektakel, von dem Darja noch nichts mitbekam.

Das Publikum genoss die Show, ohne zu ahnen, dass Fynn und Ryan keine professionellen Tänzer waren.

Mein Bruder setzte sich schließlich auf Darjas Schoß und führte ihre Hände an seinem Rücken hinab. Während sie noch immer keine Ahnung hatte, um welchen Mann es sich handelte, begann dieser mit einem Lapdance.

Außer Ylvie und mir ahnte niemand, dass Darja gerade einen unglaublich heißen Tanz ihres Partners spendiert bekam. Mir dämmerte bereits, was Ryan mit dieser Show bezwecken wollte.

Eine Weile bewegte sich Ryan auf Darja, ehe er ihr die Augenbinde runterriss und Darjas erstickter Schrei durch den Saal hallte.

Sie schlug die Hände vor den Mund und starrte Ryan fassungslos an, während dieser unbeirrt weitertanzte.

Jetzt, wo sie ihn sehen konnte, schien er sich umso mehr Mühe zu geben. Außerdem ließ er sie keine Sekunde aus den Augen. Die Intensität ihrer Blicke hielt auch mich gefangen.

Die Tanzeinlage ging noch eine Weile, bis ein Mann hinter Darja trat und ihr die Augen zuhielt. Ryan und Fynn rannten von der Bühne und die anderen Tänzer kehrten in Anzügen zurück. Sie alle hielten eine Rose in der Hand. Ruhige Musik löste die schnelle ab.

Darjas Augen wurden freigegeben und nacheinander kamen die Männer tanzend auf sie zu und überreichten ihr eine Rose.

Als sie einen Strauß in der Hand hielt tanzte die Gruppe weiter, bis sie sich zu einem Spalier aufstellten. Ryan – nun ebenfalls im Anzug gekleidet – ging auf seine Freundin zu. Fynn schräg hinter ihm.

Vor Darja sank Ryan auf die Knie und ergriff ihre Hand.

Das Publikum verstummte und starrte gebannt auf die Bühne.

»Meine geliebte Darja …« Ryans Stimme drang aus den Lauchsprechern. »… wir kennen einander bereits unser gesamtes Leben. Doch du bist mehr für mich als nur eine gute Freundin. Du hast mir gezeigt, was wahre Liebe ist, und ich weiß, dass ich dich nie wieder gehen lassen will. Für die Zukunft und die Verantwortung, die mich erwartet, brauche ich eine starke Partnerin an meiner Seite, und ich weiß, dass ich mich immer auf dich verlassen könnte. Liebe Darja, ich möchte auch den Rest meines Lebens mit dir verbringen. Willst du mich heiraten?«

***

Die Sonne ging gerade auf, als ich das Hotel verließ. Verhältnismäßig wenig Menschen waren um diese Uhrzeit unterwegs. Vermutlich lag ein Großteil der Besucher der Stadt gerade erst im Bett und blieb dort noch eine Weile. Für mich war es auch bald Zeit zu schlafen, doch vorerst wollte ich den Morgen genießen. Und vor allem die Ruhe.

Ich setzte mich auf eine Mauer und beobachtete die berühmte Wassershow vor dem Hotel.

Die anderen waren immer noch im Feiermodus. Nach dem Antrag gestern Abend, bei dem Darja natürlich Ja gesagt hatte, heirateten die beiden noch in derselben Nacht.

In Vegas wohl nichts Ungewöhnliches.

Eine richtige Hochzeit würde natürlich noch folgen, wie es sich für einen Kronprinzen gehörte. Was unsere Eltern davon halten würden? Mit Sicherheit würden sie sich freuen. Sie sahen in Ryan und Darja quasi seit deren Geburt ein Traumpaar. Genau wie in Fynn und mir.

»Na, hat da jemand keine Lust mehr, den frisch Vermählten Gesellschaft zu leisten?«

Ich zuckte zusammen, als eine vertraute Stimme plötzlich neben mir erklang.

Fynn stützte seine Unterarme auf der Mauer ab und richtete den Blick in die Ferne. Er trug noch immer Anzughose und ein, inzwischen ziemlich weit aufgeknöpftes, zerknittertes weißes Hemd. Seine schwarzen Haare lagen ebenso durcheinander.

»Du wohl auch nicht«, stellte ich nüchtern fest und löste meinen Blick von ihm. Auf der anderen Seite der Wasserlandschaft befand sich ein Nachbau des Eifelturms und erinnerte mich in dem Moment daran, dass ich den Kontinent bisher viel zu selten verlassen hatte. Viele Gebäude hier in Las Vegas zeigten mir allzu deutlich, was ich auf der Welt noch alles sehen wollte.

»Nicht ganz. Die zwei Turteltauben haben sich jetzt in ihre Suite zurückgezogen, um wohl die Hochzeitsnacht, oder besser gesagt den Hochzeitsmorgen zu genießen.«

»Verstehe«, erwiderte ich knapp. Meinen Bruder wollte ich mir definitiv nicht beim Sex vorstellen. Trotzdem schlich sich die Vermutung in meinen Verstand, dass die Hoteleinrichtung unter Ryans immenser Kraft wohl leiden würde, auch wenn er bei seiner Frau vorsichtig sein musste. Darja war zwei Monate jünger als ich, dementsprechend auch noch so zerbrechlich wie ein Mensch.

Ich schüttelte den Kopf und versuchte den Gedanken wieder loszuwerden. Dass erwachte Djiye wirklich großartige Liebhaber waren, wusste ich aus eigener Erfahrung. Zweifellos verstand auch mein Bruder sein Handwerk. Erfahrung hatte er bereits genug gesammelt. Mit Darja war er erst vor zwei Jahren zusammengekommen, vorher hatte ihn keine Frau länger als ein paar Tage interessiert.

In diesem Punkt tickten wir ähnlich. Ich liebte meine Freiheit und den Spaß, die diese mit sich brachte. Nur manchmal, ganz selten, beneidete ich die beiden für das, was sie hatten, und wünschte mir etwas Ähnliches.

Ich schielte zu Fynn und musste an unseren Kuss zurückdenken. Wenn unsere Eltern davon wüssten, würden bei ihnen sofort die Hochzeitsglocken läuten. Zumindest war es damals bei Darja und Ryan so gewesen.

Als würde er meinen Blick auf sich spüren, schaute er auf und ein Lächeln umspielte seine Lippen. »Wie hat dir die Show gestern Abend eigentlich gefallen?«

Wärme schoss in meine Wangen und schnell schaute ich weg. »Zugegeben, ich hätte nicht gedacht, dass du dich so bewegen kannst. Das habt ihr beide wirklich gut hinbekommen. Als würdet ihr das tagtäglich machen.« Ihre Leistung musste ich neidlos anerkennen. »Wann habt ihr euch das denn alles überlegt und geprobt?«

Fynn lachte leise und hob die Schultern.

»Das bleibt unser Geheimnis.«

»Sehr erwachsen«, erwiderte ich und verdrehte die Augen.

»Ist die Prinzessin jetzt beleidigt?«, fragte er schmunzelnd.

»Geht mir der werte Prinz wieder auf die Nerven?«, patzte ich ihn an, ohne eine Antwort zu erwarten. Ich hasste es, wenn man mich Prinzessin nannte.

»Mel …« Fynns Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Die Art und Weise, wie sanft er meinen Namen aussprach, ließ mich aufhorchen. Mein Puls beschleunigte sich und alles in mir drängte zur Flucht. Ich ahnte, was er sagen wollte, und es war nichts, das ich hören wollte.

»Falls du etwas zu dem Kuss zwischen uns sagen willst, spar’s dir.« Ich sprang von der Mauer und entfernte mich ein paar Schritte von ihm. Als ich mich noch mal zu ihm umdrehte, zeichnete sich die Verletzung in Fynns Gesicht ab. Ein Stich grub sich in mein Herz, doch ich straffte die Schultern. Es brachte nichts ihm etwas vorzumachen. »Wir waren betrunken und du bist für mich wie ein kleiner Bruder. Machen wir keine große Sache draus.«

Zügig lief ich zurück ins Hotel. Morgen würden wir abreisen und nach Kanada fliegen, dann würde der Alltag wieder einkehren und ich sowas wie den Kuss hoffentlich schnell vergessen. Genauso wie ich Fynns verletzten Gesichtsausdruck vergessen wollte.

4. Kapitel

Melody

Zwei Monate später …

Meine Finger flogen beinahe selbständig über die Tasten des Klaviers. Ich hatte das Lied selbst geschrieben und kannte es in- und auswendig.

Mit geschlossenen Augen lauschte ich den sanften Klängen des Klaviers.

»Sometimes I have a dream …«

Die Worte kamen mir mühelos über die Lippen. Der Text spiegelte meine tiefsten Gedanken und Gefühle wider.

»… I’m just a girl in a golden cage …« Ich öffnete die Augen und sah zum Fenster, durch das Sonnenlicht ins Zimmer fiel. Heute würde ein schöner Sommertag werden. Doch meine Stimmung würde auch kein Sonnenschein heben.

All meine Gefühle legte ich in das Lied, das mein Leben perfekt beschrieb.

»… but one day I will be free …«

Die letzte Zeile wiederholte ich noch mal leiser und ließ das Lied ausklingen. Mit gemischten Gefühlen legte ich meine Hände auf meinem Schoß ab und starrte auf die weißen und schwarzen Tasten des Klaviers.

»Ein wunderschönes Lied.«

Ich zuckte zusammen und warf einen Blick über die Schulter zu meiner Mutter. Wie sehr ich es hasste, wenn sie sich leise anschlich. Oder besser gesagt, einfach erschien. Es war wirklich nicht leicht, eine Mutter zu haben, die sowohl Telekinese als auch Teleportation beherrschte.

»Du könntest dich auch vor die Tür beamen und anklopfen«, brummte ich genervt.

Sie ließ sich von meiner Antwort nicht beirren, kam auf mich zu und lehnte sich gegen den Flügel. »Wann hast du das Lied geschrieben? Du hast es uns nie vorgesungen.«

Seufzend rutschte ich zur Seite, damit sie sich neben mich setzen konnte. Jetzt würde ich sie ohnehin nicht mehr loswerden.

Mit einem Lächeln nahm sie Platz und sah mich erwartungsvoll an.

»Es ist noch recht neu. Ich war bisher aber noch nicht zufrieden damit«, log ich. Das Lied hatte ich bereits vor Jahren geschrieben und immer nur für mich selbst gesungen. Der Text war mir zu persönlich, um ihn mit jemandem zu teilen. Zumal mich keiner aus meiner Familie so richtig zu verstehen schien.

Der Gesichtsausdruck meiner Mutter veränderte sich und sie musterte mich beinahe besorgt.

»Möchtest du reden?«, fragte sie sanft. Ihre mütterlichen Instinkte schienen ihr wieder Dinge zu verraten, die anderen verborgen blieben. »Ist es wegen heute? Wegen Ryan?«

Ich hob die Schultern und wich ihrem Blick aus. »Vielleicht. Es wird gerade alles so ernst.«

»Ja, das verstehe ich. Mir geht es genauso.« Sie seufzte, woraufhin ich sie wieder ansah.

Meine Mutter war genauso schön wie sonst auch, doch trotzdem entgingen mir die Sorgenfalten auf ihrer Stirn nicht.

»Ich schätze, ich habe ein Problem damit, wenn meine Vögelchen das Nest verlassen«, erklärte sie lächelnd, doch ein trauriger Ausdruck blieb in ihrem Blick.

»Ich habe überhaupt nicht darüber nachgedacht, wie es für euch ist.« Das schlechte Gewissen überkam mich. Ich war noch keine Mutter und konnte mich immer nur schwer in sie hineinversetzen.

»Das musst du auch nicht.« Sie legte mir eine Hand an die Wange und sah mich liebevoll an. »Also, wie geht es dir mit alledem? Worüber denkst du nach?«

Ich senkte den Blick und strich über die Tasten des Klaviers. Was sollte ich antworten? Eigentlich war mir nicht nach einem Gespräch zumute. Doch es gab viel zu wenig Gelegenheiten, in denen meine Mutter und ich ungestört waren und sie in der Stimmung war zu reden. Oder vielmehr mir zuzuhören.

»Der heutige Tag zeigt mir, dass meine Kindheit quasi vorbei ist. Der Ernst des Lebens wird kommen und nichts wird mehr so sein, wie es mal war.«

Meine Mutter nahm meine Hände behutsam in ihre. »Ich weiß. Was wünschst du dir denn für die Zukunft?«

Die Frage überrumpelte mich. Mein Leben war immer komplett vorherbestimmt und nur selten wurde ich mal nach meinen Wünschen gefragt. Meist erschien es mir nicht angebracht, über mögliche Zukunftspläne zu fantasieren.

Schwer seufzte ich. »Ich möchte aufs College gehen, Mom. Und es ist mein Traum, Sängerin und Schauspielerin zu werden.«

»Aber das kannst du doch, mein Schatz.«

In mir zog sich alles zusammen. Sie verstand mich nicht … »Ich möchte nicht nur Filme für Vampyre drehen …« Ich biss mir auf die Zunge. Jahrzehntelang hatte ich diesen Wunsch nicht mehr geäußert, warum fing ich überhaupt damit an?

Meine Mutter blinzelte überrascht. »Aber Mel, wir haben doch schon so oft darüber gesprochen. Wie stellst du dir das vor? Möchtest du eine Karriere hinlegen und berühmt werden, nur damit du nach kurzer Zeit wieder von der Bildfläche verschwinden musst? Niemand dürfte dich mehr zu sehen bekommen, da sonst herauskommen würde, dass du nicht oder vielmehr nur sehr langsam alterst. Wünschst du dir das?«

Tatsächlich hatten einige Vampyre zuvor diesen Weg eingeschlagen und sich dann frühzeitig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Für mich als Kronprinzessin kam das allerdings nicht in Frage. Von mir wurde erwartet vernünftig zu sein und realistische Ziele zu verfolgen. Nur dass ich nie die Vernünftigste in meiner Familie gewesen war.

»Nein, aber ich habe es satt im Verborgenen zu leben.« Ich entzog ihr meine Hände und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich möchte kein Vampyr sein. Nur zu gerne wäre ich bereit, meine tausend Jahre gegen hundert einzutauschen, wenn ich dafür ein normales Leben führen könnte. Ich möchte aufs College gehen und Freunde haben. Ich will die Welt sehen, Karriere machen und irgendwann heiraten und eine Familie gründen.«

Meine Mutter lächelte matt. »Melody, glaub mir, ich versteh das. Und Eltern wollen nur, dass ihre Kinder glücklich sind. Ich würde dir gerne die Zukunft schenken, die du dir erträumst, doch so einfach ist das nicht«, meinte sie betrübt. »Weißt du, was ich gelernt habe? Dass man sich immer das wünscht, was man nicht haben kann. Weißt du wie viele Menschen sofort ihr Leben gegen deins tauschen würden? Wir müssen lernen unser Schicksal anzunehmen. Glaubst du, mir ist es leicht gefallen von heute auf morgen ein normales Leben gegen das einer Kronprinzessin einzutauschen?«

Ich schüttelte den Kopf. »Bestimmt nicht.« Wir alle kannten die Geschichte, wie sie meinen Vater kennenlernte und von heute auf morgen von einem scheinbar normalen Menschenmädchen zu einer mächtigen Vampyrprinzessin wurde. Doch meine Mutter war ein völlig anderer Typ als ich. Sie hatte stets nach Höherem gestrebt und ihr Wunsch war es immer gewesen, die Welt zu verändern.

»Ich verstehe halt nicht, wieso wir uns immer noch vor den Menschen verstecken müssen«, gestand ich. »Meinst du nicht, dass es auch mal an der Zeit wäre, uns zu zeigen? Ich bin sicher, dass es langfristig ohnehin rauskommen wird.«

Sie runzelte die Stirn. Ich war mir bewusst, dass ich ein sehr schwieriges Thema ansprach, das oft totgeschwiegen wurde. Immerhin hatte mein Vater Krieg gegen seinen eigenen Bruder geführt, weil dieser das Geheimnis um die Vampyrgemeinschaft aufdecken und schließlich die Menschheit versklaven wollte.

»Du weißt, dass wir zu dem Entschluss gekommen sind, nichts zu ändern. Ein Aufdecken unserer Existenz würde zu vielen Kriegen und anderen Problemen führen. Es würde ewig dauern, bis die Menschheit wirklich mit uns kooperieren würde, falls das wirklich jemals der Fall sein sollte. Viele Menschen würden außerdem um jeden Preis wie wir sein wollen. Beim Versuch ein Vampyr zu werden, würden sie als Vampir enden, weil es etliche geben wird, die nicht wahrhaben wollen, dass man als Mensch kein Vampyr werden kann.«

»In der Zukunft wären aber auch etliche positive Faktoren möglich«, wandte ich ein. »Es könnte eine Chance bieten, um einiges auf der Welt zu verändern.«

»Natürlich, aber ob das all die Opfer wert wäre, die dieser Weg mit sich brächte? Und was passiert, wenn wir offen mit den Menschen zusammenleben? Was glaubst du, wie fühlt es sich für sie an zu wissen, dass sie keine Möglichkeit haben, so lange zu leben wie wir? Wir erleben hier im Schloss, wie befreundete Menschen altern und verlieren sie schließlich viel zu früh. Soley hat ihren Verlust bis heute nicht verkraftet. Ylvie musste ohne ihren leiblichen Vater aufwachsen. Und dein Opa Diego wird auch nicht mehr allzu lange bei uns sein. Hier in unserem kleinen Kreis verstehen wir die Unterschiede unserer Spezies, aber auf der ganzen Welt wäre es so viel schwieriger.«

Ich presste die Lippen aufeinander. Sie redete mit mir, als wäre ich immer noch ein kleines Kind, das keine Ahnung vom Leben hatte. »Das weiß ich doch alles. Es wäre verdammt viel Arbeit eine friedliche Koexistenz aufzubauen. Und natürlich bin ich auch traurig darüber, dass viele der Freunde, mit denen ich aufgewachsen bin, mich bald alterungstechnisch überholen, aber der Tod gehört nun mal dazu und jedes Lebewesen hat eine andere Lebensspanne. Wie viele hast du bereits sterben sehen? Egal ob Mensch oder Vampyr?«

Traurigkeit legte sich in ihre blauen Augen. Ich stand auf und strich noch mal über den Flügel. Die Lust zu spielen war mir fürs erste vergangen. »Hast du dich je gefragt, weshalb ich es hasse, eine Kronprinzessin zu sein?«

Sie sah auf und unsere Blicke trafen sich. Obwohl wir einander so ähnlich sahen, waren wir dennoch grundverschieden. Genauso wie sie und ihre Mutter. Doch es gab auch Dinge, die uns verbanden.

»Ich möchte respektiert und bewundert werden für das, was ich tue, und nicht für das, was ich bin.«

5. Kapitel

Ryan

Quälend langsam bewegte sich der Sekundenzeiger auf der alten Uhr über der Tür. Auch wenn ich wusste, dass das Anstarren die Zeit eher rückwärts als schneller vergehen ließ, konnte ich es nicht lassen.

»Du könntest auch einfach die Uhr vorstellen. Als Kronprinz hat sich doch bestimmt jeder nach deiner Zeitrechnung zu orientieren.«

Fynns Worte entlockten mir ein Schmunzeln und ich unterbrach das Starren. Ich richtete den Blick auf meinen besten Freund und Trauzeugen, der mir gegenüber auf der Couch saß und bereits genauso herausgeputzt war wie ich.

»Für was haben wir uns überhaupt beeilt? Ich könnte auch noch im Bett liegen.«

»Ganz einfach, damit du nun hier sitzen und warten musst«, erwiderte er schulterzuckend. »Gewöhn dich dran. Auf Frauen muss man immer warten, das wirst du dein ganzes Leben lang merken.«

»Das musst du mir nicht sagen, ich habe selbst genug Schwestern«, brummte ich und rollte mit den Augen.

Ein breites Grinsen erschien auf Fynns Gesicht. »Und weil das nicht reicht, auch noch eine Ehefrau und bald sicher selbst viele Töchter.«

Lachend schüttelte ich den Kopf. »Ganz so eilig habe ich es mit Kindern dann doch nicht. Meine Eltern haben ihre Familienplanung noch lange nicht abgeschlossen, da brauche ich nicht direkt selbst damit anfangen.« Ich konnte mir wirklich etwas Besseres vorstellen als eine gleichzeitige Schwangerschaft meiner Frau und meiner Mutter.

»Schauen wir mal, wie lange es dauert, bis dir und Darja in Sibirien langweilig wird und ihr doch für Nachwuchs sorgt.«

»Mich würde eher interessieren, wann dir bei meiner Abwesenheit langweilig wird und du dir doch endlich eine Freundin suchst«, bemerkte ich augenzwinkernd.

Fynns Miene verfinsterte sich, wie immer, wenn ich das Thema ansprach. Und seit Las Vegas nahm sie eine noch dunklere Facette an. Vermutlich hatte ihm meine Schwester eine ordentliche Abfuhr erteilt.

Dass ich nach meiner heutigen Krönung und der öffentlichen Eheschließung mit Darja nach Sibirien ziehen würde, machte es ihm sicher nicht leichter. Mir gefiel es ebenso wenig, ihn und meine anderen Freunde zurückzulassen.

Doch das war die Bürde, die mit dem Thron auf mich wartete. Mein Vater trat die Krone und damit die Verantwortung für das etwas vernachlässigte Schloss in Sibirien an mich ab. Deshalb hatte ich zugestimmt, die Krone schon jetzt anzunehmen – in der Vampyrwelt sollte Ruhe einkehren und dazu gehörten auch drei stabile Königshäuser. Und meine Eltern lebten nun mal in Kanada und konnten sich nur schwer zerteilen.

Fynn lehnte sich zurück und starrte an die Decke. »Ich werde vermutlich nach Norwegen ziehen …«

»Wie bitte?«, rief ich ungläubig. »In diese Ruine?«

»Du weißt genau, dass das Schloss keine mehr ist, auch wenn uns noch viel Arbeit bevorsteht. Außerdem wollen meine Eltern bald selbst dort leben.«

Stirnrunzelnd bedachte ich meinen besten Freund mit einem ungläubigen Blick. »Ich hätte vermutet, dass du in Kanada bleiben würdest, immerhin bist du hier aufgewachsen.« Ich selbst wäre von allein auch nie auf die Idee gekommen, meine Heimat aufzugeben und nach Sibirien zu ziehen.

»Also, wie kommst du auf diese Idee?«, hakte ich nach, als er nichts sagte. Es dauerte einen Moment, bis er seinen Blick von der Decke löste und mich ansah. Der Ausdruck in seinen Augen ließ mich seine Beweggründe vermuten.

»Du willst weg von Mel?«, riet ich und er nickte.

»Ich kann mich dort nützlich machen und vielleicht neu anfangen. Ein neues Umfeld kann doch immer helfen, über Altlasten hinweg zu kommen.«

Stumm starrte ich ihn an und versuchte zu verstehen, was in meinem besten Freund vorging. Gar nicht so leicht – unterschieden wir uns doch komplett voneinander. Der Musterschüler und der Frauenheld – zumindest vor meiner Zeit mit Darja. Nicht selten hatte ich mich den Vergleichen mit Fynn stellen und mir anhören müssen, dass er sich eher wie ein Thronerbe verhielt. Dabei kam ich in dieser Hinsicht eindeutig nach meinem Vater, der in seiner Jugend auch kein unbeschriebenes Blatt war und sich erst änderte, als er meine Mutter getroffen hatte.

So ähnlich verhielt es sich bei mir auch. Zumindest vertrat mein Umfeld die Meinung, dass ich auch erst in der Beziehung mit Darja erwachsen wurde und in meine Rolle als Kronprinz hineinwuchs.

Fynn hingegen musste nicht erwachsen werden. Stattdessen musste er eher lernen, locker zu lassen. Das hatte ich ihm bis heute nicht beibringen können.

»Meine Schwester ist wirklich bescheuert, wenn sie deinen Wert nicht erkennt«, meinte ich, weil mir nichts Besseres einfiel. »Als ihr großer Bruder möchte ich nicht irgendwen an ihrer Seite sehen. Vor allem keinen dieser Vollidioten, mit denen sie sich trifft.«

Fynn zuckte die Achseln. »Wir können Mel nicht zwingen, Gefühle zu entwickeln. Und wir wissen beide, dass ich niemals der Mann sein werde, den sie sich erträumt.«

»Wäre schön, wenn die Liebe so einfach wäre.«

»Ey!« Fynn schnappte sich eines der Sofakissen und warf es in meine Richtung. Mühelos wehrte ich es ab. »Du brauchst gar nichts dazu sagen. Bei dir hat das mit der Liebe hervorragend geklappt.«

»Sorry. Du weißt, dass wir Djiye in Beziehungsdingen keine Probleme haben.« Entschuldigend hob ich die Hände. »In uns brennt eben das Feuer der Leidenschaft.«

Fynn brummte etwas Verständnisloses und starrte wieder zur Decke. »Bei der Partnerwahl scheint die Djiya in Mel durchzuschlagen. Zumindest scheint dieses Feuer sie magisch anzuziehen.«

»Vielleicht ändert sich ihr Geschmack ja, sobald sie erwacht ist und das Blut der Kiye die Oberhand gewinnt«, mutmaßte ich, um Fynn Hoffnung zu machen. Allerdings glaubte ich selbst nicht daran. So stark beeinflusste unsere Rasse uns dann doch nicht, auch wenn das immer behauptet wurde. Und da alle Prinzen und Prinzessinnen der drei Rassen inzwischen Mischlinge waren, konnte man ohnehin niemanden genau auf bestimmte Eigenschaften festnageln. An die Macht meines Blutes glaubte ich nur bedingt.

»Vielleicht geschieht ja ein Wunder«, meinte Fynn schmunzelnd. »Lass uns jetzt aber nicht mehr über meine schlechte Frauenquote reden, sondern uns auf dich konzentrieren. Heute ist dein großer Tag.«

Ich sah hoch zur Uhr und meine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. »Hey, der Zeiger hat sich mal weiter als einen Millimeter bewegt.«

»Dein Ende naht und du freust dich noch drauf?«, scherzte Fynn.

»Meinst du die Ehe oder die Krone?« Fragend hob ich die Augenbrauen.

»Das darfst du dir aussuchen. Wobei, verheiratet bist du ja eigentlich bereits. Wenn auch nur inoffiziell.«

»Allerdings.« Von der Hochzeit in Las Vegas hatten wir niemandem erzählt. Das sollte unser einzigartiges und privates Geheimnis bleiben. Heute dagegen sah die ganze Welt zu. Nun, zumindest die gesamte Vampyrbevölkerung.

Auf Schritt und Tritt überwacht zu werden störte mich an solch einem Ereignis. Da heute zudem auch meine Krönung nach der Trauung stattfinden würde, herrschte umso mehr Chaos im Schloss. Nach dem heutigen Tag gab es kein Zurück mehr. Die Verantwortung für alle Djiye auf diesem Planeten lag dann ganz allein bei mir.

»Ich werde es vermissen, dass wir alle zusammen bei einem Lagerfeuer im Wald sitzen und uns amüsieren«, meinte ich wehmütig.

»Wenn du und Darja weg seid, wird unsere Clique auseinanderbrechen.«

»Wir sind nicht aus der Welt«, versuchte ich ihn zu beschwichtigen, doch er hatte recht. Vor allem, wenn auch er Kanada hinter sich lassen wollte. Nichts würde nach dem heutigen Tag sein, wie es einmal war.

Unsere jüngeren Geschwister würden unsere Lieblingsplätze erobern und die Dinge erleben, die unsere Jugend hier ausgemacht hatten.

Fynn stand auf und ging zu meiner Bar. Er schenkte einen teuren Whiskey in zwei Gläser und kam damit auf mich zu. Mit ernster Miene reichte er mir eins und setzte sich neben mich. Fynn war der Letzte, der von sich aus Alkohol trank, erst recht keinen Whiskey, aber ich konnte gut verstehen, dass ihm der Sinn nach einem Drink stand. Auch ich konnte nicht Nein sagen.

»Auf die Zukunft. Die der Vergangenheit hoffentlich in nichts nachsteht.« Er prostete mir zu.

»Auf die Zukunft.«

6. Kapitel

Melody

»Wir sollten uns beeilen. Sonst kommt die Trauzeugin noch zu spät.« Ylvie tigerte im Raum auf und ab und warf mir mahnende Blicke zu.

Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. »Das erwartet doch ohnehin jeder von mir. Oder dass ich die Hochzeitstorte explodieren lasse. Kein Wunder, dass sie Fynn die Ringe anvertraut haben und nicht mir.«

Ylvie blieb stehen und lehnte sich gegen die Wand. »Wie wärs, wenn du jedem mal beweist, dass dieser Eindruck von dir falsch ist?«

Lachend schüttelte ich den Kopf. »Ganz bestimmt nicht. Ich mag mein Bad Girl Image. Soll man ruhig möglichst niedrige Erwartungen an mich haben.« Mit der Einstellung konnte man niemanden enttäuschen, zumindest in der Theorie. Natürlich schaffte ich es trotzdem immer wieder.

Ich öffnete den Schrank, in dem mein Diadem auf einem Samtkissen lag und hielt kurz inne. Es hatte schon länger keine Veranstaltung mehr gegeben, bei der ich es aufgesetzt hatte. Dabei trug ich es unfassbar gerne. So sehr ich auch das Leben in dem goldenen Käfig verfluchte, ich konnte nicht leugnen, dass ich meinen Prinzessinnenlook liebte.

Das silberne Diadem der Thronerbin der Kiye bestand aus fein gearbeiteten Lilien und war mit Amethysten verziert. Vorsichtig hob ich das Schmuckstück von dem Kissen und setzte es auf.

»Ist es nicht seltsam, dass deine kleine Schwester das Diadem der Siye trägt?«, fragte ich Ylvie. »Du bist die Erstgeborene. Denkst du nie darüber nach, doch Königin zu werden?«

Ich kannte Ylvies Meinung dazu, dennoch sprachen wir häufiger über dieses Thema. Vor allem, da ich selbst immer wieder darüber nachdachte, den Thron abzulehnen.

»Um Gottes willen, nein. Elenya wird eine super Königin und ich bin froh, dass diese Last nicht auf meinen Schultern liegt.«

»Hm«, machte ich und richtete das Krönchen noch mal. »Ist ziemlich beneidenswert.«

»Vielleicht komme ich in der Hinsicht nach meinem Dad«, meinte sie schulterzuckend. »Laut Mom war ihm seine Stellung nie wichtig.«

»Deiner Mutter doch auch nicht. Soley hätte für deinen Vater alles aufgegeben. Und umgekehrt genauso.«

Ein trauriger Ausdruck trat auf Ylvies Gesicht. »Er hat für sie alles aufgegeben. Für uns.« Seufzend stieß sie sich von der Wand ab und kam auf mich zu. »Ich wünschte, ich hätte ihn gekannt. Er war ein Held. Er hat meiner Mutter und mir das Leben gerettet. Auch wenn mein Vampyrblut dominiert, bin ich trotzdem zur Hälfte ein Mensch. Und das will ich nie vergessen.«

»Ich weiß. Dein Vater wäre heute sicher sehr stolz auf dich.«

Der Krieg mit meinem Onkel hatte viele Opfer gefordert. Liam war eins davon gewesen. Bei einem Angriff hatte er sich vor die schwangere Soley geworfen und so sie und seine ungeborene Tochter gerettet. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie schlimm das gewesen sein muss. Selbst meine Mutter litt heute noch unter dem Verlust ihres wohl besten Freundes.

»Genug deprimierende Themen für heute.« Ylvie umarmte mich von hinten und ich warf unserem Spiegelbild einen letzten prüfenden Blick zu. Ich trug meine langen schwarzen Haare halb hochgesteckt und dazu ein wunderschönes fliederfarbenes Kleid.

»Du siehst so hübsch aus.«

Ich sah Ylvies Lächeln im Spiegel und musste es automatisch erwidern. »Danke, du auch.« Sie hatte ihre langen blonden Haare auf einer Seite geflochten und trug wie die anderen Brautjungfern ein kurzes beiges Kleid.

»Also, können wir los?«

***

Leises Gemurmel drang zu mir, während alle auf die Braut warteten. Ich stand zusammen mit meiner Mutter, Ryan und Fynn vorne. Meine Mutter würde als oberste Königin ihre Pflicht erfüllen und Ryan trauen und schließlich krönen. Sie trug die silberne Krone, die eines Tages mitsamt aller Verpflichtungen an mich übergehen würde. Bei dem Gedanken daran fühlte sich das Diadem auf meinem Kopf deutlich schwerer an.

Mein Bruder trug die goldene, mit Rosenblättern und Rubinen verzierte Krone des Kronprinzen der Djiye. Zu seinem schwarzen Anzug, dessen Muster golden schimmerte, hatte er ein für seine Rasse typisches rotes Hemd gewählt.

Nervosität überfiel mich. Dies war nicht die erste Hochzeit, die ich miterlebte. Aber wohl die emotionalste. Schließlich heiratete mein Bruder meine beste Freundin.

Dass die beiden wegziehen würden, schmerzte unglaublich.

Ryan und Darja gingen gemeinsam ihre Zukunft an, während ich mich vor meiner eigenen fürchtete.

»Alles okay?«, raunte mir Fynn zu.

In seinen blauen Augen zeichnete sich Besorgnis ab. Na großartig.

Ich nickte schnell und hoffte, dass er es auf sich beruhen ließ. Eine Diskussion vor versammelter Mannschaft konnte ich echt nicht gebrauchen.

Dabei fand ich es schön, dass er direkt bemerkte, dass mich etwas beschäftigte. Wir hatten uns immer blind verstanden und nun stand dieser Kuss zwischen uns. Warum musste er mich auch küssen? Seitdem fühlte es sich anders an zwischen uns … distanziert, verkrampft. Ich wünschte mir unsere alte, lockere Freundschaft zurück und nicht diesen komischen Zustand. Genau deshalb hatte ich nie gewollt, dass irgendetwas zwischen uns passierte. Tja, leider lief in meinem Leben nichts nach Plan.

Fynn öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder, als leise Musik einsetzte. Jegliches Gemurmel erstarb und alle richteten ihre Aufmerksamkeit auf die andere Seite. Die Zeremonie fand im Freien statt. Darja erschien mit Sascha, ihrem Vater, zwischen den Bäumen und schritt den Gang entlang.

Auch wenn ich ihr Kleid bereits kannte, verschlug es mir bei ihrem Anblick die Sprache. Das enge Meerjungfrauenkleid passte ihr wie angegossen und in ihren Händen hielt sie einen Blumenstrauß aus roten Rosen.

Ich wandte meinen Blick von ihr ab, um die Reaktion meines Bruders zu sehen. Er starrte seine Braut mit großen Augen an und ich konnte schwören, dass Tränen in ihnen glitzerten.

Er liebte sie so sehr. Ich gönnte den beiden ihr Glück von ganzem Herzen, auch wenn das hieß, dass ich sie ziehen lassen musste.

Ob ich selbst jemals ein Brautkleid tragen würde?

Kurz blieb mein Blick an Fynn hängen, der mich nicht aus den Augen zu lassen schien, obwohl er seine Aufmerksamkeit besser wie alle anderen auf das Brautpaar richten sollte. Was ging ihm wohl durch den Kopf?

Sascha überreichte Ryan Darjas Hand und jegliche meiner anderen Gedanken verpufften.

Es war ein berührender Moment. Ich mochte Darjas Eltern unheimlich gerne. Sascha war meist als Aufpasser bei unseren Unternehmungen dabei gewesen und seine Frau Ana trainierte mich bereits seit meiner frühesten Kindheit. Nun gehörten sie auch offiziell zur Familie.

Ich verfolgte die Trauung gebannt und musste mehrfach die Tränen unterdrücken. Besonders als das Brautpaar gegenseitig das Ehegelübde aufsagte, packten einige Taschentücher aus. Doch ich schmolz nur innerlich dahin. Generell weinte ich niemals vor anderen. Weder vor Rührung noch vor Trauer. Meine Freunde hatten mich deshalb schon oft als Eisprinzessin bezeichnet, doch das war mir egal.

Mein Blick fiel auf ein Kamerateam, das sich soweit es ging im Hintergrund hielt, aber natürlich jeden Moment festhielt. Vor laufender Kamera würde ich erst recht keine Tränen vergießen.

Allen anderen schien das egal zu sein. Der Kuss besiegelte die Vermählung und nun fiel selbst meine Mutter aus ihrer Rolle. Fest schloss sie ihren Sohn in die Arme und verlor den Kampf gegen die Tränen.

Ob es eine gute Entscheidung war, erst die Trauung und nicht die Krönung durchzuführen? Ryan hatte allerdings darauf bestanden, damit Darja bei der Zeremonie dabei sein konnte.

Fynn griff nach meiner Hand und zog mich zu freien Plätzen in der ersten Reihe. Wir hatten unseren Job erledigt. Mein Bruder war unter der Haube. Was für ein unwirklicher Gedanke.

Dimitri und Soley erhoben sich und stellten sich für die Krönungszeremonie auf unsere Plätze.

Die Miene meines Vaters blieb unergründlich. Er war lediglich fünfundzwanzig Jahre König der Djiye gewesen – keine lange Zeitspanne für Vampyre, die tausend Jahre lebten.

Es war sicher nicht einfach für meinen Vater, den Posten abzugeben, nachdem er so lange um ihn gekämpft hatte. Doch er ließ sich diesbezüglich nichts anmerken. Was das Offenbaren von Gefühlen anging, kam ich eindeutig nach ihm.

Meine Mutter begann überraschend gefasst die Krönungszeremonie. Ryan und mein Vater knieten vor ihr nieder und Darja wartete am Rand.

Unsere Mutter wandte sich zunächst an unseren Vater.

»König Dimitri, Ihr wart in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren für alle Vampyre das Schwert und der Schild. Ihr wart ein gütiger Herrscher und habt für Euer Volk nur Gutes getan. Im Namen aller Vampyre danke ich Euch für Eure Treue. Seid Ihr bereit, Euer Amt als König der Djiye an Euren erstgeborenen Sohn weiterzugeben und ihm bei seinem Posten zu unterstützen?«

Voller Liebe sahen sich unsere Eltern in die Augen und es dauerte einen Moment, bis mein Vater nickte. »Das bin ich, Eure Hoheit.«

Mit einem leichten Lächeln wandte unsere Mutter den Blick zu ihrem Sohn. »Prinz Ryan, gelobt Ihr, ein gerechter Herrscher zu sein und die Schwachen mit Eurem Schwert zu beschützen? Gelobt Ihr, die Regierung zu schützen und alles zu tun, was nötig ist, um den Frieden auf der Welt zu bewahren?«

»Ich gelobe es.« Ryan legte damit sein zweites Gelübde ab, das dieses Mal der Verantwortung gegenüber seiner gesamten Rasse galt.

Keine leichte Aufgabe, schließlich galten die Djiye als am schwersten zu kontrollieren von allen Vampyren. Die Impulsivität und das Streben nach Macht lag ihnen im Blut.

Ich war aber zuversichtlich, dass mein Bruder den Frieden, den unser Vater eingeläutet hatte, auch bewahren würde.

Meine Mutter nahm zuerst Ryan die Krone des Thronerben ab und legte sie zur Seite, ehe sie ihrem Mann vorsichtig die Krone vom Kopf hob und sie schließlich über Ryan hielt.

»Kraft meines Amtes, das mir der Rat und meine Vorfahren verliehen haben, ernenne ich Euch im Namen aller Vampyre zum König der Djiye!« Voller Stolz blickte sie auf ihren Sohn hinab. »Erhebt Euch, König Ryan, Herrscher über die Djiye.«

Langsam stand er auf, griff nach der Hand seiner Braut und gemeinsam wandten sie sich der Menge zu, die wild applaudierte.

7. Kapitel

Melody

»Herzlichen Glückwunsch, Bruderherz!« Ich fiel Ryan um den Hals und drückte ihn fest an mich.

»Danke, Mel.« Er hielt mich einige Sekunden im Arm, so dass meine Emotionen beinahe übersprudelten.

Schnell ließ ich von ihm ab und drückte auch noch seine wunderschöne Braut, die heute alle überstrahlte. Nicht, dass ihr das sonst jemals schwerfiel. »Genießt euren großen Tag. Ich hoffe, er wird so, wie ihr ihn euch vorstellt.«

Mein Bruder schmunzelte. »Danke, aber dieser Tag ist doch vielmehr eine Show für die Öffentlichkeit.«

Ich nickte. Für Darja und ihn war ihr Hochzeitstag bereits vor zwei Monaten gewesen.

»Macht trotzdem das Beste draus«, erwiderte ich lächelnd und trat zur Seite, damit die Nächsten gratulieren konnten.

Allein die Entgegennahme der vielen Glückwünsche würde ewig dauern, also holte ich mir etwas zu trinken.

Am Rande der Lichtung stand eine große Tafel mit Häppchen und Getränken. Probehalber roch ich an der Bowle und stellte ein wenig enttäuscht fest, dass sie keinen Alkohol enthielt.

»Verdammt, Mom, das ist eine Hochzeit und kein Kindergeburtstag, da kannst du den Gästen doch nicht nur alkoholfreie Getränke anbieten«, murmelte ich genervt vor mich hin und schenkte mir dennoch etwas von der rosa Flüssigkeit in ein Glas.

»Lust auf etwas Hochprozentiges?«

Ich hob den Kopf und blickte direkt in ein Paar dunkler Augen.

Der Kerl, zu dem sie gehörten, lächelte verschmitzt, hielt einen Flachmann hoch und schraubte den Deckel ab. »Ist auch nicht vergiftet.«

Perplex hielt ich ihm mein Glas hin. Er füllte es auf und nahm selbst einen Schluck direkt aus der Flasche. Dabei ließ er mich keine Sekunde aus den Augen.

»Und wie heißt der Mann, der den Mut hat, eine Kronprinzessin abzufüllen?« Vorsichtig nippte ich an dem Gebräu und spürte, wie der Alkohol in meiner Kehle brannte.

»Nikolaj, Eure Hoheit.« Er griff nach meiner freien Hand und führte sie an seinen Mund, um mir einen Handkuss zu geben. »Und dies ist gewiss nicht meine Absicht. Verzeiht mir meine direkte Art, aber ich bin sicher, dass Ihr mehr vertragt, als andere vermuten würden.«

Ein Auflachen unterdrückend nahm ich noch einen Schluck. Damit hatte er durchaus recht.

Der erwachte Vampyr gehörte augenscheinlich zu den Djiye und verkörperte demnach alles, worauf ich stand. Groß, muskulös, dunkelbraune Haare und Augen, die einen Hauch Gefahr ausstrahlten. Verdammt, er war heiß.

Der Fremde verbeugte sich leicht und wandte sich zum Gehen. »Falls Ihr noch Nachschub braucht, müsst Ihr nur fragen.«

Ich sah ihm hinterher, bis er in der Menge verschwand. Insgeheim ärgerte es mich, dass ich nicht weiter mit dem gutaussehenden Fremden geplaudert hatte. Mir stand der Sinn nach etwas Abwechslung und vor allem Ablenkung bei dem Gedanken, dass ich meinen Bruder und Darja heute zuletzt bis auf unbestimmte Zeit sah.

Ich wollte mich nicht von ihnen verabschieden müssen und mich lieber im Bett verkriechen, als ihnen zuzuwinken, wenn sie in ihren Flieger stiegen und Kanada verließen. Und ehrlich gesagt war der Gedanke reizvoller, dabei nicht allein im Bett zu sein.