Russischer Netzwerkkapitalismus - Nicole Krome - E-Book

Russischer Netzwerkkapitalismus E-Book

Nicole Krome

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Beschreibung

Nicole Krome ermöglicht einen faszinierenden Einblick in die inneren Funktionsweisen der russischen Wirtschaft. Sie bietet erstmals einen Erklärungsansatz für die Frage, warum die Russische Föderation ihre umfassenden Ressourcen und ihr Know-how über Jahrzehnte nach Einführung der Marktwirtschaft hinweg nicht nutzen konnte, um die De-Industrialisierung der 1990iger Jahre zu vermeiden und später eine Re-Industrialisierung anzuschieben. Kromes Untersuchung macht deutlich, dass die Ursachen ganz wesentlich in den systemimmanenten Netzwerkprozessen in der Gesamtgesellschaft Russlands zu finden sind. Diese Netzwerkprozesse weisen eine hohe Eigendynamik auf und sind weder über politische Institutionen noch über wirtschaftliche Marktmechanismen steuerbar. Das Buch basiert auf einer Vielzahl an akribisch recherchierten Fallstudien, auch aus der Sowjetzeit, und ermöglicht einen direkten Einblick in die formellen und informellen Interaktionsprozesse von Unternehmen, ausländischen Investoren, staatlichen Akteuren und Abnehmern. Kromes interdisziplinäre Untersuchung ist für Wirtschaftswissenschaftler, Politologen und Soziologen gleichermaßen hilfreich, da sie deutlich die Verquickung von ökonomischen, politischen und soziologischen Anreizen und Sanktionen aufzeigt und damit nicht nur eine nachvollziehbare Erklärung für Entscheidungen und Verhaltensweisen russischer Akteure bietet, sondern auch für den andauernden Modernisierungsstau des Landes.

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Seitenzahl: 716

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ibidem-Verlag, Stuttgart

Inhalt

Abkürzungsverzeichnis
Verzeichnis der Transkriptionen
Vorwort
1 Einleitung
1.1 Von der Kriegswirtschaft zum Netzwerkkapitalismus
1.2 Netzwerkkapitalismus
1.3 Restrukturierung und Modernisierung
1.4 Zentrale Fragestellung und These: Institutionen und Netzwerke
1.5 Forschungs- und Literaturstand
1.6 Methode und Aufbau der Arbeit
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Netzwerktheorien und Transformationsforschung
2.2 Institutionentheorie: Institutionen, Akteure und Interaktionsformen
2.2.1 Institutionentheoretische Überlegungen
2.2.2 Der akteurszentrierte Institutionalismus
2.3 Der akteurszentrierte Netzwerkansatz und der konzeptionelle Aufbau der Untersuchung
3 Ausgangssituation: Schwache Kohäsion der Wertschöpfungs- und Innovationsprozesse (Phase I: 1980–1990/91)
3.1 Institutionelle Rahmenbedingungen auf zentralstaatlicher Ebene: Möglichkeiten und Grenzen einer zweckorientierten Steuerung in der zentralen Verwaltungswirtschaft
3.1.1 Top-down-Interaktionsprozesse und ihre Integrationsmechanismen
3.1.2 Bottom-up-Interaktionsprozesse
3.1.3 Neue Handlungsspielräume durch die Einführung der Glasnost- und Perestroikamaßnahmen
3.2 Institutionelle Rahmenbedingungen auf regionaler Ebene: Schwache Verankerung des Unternehmens im regionalen „Mestnitschesvo-Regime“
3.3 Unternehmensebene – Akteure, Interaktionsformen und Strategien: Fragmentierungsdynamiken und Kommerzialisierungsstrategien vertikaler Netzwerke
3.3.1 Ausrichtung an politischen Visionen im Rüstungswettkampf
3.3.2 Fragmentierungsdynamiken im formellen Interaktionssystem
3.3.2.1 Innerbetriebliche Fragmentierungsdynamiken – Begünstigung einer Sparten- und Funktionsorientierung
3.3.2.2 Außerbetriebliche Fragmentierungsdynamiken und das Kontrollsystem „Voenpred“
3.3.3 Kommerzialisierungs- und Abspaltungsstrategien der Netzwerke der mittleren und unteren Nomenklatura
3.3.3.1 Möglichkeiten und Grenzen des Bottom-up-Networking zum Ende der 1980er Jahre
3.3.3.2 Die Gründung der „Volga Dnepr“ und die Privatisierung der Aviastar
3.4 Zusammenfassende Beurteilung
4 Nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Zentralstaates – Desintegrationsprozesse (Phase II: 1991–1996)
4.1 Institutionelle Rahmenbedingungen auf zentralstaatlicher Ebene: schwache hierarchische Steuerungs- und Koordinationsmechanismen
4.1.1 Machtverlust des MIK
4.1.2 Schwache Institutionenbildung und industriepolitische Steuerung
4.1.3 Die Privatisierung staatlicher Kompetenzen durch alte und neue Netzwerke
4.1.4 Der Einfluss mafioser Netzwerke: die Finanz-Industrielle-Gruppe „Russisches Luftfahrt-Konsortium“ (RAK)
4.1.5 Ökonomische Rahmenbedingungen: keine Förderung von restrukturierungsorientierten Wertschöpfungsprozessen
4.2 Fehlende Koordination über die Märkte – zwischen strukturellen und ökonomischen Restriktionen und informellen Netzwerksystemen
4.2.1 Nomenklatura-Netzwerke: Die Transaero und der Import ausländischer Flugzeugtechnik
4.2.2 Abschöpfungsstrategien der wichtigsten potenziellen Kunden
4.3 Institutionelle Rahmenbedingungen auf regionaler Ebene: ein restrukturierungshinderliches Umfeld
4.4 Unternehmensebene – Akteure, Interaktionsformen und Strategien: Desintegration der Innovations- und Wertschöpfungsprozesse in der Post-Privatisierung
4.4.1 Insiderprivatisierung und ihre Folgen
4.4.2 Zwischenbetriebliche Koordination: Fehlende Koordination zwischen den Akteuren des Innovationszyklus
4.4.3 Innerbetriebliche Koordination: Betriebsinterne Restriktionen und Fragmentierungsdynamiken
4.4.4 Desintegrations- und Überlebensstrategien
4.5 Zusammenfassende Beurteilung
5 Reorganisations- und Investitionsprozesse in einem netzwerkorientierten Umfeld (Phase III: 1996–2001)
5.1 Institutionelle Rahmenbedingungen auf zentralstaatlicher Ebene: Ende der Handlungsfähigkeit
5.1.1 Zwischen wirtschaftsliberalen Reformen und der Koordination von Netzwerksinteressen
5.1.2 Netzwerkprozesse und erste Rezentralisierungsversuche nach 1998
5.1.3 Die neue Rolle des Militärs
5.2 Weiterhin keine Koordination über die Märkte
5.2.1 Fehlende Sanktionierung von Amtsmissbrauch und wirtschaftskriminellem Verhalten
5.2.2 Zwischen Barterhandel und Sekundärmarkt
5.3 Institutionelle Rahmenbedingungen auf regionaler Ebene: Verlust der regionalen Autonomie und Zugang neuer Akteure
5.4 Aviastar – Akteure, Interaktionsformen und Strategien: Investitions- und Reorganisationsprozesse
5.4.1 Ausgangslage: Die Eskalation der Liquiditätskrise
5.4.2 Ein neuer Akteur: Der Investor Dr. Ibrahim Kamel und sein Beteiligungsnetzwerk
5.4.2.1 Das Investitionsangebot und die Spaltung des Managements
5.4.2.2 Das Netzwerk Kamels: Handlungsressourcen und Handlungsorientierung
5.4.2.3 Das Kernnetzwerk und seine Beteiligung an der Handelsgesellschaft Sirocco
5.4.2.4 Vernetztungsdynamiken, Fragmentierungsdynamiken und Netzwerktransaktionskosten
5.4.3 Ausgründung der Flugzeugproduktion auf der Basis von Netzwerken der Gruppe Poljakov
5.4.4 Re-Verstaatlichungsstrategien: Die Gründung der Flugzeugproduktionsgesellschaft ZAO Aviastar-SP und der Holding OAO Tupolev
5.4.5 Die OAO Tupolev unter staatlicher Kontrolle: rivalisierende staatliche Interaktionssysteme
5.5 Zusammenfassende Beurteilung
6 Scheitern der Restrukturierung „von unten“ in einem unkoordinierten Netzwerkkapitalismus (Phase IV: 2001–2002)
6.1 Institutionelle Rahmenbedingungen auf zentralstaatlicher Ebene: Kontrollversuche über die Netzwerkprozesse
6.1.1 Eigendynamiken der Netzwerkprozesse trotz Autoritarisierungsansätze
6.1.2 Hierarchische Steuerung unter dem Vizepremier
6.2 Möglichkeiten der Koordination über den Markt bleiben ungenutzt
6.2.1 Kontinuität mafioser Verhaltensformen: Die Karawane zieht weiter
6.2.2 Die Kras Air: Monopolverhalten im Rahmen eines regionalen korporativen Netzwerkes
6.3 Institutionelle Rahmenbedingungen auf regionaler Ebene: Systemwechsel, Vasallensyteme und das Primat der Netzwerke
6.3.1 Gouverneurswahlen und das neue Vasallensystem
6.3.2 Neue rivalisierende Netzwerke der Administration und ihre Abschöpfungsstrategien
6.4 Unternehmensebene – Akteure, Interaktionsformen und Strategien: Das Scheitern einer marktwirtschaftlich orientierten (netzwerkunabhängigen) Restrukturierung
6.4.1 Ausgangssituation und die Suche nach einem Investor
6.4.2 Der rational-ökonomisch orientierte Investor „Holding Novoe Sodruschestvo“ (HNS): Angebot, Handlungsressourcen und Handlungsorientierung
6.4.2.1 Formelle Interaktionsbindung
6.4.2.2 Handlungsressourcen, Handlungsziele und Handlungsstrategien der HNS
6.4.3 Die Aviastar unter der Führung des rational-ökonomischen Akteurs: Restrukturierungsstrategien
6.4.3.1 Betriebswirtschaftliches Restrukturierungskonzept der HNS
6.4.3.2 Die HNS stellt den Kamel-Vertrag infrage
6.4.3.3 Isolation der HNS und ihr Rückzug aus dem Aviastarprojekt
6.4.4 Die Netzwerkaktivitäten gegen den neuen Investor: informelle Spielregeln, Amtsmissbrauch, Bottom-up-Networking und Fragmentierungsfallen
6.4.5 Neues Inter-Netzwerkbündnis und seine vertikalen Interaktionsformen
6.5 Unternehmensebene – Interaktionsformen und Akteure: Das Scheitern einer Restrukturierung über dezentrale Netzwerksysteme
6.5.1 Ein Rat der Unbekannten: der neue Aufsichtsrat der OAO Aviastar
6.5.2 Der neue „strategische Investor“ Igor Leiko: Handlungsressourcen und Handlungsorientierung
6.5.3 Konflikte innerhalb des Netzwerkbündnisses: „Alle gegen Alle“
6.5.3.1 Konfliktpotenziale des Bündnisses
6.5.3.2 Die Aviastar unter der Führung des Netzwerkbündnisses
6.5.4 Verlagerung des Konflikts auf die zentralstaatliche Ebene: Keine Koordination der Netzwerkakteure
6.5.4.1 Keine Koordination der Netzwerkinteressen: Der neue Investitionsvertrag
6.5.4.2 Blockadestrategien der Akteure vor Ort
6.5.4.3 Keine Gültigkeit formeller Regelungen – anomische Zustände
6.5.4.4 Bargainingversuche des Vizepremiert
6.6 Zusammenfassende Beurteilung
7 Restrukturierung „von oben“ im Netzwerkkapitalimus (Phase V: 2003–2006)
7.1 Institutionelle Rahmenbedingungen auf zentralstaatlicher Ebene
7.2 Subordination der Märkte
7.3 Institutionelle Rahmenbedingungen auf regionaler Ebene: Die Oblast Ul’janovsk in Abhängigkeit vom Kreml
7.4 Unternehmensebene – Akteure, Interaktionsformen und Strategien: Präsidialstrukturelle Führung und neue strategische Investoren
7.4.1 Unter der Führung des Bevollmächtigten des Präsidenten: Keine Koordination der Netzwerkprozesse
7.4.2 Das Scheitern der „unabhängigen“ Akteure
7.4.2.1 Das Scheitern des ägyptischen Investitionsengagements
7.4.2.2 Die Iljushin Finance Corporation und die Netzwerke des Premiers Kasjanov
7.4.2.3 Die Wiederbelebung der Ruslan-Produktion und die Herausdrängung privater Investoren
7.5 Zusammenfassende Beurteilung
8 Schlusskapitel
8.1 Netzwerke blockieren den Restrukturierungsprozess
8.2 Vergleich der Netzwerke als Interaktionssysteme
8.3 Netzwerke und Organisationen: Keine Koordination der Netzwerke
8.4 Ausblick
Anhang: Gesprächsprotokolle
1. Gesprächsprotokoll: Elena Gavrilova, Journalistin aus Ul’janovsk, am 27.01.2002 in Moskau (I)
2. Gesprächsprotokoll: Elena Gavrilova, Journalistin aus Ul’janovsk, am 29.01.2002 in Ul’janovsk (II)
3. Gesprächsprotokoll: Sergej Titov, Chefredakteur der Narodnaja Gazeta, am 29.01.2002 in Ul’janovsk
4. Gesprächsprotokoll: Dr. Juri Postnikov, Ingenieur für Maschinenbau, am 03.06.2005, Berlin
5. Gesprächsprotokoll: Interview mit dem Jungunternehmer des Kunststeinproduzenten Aleksander P. im Juni 2002 im Gebiet Moskau
6. Gesprächsprotokoll: Anne S. (Finanzbuchhalterin in der Nahrungsmittelindustrie in der Sowjetunion in den 1980er Jahren)
7. Gesprächsprotokoll: Volga Dnepr am 29.01.2002 in Ul’janovsk
Quellen- und Literaturverzeichnis
Quellen
Interviews, Pressekonferenzen, Zitate
Sonstiges (Institutionen, Gesetze, Programme und Webseiten)
Zeitungsartikel
Artikel ohne Verfasser
Sekundärliteratur
Zusammenfassung

Abkürzungsverzeichnis

ANTKAviazionnyj Nautschno Technitscheskij Kompleks (Wissenschaftlich-luftfahrttechnischer Komplex) – im Rahmen der Arbeit wird nur von KB, von Konstruktionsbüro gesprochen

AOZTAkzionernoe Obschtschestvo Zakrytogo Tipa (Aktiengesellschaft geschlossenen Typs)

EADSEuropean Aeronautic Defence and Space Company

EBRDEuropean Bank for Reconstruction and Development (Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung)

FABRIDFöderale Agentur zum rechtlichen Schutz der Ergebnisse intellektueller Tätigkeit

FAPSIFederal’noe Agenstvo Pravitel’stvennoi Svjasi i Informazii (Agentur für das Kommunikationsnetz der Regierung der Russischen Föderation)

FGUPFederal’noe Gosudarstvennoe Unitarnoe Predprijatie (Föderales Staatliches Monopolunternehmen)

FIGFinanz-Iindustrielle Gruppe(n)

FPAFederal’noe Agenstvo po promyschelnnosti(Föderale Agentur für Industrie)

FPSFederal’naja Pogranitschnaja Slugba (Föderaler Grenzschutz)

FSBFederal’naja Slugba Besopasnosti(Föderaler Sicherheitsdienst)

FSFOFederal’naja Slugbapo Finansovomu Ozdorovleniju i Bankrotsvo (Föderale Insolvenzbehörde)

FSNPFederal’naja SlugbaNalogovoj Polizii (Föderale Steuerpolizei)

GKOGosudarstvennye Kratkosrotschnye Obligazii (kurzfristige Staatsobligationen)

GOSPLANGosudarstvennyjPlanovy Komitet(StaatlichesPlankomitee)

GSGAGosudarstvennaja Slugba Gragdanskoj Aviazii (Staatlicher Dienst für zivile Luftfahrt)

GUSGemeinschaft Unabhängiger Staaten

HNSHolding Novoe Sodrugestvo (Holding Neue Gemeinschaft)

IFCIljushin Finance Corporation

IFSInternational Finance Corporation

IGPIInstitut Guminitarno-politischeskich Issledovanij (Institut für Humanitäre und Politische Wissenschaften)

KAPOKazanskoe Aviazionnoe Promyschlennoe Ob’edinenie (Kazaner Flugzeugvereinigung

KBKonstruktionsbüro

KiAPOKievskoe Aviazionnoe Promyschlennoe Ob’edinenie (Kievsker Flugzeugvereinigung)

KMUkleine und mittlere Unternehmen

KPdSUKommunistische Partei der Sowjetunion

LIKLetny Issledovatelny Kompleks (Flugversuchskomplex)

MAKMeggosudarstvennyj Aviazionnij Komitet (Zwischenstaatliches Luftfahrtkomitee – Zertifizierungsbehörde der GUS (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten))

MIKmilitärisch-industrieller Komplex

NIIEAPNautschno Issledovatel’skij InstitutEkonomiki Aviazionnoj Promyschlennosti (Wissenschaftliches Forschungsinstitut für die Wirtschaft der Luftfahrtindustrie)

NPKNautschno-Proizvodstvennaja Korporazija (Wissenschafts- und Produktionskomplex)

NRBNational’nyj Reservnyj Bank(Nationale Reserve Bank)

OAKOb’edinennaja Aviastroitel’naja Korporazija (Vereinte Flugzeugbauholding oder United Aircraft Corporation)

OAOOtkrytoe Akzionernoe Obschtschestvo(Offene Aktiengesellschaft)

OOOObschtschestvos Ogranitschennoj Otvetstvennost’ju(Gesellschaft mit beschränkter Haftung)

OPGOrganizirovannaja Prestupnaja Gruppirovka

OPKOboronno-Promyschlennyj Kompleks (Rüstungsindustriekomplex)

PPPPromyschlenno-Proizvodstvenny Personal (Produktionspersonal)

RAKRossiskij Aviazionno-Konsorzium (Russisches Luftfahrtkonsortium)

RAKARosaviakosmos (Rossiskij Aviazionno-KosmitscheskoeAgenstvo – Russische Luft- und Raumfahrtbehörde)

RATRemonta Aviazionnoj Techniki (Reparaturarbeiten für Luftfahrttechnik)

RAUDRegional’noe Agenstvo Upravlenija Dolgami (Regionale Behörde für Schuldenmanagement)

RFRussische Föderation

ROARussische Rüstungsbehörde (Rossijskie Oboronnye Agenstvo)

RSFSRRussische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik

SPSamoletnoe Proisvodstvo (Flugezugproduktion)

SSSRSojus Sovjetskich Sozialistitscheskich Respublik (Sowjetunion)

TPGTexas Pacific Group

UAPKUl’janovskij aviazionnyj promyschelnnyj kompleks imeni D. F. Ustinova (Ul’janovsker Industriekomplex unter der Leitung von D.F. Ustinov)

VALVnukov AirlinesVnukovskie Avialinii

VASOVoronegskoe Akzionernoe Samolotostroitel’noe Obschest’vo (Voroneschsker Flugzeugbau und Aktiengesellschaft)

VEBVneschekonombank

VPKVoenno-Promyschlennyj Komissia (Kommission für Rüstungsindustrie)

VTADVoenno Transportnoj Aviazionnoj Divizii(Division der Luftstreitkräfte)

VTBVoenno Transportnoj Aviazionnoj (Luftstreitkräfte)

VTSVoenno Technitscheskoe Strudnitschestvo (Kommission für rüstungstechnische Zusammenarbeit)

VVBVoennoVozduschnych Sil (Luftstreitkräfte)

VVPVoenno-Vozdusnyj Park (Flugzeugpark)

ZALIZ(Zentrale Leasinggesellschaft für Luftfahrt)

ZAOZakrytoe Akzionernoe Obschtschestvo

ZKZentralkomitee

ZTOZentr Technitscheskogo Obslugivanija (Zentrum für Technische Wartung)

ZTO-EAT(Zentrum für Technische Wartung und Test der Luftfahrttechnik)

Verzeichnis der Transkriptionen

Die Buchstaben des russischen Alphabets

А аAa

Б бBb

В вVv

Г гGg

Д дDd

ЕеE e

Ж жGg

З зZz

И иIi

Й йJj

К кKk

Л лLl

М мMm

Н нNn

О оOo

П пPp

Р рRr

С сSs

Т тTt

У уUu

Ф фFf

Х хChch

Ц цZz

Ч чTschtsch

ШшSch sch

ЩщSchtsch schtsch

Ь’

ЫыY y

ЭэE e

ЮюJu ju

ЯяJa ja

Vorwort

In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre scheiterte der letzte Versuch, die Krise des staatssozialistischen Gesellschaftsentwurfs systemimmanent zu überwinden. An der Wende zu den 1990er Jahren mündete diese Krise in den schnellen Zusammenbruch des Gesamtsystems. Ein radikaler Neubeginn schien ebenso nötig wie möglich. Im Gefolge des Herbstes 1989 zerfiel die sowjetisch dominierte Hemisphäre der Welt;die ehemaligen SatellitenstaatenOstmitteleuropasführtendemokratische Spielregelnein.Durch einenPutsch kommunistischer Hardlinerwurdeim August 1991auch der Untergang derSowjetunionbesiegelt;als Gebot der Stunde erschiender Übergang zur Demokratie. Am Jahresende 1991 erlangten die fünfzehn ehemaligen Unionsrepubliken ihre völkerrechtliche Souveränität, und am1. Januar 1992 begannen in Russland radikale Wirtschaftsreformen,welche dieEinführung der Marktwirtschaftzum Ziel hatten.

So radikal und umfassend dieser Neubeginn für das postsozialistische Russland war, begann er doch nicht in einem gesellschaftlichen Vakuum. Er wurde vorangetrieben und gebremst durch Akteure, die selbst einen Wandlungsprozess durchlebten und mehr oder weniger kompetent von außen beraten wurden. Die bisherigen Regelsysteme waren in ihrer Geltung erschüttert, aber keineswegs über Nacht abgelöst. Neue Regeln mussten nicht nur gesetzt, sondern auch ausgehandelt, angepasst und durchgesetzt werden. Russland durchlebte daher in den vergangenen zwei Jahrzehnten politische, ökonomische, soziale und kulturelle Entwicklungen, die widersprüchlich und manchmal hochdramatischverliefen. Kerninstitutionen der Demokratie wurden zwar geschaffen, erwiesen und erweisen sich aber oft als nicht effektiv. Die Umwandlung des„Volkseigentums“ in privates Eigentum schuf keine freie Marktwirtschaft, sonderneine hybride Ökonomie mit einem starken staatskapitalistischen Sektor. Der überwiegende Teil der Bevölkerung bezahlte einen hohen Preis für das beispiellose Experiment der postsowjetischen Transformation.

Aus diesem Kontext schöpft die vorliegende Langzeitbeobachtung des Schicksals eines großen russischen Flugzeugherstellers ihre Bedeutung. Nicole Kromeverfolgt die Entwicklung von„Aviastar“ über mehr als zwei Jahrzehnte.Auseinem Ende der 1970er Jahre gegründeten Großbetrieb der sowjetischen Rüstungsindustrieverwandelte sichdas Unternehmen nach seiner Privatisierung im Jahre 1991 für über zehn Jahrein einObjekt der Begierde unterschiedlicher Investoren, bevor es in der ersten Amtszeit Putins wieder in zentralstaatliche Steuerungsstrukturen eingegliedert wurde. Die Geschichte, die Nicole Krome anhand akribischer Recherchen präsentiert, ist voller Dramatik, sie betrifft einen gewichtigen Fall, und die Autorin verfolgt geduldig die immer wieder neuen Anläufe, die Rettung für „Aviastar“ versprachen und dann doch erneut scheiterten. Der lange Atem dieser Studie ist einerihrer großen Vorzüge gegenüberanderen Fallstudien über den Verlauf derUnternehmensprivatisierung und-restrukturierung beim Übergang von der sowjetischen Zentralverwaltungswirtschaft zueinem„something else“.

Die Autorin zeigt, wie unter den Bedingungen eines chaotischen Rückzugs des Staates aus der Wirtschaft und fehlender oder schwacher formaler Institutionenes letztlichkonkurrierende Personennetzwerkeund ihre Interaktionen waren, dieden Lauf der Ereignisse bestimmten. In dieser Geschichte sind es nicht nur die Insider-Privatisierung und der daraus resultierende Kapitalmangel, Innovationsdefizite und fehlende Zugänge zu globalen Märkten, welche den Niedergang des Unternehmens erklären, sondern es sind in erster Linie rivalisierende, einander blockierende, wechselnde, inkompetent oder gar kriminell operierende „Seilschaften“, welche versuchten, die Kontrolle über „Aviastar“ zu gewinnen. Keinem dieser Netzwerke gelang es, sein Potential für die Restrukturierung des Unternehmens zu nutzen. Inadäquate Anreizstrukturen einerseits, das „Wuchern“ interpersoneller Beziehungsnetzwerke andererseits, die sich zunehmend miteinander verflochten, lähmten – so die Autorin – die Handlungsfähigkeit der Investoren.

Nicole KromesTheselautet demnach: Diese Netzwerke haben als Koordinationsmechanismus versagt; sie führten nicht zur effektiven Restrukturierung des Unternehmens, sondern dienten der Abschöpfung und Verteilung von Unternehmenswerten. Aber auch die Alternative „hierarchische Steuerungdes Wandels“ erweist sich nicht als überlegen, wie die Autorin ebenfalls zeigt.Sieargumentiert, dass die Integration von „Aviastar“ in die Steuerungskette der Präsidialadministration, die seit dem Jahre 2002 in wechselnder Form vollzogen worden ist, das Unternehmenebenso wenigweltmarktfähig gemacht hatwie seine vorangegangene Preisgabe an private Akteure und deren informelle Koordinationsformen. Auch unter zentralstaatlicher Kontrolle blieben die fälligen Modernisierungs- und Innovationsprozesse aus.

Im systematischen Sinne weisen die Befunde der vorliegendenUntersuchung also weit über ihrenunmittelbarenForschungsgegenstand hinaus,bereichernsie dochdieDiskussion über die Koordination und Steuerung komplexer Wandlungsprozesse. Aber auch in ihrem unmittelbaren Ertrag als Fallstudie ist sie bemerkenswert. Neben der Länge des erfassten Zeithorizonts betrifft dies insbesondere die akribische Rekonstruktion der Akteureund ihres Handelns: Illustriert wird, dass es nicht nur „Oligarchen“, ihre Interessen und Interaktionen mit der „Mafia“ und dem „Staat“, sind, welche den Verlauf der postsowjetischenTransformation der russländischen Industrie geprägt haben, wie oft angenommen wird. Wesentliche handelnde Personen im Fall von „Aviastar“ sind vielmehr, neben Insidern aus Politik und Wirtschaft, insbesondere ein ägyptischer Geschäftsmann und ein berühmter russischer Filmregisseur, die in ihren Netzwerken jeweils sehr spezifische Ressourcen mobilisieren konnten.

Ob die„Schocktherapie“ der frühen 1990er Jahrefür die Wirtschaft Russlands alternativlos war oder als gigantische wirtschafts- und sozialpolitische Fehlentscheidung zu bezeichnen ist, bleibt bis heute umstritten. Sicherlich ist sie in dem Sinne gescheitert, dass sie keinen schnellen, effizienten, im hergebrachten Sinne „erfolgreichen“ Übergang vom Staat zum Markt erzwingen konnte. Für die tatsächlich ablaufenden Prozesse war, im Großen wie im Kleinen, über lange Jahre charakteristisch, was die vorliegende Studie anhand ihres Falls detailliert nachvollziehbar macht: ihre geringe Steuerbarkeit und hohe Kontingenz.

Petra Stykow

1Einleitung

1.1Von der Kriegswirtschaft zum Netzwerkkapitalismus

Warum konnte Russland sein umfassendes technologisches und industrielles Potenzial nicht nutzen, um die Deindustrialisierung zu verhindern oderum heuteeine Reindustrialisierung zu ermöglichen? Dafür gibt es sicherlich viele Gründe.

Ähnlich wie die anderen sozialistischen Länder war Russland für mehrere Jahre indasstaatliche und ökonomische Chaos eines historisch einmaligen Transformationsprozesses gestürzt, der praktisch alle gesellschaftlichen Bereiche erfasste. Infolge dessen waren alle formellenStrukturender Koordination weitgehend außer Kraft gesetzt.Diese Transformationsprozesse lassen sich mit keinem anderen Land vergleichen, weder mit der Transformation in China oder in den Ländern Lateinamerikas noch mit den Umwandlungsprozessen in den klassischen Entwicklungsländern. Dabei bestätigte sich das von Offe dargelegte Problem der Gleichzeitigkeit als wesentlicher Unterschied.[1]In China beispielsweise wurde das wirtschaftliche System in eine Marktwirtschaft umgewandelt,währenddas politische Systemzunächsteinmal in seinen Grundstrukturen bestehenblieb. In Lateinamerika hingegen wurden diktatorische, autoritäre Regime in eine Demokratie transformiert. Die Transformation des wirtschaftlichen Systems von einer tendenziell staatswirtschaftlichen in eine private Ökonomie standdagegen nicht im Vordergrund. Einen analytischen Nutzen aus dem Vergleich mit den Umwandlungsprozessen in den Entwicklungsländern zu ziehen, ist schon deshalb schwierig, weil es hier, vorwiegend an entwicklungstheoretischen Überlegungen ausgerichtet, vor allem um den Übergang von einer Subsistenzwirtschaft in die Industriewirtschaft ging. In den osteuropäischen Ländern hingegen gab es schon eine hochentwickelte Industriebasis. Dies traf insbesondere auf die Sowjetunion zu.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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