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Ritter, Zwerge, Hexenleute... Wie kam das Frankenland zu seinem Namen? Welche Geheimnisse bergen die Mittelgebirgslandschaften dieses schönen Landes? Was erlebte der Heilige Kilian in Würzburg und Aschaffenburg? Wer waren die Zwerge im Joßgrund und die Hussiten zu Bayreuth, was hat es auf sich mit den Teufelsbeschwörern, den versunkenen Dörfern oder den zwölf Gerichteten? Was trug sich zu bei der Geisterjagd im Neustadter Forst und beim Dombau von Bamberg? Folgen Sie dem Autor in seinen spannenden Nacherzählungen der schönsten fränkischen Sagen und Legenden nach Nürnberg, dem Sitz von Königen und Kaisern, nach Coburg zu den Hexenleuten, in das Freudengäßle zu Rothenburg und an viele andere Orte. Geheimnisse lauern in verborgenen Winkeln der altehrwürdigen Städte und an entlegenen Plätzen mystischer Wälder.
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Seitenzahl: 217
Veröffentlichungsjahr: 2020
Vorwort
I. Ursagen des Frankenlandes
1. Wie das Frankenland zu seinem Namen kam
2. Welche Gottheiten die Franken verehrten
3. Die ersten Frankenkönige
4. Der heilige Kilian, Apostel Frankens
5. Karl der Große und die Nordelbinger
II. Aschaffenburg und der Spessart
6. Der Name Aschaffenburg
7. Die St.-Martins-Kapelle
8. Das Benediktiner-Kloster in Aschaffenburg
9. Der Spuk im Schlossgarten
10. Wie der Schwedenkönig Gustav Adolph nach Aschaffenburg kam
11. Der gespenstige Küfer
12. Hexe als Löwe
13. Am guten Mann
14. Der Teufelsritt
15. Der Schlossberg
16. Die Kirchweihe zu Roßbach
17. Der Teufelsbeschwörer
18. Die letzten Templer
19. Die Kirche des heiligen Hippolyt zu Dettingen
20. Der Wassernix
21. Die Womburg
22. Der wilde Jäger
23. Der Fuchsstein
24. Friedrich der Rotbart
25. Die Zwerge im Joßgrund
26. Der Beilstein
27. Der Geißfuß
28. Die Geisterjagd im Neustadter Forst
29. Der Bettler zu Mespelbrunn
30. Kloster Himmelthal
III. Rhön
31. Die ausgewühlte Glocke
32. Wald ohne Wipfel
33. Der Goldborn am Baier
34. Der Weiberwetzstein zu Kaltenwestheim
35. Burg Auersberg
36. Das Marienbild am Battstein
37. Der Teufelsstein und die Teufelswand
38. Der Gangolfskeller
39. Kilianskopf und Kilianshof
40. Abt Fingerhut
41. Burg Ravensteiner Glocke
42. Die versunkenen Dörfer
43. Vom Guckei
IV. Sagen des Grabfeldes
44. Bienen retten Kissingen
45. Von der Burg Botenlauben
46. Amalbergas Schloss
47. Sondheimer Kirchhof
48. Vom Ursprung der Stadt Schweinfurt
49. Die Entführung
50. Hinze-Hänsele
51. Das Luciämahl
52. Die zwölf Gerichteten
53. Die Fickmühle
54. Der Haßgau und die Haßberge
55. Von der Burg Schmachtenberg
56. Die alte Burg Bramberg
57. Judenfrevel
58. Von einem Poltergeist
59. Die heilige Jungfrau schützt Münnerstadt
60. Von der frommen Emhild
61. Vom Mordhügel
62. Vom wütenden Heer
63. Vom Wallfahrerpfad, dem Heiligen Kreuz, dem Himmelsfleck, dem Weihersbrunnen und dem Weihersgrund
64. Die armen Sünder
65. Schlitzöhrchen
V. Würzburg und Umgebung
66. Die große Pest im Maingrund
67. Gemündens Name und früheste Herren
68. Seifriedsburg
69. Die Kunigundenkapelle in Burgerroth
70. Wie Ochsenfurt sein Wappen erhielt
71. Die geopferte Wachskerze
72. Das Cyriakus-Panier zu Würzburg
73. Der heilige Makarius zu Würzburg
74. Das Juliusspital unter höherer Obhut
75. Des Minnesängers Vermächtnis
76. Das Kreuz im Neumünster
77. Der Graben-Reiter
78. Der Walfisch zu Würzburg
79. Die Turmdächer der Burkarduskirche zu Würzburg
80. Der Baumeister des Doms zu Würzburg
81. Der Schornsteinfeger am Fischmarkt
82. Wunderbare Beschützung des »Käppele« bei Würzburg
83. Die eingemauerte Nonne
VI. Tauberfranken
84. Die goldene Kugel
85. Die Wetterburg
86. Das Wertheimer Bergschloss
87. Die Kreuze bei Reicholzheim
88. Die Gründung der Abtei Bronnbach
89. Hexenstein
90. Hokemo und Hullefra
91. Dost und Johanniskraut schützen vor dem Teufel
92. Hexe verunglückt
93. Die Sage von der alten Burg bei Röttingen
94. Heinrich Toppler
95. Die zwei Türme zu Rothenburg
96. Das Freudengäßle zu Rothenburg
VII. Mittelfranken (Nürnberg und Umgebung)
97. Ein Bäckerjunge kommt in den Kaiser-Karls-Berg
98. Burglinde zu Nürnberg
99. Kaiser Karl und die alte Furt
100. Karl der Große im tiefen Brunnen zu Nürnberg
101. Paul Cruz zu Nürnberg
102. Die Allerseelenmesse bei St. Lorenz
103. Der verfluchte Schüler
104. Die Wolfshenker
105. Wie ein Hausgeist frei wird
106. Die Kaiserlein
107. Der Nusskaspar
VIII. Oberfranken (Coburg, Bamberg bis zum Fichtelgebirge)
108. Vom Namen und Wappen der Stadt Coburg
109. Hexenleute in Coburg
110. Die heilige Kunigunde
111. Der Dombaumeister zu Bamberg
112. Der einäugige Venediger
113. Die Herrgottssteine im Fichtelgebirge
114. Sagenhaftes aus dem Fichtelgebirge
115. Die Hölle auf dem Rudolfstein
116. Das Goldlaiblein
117. Der Berggeist am Rauhen Kulm
118. Die Hussiten zu Bayreuth
Geheimnisvolle Schauplätze im schönen Frankenland: Wo die Sagen und Legenden beheimatet sind
Quellen
Franken als Region umfasst heute Gebiete der Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen. Historisch ist das Gebiet sogar noch weiter zu fassen, doch für diese Sammlung von Sagen und Legenden beschränke ich mich auf das heute als Franken lokalisierte Gebiet – ausgenommen die Ursagen. Ohnehin ist es fast eine Unmöglichkeit, die Vielfalt der Sagen aus der ganzen Region in eine überschaubare Sammlung zu bekommen. Zu zahlreich ist das, was an Erzählungen aus den Jahrhunderten überliefert wurde. Selbst als im 18. und 19. Jahrhundert die Aufzeichnung der meist mündlich überlieferten Sagen und Legenden begann, wurden Stoffe und Motive noch umgestaltet oder gar neu geschaffen. Ziel konnte es also nur sein, eine breit gefasste und trotzdem noch überschaubare Auswahl zu treffen und dabei möglichst keine Region auszulassen. Dass nicht jeder Ort Berücksichtigung finden konnte, dürfte verständlich sein. Man könnte ein Buch allein mit Sagen um Teufel und Geister füllen, ein anderes mit Heiligenlegenden, wieder eines mit geschichtlichen Sagen. In diesem Buch wurde der subjektive Versuch unternommen, einen Überblick sowohl über Sagen aus allen fränkischen Regionen als auch über die Breite der Sagen- und Legendenstoffe zu geben.
Anders als bei Märchen sagt man, dass Legenden und Sagen einen wahren Kern haben. Was aber ist Wahrheit? Eine tatsächliche Begebenheit? Das ist bei manchen Geistersagen schwer zu glauben. Und doch steckt in dem Versuch, mit übernatürlichen Elementen das erklären zu wollen, was für damalige Verhältnisse nicht erklärbar war, ein Stück Wirklichkeitsdeutung.
Heute ist manche Sage nicht mehr aus sich selber heraus zu verstehen. Nicht einmal die regionalen Hintergründe sind in jedem Fall zu erkennen. Deshalb wurde den Sagen jeweils ein knapper Kommentar beigegeben, in dem entweder auf die Hintergründe, die Motive oder die regionale Bedeutung der Sage hingewiesen wird.
Wer nach der Lektüre Lust bekommen hat, tiefer in die fränkische Sagenwelt einzudringen, findet im Anhang ein Verzeichnis der Quellen, die für dieses Buch genutzt wurden. Die Sagen sind in ihrer ursprünglichen Form weitgehend belassen, allerdings in eine heute leichter lesbare und besser verständliche Sprache gebracht, manche Sagen zusammengefasst und einzelne auch neu erzählt.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Eintauchen in die fränkische Legenden- und Sagenwelt.
Lauda-Königshofen, im Mai 2014
Horst-Dieter Radke
Das Fränkische Reich entstand im 5. Jahrhundert und bestand bis ins 9. Jahrhundert hinein. Es umfasste das römische Gallien und die angrenzenden rechtsrheinisch-germanischen Gebiete. Es gilt als der bedeutendste Nachfolgestaat des untergegangenen Weströmischen Reichs. Im 10. Jahrhundert bildete sich das Herzogtum Franken aus dem Oströmischen Reich. Dazu gehörten Teile von Rheinland-Pfalz, das heutige Hessen, das nördliche Baden-Württemberg, Südthüringen und die heute fränkischen Gebiete von Bayern.
Die einen sagen, dass die Franken vom Geschlecht der Trojaner abstammen und dadurch mit den Römern verwandt sind. Eine Gruppe der Trojaner irrte nach der Zerstörung der Stadt durch die Griechen lange umher, bis sich Franko mit den Seinen am Rhein niederließ. Daraus habe sich das Volk der Franken entwickelt. Andere sagen, dass das Volk der Franken aus dem Norden kam, dem heutigen Gebiet der Niederlande und der Friesen. Das Wort entstamme deren Sprache und bedeute so viel wie »frech, mutig und tapfer«. Der fränkische Mann war, anders als der Römer oder der Gallier, ein freier Mann, weshalb andere sagen, dass daher der Namen Franke rührt. Die fränkischen Stämme, die zunächst östlich des Rheins siedelten, sich später aber auch westlich ausbreiteten, nannten ihre Siedlungsgebiete das Frankenland. Der östliche Teil wurde schließlich Austrasien oder Austrien, der westliche Neustrien genannt.
Bei den frühen Franken handelt es sich im Wesentlichen um germanische Stämme der Istvaeonen-Gruppe, die nach dem Stammvater Istævo bezeichnet werden. Dazu zählten auch die Salfranken oder Salier, die vom Niederrhein bis zum Salland (an der Overijssel) ansässig waren. Sie trugen erheblich zur fränkischen Expansion bei. Aus ihnen ging das Haus der Merowinger hervor, das vom frühen 5. Jahrhundert bis 751 herrschte, als der letzte Merowingerkönig, Childerich III., geschoren und ins Kloster eingewiesen wurde.
Zunächst verehrten die Franken noch die alten Gottheiten um Wuotan (Odin), wovon noch die Donnersberge an verschiedenen Orten künden, die damals heilige Stätten waren. Die Göttinnen Hulda und Bertha (Werra) sind heute noch in manchen Namen von Flüssen und Orten zu finden. Die Anbetung fand in heiligen Hainen statt, meist unter Eichen und Linden, von denen einige sich über Jahrhunderte gehalten haben. So manches Kloster wurde später auf solche Haine gebaut.
Ein nur den Franken eigener Gott soll Lollus gewesen sein, der vor allem am Main eine besondere Verehrung erfahren habe. Das Volk habe ihm Trauben und Ähren zum Opfer gebracht.
Heute hält man den Gott Lollus allerdings für eine Fälschung, da die einzigen Quellen aus der »Chronologica Swintfurtensia« und einem Brief, beide aus dem 16. Jahrhundert, stammen.
Mitte des 5. Jahrhunderts war Childerich König der Franken. Er war ein üppiger, schwelgerischer Mensch und gereichte deshalb den Franken zu großem Ärgernis. Darum wollten sie ihn töten. Er aber entfloh und ließ einen ihm treu ergebenen Mann zurück, der ihm versprach, die Gemüter der erzürnten Franken wieder zu besänftigen und ihn zurückzurufen, wenn es Zeit wäre. Als sie sich trennten, zerbrachen sie eine Goldmünze in zwei Teile, von denen jeder von ihnen einen mit sich nahm. Der Freund Childerichs sagte zu ihm: »Wenn ich dir meine Hälfte schicke und du die Stücke zusammenfügst und erkennst, dass es wirklich meine Hälfte ist, so kannst du getrosten Mutes ins Vaterland zurückkehren.«
Childerich ging nach Thüringen und lebte dort verborgen bei König Bisinus, während die Franken den Römer Ägidius zum König nahmen. Nach acht Jahren sandte der Freund Childerichs seine Boten mit der Hälfte der Goldmünze nach Thüringen, denn die Gemüter der Franken hatten sich unterdessen beruhigt und viele aus dem Volk wünschten ihren alten König wieder zurück. Childerich zögerte nicht, kehrte in sein Vaterland zurück und wurde wieder als König anerkannt. Mit ihm kam auch Basina, die bisherige Königin der Thüringer, die ihren Gemahl verlassen hatte, weil sie Childerich liebte. Childerich nahm sie zur Frau und der Sohn beider war Chlodwig.
Nach Childerichs Tod folgte ihm sein Sohn in der Herrschaft nach und sann gleich darauf, sein Reich zu vergrößern. Nach dem Sturz des Römischen Reichs in Italien durch Odoaker war in Gallien noch eine römische Herrschaft unter Syagrius übrig, der sich zum König ausrief. Chlodwig schickte ihm seine Herausforderung und überließ es dem Gegner, Ort und Zeit des Kampfplatzes beider Heere zu bestimmen. Syagrius nahm den Fehdebrief an. Chlodwig verbündete sich mit seinem Vetter Nagnachar und besiegte Syagrius im Jahr 486. Der Besiegte floh nach Toulouse zu den Westgoten, aber Alarich, der damals dort König war, fürchtete den Krieg mit Chlodwig und lieferte Syagrius auf die Aufforderung der Franken aus. Chlodwig ließ den Gefangenen in einen Kerker setzen und bald darauf heimlich erwürgen.
König Chlodwig hasste die Christen und wollte dem alten Heidentum treu bleiben. Er zerstörte viele Kirchen. Einmal hatten seine Franken aus einer Kirche unter anderen kostbaren Gegenständen einen Krug von wunderbarer Größe und Schönheit geraubt. Der Bischof dieser Kirche sandte daraufhin einen Boten an den König und ließ ihn bitten, dass, wenn er auch alles andere behielte, seiner Kirche wenigstens der Krug zurückgegeben werden möchte. Der König aber erwiderte dem Boten: »Folg uns nach Soissons, denn dort soll die ganze Beute verteilt werden. Wenn mir das Los den Krug zuspricht, so soll er deinem Bischof wieder zurückgegeben werden.« Als nun in Soissons alle Beute auf einen Haufen zusammengebracht war, sprach der König: »Ich bitte euch, meine tapferen Krieger, dass ihr mir außer dem mir zukommenden Anteil auch jenen Krug da abtretet.« Darauf erwiderten einige: »Ruhmvoller König, was du erblickst, ist dein. Nimm dir heraus, was du willst, denn es ist vergeblich, sich deiner Macht zu widersetzen.« Als diese so sprachen, erhob aber ein anderer Franke seine Stimme und sprach: »Du sollst nichts bekommen, als was dir das Los als deinen rechtmäßigen Anteil zuspricht.« Und zugleich schlug er mit der Streitaxt an den Krug. Alle erstaunten, aber der König verbarg seinen Zorn über die Beleidigung und übergab den Boten des Bischofs den Krug.
Ein Jahr darauf berief Chlodwig zur gewöhnlichen Zeit der großen Volksversammlung im Monat März sein Volk zu einer Heerschau, um ihre Waffen zu prüfen. Als er die Reihen durchschritt, kam er auch zu dem, welcher an den Krug geschlagen hatte, und sprach zu ihm: »Keiner hat so ungeschickte Waffen hergebracht wie du, denn weder dein Speer noch dein Schwert noch deine Streitaxt sind etwas nütze.« Mit diesen Worten warf er die Streitaxt jenes Mannes auf die Erde. Dieser bückte sich, um sie wieder aufzuheben, im selben Augenblick aber erhob der König seine Streitaxt und schlug ihn in den Kopf, indem er sprach: »So hast du es in Soissons mit dem Krug gemacht.« Der Mann war tot und der König entließ die anderen. Alle aber fürchteten sich vor der Gewalttätigkeit des Königs.
Nach einigen Jahren seiner Herrschaft schickte Chlodwig Abgesandte nach Burgund, um bei König Gundobald um seine Schwester Chlothilde zu werben, welche man ihm als eine sehr schöne und kluge Jungfrau geschildert hatte. Gundobald, der selbst arge Frevel gegen seine Geschwister verübt hatte, wagte nicht, sich mit dem Frankenkönig zu verfeinden, und gab ihm seine Schwester zur Frau. Chlothilde bedrängte ihren Gemahl, sich taufen zu lassen. Chlodwig wollte nicht, gestattete aber, dass sein Sohn getauft würde. Dieser starb gleich nach der Taufe. Da sagte der König erzürnt: »Wenn der Knabe den Göttern meines Volkes geweiht worden wäre, so wäre er nicht gestorben.« Doch Chlothilde tröstete ihn und er erlaubte, dass auch der zweite Sohn getauft wurde. Auch dieser erkrankte, blieb aber am Leben. Dennoch konnte die Königin nicht erreichen, dass auch Chlodwig sich taufen ließ, bis einmal ein Krieg mit den Alemannen ausbrach. Als bei einer Schlacht die Franken anfingen zu weichen und es schon abzusehen war, dass das ganze Heer der Franken vernichtet würde, erhob Chlodwig weinend die Hände zum Himmel und flehte: »Jesus Christus, den Chlothilde den Sohn des lebendigen Gottes nennt, der du den Unglücklichen helfen und denen, die auf dich vertrauen, den Sieg gewähren sollst, ich flehe dich an um deine Hilfe: Wenn du mir den Sieg gewährst und wenn ich die Macht erfahre, welche Chlothilde und die anderen Christen von dir aussagen, so will auch ich an dich glauben und mich auf deinen Namen taufen lassen. Denn ich habe meine Götter angerufen, aber keine Hilfe bekommen, darum glaube ich nun, dass sie keine Macht haben, da sie denen nicht helfen, welche sie anflehen. Dich rufe ich jetzt an und will auf dich vertrauen, damit ich gerettet werde vor meinen Feinden.« Als er dieses sprach, wandten sich die Alemannen zur Flucht. Als ihr König fiel, kamen einige zu Chlodwig und baten: »Lass des Mordens jetzt genug sein, wir wollen dir gehorchen.« Da gebot Chlodwig dem Kampf Einhalt. Er sammelte sein Volk und nachdem auch der Ostgotenkönig Theoderich zum Schutz der Besiegten seine Boten mit Bitten und Warnungen geschickt hatte, kehrte Chlodwig heim, um der Königin zu erzählen, dass er durch die Anrufung des Christengottes den Sieg erhalten habe.
Die Königin ließ sofort den Bischof Remigius kommen, der den König im Christentum unterweisen sollte. Als nun der Bischof dem König von Christi Leiden und Tod erzählte, wurde er zornig und rief: »Wenn ich an der Spitze meiner Franken da gewesen wäre, so hätte ich alsbald seine Schmach gerächt.« Da forderte ihn Remigius auf, dass er sich nun mit seinem ganzen Volk zur Lehre Christi bekennen sollte. Der König antwortete: »Ich werde gerne deine Lehren hören, heiliger Vater, aber mein Volk wird seine heimatlichen Götter nicht verlassen wollen. Doch ich will gehen und deinem Rat gemäß mit ihnen reden.« Als der König zu seinem Volk sprach, antworteten viele: »Wir lassen ab von unseren vergänglichen Göttern und wollen dem unsterblichen Gott folgen, den Remigius predigt.« Alsbald war dann das Taufbad bereitet und die Kirche reich geschmückt. Chlodwig schritt zuerst in das Bad und der Bischof segnete ihn mit den Worten: »Beuge dein Haupt, wilder Sicamber, bete an, was du früher mit Brand verheertest, und verheere, was du früher anbetetest.« Auch die Schwester Chlodwigs, Albofleda, wurde getauft und außer diesen beiden viele Franken. So war Chlodwig der erste katholische König eines deutschen Volksstammes, denn die anderen Könige waren alle Arianer. Einige Jahrhunderte später entstand die Sage, dass zur Taufe Chlodwigs eine Taube vom Himmel eine Flasche mit heiligem Öl gebracht habe, mit welchem die Könige von Frankreich gesalbt wurden. Das Öl blieb durch alle Jahrhunderte bis zum Ende des bourbonischen Königsgeschlechts in Gebrauch.
Chlodwig I. (466–27.11.511) unterwarf alle fränkischen und einige germanische Stämme und gilt deshalb als Begründer des Frankenreichs. Zu dessen Hauptstadt machte er Paris. Anders als in der damaligen Zeit bei den Germanen üblich trat er nicht zur arianischen Form des Christentums über, sondern zum Katholizismus. Seine zweite Frau war Chrodechild (um 474–3.6.544), die Tochter von Chilperich II. und seiner Frau Caratene. Der Name Clothilde oder Chlothilde, unter dem sie im Mittelalter als Heilige verehrt wurde, ist nicht authentisch.
Anders als manchenorts in Franken, wo der christliche Glaube nach dem ersten Aufflammen wieder erlosch, war man in Schottland, Irland und England mit Eifer dabei, die Heiden zum Christentum zu bekehren. Manche Klöster sandten ausgewählte, gottbegeisterte Männer aus, um auch in andere Länder den Christenglauben zu den Heiden zu tragen. Man nannte diese Männer Regionarii. Einer von ihnen war Bischof Killena, der im Jahr 685 mit elf Gefährten auf das Festland übersetzte. Zunächst holten sie sich in Rom eine Bestätigung ihres Amtes ein, bevor sie sich über die verschiedenen Regionen verteilten.
Killena pilgerte mit dem Priester Kolonat und dem Diacon Totnan in das Frankenland, um dort zu predigen und zu bekehren. Herzog Gosbert, der seine Residenz auf dem Berge über Würzburg hatte, berief ihn schließlich an seinen Hof, um seine Lehren zu vernehmen. Killena, der inzwischen von den Franken Kilian gerufen wurde, hatte bereits in der rauen Rhön seinen Wohnsitz aufgeschlagen und als Zeichen der neuen Lehre das heilige Kreuz errichtet. Dieser Berg, auf dem das erste Kreuz stand, wurde schließlich der Kreuzberg genannt.
Der Frankenherzog Gosbert zeigte sich für die Christenlehre aufgeschlossen, hörte mit Anteilnahme zu und gestattete es endlich, dass alle heidnischen Götzenbildnisse, die im Schloss und in der Stadt Würzburg zu finden waren, in den Main geworfen wurden. Viel später holte man sie wieder heraus und stellte sie am Domstift zur Betrachtung auf. Von dort verschwanden sie aber bald und wurden nie wieder gesehen. Als Gosbert auch offen zum Christentum übertrat und in der neuen Lehre gefestigt war, machte Kilian ihn auf ein Vergehen aufmerksam, das seinem Seelenheil noch im Wege stand. Gosbert hatte die Witwe seines Bruders geheiratet, was nicht erlaubt war. Er redete ihm zu, beschwor ihn, sich von seiner Frau zu trennen, und brachte den Herzog, der seine Frau sehr liebte, dahin, diese Trennung zu vollziehen. Allein man rief ihn vor der Ausführung in einer wichtigen Sache hinweg.
Der Herzogin Gailana war jedoch nicht verborgen geblieben, wozu Kilian ihren Gemahl drängte. Sie wurde zornig und schmiedete einen grausigen Plan. In einer Nacht überraschte die Mönche die Erscheinung eines über die Maßen schönen Mannes, der ihnen ihr Märtyrertum ankündigte. Kaum war diese Erscheinung verschwunden, drangen die gedungenen Mörder in das Zimmer der Mönche. Kilian, Kolonat und Totnan wurden enthauptet. Dies soll am achten Tage des Juli im Jahr 688 geschehen sein. Die Ermordeten wurden samt ihrem Hab und Gut in eine Grube gelegt und verscharrt. Gailana wollte die Tat geheim halten. Niemand wusste davon, außer den Tätern und einer christlichen Matrone namens Burgunda. Diese hatte die Tat beobachtet, als sie unweit der Stelle, an der der Mord verübt wurde, im Gebet wachte. Später suchte sie den Ort im Geheimen auf, um dort zu weinen und zu beten. Gailana ließ an der Stelle einen Rossstall bauen. Dies soll die Stelle sein, an der noch heute unter dem Collegiat-Stift Neumünster zu Würzburg in der Krypta die Grabstätte der Märtyrer gezeigt wird.
Als Herzog Gosbert von seiner Reise zurückkehrte, war sein erstes Verlangen nach Kilian und seinen Gefährten, aber niemand wollte von ihnen etwas wissen, am wenigsten Gailana. Da geschah es aber, dass einer der Mörder wahnsinnig wurde und sich mit lautem Geschrei dazu bekannte, das Blut der Priester vergossen zu haben. Er tobte, wütete und tötete sich am Ende selbst. Kurze Zeit später wurde der zweite Mörder rasend und erdolchte sich. Auch Gailana selbst verfiel in tobenden Wahnsinn und schrie unter fürchterlichem Geheul aus, dass sie von Kilian, Kolonat und Totnan ob ihrer Mordanstiftung unsäglich gepeinigt werde. Unter entsetzlichen Qualen starb auch sie.
Danach fielen viele Franken zurück in ihren alten Glauben und es verging einige Zeit, bis ein neuer Glaubensherold ins Frankenland kam.
Der heilige Kilian (um 640–689) war ein irischer Missionsbischof, dessen Name vermutlich vom keltischen Ceallach abgeleitet wurde. Der ostfränkische Herzog Gosbert regierte in Würzburg und wurde einer der ersten Christen in dieser Region.
Hundert Jahre später wählte der mächtig gewordene Herrscher des Fränkischen Reichs, Karl der Große, nicht mehr den friedlichen Weg zur Heidenbekehrung. Gegen die Sachsen und Wenden führte er blutige Bekehrungskriege und zwang nicht wenige der überwundenen Völkerschaften zur Übersiedlung nach Franken, wo sie auf kaiserlichen Domänen arbeiten oder wüst liegende Gegenden urbar machen mussten. Die Sachsen wurden nach dem Fluss, an dem sie lebten, Nordelbinger genannt.
Im Jahr 794, nach der Schlacht auf dem Sintfeld, trieb der Herrscher den dritten Teil der Bevölkerung Westfalens und Wigmodiens, das ist das Land entlang der Weser, samt Frauen und Kindern in die Frankengauen. Zuletzt im Jahr 804 ließ der Kaiser das Land im Norden der Elbe von den Bewohnern räumen, gab es den Obotriten und ließ die Sachsen durch seine Armee in die fränkischen Provinzen führen. Zehntausende sollen es gewesen sein. Davon zeugen noch heute in Thüringen und Franken Ortsnamen wie Waldsachsen bei Coburg, der Sachsenstein im Thüringer Wald, Sachsendorf bei Eisfeld, Wüstensachsen in der Rhön, Sachsenhausen bei Frankfurt, Sachsenheim bei Königshofen nahe Schweinfurt und Würzburg, Sachsenflur bei Königshofen an der Tauber und andere. Auch auf die Klöster wurden die Besiegten verteilt. So hatte das Kloster Rohra bei Meiningen unter seinen Hörigen achtzehn Sachsen und fünfundsiebzig Slaven.
Kaiser Ludwig der Fromme stellte zu Beginn seiner Regierung den aus der Heimat Vertriebenen die Rückkehr frei, doch mochten die meisten nicht mehr zurück und blieben. Viele von ihnen lebten später als freie Leute auf Kirchgütern. Solche Nordelbinger in der Würzburger Diözese waren es, die zweihundert Jahre später Kaiser Heinrich II. in seinen besonderen Schutz nahm und unter die höhere Gerichtsbarkeit des Bischofs stellte.
Von 772 bis 804 dauerten mit Unterbrechungen die Sachsenkriege Karls des Großen. Das Ziel der Unterwerfung, Christianisierung und Eingliederung des sächsischen Volkes in das Fränkische Reich wurde mit beträchtlicher Grausamkeit verfolgt. Die Deportationen waren eine Reaktion Karls auf den beträchtlichen Widerstand der Sachsen. Er reagierte aber auch anders. 802 ließ er das sächsische Volksrecht aufzeichnen und erkannte es an.
Zwischen Vogelsberg, Rhön und Odenwald liegt das Mittelgebirge Spessart, Teile davon in den Bundesländern Bayern und Hessen. Der Name wird abgeleitet aus »Specht« und »Hardt« (Bergwald) und bedeutet »Spechtwald«.
Am nördlichen Mainufer, wo ein kleines Flüsschen sich in den mächtigen Fluss ergießt, gab es ehemals nur Wald. Als die ersten Ansiedelungen sich ausdehnten und Land zum Feldbau benötigt wurde, das Abholzen des dichten Waldes aber kaum zu bewerkstelligen war, steckten die Ansiedler den Wald kurzerhand in Brand. Das ganze Tal wurde von Bäumen entblößt. Die Asche lag aber so dick darin, dass das Flüsschen ganz bedeckt war. Die Ansiedler nannten ihn deshalb Asgaffa oder Ascaffa nach den altdeutschen Wörtern »asga« für Asche und »Affa« für Fluss. Es war also der Aschenfluss oder Aschenbach. Die Aschaff floss bereits durch die Siedlung, sodass man die entstehende Stadt bald Aschaffenburg nannte. Auch die Städte Waldaschaff und Mainaschaff verdanken dem Fluss ihren Namen.
Eine modernere Vermutung über die Bedeutung des Wortes »Ascaf(f)a« geht davon aus, dass sich der Ursprung des Namens »Ascafa« aus dem althochdeutschen Wort »asc« für Esche und dem indogermanischen Wort »Ap« für Wasser zusammensetzt. Demnach wäre nicht die Brandrodung des Waldgebietes der Hintergrund für den Namen, sondern der Hinweis auf einen von Eschen gesäumten Wasserlauf (Eschenwasser).
Die Römer sind bis zum Spessart vorgedrungen und haben dort ihre Spuren in Form von Kastellen und Siedlungen hinterlassen. Im 4. und 5. Jahrhundert mussten sie aber das rechte Rheinufer wieder verlassen und damit auch die Gebiete am Main. Hunnen, Vandalen, Alemannen und Franken besetzten diese Gebiete und machten sie den Römern streitig. Die römischen Kastelle wurden zerstört. Streit untereinander lichtete aber die Bevölkerung. Es blieben nur wenige Siedlungen übrig und bald wuchs der Wald erneut und deckte alles wieder zu.
Auch das Kastell bei Aschaffenburg wurde zerstört. Im 8. Jahrhundert stand in der Stadt an der Stelle, an der das Kastell sich befunden hatte, nur noch ein halb zerstörter kleiner Diana-Tempel. Aus den Trümmern des Kastells hatte man eine Burg errichtet, nicht weit entfernt vom ehemaligen Standort. Von den vielen Raben in den Ruinen bekam die Burg den Namen Rabensburg, auch Ravensburg genannt.
Als der heilige Bonifazius in den Spessart kam, weihte er den Diana-Tempel zu einer christlichen Kirche um, der ersten in Aschaffenburg. Gewidmet wurde sie dem heiligen Martinus, den die Stadt deshalb auch heute noch in ihrem Stadtwappen zeigt. Die St.-Martins-Kapelle hatte keinen eigenen Geistlichen. Ein Einsiedler, der in einer Grotte in der Nähe lebte und ehemals die priesterlichen Weihen empfangen hatte, soll eine Zeit lang den Gottesdienst in der Kapelle versehen haben. Im Jahre 1770 wurde aus der Kapelle ein Pferdestall gemacht, allein die Pferde wollten darin keine Ruhe geben, schlugen aus und tobten, bis sie zugrunde gingen. Erst als der Kanonikus, dem die Benutzung des Stalles zustand, in der Stiftskirche den St.-Martins-Altar gestiftet hatte, hörte das auf.
Im Jahre 1526 wurde das Stadtwappen mit St. Martin vom Erzbischof Albrecht von Mainz aberkannt, weil die Stadt sich an den Bauernkriegen beteiligt hatte. Jahrhundertelang führte die Stadt nur ein gotisches A als Wappen. Erst im Jahr 1836 gab König Ludwig I. das alte Stadtwappen zurück.
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