Säuglingssozialisation im Wandel - Sandra Kunz - E-Book

Säuglingssozialisation im Wandel E-Book

Sandra Kunz

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  • Herausgeber: Tectum
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
Beschreibung

Im Kontext der Säuglingssozialisation im Wandel geht die Autorin der Frage nach, auf welche kulturellen Vorgaben und Deutungsangebote Eltern zurückgreifen können, um ihr Leben mit ihren Säuglingen zu gestalten. Die Elternbriefe der Pro Juventute werden untersucht im Hinblick darauf, inwiefern sie gesellschaftliche Entwicklungen abbilden und welche Verhaltensweisen zum Zusammenleben mit Kindern sie vorschlagen. Entstanden ist eine solide Untersuchung, die wichtige Fragen zur Kindheit angegangen und zu aussagekräftigen Resultaten gelangt ist.

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Seitenzahl: 448

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Sandra Kunz

Säuglingssozialisation im Wandel

Sandra Kunz

Säuglingssozialisation im Wandel

Kulturelle Vorgaben und Deutungsangebote zu familiären Rollenbildern in den Elternbriefen der Pro Juventute an der Wende zum 21. Jahrhundert (1988-2006)

Tectum Verlag

Sandra Kunz

Säuglingssozialisation im Wandel. Kulturelle Vorgaben und Deutungsangebote zu familiären Rollenbildern in den Elternbriefen der Pro Juventute an der Wende zum 21. Jahrhundert (1988-2006)

© Tectum Verlag Marburg, 2015

ISBN 978-3-8288-6170-1

(Dieser Titel ist zugleich als gedrucktes Buch unter der ISBN 978-3-8288-3507-8 im Tectum Verlag erschienen.)

Umschlagabbildung: © shutterstock, Inara Prusakova

Die vorliegende Arbeit wurde von der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich im Herbstsenester 2014 auf Antrag von Prof. Dr. Béatrice Zielger, Prof. Dr. Thomas Hengartner und Prof. Ueli Mäder als Dissertation angenommen. Die Forschung wurde unterstützt durch: Schweizerisches Sozialarchiv, Forschung Ellen Rifkin Hill.

Besuchen Sie uns im Internet

www.tectum-verlag.de

www.facebook.com/tectum.verlag

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Für Alma und Wigo

Dank

Mein Dank gebührt insbesondere Prof. Dr. Béatrice Ziegler. Sie hat diese Untersuchung wohlwollend, engagiert und mit kritischem Blick betreut. Ihre Bereitschaft, die Betreuung zu übernehmen, ihre vielfältigen, kritischen und hilfreichen Anregungen sowie ihre Motivation trugen massgeblich zum Gelingen dieser Arbeit bei. Zudem hat sie es mir ermöglicht, im Rahmen meines Dissertationsprojektes an der Universität Zürich als Seminarassistentin sowie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Demokratie tätig zu sein. Für all diese Unterstützung bedanke ich mich sehr herzlich!

Bedanken möchte ich mich auch bei Prof. Dr. Thomas Hengartner, der sich von meinem Thema überzeugen liess und die Untersuchung unterstützte. Prof. Dr. Ueli Mäder möchte ich ebenfalls ganz herzlich danken - er hat meine Themenwahl und damit eine fächerübergreifende Untersuchung von Anfang an sehr wohlwollend und motivierend unterstützt.

Ganz besonderer Dank geht an das Schweizerische Sozialarchiv, Forschung Ellen Rifkin Hill, für die grosszügige finanzielle Unterstützung.

Der Stiftung Pro Juventute, insbesondere Simona Franzi (†), gebührt Dank für das bereitwillige zur Verfügung Stellen des Quellenmaterials für diese Arbeit sowie für weitere Informationen und die unkomplizierte Zusammenarbeit.

Weiter danke ich: meinem Vater Heinz Kunz für die wertvolle Unterstützung bei der sprachlichen Schlusskorrektur, Maurus Immoos für das Lesen einzelner Kapitel, kritische Korrekturen und anregende Diskussionen, Konrad Kuhn für die nützlichen Tipps rund um die Durchführung meiner Dissertation und die Motivation sowie Nino Kühnis (†) und Andrea Erzinger für die Ratschläge betreffend Finanzierungsmöglichkeiten. Besonderer Dank gebührt auch Christian Schinzel, der dieses Projekt von Anfang an in jeder Hinsicht unterstützt hat. Schliesslich danke ich auch meinem persönlichen Umfeld, insbesondere meinen Eltern für die praktische Unterstützung im Alltag.

In Liebe widme ich dieses Buch meinen beiden Kindern Alma und Wigo, die mir die Kraft gegeben haben, diese Arbeit zu schreiben.

Zürich, im April 2014Sandra Kunz

Inhaltsverzeichnis

1Einleitung

1.1Heranführung ans Thema

1.2Zielsetzung und konkrete Fragestellung

1.3Quellenlage und Forschungsstand

1.4Arbeitsmethode und Arbeitsaufbau

2Sozialhistorischer Kontext

2.1Pluralisierung der familialen Lebensformen

2.1.1Die Familie im Laufe der Jahrhunderte

2.1.2Die traditionelle bürgerliche Kleinfamilie

2.1.3Wandel des bürgerlichen Familienverständnisses

2.1.4Zusammenfassung

2.2Verwissenschaftlichung des kindlichen Sozialisationsprozesses

2.2.1Steigende Anforderungen an elterliches Erziehungshandeln

2.2.2Rationalisierung der kindlichen Erziehung

2.2.3Psychologisierung und Pädagogisierung der Kindheit

2.2.4Zusammenfassung

2.3Konzeptualisierung des Kindes als Akteur

2.3.1Das Kind als individuelle Persönlichkeit

2.3.2Die Kindheit als eigenständige, schutzbedürftige Lebensphase

2.3.3Verrechtlichung von Kindheit

2.3.4Zusammenfassung

3Die Elternbriefe im sozialhistorischen Kontext

3.1Die Stiftung Pro Juventute

3.2Die Abteilung „Mutter und Kind“

3.3Die Entstehung und Entwicklung der Elternbriefe

4Familienbild

4.1Allgemeine Darstellung

4.2Pluralisierung der familialen Lebensformen

4.2.1Die Wahl des Familienmodells als individuelle, freie Entscheidung

4.2.2Die Einelternfamilie im Fokus, die bürgerliche Kleinfamilie als Ideal

4.3Verwissenschaftlichung des kindlichen Sozialisationsprozesses

4.3.1Professionelle Unterstützung für (Eineltern-)Familien

4.3.2Rationalisierung, Psychologisierung und Pädagogisierung der Erziehung

4.4Konzeptualisierung des Kindes als Akteur

4.4.1Das Kind als kompetenter Akteur in der Einelternfamilie

4.4.2Das Kind als Problem für die Familie

4.5Zusammenfassung

5Elternbild

5.1Allgemeine Darstellung

5.2Pluralisierung der familialen Lebensformen

5.2.1Elterliche Rollen- und Arbeitsteilung

5.2.2Partnerschaftliche Beziehungspflege und gesellschaftliches Leben

5.3Verwissenschaftlichung des kindlichen Sozialisationsprozesses

5.3.1Unterstützung der Eltern in ihrer Elternschaft

5.3.2Anleitungen an die Eltern zu Pflege und Erziehung

5.4Konzeptualisierung des Kindes als Akteur

5.4.1Die sich in der Interaktion entwickelnde ElternKind-Beziehung

5.4.2Die Eltern und ihr individueller, autonomer, schutzbedürftiger Säugling

5.5Zusammenfassung

6Mutterbild

6.1Allgemeine Darstellung

6.2Pluralisierung der familialen Lebensformen

6.2.1Mütterliche innerfamiliäre Zuständigkeiten und Berufstätigkeit

6.2.2Mutter als Person

6.3Verwissenschaftlichung des kindlichen Sozialisationsprozesses

6.3.1Unterstützung der Mutter in ihrer Mutterschaft

6.3.2Anleitung an die Mutter zu Pflege und Erziehung des Kindes

6.4Konzeptualisierung des Kindes als Akteur

6.4.1Die starke Mutter-Kind-Beziehung

6.4.2Mutterliebe

6.5Zusammenfassung

7Vaterbild

7.1Allgemeine Darstellung

7.2Pluralisierung der familialen Lebensformen

7.2.1Väterliche innerfamiliäre Zuständigkeiten

7.2.2Berufstätigkeit und Vater als Person

7.3Verwissenschaftlichung des kindlichen Sozialisationsprozesses

7.3.1Unterstützung des Vaters in seiner Vaterschaft

7.3.2Anleitungen an den Vater zu Pflege und Erziehung des Kindes

7.4Konzeptualisierung des Kindes als Akteur

7.4.1Die Vater-Kind-Beziehung

7.4.2Vaterliebe

7.5Zusammenfassung

8Kindsbild

8.1Allgemeine Darstellung

8.2Pluralisierung der familialen Lebensformen

8.3Verwissenschaftlichung des kindlichen Sozialisationsprozesses

8.4Konzeptualisierung des Kindes als Akteur

8.4.1Der individuelle Säugling

8.4.2Der schutzbedürftige Säugling

8.5Zusammenfassung

9Schlusswort

9.1Bürgerliches Ideal trotzt der Pluralisierung der familialen Lebensformen

9.2Zunehmende Verwissenschaftlichung des kindlichen Sozialisationsprozesses

9.3Verstärkter Einfluss der Konzeptualisierung des Kindes als Akteur

9.4Fazit und Ausblick

10Bibliographie

10.1Quellen

10.2Literatur

1Einleitung

1.1Heranführung ans Thema

„Die Mutter ist die wichtigste Bezugsperson in den ersten Lebensjahren“, schreibt die „Neue Zürcher Zeitung“ am 23. Mai 2012 auf ihrer Seite für Forschung und Technik. Der ganzseitige Artikel betont die enorme Wichtigkeit der ersten drei Lebensjahre für die weitere gesunde Entwicklung eines Menschen. Gleichzeitig wird die zunehmende ausserfamiliäre Betreuung von unter Dreijährigen kritisiert, insbesondere in der Schweiz, wo Kinder nicht selten im Alter von wenigen Monaten ganztägig in Krippen betreut würden. Der Artikel diskutiert die Forschungskontroversen rund um die Frage, wie anstrengend Krippen für die Kinder seien und kommt zum Schluss, dass die Ergebnisse diametral gegenläufig seien, also auch Studien existierten, welche den positiven Einfluss der Fremdbetreuung betonen und sich somit kein einheitliches Bild ergebe.1 Damit sind gleich mehrere Probleme angesprochen. Einerseits unterstreicht der Artikel generell die Aktualität und Brisanz der Thematik rund um das Kindswohl.2 Andererseits zeigt er, dass den ersten Lebensjahren in der kindlichen Entwicklung ein besonderer Stellenwert eingeräumt wird. Schliesslich macht er klar, dass im Jahr 2012 nicht verbindlich geklärt ist, was Kleinkinder wirklich brauchen, was dem Kindswohl förderlich ist und damit verbunden, welche Rolle die Mutter und der Vater in Bezug auf die Umsorgung des Kindes einnehmen sollen und dass diesbezüglich vieles im Umbruch ist. Eine mögliche Hilfestellung für betreffend ihrer Kinder verunsicherte Eltern bietet die diesbezügliche Ratgeberliteratur. Der in der Schweiz am weitesten verbreitete - weil kostenlos an alle Erstlingseltern verteilte - Erziehungsratgeber sind die Elternbriefe der Stiftung Pro Juventute. Die Briefe erscheinen seit 1969 fürs erste bis sechste Lebensjahr des Kindes und wollen Eltern Informationen zu Pflege, Ernährung, Erziehung, Gesundheit, Bildung und Kinderrechten bieten sowie Mütter und Väter im Zusammenleben mit ihrem Kind begleiten.3 Ziel dieser Arbeit ist es, dieses Erziehungswerk betreffend Vorstellungen in Bezug auf das Zusammenleben mit Kindern zu untersuchen.

Einordnung in den historischen Kontext

Will man versuchen, Familien- und Rollenvorstellungen in Bezug auf Kinder an der Wende zum 21. Jahrhundert zu ergründen, steht man vor einer vielschichtigen Problemstellung. Die Familie oder besser gesagt Vorstellungen von Familie sind historisch wandelbar. Unser heutiger Familienbegriff wurde erst im 18. Jahrhundert über das französische „famille“ - nachdem „Familie“ früher gemäss römischer Rechtstradition die vom „pater familias“ abhängige Gruppe umschrieb - in den deutschen Sprachgebrauch aufgenommen.4 Folglich sind einzelne Familienformen, die Vorstellungen von Mann, Frau und Kind und auch Ideen betreffend Kindheit und Erziehung jeweils mit einer bestimmten gesellschaftlichen Epoche in der Geschichte verknüpft und nur in Abhängigkeit davon begreifbar.5

Das Modell der bürgerlichen Kleinfamilie6 mit Ursprung im 18. Jahrhundert, gemäss welchem der Mann Alleinernährer der Familie und die Frau Hausfrau und Mutter ist, konnte sich auf breiter Ebene erst nach dem Zweiten Weltkrieg durchsetzen. Es erlebte eine nur kurze Blütezeit zwischen 1945 bis in die beginnenden 1980er-Jahre - in den darauffolgenden Jahren kam es zu einem sozialen Wandel.7 Für diese Zeit gibt es (noch) keine allgemeingültigen Begrifflichkeiten. Es wird in der Forschung von einer „Pluralisierung der familialen Lebensformen“8 gesprochen. Dabei tauchen die Begriffe „postfamiliale“9, „nachtraditionelle“, „posttraditionelle“ oder „postmoderne“ sowie „moderne“ Familie auf, wobei mit der „modernen“ Familie streng genommen eigentlich bereits die bürgerliche Kleinfamilie gemeint sein müsste.10

Dennoch lassen sich trotz dieses begrifflichen Defizits die Veränderungen umschreiben. Die Monopolstellung der traditionellen bürgerlichen Kleinfamilie gerät immer mehr ins Wanken und macht Platz für andere familiale11 Lebensformen. Damit einher geht eine Lockerung von Ehe und Familie sowie die Reorganisation der Geschlechterbeziehungen. Dies führt zu Veränderungen der familiären Zusammensetzung wie dies zum Beispiel bei gleichgeschlechtlichen Eltern, Alleinerziehenden oder Fortsetzungsfamilien12 der Fall ist. Zudem haben die Emanzipationsbestrebungen und die damit verbundene zunehmende Erwerbstätigkeit der Frau einen Wandel der familiären Arbeitsteilung zur Folge.13 Auch auf juristischer Ebene hat sich bezüglich Kindsrecht, Ehe- und Familienrecht viel getan; seien es die Ratifizierung der UNO-Kinderrechtskonvention durch die Schweiz (1997), die Einführung des Mutterschaftsurlaubes (2005) oder auch die aktuellen Diskussionen bezüglich eines Vaterschaftsurlaubes, um nur einige Beispiele zu nennen. Zudem haben die Pädagogik, Psychologie, Soziologie und Medizin neue Erkenntnisse betreffend des Kindswohls und der diesbezüglichen Konstruktionsprozesse zu Tage gefördert. Das Konzept des Kindes als Akteur, das den Säugling als kompetenten Akteur seiner Entwicklung betrachtet, hielt Einzug in die Wissenschaft. Es kommen also verschiedene Perspektiven und Forschungsfelder zum Tragen, wenn es um die Frage nach dem Kindswohl geht. Alle diese Komponenten ziehen Veränderungen in Bezug auf die Kinder mit sich und schaffen neue Voraussetzungen für das Aufwachsen der Kinder in der Familie. So wandeln sich Mütter-, Väter- und Kinderrollen sowie auch die Rollen von Frau und Mann generell. Diese Verschiebungen werden dann zum Beispiel in den Debatten auf politischer Ebene sichtbar rund um die Frage, was gut für ein Kind ist. Alle diese Veränderungen müssten sich auch in irgend einer Form in den Elternbriefen der Pro Juventute finden lassen. Diese Publikation spiegelt einerseits, wie die Gesellschaft (oder zumindest die Herausgeberschaft) die nachtraditionelle Familie denkt, andererseits werden die Briefe selbst zu einem Faktor für die Zeichnung des Bildes der nachtraditionellen Familie.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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