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Die Fahrt auf dem "Seelensammler", dem geheimnisumwobenen Schiff unter dem Kommando des Schattengreifers, geht weiter. Simon setzt alles daran, seinen verschwundenen Vater zu finden, doch die Suche ist äußerst gefährlich. Am Ende müssen die Jugendlichen sogar in die Schattenwelt hinabsteigen! Und hier lauern weitaus mehr Gefahren, als nur der Schattengreifer selbst ...
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Seitenzahl: 328
Dritter Bandder Trilogie
Lübbe Digital
Vollständige E-Book-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG erschienenen Werkes
Lübbe Digital in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG
Originalausgabe
© 2011 Baumhaus Verlag in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln
Illustrationen: Silvia Christoph
Lektorat: Katharina Jacobi / Anna Matschke
Redaktion: Harald Kiesel
Datenkonvertierung E-Book: le-tex publishing services GmbH
ISBN 978-3-8387-0752-5
Sie finden uns im Internet unterwww.luebbe.dewww.baumhaus-verlag.deBitte beachten Sie auch: www.lesejury.de
Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Es schlug so hart, dass Simon schon befürchtete, es könnte in seinem Inneren zerplatzen. Unbändige Wut wühlte ihn auf. Eine Wut – nein, ein Hass – beinahe greifbar.
Ein Hass auf sich und auf den Magier. Doch vor allem quälte Simon diese Ohnmacht.
Hier kniete er am Strand, hilflos und zurückgelassen.
Und nur er kannte die Wahrheit. Die fürchterliche Wahrheit um Leben und Tod und um eine Falle, in die seine Freunde und sein Vater in diesem Augenblick geradewegs hineinsegelten.
Er war außerstande, sich jemandem mitzuteilen. Er war unfähig, sie alle zu warnen.
Er war hier. Verzweifelt. Erschöpft. Und vor allem: völlig machtlos.
Noch immer flossen ihm Tränen heiß über das Gesicht.
Und noch immer … noch immer spürte er diese sanfte Berührung auf seiner Schulter.
Er wandte den Kopf und blickte seiner Mutter ins Gesicht. Auch ihr rannen Tränen über die Wangen. Auch ihr war die Ohnmacht anzusehen. Die Hilflosigkeit. Die Verwirrung einer Frau, die sich nicht mehr auskannte in ihrer eigenen Welt. Deren Mann und deren Sohn in ein Geheimnis verwoben waren, von dem sie bisher nichts gewusst hatte. Die einer Gefahr ausgesetzt waren, von der Jessica nichts hatte ahnen können.
»Möchtest du reden?«
Die Liebe, die aus ihrer Stimme in diesen drei Worten herausklang, ließ Simon innerlich ruhiger werden, und er nickte.
Sie beugte sich vor, nahm ihn fest in den Arm, und es waren abermals drei Worte, die endgültig den Hass aus seinem Herzen verdrängten. Wenn auch nur für diesen einen Moment: »Das ist gut«, flüsterte sie, während sie ihm auf die Beine half und ihn den steilen Weg hinaufbegleitete, vom Strand, an dem Bootshaus vorbei zu ihrem Haus. Sie ging dicht an seiner Seite.
Simons Blick fiel auf die Rotkopf-Klippe, deren Spitze weit über den Strand hinausragte und in deren Innerem sich eine Höhle befand, von der Simon bisher nichts gewusst hatte – die vielleicht niemand in der Stadt kannte – und in der doch alles seinen Ursprung genommen hatte, was jetzt sein Leben bedrohte.
Schnell wandte er den Blick wieder ab. Wortlos ließ er sich von seiner Mutter weiter zum Haus führen, zur Tür hinein und in die Küche, wo er am Tisch Platz nahm. Sie stellte ihm ein Glas Saft auf den Tisch und setzte sich ihm gegenüber. Sie schwieg immer noch, doch ihre Blicke sprachen Bände. Sie wollte Antworten. Jetzt. Hier. Doch sie drängte ihn nicht, und Simon war ihr dankbar dafür.
Er nahm das Glas in die Hand, und obwohl er keinen Durst verspürte, setzte er es an. Nur um Zeit zu gewinnen.
Wie sollte er anfangen? Das, was er ihr zu berichten hatte, war so unglaublich und so verworren.
Er trank einen Schluck, stellte das Glas ab und sagte: »Es waren Flammen. Flammen auf Mastspitzen, mit denen alles begann.« Sein Blick schweifte aus dem Fenster zu der riesigen Kastanie im Garten hinter dem Haus. Doch er sah keine Äste oder Zweige und auch nicht den kleinen Vogel, der so vorwitzig auf einer Astspitze saß und zu ihnen hereinschaute. Er blickte auf das Schiff, das ihm inzwischen so viel bedeutete: der Seelensammler. Er sah die beiden Masten mit ihren Fackeln obenauf. Und auch die Bugfigur, den riesigen Krähenkopf. Alles erschien so realistisch vor seinem inneren Auge, als stünde er jetzt gerade davor. Wie einst, als er das Schiff in seinen Träumen gesehen hatte. Damals, als dies alles hier seinen Anfang genommen hatte.
Er sah sich selbst, wie er in der ersten Nacht in seinem Boot zu dem Schiff gerudert war. Er sah sich die Strickleiter hinaufklettern und das Deck betreten.
Und während diese Bilder in seiner Erinnerung entstanden, begann er zu reden. Die Worte flossen nur so aus ihm heraus. Er schilderte seiner Mutter alles so genau, wie es ihm nur möglich war, und das Gefühl, jetzt tatsächlich an Deck des Schiffes zu sein, verstärkte sich.
Mit Wehmut sah er die Zeitenkrieger, seine Freunde, wie sie ihm überrascht entgegengeblickt hatten, in jener ersten Nacht. Und noch einmal verspürte er den Schlag gegen das Schiff. Es war ihm, als neige sich der Seelensammler in diesem Moment weit zur Seite, gerade so, wie er es immer tat, kurz bevor sein Erbauer erschien.
Der Magier – der Schattengreifer.
Dies war der einzige Moment, in dem Simons Mutter kurz aufschreckte. Der Name des Magiers ließ sie erschauern. Doch sie fragte nicht nach. Sie ließ Simon weitersprechen, versuchte zu verstehen, was er ihr sagte. Versuchte dagegen anzukämpfen, dass dies alles völlig unglaublich klang. Sie kannte ihren Sohn. Er hatte sie noch nie belogen. Und das, was sie an diesem Tag bereits erlebt hatte, ließ sie erahnen, dass sie noch viel unglaublichere Dinge zu hören bekommen würde.
»Er greift sich deinen Schatten – dann, wenn die Not am größten ist«, berichtete Simon. »Er greift sich deinen Schatten und zerrt dich hinaus aus deiner Welt. Hinaus aus deiner Zeit. Auf dieses Schiff – den Seelensammler. Und niemand kann dich retten. Niemand weiß von dir. Niemand weiß von diesem Seelensammler.«
Es war Simon geradezu, als spräche Basrar aus ihm heraus. Diese Worte hatte Basrar benutzt, in der ersten Nacht. Der Junge aus Karthago. Der, den der Schattengreifer als Ersten zu sich genommen hatte, wie Simon damals noch geglaubt hatte.
»Er entführt die Jugendlichen und nimmt sie mit auf sein Schiff. Sie sind seine unfreiwilligen Gehilfen bei der Durchführung seines großen Plans. Er braucht ihre Fähigkeiten und ihr Wissen.«
Und Simon berichtete weiter. Alles, was geschehen war. Irgendwann wandte er den Blick vom Fenster ab und schaute auf seine Hände, die er offen auf den Tisch gelegt hatte. Seine Finger spielten mit der Haarlocke und der Raubtierkralle.
Jessica lauschte. Jedes einzelne Wort nahm sie in sich auf, mochte es noch so unglaublich klingen.
Schließlich erklärte Simon seiner Mutter den großen Plan des Schattengreifers: sein Vorhaben, die Welt zu versklaven, die Menschen seinem Willen zu unterwerfen, damit endlich alle Streitigkeiten und alle Kriege ein Ende hätten. Die Welt in seiner Hand, in seiner Obhut.
Und dann fiel Simon erschöpft in sich zusammen. Er hatte sicherlich zwei Stunden ohne Unterbrechung geredet. Nun fühlte er sich leer und matt und blickte mit müden Augen auf sein Saftglas, das er seit dem ersten Schluck nicht mehr angerührt hatte.
Jessica saß ihm mit offenem Mund gegenüber. Ihre Wangen glühten. Auch sie fühlte sich erschöpft. Und es war ihr anzusehen, dass sie noch immer versuchte, all das Unglaubliche zu verstehen.
Simon spürte, dass ihr die gesamte Tragweite seines Berichtes noch nicht bewusst geworden war. Er richtete sich in seinem Stuhl auf, und obwohl alles in ihm sich dagegen wehrte, sagte er knapp: »Es ist eine Falle.«
Und diese Worte ließen Jessica erneut aufhorchen. »Wie meinst du das?«
»Papa hat das Risiko auf sich genommen, um mich zu retten. Doch das war ein schlimmer Fehler. Er hat mich nicht gerettet, er hat uns beide in Gefahr gebracht!«
Jessica verlor das letzte bisschen Ruhe. »Was bedeutet das?«, fuhr sie Simon an. »Nun sag schon!«
»Der Schattengreifer hat Papa gefragt, wie weit er gehen würde, um mich zu retten. Das kann nur eines bedeuten: Er führt ihn wieder zu dem Moment zurück, an dem Papa von dem Schiff geflohen ist. Und Papa glaubt sicher, dass er mich rettet, wenn er dieses Mal auf dem Schiff bleibt. Wenn er den rettenden Sprung dieses Mal nicht wagt. Doch dann …«
»… ändert sich die gesamte Vergangenheit«, schloss Jessica bestürzt. Simon war überrascht, wie schnell sie diese besondere Situation erfasst hatte.
»Ich hätte ihn ja nie kennengelernt«, murmelte sie. »Und dich, Simon …«
»… mich würde es gar nicht geben.«
»Wenn dein Vater also nicht springt, so wie einst …«
»… dann werde ich verschwinden. Mich auflösen oder in mich zusammenfallen oder davonfließen. Wie auch immer: Springt Papa nicht von Bord, dann ist es mit mir aus.«
»Und wenn er springt?«
»Dann werden wir die Rache des Schattengreifers zu spüren bekommen«, gab Simon zur Antwort, und in derselben Sekunde schoss es ihm und seiner Mutter durch den Kopf: was immer dies für uns bedeuten wird. Doch keiner der beiden wagte es, diesen Gedanken laut auszusprechen.
Plötzlich war es wieder da, dieses Gefühl der Hilflosigkeit. Es zerrte an Simon. Augenblicklich erwachte wieder die Wut in ihm. Er musste seine Freunde warnen. Und auch seinen Vater. Doch er saß hier, festgehalten in seinem Zuhause, vor einem Glas Saft.
»Kann ich dir ein paar Fragen stellen?«, kam es Simon leise über die Lippen.
Jessica nickte. »Natürlich. Was willst du wissen?«
»Was hat Papa gesagt, bevor er sich auf den Weg zum Schiff gemacht hat?«
Sie zuckte die Schultern. »Eigentlich nichts. Er stammelte Dinge, die ich nicht verstanden habe. Die erst jetzt langsam einen Sinn für mich ergeben. Ein Geheimnis, von dem ich bisher nichts ahnen konnte. Ein Ereignis in seiner Jugend …«
Simon bohrte weiter nach: »Wie ist er auf das Schiff gekommen?« Er wusste zwar nicht, wohin ihn diese Fragen führen konnten, doch er hatte das dringende Bedürfnis, sich alldem zu stellen.
Seine Mutter lachte kurz auf. »Wenn ich dir das sagen könnte. Erst hat er im Garten nach etwas gesucht – nach dieser Kralle, die du in den Händen hältst.«
»Die Kralle? Was hat er damit getan?«
»Wenn ich dir das beschreiben könnte. Er murmelte unverständliches Zeug, und dann hat Christian sich mit der Spitze der Kralle in die Hand geschnitten. Allerdings erst, nachdem er auch eine Haarlocke von mir hatte.«
Noch einmal blickte Simon auf seine Hände, in denen er die Locke und die Kralle bewahrte. Doch dieses Mal schaute er nicht gedankenverloren darauf. Ein Zittern überkam ihn. Ein Hoffnungsschimmer. Gab es vielleicht doch einen Ausweg für ihn? Konnte es sein, dass er gerade die Lösung seines Problems in den Händen hielt? Wenn sein Vater es mit der Kralle auf das Schiff geschafft hatte, konnte dann möglicherweise auch Simon damit zum Seelensammler zurück?
Sein Vater hatte sich die Krallenspitze in die Haut geritzt, kurz bevor er zum Seelensammler gekommen war. Genau so, wie er mit der Spitze Simons Handfläche eingeritzt hatte, als er ihn von Bord des Seelensammlers geschickt hatte. Die unverständlichen Worte, von denen Jessica gerade berichtete, hatte Simon ebenfalls gehört. All das schien eine Möglichkeit zu bieten, das Schiff zu besuchen und zu verlassen. Doch was hatte es mit der Locke auf sich?
Simon wurde immer aufgeregter: »Was hat er genau getan, Mama?«, fragte er hektisch. »Was war es?«
»Was ist denn mit dir? Du …«
»Bitte, sag es mir: Was hat er getan?«
Wieder zuckte sie die Schultern. »Er kniete auf der Erde, murmelte diese Formeln und …«
Simon zeigte mit der linken Hand auf seine rechte. »Und die Haarlocke?«
»Die hat er mir abgeschnitten, kurz bevor er von Rückkehr sprach.«
Simon atmete auf. Jetzt war ihm alles klar! Die Locke hatte ihn hierher geführt. Für den Zauber brauchte man etwas von dem Ort, an den man reisen wollte. Wenn Simon also wieder auf den Seelensammler zurückkehren wollte, dann benötigte er diese Kralle, etwas von dem Schiff und die Formeln. Und er durfte keine Sekunde mehr zögern. Er musste zurück auf das Schiff.
Jetzt!
Hastig sprang er auf. »Wo hat Papa gegraben?«
»Simon, was ist denn plötzlich mit dir?«
»Bitte, sag mir, wo er gegraben hat.«
Sie wies aus dem Fenster. »Draußen im Garten, an der Kastanie. Wieso …«
Er stürzte nach draußen. »Ich darf keine Zeit verlieren. Ich muss los.«
Jessica sprang von ihrem Platz auf und rannte ihrem Sohn hinterher. »Was? Du musst los? Aber …«
»Verstehst du nicht? Ich muss auf das Schiff. Ich muss alle warnen!« Schon erblickte er die aufgeworfene Erde am Fuß der Kastanie. Christians Spaten steckte noch im Boden, und davor stand eine kleine Kiste mit geöffnetem Deckel. Auf Simon wirkte sie geradezu einladend. Er wollte darauf zulaufen, doch Jessica hielt ihn am Arm. Unbändige Angst sprach aus ihren Augen. Angst um ihren Sohn.
»Du willst zurück auf dieses Schiff? Gerade jetzt, wo ich dich endlich wiederhabe? Du glaubst nicht, was für Sorgen ich in den vergangenen Stunden ausgestanden habe. Um dich. Um deinen Vater.«
Simon versuchte, sich aus dem Griff zu lösen. »Ich muss zurück, Mama. Ich muss.«
»Du willst dich erneut in Gefahr begeben?«
Es gelang ihm nicht, ihren Griff zu lockern. »Verstehst du denn nicht? Ich bin in größerer Gefahr, wenn ich hierbleibe. Und Papa auch. Ich bin vermutlich der Einzige, der die hinterhältige Falle des Schattengreifers erkannt hat. Ich bin vielleicht der Einzige, der weiß, dass Papa gerade mit seinem und mit meinem Leben spielt.«
Der Griff um seinen Arm löste sich. Jessica blickte ihn verzweifelt an. »Und es gibt nur diese eine Möglichkeit?«
Simon nahm ihre Hände in seine. »Glaub mir: Ich muss zurück!«
Sie seufzte.
»Es tut mir leid.« Simon ließ ihre Hände los und wandte sich wieder der Kastanie zu. Vor der kleinen Kiste ließ er sich auf die Knie fallen. Er nahm die Kiste in beide Hände und schaute wie im Fieber hinein. Doch wie groß war seine Enttäuschung, als er erkannte, dass sie beinahe leer war. Einzig ein Stückchen Stoff, gerade so groß wie ein Geldstück, lag darin. Simon sah sich fieberhaft um. Ein Stofftaschentuch lag neben dem Spaten. Er beugte sich vor, griff danach und faltete es hektisch auseinander. Doch es stand nichts darauf geschrieben, wie er gehofft hatte.
Noch einmal ließ er seinen Blick schweifen, aber nirgendwo entdeckte er ein Blatt Papier oder ein weiteres Stück Stoff oder irgendetwas anderes, auf das die Formeln geschrieben sein könnten – die Formeln, die ihn zurück zum Seelensammler bringen könnten.
Sein Herz sackte. Alles in ihm wurde schwer.
Jessica trat an ihn heran. »In der Kiste ist nicht das, was du suchst, oder?«
Simon blickte zu ihr auf und schüttelte den Kopf.
»Das Stück Stoff, das dein Vater darin gefunden hatte, war etwas größer, aber …«
Simon wurde hellhörig. »Papa hat solch einen Stoff herausgenommen?« Schnell griff Simon in die Kiste, und urplötzlich lachte er auf. Er hätte sich ohrfeigen können, dafür, dass er durch die Suche nach den Zauberformeln dem Stoff keine Beachtung geschenkt hatte. Jetzt, hier zwischen seinen Fingern, wurde ihm urplötzlich klar, woher das Stückchen stammte. Er kannte dieses Gefühl. Er wusste, dass es sich um ein Stück Segel des Seelensammlers handelte.
Er strahlte. Dieses Stückchen Stoff, so klein es auch sein mochte, konnte ihn zu dem Schiff führen. Wenn er nur die Formeln kennen würde.
Noch einmal schaute er sich um. Seine Finger spielten mit der Kralle. Simon hätte platzen können vor Ungeduld. Er dachte an seine Freunde zurück, die jetzt nur noch eine Zauberformel weit von ihm entfernt waren. Er wollte sie wiedersehen. Er wollte sie in den Arm nehmen.
Neferti.
Er sah ihr Gesicht. Ihr Lachen. Er sah, wie sich ihre Lippen bewegten, als sie ihm zuletzt noch zugerufen hatte: »Wir sehen uns wieder.«
Und auf einmal war es ihm, als könne er ihren Geruch wahrnehmen. Ihr Haar riechen. Ihre Stimme hören. Seine Sehnsucht nach ihr und nach seinen Freunden wurde übergroß. Seine Fantasie spielte ihm Streiche. Schon glaubte er, das Knarren der Planken zu hören und auch die Schreie der Krähen in den Körben. Er konnte das Meer riechen und das Salz auf seiner Haut spüren.
Sehnsucht.
In diesem Augenblick regte sich etwas tief in ihm. Eine Kraft, die er nicht kannte, bemächtigte sich seiner. Alles um ihn herum wurde für einen Moment schwarz, dann plötzlich sah er wirbelnde Sterne vor seinem geistigen Auge. Ein Sausen übertönte erst alle Geräusche, bevor er eine Stimme hörte. Jemand redete in einer Sprache, die er nicht kannte. Formeln wurden ausgesprochen. Und Simon verstand schnell, dass er es war, der diese Worte von sich gab.
Wie in Trance zückte er die Raubtierkralle in seiner Hand, hielt sie sich an die Handfläche und ritzte hinein. Das Blut strömte warm über seine Hand, über den Stoff, die Haarlocke seiner Mutter.
Das Wirbeln vor seinen Augen wurde stärker, bis plötzlich alle Sterne verschwanden und Simon einen letzten Blick auf seine Mutter werfen konnte, die ihm ängstlich und sorgenvoll, aber doch mit einem Hoffnungsschimmer in den Augen hinterhersah.
Dann drehte sich alles um ihn.
Er wandte sich ab. Die Zeit des Redens und des Verhandelns war vorüber. Er hatte sich entschieden, und nichts konnte ihn davon abhalten. Auch nicht die vertraute Stimme, die nun nach ihm rief. Die ihn bat, zu bleiben und nicht zu gehen. Doch er blieb unbeeindruckt. Beinahe genoss er es, den Verzweifelten hinter sich zu lassen. Ihn mit seiner Angst allein zu lassen in den langen Gängen seiner Festung. Sollte er es ruhig als Strafe verstehen. Als Strafe für die Flucht, die er einst vorgezogen hatte. Der Magier verdrängte die Rufe aus seinem Kopf und betrat die riesige Halle. Er hatte sich entschlossen, neu zu beginnen. Auch wenn ihn das viel Mühe und Zeit kosten würde. Er war bereit, sich noch einmal in Geduld zu üben und den Neuanfang zu wagen. Den Neuanfang. Dann, wenn das Alte aus dem Weg geräumt war.
Hart schlug er mit dem Kopf auf. Der Schmerz durchfuhr seinen ganzen Körper. Doch der Geruch nach altem morschem Holz ließ Simon sofort allen Schmerz wieder vergessen. Der vertraute Duft und der wunderbare Klang knarrender Bretter waren sein Willkommensgruß. Das Rumoren, von dem das ganze Schiff ergriffen wurde und das sich auch sacht auf Simons Haut legte, wirkte wie eine freundschaftliche Berührung.
Zu gern wäre Simon aufgesprungen, wäre über das Deck gerannt und hätte seine Freunde gesucht. Doch er musste sich zügeln. Er wusste ja nicht, ob der Schattengreifer an Deck war und in welcher Lage sich seine Freunde befanden.
Vorsichtig öffnete er die Augen. Die Flammen auf den Mastspitzen waren das Erste, was er erblickte. Es musste mitten in der Nacht sein. Der Himmel war ungewöhnlich schwarz. Nur ein einziger Stern war zu erkennen.
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