Schieß, Bill, oder du stirbst … Western - Heinz Squarra - E-Book

Schieß, Bill, oder du stirbst … Western E-Book

Squarra Heinz

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Beschreibung

Western von Heinz Squarra Der Umfang dieses Buchs entspricht 124 Taschenbuchseiten. Bill Jackson ist in Victorville auf der Suche nach seinem Freund Brad Miles, der als Eisenbahn-Marshal einem brutalen Konkurrenten der Bahn das Handwerk legen soll. Aber nun sieht es so aus, als habe Miles die Seiten gewechselt, denn er scheint verantwortlich für ein Zugunglück mit vielen Toten. Aber stimmt das auch so?

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Heinz Squarra

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Inhaltsverzeichnis

Schieß, Bill, oder du stirbst … Western

Copyright

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Schieß, Bill, oder du stirbst … Western

Western von Heinz Squarra

Der Umfang dieses Buchs entspricht 124 Taschenbuchseiten.

Bill Jackson ist in Victorville auf der Suche nach seinem Freund Brad Miles, der als Eisenbahn-Marshal einem brutalen Konkurrenten der Bahn das Handwerk legen soll. Aber nun sieht es so aus, als habe Miles die Seiten gewechselt, denn er scheint verantwortlich für ein Zugunglück mit vielen Toten. Aber stimmt das auch so?

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublisching sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

Cover: Tony Masero

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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Alles rund um Belletristik!

1

Der Zug 32 der Union Pacific Railroad rattert und schnauft durch die Nacht. Niemand im Zuge ahnt, dass er sein Ziel nicht erreichen wird. Denn niemand – auch der Lokführer nicht – weiß, dass die nächste Brücke zerstört ist. Der Zug rast mit unvermindertem Tempo darauf zu …

Die beiden Reiter hinter dem Mesquitenstrauch haben sich bequem auf den Sattelhörnern zurechtgelehnt. Sie schauen zu dem Eisenbahnzug hinunter, der sich wie eine lange schattenhafte Schlange durch das Halbdunkel dieser Nacht bewegt. Das Fauchen der Lokomotive dringt deutlich bis zu ihnen herauf.

„Gleich ist er da“, sagt der eine und zieht an seiner Zigarette.

Der andere nickt. Er dreht sich eine Zigarette und zündet sie an. Die aufspringende Flamme beleuchtet für einen kurzen Augenblick ein hageres, hartes Gesicht, in dem kalte Jettaugen leuchten.

Der fahle Lichtkegel des Lokscheinwerfers unter dem mächtigen Schornstein zuckt hin und her. Plötzlich neigt er sich nach unten. Er irrt über eine Halde und spiegelt sich im Wasser des Flusses unter der Brücke, von der ein Stück fehlt.

Krachend zerbricht etwas. Eisen schabt über Steine. Donnernd rasen die drei angehängten Wagen aufeinander und kippen hinter der bereits fallenden Lok her. Gellende Schreie dringen bis zu den beiden Reitern auf der Hügelkuppe hinter dem Busch. Da ein gewaltiger Donnerschlag, ein Zischen, Feuer, sprühende Funken und wallender Staub der vor die Szene zieht. Und noch einmal das Echo von Schreien. – Dann Stille.

Die beiden Reiter ziehen wieder an ihren Zigaretten. Sie blicken sich an. Der eine wirft die Kippe über den Busch und zieht sein Pferd herum.

„Reiten wir“, meint er über die Schulter.

Der andere klemmt seine Zigarette in den Mundwinkel, wendet sein Pferd und folgt seinem Kumpan, der schon vom Hügelrücken reitet.

„Die Wagen sind alle in die Schlucht gestürzt“, knurrt er.

„So war es auch berechnet“, gibt der andere zurück und zügelt sein Pferd, bis sein Komplice neben ihm ist.

„Glaubst du, dass alle tot sind, Stiv?“

„Was ich glaube, ist ganz unwichtig. Auf jeden Fall wird es der Bahngesellschaft nun nicht mehr möglich sein, ihre Strecke als sicher für die Reisenden zu bezeichnen.“

„Wir haben aber schon viel unternommen, Stiv. Trotzdem haben wir nie etwas erreicht.“

„Es war bestimmt immer zu harmlos. Du solltest an den Extralohn denken, den du dir verdient hast. Und über das andere musst du dir keine Gedanken machen. Sie führen zu nichts.“

Eine Weile reiten sie schweigend.

„Die meisten sind bestimmt tot, Stiv“, knurrt der eine schließlich und wirft nun seine Kippe ebenfalls weg.

„Es tut nur leid, aber es ging nicht anders, Ves. Du solltest nun wirklich nicht mehr davon reden.“

Nach zehn Minuten hält Stiv sein Pferd an und zieht sein Gewehr aus dem Sattelschuh. Er hebt es mit dem Lauf nach oben und gibt zwei Schüsse ab. Grollend zieht der Schall über das Land.

Eine Weile geschieht nichts, dann brechen zwei Reiter durch eine Hecke und kommen auf die beiden wartenden Männer zu. Als sie vor ihnen anhalten, grinst Stiv sie an.

Der eine sinkt daraufhin im Sattel zusammen und senkt den Blick auf den Boden.

„Es hat alles wunderbar geklappt, Brad“, meint Stiv. „Der Zug ist mit allen drei Wagen in der Schlucht des Green River gelandet. Du hast deine Arbeit gut gemacht. Der Boss wird mit dir zufrieden sein. Und du weißt nun sicher ganz genau, wo du stehst. – Reiten wir weiter, Freunde.“

Brad hebt langsam den Kopf. Helle Punkte tanzen in seinen Augen. Unsicher schaut er von einem der Männer zum anderen. Sie blicken ihn alle fragend und abwartend an.

„Die meisten dürften tot sein“, sagt Ves dunkel.

„Daran wirst du keinen Spaß haben. Ich habe auch keinen daran. Aber ich werde dafür bezahlt. Und Stiv hat mir erklärt, dass dies und sonst nichts wichtig ist. Wir sind nun alle Mörder, Brad. Wir sind auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden. Keiner von uns kann aussteigen!“

„Ja“, sagt Brad und hustet. „Keiner kann aussteigen. Ihr seid alle verdammte Schufte!“

„Genau“, brummt Ves. „Wir sind verdammte Schufte und Lumpen, und wahrscheinlich will selbst der Satan nichts mit uns zu tun haben. Und du bist nun einer. Denn es spielt keine Rolle, warum man zum Mörder wurde. Es ist ganz gleichgültig, ob aus Geldgier oder aus Feigheit. Mord ist Mord. – Denk daran!“

„Wenn ihr endlich fertig seid, können wir weiter“, schnaubt Stiv. „Was du ihm erzählt hast, Ves, weiß er alles selbst.“

Ves schaut Stiv einen Moment an, blickt dann zu Brad weiter und sagt: „Ich habe es gar nicht ihm erzählen wollen, Stiv. Mir wollte ich es sagen. Und mir muss ich es immer wieder sagen, bis ich es ganz genau weiß.“

2

Donald Carradine, Bevollmächtigter der Bahngesellschaft Union Pacific für das Territorium Wyoming, schaut aus dem Fenster seines Büros.

Bill Jackson, der hinter ihm steht, sieht eine Stagecoach vor der Poststation gegenüber. An der Tür der Kutsche steht: Wyoming Trade Company.

Carradine wendet sich langsam um. Sein Gesicht sieht eingefallen aus.

„Daniel Hogan ist der einzige Gewinner in diesem Spiel“, sagt er mit dunkler, brüchiger Stimme. „Er und sonst niemand. Früher, ehe wir hierherkamen, transportierte er fast nur Güter. Jetzt kann er sogar die Reisenden befördern. Ich frage mich, ob wir noch Fahrgäste nach Westen finden, wenn die Brücke wieder hergestellt ist.“

Bill Jackson sieht einen dicken Mann neben der Kutsche, der eben einer Frau beim Einsteigen hilft.

„Das frage ich mich auch“, sagt er. „Steht es fest, dass die Brücke nicht unter dem Gewicht der Lok zusammenbrach?“

„Sie meinen, weil wir damals so schnell gebaut haben, wie?“

„Ja.“

„Jackson, wir schreiben jetzt 1872. Alle Brücken sind inzwischen verstärkt worden. Außerdem habe ich einen Ingenieur losgeschickt. In die Brücke ist ein Loch gesprengt worden. Der Mann sagte mir vor zwei Stunden, das hätte jeder Laie feststellen können.“

Bill sieht den dicken Mann in die Kutsche steigen. Er denkt an Daniel Hogan, den Besitzer der Wyoming Trade Company, den er niemals in seinem Leben gesehen hat. Welche Rolle kann dieser Mann spielen?

Carradine hat sich umgewandt und schaut wieder hinaus. Eben klettert der Kutscher auf den Bock und knallt mit der Peitsche.

„Er hat nicht mal einen Gunman“, sagt er über die Schulter.

Rasselnd setzt sich das Gefährt in Bewegung und verschwindet aus Bill Jacksons Blickfeld.

„Wenn man bedenkt, dass unsere Züge laufend überfallen wurden, ist das seltsam, nicht wahr?“

„Ja“, stimmt Bill zu. „Aber da es sich ohne Zweifel um eine starke und gut ausgerüstete Bande handelt, kann Hogan durchaus der Meinung sein, ein Gunman könnte seiner Kutsche nichts nützen, wenn sie angehalten wird.“

„Kann stimmen, Jackson. Aber was sagen Sie dazu: unsere Züge wurden mindestens zweimal in jeder Woche angehalten. Oft mussten die Reisenden aussteigen, während der Zugführer gezwungen wurde, weiterzufahren. Oft wurden die Reisenden ausgeplündert. Dreimal war die Strecke aufgerissen. In letzter Zeit wurden die Überfälle immer häufiger. – Unser Zug stürzte vor zwei Wochen ab. Seither macht Hogan unser Geschäft. Seinen Kutschen ist nie etwas geschehen. Es ist uns nur ein einziger Fall bekannt, dass eine Kutsche angehalten wurde.“

„Hat man die Banditen nie erkannt?“

„Nein.“

„Wenn Hogan wirklich der einzige Gewinner ist, sollte man sich um ihn kümmern. Wo ist der Sitz seiner Company?“

„In Victorville. Fünfzig Meilen nordwestlich von hier. Hogan hat bis vor drei Jahren den gesamten Postverkehr in Wyoming und Idaho kontrolliert. Wir haben ihn fast ruiniert. Irgendwie hatte ich ihn vom Anfang der Überfälle an im Verdacht, unser Gegenspieler zu sein. Zuerst war ich geneigt, das sportlich zu nehmen und mit ihm – wenn er es ist – einen Wettkampf auszutragen. Aber vor zwei Wochen sind zwanzig Menschen ums Leben bekommen. Schon vorher nahm die Sache überhand. Ich habe vor vier Wochen einen Mann nach Victorville geschickt. Brad Miles, Sie kennen ihn?“

Bill nickt. Er denkt an einen aufrichtigen, zurückhaltenden Mann, mit dem er in den letzten zwei Jahren oft geritten ist. Irgendwie war Miles nicht der Kerl zum Eisenbahn-Marshal, hatte er immer gefunden. Aber dennoch waren sie Freunde geworden. Und einmal konnte Miles ihm das Leben retten.

„Ja, natürlich“, sagt er.

„Ich habe von Miles nichts mehr gehört“, redet Carradine weiter. „Deshalb habe ich Sie kommen lassen, Jackson. Sie sollen nach ihm forschen. Und nach dem Mann, der zwanzig Menschen in den Tod geschickt hat.“

Bill geht langsam zur Tür. Er hat die Klinke schon in der Hand, als Carradine sagt: „Denken Sie daran, dass ein Menschenleben in dieser Sache für unseren Gegner keine große Rolle spielt, Jackson. Sie sind in den letzten zwei Jahren sehr bekannt geworden. Ich möchte Sie hier wiedersehen.“

Bill lächelt etwas. Er muss daran denken, wie oft er Carradine in den letzten zwei Jahren um Haaresbreite nicht wiedergesehen hätte. Einmal hätte nur Miles nicht an seiner Seite zu sein brauchen.

„Natürlich, Sir“, erwidert er. „Ich werde den Stern in der Tasche behalten. – So long.“

3

Bill Jackson pariert sein Pferd und blickt auf die Stadt in der langen Ebene. Weit im Hintergrund sieht er die aufsteigenden Berge, und er denkt, dass es die Bitter Root Mountains sind, die sich da erheben und eine Barriere vor Idaho bilden.

Er schätzt, dass es fünfzig Häuser sind, die da in der langen Ebene beieinander stehen. Er betrachtet sie noch, als er das Geräusch hinter sich hört. Seine Muskeln spannen sich an. Doch er bleibt reglos sitzen, weil er weiß, dass seine Reaktion zu spät kommen muss.

„Hallo“, ruft eine dunkle Stimme.

Ein Pferd schnaubt.

Bill Jackson schaut vorsichtig über die Schulter. Er sieht einen etwa dreißigjährigen Mann mit einem rauen Alltagsgesicht, der eine Spencer in der Armbeuge hält, deren Mündung wie zufällig auf Bills Kopf gerichtet ist.

„Willst du da hinunter?“, fragt der Mann mit einem schiefen Grinsen.

„Ja.“

„Das ist Victorville. Weißt du das?“

„Ich hörte davon.“

„Und was willst du hier?“

„Irgend etwas. – Warum?“

Der Kerl grinst breiter. Er wackelt mit seinem Gewehr.

„Die Fragen stelle ich“, meint er. „Also – was willst du?“

„Einen Whisky trinken. Und vielleicht einen Job suchen.“

„Was für einen?“

„Es soll hier ein Frachtwagengeschäft geben.“ Bill sieht, wie das Grinsen im Gesicht des Mannes einfriert. Am liebsten würde er seine Bemerkung zurückholen, aber es ist zu spät dazu.

„So, einen Job also“, sagt der Kerl. „Und wenn ich dir nun sagen kann, dass du hier doch keinen bekommst? Reitest du dann in einer anderen Richtung?“

„Nur, wenn du es unbedingt willst“, entgegnet Bill gedehnt.

„Ja, ich will!“, stößt der Kerl hervor. „Wir haben hier nämlich etwas gegen Fremde, damit du es genau weißt! Erst gestern ist der Sheriff ermordet worden!“

„Ach?“

„Los, umdrehen und nach Osten geritten!“

Bill wendet sein Pferd. Er kommt dabei dicht an den Kerl heran, schlägt mit der Faust zu und springt hinterher. Er packt den Burschen an den Schultern. Sie schlagen aus den Sätteln, krachen auf den Boden, und das Gewehr rutscht ein paar Meter weg.

Bill weicht einem Schlag aus und zieht einen Kammer hoch. Der Hinterkopf des Wegelagerers kracht zwischen die Grasnarben.

Bill steht auf und schlägt den Staub von seinen Kleidern. Er hebt seinen Hut auf, der ihm entfallen ist.

„Steh auf!“, sagt er.

Der Kerl schielt zu seinem Gewehr hinüber. Es ist jetzt für ihn zu weit entfernt.

„Du sollst aufstehen!“

Der Halunke kommt auf die Beine.

„Wer hat dich hierher gestellt?“

„Der Richter. Ich soll keine Fremden in die Stadt lassen.“

„Gut. Ich werde den Richter danach fragen.“

Der Bursche grinst schon wieder. Er hat die Hand auf den Kolben der Colts liegen.

„Du wirst deine nächste Unterhaltung mit dem Teufel führen“, meint er. „Sonst triffst du niemanden mehr auf deiner Reise.“

Bill sieht das Aufblitzen in den Augen des Schurken und greift zur Hüfte. Sein Frontiercolt springt in die Höhe und zuckt im Rückstoß. Ein fauchender Mündungsblitz faucht dem Burschen entgegen. Ein Seitensprung bringt ihn genau in die Schusslinie. Die Kugel trifft ihn in die Brust und treibt ihn rückwärts. Augenblicklich weicht alles Blut aus seinem Gesicht, während er sich sichtbar bemüht, stehenzubleiben und die halb erhobene Waffe anzuschlagen.

Da kippt er schon nah vorn. Noch ehe er auf den Boden schlägt, drückt er ab.

Die Kugel fährt ins Erdreich und reißt Klumpen in die Höhe. Sein Schrei geht im Donnern der Waffe unter.

Bill schiebt den rauchenden Colt ins Halfter zurück und dreht den Mann auf den Rücken. Er ist tot, weil er mit dem Seitensprung in den Schuss hineinsprang. Denn Bill hatte ihm in die Schulter schießen wollen.

Jackson hält vor dem Mietstall in der Mitte der Präriestadt an. Er blickt in den Hof hinein und sieht mehrere Frachtwagen und zwei Kutschen, die abgestellt sind.

Nirgends in der Stadt ist ein Mensch zu sehen. Nur das Geschrei von ein paar Kindern dringt aus einem Haus, aber er weiß nicht, welches Haus es ist.

Da kommt ein alter Mann aus dem Mietstall, der sich ein paar Strohhalme aus den spärlichen Haaren streicht und gähnt. Er bleibt erschrocken stehen, als er das zweite Pferd erblickt, auf dem ein langes, von einer Decke verhülltes Bündel liegt, aus dem ein Paar Stiefel schaut.

„Ist denn niemand da?“, fragt Bill Jackson.

Der Mann hustet. Furchtsam gleitet sein Blick über Bill hinweg und huscht immer wieder zu dem Deckenbündel, aus dem die Stiefel lugen, zurück.

„N … nein“, meint er.

„Wo sind die Leute?“

„Auf … dem Stiefelhügel. Der Sheriff wird beerdigt.“

Bill steigt ab.

„Ist der Richter auch dort?“, fragt er.

„Ja“, erklärt der Mann zögernd und stiert immer noch auf den Toten, den er nicht sehen kann.

„Ist es wahr, dass der Richter einen Mann vor der Stadt aufgestellt hat, der alle Fremden fortschicken soll?“

„Davon habe ich noch nie etwas gehört, Mister.“

„Ich dachte es mir.“ Bill geht um sein Pferd herum, hebt die Decke an und zieht den Kopf des Toten in die Höhe.

„Kennen Sie den?“

Der Mann weicht zurück, bis er am Zaun steht und nicht mehr weiter kann.

„Ich habe ihn schon gesehen“, meint er flau. „Mit einer Horde anderer. Hier in der Stadt.“

Bill lässt den Kopf und die Decke zurückfallen.

„Wer hat den Sheriff ermordet?“, will er wissen.

„Auch einer von diesen Burschen. Die anderen sagten Andy Meek zu ihm.“

Bill gibt dem Mann die Zügel der beiden Pferde in die Hand. Er zeigt über die Schulter und sagt: „Wenn der Richter kommt, findet er mich da drüben im Saloon.“ Er wendet sich ab und überquert die Straße. Dabei blickt er auf das Schild, das über dem Saloon hängt. Darauf steht:

Mountainman Saloon.

Bill steigt die Stufen zum Stepwalk hinauf und schiebt sich durch die Schwingtür. Er sieht ein schwarzhaariges Mädchen mit grün leuchtenden Augen hinter der Theke. Sonst ist niemand im Saloon.

Das Mädchen richtet sich gerade auf, als Bill zur Theke geht. Er bleibt davor stehen und blickt sie an.

„Ich habe mein Gepäck noch im Mietstall“, sagt Jackson. „Gehört Ihnen der Saloon?“

„Meinem Vater.“

„Er ist zum Begräbnis?“

„Ja.“

„Mein Name ist Jackson. Bill Jackson. Ich möchte ein Zimmer.“

Das Mädchen geht zu einem schmalen Pult und blättert in einem Buch mit Eselsohren.

„Sie können ein Zimmer haben“, sagt sie. „Wie lange wollen Sie bleiben?“

Er sieht ihren forschenden Blick und zuckt die Schultern.

„Ich weiß noch nicht. Einige Tage sicher. – Wie war das eigentlich, als der Sheriff erschossen wurde?“

„Er war hier im Saloon. Eine Bande treibt sich im Distrikt herum. Sie kommen beinahe regelmäßig in die Stadt. Der Sheriff soll vermutet haben, dass die Kerle etwas mit den Überfällen auf die Eisenbahn zu tun gehabt haben. Genau weiß es niemand. Jedenfalls war er auf irgendeine Spur gestoßen. Gestern Abend war die Bande auch hier. Der Sheriff kam durch die Tür, da fiel der Schuss. Es war Andy Meek gewesen. Ich konnte es genau sehen. Er hat dem Sheriff nicht mal eine Chance gegeben. Ehe mein Vater und die anderen etwas machen konnten, war die Bande verschwunden.“

„Wie viele Männer waren es?“

„Die Bande?“

„Ja.“

„Zehn, glaube ich.“

„Und gegen die hätten die anderen Männer etwas unternommen?“

Das Mädchen senkt unsicher den Blick auf die Schankplatte.

„Ich weiß nicht. Mein Vater war sehr zornig. Vor allem deshalb, weil der Sheriff schon vorher mehrmals behauptet hat, er würde daran verdienen, dass die Eisenbahn überfallen wird.“

Bill starrt sie überrascht an.

„Ihr Vater?“, fragt er.

„Ja. Ihm gehört die Transportgesellschaft.“

„Dann heißen Sie also Hogan?“

„Ja. Joan Hogan. Mein Vater verdient wirklich daran. Aber der Ton, in dem das der Sheriff sagte, war beleidigend.“

„Ich verstehe, Miss Hogan. Der Sheriff wird das nun nie mehr zu Ihrem Vater sagen.“ Er bemerkt, wie Kälte in ihre Augen steigt und ein abweisender Zug um ihren Mund erscheint.

„Was wollen Sie in Victorville?“, fragt sie herb und steht plötzlich sehr gerade.

„Vielleicht möchte ich das gleiche herausfinden, was der Sheriff herausfinden wollte. Finden Sie es nicht seltsam, dass eine Bande lange Zeit eine Stadt besucht, ohne dass etwas geschieht, und dass die gleiche Bande dann plötzlich den Sheriff niederschießt und entkommen kann?“

„Wie soll ich das verstehen?“

„Denken Sie einmal genau nach: können zehn Männer schneller verschwinden, als andere ihre Colts ziehen?“

„Die meisten Männer in der Stadt sind Handwerker, Mister. Keine Kämpfer.“