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Der Theaterpionier Friedrich Ludwig Schröder (1744–1816) war von 1781 bis 1785 am Wiener Burgtheater engagiert. Zeitgleich wirkte Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) als freischaffender Musiker in Wien. Beide waren über künstlerische und menschliche Zusammenhänge miteinander verbunden. Das hatte auch zu tun mit vielfältigen Netzwerken, gemeinsamen Freunden und Förderern sowie mit freimaurerischen Geistesverwandtschaften, die einen bisher kaum beachteten Aspekt der Entstehungsgeschichte von Mozarts Opern und deren Rezeption berühren. Mozarts und Schröders Wirken steht gegen Ende des Aufklärungszeitalters am Beginn einer Epoche, die sich kulturhistorisch auch als Weimarer Klassik in der Literatur und als Wiener Klassik in der Musik artikuliert.
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Seitenzahl: 126
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Print: ISBN 978-3-943539-64-6
eBook EPUB: ISBN 978-3-96285-154-5
1. Auflage 2016
Copyright © by Salier Verlag, Leipzig
Alle Rechte vorbehalten.
Einband: Christine Friedrich-Leye, Leipzig
Herstellung: Salier Verlag, Bosestr. 5, 04109 Leipzig, Germany
Printed in the EU
www.salierverlag.de
Vorwort
Aufbruch in eine neue Zeit: Absolutismus, Aufklärung, Kultur
Kindheit in »aufgeklärten« Zeiten: Kind sein und Mensch werden
Friedrich Ludwig Schröder: „Gezeugt und gesäugt auf dem Theater«
Wolfgang Amadeus Mozart: Kindheit auf Tournee
Mozart und Schröder als Teenager: Kinder, Künstler, Karrieren
Von freien und unfreien Künstlern: Vaganten, Musikanten, Komödianten
Schröder: Vernunft? Sittlichkeit? „Er wollte nur Mensch sein, nur durch Vernunft und Sittlichkeit gelten.«
Mozart: Menschenverstand? Schicklichkeit? „Gute Sitten, ein aufgeklärter guter Menschenverstand und Schicklichkeit.«
Dem Publikum und der Moral verpflichtet: Bühne frei für Schröder
Oper: Adaptieren, interpretieren, inszenieren: Emanzipation einer Kunstform
Die »Besten der Zunft«: Mozart und Schröder in Wien
Mozart und Schröder zwischen Bühne und Leben: Vom künstlerischen und menschlichen Maß
Bindungen und Beziehungen: Wiener Verhältnisse
Schaubühne und Schauspiel: Mozart und Schröders Theater
Die »erste teutsche Oper«: »Die Entführung aus dem Serail«
Wiener Schauplätze: Salons und Akademien
Gemmingen, Mozart, Schröder: Freunde und Brüder
Schröder und die Musik: Von Noten und Zoten
Szenen aus der Künstlerkneipe: Komödien-Bierhaus
Schröder als Vorbild: Der »Figaro«
Anstoß und Einfluss: Der Kaiser als Impresario
Schröder als Initiator: Sprechtheater und Musiktheater
Mozart und die Evolution der Oper: Musik, die spricht und handelt
Hamburger Bühnenpraxis: Vor und hinter den Kulissen
Schröders zweite Direktion: Theaterspiel und Opernbühne
Mozarts Nachruhm: Schröders Mozart-Rezeptionen
Knigge und Schröder: Figaros Hochzeit
Mozarts »Prachtoper«: Schröder inszeniert die »Entführung aus dem Serail«
Mozarts »Don Giovanni«: Schröders Don Juan
Schröder und die Vorgeschichte: Zauberflöte mit Vergangenheit
Die Oper der Opern: Vom Zauber der Zauberflöte
Schröder mit Mozart-Marketing: Konzert mit Mozarts Witwe
Vernunft und Milde: »La Clemenza di Tito«
»Erbärmlich«: »Così fan tutte«
Eine »höhere Einheit«: Die Oper als Gesamtkunstwerk
Schröder trifft Herder: Worte mit Musik
Schröder trifft Wieland: Die Sprache des Singspiels
Schröder trifft Schiller: Die Macht der Musik
Schröder trifft Goethe: Künste und Reize
Mozart, Schröder und die Folgen: Was bleibt?
Quellenverzeichnis
Personenregister
Über den Autor
Der Stoff, aus dem man Opern macht, wird aus Musik, Poesie und Prosa, Drama und Komödie gewebt, aber auch der Zeitgeist webt kräftig mit. Im 18. Jahrhundert bestimmte und bezahlte weitgehend der Adel das, was gespielt wurde. Es musste gefällig sein, die italienische Oper dominierte noch mit Stil und Stimme. Die Zensur war allgegenwärtig und allmächtig. Plagiat kannte noch kein Urheberrecht.
Vor diesem Hintergrund hat sich Joseph II. Anfang der 1780er Jahre in Wien »eine teutsche opera« gewünscht. Mozart schrieb sie ihm, und Schröder war thematischer Geburtshelfer. Beider Wege sollten sich noch mehrfach kreuzen, denn zeitgleich – von 1781 bis 1785 – wirkten Mozart und Schröder künstlerisch in Europas Musikhauptstadt. Sie hatten ein vergleichbares soziales Umfeld, trafen auf dieselbe Gesellschaft und brauchten den Applaus (wie das Geld) zum Leben. Beide waren von der Kulturszene, deren »Spielregeln« und Mäzenen abhängig, und sie hatten teilweise dieselben Freunde und Gönner.
F. L. Schröder (1744–1816)
W. A. Mozart (1756–1791)
Friedrich Ludwig Schröder (1744–1816), den man vor allem als Pionier des Theaters und Reformator der Freimaurerei kennt, bewegte sich als geistvoller Wanderer zwischen den Welten der Musik und der Sprache. Er war ein Multitalent als Schauspieler, Schriftsteller, Theaterautor, Opernlibrettist, Komponist und Dramaturg. Er konnte gleichermaßen Sprechtheater und Musiktheater inszenieren. Und er war ein äußerst geschickter »Netzwerker«.
Auf der Spurensuche nach Schröders Rolle bei der Entstehung und Rezeption der Mozart-Opern erschließt sich ein illustres Beziehungsgeflecht zwischen dem (aus heutiger Sicht) bedeutendsten Musiker der Epoche und dem größten Schauspieler seiner Zeit.
Schauspieler, Vignette von Menzel
Die Spurensuche verdichtet sich in den gemeinsamen Wiener Jahren ab 1781, was sich dann auch auf die späteren Jahre auswirkt.
Weil man die Wiener Jahre schwerlich isoliert betrachten kann, habe ich auch einen Blick auf die Vorgeschichte vorangestellt. Wie sind Schröder und Mozart das geworden, was wir von ihnen zu kennen glauben? Die Sicht auf das Menschliche war mir dabei wichtiger, als ohnehin vielfach publizierte Lebensläufe. Mich reizte das Unbekannte in den weitgehend bekannten Biografien.
Unerlässlich erschien mir dabei auch ein Stück Zeitgeschichte mit dem Blick auf die damalige Gesellschaft und die Kulturszene der zweiten Jahrhunderthälfte.
Vor dem Hintergrund des »Jahrhunderts der Aufklärung« möchte ich am Beispiel Mozart/Schröder aufzeigen, unter welchen schwierigen Bedingungen sich Musik- und Sprechtheater im 18. Jahrhundert entwickeln und entfalten konnten, um schließlich voneinander zu lernen.
Bei meiner Recherche ging es mir deswegen weniger darum zu belegen, wann und wo oder wie oft sich Schröder und Mozart getroffen haben, als vielmehr darum, was sie nachhaltig bewirken konnten. Es gehörte ebenso viel Genie (Mozart) wie das Marketing eines Multitalents (Schröder) dazu, um sich zwischen vielfältigen Abhängigkeiten der damaligen Zeit so etwas wie kreative Freiräume zu schaffen und (Nachfolgenden zur Freude) Werke entstehen zu lassen, die aus heutiger Sicht untrennbar zu unserer Kulturgeschichte gehören. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen Mozarts Opern, deren Entstehung und Rezeption.
Jens Oberheide, im Juni 2016
»Während Mozart erklingt, sind die Grenzen zwischen Himmel und Erde aufgehoben. Man wandelt mühelos hinüber nach den Gefilden, wo die Engel spielen.«
W. A. Mozart, Gemälde von Barbara Krafft, 1819
»Schröder … der vornehme Acteur, der für mich alle Achtung hat.«
(Wolfgang Amadeus Mozart in einem Brief an seinen Vater)
W. A. Mozart, Gemälde von Barbara Krafft, 1819
F. L. Schröder, Gemälde von Friedrich Carl Gröger, um 1830
Obwohl das 18. Jahrhundert in Europa gern als das »Zeitalter der Aufklärung« apostrophiert wird, war »Aufklärung« zunächst nicht mehr, als die philosophische Idee der Emanzipation vom »sklavischen Dogma zum freien Denken« (Max von Boehn). Die Realität war auf der einen Seite noch immer machtvoll besetzt durch den teilweise absolutistisch agierenden Adel. Die andere Seite der Realität war das einfache Volk in Armut und Abhängigkeit. Eine Mittelschicht definiert man gegliedert und eingeordnet in »Ständen«, oft artikuliert durch »Standesdünkel«.
Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gelang allmählich der Aufbruch in die Moderne und eine halbwegs mündige Mitgestaltung der neuen Zeit durch das Bürgertum.
Die Schlösser und Residenzen der Fürsten signalisierten wie die Dome und Kathedralen der Kirche noch weit in das Jahrhundert hinein unübersehbar die tradierten Verhältnisse. Wenn überhaupt »Kunst« und »Kultur« stattfand, dann unter diesen sichtbaren Vorzeichen. Und wenn nicht bei Hofe oder in der Kirche, dann ausdrücklich im fürstlichen oder klerikalen Auftrag.
Der deutsche Sprachraum trug im 18. Jahrhundert noch die stolze Bezeichnung »Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation«, ohne freilich im klassischen Sinn ein Staat zu sein. Der steile Anspruch aus alten Zeiten war nicht viel mehr, als eine Art Dachverband für einen Flickenteppich aus Hunderten von Stadt- und Kleinstaaten, Fürsten- und sonstigen -tümern, aber auch von einflussreichen Dynastien wie den Habsburgern und den Hohenzollern, konfliktreich »national« verflochten mit (deutsch-)europäischen Großmächten wie Preußen und Österreich. Man argwöhnte einander, befehdete und bekriegte sich, und dabei ging es weniger um das Streben nach Einheit des römisch-deutschen Reichsgebildes, als vielmehr um das egoistische Streben nach Macht.
Ein Gegengewicht zur Macht bildete die Philosophie der Aufklärungszeit mit der erklärten Absicht, sowohl den Adel als auch das Volk mit einem neuen Lebenssinn zu erreichen. »Sapere aude« (lat. eigentl. »wage es, weise zu sein«) wurde durch die Interpretation von Immanuel Kant zum Wahlspruch der Aufklärung: »Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.«
Im gleichen Sinn hatte sich schon Anfang des Jahrhunderts (1717 in London) die weltweit erste Großloge der Freimaurer gegründet. »Aufgeklärte Geister« der Zeit schlossen sich in der Folgezeit diesem »Weltbund der Menschlichkeit« an, der sich über sämtliche Standes- und Landes-Grenzen hinweg als Symbolbund und Wertegemeinschaft für alle verstand, die an Humanität, Toleranz, Gerechtigkeit und Freiheit dachten und sich verpflichtet fühlten, das Machbare des Denkbaren auch zu tun.
»Die enthüllte Wahrheit im Kreis der Künste und Wissenschaften«, Illustration in der »Enzyklopädie« von 1772
»Die aufgeklärte Weisheit als Minerva schützt die Gläubigen aller Religionen«, Stich von Daniel Chodowiecki, 1791
Das hatte befruchtenden Einfluss auf die Literatur, die Musik und das Schauspiel und auf das, was diese Sparten miteinander verband.
Was waren das für Menschen, die in diese Zeit hineingeboren wurden, dann in dieser Zeit wirkten und die ein besseres Miteinander für eine bessere Welt erreichen wollten? Menschen wie Mozart und Schröder.
Beide wurden später Freimaurer: Schröder 1774 und Mozart 1784. Vieles, was sie schufen, taten und bewegten, hat damit nichts zu tun, manches aber doch.
»Der Unterricht der Kinder um Gottes willen, teils durch das Buch der Natur und Sitten, teils durch das Buch der Religion«, Stich von Daniel Chodowiecki, 1774
»Die Ideale der Aufklärung, welche sich in dieser Zeit europaweit ausbreiteten, entsprachen in vieler Hinsicht jenen der Freimaurer … Die Logen boten einen Freiraum, in dem ohne Eingreifen von Kirche und Obrigkeit Meinungen geäußert und Ideale diskutiert werden konnten.«
(Susanne B. Keller: »Königliche Kunst – Freimaurerei in Hamburg seit 1737«)
»Aus seinem Interesse an der allgemeinen Erziehung zu Vernunft und Tugend heraus ordnete (er) dem Schauspiel die pädagogische Funktion zu, aufklärerische Grundsätze zu vermitteln; der Schauspieler sollte nicht mehr nur der Volksbelustigung dienen, sondern wie der Dichter auch Lehrer des Volkes sein.«
(Christian Hannen über Johann Christoph Gottsched, 1700–1766, in: »Zeigtest uns die Warheit von Kunst erreichet«, Münster 2004)
Die hehren Gedanken der Aufklärung im 18. Jahrhundert waren noch nicht so stark, dass sie etwa auf Eltern einwirken konnten, ihre Kinder zu Vernunft, Toleranz oder zum eigenen selbstbewussten Denken zu erziehen. Das sollte dauern (und dauert immer noch).
Die Aufklärung fühlte sich zwar revolutionär an, war aber evolutionär ausgelegt (deswegen bleibt sie wohl auch zeitlos aktuell).
Bei der Kindererziehung stand noch lange Zeit althergebrachte Ordnung und Disziplin im Vordergrund. Unter Erziehung verstand man im 18. Jahrhundert Belehrung, unterstützt durch Züchtigung und Strafe. Kinderspiel mit Gleichaltrigen war keineswegs so unbeschwert, wie es heute denkbar ist. Über kindgerechte Freizeit wissen wir kaum etwas. Kindersterblichkeit war tragischerweise noch weit verbreitet. Auch von Mozarts sechs Kindern überlebten nur zwei das Säuglingsalter.
Erst allmählich wurde im 18. Jahrhundert so etwas wie eine Schulbildung möglich. Kinderarbeit war üblich und im Verständnis der Zeit auch für viele Eltern in Landwirtschaft und Handwerk existenznotwendig.
Die Erziehung in den oberen Ständen lief »auf eine Abrichtung zu gewissen äußeren Formen hinaus. Der gemeine Mann hatte nicht mehr zu lernen als Gehorsam« (Max von Boehn: »Menschen und Moden im 18. Jahrhundert«, 1909). Auch »Bildung« war meist ein Produkt des Gehorsams. Die Gesellschaft entließ die jungen Leute in einem Alter ins Leben, in dem sie nach heutiger Auffassung noch Kinder waren.
Beim Adel wie beim Bürgertum dominierte der Vater als Entscheider, »Gebieter« und Oberhaupt der Familie. Kinder wurden im 18. Jahrhundert schon in ihren ersten Lebensjahren zum Herrscher, zum Offizier, zum Handwerker oder zum Bauern »bestimmt« und entsprechend »erzogen«. Etwaige Begabungen oder Neigungen blieben meist unberücksichtigt.
Aber wie war das eigentlich bei Künstlern? Bei einer Berufsgruppe, die im hohen Maße von Begabung abhängig ist, die es aber als Profession ohne höfische oder kirchliche Arbeitgeber noch gar nicht gab?
Mozart und Schröder sind direkt ins Künstlertum hineingeboren und hineingewachsen. Der eine als »Wunderkind«, der andere als wilder Spross von Komödianten. Dass aus beiden prägende historische Persönlichkeiten werden konnten, gehört zu den Phänomenen einer Zeitepoche, in der Kunst und Kultur erst noch laufen lernen mussten.
Der Organist und Harfenspieler Johann Dietrich Schröder (um 1700–1744) aus Berlin, unterwegs mit einer Wanderbühne, hatte sich tragisch »dem Trunke ergeben«. Er warverheiratet mit Sophie Charlotte Schröder, geb. Biereichel (1714–1792), einer Stickerin und Näherin, ebenfalls als »Komödiantin« dem »Fahrenden Volk« zuzurechnen. Die Eheleute lebten schon sechs Jahre getrennt voneinander, als sie sich Anfang 1744 trafen, um die Scheidung zu besprechen.
Friedrich (Ulrich) Lud(e)wig Schröder war neun Monate später – am 3. November 1744 in Schwerin – das Ergebnis dieses Abschiedstreffens.
»Gezeugt und gesäugt auf dem Theater«, sagt Goethe das wohl sehr treffend im »Wilhelm Meister« (in dem Schröder als »Serlo« zu denken ist).
So wuchs Friedrich Ludwig Schröder auf einer Wanderbühne auf und hatte bereits als Dreijähriger sein Bühnendebüt. Er spielte 1747 in Petersburg in einem »Rührstück« das Sinnbild der Unschuld. Die russische Zarin Elisabeth ließ sich den Knaben in ihre Loge bringen, »liebkoste ihn« und beschenkte »hochherzig« die Mutter.
Sophie Charlotte Ackermann, Schröders Mutter, zeitgen. Bildnis
Diese heiratete 1749 den Schauspiel-Direktor Konrad Ernst Ackermann (1712–1771), der als kraftvoller Tänzer, begabter Mime und unerbittlicher Despot galt und seine Truppe als Prinzipal mit starker Hand führte. Ackermann und seine Frau sprachen mehrere Sprachen. Das war lebenswichtig für das »Fahrende Volk«, denn man spielte französische Komödien, italienische Burlesken, englische Dramen ebenso, wie deutschsprachige Stegreifpossen, Grotesken, Sing- und Tanzspiele.
So hörte Schröder von allen Sprachen etwas, erlebte und erlernte gleichzeitig alle Facetten des Bühnenlebens. Mit zehn Jahren spielte er in der Uraufführung von Lessings bürgerlichem Trauerspiel »Miss Sara Sampson« das Mädchen Arabella. Seine Mutter verkörperte die Lady Marwood. Von Kindheit an standen auch Schröders Halbschwestern auf der Bühne.
Komödianten hinter der Bühne, dazwischen auch die Kinder der Schauspieler, Kupferstich von William Hogarth, 1738
1754 gaben Ackermanns (die selbst weiterreisten) den zehnjährigen Schröder in eine Jesuitenschule in Warschau. Dort lernte er lesen, schreiben und: gehorchen. Weil ihm das Letztgenannte schwerfiel, reiste der Knabe Mutter und Stiefvater hinterher und spielte wieder Mädchenrollen und sonst noch »Passendes«.
Die 1756 verordnete schulische Bildung in Königsberg ging unter in den Wirren des Siebenjährigen Krieges. Um den Wirren zu entfliehen, zog die Ackermann-Truppe ohne den zwölfjährigen Schröder weiter durch Europa.
Das im Voraus gezahlte Schulgeld reichte nicht, Schröders schulische Leistung auch nicht. So verließ der Dreizehnjährige die Schule, landete bei einem Flickschuster und geriet an den englischen Seiltänzer Stuart, der in Kopenhagen ein Mädchen aus gutem Hause entführt hatte. Von ihr lernte Schröder Französisch, von Stuart Englisch, Billard, Zauberei, Glücksspiel mit gezinkten Karten, Fechten und Tanzen. Zum ersten Mal las er Shakespeare im Original. Und er näherte sich der Musik, lernte Noten, konnte schließlich Geige spielen, komponieren, arrangieren und singen.
Friedrich Ludwig Schröder
Derart vielseitig ausgestattet, tingelte der junge Schröder über Jahrmärkte und »schlug sich durchs Leben« (auch mal mit unlauteren Mitteln).
Als Fünfzehnjähriger fand er irgendwie zurück zur Ackermann-Truppe, wo er zunächst mit Grotesk-Tanz auftrat. Schröder: »Wenn ich die Füße gebrochen habe und zum Tänzer nicht mehr tauge, will ich mich zum Schauspieler herablassen.« Das tat er dann zwar später auch ohne Fußbruch, brillierte aber viele Jahre lang als Tänzer, Akrobat, Sänger und Komiker.
Im Alter von fünfzehn Jahren hatte Schröder schon eine harte Lebensschule hinter sich. Und er hatte gelernt, sich zu behaupten. Die eigentliche Menschwerdung dauerte noch etwas länger.
Am 27. Januar 1756, abends um acht Uhr wurde in Salzburg in der Getreidegasse 9 ein Knabe geboren. Sein Vater war der fürstbischöfliche Kammermusikus Leopold Mozart (1719–1787), seine Mutter Anna Maria Mozart, geb. Pertl (1720–1778). Der Knabe war das siebte Kind seiner Eltern, aber erst das zweite, das überlebte. Sie tauften ihn am Vormittag nach seiner Geburt im Dom von Salzburg auf die Namen Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus. Sein Rufname war Wolfgang, Wolferl oder auch Woferl. Er selbst nannte sich später meist Wolfgang Amadé Mozart. So signierte er auch. Erst die Nachwelt hat das zu Amadeus latinisiert.
Der junge Mozart entsteigt einer Kutsche, zeitgen. Stich