Schuldrecht AT – leicht gemacht. - Erik Hahn - E-Book

Schuldrecht AT – leicht gemacht. E-Book

Erik Hahn

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Beschreibung

Ein erfahrener Professor erläutert kompetent und verständlich die Fundamente aller Schuldverhältnisse. Aus dem Inhalt:

– Grundprinzipien und Leistungspflichten
– Dritte und Personenmehrheit
– Erfüllung und Leistungsstörungen
– Anpassungen und Beendigungen

Eine sichere Einführung: einfach nachvollziehbar und fachlich präzise. Die richtige Grundlage, um sich schwierigen Besonderheiten zu widmen.

Ihr Plus: 31 Übersichten und 12 Prüfschemata.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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leicht gemacht®

Die prägnanten, verständlichen Lehrbücher der

leicht gemacht® SERIEN

mit Beispielfällen, Übersichten und Leitsätzen

Unsere leicht gemacht® SERIEN haben Generationen von Stu-dierenden erfolgreich in die verschiedenen Themenbereiche eingeführt.

►Die GELBE SERIE erläutert Inhalte aus der Rechtswissen-schaft

►Die BLAUE SERIE vermittelt Themen der Bereiche Steuer und Rechnungswesen

Die Lehrbücher sind so angelegt, dass Vorkenntnisse nicht erforderlich und nach dem Durcharbeiten des Textes die wichtigen Grundlagen vermittelt sind. Sie eignen sich als Einstieg, aber auch zur Wiederholung vor Prüfungen.

Unsere Lehrbücher wenden sich an Studierende der Universitäten, Hochschulen und Berufsakademien, aber auch an Teilnehmer der berufsbezogenen Ausbildungen. Die Bücher der leicht gemacht® SERIEN vermitteln ebenso jedem Interessierten auf verständliche und kurzweilige Weise die Grundlagen von Steuer, Rechnungswesen und Rechtswissenschaft.

Die leicht gemacht® SERIEN erscheinen im

Ewald v. Kleist Verlag, Berlin

[1]

GELBE SERIE leicht gemacht®

Herausgeber: Professor Dr. Bernd-Rüdiger Kern Richter am AG Dr. Peter-Helge Hauptmann

Schuldrecht AT

leicht gemacht

Allgemeiner Teil des Schuldrechts: Eine Einführung für Studierende an Universitäten und Hochschulen

2., überarbeitete Auflage

von

Professor Dr. Erik HahnHochschule Zittau/Görlitz

  Ewald v. Kleist Verlag, Berlin

[2]

Besuchen Sie uns im Internet:www.leicht-gemacht.de

Autoren und Verlag freuen sich über Anregungen

Umwelthinweis: Dieses Buchwurde auf chlorfrei gebleichtem Papier gedrucktGestaltung: M. Haas, www.haas-satz.berlin; J. Ramminger Druck & Verarbeitung: Druckerei Siepmann GmbH, Hamburgleicht gemacht® ist ein eingetragenes Warenzeichen

© 2017 Ewald v. Kleist Verlag, Berlin

[3]

Inhalt

I.Das Schuldverhältnis

Lektion 1: Vorab

Lektion 2: Grundprinzipien

Lektion 3: Die Entstehung von Schuldverhältnissen

Lektion 4: Inhalt der Schuldverhältnisse

Lektion 5: Leistung durch Dritte und Personenmehrheit

Lektion 6: Bestimmtheit und Veränderbarkeit der Leistungspflichten

II.Erfüllung und Erfüllungssurrogate

Lektion 7: Erfüllung, Erfüllungs statt und erfüllungshalber

Lektion 8: Weitere Erfüllungssurrogate

III.Leistungsstörungen

Lektion 9: Grundlagen / Verantwortlichkeit des Schuldners

Lektion 10: Unmöglichkeit

Lektion 11: Verzug und Störung der Geschäftsgrundlage

Lektion 12: Vertragsstrafe und Schadensersatz

IV.Einbeziehung Dritter

Lektion 13: Außenwirkung des Schuldverhältnisses

Lektion 14: Auswechslung der Beteiligten

V.Beendigung von Schuldverhältnissen bzw. Leistungspflichten

Lektion 15: Beendigung ohne Leistung durch Vertrag

Lektion 16: Beendigung durch einseitige Gestaltungserklärung

Sachregister.

[4]

Übersichten * Prüfschemata

Übersicht 1 Schuldverhältnis im engeren und weiteren Sinne

Übersicht 2 Schuld und Haftung

Übersicht 3 Vertragsfreiheit

Übersicht 4 Funktionen von § 242 BGB

Übersicht 5 Arten gesetzlicher Schuldverhältnisse

Übersicht 6 Die wichtigsten gesetzlichen Schuldverhältnisse

Übersicht 7 Holschuld, Schickschuld, Bringschuld

Übersicht 8 Gefahrtragung

Übersicht 9 Leistung unter Beteiligung weiterer Personen

Übersicht 10 Schuldnermehrheit

Übersicht 11 Gläubigermehrheit

Übersicht 12 Stückschuld / Gattungsschuld

Übersicht 13 Grundlagen für Aufrechnungsverbote

Übersicht 14 Funktionen der Aufrechnung

Übersicht 15 Erfüllung und Surrogate

Übersicht 16 Primärpflichten

Übersicht 17 Störungen des Schuldverhältnisses

Übersicht 18 Verschuldensfähigkeit

Übersicht 19 Unmöglichkeit (Leistungserschwerungen)

Übersicht 20 Unmöglichkeit (Leistungshindernisse)

Übersicht 21 Folgen der Unmöglichkeit

Übersicht 22 Voraussetzungen des Annahmeverzugs

Übersicht 23 Wichtigste Folgen des Annahmeverzugs

Übersicht 24 Haftungsausfüllung und Haftungsbegründung

Übersicht 25 Schadensersatz nach §§ 280 ff. BGB

Übersicht 26 Vermögensschaden / absolutes Rechtsgut

Übersicht 27 Vertrag zugunsten Dritter

Übersicht 28 Echter und unechter Vertrag zugunsten Dritter

Übersicht 29 Auswirkungen der Abtretung auf die Forderung

Übersicht 30 Rücktritt am Beispiel Kaufvertrag

Übersicht 31 Folgen des Rücktritts

Prüfschema 1 Aufrechnung

Prüfschema 2 Schadensersatzanspruch bei Pflichtverletzung

Prüfschema 3 Einstehenmüssen für fremdes Verschulden

Prüfschema 4 Schadensersatz bei nachträglicher Unmöglichkeit

Prüfschema 5 Schadensersatz bei anfänglichem Leistungshindernis

Prüfschema 6 Herausgabe des stellvertretenden commodums

Prüfschema 7 Schadensersatz bei Schuldnerverzug

Prüfschema 8 Möglichkeiten des Gläubigers bei Schuldnerverzug

Prüfschema 9 Wegfall der Geschäftsgrundlage

Prüfschema 10 Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte

Prüfschema 11 Drittschadensliquidation

Prüfschema 12 Wirksamkeit der Abtretung

[5]

I. Das Schuldverhältnis

Lektion 1: Vorab

Standort im BGB

Das Allgemeine Schuldrecht befindet sich im zweiten Buch des BGB und steht dort im ersten bis siebenten Abschnitt. Es umfasst die §§ 241 - 432. Der achte Abschnitt enthält den Besonderen Teil des Schuldrechts (§§ 433 - 853) der die einzelnen Schuldverhältnisse regelt. Wie andere Gesetze nutzt auch das BGB die Klammertechnik. Danach werden Regeln, die für mehrere Bereiche gelten, als Block vorangestellt. Man spricht davon, dass sie vor die Klammer gezogen werden. Auf diese Weise verzichtet der Gesetzgeber darauf, allgemeingültige Regeln für die Entstehung, die Veränderung und den Untergang von Schuldverhältnissen für jeden Einzelfall gesondert und damit mehrfach zu formulieren.

Das Klammersystem findet sich auch innerhalb des Allgemeinen Schuldrechts wieder. Der erste Abschnitt mit dem Titel „Inhalt der Schuldverhältnisse“ (§§ 241 - 304) enthält Regeln, die für Schuldverhältnisse schlechthin gelten. Der zweite und dritte Abschnitt gelten dagegen nur als Allgemeiner Teil für Schuldverhältnisse aus Verträgen. Die Abschnitte vier (Erlöschen der Schuldverhältnisse), fünf (Übertragung einer Forderung), sechs (Schuldübernahme) und sieben (Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern) gelten wiederum für alle Schuldverhältnisse.

Außer als Klammer dienen die Normen des Allgemeinen Schuldrechts vielfach als Auffangtatbestände. Das heißt, sie kommen immer dann zur Anwendung, wenn der Besondere Teil zu einer bestimmten Frage keine Regelung enthält. Sie müssen daher immer zuerst im Abschnitt des Besonderen Schuldrechts schauen, ob dieser eine Spezialregelung enthält. Nur wenn das nicht der Fall ist, dürfen Sie auf die Regeln des Allgemeinen Teils zurückgreifen. Es gilt der Grundsatz: Eine speziellere Regel des Besonderen Teils verdrängt die allgemeine Regel aus dem Allgemeinen Teil (lex specialis derogat legi generali).

Wenn Sie mit der Lektüre dieses leicht gemacht®-Buchs fortfahren, sollten Sie eine möglichst aktuelle Textausgabe des BGB zur Hand haben. [6]Diese finden Sie auch kostenlos im Internet unter „www.gesetze-im- internet.de“. Das ist wichtig, denn nur wenn Sie die angesprochenen Normen immer gleich nachlesen, werden Sie sich ihren Inhalt und Standort im BGB dauerhaft einprägen können.

Auch wenn das Buch den Titel „Schuldrecht AT“ trägt, werden Sie nicht umhinkommen, einen Blick in die anderen Abschnitte des BGB zu werfen. Der Allgemeine Teil ist, wie das Operationsbesteck des Arztes, das Handwerkszeug zur Bearbeitung eines schuldrechtlichen Falls. So wie aber auch ein Medizinstudent einen Menschen sehen muss, um die Wirkungsweise des Skalpells zu verstehen, müssen Sie sich an den notwendigen Stellen auch mit einigen Inhalten des Besonderen Schuldrechts vertraut machen. Sie können so von Anfang an aktiv mit der Klammertechnik des BGB arbeiten.

Durch das gesamte Buch wird Sie Jan mit seiner Familie und seinen Freunden begleiten. Anhand kleiner Fälle, die in den unterschiedlichsten Bereichen von Jans Leben spielen, werden Sie kennenlernen, auf welche vielfältige Art und Weise Personen in ihrem alltäglichen Leben mit dem Allgemeinen Schuldrecht konfrontiert werden. Aber bitte lesen die kleinen Geschichten mit einem Augenzwinkern, sie sind z.T. natürlich zur Verdeutlichung der Probleme etwas überspitzt. Und los geht es!

Fall 1

Jan verkauft seinen MP3-Player für 80 € an Sabine. Unmittelbar im Anschluss daran werden Gerät und Geld übergeben. Was geschieht mit den Ansprüchen aus dem Kaufvertrag?

Um herauszufinden, wie sich die wechselseitige Übergabe von MP3-Player und Geld auf die Ansprüche aus dem Kaufvertrag im Fall 1 ausgewirkt hat, lohnt es sich zunächst im Besonderen Teil des Schuldrechts nachzusehen. In den §§ 433 - 480 BGB finden sich die Regeln zum Kauf- und Tauschvertrag. Diese stehen übrigens zusammen, da es sich bei dem Kaufvertrag letztlich nur um einen Sonderfall des Tauschvertrags handelt, bei dem eine der Tauschleistungen immer Geld ist. Wenn Sie nun in § 433 BGB schauen, werden Sie etwas zu den typischen Pflichten des Kaufvertrags lesen. Genannt sind Übergabe- und Übereignungspflicht, Kaufpreiszahlungs- und Abnahmeverpflichtung. Zur Frage, was geschieht, wenn diese Leistungen erbracht werden, finden Sie dort jedoch nichts. Das gilt auch für die nachfolgenden Paragrafen. Da der Besondere

[7]

Teil keine Information zum Schicksal der Ansprüche bereit hält, dürfen Sie nun in den Allgemeinen Teil des Schuldrechts schauen. Dort finden sich im vierten Abschnitt in den §§ 362 - 371 BGB Regeln zur Erfüllung. Einschlägig ist hier § 362 I BGB. Danach erlischt das Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Sie haben gesehen, wie die Klammertechnik funktioniert. Versuchen Sie zu Übungszwecken, dieselben Schritte noch einmal nachzuvollziehen. Dazu können Sie selbständig die Frage beantworten, was geschieht, wenn Jan Sabine den MP3-Player geschenkt und daraufhin übergeben hat.

Fall 2

Viktor hat eine Wohnung an seinen langjährigen Freund Jan vermietet. Nachdem sich Viktors Freundin Claudia von ihm getrennt hat und zu Jan gezogen ist, hat sich das Verhältnis erheblich abgekühlt. Viktor fragt sich, wie er Jan schnellstmöglich loswerden kann. Welche Regeln des BGB sind maßgeblich?

Zunächst haben Sie sicher sofort erkannt, dass es sich vorliegend um ein Mietverhältnis handelt. Dieses zählt zu den sogenannten Dauerschuldverhältnissen, da es auf eine gewisse Zeitspanne angelegt ist und sich nicht im einmaligen Austausch von Leistung und Gegenleistung (dauerhafter Leistungsaustausch) erschöpft. Um es zu beenden, ist die Kündigung das richtige Mittel. Das können Sie schon aus § 314 I S. 1 BGB erkennen. Doch Vorsicht, der § 314 BGB steht im Allgemeinen Teil des Schuldrechts!

Sie müssen also wieder vorab prüfen, ob die im Besonderen Teil zu findenden Paragrafen des Mietrechts eine Spezialregel enthalten. Das ist mit § 543 BGB auch tatsächlich der Fall. Dieser enthält die Voraussetzungen, unter denen die Parteien eines Mietvertrags die umgehende Auflösung des Vertrags erreichen können. Danach ist es erforderlich, dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Für die Wohnraummiete wird § 543 BGB durch § 569 BGB um weitere Voraussetzungen ergänzt. Beide schließen die Anwendung des allgemeinen § 314 I BGB aus, soweit sich die Regelungsbereiche der Vorschriften decken. Die Auffangwirkung der allgemeinen Norm kommt dann nicht zum Tragen. Jan aus Fall 2 müsste also die Voraussetzungen der §§ 543, 569 BGB erfüllen.

[8]

Das Schuldrecht ist stets von hinten zu lesen. Die Spezialregeln des besonderen Teils verdrängen die allgemeinen Regeln des Allgemeinen Teils.

Im Aufbau des BGB steht das Allgemeine Schuldrecht wie folgt:

► Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Buch 1:Allgemeiner Teil (gilt für alle Bücher) (§§ 1 - 240)

Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse (§§ 241 - 853)

Abschnitt 1 - 7: Allgemeiner Teil (des Schuldrechts)

Abschnitt1:Inhalt der Schuldverhältnisse (§§ 241 - 304)

Abschnitt2:Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 - 310)

Abschnitt3:Schuldverhältnisse aus Verträgen (§§ 311 - 360)

Abschnitt4:Erlöschen der Schuldverhältnisse (§§ 362 - 397)

Abschnitt5:Übertragung einer Forderung (§§ 398 - 413)

Abschnitt6:Schuldübernahme (§§ 414 - 418)

Abschnitt7:Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern (§§ 420 - 432)

Abschnitt8:Einzelne Schuldverhältnisse (§§ 433 - 853) (Besonderer Teil des Schuldrechts)

Buch 3: Sachenrecht (§§ 854 - 1296)

Buch 4: Familienrecht (§§ 1297 - 1921)

Buch 5: Erbrecht (§§ 1922 - 2385)

Das Schuldrecht ist der innerhalb und außerhalb des BGB zu findende Teil des Privatrechts, der die Schuldverhältnisse regelt. Es bestimmt das schuldrechtliche Verhältnis zwischen zwei oder mehr Personen. Neben seiner Auffang- und Klammerwirkung für die nachfolgenden Regeln des BGB hat das Allgemeine Schuldrecht daher auch für das Sonderprivatrecht Bedeutung, das in eigenständigen Gesetzen geregelt ist. Zu nennen ist hier beispielsweise das Handelsrecht (HGB), das Recht der Versicherungsverträge (VVG) und das Arbeitsrecht. Das Schicksal all dieser Verträge richtet sich nach den §§ 241 - 432 BGB, wenn die jeweiligen Spezialgesetze keine Ausnahmen enthalten. Daneben gelten die Regeln des Allgemeinen Schuldrechts über § 62 S. 2 VwVfG auch für öffentlichrechtliche Verträge entsprechend.

[9]

Im vorliegenden leicht gemacht®-Buch werden die Themen des Allgemeinen Schuldrechts wie folgt gegliedert:

Teil I beschäftigt sich mit dem Schuldverhältnis

Teil II handelt von der Erfüllung und ihren Surrogaten

Teil III behandelt die Leistungsstörungen

Teil IV beschäftigt sich mit der Einbeziehung von Dritten

Teil V befasst sich mit der Anpassung und Beendigung von Schuldverhältnissen

Das Recht des Verbraucherschutzes und die Regeln über Allgemeine Ge-schäftsbedingungen werden in diesem Buch nur am Rande besprochen. Sie stehen zwar im Allgemeinen Schuldrecht, gehören aber systematisch in den Allgemeinen Teil des BGB, da sie für alle Verträge gelten. Ausführliche Erläuterungen zu diesen beiden Punkten finden Sie daher im Buch Allgemeiner Teil des BGB - leicht gemacht®.

Schuldverhältnis im engeren und im weiteren Sinne

Das BGB verwendet den Begriff „Schuldverhältnis“ in zweifacher Weise. Zum einen ist damit der Anspruch beziehungsweise die Forderung gemeint, also das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (§ 194 I BGB). Diese Bedeutung findet sich etwa in § 241 I S. 1 BGB, nach dem der Gläubiger kraft des Schuldverhältnisses berechtigt ist, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Gleiches gilt auch für § 364 I BGB. Danach erlischt das Schuldverhältnis, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt annimmt. Auch hier meint der Gesetzgeber den Anspruch auf die geschuldete Leistung, der erlöschen soll. In dieser Bedeutung wird vom Schuldverhältnis im engeren Sinne gesprochen (auch Forderung, Verpflichtung oder Verbindlichkeit).

Zum anderen steht der Begriff Schuldverhältnis im BGB für das Schuldverhältnis im weiteren Sinne. Damit ist die schuldrechtliche Gesamtbeziehung zwischen zwei oder mehreren Personen mit allen [10]darin enthaltenen Ansprüchen und sonstigen Rechten gemeint. Zu den Bestandteilen eines solchen Schuldverhältnisses gehören zumeist nicht nur die Hauptpflichten, die das Rechtsgeschäft prägen, wie etwa die Pflicht des Verkäufers zur Übergabe und Übereignung nach § 433 I BGB, sondern auch Nebenpflichten und Gestaltungsrechte. Nebenpflichten können sich beispielsweise aus besonderen gesetzlichen Vorschriften, aus dem Inhalt der Vereinbarung oder aus der Natur der vertraglichen Vereinbarung unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ergeben. Eine solche Nebenpflicht ist etwa die Schutzpflicht, nach der alles zu unterlassen ist, was das neben der Leistung selbst bestehende Integritätsinteresse (Interesse am Erhalt seiner Rechtsgüter) des anderen verletzt (vgl. dazu Lektion 9).

Die Verwendung des Begriffs „Schuldverhältnis“ für das Schuldverhältnis im weiteren Sinne findet sich beispielsweise in § 273 I BGB. Danach gilt: Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird.

Um Schuldverhältnisse im weiteren Sinne handelt es sich auch bei den im Besonderen Schuldrecht des BGB speziell aufgeführten Typenverträgen, wie dem Kauf-, Miet-, Werk- oder Maklervertrag. Mehr zu diesen Verträgen finden Sie im Buch Schuldrecht BT - leicht gemacht®.

Entscheidend ist: Ob eine Vorschrift mit dem von ihr verwendeten Wort „Schuldverhältnis“ den einen oder anderen Inhalt verbindet, ist nach dem Regelungszweck der jeweiligen Norm zu bestimmen.

Fall 3

Jans Schwester Katrin, seit ihrer frühen Kindheit Pferdenärrin, kauft von Volker telefonisch und damit ungesehen eines seiner beiden schwarzen Fohlen zum Preis von 2000 €. Beide vereinbaren, dass Katrin am nächsten Wochenende zu Volker kommen, sich dort ein Fohlen aussuchen und dieses dann auch gleich mitnehmen soll.

Durch die Vereinbarung wird im Fall 3 ein Schuldverhältnis im weiteren Sinne begründet (§ 311 I BGB). Es enthält mehrere Ansprüche und weitere Rechte. Der Kaufvertrag verpflichtet Katrin gemäß § 433 II BGB zur[11]Zahlung des Kaufpreises von 2000 €. Außerdem hat Volker gegen Katrin einen Anspruch auf Abnahme des Fohlens. Er hat also ein Recht darauf, dass er nicht weiter für die Versorgung des Pferdes verantwortlich ist. Katrin hat dagegen gemäß § 433 I S. 1 BGB einen Anspruch gegen Volker auf Übergabe und Übereignung des Pferdes. Das Kaufvertragsverhältnis zwischen beiden ist demnach das Schuldverhältnis im weiteren Sinne, das mehrere Schuldverhältnisse im engeren Sinne beinhaltet. Neben diesen, im Abschnitt zum Kaufvertrag speziell geregelten, Hauptpflichten enthält das Schuldverhältnis im weiteren Sinne noch zusätzliche Nebenpflichten. Auf solche verweist etwa der im Allgemeinen Teil des Schuldrechts stehende § 241 II BGB. Hiervon ist etwa die allgemeine Rücksichtnahmepflicht erfasst. Auch diese Verpflichtung, die wiederum vor die Klammer gezogen wurde, kann also bei allen Arten von Schuldverhältnissen im weiteren Sinne vorkommen.

Übersicht1:Schuldverhältnis im engeren und weiteren Sinne

Der Begriff Schuldverhältnis besitzt im BGB zwei unterschiedliche Bedeutungen

Schuldverhältnis im weiteren Sinne

Schuldverhältnis im engeren Sinne

–rechtliche Sonderverbindung zwischen bestimmten Personen, die Rechte begründet und Pflichten auferlegt

–einzelner aus der Sonderverbindung erwachsender Anspruch

–Kann aus einer Vielzahl von Einzelforderungen und anderen Rechten bestehen

–Besteht nur aus einem Anspruch im Sinne von § 194 I BGB

–So z.B. verwendet in § 273 BGB

–So z.B. verwendet in §§ 241 I S. 1 und 364 I BGB

Das Schuldverhältnis im weiteren Sinne kann unter anderem aus mehreren Schuldverhältnissen im engeren Sinne bestehen.

[12]

Neben den genannten Ansprüchen beinhaltet das vorliegende Schuldverhältnis im weiteren Sinne noch eine zusätzliche Rechtsfigur. Nach dem Telefonat ist es nämlich noch völlig unklar, welches Pferd Volker letztlich an Katrin übereignen wird. Es werden mehrere Leistungen (zwei Fohlen) in der Weise geschuldet, dass nur eine der Leistungen (ein Fohlen) zu bewirken ist.

Zwischen Volker und Katrin wurde demzufolge eine Wahlschuld gemäß § 262 BGB vereinbart. Bei dem Wahlrecht handelt es sich um ein Gestaltungsrecht, das seinen Inhaber in Ausnahme zum Vertragsprinzip des § 311 I BGB die Möglichkeit zur einseitigen Einwirkung auf das Schuldverhältnis verschafft. In Lektion 6 findet sich eine Vertiefung des Themenkomplexes unbestimmte Leistungspflichten.

[13]

Lektion 2: Grundprinzipien

Relativität der Schuldverhältnisse

Fall 4

Katrin darf gelegentlich das Rennrad ihres Bruders für sportliche Aus-flüge nutzen und hat zu diesem Zweck sogar einen eigenen Schlüssel zu Jans Fahrradkeller erhalten. Als sie eines Tages bemerkt, dass sie für die Bezahlung ihres Pferdes dringend Geld benötigt, verkauft sie das Renn-rad ohne Mitwirkung und Einverständnis ihres Bruders an ihren Freund Klaus. Eine Übereignung findet noch nicht statt. Gegen wen hat Klaus jetzt einen Übereignungsanspruch? Muss Jan tatsächlich befürchten, dass er sein geliebtes Rennrad nun an Klaus verliert?

Für die Lösung von Fall 4 kommt es auf die sogenannte Relativität der Schuldverhältnisse an. Diese besagt, dass ein zwischen zwei Personen bestehendes Schuldverhältnis grundsätzlich keine Auswirkung auf die Rechtsbeziehung einer dieser Personen zu einer anderen, an diesem Schuldverhältnis unbeteiligten Person hat (keine Außenwirkung). Die besonderen Ausnahmen werden dann in Lektion 13 behandelt. Im vor-liegenden Fall bewirkt die Relativität der Schuldverhältnisse, dass Klaus nur gegen Katrin einen Anspruch auf Übereignung hat, denn schließlich kam es nur zwischen diesen beiden zu einer Einigung. Jan war dagegen am Vertragsschluss überhaupt nicht beteiligt und kann daher auch nicht verpflichtet werden. Mit dem im Schuldrecht des BGB umfassend verwirklichten Prinzip der Privatautonomie wäre ein solcher Vertrag zulasten Dritter nämlich grundsätzlich unvereinbar. Der Einzelne muss seine privaten Rechtsverhältnisse selbstbestimmt gestalten können.

Die fehlende Mitwirkung des Eigentümers verhindert jedoch nicht, dass sich Katrin als Vertragspartner des Verpflichtungsgeschäfts selbst wirksam zu Übereignung und Übergabe verpflichtet hat. Soweit sie nicht willens oder in der Lage ist, diese Verpflichtung zu erfüllen, ist sie zum Schadensersatz verpflichtet. Der Übereignungsanspruch richtet sich ausschließlich gegen Katrin als Versprechende. Jan braucht hingegen nicht zu befürchten, dass er sein geliebtes Rennrad gegen seinen Willen hergeben muss.

[14]

Leitsatz 1

Relativität des Schuldverhältnisses

Der schuldrechtliche Anspruch gibt dem Gläubiger ein Recht auf Leistung nur gegen eine bestimmte Person. Die Forderung ist demzufolge ein relatives Recht, das regelmäßig nur der Schuldner verletzen kann.

Abzugrenzen sind relative Rechte von absoluten Rechten, wie sie etwa das Sachenrecht des BGB (drittes Buch, §§ 854 - 1296) enthält. Dazu gehört beispielsweise das Eigentum, das ein eigenes Nutzungs- und Verwertungsrecht aber auch einen Abwehranspruch gegen jedermann begründet. Jan kann kraft seiner Eigentümerstellung von jeder anderen Person verlangen, dass diese eine Beschädigung seines Rennrads unter-lässt. Ebenso hat er als Eigentümer das Recht, jeden anderen von der Benutzung auszuschließen. Er darf also auch von Katrin den Schlüssel herausverlangen und ihr für die Zukunft jegliche Nutzung untersagen. Hier ist es nicht erforderlich, dass zwischen dem Eigentümer und dem Dritten ein vertragliches Verhältnis besteht. Im Fall absoluter Rechte bedarf es schließlich gerade keiner Sonderbeziehung zu einer anderen Person. Davon zu unterscheiden ist aber die Möglichkeit, durch ein Schuldverhältnis absolute Rechte gegenüber bestimmten Personen zu beschränken und damit zu relativieren.

Fall 5

Hauseigentümer Herbert muss aus dienstlichen Gründen umziehen. Da die Immobilienpreise derzeit viel zu niedrig sind, entschließt er sich, mit dem Verkauf seines Hauses noch etwas zu warten und es in der Zwischenzeit an Jan zu vermieten.

Der Mietvertrag ändert nichts an der Eigentümerstellung von Herbert. Im Verhältnis zu seinem Mieter sind seine Abwehrrechte allerdings be-schränkt. Der schuldrechtliche Mietvertrag verhindert es beispielsweise, dass Herbert Jan kraft seiner Eigentümerstellung am Betreten des Hauses hindern kann. Durch das zwischen ihnen bestehende Schuldverhältnis hat sich Herbert im Verhältnis zu Jan selbst in seinen Eigentümerrechten beschränkt. Das gilt gleichfalls für die Nutzungsmöglichkeit, die er gegenüber seinem Mieter aufgegeben hat. Diese Beschränkungen sind je-doch allesamt relativ und wirken grundsätzlich nur im Verhältnis zu Jan. [15] Gegenüber Dritten kann er also auch weiterhin Abwehrrechte geltend machen, wenn diese etwa ohne sein Einverständnis an der Hauswand Plakate aufhängen.

Das BGB enthält selbst an einigen Stellen Durchbrechungen dieses Relativitätsgrundsatzes. Wenig bekanntes, aber in der Praxis sehr be-deutsames, Beispiel ist der verbraucherschützende § 359 S. 1 BGB, der einen Einwendungsdurchgriff gewährt. Konkret bewirkt er etwa, dass ein Verbraucher bei sogenannten verbundenen Verträgen die Einwendungen aus dem Kaufvertrag mit einem Autohändler dem Darlehensgeber, der diesen Kauf finanziert hat, entgegenhalten kann, obwohl es sich um zwei selbständige Verträge handelt. Vertieft wird dieser zum Schuldrecht gehörende Teil des Verbraucherschutzrechts in Lektion 16.

Ein zwar praktisch weniger bedeutsames aber dafür auch ohne Vorkenntnisse leichter nachvollziehbares Beispiel für die Durchbrechungen des Relativitätsgrundsatzes finden Sie in § 604 IV BGB (lesen!). Danach kann der Verleiher einer Sache diese nach der Beendigung der Leihe auch von jedem Dritten zurückfordern, wenn sie dem Dritten vom Entleiher überlassen wurde. Das erscheint dem Laien zu Recht logisch und konsequent. Aus rechtlicher Sicht ist diese gesetzliche Konstruktion aber sehr folgenschwer, da aus dem eigentlich nur zwischen Verleiher und Entleiher geschlossenen Vertrag ein Anspruch gegen einen an diesem Vertragsschluss unbeteiligten Dritten abgeleitet wird.

Trennungs- und Abstraktionsprinzip

Eng mit dem Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse verknüpft ist das Trennungs- und Abstraktionsprinzip. Was es damit auf sich hat, verdeutlichen die nachfolgenden Fälle.

Fall 6

Jan möchte nach dem Vorfall sein Rennrad nicht mehr an Katrin verlei-hen. Da sie aber seine Schwester ist, verkauft er ihr am Montag besonders preisgünstig sein gebrauchtes Zweitfahrrad. Dieses steht noch bei ihm zu Hause im Keller. Am Dienstag bringt er es zu Katrin und übergibt es ihr. Wann ist Katrin Eigentümerin des Fahrrads geworden? Wie ist die Rechtslage, wenn Katrin entweder am Montag oder Dienstag volltrunken war?

[16]

Für die Lösung von Fall 6 müssen Sie zunächst das Trennungs- und Ab-straktionsprinzip kennenlernen und verstehen. Das Trennungsprinzip besagt, dass Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft (Vollzugsgeschäft) keine Einheit bilden, sondern rechtlich voneinander zu trennen sind. Das gilt selbst dann, wenn beide tatsächlich auf einem einheitlichen Lebenssachverhalt beruhen. Wenn Sie also beispielsweise beim Bäcker ein Brötchen kaufen, dann liegt nach erstem Anschein zwar ein einheit-liches Geschehen vor. Juristisch handelt es sich aber um insgesamt drei Verträge, die voneinander zu trennen sind. Zunächst haben Sie nämlich einen Kaufvertrag über das Brötchen geschlossen (Verpflichtungsge-schäft) und damit gegenseitige Pflichten gemäß § 433 BGB begründet. Im Anschluss daran wurden einerseits das geschuldete Geld und im Ge-genzug die Brötchen übergeben und übereignet. Bei diesen zwei Übereig-nungen handelt es sich um die beiden Verfügungsgeschäfte.

Das Abstraktionsprinzip baut auf dem Trennungsprinzip auf und besagt, dass Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft nicht nur zu trennen, sondern auch in ihrem rechtlichen Bestand voneinander unabhängig sind. Wirksamkeitsmängel, die eines der beiden betreffen, sind für das andere grundsätzlich unbeachtlich.

Im Fall 6 führt das Trennungsprinzip dazu, dass Katrin am Montag gegen Jan nur einen Anspruch gemäß § 433 I S. 1 BGB auf Übergabe und Übereignung hat. Eigentümerin des Fahrrads ist sie durch den Kaufvertrag jedoch nicht geworden. Das geschah erst am Dienstag, als die nach § 929 BGB erforderliche Übergabe und konkludente Einigung über den Eigentumsübergang erfolgte.

War Katrin in der ersten Abwandlung am Montag volltrunken, dann war ihre Willenserklärung im Rahmen des Kaufvertrags gemäß § 105 II BGB (lesen!) nichtig. Ein Anspruch von Katrin gegen Jan auf Übereignung wurde damit niemals begründet. Das Abstraktionsprinzip führt hier aber dazu, dass die Übereignung vom Dienstag durch den Mangel im Rahmen des Verpflichtungsgeschäfts nicht berührt wird. Katrin wurde also Eigen-tümerin des Fahrrads. Allenfalls steht Jan ein bereicherungsrechtlicher (§§ 812 ff. BGB) Rückgabeanspruch gegen Katrin zu. Wenn Katrin da-gegen bei Abschluss des Kaufvertrags nüchtern und erst bei der Über-eignung volltrunken war, so ist der Kaufvertrag wirksam, die Übereig-nung dagegen nach § 105 II BGB nichtig. In diesem Fall ist Katrin noch nicht Eigentümerin des Fahrrads geworden. Der aus dem Kaufvertrag [17] stammende Anspruch auf Übereignung wird jedoch durch den Mangel im Verfügungsgeschäft nicht berührt. Katrin kann also von Jan weiterhin Übereignung des Fahrrads verlangen.

Leitsatz 2

Trennungs- und Abstraktionsprinzip

Das Trennungsprinzip besagt, dass Verpflichtungs- und Verfü-gungsgeschäft keine Einheit bilden, sondern rechtlich voneinander zu trennen sind.

Nach dem Abstraktionsprinzip sind Verpflichtungs- und Verfü-gungsgeschäft zudem auch in ihrem rechtlichen Bestand voneinander unabhängig.

[39] [45]