Schule: Wie das Lernen besser gelingt (GEO eBook) -  - E-Book

Schule: Wie das Lernen besser gelingt (GEO eBook) E-Book

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Beschreibung

Kann man Lehrmethoden auf ihre Wirksamkeit testen? Gibt es beim Lernen Verständnisstufen, die jeder Schüler durchläuft? Und lässt sich etwas so Komplexes wie das Lehren systematisch verbessern? Bildungsforscher sind dabei: in Bremen. In der Schweiz. In Neuseeland Die großen Themen der Zeit sind manchmal kompliziert. Aber oft genügt schon eine ausführliche und gut recherchierte GEO-Reportage, um sich wieder auf die Höhe der Diskussion zu bringen. Für die Reihe der GEO eBook-Singles hat die Redaktion solche Einzeltexte als pure Lesestücke ausgewählt. Sie waren vormals Titelgeschichten oder große Reportagen in GEO.

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Seitenzahl: 35

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Herausgeber:

GEODie Welt mit anderen Augen sehenGruner + Jahr AG & Co KG, Druck- und Verlagshaus,Am Baumwall 11, 20459 Hamburgwww.geo.de/ebooks

Inhalt

Was läuft in unseren Schulen? Unterricht. Aber der geht besser

Von Christoph Kucklick

Zusatzinfos:

Wie der Stoff ins Gedächtnis gelangt

Lernmythen

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Was läuft in unseren Schulen? Unterricht. Aber der geht besser

Kann man Lehrmethoden auf ihre Wirksamkeit testen? Gibt es beim Lernen Verständnisstufen, die jeder Schüler durchläuft? Und lässt sich etwas so Komplexes wie das Lehren systematisch verbessern? Bildungsforscher sind dabei: in Bremen. In der Schweiz. In Neuseeland

Von Christoph Kucklick

Seit fast 40 Jahren arbeitet Beate Junge als Lehrerin, doch auf diesen Moment hat sie nichts vorbereitet: Zum ersten Mal sollen ihr Kollegen beim Unterricht zuschauen. Als ihr Name aufgerufen wird, stöhnt sie: »Warum ich?«

Keiner der 30 Lehrer, die sich im neonbeschienenen Raum 130 der Gesamtschule Bremen-Ost (GSO) zur Fortbildung versammelt haben, hatte sich freiwillig gemeldet, um vor den anderen Probeunterricht zu halten. Daher entschied das Los. So muss sich Beate Junge vor fünf Schülern aufbauen, gespielt von Kolleginnen, und ihnen das Bruchrechnen beibringen, während die restlichen Lehrer zuschauen, wie sie das bewältigt: anhand von Schokoladentafeln das Verhältnis zu erklären von einem Drittel und einem Viertel, vom Ganzen und von Teilen.

Beate Junge meistert das bravourös und ruhig, obwohl ihre Kolleginnen sich benehmen wie eine Rotte Pubertierender: Sie schwatzen, stören, knuffen einander. Am Ende aber applaudieren sie alle, ein bisschen erleichtert auch. So schlimm ist es gar nicht, sich zu offenbaren und die „Black Box“ namens Unterricht mit Licht zu füllen.

„Wie haben Sie sich bei der Lektion gesehen?“, fragt Professor Gerhard Roth, Neurowissenschaftler von der Universität Bremen. Eine einfache, eine tückische Frage. Wie wirke ich als Lehrer, was bewirke ich? Was tue ich, damit die Schüler ihr Wissen ausbauen, ihr Verstehen vertiefen?

„Ach“, sagt Beate Junge, „jetzt war ich ein bisschen zu aufgeregt, um viel zu bemerken.“

„Und sonst?“, fragt Professor Roth.

„Sonst“, antwortet sie nachdenklich, „beobachte ich mich vielleicht auch nicht so intensiv, wie ich es sollte.“

Genau das zu ändern, dafür sitzen sie ja hier, 30 der 130 Kollegen der Gesamtschule in Bremen-Tenever, um sich gemeinsam mit dem Wissenschaftler Roth aufzumachen, den Unterricht zu verbessern. Anfang 2012 haben sie beschlossen: An einem Tag der Woche wollen sie in Zukunft einen komplett neuartigen Unterricht gestalten.

Den wollen viele. So wie an der GSO in Bremen gehen weltweit Lehrerkollegien und Wissenschaftler daran, den Schulunterricht zu verbessern. Seit dem PISA-Schock vor gut zehn Jahren ist viel passiert und ein neues Bewusstsein gewachsen dafür, was wirklich zählt für Schüler: nicht etwa die Lieblingsthemen der Bildungspolitiker und der engagierten Eltern (Kleinere Klassen! Verlängerte Grundschule! Mehr Geld!); nicht etwa Strukturreformen und auch nicht immer neue Lehrpläne. Nein, was wirklich zählt, ist das, was in den Klassenräumen konkret geschieht.

Eine Weile wurde diese Erkenntnis mit dem Schlachtruf „Auf den Lehrer kommt es an!“ verkündet. Und das ist nach wie vor nicht falsch (GEO 02/2011). Noch richtiger wäre aber: „Auf den Unterricht kommt es an!“ Denn wie die Lehrer sind, ob eher introvertiert oder lautstark, zugewandt oder distanziert – das hat kaum einen messbaren Einfluss auf die Leistungen der Schüler. Ganz gleich, wer an der Tafel steht, für die Schüler ändert sich erst dann etwas, wenn sich der Unterricht ändert.

Und der ist hierzulande im Durchschnitt, anders als oftmals behauptet, keine Katastrophe. Aber eben auch nicht gut genug, um Deutschland bei PISA nach vorn zu bringen und vor allem um benachteiligten Schülern größere Chancen zu eröffnen. Nur: Welcher Unterricht ist überhaupt gut? Darauf geben Forscher neue, sehr unterschiedliche Antworten. Und Lehrer wie an der GSO versuchen, einige davon im Alltag umzusetzen.

Bremen, Februar 2012.

Gerhard Roth stellt sein Modell für einen neuen Unterricht vor. Ein radikales Modell. Er will die 45-Minuten-Einheiten auflösen und auch die Fachgrenzen – und einmal in der Woche einen Projekttag einrichten, der nicht vom Dreiviertelstunden-Takt zerhäckselt wird, sondern zehn frei gestaltbare Stunden enthält, und an dem die Schüler sich fachübergreifend mit einem Thema beschäftigen können – damit sie es aus vielen Perspektiven wahrnehmen, damit es sich besser im Hirn verankert. Den Unterricht sollen immer mehrere Lehrer gemeinsam gestalten, um voneinander zu lernen. Und um besser auf individuelle Probleme der Schüler eingehen zu können.