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Die Schulpflicht ist nicht verhandelbar. Auch wenn Eltern Bedenken haben, können sie nicht erst auf eine erfolgreich reformierte Schule warten, bis sie ihre Kinder der Schule anvertrauen. Lehrer sind schon jetzt verpflichtet, ihre Schüler zu unterrichten und ihnen das erfolgreiche Lernen in der sozialen Gruppe anzubieten. Nur zu oft sind sie alle mit dem Thema Schulversagen konfrontiert. Das Schulsystem dann als gescheitert zu brandmarken oder mit dem Finger auf Eltern zu zeigen, denen es vermeintlich nicht ausreicht, »gut genug« zu sein, oder die ihre Kinder angeblich nur unzureichend anleiten, ist nicht lösungswirksam, da sie alle in einem Boot sitzen. Stattdessen ist in systemischer Sicht- und Arbeitsweise hilfreich, wenn Familien, Pädagogen und Berater sich an einem Runden Tisch zusammenfinden, alle Ressourcen nutzen und damit konstruktiv einen Stressabbau im Sinne des Kindes bei allen Beteiligten bewirken.
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Seitenzahl: 207
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Helmut Bonney / Juliane Bonney
Schulversagen?
Eltern bitten Lehrer und Berater an den Runden Tisch
Vandenhoeck & Ruprecht
Mit 11 Abbildungen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
eISBN 978-3-647-99669-1 ISBN 978-3-647-40365-6
Umschlagabbildung: A networking people on blackboard/wlablack/Shutterstock.com
© 2015, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen / Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A.www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.
Satz: SchwabScantechnik, Göttingen Umschlag: SchwabScantechnik, Göttingen
Inhalt
Vorbemerkungen
Warum wir dieses Buch geschrieben haben
Einstieg: Komplexe Fragen brauchen Systemkompetenz – Felix und seine Familie
Vorgespräche
Erster Auftrag
Kinderpsychiatrische und psychodiagnostische Untersuchung des Kindes
Ehegeschichte und Familiendiagnostik
Zweiter Auftrag
In der Schule: Runder Tisch mit den Eltern und der Lehrerin
Bausteine der Einzeltherapie des Kindes
Ende des elterlichen Kampfes gegeneinander
Wandel der kindlichen Verfassung in den Elternhäusern und in der Schule
Begabung und Leistung
Intelligenz und Lernstrategien
Ausgleich von Teilleistungsstörungen
Schlechte Noten trotz exzellenter Begabung
Verfügbarkeit der Begabung
Familiäre Wirklichkeiten und soziale Umstände
Körperliche Gesundheit
Rückschritte ins Kleinkindalter
Klärung von Leistungsschwächen
Mangelnde soziale Integration
Zappelphilipp und Störenfried
Außenseiter und Mobbing
Leistungsverweigerung und Rückzug
Perfektionisten
Soziale (Re-)Integration
»Einzeltäter«
Innen- und Außenseiter
Liebe für jeden
Vermeidung des Schulbesuchs – Fälle und Lösungsansätze
Fallbeispiele
Lösungsprinzipien
Grundzüge der systemischen Beratung und Bausteine der Arbeit
Beratungsklima
Anerkennung und Vertrauen
Neues und Neugier
Kontaktaufnahme
Erstgespräche
I. Kontextklärung
II. Bisherige Lösungsversuche
III. »Größte Sorge ist « – Größere und kleinere Sorgen
IV. Wer gehört dazu? (Genogramm)
V. Entwicklung des Problems: Bekanntes erfahren, Unbekanntes entdecken
VI. Auftragsklärung
Einzel- und Familiendiagnostik
Gestaltungsaufgaben
Intelligenzmessungen
Diagnostische Gespräche mit Jugendlichen
Möglichkeiten der therapeutischen Zusammenkunft
Arbeit mit der vollständigen Familie
»Tandem«-Arbeit
Bilanzen und Therapieende
Umgang mit der Informationsfülle: Ordnen und Strukturieren
Kinder im Spannungsfeld zwischen Eltern und Lehrern
Gegensätze zwischen Eltern und Lehrern
Bedrohungen des Vertrauens und Irritationen der Verantwortungsverteilung
Lösungsschritte
Verantwortungen
Elternpräsenz in der Schule
Einleitung der Kooperation durch die Eltern
Empathie und Kommunikation
Lernen, Fragen zu stellen
Handlungen und Bedeutungen unterscheiden
Entwertungen überwinden
Außenperspektiven
Runde Tische
Schlussbemerkungen
Literatur
Vorbemerkungen
Die Regelschule in Deutschland steht seit ihrem Bestehen immer (wieder) im Kreuzfeuer der öffentlichen und medialen Kritik. Eine Schulweiterentwicklung bedarf einer lebendigen Schaffenskraft, die den Kindern und Jugendlichen immer besser ermöglicht, ihre Begabungen zu entfalten, ihre Neugier, ihren Lernwillen zu erhalten und eine unverwechselbare Persönlichkeit auszubilden, soweit das in der Verantwortung der Schule liegen kann. Zu wünschen ist eine schulische Konzeption, die sich die bewährten Erfahrungen der praktischen und wissenschaftlichen Pädagogik zunutze macht und gleichzeitig den Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie und der Neurobiologie Rechnung trägt. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass unabhängig von den gesellschaftlich oder bildungspolitisch geforderten oder gewünschten Schulkonzepten sich letztlich Lehrer und Schüler (und dahinter die Elternhäuser) als Menschen mit Gedanken, Gefühlen, Erfahrungen gegenüberstehen. Zwischen diesen Menschen entstehen Beziehungen, die in Handlungen münden und die sich schließlich auch in der Schule auswirken. Außerdem ist zu bedenken, dass die Erstklässler im 21. Jahrhundert nur bedingt mit den Schulanfängern von 1970 gleichgesetzt werden können: Sie haben unter dem Einfluss der gegenwärtigen Entwicklungsbedingungen früher, als es vor einer Generation zu beobachten war, bereits Denk- und Handlungskompetenzen erworben, mit denen sie sich in der Welt der Erwachsenen bewähren wollen und das teilweise auch können. Andererseits sind sie von den Wirkungen des sozialen Wandels betroffen, die durch den überall herrschenden Zeitmangel ihre sichere Einbettung in die Familie und somit die schützende Entwicklung tragfähiger Beziehungen bedrohen.
Während der fortlaufenden Diskussionen um passende Schul- und Unterrichtsformen in vielen gesellschaftlichen Schichten, in Politik, Wissenschaft und Medien genügen die zu beschulenden Kinder der Schulpflicht und müssen die Gegebenheiten der Regelschule bewältigen, können nicht erst auf vielleicht wünschenswerte Änderungen warten, haben keine Wahl. Wenn die Kinder mit und nach der Einschulung Leid erfahren, ist das aber nicht nur und einseitig durch Basismängel im Schulsystem zu erklären. Wollte man eine solche Position beziehen, könnten gegenwärtig für kein Schulkind mit Schulschwierigkeiten Lösungen gefunden werden, bevor zu fordernde und wünschenswerte schulische Neukonzeptionen zur Wirkung kommen. Keine Wahl innerhalb des gegebenen Systems zu haben, ist die Basiskennzeichnung von Stress. Also muss es um Stressbewältigung in der Gegenwart gehen. Das Stressmuster im Zusammenhang mit der Schule enthält als Elemente neben unter Umständen unpassenden Herausforderungen in der Schule individuelle Besonderheiten, Stärken und Schwächen des Schulkindes oder Jugendlichen und seines familiären und sozialen Umfeldes. Will man ein Kind bei der Stressbewältigung unterstützen, ist das gesamte Muster der stressbewirkenden Faktoren in den Blick zu nehmen.
Die Erwachsenen in der Umgebung des Kindes haben eine mehrfache Verantwortung unter sich zu verteilen und die damit verbundenen Aufgaben wirksam zu erfüllen. Die Eltern müssen keineswegs perfekt, nur »gut genug« sein. Die Lehrpersonen als Teil der pädagogischen Institution stehen vor der Aufgabe, nicht nur als Spezialisten für das (fachliche) Lernen und die Vermittlung abfragbarer Lernergebnisse zu wirken, sondern auch als Pädagogen mit ihrem Wissen um die wichtigen seelischen Beziehungen zwischen Schülern und Lehrern und um die Voraussetzungen für die Entwicklung der Kinderpersönlichkeit bedeutsam zu sein. Hinzugerufene Beraterinnen und Berater (unter anderem psychologische, kinderpsychotherapeutische und -psychiatrische, auch medizinische Spezialisten) können dann hilfreich sein, wenn ihnen die Gesamtschau auf die Stresslage und deren Berücksichtigung bei der Entwicklung einer Hilfestellung ein Anliegen ist.
Der Kongress der deutschen Kinderpsychiater 1975 in Göttingen zum Thema »Macht die Schule krank?« versuchte, die Beziehungen zwischen den schulischen Gegebenheiten und der seelischen Kindergesundheit zu erhellen. Eines der Resultate: »Die Kinder kommen krank in die Schule!« sollte als wesentliche Ursache von Schulschwierigkeiten die Entwicklungsbedingungen der Kinder vor der Einschulung benennen. Nahezu ein halbes Jahrhundert später können wir mit systemischem Blick solche vereinfachenden Ursache-Wirkungs-Beziehungen überwinden. Das System, in dem sich Kinder als Schüler verhalten, ist durch eine Kompliziertheit und Fülle von Einflussfaktoren gekennzeichnet, die eine sichere Vorhersage der Wirkung einzelner Maßnahmen nicht erlaubt. Die wechselseitige Anerkennung einer sich um Reformen bemühenden Schule auf der einen und der Familien mit schulpflichtigen Kindern auf der anderen Seite vermeidet einseitige Schuldzuweisungen, wenn die Kinder nach der Einschulung und im Verlauf der folgenden Jahre Schulschwierigkeiten zeigen sollten und seelisch behandlungsbedürftig erscheinen. Das ist eine Grundeinstellung systemischer Arbeit: Es geht weder darum, ein gescheitertes Schulsystem zu brandmarken, noch mit dem Finger auf sogenannte »Helikoptereltern«, die alles besser wissen, oder »schlecht erzogene« Kinder zu zeigen. Die Grundidee dieses Buches ist es stattdessen, wirksame Lösungsmöglichkeiten zu beschreiben, die sich aus all den breit diskutierten Problemkonstellationen rund um die Schule ergeben können. Im Folgenden werden anhand von Fallbeispielen exemplarisch Lösungswege beschrieben, die durch eine fruchtbare Zusammenarbeit von Pädagogen, Kindern und Jugendlichen sowie deren Familien und Psychotherapeuten oder anderen Beratern entwickelt werden können. Wir möchten vor allem Eltern, die sich mit Schulproblemen bei ihrem Kind konfrontiert sehen, zu einem nützlichen Informationszuwachs verhelfen, der ihnen die Systemkompetenz vermittelt, um wirksame Lösungen zu finden.
Warum wir dieses Buch geschrieben haben
In Deutschland besuchen derzeit (2013/14) laut Statistischem Bundesamt 11,1 Millionen Kinder und Jugendliche verschiedenste Arten von Schulen. Sie alle haben um sich herum Erwachsene, die ihren Lebensweg begleiten und prägend auf sie Einfluss nehmen. Die meisten von uns haben in ihrem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis Umgang mit Kindern, Verantwortung für Kinder. Und es gibt viele Menschen, die darüber hinaus in ihrem beruflichen Kontext mit Kindern zusammenkommen, sei es als Lehrer, Erzieher, Ärzte oder Therapeuten.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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