9,99 €
Willkommen in der Welt der Acostas - der skandalösesten Familie Argentiniens! Diese Brüder sind echte Herzensbrecher und in der Highsociety berühmt berüchtigt. Im internationalen Polo-Zirkus sind sie nur als "The Band of Brothers" bekannt und bringen die Frauen mit ihrem Charme reihenweise um den Verstand. IN DEN ARMEN DES ARGENTINIERS Dem argentinischen Polochampion Nero Caracas liegen die Frauen zu Füßen. Doch er begehrt nur eine: die hinreißende, aber kühle Engländerin Amanda Wheeler. In Windsor ist sie ihm begegnet - in seiner wildromantischen Heimat Argentinien will er sie verführen... SAMBANÄCHTE MIT DEM PLAYBOY Woher eine gute Story nehmen? fragt die junge Reporterin Holly sich ratlos. Der Zufall kommt ihr zu Hilfe: Sie teilt sich ein Apartment mit dem argentinischen Polospieler und Millionär Ruiz Acosta. Und schon ist ihre Kolumne "WG mit einem Playboy" geboren! Ein toller Erfolg: Ganz London will lesen, wie es ist, mit einem schwerreichen Verführer zu wohnen, der den Pferdesport gleich nach Sex für das Beste im Leben hält! Doch Holly fühlt sich immer hilfloser. Denn nach einer Nacht, in der Ruiz ihr mehr als sinnlichen Samba beibringt, ist es restlos um sie geschehen … DER KUSS DES STOLZEN ARGENTINIERS Maxie soll eine Traumhochzeit organisieren! Leider auf der Insel, auf die Diego Acosta sich nach einem Unfall zurückgezogen hat. Der attraktive argentinische Polospieler ist gar nicht begeistert, dass sie seine Ruhe stört. Bis er die heilende Kraft ihrer Hände kennenlernt... DER KLANG DER VERSUCHUNG Nacho Acostas wilde Locken, sein verwegenes Lächeln - das alles sieht Grace nur noch in ihren Träumen, denn die schöne Weinexpertin hat ihr Augenlicht für immer verloren. Dennoch zieht allein die Ausstrahlung des Argentiniers sie sofort wieder in seinen Bann, als sie auf seinem Weingut eintrifft. Von ihrem Urteil hängt der Fortbestand der Winzerdynastie ab - doch der stolze Erbe bezweifelt ihr Können. Bis Grace beweist, dass ihren Sinnen nichts entgeht. Kein Geruch, kein Geschmack - und erst recht nicht der erregte Klang seiner Stimme, als er sie eines Nachts in seine Arme zieht … PARTYGIRL UNDERCOVER Diese sexy Kurven würde Luke überall erkennen! Allerdings wirbelte Lucia Acosta damals temperamentvoll zu heißen Sambarhythmen über den Dancefloor - jetzt liegt sie auf den Knien und schrubbt ihn. Was ist mit dem Partygirl, das ihn mit einem Fingerschnipsen hätte haben können, passiert? Mit dieser umschwärmten Schönheit, die so gern gelacht und geliebt hat? Luke muss es herausfinden! Aber als er in ihre Augen blickt, erkennt er sofort, dass sich eins nicht geändert hat. Ob Lucia reich oder arm ist: Wer sie verführen darf, entscheidet die stolze Argentinierin ganz allein … IN DEINEN ARMEN WERD ICH SCHWACH Der Reporterin Romy stockt der Atem, als sie den feurigen Argentinier Kruz Acosta erblickt. Seine faszinierende Ausstrahlung lässt sich unmöglich ignorieren! Heimlich schießt Romy ein paar Schnappschüsse - und wird prompt erwischt. Während Kruz sie festhält, um ihr die Kamera abzunehmen, überwältigen Romy unerwartete Gefühle. Warum nur muss sie jetzt, und dann auch noch in den Armen eines prominenten Playboys, solch quälende Sehnsucht nach Nähe und Geborgenheit verspüren? Kurz wird Romy schwach und gibt sich Kruz für einen Moment des Glücks hin. Mit gefährlichen Folgen ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 1132
Susan Stephens
Sexy Brüder - Die Acostas (6-teilige Serie)
IMPRESSUM
In den Armen des Argentiniers erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2011 by Susan Stephens Originaltitel: „The Untamed Argentinian“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRABand 349 - 2012 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Petra Pfänder
Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.
Veröffentlicht im ePub Format in 02/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733766832
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY
Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de
Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.
„Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Ihnen Gesellschaft leiste?“
Ein Schauer lief Amanda über den Rücken, als der Mann die Stalltür öffnete und eintrat. Selbst im Schlaf hätte sie den rauen spanischen Akzent erkannt.
Außerdem gab es nur einen, der so einfach in den Guards Polo Club in Windsor hereinspazieren konnte: Nero Caracas, in Polokreisen auch als der Killer bekannt. In der Poloweltrangliste stand der Argentinier an erster Stelle, und er genoss weltweit Sonderrechte, von denen andere Spieler nur träumen konnten.
Noch dazu sah er einfach umwerfend aus. Die eng sitzende Reithose strahlte in makellosem Weiß, zugleich gaben seine zerzausten schwarzen Locken und ein dunkler Bartschatten seiner Erscheinung etwas Abenteuerliches.
Seitdem Amanda miterlebt hatte, wie Nero Caracas das Spielfeld beherrschte, begehrte sie diesen atemberaubenden Mann. Doch sie hätte nie damit gerechnet, ihm einmal so nah zu kommen.
„So, das ist also Misty“, sagte er jetzt. Seine starke Hand fuhr über die Schulter des Ponys. „Sie ist nicht besonders groß.“
„Äußerlichkeiten können täuschen“, verteidigte Amanda ihr Lieblingspony, während sie sich bemühte, mit ihren zitternden Händen weiter die schmalen Hufe zu fetten.
„Bald beginnt das Spiel.“
Wieso sagt er mir das? dachte Amanda und polierte weiter. Als Mitglied des britischen Trainerteams wusste sie ganz genau, wann das Spiel begann. Nero war Spielführer der gegnerischen Mannschaft. Nicht sie, sondern er sollte in diesem Moment ganz woanders sein.
Falls er gedacht hatte, er könnte einfach hier hereinplatzen und sie von der Arbeit abhalten, hatte er sich jedenfalls gründlich geirrt! Sie würde dem Killer die kalte Schulter zeigen.
„Ich möchte mit Ihnen über Misty sprechen.“ Nero betrachtete das Pony mit einem weiteren anerkennenden Blick.
„Jetzt ist ein schlechter Zeitpunkt“, erwiderte Amanda kühl.
„Wie Sie meinen.“ Nero zuckte mit den Schultern und nickte zum Abschied. Doch bevor er sich zur Tür wandte, fing Amanda seinen herausfordernden Blick auf.
Ärgerlich biss sie sich auf die Lippen. In ihrer finanziellen Situation war es ausgesprochen unvernünftig, es sich mit einem Mann wie Nero Caracas zu verscherzen. Durch die Rezession hatte sie einen Großteil ihrer Ersparnisse verloren, und in der Polowelt kannte jeder jeden. Ein einziger Fehler konnte ausreichen, um eine Karriere zu beenden. Aber sie würde keinen Fehler begehen!
Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. „Also gut, was wollen Sie?“
Mit einer Kopfbewegung deutete Nero auf Misty. „Ich denke, dass es besser für Ihr Pony wäre, wenn ein Mann sie reiten würde, der sie wirklich zu schätzen weiß.“
„Ich kann Ihnen versichern, dass der Kapitän des britischen Teams Misty sehr genau zu schätzen weiß.“
„Aber glauben Sie, dass auch Misty seine Art genießt, sie zu reiten?“
Musste dieser Mann jedes Wort wie eine Einladung ins Bett klingen lassen? Amanda schaute unruhig auf ihre Uhr.
„Mache ich Sie nervös?“
Sie lachte. „Sicher nicht! Ich bin nur besorgt, weil Ihre Zeit knapp wird.“
„Mein Timing ist perfekt wie immer“, versicherte Nero.
Amandas Mund wurde trocken, als er geschickt Mistys Hals liebkoste. Unwillkürlich straffte sie ihre Schultern und stellte sich zwischen ihn und den kleinen Apfelschimmel. Mit verschränkten Armen sah sie zu ihm auf.
Doch Nero ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Ich hätte Sie bei diesem Wettkampf lieber auf meiner Seite, Amanda.“
Sie warf ihm einen ironischen Blick zu. „Vielen Dank, aber ich fühle mich sehr wohl dort, wo ich bin.“
„Vielleicht kann ich Ihre Meinung ja noch ändern …“
„Viel Spaß bei dem Versuch!“
„Falls das eine Kampfansage sein sollte, muss ich Sie warnen, Amanda – ich gewinne immer.“
Wieso bleibt Misty nur so ruhig? dachte sie ärgerlich. Normalerweise war das Pony in der Gegenwart eines Fremden sehr nervös. Doch seit Nero den Stall betreten hatte, wirkte es ausgesprochen entspannt und zufrieden.
Sie hob trotzig ihr Kinn. „Sonst noch was?“
Als er sie mit seinen dunklen Augen anschaute, begann ihr Herz schneller zu schlagen. Nero Caracas war schon fast übertrieben attraktiv.
Plötzlich wurde Amanda von einer wilden Begierde überrascht. Hastig wandte sie den Blick ab. Ihre Beine zitterten, und ihr Herz raste. Es kostete sie all ihre Kraft, sich nichts von ihren aufgewühlten Gefühlen anmerken zu lassen.
„Keine Sorge, ich gehe schon.“ Nero hob in einer Geste spöttischer Kapitulation die Hände. „Aber ich komme zurück, Misty“, raunte er dem ungewöhnlich zutraulichen Pony ins Ohr.
Amanda funkelte ihn wütend an. Sie hatte Gerüchte aufgeschnappt, dass der berühmte Argentinier vorhatte, ihr Pony zu kaufen.
Aber wieso gerade Misty? dachte sie entrüstet, das einzige Polopony, das sie von ganzem Herzen liebte.
An der Tür wandte Nero sich noch einmal um. „Sie haben gute Arbeit mit Misty geleistet, Amanda. Sie ist in einem ausgezeichneten Zustand.“
„Weil sie bei mir glücklich ist.“
Nero nickte nur selbstgefällig.
Ich werde Misty verlieren! ahnte sie plötzlich. Zurzeit gab es kein besseres Polopferd, und es war nur logisch, dass Nero Caracas es für sich ausgewählt hatte.
Aber was konnte sie schon gegen einen so mächtigen Mann ausrichten? Nur ein absoluter Dummkopf würde sich dem Argentinier in den Weg stellen und erwarten, danach noch eine Zukunft als Trainer zu haben.
Zu ihrem Entsetzen ertappte sie sich plötzlich bei dem Wunsch, mit ihren Fingern durch Neros dichte Locken zu streichen. Was, in aller Welt, war nur mit ihr los? Wirkten seine geheimnisvollen Fähigkeiten etwa auch bei ihr?
Trotzig hob sie ihr Kinn. „Möge die bessere Mannschaft gewinnen.“
„Das werden wir“, informierte sie der unbestrittene König des Spiels selbstbewusst.
„Aber ob Gewinn oder Niederlage – Misty ist nicht zu verkaufen!“, erklärte sie ihm entschlossen.
„Aber wenn Ihr Pony heute beim Spiel hält, was es verspricht – und ich bin sicher, dass es das tun wird –, werde ich Ihnen ein Angebot unterbreiten, Amanda. Nennen Sie Ihren Preis.“
„Misty hat keinen Preis, Señor Caracas“, beharrte Amanda. „Und außerdem brauche ich Ihr Geld nicht.“
Nero neigte seinen Kopf und schwieg für einen Moment. Jeder in der Polowelt wusste, dass dies nicht stimmte.
„Vielleicht brauchen Sie mein Geld nicht, chica“, sagte er spöttisch. „Aber irgendetwas brauchen auch Sie.“
Panik stieg in Amanda auf. Ein Wort von ihm würde reichen, um ihre Karriere zu zerstören.
„Entspannen Sie sich“, murmelte er. Seine raue Stimme klang sanft. „Sie arbeiten zu hart und sorgen sich zu sehr, Amanda.“ Dann zuckte er wegwerfend mit seinen breiten Schultern. „Polo ist nur ein Spiel.“
Nur ein Spiel? wiederholte sie im Stillen. Sie glaubte ihm kein Wort!
„Ich freue mich darauf, Misty in Bewegung zu erleben.“ Nero lächelte sie an, und ihr Herz setzte für einen Schlag aus. Sie hatte das Gefühl, als würden seine dunklen Augen auf den Grund ihrer Seele blicken. Bevor sie etwas erwidern konnte, wandte er sich um und verließ den Stall.
Amanda stieß zitternd die Luft aus und ließ sich gegen die kalte Steinwand sinken. Konnte sie gegen Nero gewinnen? Auf jeden Fall würde sie sich von ihm nicht einschüchtern lassen!
„Geht es Ihnen nicht gut?“
Amanda zuckte zusammen. Sie hatte nicht bemerkt, dass eine der Pferdepflegerinnen hereingekommen war und sie besorgt musterte.
„Ich … doch, doch. Alles bestens.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln.
Gleichzeitig dachte Amanda an ihren geliebten Reiterhof. Die Kinder aus dem Dorf konnten dort von klein auf den Umgang mit Tieren lernen. Doch durch einen Streit mit Nero konnte sie all das verlieren.
„Soll ich Misty zu den pony lines bringen? Die anderen Pferde sind bereits dort.“ Das Mädchen warf einen unsicheren Blick zur Stalltür.
Sie muss gesehen haben, wie Nero den Stall verlassen hat, vermutete Amanda.
„Ja, nimm sie mit“, sagte sie freundlich. „Aber lass sie keinen Moment aus den Augen!“
„Das werde ich nicht“, versicherte das junge Mädchen und nahm die Zügel. „Komm mit, Misty.“
„Das heißt … warte! Ich begleite euch.“ Amanda hatte zwar vorgehabt, sich zuerst um die anderen Ponys zu kümmern, aber das konnte sie auch bei den pony lines in der Nähe des Spielfeldes tun. Dort wurden die Pferde für ihren Einsatz bereitgehalten.
Neros unerwartetes Auftauchen im Stall hatte sie zu sehr beunruhigt, um einfach wieder zur Tagesordnung überzugehen. Ein Mann wie er tat nichts ohne Grund.
Ich werde sein Feuer mit Eis bekämpfen! nahm sie sich vor, während sie die Stalltür hinter sich verschloss. Sie hatte miterlebt, wie ihr Vater seine Karriere und seinen Besitz verspielt hatte. Dabei hatte Amanda gelernt, wie wichtig es war, niemals die Kontrolle über die eigenen Gefühle zu verlieren.
Doch es ging nicht nur um Nero und ihren eigenen Stolz. Misty war mehr als nur ein Polopony für Amanda. Das kleine Pferd war ein Symbol für ihr Bestreben, den Namen ihrer Familie wiederherzustellen. Außerdem hatte Amandas Vater ihr vor seinem Tod ans Herz gelegt, sich stets gut um Misty zu kümmern.
Es war daher vollkommen unmöglich, Neros Angebot anzunehmen. Der feurige Argentinier mit dem Körper eines griechischen Gottes mochte der Traum jeder Frau sein, aber sie musste ihre Pflicht erfüllen.
„Viel Glück, Amanda!“, wünschten ihr die Pferdepfleger und Stallknechte, als sie über den Hof gingen.
„Das argentinische Team macht einen guten Eindruck“, rief ihr einer der Pferdepfleger zu. „Vor allem Nero Caracas.“ Der junge Mann kam zu ihnen und lief ein paar Schritte neben ihnen her. „Bei den letzten Spielen hat der Killer seinem Spitznamen alle Ehre gemacht.“
Amanda lächelte schief. „Großartig! Danke, jetzt bin ich schon viel ruhiger.“
Sie musste nicht daran erinnert werden, dass Polo ein brutales Spiel war. Auf den ersten Blick verkörperte Nero einen ebenso perfekten Gentleman wie seine britischen Kollegen, doch er lebte in Argentinien und trainierte seine Pferde in den endlosen, ungezähmten Weiten der Steppen.
Je eher er dorthin zurückkehrt, desto eher kann ich mich wieder entspannen, versuchte sie sich zu beruhigen, aber sie schaffte es nicht, ihre bange Vorahnung abzuschütteln.
„Ich lasse dich niemals gehen“, flüsterte sie Misty zärtlich ins Ohr, als sie das kleine Pony neben den anderen Tieren anband. Dann legte sie Misty die Arme um den Hals. „Und ich werde dich bestimmt niemals einem dahergelaufenen Wilden mit einem schwarzen Herzen wie Nero Caracas verkaufen. Lieber würde ich …“
Als ein Schluchzen in ihrer Kehle aufstieg, brach sie ab und vergrub ihr Gesicht in der seidigen grauen Mähne. Was konnte sie nur tun?
Nero Caracas gab nichts auf Gerüchte. Er bevorzugte es, sich seine eigene Meinung zu bilden, über Menschen, Tiere, Dinge – und über Amanda Wheeler.
Die Eisjungfrau nannte man sie in Polokreisen, und mit eisigen Augen hatte sie ihn auch angeschaut. Zumindest am Anfang ihres Gesprächs.
Warum, in aller Welt, versteckte Amanda ihr üppiges kastanienbraunes Haar unter einem eng anliegenden Netz? Nero musste schmunzeln, als er an die einzelne vorwitzige Strähne dachte, die sich darunter hervorgestohlen hatte.
In Pferdekreisen genoss Amanda größten Respekt, doch über ihr Privatleben war kaum etwas bekannt. Auch für ihn war sie ein Rätsel, nach ihrem kurzen Gespräch mehr als zuvor. Im Gegensatz zu den meisten Menschen hatte sie ihm keinen Honig um den Bart geschmiert, sondern ihn ganz offen herausgefordert. Zu einem Kampf, dem er nicht widerstehen konnte.
Geschmeidig schwang Nero sich in den Sattel, ergriff die Zügel und versammelte für die letzten anfeuernden Worte vor dem Spiel sein Team um sich. Heute fühlte er sich ungewohnt angespannt. Auch seine Männer schienen dies zu bemerken. Sie musterten ihn wachsam, während sie ihre ruhelosen Ponys zügelten.
„Keine Gnade!“, warnte er sein Team. „Aber geht kein Risiko für die Pferde ein. Und achtet auf die kleine Graue, die der britische Kapitän reitet! Je nachdem, wie das Spiel läuft, habe ich vor, sie für mich zu kaufen.“
Amanda hat nicht die Absicht, mir ihr Pferd zu verkaufen, fiel ihm augenblicklich wieder ein. Sie hatte ganz deutlich gezeigt, dass sie nicht einmal mit ihm darüber reden wollte. Plötzlich erschien ein Bild in seinem Kopf, wie er ganz langsam die Knöpfe ihrer Reitbluse öffnete, während sie ihn mit großen Augen anflehte, nicht aufzuhören.
Was verbirgt Amanda Wheeler unter ihrer kühlen Oberfläche? überlegte Nero. Erstaunt stellte er fest, dass er es herausfinden wollte. Zum Glück hielten seine Männer das Feuer in seinen Augen für reine Kampfeslust, und mit donnernden Hufen ritten sie davon.
Amanda ist anders, dachte Nero, während er seinen Helm aufsetzte und unter dem tosenden Beifall der Menge aufs Spielfeld ritt. Sie würde es ihm nicht so leicht machen wie ihr hübsches Pony.
Vergeblich versuchte er zu verstehen, was hinter dem kühlen Blick ihrer schönen Augen gelegen hatte. Was es Angst? Offenbar fürchtete sie, ihr Pferd zu verlieren, aber das war nicht alles gewesen. Viel interessanter fand er jedoch die Frage, warum eine so erfolgreiche und attraktive Frau ganz allein lebte. Anscheinend wollte sie es so, sonst würde sie sich nicht so streng und schmucklos kleiden.
Sie ist wirklich außergewöhnlich, dachte Nero. Amanda war eine unabhängige und mutige Frau. Sie hatte ihrem Vater bis zu seinem bitteren Ende beigestanden und versucht zu retten, was vom Familienbesitz noch übrig geblieben war.
Obwohl sie ganz offensichtlich selbst das kleinste Anzeichen von Wärme oder Humor sorgfältig vermied, musste es unter der Oberfläche der Eisjungfrau noch eine andere Seite geben. Nero hatte gehört, dass die Kinder ihres Dorfes sie heiß und innig liebten und gern ihren Reiterhof besuchten.
Nero schüttelte den Kopf, um die Gedanken an Amanda zu vertreiben. Sie konnte ihm nützlich sein. Mehr brauchte ihn nicht zu interessieren! Mit einem Griff schob er seinen Gesichtsschutz herunter. Doch sein Blick glitt unruhig über die Reihen der Zuschauer und suchte nach Amanda.
Sie hasste ihn! Fast im Alleingang hatte Nero Caracas die britische Mannschaft vernichtend geschlagen. Trotz seines großartigen Teams machte Amanda ihn ganz allein für die Niederlage der Ponys verantwortlich, die sie trainiert hatte.
Bei der Preisverleihung durch den Prinzen hatte Nero die kleine Misty „das beste Pony des Spiels“ genannt. Aber auch diesen bittersüßen Triumph hatte der Argentinier mit einem einzigen Blick zu Amanda ruiniert – ein Blick, der deutlicher als Worte sagte: „Sie gehört mir.“
„Nur über meine Leiche!“ Amanda hatte die Worte stumm mit dem Mund geformt, doch seine Antwort war nur ein unerhört selbstbewusstes Lächeln gewesen.
Und jetzt musste sie auch noch den Abend in seiner Gesellschaft verbringen! Der Prinz hatte alle Spieler und Trainer zu einem Dinner im Schloss geladen. Eine solche Einladung durfte sie natürlich nicht einfach ablehnen.
Warum sollte sie auch? Sie hatte die Gelegenheit, mit dem Prinzen zu dinieren und das königliche Schloss von innen zu sehen! Wollte sie sich all das etwa entgehen lassen, nur um Nero Caracas aus dem Weg zu gehen?
Die Einladung ins Schloss war ein Zeichen, dass der Prinz ihre Pferdezucht schätzte und die Skandale ihre Vaters vergessen waren. Endlich konnte der Name Wheeler wieder mit Stolz ausgesprochen werden.
Außerdem werden so viele Gäste versammelt sein, dass ich sicher nicht neben dem Argentinier sitzen werde! versuchte Amanda sich zu beruhigen. Ganz bestimmt würde ihr Platz bei ihrem Team sein!
„Ich hoffe, es ist Ihnen recht, dass ich Sie neben mir platziert habe.“ Der Prinz lächelte Amanda voller Wärme an. „Aber vielleicht würden Sie ja lieber bei Ihrem Team sitzen?“
„Selbstverständlich nicht, Sir. Es ist mir eine große Ehre“, erwiderte Amanda, während sie versuchte, nicht auf Nero zu achten, der auf der anderen Seite des Prinzen saß. Die beiden Männer gingen so unbefangen miteinander um, als wären sie gute Freunde.
„Der Kapitän des Siegerteams und die Besitzerin und Trainerin des besten Ponys im Spiel – ich denke, das ist die perfekte Kombination“, plauderte der Prinz in seiner gewohnt lockeren Art.
„In der Tat, Sir“, stimmte Amanda zu und erwiderte möglichst kühl Neros amüsierten Blick.
„Seine königliche Hoheit ist – wie immer – äußerst scharfsinnig“, sagte Nero gedehnt. Er hob eine ebenholzschwarze Braue, als sein Blick Amandas traf.
Während der gesamten Fahrt zum Schloss hatte Nero darüber nachgedacht, wie Amanda Wheeler heute Abend wohl aussehen würde. Sicherlich atemberaubend!
Doch Neros Erwartungen wurden enttäuscht. Amanda trug ein schlichtes Kleid, das bestimmt auch ihrer Großmutter gefallen hätte, und ihr kastanienbraunes Haar war noch strenger zusammengebunden als sonst. Warum geizte sie nur so mit ihren Reizen?
„Also, Miss Wheeler.“ Die Stimme des Prinzen schreckte Nero aus seinen Grübeleien auf. „Ich habe nur Gutes über Sie gehört – und nicht nur, was das Training der Poloponys betrifft. Ich meine Ihre Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.“
Amanda errötete und schwieg. Sie redete nicht gern über ihr persönliches Engagement.
„Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, Ihren Wirkungskreis zu vergrößern?“, hakte der Prinz nach.
Nero schien ebenso interessiert an ihrer Antwort zu sein.
„Das lässt meine Arbeit nicht zu, Sir.“
„Nun, Sie tun Ihr Möglichstes. Das ist mehr, als die meisten Menschen auch nur versuchen“, fuhr der Prinz fort.
Amanda lächelte bescheiden. Sie war froh, als das Essen serviert wurde und das Gespräch zu anderen Themen überging. Aber warum saßen ausgerechnet sie und Nero neben dem Prinzen? Amanda hoffte nur, dass der Argentinier die Botschaft in ihren Blicken erkannt hatte: Nero Caracas, du bist hier unerwünscht.
Dabei begehrte sie diesen Mann mit fast schmerzhafter Intensität. Nero war eine Naturgewalt. Er konnte jede Frau auf der Welt haben. Doch nie im Leben durfte er erfahren, was sie für ihn fühlte! Er würde sie für naiv und unprofessionell halten.
Amanda war nur froh, dass sie ein so schlichtes Abendkleid gefunden hatte. Sie zog nicht gern die Aufmerksamkeit auf sich. Darum verhielt sie sich meist so kühl distanziert.
Amanda spürte Neros Gegenwart mit jeder Faser ihres Seins. Sie drehte den Kopf, und ihre Blicke trafen sich. Erst als der Prinz den Argentinier ansprach, wandte Amanda sich ab. Ihr Herz raste. Um sich abzulenken, schaute sie sich im Saal um.
An der festlich geschmückten Tafel, die länger als eine Kegelbahn war, saßen mindestens fünfzig Menschen. Fast geräuschlos kamen und gingen der königliche Butler und sein Team und servierten den Gästen.
Plötzlich musste Amanda den Impuls unterdrücken, aufzuspringen und zu tanzen. Auch wenn sie stets kontrolliert wirkte, gab es eine wilde Seite in ihr, die sich danach sehnte, ausgelebt zu werden.
Wieder sah sie zu Nero, der noch immer mit dem Prinzen plauderte. Wie elegant und selbstsicher er dabei aussieht! fiel Amanda auf. Aber kein Wunder! Sie hatte gehört, dass Nero auf seiner Ranch in Argentinien selbst wie ein König lebte.
Immer wieder kehrte ihr Blick zu ihm zurück. Schon in seiner Spielerkleidung war Nero atemberaubend attraktiv, doch in dem maßgeschneiderten Abendanzug sah er einfach umwerfend aus! Das blütenweiße Hemd und die stahlgraue Krawatte betonten seine tief gebräunte Haut und die schwarzen Locken.
Verflixt! dachte Amanda, er beobachtet mich. Rasch wandte sie ihre Aufmerksamkeit ihrem Teller zu, während sie sich über sich selbst ärgerte. Kaum saß sie mit Nero Caracas an einem Tisch, war sie nicht mehr sie selbst, sondern steif und unsicher.
Zur Hölle! Sie war eine erwachsene Frau, die mit beiden Beinen mitten im Leben stand. Entschlossen drehte sie sich zum Prinzen um. Doch bevor sie etwas sagen konnte, wandte sich dieser an Nero: „Ich bin überrascht, dass Sie noch kein Angebot für das beste Pony des Spiels abgegeben haben, Señor Caracas.“
Amanda erstarrte.
„Aber das habe ich“, erwiderte Nero. „Ich würde Misty liebend gern mein Eigen nennen, aber Miss Wheeler scheint Ihre Zweifel zu haben.“
„Zweifel?“ Der Prinz hob seine Brauen und sah Amanda an. „Señor Caracas besitzt eine Ranch in Argentinien. Dort haben die Polopferde bessere Lebensbedingungen als an jedem anderen Ort auf der Welt.“
Neros schwarze Augen funkelten belustigt, als er versuchte, Amandas versteinerten Blick einzufangen.
„Denken Sie noch einmal darüber nach, Miss Wheeler!“, beharrte der Prinz.
„Königliche Hoheit“, Amanda neigte den Kopf, als würde sie zustimmen, aber innerlich schäumte sie vor Wut. Sie würde sich nicht zwingen lassen, ihr Lieblingspony zu verkaufen. Es musste einen Ausweg aus dieser Situation geben, und sie würde ihn finden! Aufgebracht warf sie dem Argentinier einen flammenden Blick zu.
Doch mit seinen nächsten Worten nahm ihr Nero den Wind aus den Segeln. Er erzählte von seinem geplanten Projekt mit Kindern und Jugendlichen, die unter normalen Umständen keine Chance hatten, jemals in ihrem Leben auf einem Pferd zu sitzen. Amanda wusste aus eigener Erfahrung, wie Kinder im Umgang mit Tieren aufblühten.
„Ich möchte, dass die Jugendlichen die Freiheit der Steppe erleben“, erklärte Nero dem Prinzen, „und dass sie sehen, wie das Leben auf meiner Ranch abläuft.“
Das würde ich auch gern, dachte Amanda verträumt.
„Das Projekt besitzt viel Ähnlichkeit mit Ihrer Arbeit, Miss Wheeler“, wandte sich der Prinz an Amanda. „Das passt doch ausgezeichnet. Ich hatte Ihnen ja bereits vor dem Essen vorgeschlagen, Ihren Wirkungskreis ein wenig zu vergrößern. Was halten Sie davon, Nero bei seiner Arbeit in Argentinien zu unterstützen?“
Die beiden haben sich vorher abgesprochen, dachte Amanda erbost, als sie den Triumph in Neros Augen sah.
Irgendwie muss ich mich aus dieser Sache herausreden, dachte Amanda. „Sir, ich kann England leider nicht verlassen – vor allem nicht so kurz vor Weihnachten!“
Doch der Prinz lächelte nur. „Aber Weihnachten in Argentinien ist wundervoll. Denken Sie nur an den Sonnenschein! Ich werde für ein Team sorgen, das Ihre Verpflichtungen in England übernimmt.“
War das Ganze etwa bereits ohne sie entschieden worden? Noch nie in ihrem Leben war es Amanda so schwer gefallen, sich zu beherrschen. Sie biss sich auf die Zunge, um ihre Worte zurückzuhalten. Es wäre unverzeihlich, dem Prinzen zu widersprechen. Vor Verzweiflung sah sie sogar Hilfe suchend zu Nero, doch dieser hob nur eine Braue.
„Sie würden natürlich reichlich für Ihren Einsatz entschädigt werden“, teilte ihr der Prinz mit, als würde dies für sie einen Unterschied bedeuten.
Amanda zuckte beschämt zusammen. „Es geht mir nicht ums Geld, Sir.“
„Stolz ist eine großartige Sache, Miss Wheeler, aber wir alle müssen auch realistisch sein“, erwiderte der Prinz sanft. „Señor Caracas’ Gauchos blicken auf eine jahrhundertealte Tradition zurück. Glauben Sie nicht, dass Sie von ihrem Wissen über die Arbeit mit Pferden profitieren könnten?“
Jeder weitere Widerspruch würde mich böswillig erscheinen lassen, dachte Amanda resigniert. „Das ist sicher richtig, Sir.“ Sie vermied Neros spöttischen Blick.
„Und Sie könnten Misty mitnehmen“, ergänzte der Prinz. Er erwärmte sich sichtlich für das Thema. „Ich bin sicher, Señor Caracas hätte keine Einwände.“
Amanda beobachtete, wie die beiden Männer einen wissenden Blick austauschten. Sie konnte nicht abstreiten, dass sie das Geld und die Gunst des Prinzen brauchen konnte. Und trotzdem … Es gefiel ihr ganz und gar nicht, dass Nero gewonnen hatte!
„Das bedeutet aber nicht, dass ich Ihnen Misty verkaufen werde“, teilte sie dem Argentinier mit.
„Darüber brauchen wir uns jetzt keine Sorgen zu machen“, antwortete Nero gelassen.
„Was halten Sie davon, Miss Wheeler?“, fragte der Prinz mit einem zufriedenen Lächeln.
„Darf ich darüber nachdenken, Sir?“
Der Prinz zögerte.
„Nehmen Sie sich nicht zu viel Zeit“, erwiderte Nero anstelle des Prinzen.
Nach dem Dinner waren die Gäste zu einem Konzert in den Blauen Salon gebeten worden. Amanda hatte die Gelegenheit genutzt, sich in die Waschräume zurückzuziehen, um sich zu beruhigen.
Sie kam sich wie ein Tennisball vor, den Nero und der Prinz meisterhaft zwischen sich hin und her geschmettert hatten. Was sollte sie tun? Ihr stets so sorgfältig geplantes Leben war dabei, völlig außer Kontrolle zu geraten.
Amanda seufzte, dann öffnete sie mit einem Ruck die Tür und trat hinaus – direkt in Neros Arme.
„Hoppla!“, rief der Argentinier amüsiert. Blitzschnell griff er nach ihrem Arm, um sie vor einem Sturz zu bewahren.
„Danke.“ Amanda versuchte, einen Schritt zurückzutreten, doch Neros Finger lösten sich nicht. „Würden Sie mich jetzt bitte vorbeilassen?“ Ihre Haut glühte unter seinen kraftvollen Händen.
Nero ließ sie zwar los, aber er trat nicht zur Seite. „Warum so eilig, Amanda?“
Unwillkürlich sah sie zu ihm auf. Durch die hohen Fenster schien der Mond und tauchte Nero in sein fahles Licht. Der Effekt auf seine tief gebräunte Haut und die schwarzen Locken war atemberaubend. Er sah aus wie ein dunkler Engel.
„Was sollte das ganze Gerede über meine Reise nach Argentinien?“, stellte Amanda eine Gegenfrage, um ihre Unsicherheit zu verbergen.
„Das war kein Gerede, Amanda.“
„Was dann? Ein Versuch, mich zum Verkauf von Misty zu bewegen?“
„Ich zahle jeden Preis.“
Amanda versuchte, ihren rasenden Herzschlag unter Kontrolle zu bekommen. „Ich sage es Ihnen zum letzten Mal: Misty steht nicht zum Verkauf!“
„Auch nicht, wenn der Prinz sie kaufen möchte?“
Erschrocken schnappte Amanda nach Luft.
„Sagen Sie nicht, dieser Gedanke wäre Ihnen noch nicht gekommen!“, murmelte Nero gedehnt. Er wartete einen Moment, bevor er weitersprach. „Aber vielleicht kann ich die Situation für Sie retten.“
Amandas Augen wurden schmal.
„Ach, kommen Sie schon, Amanda! Sie wissen genau, dass Misty bei mir glücklicher wäre als beim Prinzen.“
Schachmatt! dachte Amanda. Jetzt blieb ihr wirklich kein Ausweg mehr. Nero hatte recht. Misty liebte das Spiel, und es war allgemein bekannt, dass der Prinz nur noch selten selbst daran teilnahm.
Amanda konnte ihr geliebtes Pony nicht zum Ruhestand verurteilen, wenn auf der anderen Seite ein Leben in den endlosen Weiten der Steppe und der weltbeste Polospieler auf sie warteten.
„Haben Sie immer noch Zweifel?“ Nero ließ sie nicht aus den Augen.
„Nein!“, log Amanda. „Aber ich wünschte, Sie hätten wenigstens ein paar Skrupel!“
Der Argentinier lachte leise. „Ihre Unschuld ist wirklich anrührend, Amanda. Aber wenn es ums Spiel geht, kenne ich keine Skrupel.“
Aufgewühlt griff sie nach seinem Arm. „Versprechen Sie mir wenigstens, dass Sie den Prinzen heraushalten!“ Als sie die harten Muskeln unter ihren Fingern spürte, ließ sie ihn los, als hätte sie sich verbrannt.
Sie straffte ihre Schultern, um sich an ihm vorbeizudrängen. Doch anstatt zur Seite zu treten, versperrte ihr Nero provozierend den Weg.
„Lassen Sie mich sofort durch!“, schrie Amanda zitternd vor Wut.
„Ich hatte recht!“, murmelte Nero mit einem zufriedenen Lächeln und trat beiseite.
„Womit?“, fragte sie ärgerlich.
„Unter Ihrem Eis lodert Feuer.“
Lautes Türenschließen unterbrach die plötzliche Stille im Flur.
„Offenbar haben wir den Beginn des Konzerts verpasst“, stellte Nero nüchtern fest.
„Was wird der Prinz nur dazu sagen?“, murmelte Amanda.
„Es sieht aus, als wären wir beide in Schwierigkeiten.“ Trotz seiner Worte wirkte Nero nicht im Geringsten besorgt. Entspannt lehnte er sich an die Wand. „Wir können nur unauffällig abwarten, bis das Konzert vorbei ist.“
Gemeinsam mit Dienern und Wachpersonal warteten sie auf dem Korridor, bis sich einige Zeit später die Türen wieder öffneten und die Gäste herausströmten. Zielstrebig steuerte der Prinz auf sie zu, doch anstatt sie für ihr Fernbleiben zu rügen, lächelte er Amanda und Nero an.
„Ich bin sehr froh, dass ich helfen konnte“, erklärte er herzlich. Sein Blick zu Nero ließ keinen Zweifel, wer damit gemeint war. Dann wandte er sich an Amanda. „Ich habe zwar bereits zugestimmt, Schirmherr von Neros Wohltätigkeitsprojekt zu sein, aber ich würde mich freuen, wenn Sie mich in Argentinien repräsentieren würden, Miss Wheeler.“
„Ich, Sir?“, fragte Amanda überrascht.
„Ich kenne niemanden, der besser dafür geeignet wäre“, fuhr der Prinz fort. „Außerdem weiß ich, wie sehr Sie die Arbeit mit Kindern lieben.“
Die Falle war zugeschnappt! Wie konnte sie jetzt noch Nein sagen? Amanda biss sich auf die Lippen, als sie den Triumph in Neros Augen sah. Vergeblich suchte sie nach einem Grund, die Reise doch noch abzulehnen, aber sie durfte den Prinzen nicht vor den Kopf stoßen.
„Es ist mir eine große Ehre, Sir.“ Ihre Stimme klang heiser.
„Wunderbar! Schön, dass wir das geregelt haben.“ Der Prinz lächelte strahlend. „Und jetzt … würden Sie beide mich bitte entschuldigen?“
„Selbstverständlich, Sir.“ Kaum war der Prinz fort, warf Amanda dem Argentinier einen finsteren Blick zu.
„Selbstverständlich werden Sie mein Gast sein“, teilte Nero ihr in geschäftsmäßigem Tonfall mit, während er Amanda leicht am Ellbogen berührte und zum Ausgang führte. „Leben und Arbeiten in der Pampa wird eine ganz neue Erfahrung für Sie sein. Aber mit der Zeit werden Sie lernen, die Steppe zu lieben, davon bin ich überzeugt.“
Mit der Zeit? Amanda schluckte. Mit einem Ruck zog sie ihren Ellbogen zurück. „Ich werde nicht sehr lange bleiben können …“
„Aber lange genug, um das Projekt aufzubauen. Die Kinder brauchen Sie, Amanda!“
„Genau wie ich hier gebraucht werde. Ich habe mein eigenes Projekt, Nero.“
„Sie haben dem Prinzen Ihr Wort gegeben! Wollen Sie es etwa brechen?“
„Ach, seien Sie doch ehrlich: Sie beide haben das Ganze von Anfang an gemeinsam geplant, nicht wahr?“ Wütend blickte Amanda ihn an.
Nero grinste. „Warum so misstrauisch, Amanda?“
„Aus gutem Grund!“
„Ich übernehme persönlich die Verantwortung für Ihre Vertretung hier in England. Sie brauchen sich also keine Sorgen zu machen, weder in finanzieller noch in anderer Hinsicht.“
Amanda schäumte vor Wut über seine gönnerhafte Art. Natürlich hatte sie selbst dafür gesorgt, dass ihr Betrieb reibungslos weiterlief, falls sie einmal durch Krankheit ausfallen sollte.
„Versprechen Sie mir nur, dass mein Hof nicht unter meiner Abwesenheit leiden wird?“, brachte sie mit Mühe heraus.
„Das tue ich.“
„Und sobald das Wohltätigkeitsprojekt angelaufen ist, kann ich wieder nach Hause fahren?“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich Sie länger als nötig auf meiner Ranch behalten möchte.“
Amanda ballte ihre kleinen Fäuste. Nero schaffte es immer wieder, sie mit seinen Worten zu verletzen.
„Warum können Sie nicht sehen, dass bei dieser Zusammenarbeit jeder gewinnt, Amanda?“ Er betrachtete sie eindringlich.
Sie lachte humorlos auf. „Ach ja? Und was genau gewinne ich dabei?“
„Die Gunst des Prinzen. Und Sie behalten Ihr Pony.“
„Ich hatte nie vor, Misty zu verkaufen. Aber was gewinnen Sie bei der Sache? Auf jeden Fall nicht Misty.“
„Misty wird auf meiner Ranch leben, und falls Sie es erlauben, werde ich sie sogar reiten können.“
„Brauchen Sie wirklich meine Erlaubnis?“, entgegnete Amanda spöttisch.
Aber sie musste sich eingestehen, dass sie sich bereits darauf freute, Nero auf ihrem Pony zu sehen, seine lachenden Augen, sein selbstsicheres Lächeln … Rasch verdrängte sie die Vorstellung.
„Vor allem die Jugendlichen werden von Ihrer Entscheidung profitieren, Amanda. Sie brauchen Sie.“ Plötzlich wirkte Nero ernst, und Amanda fragte sich, ob das Projekt vielleicht doch nicht nur eine Falle für sie gewesen war, sondern ihm ernsthaft am Herzen lag.
„Nur wegen der Jugendlichen habe ich Ja gesagt“, erwiderte sie knapp.
„Selbstverständlich.“ Nero lächelte spöttisch. „Welchen Grund könnte es sonst geben, meine Ranch zu besuchen?“
„Ich kann mir jedenfalls keinen vorstellen“, gab Amanda frostig zurück.
Sie hatten den Ausgang erreicht, und einer der Butler öffnete ihnen die breite Flügeltür.
Am Fuß der Treppe blieb Nero stehen. „Was haben Sie jetzt vor?“
„Ich gehe zu meinen Stallungen, um ein letztes Mal nach den Pferden zu sehen.“
In diesem Moment fuhr ein Fahrer Neros schwarzen Geländewagen vor.
„Kann ich Sie mitnehmen? Ich fahre selbst dorthin.“ Nero nahm die Wagenschlüssel in Empfang.
„Danke, aber ich laufe lieber.“
„Im Abendkleid?“
„Der Abend ist schön, und ich brauche etwas frische Luft.“ Amanda hoffte, dass ein Spaziergang ihre Gedanken klären würde.
„Sind Sie sicher?“
„Absolut.“
„Dann gute Nacht.“ Neros schwarze Augen glitzerten. „Ich sehe Sie morgen, wenn wir die Einzelheiten Ihrer Reise besprechen.“
Nach einem letzten Blick zu Amanda stieg Nero in seinen Wagen und fuhr davon. Das Leben war mit einem Mal sehr viel interessanter geworden!
Heute Abend hatte er sehr deutlich gespürt, dass unter der eisigen Oberfläche ein Feuer in Amanda loderte. Doch noch immer fand er ihren Spitznamen sehr treffend.
„Die Eisjungfrau“, murmelte er.
Nero traf nicht oft Frauen, die ihr eigenes Leben führten, ihre eigene Karriere verfolgten und nicht das Geringste von ihm haben wollten. Ironischerweise bemerkte Amanda selbst nicht, wie begehrenswert sie das machte.
Er wollte sie. Daran gab es keinen Zweifel. Heute Abend hatte er gespürt, dass auch Amanda nicht immun gegen seinen Charme war. Und doch wehrte sie ihn so hartnäckig ab.
Doch wo lag das Problem? Er wollte sie, sie wollte ihn, eigentlich könnte die Situation ganz einfach sein. Aber das war sie nicht, und er würde nicht eher ruhen, bis er wusste, was in Amanda vorging.
Nachdem Amanda sich vergewissert hatte, dass in ihren Stallungen alles in Ordnung war, dachte sie an die Pferdepflegerinnen. Einige der jungen Mädchen waren noch immer nicht in ihr Quartier zurückgekehrt, und Amanda beschloss, sich auf die Suche nach ihnen zu machen.
Sie wusste genau, wo sie die Mädchen finden würde. Nach dem Spiel war in einem Festzelt auf dem Gelände ein großer, luxuriöser Nachtklub eingerichtet worden. In den Nachrichten hatte Amanda die Bilder gesehen, und sie konnte die Aufregung ihrer Mädchen verstehen.
Mit Seide in leuchtenden Farben und dramatischen Wasserspielen war das riesige weiße Zelt wie ein arabischer Palast dekoriert worden. In der Mitte des Zeltes hatte man eine Tanzfläche für die Gäste aufgebaut. Selbst Amanda kannte den Namen des Discjockeys, der bis zum Morgengrauen für die Musik sorgen würde.
Schon von Weitem spürte sie den Bass in ihrem Körper. Unbehaglich schüttelte sie den Kopf. Es war nicht ihre Art, Arbeit und Vergnügen zu mischen, und sie hatte heute alle Einladungen zu der Party abgelehnt.
Sie musste über sich selbst schmunzeln, als sie nun doch auf das Zelt zuging. Sie fühlte sich ein bisschen wie eine Glucke, die ihre Küken sicher nach Hause bringen wollte.
Einer der Sicherheitskräfte am Eingang erkannte sie sofort und führte sie direkt in den VIP-Bereich. Die Lautstärke war ohrenbetäubend. Langsam schob Amanda sich durch die Menge. Immer wieder hielten Bekannte sie an, wollten mit ihr plaudern, trinken oder tanzen. Doch Amanda teilte allen kühl mit, dass sie nur aus beruflichen Gründen gekommen war, und suchte weiter nach den Mädchen.
Nach der kühlen Nachtluft war die Hitze im Zelt erstickend. Schon fühlte Amanda sich inmitten der gnadenlos wummernden Musik, dem Stimmengewirr und dem lauten Gelächter ganz verloren. Im Takt der Musik aufblitzende grelle Lichter brannten ihr in den Augen, aber sie suchte entschlossen weiter.
Endlich hatte sie die Mädchen entdeckt! „Amanda!“, riefen sie ihr fröhlich winkend zu.
Bevor sie etwas sagen konnte, fand sie sich auf der überfüllten Tanzfläche wieder. Sie lächelte und hüpfte halbherzig im Takt der Musik. An richtiges Tanzen war nicht einmal zu denken.
Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie noch immer ihr hochgeschlossenes Abendkleid trug, und sie erröte. Zwischen all den modisch gekleideten jungen Leuten kam sie sich wie ein Fremdkörper vor.
Amanda zog eins der Mädchen zu Seite. „Ist bei euch alles in Ordnung?“, versuchte sie die Musik zu übertönen. „Wisst ihr schon, wie ihr nach Hause kommt, oder soll ich euch ein Taxi rufen?“
„Mein Bruder ist auch hier“, erklärte die junge Frau und deutete mit ihrem Kinn zu einem jungen Mann in der Nähe des Ausgangs. „Keine Sorge, Amanda! Amüsiere dich!“ Sie griff nach Amandas Handgelenk und zog sie zurück auf die Tanzfläche.
Warum eigentlich nicht? dachte Amanda fast trotzig, während sie sich umschaute. Jeder hier im Raum war gekommen, um zu feiern. Ein Tanz würde sie bestimmt nicht umbringen, und sie wollte den Mädchen auch nicht die Party verderben.
Zu ihrer eigenen Überraschung spürte Amanda, wie die ausgelassene Stimmung ganz langsam auch sie erfasste. Aber warum verschwand dieses hartnäckige Kribbeln in ihrem Körper nicht? All ihre Instinkte rieten ihr, das Zelt zu verlassen.
Als die Mädchen bemerkten, dass Amanda aufbrechen wollte, scharten sie sich um sie. „Komm schon, Amanda! Du bist doch gerade erst gekommen, du kannst unmöglich gleich wieder gehen!“, drängten sie.
Nervös schaute Amanda immer wieder über ihre Schulter, auch wenn sie nicht einmal wusste, wonach sie Ausschau hielt. Inzwischen hatten die Mädchen sie in ihre Mitte genommen, sodass sie nicht entkommen konnte.
Gegen ihren Willen musste sie lachen. Schließlich gab sie nach und begleitete die jungen Frauen wieder auf die Tanzfläche.
Zu einem besonders mitreißenden Lied warfen die Tänzer ausgelassen ihre Arme in die Luft. Nach kurzem Zögern tat Amanda es ihnen gleich. Sie staunte, wie viel Spaß es machte. Es kümmerte sie nicht, dass ihr strenger Knoten sich löste und ihre Haare über die Schultern fielen.
Lachend warf sie die Locken zurück und versuchte nicht einmal, ihre Frisur wieder in Ordnung zu bringen. Sie war einfach glücklich. Zum ersten Mal seit langer Zeit genoss sie den Augenblick und gab sich ohne Hemmungen der Musik hin.
Doch dann brach alles zusammen.
Hier also amüsierte sich Miss Unnahbar, wenn sie nicht gerade dabei war, all ihre weiblichen Reize zu verstecken. Oder verhielt sie sich etwa nur ihm gegenüber so kühl und distanziert?
Aus schmalen Augen beobachtete Nero, wie Amanda ausgelassen auf der Tanzfläche feierte. Ihr kastanienbraunes Haar fiel weich um ihre Schultern und war genauso beeindruckend, wie er immer vermutet hatte. Selbst das strenge Kleid konnte ihren atemberaubenden Körper nicht länger verbergen.
Die Männer in ihrer Nähe waren ganz offensichtlich ebenso fasziniert von Amanda wie er selbst, doch sie bemerkte gar nicht, welches Aufsehen sie erregte.
Ohne nachzudenken, betrat Nero die Tanzfläche. Die Schar der Tanzenden teilte sich vor ihm wie das Rote Meer. Amanda sah ihn nicht kommen. Mit geschlossenen Augen sang sie lauthals den Text mit, während sie ihre Hüften schwingen ließ und glückselig die Arme ausstreckte, als wollte sie die Zeltdecke berühren.
Eisjungfrau, dachte Nero ironisch. Von wegen!
„Was, zur Hölle, tun Sie hier?“, brüllte er ihr lauthals zu. Mit Vergnügen sah er den Schock in ihren Augen.
„Nero!“
„Ja, ich bin es“, bestätigte er. „Und jetzt weiß ich auch, warum Sie nicht mit mir fahren wollten.“
Amanda tat, als würde sie ihn nicht verstehen, während sie errötend ihr Haar glattstrich. Aber Nero zeigte keine Gnade, sondern zog sie in seine Arme.
„Hey, was soll das?“ Sie versuchte, ihre übliche Gelassenheit wiederzufinden, doch als er ihren Körper an seinen presste, spürte sie mit aller Macht, wie sehr sie diesen Mann begehrte. Sie schrie leise auf und versuchte sich zu befreien, aber er hielt sie nur umso fester.
Amanda rückte, so gut es ging, von ihm ab, sodass sich wenigstens ihre Unterkörper nicht mehr berührten. „Sie verstehen nicht …“
„Oh, ich denke doch.“ Als die schnelle Musik in einen langsamen Tanz überging, zog Nero sie wieder näher. „Auf Situationen wie diese verstehe ich mich sogar besonders gut.“
„Ich meine, Sie verstehen mich nicht“, entgegnete Amanda. Plötzlich war sie wieder steif wie ein Brett. „Das ist nicht, wonach es aussieht …“
„Es ist genau das, wonach es aussieht“, gab Nero zurück.
„Ich bin nur hier, um …“
„Um nach den Pferden zu sehen?“, schlug Nero täuschend sanft vor.
„Ich habe mir Sorgen um meine Mädchen gemacht“, rief Amanda ärgerlich. „Nicht, dass es Sie etwas anginge, was ich in meiner Freizeit tue.“
„Wenigstens jetzt noch nicht.“
Neros starke Hände lagen auf ihrem Arm und ihrer Hüfte, und es fiel ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Wie anders er heute Abend aussieht! dachte sie benommen.
Er hatte keine Ähnlichkeit mehr mit dem perfekten Aristokraten im Maßanzug. Mittlerweile hatte er sich umgezogen und trug ein enges T-Shirt zu verwaschenen Jeans, unter denen sich seine harten Oberschenkelmuskeln abzeichneten.
Kein Wunder, dass die Menge sich vor ihm geteilt hatte! Er sah wie ein Krieger aus, bereit zum Kampf. Das T-Shirt betonte seine breiten Schultern und die beeindruckenden Oberarme. Sein dichtes schwarzes Haar fiel ihm in die Stirn, und der dunkle Bartschatten gab ihm etwas Verwegenes.
Mühsam riss Amanda ihren Blick von ihm los. Wieso war sie nicht direkt nach Hause gegangen? Ein einziger Tanz hatte das ganze Bild zerstört, das sie so mühsam von sich aufgebaut hatte.
„Und warum sind Sie hier?“, fragte sie schließlich herausfordernd. Sie musste versuchen, ihn von sich abzulenken. „Wollen Sie sich ein bisschen amüsieren, Nero?“
„Ich habe Sie gesucht“, gab er zurück. „Ich hatte gedacht, Sie wären bei den Ställen und treffen Vorbereitungen für die morgige Reise. Können Sie sich vorstellen, wie überrascht ich war, als einer der Stallburschen mir gesagt hat, wo Sie sind?“ Er hob die Brauen und presste sie enger an sich. „Um keinen Preis der Welt hätte ich dies verpassen wollen“, flüsterte er in ihr Ohr, als sie nach Luft schnappte. „Feuer statt Eis!“
„Ich habe mit meinen Freunden getanzt“, protestierte Amanda wütend.
Nero schaute in die Runde und sah, wie die Männer ringsum sie mit offenen Mündern anstarrten. Er war sicher, dass sie zum ersten Mal erlebt hatten, dass Amanda aus sich herausgegangen war. „Ich hätte nie gedacht, Sie ausgerechnet hier anzutreffen“, murmelte er. „Ich hatte Sie eher auf einem unschuldigen Spaziergang in der klaren Nachtluft vermutet.“
Er liebte es, wie Amanda sich in seinen Armen wand. Sie ballte sogar ihre kleinen Fäuste, als wollte sie ihn schlagen, doch dann überlegte sie es sich offenbar anders und ließ ihre Hände wieder sinken. Ganz langsam wurde sie weicher in seinen Armen.
„Das ist besser“, sagte er leise, als sie begann, sich im Takt der Musik zu bewegen.
„Denken Sie bloß nicht, ich würde mit Ihnen tanzen, weil es mir Spaß macht!“
„Natürlich nicht“, gab Nero bereitwillig nach und wiegte sie in seinen Armen.
Noch nie in ihrem Leben hatte Amanda sich so bloßgestellt gefühlt! Wie oft in ihrem Leben ließ sie sich schon gehen? Aber ausgerechnet Nero musste sie dabei entdecken, wie sie ausgelassen dieses dumme, schlüpfrige Lied laut mitgesungen hatte!
Und wo blieb überhaupt dieses unangenehme Gefühl, wenn ein fremder Mann sie berührte? Im Moment konnte sie nicht das Geringste davon spüren. Im Gegenteil: Nero fühlte sich unglaublich gut an.
Irgendwann verstummte die Musik. Amanda wartete darauf, dass Nero sie endlich losließ. Aber anstelle dessen sah er sie an, er als wollte er sie küssen. Erwartungsvoll senkte sie die Lider und holte tief Luft.
„Bis Morgen, Amanda.“
Verwirrt öffnete sie die Augen. Von Nero war nichts mehr zu sehen, doch die Leute um sie herum starrten sie unverhohlen an.
So unauffällig wie möglich verließ sie die Tanzfläche. Nero spielte mit ihr! Aber sie konnte niemandem außer sich selbst die Schuld daran geben.
Sie hätte jederzeit gehen können. Warum, in aller Welt, war sie geblieben?
Am nächsten Morgen rief Nero im Morgengrauen an. Auf dem Reiterhof ging der Tag früh los, und Amanda hatte bereits die Pferde versorgt.
„Ja!“, meldete sie sich kühl. Es war leichter, mit ihm zu telefonieren, als ihm direkt gegenüberzustehen.
„Die Reisepläne“, gab Nero ebenso kurz angebunden zurück.
„Ich höre.“ Nach gestern Nacht hätte es Amanda nicht überrascht, wenn er ohne ein einziges Wort abgereist wäre. Doch wieso war sie nun erleichtert?
„Sie reisen mit mir gemeinsam nach Argentinien“, informierte er sie. „Die Pferde kommen später nach, wenn ich dafür gesorgt habe, dass alles für sie vorbereitet ist.“
Spiele ich auch eine Rolle in seinen Plänen? fragte sich Amanda. Aber bevor sie ihn fragen konnte, sagte er abschließend: „Wir werden einen Zwischenstopp in Buenos Aires einlegen. Dort können Sie sich von dem Flug erholen, bevor wir zu meiner Ranch weiterreisen. Also, bis morgen dann.“
Ärgerlich steckte Nero sein Telefon zurück in die Jackentasche. Er konnte nicht leugnen, dass gestern Nacht die Funken zwischen ihnen geflogen waren, aber er würde ihr nicht verzeihen!
Wie eiskalt Amanda ihn im Schloss und in den Stallungen behandelt hatte! Nur um sich kurz darauf auf die Tanzfläche zu stürzen und hemmungslos, von Männern umringt, die Seele aus dem Leib zu tanzen.
Er würde sein Wort halten und ihren Geschäftsvereinbarungen nachkommen, aber das war alles.
Zwischenstopp? wiederholte Amanda im Stillen. Wie würde dieser Aufenthalt aussehen? Unwillkürlich fragte sie sich, ob Nero in Buenos Aires bei ihr sein würde.
Um auf andere Gedanken zu kommen, beschloss sie, ein letztes Mal mit den Mädchen zu frühstücken. Langsam ging sie zurück zu der kleinen Pension, in der sie und die Pferdepflegerinnen während der Polosaison wohnten. Die übernächtigten jungen Frauen saßen bereits im Frühstückszimmer am Tisch und sahen Amanda aus geröteten Augen entgegen.
Ich bin nur für ein paar Wochen weg, versicherte sie sich immer wieder, doch das half auch nicht gegen ihre wehmütige Abschiedsstimmung.
Wenn ich nur wüsste, was Nero von mir denkt, überlegte Amanda, während sie ihren Koffer packte und auscheckte. Gestern Nacht hatte er ihr deutlich gezeigt, wie sehr er ihr Verhalten missbilligte. Dennoch hatte sie deutlich gespürt, dass ein Funke übergesprungen war.
Als Amanda die Treppe zu Neros Privatjet hinaufstieg, hatte sie das Gefühl, als würde sie ihr vertrautes Leben zurücklassen. Nicht nur ein Flugzeug wartete auf sie, sondern eine ganz neue, unbekannte Welt.
Eine Stewardess führte sie durchs Flugzeug, während Nero zum Piloten ins Cockpit ging. Die Einrichtung war luxuriös und bequem. Dicke cremefarbene Teppiche, helle Ledersessel – alles wirkte wie in einem teuren Hotel.
„Señor Caracas besitzt eine eigene Kabine, aber es gibt vier weitere für Gäste“, erklärte die Stewardess mit einem freundlichen Lächeln. „Sie können sich aussuchen, welche Ihnen am besten gefällt.“
Amanda hatte sich noch nicht von dieser Information erholt, als ihr die Stewardess mitteilte, dass Señor Caracas sie erst am nächsten Morgen zum Frühstück erwartete. „Wenn Sie in der Zwischenzeit irgendetwas brauchen, können Sie ihn jederzeit anrufen.“
Ging Nero ihr aus dem Weg? Bei dem Gedanken und der Erinnerung an gestern Nacht stieg ihr vor Scham das Blut in die Wangen. Hätte sie sich nur niemals so gehen lassen! Dabei war so ein Verhalten gar nicht ihre Art!
Aber ich habe nichts falsch gemacht, versicherte Amanda sich selbst. Und sie sollte sich von Neros Launen nicht den Spaß verderben lassen. Ihre Kabine war zwar klein, aber mit poliertem Holz und blütenweißer Leinenbettwäsche wunderschön ausgestattet.
Amanda dankte der Stewardess. Sobald sie allein war, nahm sie sich vor, nicht länger an die vergangene Nacht zu denken. Die Reise nach Argentinien war nur eine kurze, faszinierende Episode. Schon bald würde sie zu ihrem alten Leben zurückkehren und so weitermachen, als wäre sie Nero niemals begegnet.
Doch dieser gute Vorsatz bewahrte sie nicht vor einer schlaflosen Nacht. Nachdem sie sich stundenlang in ihrem Bett hin und her gewälzt hatte, gab sie auf. Sie stand auf, duschte und zog Jeans und eine langärmelige Bluse an. Dann machte sie sich auf die Suche nach dem Frühstück.
Nero saß bereits am großen Tisch im Salon. Auch er trug Jeans. Sein dichtes Haar war noch feucht vom Duschen. Als Amanda eintrat, faltete er seine Zeitung und legte sie auf den Tisch.
„Guten Morgen“, grüßte er höflich. Mehr nicht.
Amanda warf ihm verstohlen einen Blick zu, als sie bei der Stewardess ihr Frühstück bestellte. Nero beherrschte perfekt die Kunst des vielsagenden Schweigens. Schon wieder spürte sie, wie sich ihre Wangen röteten.
Er musste auf der Tanzfläche doch gespürt haben, dass sie auf seinen Kuss gewartet hatte. Offenbar fühlte er seine Überlegenheit jetzt umso stärker. Aber was hatte sie schon getan, außer sich in ihrer Freizeit zu amüsieren? Er hatte kein Recht, sie dafür zu verurteilen.
Amanda bemerkte nicht, wie Nero sie gedankenvoll musterte.
Heute Morgen war sie wieder ausgesprochen züchtig gekleidet. Ihr Haar trug sie in einem strengen Knoten, und sie hatte kein Make-up aufgelegt. Dachte sie etwa, nur so wäre sie vor ihm sicher? Was hatte sie erwartet? Dass er sofort über sie herfallen würde?
Nun, da brauchte sie sich keine Sorgen zu machen! Er hatte ihre Botschaft verstanden. Klar und deutlich. Sie musste ihn also nicht extra daran erinnern. Wozu auch? Er war nicht einmal an ihr interessiert!
Falsch! Ich bin interessiert, musste Nero sich eingestehen. Genau das war das Problem. Und je mehr Spielchen Amanda mit ihm trieb, desto größer wurde sein Interesse.
Amanda stieg aus dem Flugzeug und sah sich neugierig um. Nachdem sie alle aktuellen Reiseführer über Argentinien gelesen hatte, wusste sie immer noch nicht das Geringste über Neros Ranch. Sie konnte kaum erwarten, endlich mit eigenen Augen zu sehen, wo er lebte.
Zum ersten Mal in ihrem Leben genoss sie die Vorzüge eines privaten Flugs. Ihre Ausweise waren bereits im Flugzeug kontrolliert worden, und auf dem Rollfeld wartete eine elegante schwarze Limousine auf sie.
Für einen Moment blieb Amanda stehen und spürte die Sonne auf ihrer Haut. Nach der Londoner Kälte genoss sie die wunderbar warme Luft. Am leuchtend blauen Himmel zeigte sich keine Wolke, und als sie langsam die Treppe hinunterstieg, sog sie tief den würzigen Duft Argentiniens ein.
Zu ihrer Überraschung winkte Nero den Chauffeur fort, der vor der Limousine wartete, dann öffnete er selbst die Beifahrertür für Amanda. Sobald sie es sich in dem weichen Ledersitz bequem gemacht hatte, schloss er die Tür und setzte sich selbst hinter das Steuer.
Staunend sah sie zu, wie er ungehindert die Absperrungen passierte, als würden sie gar nicht existieren. Sobald die Männer hinter den Schranken Nero erkannten, beeilten sie sich, zu öffnen. Die Wachen salutierten, als würden königliche Hoheiten in der Limousine sitzen.
Das ist vielleicht gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt, überlegte Amanda. Sie warf Nero einen raschen Seitenblick zu. Der König des Polospiels sah heute Morgen noch beeindruckender als üblich aus. Dunkel und gefährlich wie ein Prinz der Finsternis. Trotz ihrer besten Vorsätze konnte sie nicht verhindern, dass ihr Herz bei seinem Anblick rascher schlug. Welche Frau hatte nicht ab und zu Lust auf ein wenig Gefahr?
„Schnallen Sie sich heute auch noch mal an?“
Amanda fuhr zusammen, als Neros raue Stimme ihre schlüpfrigen Gedanken unterbrach. Ohne ein Wort befestigte sie den Sicherheitsgurt.
Geschieht mir recht! schalt sie sich in Gedanken. Ein Mann wie Nero war etwas für erfahrene Vollblutfrauen. Sie selbst sollte lieber bei ihren Ponys im Stall bleiben, damit kannte sie sich wenigstens aus.
Mit hohem Tempo fuhr Nero über die Schnellstraße in Richtung Stadt, doch Amanda war nicht nur wegen der Geschwindigkeit angespannt. Sie hätte nur die Hand ausstrecken müssen, um ihn zu berühren. All ihre Sinne waren erwacht, und vergeblich versuchte sie die Erinnerung an den gemeinsamen Tanz zu verdrängen. Wie gut und sicher sie sich in Neros starken Armen gefühlt hatte!
Er dagegen schien sich nicht im Geringsten für sie zu interessieren. Er brach das Schweigen nur, um ihr mitzuteilen, dass er für sie ein Zimmer in einem Hotel in Buenos Aires gebucht hatte. Dort konnte sie sich von dem langen Flug erholen.
„Danke“, murmelte Amanda.
Offensichtlich wollte Nero sich nicht mit ihr unterhalten, und sie war es nicht gewohnt, mit Männern zu plaudern. Zwar interessierten sie sich beide für Pferde, aber ohne den Prinzen, der ihr die Stichworte gab, fiel ihr nichts ein, was sie hätte sagen können.
Nero fuhr den Wagen, wie er Polo spielte: schnell und mit großem Selbstvertrauen. Immer wieder musste Amanda ihn anschauen. Er sah aus wie die Verkörperung des feurigen Liebhabers. Sein Bart hatte den Kampf gegen den Rasierer gewonnen. Auch heute trug er enge Jeans, und aufgerollte Hemdsärmel gaben den Blick auf seine muskulösen Oberarme frei.
Wie wird es sein, mit ihm zu arbeiten? fragte sich Amanda. Alles in seinem Leben ging nach seinen Wünschen und Vorstellungen. Sie war gespannt, was passieren würde, wenn er mit einer Frau zusammenarbeitete, die eine ebenso klare Vorstellung von ihrer Arbeit hatte.
Als sie die Randbezirke der Stadt erreichten, säumten verfallene Hütten die Straße. Beim Anblick der riesigen Elendsviertel vergaß Amanda ihre Sorgen. Plötzlich verstand sie noch besser, wie wichtig es Nero war, junge Leute in Not zu unterstützen. Ich werde Seite an Seite mit ihm kämpfen! nahm sie sich vor. Das Projekt war es wert, ihre eigenen Gefühle zurückzustellen.
„Das ist Villa 31“, erklärte Nero, als er Amandas Interesse an ihrer Umgebung bemerkte. „Diese Siedlung besteht seit über fünfzig Jahren und wächst mit jedem Tag. Aber zerbrechen Sie sich deshalb nicht den Kopf. Auf uns wartet mehr als genug Arbeit.“
Er blickte starr geradeaus, während er weiterfuhr. Amanda spürte seine Nachdenklichkeit.
Am späten Nachmittag erreichten sie die Innenstadt von Buenos Aires. Prunkvolle Altbauten wechselten sich mit atemberaubenden Hochhäusern ab, als wollten sie sich gegenseitig mit ihrem Glanz überstrahlen. Dies ist eine ganz andere, romantische Seite der Stadt, dachte Amanda, als sie staunend aus dem Fenster schaute. Kein Wunder, dass Buenos Aires als Paris von Südamerika bekannt war.
Langsam versank die Sonne hinter den Dächern und tauchte die Stadt in ein rotes Licht. Mit jeder Minute, die Nero in seiner Heimat verbrachte, schien er noch mehr Energie und Kraft zu gewinnen. Amanda wusste nicht, ob seine Stimmung ansteckend war oder ob es an dem aufregenden neuen Land lag, aber noch nie in ihrem Leben war sie so voller Vorfreude gewesen.
„Die Stadt besitzt unendlich viel Schönheit“, sagte Nero leise, als er an einer roten Ampel halten musste. „Sie werden es noch selbst erleben, Amanda.“ Für einen langen Moment schaute er sie an. „Sehen Sie den Obelisken dort drüben.“ Er deutete auf ein hell erleuchtetes Monument, das schlank wie ein Pfeil bis in den Himmel zu reichen schien. „Er wurde zum vierhundertjährigen Stadtjubiläum errichtet. Argentinien ist ein Land voller Kontraste und großer Leidenschaften.“
Die Leidenschaft kannte Amanda bereits, aber als sie den Stolz in seiner Stimme hörte, wurde sie fast neidisch. Wie schön musste es sein, sich so sehr als Teil eines Landes zu fühlen.
Sie war froh, dass Nero endlich wieder mit ihr sprach. Vielleicht konnten sie hier in Argentinien ihre Schwierigkeiten überwinden und noch einmal ganz von vorn anfangen.
„Alles hier ist so gewaltig“, murmelte sie und riss ihren Blick von dem phallischen Obelisken los.
Lag es an Nero, dass ihre Gedanken alle nur in eine Richtung gingen? Erleichtert betrachtete sie ein romantisches und vollkommen unverfängliches Schloss, das sie an Paris erinnerte.
„Das ist die französische Botschaft“, erklärte Nero. „Ein fantastisches Beispiel für die Architektur der Belle Epoque, nicht wahr?“
Amanda nickte. Sie war froh, dass sie endlich ein harmloses Gesprächsthema gefunden hatten.
Bald hatten sie die Innenstadt hinter sich gelassen. Staunend sah Amanda aus dem Fenster und bewunderte die malerischen Gebäude in den verwinkelten Straßenzügen.
Nero warf ihr einen Blick zu. „Ich dachte, dass Ihnen die Gassen mit dem alten Kopfsteinpflaster und die unkonventionelle Atmosphäre gefallen würden.“
Erlaubt er sich einen Scherz mit mir, oder meint er das ernst? fragte sich Amanda, als sie die unzähligen Bars und kleinen Geschäfte in den Straßen betrachtete. Bei ihm wusste sie nie, woran sie war.
„Was sagen Sie, Amanda? Gefällt es Ihnen hier?“
„Auf jeden Fall ist es faszinierend.“ Sie sehnte sich danach, auszusteigen und durch die Straßen zu streifen.
„Hier sind wir!“ Nero steuerte den Wagen geschickt in eine Parkbucht vor einem kleinen Boutique-Hotel. „Ich habe dieses Hotel gewählt, weil es weit genug vom Lärm der Stadt entfernt ist, damit Sie in Ruhe schlafen können. Und doch finden Sie hier bestimmt genug Gelegenheiten, sich zu amüsieren, falls Ihnen wieder einmal danach zumute sein sollte“, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu.
„Ich bin viel zu aufgeregt, um zu schlafen“, gab Amanda zurück und wich Neros anzüglichem Blick aus.
Ungeduldig wartete sie darauf, dass sie aus dem Wagen steigen konnte. Nero war ihr entschieden zu nah! In jeder Sekunde war sie sich überdeutlich seiner Gegenwart bewusst. Immer wieder musste sie auf seine kraftvollen Hände auf dem Lenkrad schauen, auf sein markantes Kinn und seinen schön geschwungen Mund.
Endlich stellte er den Motor ab.
„Vielen Dank fürs Herbringen“, erklärte Amanda und bemühte sich dabei, möglichst selbstbewusst zu klingen.
Für einen viel zu langen Moment sah er ihr daraufhin in die Augen.
Dieser Blick! seufzte sie still, während Nero ausstieg, um ihr die Autotür zu öffnen. Wann würde sie endlich lernen, damit umzugehen?
Sie hatte sein leises ironisches Lächeln genau gesehen. Nach ihrem Auftritt im Nachtklub dachte er offensichtlich, sie wäre leichte Beute und würde ihm die kühle Art nur vorspielen.
Was das Vorspielen betraf, hatte er vollkommen recht – sie spielte ihm etwas vor. In einem fremden Land, zusammen mit einem Mann, den sie kaum kannte, fühlte sie sich verletzlich. Erst auf Neros Ranch, wenn sie mit ihren Pferden in einer vertrauten Umgebung arbeiten konnte, würde sie sich wieder vollkommen sicher fühlen.
Für einen Moment blieb Amanda auf dem Kopfsteinpflaster stehen und genoss die warme, nach Blüten duftende Abendluft. Aus der Ferne hörte sie leise Musik. Dies war noch schöner als das Buenos Aires ihrer Träume. Und tanzte dort wirklich ein Paar auf der Straße?
„Tango, das Herzblut Argentiniens“, erklärte Nero mit seiner tiefen, leicht heiseren Stimme. Amandas Herz raste so schnell und hart, dass sie fürchtete, Nero könnte es hören. Schnell trat sie einen Schritt zurück. Sie musste einen kühlen Kopf bewahren!
Dies war erst der Anfang ihres argentinischen Abenteuers, und der Verlauf dieser Reise versprach so aufregend und überraschend zu werden wie Neros Heimatland.
„Gute Nacht.“ Amanda nickte Nero kühl zu und stieg die Treppe zum Hoteleingang hinauf. Auf keinen Fall durfte er merken, wie sehr sie ihn begehrte.
Hartnäckig hielt sie ihren Blick auf die breite Holztür gerichtet. Nero hatte das Hotel perfekt ausgewählt. Zusammen mit dem Tangotanz in den Straßen verliehen die alten Kolonialbauten diesem Viertel einen unwiderstehlichen Charme.
Sie schnappte nach Luft, als Nero sie zurückhielt.
„Wollen Sie nicht noch bleiben und den Tänzern zuschauen?“
Unwillkürlich sah Amanda zu dem Paar, das selbstvergessen im Licht der Straßenlaternen tanzte. Versunken in der erotischen Welt des Tangos, schauten sie einander verliebt in die Augen. Dies ist wohl die schönste Art, miteinander zu tanzen, dachte Amanda.
„Etwas weiter die Straße hinunter ist eine Milonga, ein Tanzlokal, sogar ein sehr bekanntes“, erklärte Nero. „Bestimmt üben die beiden für Ihren Auftritt heute Abend.“
„Ich würde sie gern tanzen sehen“, murmelte Amanda, fasziniert vom Können des Paares.
Die zierliche Tänzerin hatte sich so weit in den Arm ihres Partners zurückgelehnt, dass ihr langes Haar fast das Pflaster berührte. Ihr tief ausgeschnittenes, dramatisches Kleid schien eigens für eine lange Tanznacht gemacht.
Wie sie die Frau um ihr Selbstvertrauen und ihren perfekten Stil beneidete! Die Tänzerin trug die höchsten Absätze, die man sich vorstellen konnte. Ihr Kleid war nur ein Hauch von schwarzer Seide und umschmeichelte ihren schönen dunklen Körper.
Der Mann war größer, aber genauso schlank und kraftvoll. Er führte seine Partnerin, als würde er allein ihren Tanz bestimmen, bis sie dann plötzlich ihre Beine um ihn schlang. Amanda verstand die Botschaft sofort: Eine Frau mit dem nötigen Selbstvertrauen konnte jeden Mann zähmen.
Richtig, dachte sie. Aber nicht ich. Nicht diesen Mann. Sie warf Nero einen verstohlenen Seitenblick zu und seufzte leise. Dann wandte sie sich um und folgte dem Kofferträger ins Hotel.
„Wollen Sie später mit mir zum Tanz gehen?“
Amanda stoppte abrupt. Sie musste sich verhört haben! Mit zitternden Knien drehte sie sich um. „Entschuldigung, was haben Sie gerade gesagt?“
„Aber vielleicht sind Sie ja zu müde, um heute Abend noch auszugehen“, sagte Nero mit einem ironischen Lächeln und sah sie herausfordernd an.
Bei Amanda leuchteten alle Warnsignale auf. Aber war es nicht genau das, was sie gewollt hatte?
Sie sehnte sich danach, mehr von Buenos Aires zu sehen. Und Nero hatte selbst gesagt, der Tango wäre das Herzblut der Stadt.
„Solange ich nicht selbst tanzen muss“, erwiderte sie.
„Keine Sorge. Ich habe Sie schon tanzen sehen“, gab er trocken zurück. „Dann hole ich Sie um zehn Uhr ab.“
Was habe ich nur getan? fragte sich Amanda, während sie zusah, wie Nero in seinen Wagen stieg und losfuhr. Nur eins war sicher: Dieses Spiel war viel anspruchsvoller als alles, was sie bisher erlebt hatte.
Als Amanda in ihrem Zimmer die Koffer auspackte, wurden ihre Probleme nur noch größer.
Sie hatte ausreichend Reitkleidung eingepackt, einen alten, wenig schmeichelhaften Badeanzug, der mehr bedeckte als enthüllte, dazu Jeans, Turnschuhe, Stiefel, einen Stapel T-Shirts, vernünftige Unterwäsche und einige Pullover. Und für den Fall, dass sie einen offiziellen Termin wahrnehmen musste, hatte sie in der letzten Minute noch einen adretten engen Rock, Schuhe mit breiten Absätzen und eine maßgeschneiderte Bluse in den Koffer gesteckt, dazu eine passende Jacke.
Für ein Meeting wäre sie damit perfekt gekleidet. Doch ein Tango-Kleid war das bestimmt nicht!
Aber wozu brauche ich ein Tango-Kleid? rief Amanda sich rasch zur Ordnung. Als würde sie heute Abend tanzen!
Für einen Augenblick erinnerte sie sich wieder daran, wie sie in Neros Armen gelegen hatte. Schnell verdrängte sie den Gedanken, aber sie konnte nicht verhindern, dass ihr Herz rascher schlug.