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Sicherheit rund ums Spiel Fußballspiele locken jedes Jahr Millionen von Zuschauern in die Stadien. Damit werden sie nicht nur zu spektakulären Großveranstaltungen, sondern auch zu Orten der großen Emotionen und der Begegnung unterschiedlicher Fankulturen. Schon angesichts der Menschenmengen stellen die Durchführung und Sicherung jeder Fußballbegegnung personelle wie infrastrukturelle Herausforderungen für die Veranstalter und die öffentlichen Sicherheitsakteure dar. Sicherheit verbessern Das Praxishandbuch ermöglicht den Akteuren der Sicherheitsgewährleistung im Fußball, den eigenen Standort zu bewerten, Optimierungsmöglichkeiten zu identifizieren und entsprechend umzusetzen. Mit Hilfe der Handlungsempfehlungen kann eine möglichst effektive Sicherheitsgewährleistung unter Beachtung der Freiheitsansprüche von Fans, Zuschauern und im Interesse der weiteren Öffentlichkeit erreicht werden. Die Beiträge sind wie in einem Lexikon von A bis Z geordnet und folgen einer einheitlichen Darstellung: Zu Beginn wird jeweils das Schlagwort in Form einer Definition erläutert. Umfassenderen Beiträgen wird zusammen mit der Definition eine kurze Zusammenfassung der thematisierten Inhalte vorangestellt. Komprimierte Empfehlungen sind besonders hervorgehoben. Die Abschnitte sind so gestaltet, dass sie mit wenig Zeitaufwand gelesen werden können, aber gleichzeitig umfassend informieren. Querverweise innerhalb der Beiträge stellen Zusammenhänge zwischen den Begriffen bzw. den Artikeln her, betten sie in einen größeren Gesamtzusammenhang ein und ermöglichen, sich intensiv mit verschiedenen Aspekten einer Thematik auseinanderzusetzen. Für Praxis und Ausbildung Das Handbuch richtet sich an alle involvierten Akteure in Praxis und Ausbildung
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Seitenzahl: 789
Veröffentlichungsjahr: 2018
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Sicherheit und Kommunikation bei Fußballgroßveranstaltungen
Praxishandbuch für Akteure im Netzwerk der Sicherheitsgewährleistung
herausgegeben von
Thomas Kubera Dipl.-Verwaltungswirt (FH)
bearbeitet von
Harald Auerbach, Ass. iur.
Prof. Dr. Stefan Jarolimek
Benjamin Aufdemkamp, M.A.
Malte Klemmt, M.A.
Beatrice Borner, M.A.
Thomas Kubera, Dipl.-Verwaltungswirt (FH)
Patrick Bresemann, Dipl.-Soziologe
Prof. Dr. Dieter Kugelmann
Antonia Buchmann, Ass. iur.
Birgitta Lodde, Ass. iur.
Thomas Dierschke, M.A.
Laura Macke, Dipl.-Psychologin
Luigi Droste, M.A.
Dr. Pia Nottebaum
Dr. Gabriel Duttler
Dr. Peter Rackow
Günther Epple, Dipl.-Verwaltungswirt (FH)
Matthias Schäfer, M.A.
Susanne Freitag, M.A.
Wiebke Schmitz, M.A.
Sarah Habermeier, M.A.
Dr. Andreas Werner
Annika Hamachers, M.A.
Tim Ziesmann, M.A.
Johannes Hoffmann, M.A.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
Print ISBN 978-3-415-06169-9 E-ISBN 978-3-415-06177-4
© 2018 Richard Boorberg Verlag
E-Book-Umsetzung: Datagroup int. SRL, Timisoara
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Titelfoto: © Africa Studio – stock.adobe.com
Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Scharrstraße 2 | 70563 Stuttgart Stuttgart | München | Hannover | Berlin | Weimar | Dresdenwww.boorberg.de
Einleitung
Autorenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
A
Abziehen von Fanartikeln
Akteure im Netzwerk
Alkoholverbot
Allesfahrer
Ankunft am Bahnhof
Anreise
Anti-Konflikt-Teams
Arbeitsdatei
Aufenthaltsverbot
Auftreten der Einsatzkräfte
Aus- und Fortbildung
Aus- und Fortbildung des Sicherheits- und Ordnungsdienstes
Ausbildung der Polizei
B
Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen (BASIGO)
Beförderungsverbot
Benachbarte Kräfte
Beschallungseinrichtungen im Stadionbereich
Besondere Aufbauorganisation
Besprechungen der Polizei
Besprechungen (spieltagsbezogen)
Besprechungen (spieltagsunabhängig)
Besprechungsarchitektur (interorganisational)
Bilaterale Kommunikation
Blocksperre
Brandsicherheitswache
Bundespolizei
C
Capo
Choreografie
Clearingstelle
D
3-D-Strategie
Datei Gewalttäter Sport
Datenübermittlung zum Erlass von Stadionverboten
De-Briefing
Deeskalation
Deutsche Bahn AG
Deutungshoheit
DFB (Deutscher Fußball-Bund e.V.)
DFB-Richtlinien
DFL (Deutsche Fußball Liga)
Dialogbereitschaft
Dialogkräfte
Differenzierung
Diskriminierung
Drogen
E
Eingreifkräfte
Einlasskontrollen
Einsatzabschnittsführer
Einsatzbegleitende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (EPÖA)
Einsatzbesprechung der Bundespolizei
Einsatzbesprechung der Polizeien der Länder
Einsatzbesprechung der Vereine
Einsatzkonzeption
Einsatzkräfte
Einsatzstrategie
Einschreitschwelle
EU-Handbuch
Externe Kommunikation
Externe Kommunikation der Kommune
Externe Kommunikation der Polizei
Externe Kommunikation des Vereins
Extremismus
F
Face-to-face-Kommunikation
Fanbeauftragter
Fanbegleiter
Fanbrief/Faninfo
Fandialog
Fanfreundschaft/Fanfeindschaft
Fankultur
Fankundige Beamte der Bundespolizei (FKB)
Fanmarsch
Fanprojekt
Fans in der Wahrnehmung der Bevölkerung
Fanstruktur
Fantrennung
Fantypisches Verhalten
Fantypologien
Fanutensilien
Feuerwehr
Fortbildung
Fortbildung der kommunalen Außendienstkräfte
Fortbildung der Polizei
Frauen im Stadion
Freiheit
Führungs- und Einsatzmittel
Führungskräfte der Polizei
G
Gefährderansprache
Gefahrenprognose
Gepäckaufbewahrung
Glasverbot
Groundhopper
H
Halbzeitbesprechung
Hausrecht
Hooligan
I
Informationsstelle Sport der Bundespolizei
Informationsstellen für Sporteinsätze
Informationsverhalten
Inklusive Fanclubs
Interne Kommunikation
Interne Kommunikation der Kommune
Interne Kommunikation der Polizei
Interne Kommunikation des Vereins
Interorganisationale Kommunikation
Interorganisationaler Besprechungsraum
J
Jedermann-Rechte
K
Kategorisierung von Personen
Kategorisierung von Spielen
Kommune
Kommunikation
Kommunikationsmanager
Kommunikationsmodell
Kommunikatoren
Konfliktmanager
Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS)
Krisenmanagement/Krisenkommunikation
Kurvengespräch
L
Landesinformationsstelle Sporteinsätze (LIS)
Lautsprecherdurchsagen
Leit- und Lenkmaßnahmen
Leitlinien
M
Meldeauflage
Mottofahrt
N
Nachbereitung/Nachbesprechung
National Football Information Point (NFIP)
Nationaler Ausschuss Sport und Sicherheit (NASS)
Nationales Konzept Sport und Sicherheit (NKSS)
Netzwerk
Neue Medien
Nonverbale Kommunikation (NVK)
Normalo
O
Öffentlichkeitsarbeit
Örtlicher Ausschuss Sport und Sicherheit (ÖASS)
One-Voice-Strategie
P
Polizeien der Länder
Polizeiführer
Präsenz
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Pyrotechnik
R
Rahmenbefehl
Raumschutz
Regionalkonferenz/Zukunftswerkstatt
Risikospiel
Rolle/Rollenkonflikte
S
Saisonbesprechung
Sanitätsdienst
Shuttle
Sicherheit
Sicherheits- und Ordnungsdienst (SOD)
Sicherheitsakteure
Sicherheitsarchitektur
Sicherheitsbeauftragter
Sicherheitsbesprechung vor dem Spieltag
Sicherheitsgefühl
Sicherheitsgespräch am Spieltag
Sicherheitskonzept
Sicherheitsmaßnahmen
Sicherheitszentrale im Stadion
Soziale Medien
Sozialstruktur des Stadionpublikums
Stadionordnung
Stadion(sicherheits)sprecher
Stadionverbot
Strafen
Strategie
Support
Szenenkundige Beamte
T
Taktik
Taktische Kommunikation
Taktischer Polizeilicher Sicherheitssprecher (TPS)
Tifo
Toiletten
Transparenz
U
Ultras
V
Veranstalter/Veranstaltungsleiter
Veranstaltungsverlauf
Verbandsrecht
Verbandsstrafen
Verkehrspflichten
Versammlungsstättenverordnung
Vertrauen
Viktimisierung und Schäden
Vorrangschaltung
Vorsänger
W
Willkommenskultur
Z
Zaunfahne
Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS)
Anhang: Informationen zu den Befragungen der BEMA
Literatur- und Quellenverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Thomas Kubera
Fußballspiele locken jedes Jahr Millionen von Zuschauern in die Stadien. Damit werden diese nicht nur zu spektakulären Großveranstaltungen, sondern auch zu Orten der großen Emotionen und der Begegnungen unterschiedlicher Fankulturen. Schon angesichts der Menschenmengen stellt die Durchführung und Sicherung jeder Fußballbegegnung personelle wie infrastrukturelle Herausforderungen an die Veranstalter und die öffentlichen Sicherheitsakteure.
Zu vermeiden und zu bewältigen sind weiterhin Sicherheitsstörungen zwischen rivalisierenden und verfeindeten Fangruppierungen auf den Reisewegen, am und im Stadion sowie konflikthafte Situationen im Zusammenhang mit Angehörigen von Ultragruppierungen oder gewaltbereiten Hooligans. Belastungen von nicht involvierten Personen sind dabei allerdings auch zu beachten. Dies sind z. B. die Nutzer des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), die in die Ströme von Veranstaltungsbesuchern auf einer Anreise zum Stadion geraten oder als Verkehrsteilnehmer durch Fanmärsche in der Innenstadt tangiert werden.
Die Gewährleistung von Sicherheit bei maximaler Berücksichtigung von Freiheitsrechten ist von einer Vielzahl von Akteuren zu leisten. So ist die Bundespolizei neben der Deutschen Bahn AG für die Sicherheit in Zügen und auf den Bahnhöfen verantwortlich. Der Weg der Veranstaltungsbesucher vom Bahnhof zum Stadion liegt im Zuständigkeitsbereich der Polizei des Landes. Der Verein als Veranstalter mit seinem Sicherheitsbeauftragten und dem Sicherheits- und Ordnungsdienst kümmert sich um die Einlasskontrollen und reagiert auf Verstöße gegen die Stadionordnung. Die Kommunen als Gefahrenabwehrbehörden übernehmen Ordnungsmaßnahmen im öffentlich-rechtlichen Raum. Auch die Fanbeauftragten der Vereine sowie die Fanprojekte als Schnittstelle zwischen Fans und Institutionen übernehmen wichtige Aufgaben im Rahmen dieses Prozesses.
Kommunikation nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Blickt man auf die Vielzahl der involvierten Akteure und ihre Kommunikationsbeziehungen, ergibt sich ein komplexes Geflecht, das eine gut funktionierende interorganisationale Kommunikation erfordert. Es gilt, dass sich die Akteure im Veranstaltungsverlauf wirkungsvoll austauschen und abstimmen, um gemeinsam in vielfältigen Handlungsfeldern zu agieren. Das gilt nicht nur für den Spieltag, sondern auch für die Vor- und Nachbereitung. Das konstruktive und kooperative Zusammenwirken aller Sicherheitsakteure sowie das Funktionieren der Kommunikationsprozesse untereinander sind für eine ausgleichende und erfolgreiche Sicherheitsgewährleistung, insbesondere in konflikthaften Situationen, elementar.
Auch der organisationsinternen Kommunikation kommt große Bedeutung zu. So müssen Strategien und Philosophien, die zwischen den Partnern im Netzwerk der Sicherheitsgewährleistung abgestimmt sind, an alle Organisationsangehörige transportiert werden. Nur so kann das Handeln einheitlich und effizient gestaltet werden.
Nach außen gerichtet kommunizieren die öffentlichen Sicherheitsakteure und die Vereine mit Zuschauern, Fangruppen, aber auch mit der weiteren Öffentlichkeit und den Medien. In erster Linie geht es um sicherheitsrelevante Informationen, die einen reibungslosen Veranstaltungsverlauf unterstützen sollen. Gerade in dynamischen Lagen, in denen es zu Störungen im Ablauf kommt, müssen die Akteure in der Lage sein, Transparenz zu erzeugen, Sicherheitsmaßnahmen zu erläutern, Konflikten vorzubeugen und sie ggf. zu moderieren. Je transparenter und abgestimmter der Prozess der Sicherheitsgewährleistung der Öffentlichkeit vermittelt werden kann, desto besser können Konfliktsituationen vermieden oder reguliert werden, zumal diese nicht immer intentional, sondern häufig auch aufgrund von vermeidbaren Provokationen entstehen. Bereits im Vorfeld und in der Nachbereitung von Spieltagen sind insbesondere in Bezug auf Fangruppierungen Gesprächsangebote angezeigt, die vielfach im Rahmen eines örtlichen Fandialogs stattfinden.
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte interdisziplinäre Forschungsprojekt „Mehr Sicherheit im Fußball – Verbessern der Kommunikationsstrukturen und Optimieren des Fan-Dialogs (SiKomFan)“ hat im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit II“ über mehrere Jahre die bundesweit bisher größte Studie zur Sicherheitsgewährleistung im Fußball unter kommunikativen Aspekten durchgeführt. Ausgehend von verschiedenen Grundannahmen wurde eine Fallauswahl von 25 Standorten der ersten drei deutschen Profiligen getroffen. Handlungsleitend für die Auswahl waren das Kriterium der Urbanität (d. h. Großstädte mit hoher Bevölkerungsdichte über 100.000 Einwohner und großer Infrastruktur), Unterschiede hinsichtlich der Geographie (Vereine aus dem gesamten Bundesgebiet), der örtlichen Fanstrukturen (Fanszenen mit als gering und hoch eingeschätztem Konfliktpotenzial), des Sicherheits- und Ordnungsdiensts (vereinseigen und extern) sowie der Ballungsräume. Beachtet wurden weiterhin Städte mit zwei Profivereinen zum Vergleich innerstädtischer Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowie Vereinsstandorte ohne Fanprojekt als Vergleich zu solchen mit Fanprojekten. Aus diesen Ausschluss- und Einschlusskriterien wurden 25 Vereine ausgewählt: Hertha BSC, FC Union Berlin, Arminia Bielefeld, SV Werder Bremen, VFL Bochum, Eintracht Braunschweig, Borussia Dortmund, Dynamo Dresden, Fortuna Düsseldorf, Eintracht Frankfurt, FC Schalke 04, Hallescher FC, Hamburger SV, FC St. Pauli, Hannover 96, Karlsruher Sportclub, 1. FC Köln, Bayer 04 Leverkusen, FSV Mainz 05, Bayern München, TSV 1860 München, 1. FC Nürnberg, Offenbacher Kickers, FC Hansa Rostock und VfB Stuttgart.1
Die Untersuchung fokussierte insbesondere vier Teilszenarien. Im ersten Teilszenario ging es um das kommunikative Wirken im Rahmen der Anreise und Abreise von Veranstaltungsbesuchern sowie die Übergabe der Besucherströme in die Verantwortlichkeit von Kommune und Polizei des Landes. Weiterhin befasst sich das Szenario mit Sicherheitsansprüchen und Freiheitsansprüchen von Reisenden im Fanreiseverkehr. Das zweite Teilszenario befasste sich mit dem Weg der Veranstaltungsbesucher vom Bahnhof zum Stadion. Untersuchungsaspekte waren der Einsatz der Landespolizei und der Beitrag der Kommunalbehörden sowie Beiträge der Vereine und Verkehrsbetriebe. Im dritten Teilszenario wurde die Zusammenarbeit zwischen der Polizei des Landes, der Kommune, dem Sicherheitsbeauftragten sowie dem Sicherheits- und Ordnungsdienst im Zusammenhang mit Einlasskontrollen untersucht. Das vierte Teilszenario war auf den Aufenthalt von Veranstaltungsbesuchern im Stadion gerichtet, auf die Arbeit des Sicherheits- und Ordnungsdienstes, die Zusammenarbeit der Organisationen in der Sicherheitszentrale und die Einbindung der Stadionsprecher. Darüber hinaus wurden auch spieltagsunabhängige Aspekte der Sicherheitsgewährleistung und der zugehörigen Kommunikation betrachtet.
Koordiniert wurde das Forschungsprojekt von der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) in Münster, einer von den Innenministerien und Innensenatoren des Bundes und der Länder getragenen universitären Hochschule, die für den höheren Polizeivollzugsdienst aus- und fortbildet. Daneben versammelte das Verbundprojekt SiKomFan sieben Verbundpartner sowie mehr als 50 assoziierte Partner aus Praxis und Wissenschaft. Als Verbundpartner wirkten im Projekt die Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol) mit den Fachgebieten Einsatzmanagement und Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Polizeirecht, die Forschungsgruppe BEMA der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, das Institut für Sportwissenschaft der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, das Fraunhofer-Institut IOSB in Karlsruhe und Fraunhofer ESK in München sowie die Firma Airbus Defence and Space mit dem Bereich Studies and Innovative Concepts mit.
Die Verbundpartner arbeiteten aufgeteilt auf fünf Teilprojekte, die sich unterschiedlichen Schwerpunkten der Untersuchung widmeten. Dabei stellten regelmäßige Projektkonferenzen aller Beteiligten sowie Sitzungen eines Beirates einen inhaltlich unabhängigen, aber dennoch aufeinander bezogenen Forschungsprozess sicher. Die Mitglieder des Beirates unterstützten bei Feldzugängen und gaben Rückmeldungen zum Untersuchungsdesign, den ermittelten Befunden und den daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen. Der Beirat konstituierte sich aus einzelnen Experten sowie Vertretern der für den Fußballbereich relevanten Institutionen: Deutscher Fußball-Bund (DFB), Deutsche Fußball Liga (DFL), Deutsche Bahn AG (DB AG), Bundesverband der Deutschen Sicherheitswirtschaft (BDSW), Nationaler Ausschuss Sport und Sicherheit (NASS), Deutscher Städtetag, Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS), Kompetenzgruppe Fankulturen und Sportbezogene Soziale Arbeit (KoFaS), Institut für Präventionsforschung und Sicherheitsmanagement/Stiftung Kriminalprävention.
Die Koordination des Forschungsnetzwerks aus Verbundpartnern, Beirat und assoziierten Partnern erfolgte im „Netzwerk Praxis – Wissenschaft“. Durch Veranstaltungen, Tagungen und Workshops sicherte es die Anbindung zwischen Wissenschaft und Praxis, um eine ständige Rückkopplung der Forschungsergebnisse zu den Erfahrungen der (Sicherheits-)Akteure sicherzustellen. Dabei wurden Arbeitsschritte und Teilergebnisse dargestellt, die vor geladenen assoziierten Partnern und Vertretern der Praxis diskutiert und kritisch reflektiert wurden.
Die Forschungsgruppe BEMA der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sowie das Institut für Sportwissenschaft der Julius-Maximilians-Universität Würzburg verantworteten das Teilprojekt „Sozialwissenschaftliche Aspekte – Fankultur, Wahrnehmung und Diskurs“. Es befasste sich mit Perspektiven und Einstellungen von Fans und Fanarbeitern, Stadionpublikum sowie der Bevölkerung an Bundesligastandorten und ÖPNV-Nutzern. Konkret ging es dabei um die Sicherheitswahrnehmung von Fans und Zuschauern, um deren Sicht auf die Sicherheitskonstruktion rund um die Spiele sowie mögliche Verbesserungspotenziale für einen künftigen Dialog zwischen Fans, Zuschauern, Vereinen und Sicherheitskräften. Um ein umfassendes Bild des Forschungsfeldes zu zeichnen und eine darauf basierende neutrale und aussagekräftige Analyse zu gewährleisten, wurde ein Mix aus qualitativen (offene Interviews, Medienanalyse) und quantitativen Forschungsmethoden (standardisierte Fragebögen) verwendet.
Das Teilprojekt „Aspekte der internen, interorganisationalen und externen Kommunikation im Feld öffentlicher und privater Sicherheitsakteure“ wurde durch das Fachgebiet Einsatzmanagement der DHPol geleitet. Analysiert wurden der Stellenwert der Kommunikation in der Arbeit der Sicherheitsakteure Polizei des Landes, Bundespolizei, Verein und Kommune, deren Kommunikationsstrategien, -prozesse und -strukturen sowie ihre Umsetzung. Hierbei wurden drei Kommunikationsachsen fokussiert: Die interne, an die eigenen Mitarbeiter des jeweiligen Sicherheitsakteurs gerichtete Kommunikation, die interorganisationale Kommunikation zwischen den Sicherheitsakteuren und die externe Kommunikation mit Veranstaltungsbesuchern und Öffentlichkeit. Zur Datenerhebung wurden Dokumentenanalysen (u. a. Einsatzkonzeptionen und schriftliche Unterlagen der Polizeiorganisationen, Sicherheitskonzepte der Vereine, Protokolle kommunaler Gremien) und Experteninterviews mit Polizeiführern, Sicherheitsbeauftragten der Vereine und Verantwortlichen von Kommunen durchgeführt. Zudem fanden teilnehmende Beobachtungen bei verschiedenen Spielbegegnungen in den Untersuchungsstandorten statt. Auf dieser Basis wurden best-practice-Beispiele und Optimierungspotenziale identifiziert, aus denen zahlreiche in diesem Buch dokumentierte Handlungsempfehlungen abgeleitet wurden.
Technische Lösungen zur Optimierung von Kommunikationsprozessen entwickelte das Teilprojekt „Technische Aspekte – Kommunikation im Kontext von Fußball und Sicherheit“ unter der Leitung der Fraunhofer-Institute IOSB und ESK sowie Airbus Defence and Space. Es wurde eine IT-gestützte Kommunikationsplattform beforscht, die zum einen den interorganisationalen Austausch von Informationen zur Sicherheitsgewährleistung ermöglichen soll, zum anderen eine Basis für die Information von Fans, Zuschauern, sonstiger Öffentlichkeit und Medien bildet.
Das Teilprojekt „Recht als Steuerungsinstrument der Sicherheit im Fußball“ wurde durch das Fachgebiet „Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Polizeirecht einschließlich des internationalen Rechts und des Europarechts“ der DHPol bearbeitet. Es befasste sich mit Aspekten der Rechtssicherheit vor und nach Fußballgroßveranstaltungen im Hinblick auf Fans, Vereine und Verbände, Sicherheits- und Ordnungsbehörden sowie Kommunen. Analysiert wurden datenschutzrechtliche Bedingungen eines Informationsaustausches zwischen den Sicherheitsakteuren, die Nutzung Neuer Medien/Sozialer Medien unter rechtlichen Aspekten sowie die Erörterung von Rechtsfragen bezüglich des Polizei- und Ordnungsrechts und das Feld des Zivil-, Vereins- und Verbandsrechts im Hinblick auf Probleme und Möglichkeiten im Rahmen von Fußballveranstaltungen.
Anhand der Ergebnisse der wissenschaftlich fundierten mehrjährigen Untersuchung wurden Optimierungspotenziale für die Praxis der Sicherheitsgewährleistung identifiziert und konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet, die den daran beteiligten Akteuren im Rahmen ihrer Zusammenarbeit als Orientierung und Hilfe dienen können. Dies erfolgte unter Berücksichtigung der Fachexpertise sowie der Erfahrungen von Experten und Akteuren aus der Praxis, die kontinuierlich in das Projekt eingebunden wurden. Im Rahmen von Workshops und Tagungen reflektierten und diskutierten sie die vorgestellten Forschungsergebnisse und Handlungsempfehlungen kritisch im Hinblick auf deren Anwendbarkeit in der Praxis.
Das vorliegende Praxishandbuch dokumentiert die Ergebnisse. Es richtet sich an alle involvierten Akteure: Veranstalter/Vereine, PR-Verantwortliche, Stadionbetreiber, Sicherheits- und Ordnungsdienste, Fanbeauftragte, Fanprojekte, Polizeiorganisationen, Kommunen, Feuerwehren, Hilfsorganisationen und ist sicherlich auch für Fans und Zuschauer interessant. Die Handlungsempfehlungen werden systematisch in einzelnen Beiträgen dargelegt, die jeweils mit einem Schlagwort überschrieben sind, das sich im Rahmen der wissenschaftlichen Auswertung der Untersuchungsergebnisse sowie auch im Hinblick auf die Rückkopplung der Ergebnisse mit den Erfahrungen der Akteure als relevante Begrifflichkeit herauskristallisiert hat.
Die von den Autoren der zuvor vorgestellten Arbeitspakete verfassten Beiträge sind im Praxishandbuch wie in einem Lexikon von A bis Z geordnet und folgen einer einheitlichen Darstellung: Um interessierten Lesern einen schnellen Überblick über die Inhalte zu ermöglichen, wird zu Beginn jedes Beitrags das betitelnde Schlagwort in Form einer Definition erläutert. Umfassenderen Beiträgen wird zusammen mit der Definition eine kurze Zusammenfassung der thematisierten Inhalte vorausgestellt. Die komprimierten Empfehlungen sind nach den jeweiligen Textteilen, die Erläuterungen zu Untersuchungsbefunden, relevante Informationen zum Thema sowie Ausführungen zu Optimierungspotenzialen beinhalten, in einem Rahmen hervorgehoben. Nicht alle Beiträge enthalten Empfehlungen. Einige dienen ausschließlich der Wissensvermittlung zu veranstaltungsspezifischen Themen, die für die Sicherheitsgewährleistung relevant sind.
Die Beiträge sind inhaltlich und im Hinblick auf den Umfang so gestaltet, dass sie mit wenig Zeitaufwand gelesen werden können, aber gleichzeitig umfassend informieren. Querverweise innerhalb der Beiträge zu anderen Artikeln im Praxishandbuch sind durch einen vorangestellten Pfeil kenntlich gemacht. Sie stellen Zusammenhänge zwischen den Begriffen bzw. den Artikeln her, betten sie in einen größeren Gesamtzusammenhang ein und ermöglichen, sich intensiv mit verschiedenen Aspekten einer Thematik auseinanderzusetzen.
Mit diesem Praxishandbuch ist ein „Werkzeugkasten“ entstanden, der es den Akteuren in der Sicherheitsgewährleistung im Fußball ermöglicht, den eigenen Standort zu bewerten, Optimierungsmöglichkeiten zu identifizieren und in eine entsprechende Umsetzung einzutreten. Die Publikation versteht sich weiterhin als wichtige Unterlage für die Aus- und Fortbildung sowie das ergänzende Selbststudium im Bereich aller beteiligten Akteure. Die im Praxishandbuch enthaltenen Handlungsempfehlungen sind Erfolgsfaktoren, mit denen an den Standorten eine möglichst effektive Sicherheitsgewährleistung unter Beachtung der Freiheitsansprüche von Fans, Zuschauern und im Interesse der weiteren Öffentlichkeit angestrebt werden kann.
1 Mit den sozialwissenschaftlichen Befragungen der Universität Münster und den Experteninterviews der Universität Würzburg wurden nicht alle aufgeführten Standorte flächendeckend erfasst.
Auerbach, Harald, Ass. iur.
war im Forschungsprojekt wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitspaket 05 „Recht als Steuerungsinstrument der Sicherheit im Fußball“ an der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) in Münster. Im Projekt bearbeitete er u. a. den Themenschwerpunkt „Zivilrecht“.
Aufdemkamp, Benjamin, M.A.
hat im Rahmen des Projekts Beiträge durch eine Masterarbeit an der DHPol zum Bereich Aus- und Fortbildung in der Sicherheitsgewährleistung aus Anlass von Fußballspielen geleistet. Der Polizeirat ist aktuell als Teildezernatsleiter und Lehrender im Bereich der Führungskräftefortbildung für den gehobenen Dienst beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen eingesetzt.
Borner, Beatrice, M.A.
war im Forschungsprojekt wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitspaket 03 „Aspekte der internen, interorganisationalen und externen Kommunikation im Feld öffentlicher und privater Sicherheitsakteure“ an der DHPol. Sie studierte Soziologie sowie Risiko- und Sicherheitsmanagement jeweils im Bachelor und Soziologie und Sozialforschung im Master. Im Projekt bearbeitete sie unter anderem die Themenschwerpunkte „Kommune“ und „Bundespolizei“.
Bresemann, Patrick, Dipl.-Soziologe
hat im Forschungsprojekt als Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Würzburg im Arbeitspaket 02a „Sozialwissenschaftliche Aspekte – Fankultur, Wahrnehmung und Diskurs: qualitative Betrachtungen und Diskurs“ mitgewirkt. Er arbeitet derzeit als Projektmitarbeiter an der Hochschule Heilbronn. Sein Forschungsschwerpunkt liegt in der Erforschung von Macht und Kommunikation, der Fankultur und der Geschlechts- und Paarsoziologie.
Buchmann, Antonia, Ass. iur.
war im Forschungsprojekt wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitspaket 05 „Recht als Steuerungsinstrument der Sicherheit im Fußball“ an der DHPol. Derzeit ist sie Referentin beim Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz. Im Projekt bearbeitete sie u. a. die Themenschwerpunkte „Präventive Maßnahmen und Zuständigkeiten der öffentlich-rechtlichen Sicherheitsakteure“.
Dierschke, Thomas, M.A.
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsgruppe BEMA am Institut für Soziologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Im Forschungsprojekt war er am Arbeitspaket 02b „Sozialwissenschaftliche Aspekte – quantitative Betrachtungen und Diskurse“ beteiligt, insbesondere bei der quantitativen Untersuchung der Meinungen von Stadionbesuchern, Bevölkerung und Fahrgästen im ÖPNV zu den Themen Fußball, Kommunikation und Sicherheit.
Droste, Luigi, M.A.
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsgruppe BEMA am Institut für Soziologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Im Forschungsprojekt war er am Arbeitspaket 02b „Sozialwissenschaftliche Aspekte – quantitative Betrachtungen und Diskurse“ beteiligt, insbesondere bei der quantitativen Untersuchung der Meinungen von Stadionbesuchern, Bevölkerung und Fahrgästen im ÖPNV zu den Themen Fußball, Kommunikation und Sicherheit.
Duttler, Dr. Gabriel
arbeitete von 2010 bis 2017 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sportwissenschaft der Julius-Maximilians-Universität Würzburg im Arbeitsbereich Bildung und Bewegung und hat 2012 mit einer Arbeit über Bindung an Gesundheitssport promoviert. Sein wissenschaftlicher Tätigkeitsschwerpunkt lag und liegt in der Erforschung der Fankultur von Fußballfans, der phänomenologischen Ergründung des Fan-Seins sowie der Entwicklung von deeskalierenden Kommunikationsstrategien zwischen Sicherheitsakteuren und Fans. Im Forschungsprojekt hat er federführend im Arbeitspaket 02a „Sozialwissenschaftliche Aspekte – Fankultur, Wahrnehmung und Diskurs: qualitative Betrachtungen und Diskurs“ mitgewirkt.
Epple, Günther, Dipl. Verww. (FH)
war stellvertretender Projektkoordinator im Forschungsprojekt. Der Leitende Polizeidirektor im Hochschuldienst ist Koordinator des Departments II „Einsatzmanagement, Verkehrs- und Kommunikationswissenschaften“ an der DHPol. Seit 2015 ist er Leiter des Fachgebiets „Polizeiliches Einsatzmanagement“ und Mitglied im Unterausschuss Führung, Einsatz, Kriminalitätsbekämpfung (UA FEK) des Arbeitskreises II „Innere Sicherheit“ der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren.
Freitag, Susanne, M.A.
war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsgruppe BEMA am Institut für Soziologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Im Forschungsprojekt war sie am Arbeitspaket 02b „Sozialwissenschaftliche Aspekte – quantitative Betrachtungen und Diskurse“ beteiligt, insbesondere bei der quantitativen Untersuchung der Meinungen von Stadionbesuchern, Bevölkerung und Fahrgästen im ÖPNV zu den Themen Fußball, Kommunikation und Sicherheit.
Habermeier, Sarah, M.A.
hat im Rahmen des Projekts Beiträge durch eine Masterarbeit an der DHPol zum Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit aus Anlass von Fußballspielen geleistet. Die Polizeirätin ist aktuell als Lehrende im Bereich der Führungskräftefortbildung für den gehobenen Dienst beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen eingesetzt.
Hamachers, Annika, M.A.
hat das Forschungsprojekt im Bereich Kommunikationswissenschaft unterstützt. Von 2012 bis 2016 war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Münster. Seit 2017 ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der DHPol und dem Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. Forschungsschwerpunkte: Empirische Narrationsforschung, Medienwirkungsforschung, Methoden empirischer Sozialwissenschaften, Datenvisualisierung und maschinelles Lernen (insbesondere automatisierte Inhalts- und Netzwerkanalysen).
Hoffmann, Johannes, M.A.
war im Forschungsprojekt wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitspaket 03 „Aspekte der internen, interorganisationalen und externen Kommunikation im Feld öffentlicher und privater Sicherheitsakteure“ an der DHPol. Er studierte Risiko- und Sicherheitsmanagement im Bachelor und Master. Im Projekt bearbeitet er u. a. den Themenschwerpunkt „Verein“. Aktuell ist er bei elko Technik GmbH & Co. KG beschäftigt und im Bereich des Sicherheitsmanagements für Werder Bremen tätig.
Jarolimek, Univ.-Prof. Dr. Stefan
ist Professor für Kommunikationswissenschaft und Leiter des gleichnamigen Fachgebiets an der DHPol. Forschungsschwerpunkte: Strategische Kommunikation, Polizei und Social Media, Berufsfeldforschung, Organisationstheorie, Radikalisierung. Er hat das Projekt als fachlicher Moderator hinsichtlich kommunikationswissenschaftlicher Aspekte unterstützt.
Klemmt, Malte, M.A.
war im Forschungsprojekt wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitspaket 03 „Aspekte der internen, interorganisationalen und externen Kommunikation im Feld öffentlicher und privater Sicherheitsakteure“ an der DHPol. Er studierte Soziologie im Bachelor und Master. Im Projekt bearbeitet er u. a. den Themenschwerpunkt „Landespolizei“. Aktuell ist er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Würzburg beschäftigt.
Kubera, Thomas,Dipl. Verww. (FH)
war Projektkoordinator des Forschungsprojekts. Aktuell ist er als Leitender Polizeidirektor Abteilungsleiter für Führung, Management, Technik und E-Government beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen. Davor war er Fachgebietsleiter bei der DHPol für Polizeiliches Einsatzmanagement. Seine Forschungs- und Lehrschwerpunkte, zu denen er mit verschiedenen Veröffentlichungen hervorgetreten ist, liegen in den Themenfeldern Einsatzmanagement, Führungslehre und Polizeiwissenschaften.
Kugelmann, Univ.-Prof. Dr. Dieter
war Projektleiter des Arbeitspakets 05 „Recht als Steuerungsinstrument der Sicherheit im Fußball“ im Forschungsprojekt. Er ist Professor am Fachgebiet Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Polizeirecht einschließlich des internationalen Rechts und des Europarechts an der DHPol in Münster. Seit 2015 ist er hauptamtlich Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz. Seine Forschungsschwerpunkte, zu denen er mit zahlreichen Veröffentlichungen hervorgetreten ist, liegen im Sicherheits- und Polizeirecht, im Datenschutz- und Informationsrecht sowie im Europarecht.
Lodde, Birgitta, Ass. iur.
war im Forschungsprojekt wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitspaket 05 „Recht als Steuerungsinstrument der Sicherheit im Fußball“ an der DHPol. Im Projekt bearbeitete sie unter anderem den Themenschwerpunkt „Datenschutzrecht“.
Macke, Laura, Dipl.-Psych.
war im Forschungsprojekt wissenschaftliche Mitarbeiterin in den Arbeitspaketen 01 „Netzwerk Praxis-Wissenschaft“ und 03 „Aspekte der internen, interorganisationalen und externen Kommunikation im Feld öffentlicher und privater Sicherheitsakteure“ an der DHPol. Sie ist studierte Diplom-Psychologin und bearbeitete im Projekt unter anderem den Themenschwerpunkt „Bundespolizei“. Derzeit absolviert sie einen Masterstudiengang zum höheren Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei.
Nottebaum, Dr. Pia
war im Forschungsprojekt wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitspaket 03 „Aspekte der internen, interorganisationalen und externen Kommunikation im Feld öffentlicher und privater Sicherheitsakteure“ an der DHPol. Sie ist promovierte Politikwissenschaftlerin und bearbeitete im Projekt den Themenschwerpunkt „Verein“.
Rackow, Dr. Peter, Privatdozent
war von 2010 bis 2013 Leiter des Fachgebietes Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminalpolitik an der DHPol. Seit 2013 ist er als Rechtsanwalt tätig.
Schäfer, Matthias, M.A.
hat durch eine Masterarbeit an der DHPol Beiträge zur Rolle der SKB im Rahmen des Kommunikationsprozesses bei der Sicherheitsgewährleistung von Fußballspielen für das Forschungsprojekt geleistet. Als stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Ingolstadt ist der Polizeirat regelmäßig als Polizeiführer bei Fußballspielen eingesetzt.
Schmitz, Wiebke, M.A.
war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsgruppe BEMA am Institut für Soziologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Im Forschungsprojekt SiKomFan war sie am Arbeitspaket 02b „Sozialwissenschaftliche Aspekte – quantitative Betrachtungen und Diskurse“ beteiligt, insbesondere bei der quantitativen Untersuchung der Meinungen von Stadionbesuchern, Bevölkerung und Fahrgästen im ÖPNV zu den Themen Fußball, Kommunikation und Sicherheit.
Werner, Dr. Andreas
war im Forschungsprojekt wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Arbeitspaketen 01 „Netzwerk Praxis-Wissenschaft“ und 03 „Aspekte der internen, interorganisationalen und externen Kommunikation im Feld öffentlicher und privater Sicherheitsakteure“ an der DHPol. Er ist promovierter Politikwissenschaftler und bearbeitete im Projekt unter anderem das Thema „Interorganisationale Kommunikation“.
Ziesmann, Tim, M.A.
war wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsgruppe BEMA am Institut für Soziologie der Universität Münster. Im Forschungsprojekt war er am Arbeitspaket 02b „Sozialwissenschaftliche Aspekte – quantitative Betrachtungen und Diskurse“ beteiligt, insbesondere bei der quantitativen Untersuchung der Meinungen von Stadionbesuchern, Bevölkerung und Fahrgästen im ÖPNV zu den Themen Fußball, Kommunikation und Sicherheit.
An der Herausgabe des Praxishandbuchs haben weiterhin mitgewirkt:
Dube, Jennifer, M.A.
studierte Interdisziplinäre Medienwissenschaften und war wissenschaftliche Hilfskraft im Fachgebiet „Polizeiliches Einsatzmanagement“ an der DHPol. Sie unterstützte das Projekt insbesondere auch in der Projektabschlussphase und in der Schlussredaktion des Praxishandbuchs.
Ludewig, Franziska, B.A.
ist wissenschaftliche Hilfskraft im Fachgebiet „Polizeiliches Einsatzmanagement“ an der DHPol. Sie studiert Soziologie im Masterstudiengang an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und unterstützte das Projekt in der Schlussredaktion des Praxishandbuchs.
AAO
Allgemeine Aufbauorganisation
ABl
Amtsblatt
AG
Arbeitsgruppe
AK
Arbeitskreis
ARGEBAU
Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz
AWO
Arbeiterwohlfahrt
BAFF
Bündnis aktiver Fußballfans
BAG
Bundesarbeitsgemeinschaft Fanprojekte
BAG SPNV
Bundesarbeitsgemeinschaft Schienenpersonenverkehr
BAO
Besondere Aufbauorganisation
BASIGO
Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen
BBG
Bundesbeamtengesetz
BDADV
Bundeskriminalamtsdatenverordnung
BDSG
Bundesdatenschutzgesetz
BDSW
Bundesverband der Deutschen Sicherheitswirtschaft
BeamtStG
Beamtenstatusgesetz
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGH
Bundesgerichtshof
BHKG
Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz
BiBeriS
Bildung & Beratung im Sport
BKA
Bundeskriminalamt
BKADV
BKA-Daten-Verordnung
BKAG
Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten
BMBF
Bundesministerium für Bildung und Forschung
BMFSFJ
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
BMI
Bundesministerium des Innern
BOS
Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben
BPH
Bereitschaftspolizeihundertschaft
BPOL
Bundespolizei
BPOLD
Bundespolizeidirektion
BPolG
Bundespolizeigesetz
BPOLI
Bundespolizeiinspektion
BPOLP
Bundespolizeipräsidium
BPolP-IS
Informationsstelle Sport der Bundespolizei
BPOLR
Bundespolizeirevier
BRRG
Beamtenrechtsrahmengesetz
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
DB
Deutsche Bahn
DB AG
Deutsche Bahn Aktiengesellschaft
DFB
Deutscher Fußball-Bund e.V.
DFL
Deutsche Fußball Liga GmbH
DHPol
Deutsche Hochschule der Polizei
DIN
Deutsches Institut für Normung
DÖV
Die Öffentliche Verwaltung
DOSB
Deutscher Olympischer Sportbund
dpa
Deutsche Presse-Agentur
DPolBl
Deutsches Polizeiblatt
dsj
Deutsche Sportjugend
DVBl
Deutsches Verwaltungsblatt
EA
Einsatzabschnitt
EAO
Errichtungsanordnung
EPÖA
Einsatzbegleitende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
EU
Europäische Union
FEM
Führungs- und Einsatzmittel
FHÖV
Fachhochschule für öffentliche Verwaltung
FIFA
Fédération Internationale de Football Association
FKB
Fankundige Beamte
FSE
Football Supporters Europe
FwDV
Feuerwehrdienstvorschrift
GEMA
Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte
GewO
Gewerbeordnung
GG
Grundgesetz
HD
High Definition
HOGESA
Hooligans gegen Salafisten
IFG
Informationsfreiheitsgesetze
IMK
Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder, kurz: Innenministerkonferenz
INPOL
Polizeiliches Informationssystem
JFMK
Jugend- und Familienministerkonferenz
JUH
Johanniter Unfallhilfe
KatS-DV100
Katastrophenschutz-Dienstvorschrift 100
KJ
Kritische Justiz
KMS
Kundenmanager der DB AG
KoFaS
Kompetenzgruppe Fankulturen und Sportbezogene Soziale Arbeit
KOS
Koordinationsstelle Fanprojekte
KSA
Körperschutzausstattung
LAFP NRW
Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen
LauKw
Lautsprecherkraftwagen
LIS
Landesinformationsstelle für Sporteinsätze
LZPD NRW
Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen
MHD
Malteser Hilfsdienst
MIK NRW
Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen
MKÜ
Mobile Kontroll- und Überwachungseinheit
MVStättVO
Muster-Versammlungsstättenverordnung
NASS
Nationaler Ausschuss Sport und Sicherheit
NfD
Nur für den Dienstgebrauch
NFIP
National Football Information Point
NKSS
Nationales Konzept Sport und Sicherheit
NVK
Nonverbale Kommunikation
NVwZ
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
ÖASS
Örtlicher Ausschuss Sport und Sicherheit
ÖPNV
Öffentlicher Personennahverkehr
OVG
Oberverwaltungsgericht
OWiG
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
PDCA-Zyklus
Plan-Do-Check-Act-Zyklus
Portable Document Format
PKS
Polizeiliche Kriminalstatistik
PÖA
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
POI
Point of Interest
PolG
Polizeigesetz
PR
Public Relations
PVB
Polizeivollzugsbeamte/-in/-r
QuaSOD
Qualifizierung von Sicherheits- und Ordnungsdiensten
RLVSB
Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen
RuVO
Rechts- und Verfahrensordnung des DFB
SB
Sachbereich
SEO
Search Engine Optimizing
SiKomFan
Mehr Sicherheit im Fußball. Verbessern der Kommunikationsstrukturen und Optimieren des Fandialogs
SKB
Szenenkundige Beamte
SMK
Sportministerkonferenz
SOD
Sicherheits- und Ordnungsdienst
StB
Stabsbereich
StGB
Strafgesetzbuch
StPO
Strafprozessordnung
SVRL
Richtlinie zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten
THW
Technisches Hilfswerk
TLT
Taktischer Lautsprechertrupp
TOP
Tagesordnungspunkt
TPS
Taktischer Polizeilicher Sicherheitssprecher
TSK
Telefonschaltkonferenz
UA
Unterabschnitt
UA FEK
Unterausschuss Führung, Einsatz und Kriminalitätsbekämpfung
UEFA
Union des Associations Européennes de Football
VDV
Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V.
VG
Verwaltungsgericht
VGH
Verfassungsgerichtshof
VIP
Very Important Person
VMK
Verkehrsministerkonferenz
VS
Verschlusssachen
VSA
Verschlusssachenanweisung
VStättVO
Versammlungsstättenverordnung
VwVfG
Verwaltungsverfahrensgesetz
WM
Weltmeisterschaft
ZEVA
Zentralstelle für Evaluation
ZIS
Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze
Thomas Kubera/Thomas Dierschke
Definition
Unter dem Abziehen von Fanartikeln ist das Erbeuten von Fanutensilien, z. B. Zaunfahnen, Schwenkfahnen etc. und anderen äußeren Zeichen der Zugehörigkeit zu einem Verein, z. B. Trikots, Fanschals, Fanmützen, durch Angehörige gegnerischer Fangruppierungen ( Fanfreundschaft/Fanfeindschaft) zu verstehen. Das Erbeuten stellt sich dabei regelmäßig als Straftat dar, mindestens als Diebstahl, in vielen Fällen bei Anwendung von Gewalt und Drohung auch als Raub oder Räuberische Erpressung.
Das Abziehen von Fanartikeln wird vielfach verharmlost, stellt sich aber in der Realität als Straftat dar, was zum Eingreifen durch die Polizei des Landes und die Bundespolizei führt. Es handelt sich um sogenannte Offizialdelikte, die strafrechtlich verfolgt werden müssen.
Das Beutegut wird teilweise auch durch Fangruppierungen, z. B. der Ultra-Szenen, als Mittel eingesetzt, um die Fans der gegnerischen Mannschaft zu provozieren. So werden solche Gegenstände z. B. sichtbar im eigenen Block demonstrativ gezeigt (z. B. Darstellung der Zaunfahne auf dem Kopf) und teilweise verbrannt.
Insgesamt ist nur eine Minderheit der Stadionbesucher von dieser Straftat betroffen, vier Prozent wurden bereits persönlich Fangegenstände „abgezogen“ und weitere vier Prozent berichten über Bekannte, denen dies zugestoßen ist.1 Dabei sind aktivere Fans deutlich häufiger als andere Stadionbesucher betroffen (vgl. auch Viktimisierung).
Empfehlung
Der Verharmlosung von Straftaten dieser Form sollte durch die Arbeit von
Fanbeauftragten
und
Fanprojekten
entgegengewirkt werden.
1 Die Ergebnisse stammen aus der im Projekt durchgeführten BEMA-Stadionbefragung; weitere Informationen zur Befragung finden sich im Anhang.
Thomas Kubera/Andreas Werner
Definition
Die Akteure im Netzwerk der Sicherheitsgewährleistung im Fußball sind eine lokal organisierte Gruppe von Sicherheitsakteuren, die durch regelmäßige Kommunikation miteinander verbunden ist.
Zu den Akteuren in einem lokalen Netzwerk in der Sicherheitsgewährleistung im Fußball gehören zum einen folgende Akteure:
Polizei des Landes
Bundespolizei
Verein, u. a. in Gestalt des Veranstaltungsleiters (
Veranstalter
), des
Sicherheitsbeauftragten
, des
Sicherheits- und Ordnungsdienstes
, des
Stadion(sicherheits)sprechers
und des
Sanitätsdienstes
, ggf. auch der
Brandsicherheitswache
Kommune
, insbesondere als Ordnungsbehörde sowie als Teil der Kommune die
Feuerwehr
und der Rettungsdienst
Angehörige der Justiz, z. B. Staatsanwälte und Richter.
Die genannten Akteure sind Teil der sogenannten Sicherheitsarchitektur. Weitere Informationen dazu unter Sicherheitsakteure.
Darüber hinaus spielen im Netzwerk aber noch weitere Akteure eine wichtige Rolle, die zwar nicht im engeren Sinne als Sicherheitsakteure zu bezeichnen sind, aber trotzdem wichtige Beiträge zur Sicherheit leisten. Dazu gehören unter anderem die Träger des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) mit ihren privaten Sicherheitsdiensten und die Deutsche Bahn, u. a. mit ihrer Tochtergesellschaft DB Sicherheit und den 3-S-Zentralen. Diese Institutionen können insoweit als Sicherheitsakteure im weiteren Sinne bezeichnet werden, als dass sie jeweils private Sicherheitskräfte für ihren Geltungsbereich beschäftigen und damit ihrer Aufgabe folgen, den Transport der Zuschauer zum Stadion und wieder nach Hause sicherzustellen. Mit ihren Sicherheitsdiensten haben sie dabei einen erheblichen Einfluss auf die Sicherheitslage in Bahnhöfen, Zügen, S- und U-Bahnen, Straßenbahnen sowie Bussen.
Im Feld derjenigen, die mit Fans in Kontakt stehen, sind zunächst die Fanbeauftragten zu nennen. Sie sind Angestellte der Vereine und stellen eine wichtige Kommunikationsschnittstelle zu den eigenen Fans der Vereine dar. Sie können damit im Netzwerk den Fandialog initiieren und fortentwickeln.
Weiterhin sind die Fanprojekte als Akteure im Netzwerk zu nennen. Sie betreiben die sozialpädagogische Arbeit, vor allem mit Jugendlichen. Wegen ihrer Kontakte in die Fanszene der jeweiligen Vereine können sie ebenfalls eine wesentliche Rolle als Kommunikationsschnittstelle übernehmen und dabei helfen, den Fandialog mit Sicherheitsakteuren aufzubauen oder zu erhalten.
Ziel der Akteure im Netzwerk sollte eine möglichst einheitliche, transparente und vertrauensbildende Kommunikation sein. Dazu gehören eine durchdachte, aufeinander aufbauende Besprechungsarchitektur sowie eine stabile und vertrauensvolle bilaterale Kommunikation.
Weiterführende Informationen
Nationaler Ausschuss Sport und Sicherheit (2011): Nationales Konzept Sport und Sicherheit (NKSS) – Fortschreibung 2012. Online verfügbar unter http://www.kos-fanprojekte.de/fileadmin/user_upload/material/soziale-arbeit/Richtlinien-und-Regeln/nkss_konzept2012.pdf, zuletzt geprüft am 21.06.2017.
Thomas Kubera/Patrick Bresemann/Gabriel Duttler/Thomas Dierschke/Birgitta Lodde
Definition/Zusammenfassung
Alkohol und Drogen sind in Fankurven verbreitet und spielen eine unterschiedliche Rolle für die Sicherheitskonstruktion. Nach § 23 der DFB-Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen besteht grundsätzlich ein Verkaufs- und Abgabeverbot von alkoholischen Getränken vor und während des Spiels innerhalb des gesamten umfriedeten Stadiongeländes. Nur mit ausdrücklicher Einwilligung der örtlichen Sicherheitsorgane kann der Veranstalter auf seine Verantwortung hin die Abgabe von alkoholischen Getränken vornehmen. Er hat dies zu begründen. Nach den Richtlinien sind Personen, die alkoholisiert sind oder unter anderen, den freien Willen beeinträchtigenden Mitteln stehen, aus dem Stadionbereich zu verweisen. Diese Richtlinie wird allerdings nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht konsequent umgesetzt, sondern vorrangig bei Spielen mit erhöhtem Risiko ( Kategorisierung von Spielen).
Das Alkoholverbot als Sicherheitsmaßnahme ist ein vieldiskutiertes Thema in der Fanszene. Alkohol und Drogen besitzen eine Sicherheitsrelevanz während des Besuchs von Fußballspielen, da sie eine enthemmende Wirkung haben können, die sich im emotionalisierten Umfeld „Fußball“ verstärken kann (Wagner 2002).
Alkoholverkaufsverbot im Stadion
Die DFB-Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen definieren seit Jahren ein konsequentes Alkoholverkaufsverbot im Stadionbereich. Gemäß § 23 Absatz 1 sind der „Verkauf und die öffentliche Abgabe von alkoholischen Getränken […] vor und während des Spiels innerhalb des gesamten umfriedeten Geländes der Platzanlage grundsätzlich untersagt.“ Nur mit „ausdrücklicher Einwilligung der örtlich zuständigen Sicherheitsorgane, unter maßgeblicher Einbindung der zuständigen Polizeibehörde“, so weiter im Absatz 2, „kann der Veranstalter auf seine Verantwortung hin, je nach örtlichen Gegebenheiten, ausnahmsweise den Ausschank von alkoholreduziertem Bier […], von Bier […] oder Getränken mit vergleichbar geringem Alkoholgehalt vornehmen. Für die Einwilligung hat der Veranstalter begründet darzulegen, dass alkoholbedingte Ausbrüche von Gewalt und Ausschreitungen von Zuschauern nicht zu befürchten sind, wobei die Erkenntnisse der Polizei einzubeziehen sind.“ In einer Untersuchung der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol), die im Jahr 2010 veröffentlicht wurde, schätzte die Mehrheit der interviewten Polizeiführer Alkohol als enthemmend sowie aggressionsfördernd und damit als einen auslösenden Faktor zur Entstehung von Gewalt ein. Es wurde überwiegend auch die Auffassung vertreten, dass eine Alkoholisierung der Fans die kommunikativen Einwirkungsmöglichkeiten der Polizei reduziert. Es wurde aber auch festgestellt, „dass entgegen der Regelung im ‚Nationalen Konzept Sport und Sicherheit‘ der Alkoholausschank („Vollbierausschank“) an Spieltagen im Stadion die Regel zu sein scheint“ (DHPol 2010: 26).
Die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder erachtet ein Alkoholverkaufsverbot in Stadien, aber auch im Stadionumfeld, und ein Alkoholkonsumverbot im Öffentlichen Personenverkehr bei risikobehafteten Spielbegegnungen als Maßnahme, die zu einer Verringerung von Aggressionsdelikten führen kann (vgl. Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder 2015, Beschluss zu TOP 5). Insofern könnte es folgerichtig sein, Praxis und aktuelle Forderungen anzugleichen und die DFB-Richtlinien dahingehend zu überarbeiten, ein Alkoholverkaufsverbot auf Spiele mit erhöhtem Risiko zu beschränken.
Die im Forschungsprojekt befragten Fans beschreiben, dass starker Alkoholkonsum zu Auseinandersetzungen führen kann. Sie hinterfragen aber zugleich das Mittel des Alkoholverbots im Stadion kritisch: Denn für viele Fans gehöre der Konsum von Alkohol zum Stadionerlebnis dazu. Das Verbot von Alkohol treffe nicht nur mögliche Gewalttäter, sondern vor allem die Breite des Stadionpublikums. Darüber hinaus führen die Befragten aus, dass bei Spielen unter Alkoholverbot Teile der Fanszene bis kurz vor Anpfiff außerhalb der Stadien Alkohol konsumieren würden; oftmals erfolge mit der Aussicht auf gut zwei Stunden Zeit im Stadion ein regelrechtes „Vorglühen“ mit harten Alkoholika, um einen Pegel zu erreichen, der über die Spielzeit Bestand habe. Daher würde sich die Problematik eher verlagern und in ihrer Intensität partiell sogar steigern. Zudem entstehe den Vereinen ein finanzieller Schaden, wenn ein striktes Alkoholverbot ausgesprochen würde, da die Umsatzraten für alkoholfreies Bier weit geringer seien als für alkoholhaltige Getränke.
Unter den Stadionbesuchern, die im Rahmen des Projekts befragt wurden,1 befürworten etwa 60 Prozent Alkoholverbote uneingeschränkt (37 Prozent) oder teilweise (23 Prozent), etwa 40 Prozent lehnen diese Sicherheitsmaßnahme ab. Die Akzeptanz fällt bei Stadionbesuchern, die hinsichtlich ihrer Platzwahl (Stehplatz) oder der Häufigkeit von Spielbesuchen (Heim- und Auswärtsspielen) der aktiven Fanszene zugeordnet werden können, deutlich geringer aus. Hier lehnen zwischen 45 und 60 Prozent Alkoholverbote bei Spielen mit erhöhtem Risiko ab.
Umgang mit alkoholisierten Personen im Stadionbereich
Nach § 23 Absatz 3 der DFB-Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen sind Personen, die im Bereich der Platzanlage angetroffen werden und die alkoholisiert sind oder unter anderen, den freien Willen beeinträchtigenden Mitteln stehen, aus der Platzanlage zu verweisen. Im Umkehrschluss gilt, dass alkoholisierten Personen bei den Einlasskontrollen kein Zugang gewährt werden darf. Aber auch hier stimmen Praxis und Richtlinie nicht durchgängig überein. In der bereits angeführten Studie der DHPol (2010) wurde konstatiert, dass erkennbar alkoholisierten Personen vielfach der Zugang zum Stadion tatsächlich verwehrt wird. Es wird aber auch problematisiert, dass überwiegend keine Promillegrenzen existieren. Die Feststellung erfolge in der Regel durch Augenschein, was zu einem erhöhten Frustrations- und Aggressionspotenzial führen und polizeiliches Einschreiten erforderlich machen könne (DHPol 2010: 26). Mit Blick auf die o. a. Einlassung von befragten Fans wäre zu überlegen, den § 23 der Richtlinien dahingehend fortzuschreiben, dass erhebliche Alkoholisierungen unterbunden werden müssen. Ggf. sind eindeutige Promillegrenzen oder entsprechende Ausfallerscheinungen zu definieren und anzuwenden.
Abschließend sei auch auf den Beitrag Glasverbot verwiesen.
Empfehlungen
Überarbeitung des § 23 der DFB-Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen in Bezug auf ein Alkoholverkaufsverbot im Stadion mit der Grundregel, dass Alkoholabgabe zulässig ist und dass nur bei Spielen mit erhöhtem Risiko ein Verkaufsverbot gilt.
Überarbeitung des § 23 der DFB-Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen in Bezug auf den Umgang mit Personen unter Alkohol- und Drogeneinfluss in der Richtung, dass Personen mit erheblichen Konsum- sowie entsprechenden Ausfallerscheinungen nicht eingelassen
bzw.
aus dem Stadion verwiesen werden müssen. Ggf. sind eindeutige Promillegrenzen festzulegen, über die rechtzeitig informiert werden muss.
Weiterführende Informationen
Deutscher Fußball-Bund (2013): Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen.
Online verfügbar unter http://www.dfb.de/fileadmin/_dfbdam/24341–1_Richtlinien_zur_Verbesserung_der_Sicherheit_bei_Bundesspielen.pdf, zuletzt geprüft am 21.06.2017.
Deutsche Hochschule der Polizei (2010): Interdisziplinäre Untersuchung zur Analyse der neuen Entwicklungen im Lagefeld Fußball. Münster. Online verfügbar unter http://www.dhpol.de/de/medien/downloads/hochschule/08/Abschlussbericht_Lagebild_Fussball.pdf, zuletzt geprüft am 01.07.2017.
Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (2015): Sammlung der zur Veröffentlichung freigegebenen Beschlüsse der 202. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder. Online verfügbar unter http://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/2015–06–24_26/beschluesse.pdf?__blob=publicationFile&v=3, zuletzt geprüft am 21.06.2017.
Wagner, H. (2002): Fußball und Hooligans – Warum Gewalt?. Gelnhausen: Wagner Verlag.
1 Die Ergebnisse stammen aus der im Projekt durchgeführten Stadionbefragung; weitere Informationen zur Befragung finden sich im Anhang.
Gabriel Duttler/Patrick Bresemann/Thomas Dierschke
Definition
Allesfahrer begleiten ihren Verein zu nahezu allen Spielen und sind wichtiger Bestandteil der aktiven Fanszenen.
Ein Allesfahrer besucht jedes Spiel seines favorisierten Vereins, unabhängig davon, ob es ein Heim- oder Auswärtsspiel ist oder innerhalb der nationalen oder internationalen Wettbewerbe stattfindet. Viele Allesfahrer begleiten die Mannschaft zudem zu Testspielen und in Trainingslager. Darin findet sich eine Ähnlichkeit zu Groundhoppern, die durch ihre Reisen möglichst viele Stadien besuchen wollen, dabei aber nicht zwingend auf eine Mannschaft festgelegt sind. Oftmals bewegen sich die Allesfahrer im Ultra-Umfeld, verfügen über enge Kontakte oder sind selbst Ultras. Sie orientieren sich an den Normen und Werten der Ultrakultur und übernehmen teilweise deren Protestkultur und Feindbilder. Allesfahrer verfügen über eine Vielzahl an Erfahrungen mit Sicherheitsakteuren, hinterfragen deren Verhaltensweise kritisch und fühlen sich durch als überzogen wahrgenommene Sicherheitsmaßnahmen in ihrer fankulturellen Freiheit eingeschränkt. Dies kann soweit führen, dass sie sich in Konfliktsituationen mit anderen Fans gegen Sicherheitsakteure solidarisieren.
Unter den Stadionbesuchern, die im Rahmen des Projekts befragt wurden1, besuchen vier Prozent alle Heim- und Auswärtsspiele ihres Vereins. Für 17 Prozent der Stadionbesucher gilt, dass sie jeweils mehr als die Hälfte der Heim- und Auswärtsspiele besuchen. Sowohl die reinen Auswärtsfahrer als auch die Stadionbesucher, die mehr als die Hälfte der Heim- und Auswärtsspiele besuchen, haben mit großer Mehrheit (90 Prozent/83 Prozent) eine gute Meinung von den Ultras.
Vgl. auch Kategorisierung von Personen.
Empfehlungen
Allesfahrer stellen generell keine besondere Zielgruppe für das Handeln von Sicherheitsakteuren dar.
Allesfahrer solidarisieren sich vor allem in den Situationen mit anderen von polizeilichen Maßnahmen betroffenen Fans, wenn ihnen diese willkürlich oder überzogen erscheinen. Es ist daher auf
Transparenz
und situative Angemessenheit der Maßnahmen zu achten.
1 Die Ergebnisse stammen aus der im Projekt durchgeführten Stadionbefragung; weitere Informationen zur Befragung finden sich im Anhang.
Thomas Kubera/Beatrice Borner/Malte Klemmt
Definition/Zusammenfassung
An Fußballspieltagen ist die Ankunft am Bahnhof, der eine Durchgangsstation bei der Anreise darstellt, eine Sequenz der Sicherheitsgewährleistung, in der vielfältige Kommunikationsprozesse und Kommunikationsbeziehungen zwischen Fans und Sicherheitsakteuren verbaler und nonverbaler Art stattfinden. Die Einsatzbeobachtungen haben gezeigt, dass die Kommunikation im Bahnhof durch technische Verbesserungen (z. B. bezüglich der stationären Lautsprecheranlagen) und durch den Einsatz von qualifiziertem Personal (z. B. Dialogkräfte der Polizei, visuelle Mittel wie LED-Laufbänder, Beschilderungen), klar definierte Abläufe (z. B. abgetrennte Laufwege für Fans) und verschiedene Serviceangebote (z. B. Zugang zu Toilettenanlagen, Schließfächern) optimiert werden kann. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von verschiedenen Sicherheitsakteuren ( Polizeien der Länder, Bundespolizei, Deutsche Bahn Sicherheit (DB Sicherheit) der Deutschen Bahn AG (DB AG), ggf. Sicherheits- und Ordnungsdienst (SOD) des Heim- und/oder Gastvereins) und Mitarbeitern der Fanprojekte sowie der Fanbeauftragten des Vereins ist erforderlich, um die anreisenden Fans ggf. auch über mittelbare Kommunikation ansprechen zu können und für Ansprachen erreichbar zu sein. Ein besonderer Fokus liegt zudem auf dem Zuständigkeitswechselzwischen Bundespolizei und der Polizei des Landes, wenn Fans und Zuschauer den Bahnhof verlassen.
Polizeiliche Aufgaben übernimmt in den Bahnhöfen, sofern erforderlich, grundsätzlich die Bundespolizei; insbesondere zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, ggf. zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten. Für ihren Einsatz im Bahnhof und am Gleis ist es bedeutsam, wie viele Bahnreisende zu erwarten sind und wie sich diese auf der Anreise verhalten (haben). Dies setzt voraus, dass die Sicherheitsakteure am Bahnhof in enger Verbindung zu mitreisenden Sicherheitsakteuren (z. B. Begleitkräfte der Bundespolizei, begleitender Sicherheits- und Ordnungsdienst des Gastvereins, Kräfte der DB Sicherheit) und Servicekräften der DB AG stehen. Im Vorfeld prognostiziert die Bundespolizei unter Einbindung der Fankundigen Beamten der Bundespolizei (FKB)1, wie viele Fans und welche Fangruppen am Spieltag voraussichtlich anreisen werden. Diese Erkenntnisse müssen laufend aktualisiert werden. Eingehende Informationen sollten unverzüglich ausgetauscht werden.
Kommunikation mit Fans
Die Kommunikation mit den Fans kann bei ihrer Ankunft mit dem Zug am Bahnhof in unterschiedlicher Form und über unterschiedliche Sicherheitsakteure bzw. Kommunikationskanäle erfolgen. Dabei ist auf eine gemeinsame und abgestimmte Kommunikation ( One-Voice-Strategie) zu achten. Die Ankunft am Bahnhof ist häufig auch der erste Berührungspunkt mit den Polizeien der Länder. Der Verlauf kann die Beziehung zwischen Fans und Polizei am gesamten Spieltag prägen.
Für die verbale Kommunikation in Richtung größerer Personengruppen sind Lautsprecherdurchsagen zweckmäßig. Dafür sollten Lautsprecheranlagen in Zügen, festinstallierte Lautsprecher der DB AG oder mobile Lautsprecheranlagen der Bundespolizei, z. B. Megaphonanlagen, ggf. auch Lautsprecherkraftwagen, genutzt werden. Es empfiehlt sich dazu eine enge Zusammenarbeit mit der 3-S-Zentrale der DB AG. Ggf. sind in taktischer Kommunikation fortgebildete Einsatzkräfte zu dieser Zentrale zu entsenden, um Lautsprecherdurchsagen abzustimmen bzw. bei Bedarf selbst durchzuführen. Ansonsten sollten durch die DB AG entsprechende Servicekräfte eingesetzt werden, die mit den Sicherheitsakteuren abgestimmte Hinweise und Informationen, z. B. zur Weiterreise zum Stadion, geben und deutlich machen, dass die anreisenden Fans willkommen ( Willkommenskultur) sind.
In Bezug auf die Nonverbale Kommunikation ist auf das Auftreten der Einsatzkräfte zu achten. Dies betrifft insbesondere die Anzahl und Positionierung, die Art der Dienstbekleidung, persönliche Ausstattung und das Mitführen von Führungs- und Einsatzmitteln, z. B. Diensthunde. Bei Ankunft der Fans am Bahnhof sollte eine lageangemessene Aufstellung von Sicherheitskräften am Gleis und im Bahnhof angestrebt werden. Hier sollten grundsätzlich defensive Konzepte verfolgt und Fangruppierungen Freiraum zur Selbstregulierung gewährt werden, soweit es die vorliegenden Informationen zu möglichen Gefahren zulassen. Eine starke Präsenz, z. B. bei zu erwartenden Störungen, sollte über die Mittel der Taktischen Kommunikation und Soziale Medien erläutert werden.
Flankierende Maßnahmen
Die verbale Kommunikation ist möglichst durch Beschilderungen oder Informationen über Anzeigetafeln, LED-Laufbänder usw. zu unterstützen. Hierzu sind entsprechende Absprachen mit der DB AG rechtzeitig zu suchen. Der Inhalt der Informationen kann über eine Verbindungskraft der Bundespolizei in der 3-S-Zentrale vermittelt bzw. abgestimmt werden.
Die Abläufe am Bahnhof können auch dadurch begünstigt werden, dass bestimmte Informationen, wie der Weg zum Stadion, der Zugang zu Gepäckfächern und Toiletten, die Transportmöglichkeiten (z. B. Shuttleverkehr) vorher bekannt gegeben worden sind. Dies lässt sich durch gute und rechtzeitige Vorinformationen, z. B. über Fanbrief/Faninformation oder über Mitteilungen in Sozialen Medien und über die Webseiten der Vereine erreichen.
Ein weiterer Faktor für eine positiv gestaltete Ankunft der Fans am Bahnhof betrifft die Rahmenbedingungen. Die Stimmung kann wesentlich dadurch beeinflusst werden, wie lange und in welcher Situation sich die Ankunft vollzieht. Es macht einen Unterschied, ob sich Fans freiwillig an einer Stelle im oder vor dem Bahnhof sammeln können oder in einem mehr oder weniger begrenzten Bereich gesammelt werden. Zur positiven Stimmung tragen Serviceangebote bei. Dazu gehören ein Angebot an Toiletten und Schließfächer für die Gepäckaufbewahrung.
Schnittstelle zwischen Bundespolizei und Polizei des Landes
Wenn Fans und Zuschauer den Bahnhof verlassen und den Bahnhofsvorplatz erreichen, wechselt die originäre Zuständigkeit von der Bundespolizei zu den Polizeien der Länder. Auch hier wird empfohlen, vor allem bei großen Ansammlungen von Fans und Zuschauern, taktische Kommunikation wie Lautsprecherdurchsagen oder Dialogkräfte einzusetzen. Es ist zweckmäßig, dass die Dialogkräfte der Polizei des Landes bereits beim Eintreffen auf dem Gleis ansprechbar sind bzw. Fans ansprechen. Dies gilt insbesondere, wenn die Bundespolizei keine eigenen Dialogkräfte eingesetzt hat. Gegebenenfalls sind gemeinsame Dialogteams der Bundespolizei und der Landespolizei einzusetzen.
In Bezug auf den Einsatz von Lautsprecherkraftwagen hat sich die Beschallung mit Musik als positiver Faktor dargestellt. Das Abspielen der Stadionhymne des Gastvereins oder sonstiger typischer Lieder der Fanszene des Gaststandortes können ein positives Willkommensklima schaffen und deeskalierend ( Deeskalation) wirken. Das Abspielen von Musik muss natürlich zur Ausrichtung der Einsatzsituation passen. Wenn bereits Konflikte, z. B. beim Eintreffen am Gleis, entstanden sind, ist auf eine solche Beschallung eher zu verzichten, um die Konsistenz der Einsatzdurchführung sicherzustellen. Daher ist eine enge Abstimmung zwischen der Bundespolizei und der Polizei der Länder erforderlich, ggf. auch die gemeinsame Besetzung von Lautsprecherkraftwagen. Für die Veranlasser von Musikbeschallung ist beachtlich, dass urheberrechtliche Standards (z. B. der GEMA) eingehalten werden müssen. Es empfiehlt sich, hierbei ggf. die Kooperation mit den Vereinen zu suchen, um die Gebühren zu finanzieren.
Ebenfalls spielt am Übergang in den landespolizeilichen Zuständigkeitsbereich die nonverbale Außenwirkung der polizeilichen Einsatzkräfte eine große Rolle. Eine kooperative Zusammenarbeit, insbesondere ein abgestimmtes und konsistentes Einsatzkonzept und eine kommunikativ umsetzbare One-Voice-Strategie zwischen der Bundespolizei und der Polizei der Länder sind an dieser Schnittstelle der Zuständigkeitsbereiche unabdingbar.
Empfehlungen
Die Kommunikation der Sicherheitsbeteiligten mit den Fans sollte bei ihrer Ankunft mit dem Zug am Bahnhof in unterschiedlicher Form (persönliche Ansprache durch Dialogkräfte, Lautsprecherdurchsagen) erfolgen, wobei alle beteiligten Sicherheitsakteure abgestimmt agieren sollten. Dazu bietet sich die Einbindung von Verbindungskräften der Bundespolizei in die verantwortlichen Bereiche der DB Bahn AG an. Dialogkräfte von Bundespolizei und Polizei des Landes sollten gemeinsam Fans ansprechen oder für Ansprachen zur Verfügung stehen.
LED-Laufbänder und Beschilderungen sollten die Wegführung der Fans visuell unterstützen. Über Anzeigetafel der DB AG können mit der Bundespolizei abgestimmte Informationen und Hinweise gegeben werden.
Verbale Kommunikation bei größeren Personengruppen über Lautsprecherdurchsagen sollte in moderierender Form erfolgen. Eine positive Wirkung entfaltet eine Übertragung von fantypischer Musik.
Hinsichtlich der nonverbalen Kommunikation sollte eine positive Wirkung der Einsatzkräfte in Bezug auf ihre verhältnismäßige Anzahl und Positionierung, Bekleidungsart mit besonderem Augenmerk auf die Ausrüstung, ihre Ausstrahlung und Kommunikationsbereitschaft erzielt werden.
Zu einer verhältnismäßigen Aufstellung von Sicherheitskräften am Gleis und im Bahnhof können fanbegleitende Sicherheits- und Servicekräfte in Zügen beitragen. Die Informationen sind in geeigneter Form und unverzüglich allen beteiligten Sicherheitsakteuren zu übermitteln. Als erster Ansprechpartner und Informationsvermittler sollte die Bundespolizei fungieren.
Für die jeweilige Ankunft von Fangruppen sind gegebenenfalls polizeiliche Maßnahmen zu kommunizieren (z. B. über Soziale Medien, Lautsprecherdurchsagen). Dies dient der
Transparenz
und beugt Konflikten vor.
Eine positive Stimmung der Fans und Sicherheitsakteure sollte unterstützt werden, z. B. keine stark begrenzten Wartebereiche, mögliche Nutzung von Toiletten, Zugang zu Schließfächern, möglichst geringe Wartezeiten.
An der Schnittstelle der Zuständigkeitsbereiche der beiden Polizeien sollte eine abgestimmte Zusammenarbeit und eine kooperative
externe Kommunikation
erfolgen.
1 Seit 2017 Szenenkundige Beamte (SKB) der Bundespolizei.
Thomas Dierschke/Luigi Droste/Thomas Kubera
Definition/Zusammenfassung
Neben Fragen danach, wann Zuschauer zu einem Fußballspiel anreisen sowie welche und wie viele Zuschauer erwartet werden, ist es für die Sicherheitsgewährleistung von Bedeutung, zu wissen, wie Fans und Zuschauer anreisen. Informationen hierüber sind notwendig, um bereits im Vorfeld Konfliktpotenziale zu erkennen und ggf. zu minimieren. Die Ergebnisse der Befragung von Stadionbesuchern1 zeigen, dass etwa die Hälfte der Stadionzuschauer mit dem Auto anreist. Dies gilt sowohl für Heim- wie auch für Gästefans. Mit der Bahn und anderen öffentlichen Verkehrsmitteln reist etwa ein Drittel der Zuschauer zum Spiel an.
Durchschnittlich gehen pro Spieltag allein in der Bundesliga und der 2. Bundesliga etwa 500.000 Menschen ins Stadion. Im Extremfall betragen die Anreisewege der Auswärtsfans mehrere hundert Kilometer. Für Fans gehört zum Spieltag nicht allein das Fußballspiel. Der Spieltag setzt sich vielmehr aus Treffen und (überregionaler) Anreise, ggf. Fanmarsch oder Nutzung eines Shuttleverkehrs ( Shuttle), dem Aufenthalt im Stadion und der anschließenden Abreise (und Feier) zusammen. Zeitlich investieren Fans oft viele Stunden, um neunzig Minuten Fußball live im Stadion zu erleben. Fußballspiele als mediale Großevents verlangen jedoch nicht nur den Fans und Zuschauern z. T. enormen Aufwand ab, sondern stellen auch, vor allem aufgrund ihrer Größe, ihrer öffentlichen Aufmerksamkeit und ihres Konfliktpotenzials, die Sicherheitsakteure vor große Herausforderungen. So wurde bereits im Jahr 2009 in einem Gremienbericht in der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren festgestellt, dass sich Straftaten und Gewalttätigkeiten zunehmend auf die An- und Abreisephase verlagert haben. Dies wurde im Rahmen einer Befragung von Experten aus dem Bereich der Polizei durch die Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol) im Jahr 2010 bestätigt (vgl. DHPol 2010: 27).
Vor diesem Hintergrund ist es für die Sicherheitsakteure wichtig, möglichst genaue Informationen über die Anreisewege der Heim- und Auswärtsfans, ihre jeweilige Anzahl und auch über die Zusammensetzung der jeweiligen Gruppen zu haben. Insbesondere das Eintreffen der Auswärtsfans am örtlichen Bahnhof ( Ankunft am Bahnhof) des Spielorts und die Frage, wie diese zum Stadion der Heimmannschaft gelangen, sind für Sicherheitsfragen von zentraler Bedeutung. Dies bekommt noch mehr Gewicht, betrachtet man die Sicherheitswahrnehmung von Stadionbesuchern, Fans, Fahrgästen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und der allgemeinen Bevölkerung (siehe auch Sicherheitsgefühl). Gerade der Bahnhof ist ein Ort, der bei vergleichsweise vielen Personen für Verunsicherung sorgt – vor allem bei Auswärtsfans.
Wie reisen Fans an?
Die Annahme, dass Auswärtsfans am Bahnhof ankommen und dann am liebsten in geschlossener Großgruppe gemeinsam lautstark zum Stadion „marschieren“, trifft nur für etwa ein Drittel der Auswärtsfans zu. Das am häufigsten von den Fans zur Anreise genutzte Verkehrsmittel ist das Auto. Etwa die Hälfte der Befragten reist mit dem Auto zum Auswärtsspiel an und etwa zwölf Prozent nehmen Angebote organisierter Fahrten in Anspruch.
Abbildung 1: Verkehrsmittelwahl bei Anreise zu Auswärtsspielen (BEMA-Stadionbefragung)
Abbildung 2: Verkehrsmittelwahl bei Anreise zu Heimspielen (BEMA-Stadionbefragung)
Was für die Anreise zu Auswärtsspielen gilt, gilt auch für die Anreise zu Heimspielen. Das Auto dominiert als Verkehrsmittel der Wahl, das fast die Hälfte der Zuschauer nutzt. Für Heimspiele greifen etwa 40 Prozent der Zuschauer auch auf öffentliche Verkehrsmittel zurück, wobei die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs (etwa 30 Prozent) die Nutzung der Bahn (etwa zehn Prozent) übersteigt. Alle übrigen Verkehrsmittel weisen nur geringe Häufigkeiten auf.
Welche Fans reisen wie an?
Natürlich ist für die Sicherheitsakteure von großem Interesse, welche Zuschauer und Fans welche Verkehrsmittel bevorzugen. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass sich hinsichtlich verschiedener Fangruppen (Steh-/Sitzplätze, Häufigkeit des Stadionbesuchs, fankulturelle Einstellungen ( Fankultur) kaum systematische Unterschiede bei der Verkehrsmittelwahl zeigen. Es gilt allerdings, dass bei der Anreise, sowohl der Heim- wie auch Gästefans, der Anteil derjenigen, die mit dem Auto anreisen, mit dem Alter kontinuierlich ansteigt. Der Anteil derjenigen, die mit dem Nahverkehr oder der Bahn anreisen, ist in der Altersgruppe der 16 bis 29-Jährigen im Vergleich am höchsten. In der bereits o. a. Untersuchung der DHPol wird zum Reiseverhalten der verschiedenen Gruppen festgestellt: „Die Problemfangruppen nutzen flächendeckend sämtliche zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel. Charakteristisch ist allerdings, dass Hooligans überwiegend individuell und teilweise konspirativ anreisen, während die Ultras geschlossen auftreten und im öffentlichen Raum wahrgenommen werden wollen. Hier kommen insbesondere Fanbusse zum Einsatz. Auch der reguläre Schienenverkehr sowie Sonderzüge werden genutzt. Stehen Sonder- und Entlastungszüge in ausreichender Zahl zur Verfügung und werden diese von der Problemfanklientel genutzt, wirkt sich diese Konzentration für den polizeilichen Einsatz, wie die Experteninterviews gezeigt haben, positiv aus. Das ‚Schönes-Wochenende-Ticket‘, ein Sparangebot der Deutschen Bahn, führt nicht selten zu einer intensiven Nutzung durch Mitglieder der Problemfanszene. Häufig stellen die Züge, auf denen dieses Ticket genutzt werden kann, das Hauptreisemittel der Ultragruppierungen dar.“ (DHPol 2010: 28)
Abbildung 3: Subjektive Sicherheitswahrnehmung von Fährgasten: Alltag und Spieltag im Vergleich (BEMA-Fahrgastbefragung)
Was bedeuten diese Ergebnisse nun für die Sicherheitsakteure?
Mit Blick auf die Befragungsergebnisse zu Anreisewegen in Kombination mit den Ergebnissen zur subjektiven Sicherheitswahrnehmung kann der Reiseweg, insbesondere der örtliche Bahnhof und nicht das Stadion(umfeld), als der Ort ausgemacht werden, an dem erhöhtes Konfliktpotenzial besteht. Hier treffen größere Gruppen jüngerer Fans beider Teams aufeinander und hier fühlen sich nicht nur die Fans bzw. Stadionzuschauer eher unsicher, sondern die Verunsicherung springt auch auf andere Reisende über. Die Ergebnisse der Fahrgastbefragung zeigen, dass die subjektive Sicherheitswahrnehmung der Fahrgäste an Spieltagen an Bahnhöfen und Bahnstationen als auch im ÖPNV selbst erheblich sinkt. Im Alltag fühlen sich Fahrgäste im ÖPNV zu nahezu 100 Prozent sicher. An Spieltagen jedoch sinkt der Anteil von Fahrgästen, die sich sicher fühlen, auf 80 Prozent. Gleiches gilt auch für das Sicherheitsempfinden von Fahrgästen an Bahnhöfen: Während sich im Alltag Fahrgäste an Bahnhöfen zu mehr als 90 Prozent in irgendeiner Art und Weise sicher fühlen, empfinden an Spieltagen nur noch zwei Drittel der Fahrgäste Bahnhöfe als sicheren Boden.
Empfehlungen
Die Maßnahmen der Sicherheitsakteure sollten sich auf die Anreisewege, insbesondere die jeweiligen Bahnhofsbereiche, konzentrieren. Dabei empfiehlt sich ein kooperatives Vorgehen, auch wenn unterschiedliche Zuständigkeiten bestehen (
vgl.
dazu den Beitrag
Ankunft am Bahnhof
).
Die
Präsenz
von Sicherheitsakteuren und eine gute Informationsstrategie (
Informationsverhalten
) können die gefühlte Sicherheit erhöhen. Die Strategien sollten auf eine transparente (
Transparenz
)
Kommunikation
mit Fans und anderen Reisenden ausgerichtet sein und auch Informationen zu Verzögerungen im Reiseablauf und Gründe für diese zur Verfügung stellen.
Spezielle Angebote für reisende Fans können zu einer Separierung vom sonstigen Reiseverkehr und damit zu einer Verbesserung der Reisebedingungen von Unbeteiligten beitragen. Insbesondere Punkt-zu-Punkt-Verbindungen für Fangruppen minimieren das Konfliktpotenzial mit anderen Reisenden und gegnerischen Fangruppierungen.
Weiterführende Informationen
Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol) (2010). Interdisziplinäre Untersuchung zur Analyse der neuen Entwicklungen im Lagefeld Fußball. Münster.
1 Weitere Informationen zur Befragung finden sich im Anhang.
Thomas Kubera/Malte Klemmt
Definition
Anti-Konflikt-Teams stellen eine standortspezifische Ausprägung beziehungsweise Form von Dialogkräften der Polizeien der Länder dar. Sie verfolgen vor allem kommunikationsbezogene Aufgaben der externen Kommunikation mit Zuschauern und Fans. Durch ihr spezielles Einsatzgebiet und ihre besondere Qualifikation sind sie am Standort ein Bestandteil der Taktischen Kommunikation.
Detaillierte Informationen und allgemeine Handlungsempfehlungen in Bezug auf den Einsatz von Dialogkräften bei Fußballveranstaltungen finden sich in dem Beitrag Dialogkräfte.
Dieter Kugelmann/Birgitta Lodde
Definition/Zusammenfassung
In vielen Bundesländern werden von den Polizeien der Länder unter verschiedenen Bezeichnungen landesweite, regionale oder örtliche Arbeitsdateien geführt, in denen Daten über Personen, die im Zusammenhang mit Fußballspielen in Erscheinung getreten sind, gespeichert werden. In ihrer Zweckbestimmung und Ausgestaltung ähneln sie der Datei Gewalttäter Sport. Einige der rechtlichen und praktischen Probleme der Datei Gewalttäter Sport stellen sich daher auch bei den Arbeitsdateien.
Die Arbeitsdateien werden unter verschiedenen Bezeichnungen wie Arbeitsdatei Szenenkundige Beamte (SKB), Szenedatei Sport oder Datei Sportgewalt geführt und auch SKB-Datenbanken genannt. In einigen Bundesländern werden sie landesweit geführt, in anderen Bundesländern gibt es nur vereinzelte regionale oder örtliche Dateien bei einzelnen Polizeidienststellen/-behörden. Ihre Rechtsgrundlage ergibt sich aus den Polizeigesetzen des jeweiligen Landes und ggf. der StPO. Die genauen Voraussetzungen der Errichtung, wie etwa die Erstellung eines Verfahrensverzeichnisses oder die Notwendigkeit der Beteiligung des Landesdatenschutzbeauftragten, richten sich dementsprechend nach dem jeweiligen Landesrecht.
Verhältnis zur Datei Gewalttäter Sport
Die Arbeitsdateien sind nicht gleichzusetzen mit der Datei Gewalttäter Sport. Wie die Datei Gewalttäter Sport dienen die Arbeitsdateien der Vorbereitung von Gefahrenabwehrmaßnahmen. Darüber hinaus wird das Führen der Arbeitsdateien mit dem Zweck begründet, sie dienten der Vorbereitung polizeilicher Einsätze zur Verhinderung von Sicherheitsstörungen bei Fußballspielen. Die Dateien verfolgen mithin einen beinahe identischen Zweck, jedoch sind in der Regel die Speicherkriterien der Arbeitsdateien weiter gefasst und die Voraussetzungen der Speicherung geringer. Zwischen den beiden Dateien sollte es einen klaren Unterschied geben. Wenn die Einführung der Arbeitsdatei damit begründet wird, dass die Datei Gewalttäter Sport verwässert und nicht handhabbar ist, wird damit zugleich die Geeignetheit der Verbunddatei in Frage gestellt und ihrer Existenz die Berechtigung entzogen. Die Arbeitsdateien scheinen dann nur dem Dilemma des Föderalismus entsprungen, dass Reformen der Datei Gewalttäter Sport durch alle Bundesländer gemeinsam getragen werden müssen. (Das OVG Lüneburg bejaht die Erforderlichkeit der Arbeitsdatei und sieht ihren Zweck darin, Erkenntnisse zur Ergänzung und Bewertung der in der Datei Gewalttäter Sport gespeicherten Sachverhalte vorzuhalten, Urteil v. 18.11.2016, 11 LC 148/15).
Wesentlicher Vorteil der Arbeitsdateien ist die Möglichkeit der Begrenzung der Speicherungsberechtigung auf einen engeren Personenkreis als denjenigen der Datei Gewalttäter Sport. Soweit das Landesrecht dies ermöglicht, sollte die Speicherungsberechtigung bei Arbeitsdateien auf die Polizeibehörde beschränkt werden, die dem Verein zuzurechnen ist. Ebenso sollten nach Möglichkeit nur besonders geschulte Polizeikräfte, wie die Szenenkundigen Beamten, zur Speicherung berechtigt werden. Dadurch kann eine bessere Strukturierung und Auswertung der Informationen und somit eine höhere Datenqualität erreicht werden. Darüber hinaus können bei den gespeicherten Daten Besonderheiten des Bundeslandes und der Vereinsstandorte besser berücksichtigt werden. Der Vorteil einer landesweiten gegenüber einer lokalen Arbeitsdatei ist, dass landesweit einheitliche Standards vorgegeben werden können. Allerdings geht mit einer landesweiten Arbeitsdatei einher, dass mehr Personen auf die Daten zugreifen können und mithin der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen vertieft wird.
Zu beachten ist, dass eine Eintragung in die Arbeitsdatei nicht automatisch einen Eintrag in die Datei Gewalttäter Sport nach sich ziehen darf. Die Voraussetzungen der Speicherung und der Dateizweck sind nicht identisch. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Speicherung in der Datei Gewalttäter Sport vorliegen. Werden Änderungen in der Arbeitsdatei vorgenommen, darf nicht vergessen werden, dass ggf. vorgenommene Einträge in der Datei Gewalttäter Sport zu korrigieren sind.
Die Speicherung in der Arbeitsdatei
Die genauen rechtlichen Voraussetzungen einer Speicherung in den Arbeitsdateien ergeben sich aus dem Landesrecht. Nach den bisher öffentlich gewordenen Informationen über Arbeitsdateien, etwa aus Urteilen oder Berichten der Landesdatenschutzbeauftragten, können jedoch einige gemeinsame Probleme identifiziert werden, wie sie sich auch bei der Speicherung von Daten der Datei Gewalttäter Sport ergeben.
So ist die Eintragungsschwelle in den Arbeitsdateien sehr niedrig angesetzt. Personen werden bereits im Falle der Einleitung von Ermittlungsverfahren eingetragen. Problematisch ist dabei insbesondere, dass eine Speicherung trotz Einstellung der Verfahren beibehalten wird. Es reicht nicht aus, eine Löschung nur in den Fällen vorzunehmen, in denen sich aus den Einstellungsgründen ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Vielmehr muss geprüft werden, ob ein Restverdacht und eine Wiederholungsgefahr – also die Wahrscheinlichkeit, dass der Betroffene sich in Zukunft an Störungen beteiligen wird, – bestehen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil v. 18.11.2016, 11 LC 148/15). Diese Prognoseentscheidung sollte bzw. muss mit den sie tragenden Angaben in der Datei dokumentiert werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 10.02.2015, 1 S 554/13). Dazu ist erforderlich, dass die Staatsanwaltschaft der Polizei die Gründe der Einstellung mitteilt. Die erforderliche Kommunikation kann vereinfacht werden durch die Einführung eines festen Ansprechpartners bei der Staatsanwaltschaft, etwa durch Einrichtung von Sonderdezernaten für alle in den Zusammenhang mit Fußballspielen fallende Verfahren (Fußballstaatsanwälte).
Es dürfen nur die Daten erfasst werden, deren Speicherung zur Zweckerreichung auch erforderlich ist. Darüber hinaus muss gewährleistet werden, dass die eingetragenen Daten aktuell und richtig sind. Kann dies bei bestimmten Daten nicht gewährleistet werden (z. B. bei Stadionverboten oder Beförderungsverboten), dürfen diese Daten nicht erfasst werden. Die Speicherdauer muss begrenzt und eine regelmäßige Aussonderungsfrist geregelt werden (z. B. jährlich am Ende der Spielsaison).
Eine Benachrichtigungspflicht im Falle der Eintragung in eine Arbeitsdatei besteht zumeist nicht, sondern lediglich ein Auskunftsrecht. Da die Existenz der Arbeitsdateien zumeist nicht durch die dateiführenden Stellen von sich aus öffentlich gemacht, sondern auf anderen Wegen bekannt wurde, wird der Polizei mangelnde Transparenz vorgeworfen. Problematisch ist, dass durch das Führen von sogenannten SKB-Datenbanken die Dialogbereitschaft der Fans gegenüber den Szenenkundigen Beamten abnehmen kann. Die Fans könnten befürchten, dass die aus den Gesprächen gewonnenen Informationen in die Datei eingetragen werden.
Empfehlungen
Die Zugriffs- und Speicherungsberechtigung bei Arbeitsdateien sollte auf die Vereinsdienststelle und auf besonders geschulte Polizeikräfte wie die Szenenkundigen Beamten beschränkt werden, soweit das Landesrecht dies ermöglicht.
Ein Eintrag in der Arbeitsdatei darf nicht automatisch zu einer Eintragung in die Datei Gewalttäter Sport führen. Die Voraussetzungen der Speicherung in der Datei Gewalttäter Sport sind im Einzelfall zu prüfen.
Eingestellte Ermittlungsverfahren dürfen nur bei Bestehen eines Restverdachts und einer Wiederholungsgefahr gespeichert werden. Die insoweit vorzunehmende Prognoseentscheidung ist mit ihren tragenden Gründen in der Arbeitsdatei zu dokumentieren.