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Welf ist weg. Und zwar endgültig. Jeanne bleibt zurück, allein im kalten Gutshaus und hilft sich jeden Tag von neuem selbst auf die Füße. Ein nachdenklicher Roman über Abschiede, Erinnerungen und den mutigen Trotz des Weiterlebens. Das Schicksal hat Jeanne getroffen ohne vorher auch nur anzuklopfen. Welf ist tot. Nun ist sie allein in Siebenbrunn und lernt, um eine Leerstelle herum zu leben. Der Wald, an dessen Rand sie in einem alten Gutshaus wohnt, ist frühlingsregennass, ihre staubige Arbeit im Stadtarchiv geht weiter. Dort trifft sie Antonia Weißdorn, rothaarig, goldbeschuht und mit robustem Humor ausgestattet, eine Künstlerin mit der Aufgabe, der Geschichte Siebenbrunns eine Form zu geben. Es wird leichter und es wird wärmer. Doch als Welfs Eltern beschließen, das Haus zu verkaufen, strauchelt Jeanne erneut. Zur gleichen Zeit stellt eine junge Studentin auf der Suche nach dem Vater, den sie kaum gekannt hat, ihr Zelt in den nassen Wald und fotografiert: junge Blätter und verirrte Enten, zugewachsene Wege und das verlassene Schulhaus. Auch sie trifft auf Antonia, die sich dort selbstbewusst mit ihrem Praktikanten Josh vergnügt, seltsame Installationen anbringt und aller Welt demonstriert, wie leicht es ist, dem Leben das Glück buchstäblich abzutrotzen.
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Seitenzahl: 176
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Eva Roman
Roman
Verlag Klaus Wagenbach Berlin
© 2014 Verlag Klaus Wagenbach, Emser Straße 40/41,10719 Berlin
Umschlaggestaltung: Julie August.
Alle Rechte vorbehalten.Jede Vervielfältigung und Verwertung der Texte, auch auszugsweise, ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt insbesondere für das Herstellen und Verbreiten von Kopien auf Papier, Datenträgern oder im Internet sowie Übersetzungen.
ISBN 978 3 8031 4152 1Auch in gedruckter Form erhältlich: 978 3 8031 3262 8
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Anmerkungen
Siebenbrunn, dieses vom Wald verschlungene Dorf, allein der schöne Weg dorthin, er führt über eine Wiese, in deren Mitte er sich gabelt – ein Teil des Weges verläuft ab dieser Stelle weiter geradeaus, der zweite, ursprüngliche aber beschreibt noch immer einen Bogen um den ehemaligen Garten eines längst abgerissenen Hauses, in dessen Beletage sich bis zuletzt eine Sammlung ausgestopfter Eulen befand. Hinter einer Baumgruppe aus Birken und Robinien treffen sich die beiden Wege wieder – führen weiter über eine kleine Brücke, unter der ein Bach fließt, ein klarer Bach mit weichen, grasbewachsenen Ufern und sandigem Untergrund, über den fette, fast neongrüne Pflanzen wuchern, von einer Strömung, gegen die Forellen stehen, leicht bewegt. Folgt man dem Bachlauf, so taucht rechter Hand nach einer Kurve zwischen den Bäumen ein großes Gebäude auf, ein imposanter Bau, Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts entstanden, dessen beide Flügel in dunklem Rosa mit ihren Rücken zum Wald stehen. Es ist die alte Schule, die seit Jahrzehnten leersteht und die zusammen mit der Waldgaststätte und einigen Obstbäumen auf dem Grundstück der abgerissenen Bäckerei den verlassenen Ortskern von Siebenbrunn bildet. Auf dem Dach der Schule findet sich exakt in der Mitte ein kleiner Turm, auf dem Turm das Ziffernblatt einer Uhr und auf der Uhr die ewig gleiche Zeit, kurz nach eins – als wäre dem Ort nicht nur das Geräusch der trampelnden, lachenden, schreienden Kinder, sondern auch die Notwendigkeit der Zeitmessung abhanden gekommen –, die Zeiger stehen still, seitdem der Letzte das Gebäude verließ, nur die Wetterfahne, hoch oben auf der zwiebelförmigen Kuppel des kleinen Turmes, ändert bei kräftiger Windstärke, von einem metallischen Quietschen begleitet, ihre Richtung.
Vom Vorplatz der Schule gehen vier Wege ab: Der erste führt die Treppen hinauf zum Portal des Gebäudes, der zweite verläuft in Richtung Norden durch den Wald auf die Stadt zu, der dritte, nach Osten hin, erstreckt sich bis zur ehemaligen Fabrik, von der nicht viel mehr als eine Kastanienallee zeugt, die im Unterholz endet. Weiter östlich gelangt man durch den Wald zum Fluss, der in seinem künstlichen Bett die Kraft all seiner verlorenen Wasseradern zu reißender Geschwindigkeit bündelt, in Form einer blaugrauen Versalie begrenzt er den Wald, ein strömendes S, dessen lärmende Gewalt an den Staustufen noch weit in den Wald hinein zu hören ist. Der vierte Weg führt vom Vorplatz der Schule nach Süden, die Distriktstraße entlang, zum schönsten von ehemals fünf Gutshäusern, zu einem großen Herrenhaus mit der Nummer 3, dessen schon leicht abgeblätterte Fassade in Pompejanisch-Rot weit über die Felder leuchtet. Hier in diesem Gut lebt Jeanne.
Sie versucht dieses Gefühl zu verdrängen, das einen nach langem Halbschlaf überkommen kann, dass man gar nicht geschlafen hat und dass der gesamte kommende Tag Opfer dieses fehlenden Schlafes wird. Sie trinkt den Kaffee aus, kontrolliert, ob der Herd ausgeschaltet ist, wäscht sich, zieht sich an und kontrolliert den Herd wieder, Jeanne kontrolliert jetzt ständig, nicht nur den Herd, auch den Hahn an der Waschmaschine, die Türen im Erdgeschoss, die Fenster, es gibt ihr ein Gefühl von Sicherheit, alles drei- oder viermal zu kontrollieren, bevor sie das Haus verlässt. Ihr Fahrrad steht in einem Schuppen im Garten, Jeanne überquert die nasse Wiese, noch immer blüht der Flieder nicht, sie schließt die Tür auf, weiter, das Fahrradschloss, der Geruch seiner Werkstatt, wie sehr er noch hier im Schuppen ist, hier bei seinen auseinandergebauten Fahrrädern auf den Unterlagen aus alten Umzugskartons. Es ist, als könne er jeden Moment zurückkommen, ein Schutzblech liegt auf seinem Arbeitstisch, daneben einige Schrauben, ein kleines Kästchen mit Gummibändern, Nägeln und Bleistiften, ein Plastikfläschchen mit Fahrradöl. Nicht, denkt Jeanne, nicht jetzt, vor der Arbeit, und nimmt doch das Hemd vom Stuhl. Sie steht so, Mund und Nase in den Stoff vergraben, die Augen geschlossen, sie legt die Wange in das Hemd, ob sie es waschen sollte, die gleiche Frage, jeden Tag, die gleichen Bewegungen, mit denen sie es über den Stuhl zurückhängt.
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