Sinn des Lebens - Reinhart Brandau - E-Book

Sinn des Lebens E-Book

Reinhart Brandau

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Beschreibung

Den Schwalben der Erde und allen guten Geistern und Seelen.

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Vita

Januar 36.

Kleines Dorf im Thüringer Wald.

Eingeschneit in der Nacht.

Bitterkalt.

Als ich kam, aus dunkler Wärme,

war da ein Kerzenlicht,

meine Mutter Erika und Rolf der Schäferhund …

Klitzekleines Dorf am Ufer der Schwarza –

dem geheimnisvollen Fluss,

der einem so wundersame Geschichten erzählt –

wenn man die Sprache des Wassers versteht,

und seinen Stimmen lauscht:

Dem Donnerrauschen unterm Wasserfall,

das vom Entstehen des Lebens,

der vorübereilenden Zeit und der Ewigkeit erzählt –

dem geheimnisvollen Murmeln, wenn es zwischen

Felsen dahineilt –

seinem lustigen Klingen,

wo es mit kleinen Steinchen spielt –

Und wenn dieser Fluss in tiefem Bett

still dahintreibt,

den Stimmen der Vögel lauscht,

und sirrend-summendem Fluggesang kleiner

Flugwesen, die wie selbstvergessen

über das ruhige Wasser tanzen –

Wenn ich dann in die Tiefe schau,

aus der leiser Undinengesang zu mir heraufschwebt,

ergreift mich Sehnsucht nach dort unten,

und eine seltsame Traurigkeit …

Ganz nah der Schwarza hab ich das “Licht der Welt“

erblickt,

und dort meine Kindheit zurückgelassen,

als das Kriegsende mein Lebensschiffchen

nach Bremen verschlug,

von wo es durchs Leben irrte,

bis Mecki, die Nebelkrähe, es anhielt,

und in die Welt der Vögel geleitete –

in der es endlich dann

vor Anker ging …

Den

Schwalben

der Erde

und

allen

guten Geistern

und

Seelen

Inhalt:

Wo komm ich her?

Der Kleine Prinz, eine geheimnisvolle Botschaft

Affenbrotbäume

Mecki die Nebelkrähe

Vom Katholizismus zum Marxismus

Sonnenwunder

George Orwell

Nine Eleven

Der Sündenfall

Wesen der Seele

Gott und die Liebe

Taube tröstet kranke Taube

Ziegenmutter vom Gudbrandsdalen

Wesen der Liebe

ESA-Mission Rosetta

Rabe rettet Seele

Himmel Hölle und die Weltenseele

Die Angst und das Böse

Der Winterhase

Mündige Bürger

Jens Stoltenberg verhängt Todesstrafe für Isegrim

Liebe über den Tod hinaus

Fressen und gefressen werden

Paula Becker Moderson

Zeitreise

Scheinwelt

Worpsweder Essay über die Kunst

Geheimnisvolle Welt der Küsse

Wesen von Logik und Phantasie

Philosophie einer Singdrossel

Eine Seele findet Asyl

Viel Sand im Getriebe

Aus dem Nichts materialisierte Gegenstände

Geheimnisvolle Wesen und deren seltsame Liebesbriefe

…wo komm ich her?

Aus dem Teich,

wo all die Babies

drin schwimmen – da hat

der Klapperstorch dich geholt,

und endlich zu deiner Mama

gebracht – die ja so

auf dich gewartet hat –

und so glücklich war, als sie dich

endlich in ihre Arme nahm –

Weil die mich lieb hat?

Weil meine Mama

mich lieb hat!

Damals reichte die Mutterliebe

dem Dasein seinen Sinn zu geben …

Und nun?, und jetzt?

Ja wo ist er denn nur abgeblieben,

dieser unerschütterliche Kinderglaube

an diese Liebe –

die einfach da ist.

Und keiner weiß woher.

Und wo sie hin ist,

wenn sie mal nicht mehr da ist,

und die Seele so allein ist,

und einsam,

sich zu fürchten beginnt

vor all dem Fremden:

Dem Gottesmann,

der mich unbedingt vor dem Bösen erretten will.

Dem Bösen,

das in meinem Herzen wohnt,

vor dem ich mich nun fürchten muss,

dass meine Seele sich versteckt …

Zum Fürchten auch Computerspiele

wie das mit dem armen Moorhuhn –

das ich jagen und erschießen soll.

Mit schrecklichen Phantasiewesen

aus dem Weltall und sonst woher,

die mich bedrohen, dass ich mich

wehren muss –

Schießen, töten, zerstören, vernichten.

Schießen, schießen überall …

So werde ich eingeführt in eine Scheinwelt

die vorgibt Sinn des Lebens zu sein …

Wie reinster Unsinn des Lebens

kommt mir das vor –

Und wird immer schlimmer,

und war doch schon schlimm genug

als es noch lange keine Computer gab,

damals, als Antoine de Saint-Exupéry das Buch:

`Der kleine Prinz´ geschrieben hat.

Das so viele Menschen gelesen,

von denen jedoch nicht allzu viele auch nur

eine Ahnung davon haben dürften,

was Antoine de Saint-Exupery mit diesem

`allerliebsten Büchlein´ eigentlich wirklich

hatte sagen wollen …

Wobei ich natürlich auch nicht weiß,

ob ich denn alles richtig verstanden habe.

Bin mir aber dennoch ganz sicher,

dass er irgendwo zwischen den Zeilen sogar den

`Sinn des Lebens´ versteckt hat – in dieser,

in ein Märchen gekleideten Autobiographie,

in der er mit seiner Phantasie spazieren geht …

Der Kleine Prinz ist ein Märchen. Ja.

Setzt sich aber aus zwei Ebenen zusammen:

Einer märchenhaften Ebene, sowie einer, in der

Antoine de Saint-Exupéry, nach meiner Erkenntnis,

über bedeutsame Ereignisse aus seinem Leben

sachlich und präzise, in oft poetisch bildhafter

Sprache berichtet.

Zu Anfang des Kleinen Prinzen spielt

Antoine de Saint-Exupéry ja noch mit

`offenen Karten´, so, dass es `kinderleicht´

sein dürfte seiner Erzählung zu folgen.

Antoine de Saint-Exupéry erzählt, wie er als

kleiner Junge von sechs Jahren ein Bild in einem

Buch über den Urwald, ein Symbol für

das Leben, betrachtete.

Es zeigt, wie eine Boa ein Tier verschlingt.

Damals hat er viel über den Dschungel, das

Leben also, nachgedacht.

Dabei hat er ein Bild gezeichnet, das seine

Gedanken über das Leben zeigen soll.

Wie nicht anders zu erwarten war, verstehen

es die Großen nicht. Ihr Blick bleibt an der

Oberfläche hängen, schaut nicht ins Innere des

Bildes die verborgene Botschaft zu entdecken,

und sehen in der Riesenschlange, die einen

Elephanten verdaut, lediglich einen Hut.

Der kleine Antoine versucht nun alles zu erklären,

und fertigt eine zweite Zeichnung an.

Sie zeigt die Innenansicht der Boa,

wie sie einen Elephanten verdaut.

Offenbar gefällt das den Großen aber

gar nicht, und sie raten ihm, mit dem

Zeichnen von Riesenschlangen aufzuhören

und sich mehr für Geographie, Geschichte,

Rechnen und Grammatik zu interessieren …

Der kleine Antoine folgt diesem Rat, gibt eine

`großartige Laufbahn´, die eines Malers nämlich

(eines dem Leben Verbundenem) im Alter von

sechs Jahren schon auf – und lernt fliegen …

Der inzwischen große Antoine erkennt nun

in dieser Wahl die Ursache für eine Art Urknall,

welcher das geistig- seelische Wachstum seines

Bewusstseins verdreht und geknebelt hat …

Der kleine Antoine also, folgt erst einmal dem

Rat der Großen sein `Es´, sein Unbewusstes,

und mit ihm Phantasie und Kreativität

aus seinem Bewusstsein zu verbannen,

um es ausschließlich der real praktischen

Seite des Daseins zu überlassen …

Anders ausgedrückt: Der kleine Antoine

verbannt seine Seele (sein Es) aus seinem

Alltagsleben – sperrt sie weg in einen

geheimen Winkel seines Bewusstseins,

wo sie elendig dahinkümmert – wehmütige

Sehnsucht nach ihr bleibt in ihm zurück …

So ist der große Antoine noch immer

auf der Suche nach einem Menschen,

mit dem er sich über das Leben, den Urwald

und die Sterne austauschen könnte –

an Stelle von Golf, Bridge und Krawatten …

*

Nun werde ich Antoine de Saint-Exupery

selber sprechen lassen:

Wenn ich jemanden traf, der mir ein

bisschen heller vorkam, versuchte ich es

mit meiner Zeichnung Nr. 1,

die ich gut aufbewahrt habe.

Ich wollte sehen, ob er wirklich etwas

los hatte. Aber jedes Mal bekam ich

zur Antwort: „Das ist ein Hut."

Dann redete ich mit ihm weder über

Boas noch über Urwälder, noch über

die Sterne.

Ich stellte mich auf seinen Standpunkt.

Ich sprach mit ihm über Bridge, Golf,

Politik und Krawatten.

Und der große Mensch war äußerst

befriedigt, einen so vernünftigen

Mann getroffen zu haben …

*

Der große Antoine ergibt sich also der Seelenfalle,

die sich `Zivilisation´ nennt, und passt sich einer

zivilisierten Gesellschaft an, in der das einzigartige

Denkvermögen des Menschen vorwiegend

unermessliche Dummheit hervorbringt, und

ständig an dem Ast sägt, auf dem eine erstaunlich

unbekümmerte Menschheit sich zuhause fühlt …

Und ich denke, dass, von Ausnahmen abgesehen,

den Menschen mit der Vernunft auch der

Sinn des Lebens verlorengegangen ist …

Ich blieb also allein, ohne jemanden,

mit dem ich wirklich hätte sprechen

können,

(Der Scheinwelt, in der ich “lebte“

zu entkommen ergab sich nicht.)

bis ich einmal eine Panne in der

Wüste Sahara hatte.

(bis sie in sich zusammenfiel,

und ich mich in meiner Ödnis wiederfand.)

Motor und Flugzeug stehen für Antoines Glauben

an seinen `Beruf´. Dieser Glaube verlässt ihn, der

Sinn geht verloren und führt zum Absturz seiner

Identität in eine Leere, aus der er sich unverzüglich

zurück in seine gewohnte Scheinwelt retten will –

Etwas an meinem Motor war

kaputtgegangen.

Der Motorschaden steht sicherlich für: das Bild

meiner Existenz bekam Risse, und blätterte ab.

Ich machte mich ganz allein an die

schwierige Reparatur. Es war für

mich eine Frage auf Leben und Tod.

Am ersten Abend bin ich also im

Sande eingeschlafen. Ich war

verlassener als ein Schiffbrüchiger

auf einem Floß mitten im Ozean.

Ihr könnt euch daher meine

Überraschung vorstellen,

als bei Tagesanbruch eine seltsame

kleine Stimme mich weckte:

„Bitte … zeichne mir ein Schaf!“

„Bitte … zeige mir wer du bist!“

Das, um das die kleine Stimme bittet,

versteht ein `normaler´ Mensch natürlich nicht –

versteht nicht, dass das Schaf eine Metapher

für sein Bewusstsein ist: `Bitte, zeig dich mir!´

„Wie bitte?“

„Zeichne mir ein Schaf…“

Ich bin auf die Füße gesprungen,

als wäre der Blitz in mich gefahren.

Ich habe mir die Augen gerieben

und genau hingeschaut.

Da sah ich ein kleines,

höchst ungewöhnliches Männchen,

das mich ernsthaft betrachtete.

Ich schaute mir die Erscheinung also

mit großen, staunenden Augen an.

Als ich endlich sprechen konnte,

sagte ich zu ihm:

„Aber was machst denn du da?“

Da wiederholte er ganz sanft,

wie eine sehr ernsthafte Sache:

„Bitte… zeichne mir ein Schaf…“

Wenn das Geheimnis zu eindrucksvoll ist,

wagt man nicht zu widerstehen.

So absurd es mir erschien – tausend Meilen

von jeder menschlichen Behausung und in

Todesgefahr – ich zog aus meiner Tasche

ein Blatt Papier und eine Füllfeder. Dann

aber erinnerte ich mich, dass ich vor allem

Geographie, Geschichte, Rechnen und

Grammatik studiert hatte, und missmutig

sagte ich zu dem Männchen, dass ich

nicht zeichnen könne. Es antwortete:

„Das macht nichts. Zeichne mir

ein Schaf.“

Da ich nie ein Schaf gezeichnet hatte,

machte ich ihm eine von den

einzigen zwei Zeichnungen,

die ich zuwege brachte.

Die von der geschlossenen Riesenschlange.

Und ich war höchst verblüfft,

als ich das Männchen sagen hörte:

„Nein, nein! Ich will keinen Elephanten

in einer Riesenschlange.

Eine Riesenschlange ist sehr gefährlich,

und ein Elephant braucht viel Platz.

Bei mir zu Hause ist wenig Platz.

Ich brauche ein Schaf.

Zeichne mir ein Schaf.“

Also habe ich gezeichnet.

Das Männchen schaute aufmerksam zu.

Dann sagte es:

„Nein! Das ist schon sehr krank.

Mach ein anderes.

„Du bist seelisch sehr krank. Ich möchte dich

anders.“

Ich zeichnete.

Mein Freund lächelte artig, und mit Nachsicht:

„Du siehst wohl … das ist kein Schaf,

das ist ein Widder. Es hat Hörner.“

Ich machte also meine Zeichnung

noch einmal. Aber sie wurde ebenso

abgelehnt wie die vorherigen:

„Das ist schon zu alt. Ich will ein

Schaf, das lange lebt.“

Was auch immer Antoine dem Männchen

(unbeabsichtigt natürlich) durch die Bilder

von sich zeigte, es konnte ihm nicht gefallen.

Mir ging die Geduld aus, es war

höchste Zeit, meinen Motor auszubauen.

So kritzelte ich diese Zeichnung da

zusammen und knurrte dazu:

„Das ist die Kiste. Das Schaf, das du

willst, steckt da drin.“

Und ich war höchst überrascht, als ich

das Gesicht meines jungen Kritikers

aufleuchten sah:

„Das ist ganz so, wie ich es mir

gewünscht habe. Meinst du,

dass dieses Schaf viel Gras braucht?“

Nun hat das seltsame Kerlchen endlich den

idealen Mann, den es sich wünscht. Allerdings

nur in seiner Vorstellung. Die Wirklichkeit

jedoch, sieht mal wieder ganz anders aus …

Wie so oft, bei glücklich begonnenen

Liebesaffären, folgt das böse Erwachen

auch hier auf dem Fuß.

„Warum?“

„Weil bei mir zu Hause alles ganz

klein ist …“

„Es wird bestimmt ausreichen. Ich habe

dir ein ganz kleines Schaf geschenkt.“

Er neigte den Kopf über die Zeichnung:

„Nicht so klein wie… Aber sieh nur!

Es ist eingeschlafen…“

So machte ich die Bekanntschaft des

kleinen Prinzen.

Ich brauchte lange Zeit, um zu verstehen,

woher er kam.

Der kleine Prinz, der viele Fragen an

mich richtete, schien die meinen nie

zu hören. Zufällig aufgefangene Worte

haben mir nach und nach sein Geheimnis

enthüllt. So fragte er, als er

zum erstenmal mein Flugzeug sah:

„Was ist das für ein Ding da?“

„Das ist kein Ding. Das fliegt. Das ist

ein Flugzeug.“

Und ich war stolz, ihm sagen zu

können, dass ich fliege. Da rief er:

„Wie! Du bist vom Himmel gefallen?“

„Ja“, sagte ich bescheiden.

„Ah! Das ist ja lustig …“

Und der kleine Prinz bekam einen

ganz tollen Lachanfall, der mich

ordentlich ärgerte. Ich lege Wert

darauf, dass meine Unfälle ernst

genommen werden. Er aber fuhr fort:

„Also auch du kommst vom Himmel!

Von welchem Planeten bist du denn?“

Da ging mir ein Licht auf über das

Geheimnis seiner Anwesenheit und

ich fragte hastig:

„Du kommst also von einem anderen Planeten?“

Aus einer anderen Welt ja, einer anderen,

als die Scheinwelt in der Antoine lebt.

Aber er antwortete nicht. Er schüttelte

nur sanft den Kopf, indem er mein

Flugzeug musterte:

„Freilich, auf dem Ding da kannst

nicht allzu weit herkommen … “

Und er versank in eine Träumerei,

die lange dauerte. Dann nahm er

mein Schaf aus der Tasche

und vertiefte sich in den Anblick

seines Schatzes.

Ihr könnt euch vorstellen, wie sehr

diese Andeutung über die “anderen

Planeten“ mich aufhorchen ließ.

Ich bemühte mich also mehr zu

erfahren: (um mehr Nichtwissen)

„Woher kommst du, mein kleines Kerlchen?

Wo bist du denn zu Hause?

Wohin willst du mein Schaf mitnehmen?“

Das sind keine Fragen – das sind Stempel

mit denen Mann die Gedanken des

kleinen Prinzen abstempelt: erledigt!

Und der arme Tropf hat wirklich keinen

blassen Schimmer von dem was er da tut …

Was der kleine Prinz natürlich versteht –

und das ihn tief traurig macht …

Er antwortet nach einem nachdenk-

lichen Schweigen: