Sinnliche Rache in der Toskana - Caitlin Crews - E-Book

Sinnliche Rache in der Toskana E-Book

CAITLIN CREWS

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Beschreibung

"Du wirst tun, was ich dir befehle." Zehn Jahre lang hat Paige sich vor diesem Moment gefürchtet. Sie wusste immer, dass Giancarlo Alessi sie irgendwann finden und sich an ihr rächen wird, weil sie ihn damals an die Presse verraten hat. Jetzt ist der Tag seiner Rache gekommen! Doch damals wie heute kann Paige sich dem italienischen Grafen nicht entziehen. Und schon sein erster Befehl macht sie atemlos: Er fliegt mit ihr zu seinem Anwesen in der Toskana. Unter tausend Sternen dinieren sie zu zweit. Dann befiehlt ihr Giancarlo mit rauer Stimme, sich auszuziehen ...

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Seitenzahl: 197

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2015 by Caitlin Crews Originaltitel: „At the Count’s Bidding“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 2222 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Helga Meckes-Sayeban

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 03/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733706593

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Hatte sie Halluzinationen?

Der Himmel sei mir gnädig, wenn er es ist …

Seit zehn Jahren hatte Paige Fielding seine Stimme nicht mehr gehört. Es traf sie wie ein Stromschlag und ging ihr durch und durch. Sie nahm nicht mehr wahr, dass an diesem Nachmittag ein leichter Wind in Südkalifornien wehte. Die E-Mail, die sie gerade tippte, war vergessen. Sie hätte nicht einmal mehr sagen können, was für ein Tag war. Ohne Vorwarnung wurde sie brutal in die dunkle, schmerzliche Vergangenheit zurückgeschleudert.

Diese Stimme. Seine Stimme.

Unverkennbar männlich. So herrisch und unverschämt sexy, wie nur Italienisch klingen konnte. Sie überrollte Paige wie eine Hitzewelle, überfiel sie aus dem Nichts.

Fast wäre sie dahingeschmolzen. Wie immer.

Stattdessen wirbelte sie auf dem Drehstuhl herum, weil sie instinktiv wusste, wer an der offenen Bogentür der weitläufigen Luxusvilla in den Hügeln von Hollywood stand, die nach ihrer berühmten Eigentümerin, der Filmlegende Violet Sutherlin, zu Recht den Namen La Bellissima trug. Natürlich wusste Paige, wer er war. Dennoch überschwemmte sie eine Vorahnung, die ihr eisige Schauer über die Haut jagte, noch ehe sie ihn am Bogengang entdeckte – abschätzig lächelnd. Und voller Hass.

Giancarlo Alessi. Der einzige Mann, den sie, naiv, wie sie gewesen war, von ganzem Herzen geliebt hatte – mit verheerenden Folgen. Der einzige Mann, in dessen Armen sie geschluchzt und geschrien, nach mehr gefleht hatte, bis sie heiser war. Der einzige Mann, den sie nicht vergessen konnte. Von dem sie trotz allem nie wirklich losgekommen war.

Doch sie hatte ihn hintergangen. Von Anfang an. Und unverzeihlich. Beim Gedanken an das, was sie ihm angetan hatte, drehte sich ihr der Magen um. Wie konnte sie es je vergessen?

Damals hatte sie geglaubt, keine andere Wahl zu haben. Doch das würde Giancarlo ebenso wenig verstehen wie vor zehn Jahren.

„Ich kann dir alles erklären.“ Aufgelöst, wie sie war, sprach sie viel zu schnell. Unwillkürlich war sie vom Terrassentisch aufgesprungen, wo sie an milden Nachmittagen in der Sonne arbeitete. Die Beine drohten unter ihr nachzugeben. Mit seinen dunklen Augen sah Giancarlo sie so unversöhnlich an wie vor zehn Jahren.

„Erkläre es den Sicherheitsleuten“, fuhr er sie an. Und Paige fühlte sich ertappt. Er konnte in ihr lesen wie in einem Buch … wie damals, als sie alles zerstört hatte, was zwischen ihnen gewesen war. „Es ist mir egal, was du hier tust, Nicola. Ich will nur, dass du gehst. Verschwinde!“

Sie zuckte zusammen, weil er sie so nannte. Den verhassten Namen hatte sie seit dem Tag nicht mehr benutzt, an dem Giancarlo sie aus seinem Leben gestrichen hatte. Den Namen nach all den Jahren so verächtlich ausgesprochen zu hören, traf sie mitten ins Herz. Alles in ihr verkrampfte sich.

„Ich bin hier …“ Sie wusste nicht weiter. Wie sollte sie es ihm sagen? Ihm erklären, was seit jenem schrecklichen Tag vor zehn Jahren geschehen war, an dem sie ihre Beziehung zerstört hatte. Was gab es da zu sagen? Die ganze Wahrheit hatte sie ihm nicht gestanden, als sie es noch gekonnt hätte: Wie verdorben sie war, woher sie kam …

Hals über Kopf hatten sie sich verliebt. Im Rausch der Leidenschaft waren sie buchstäblich übereinander hergefallen. Zwei Monate hatte ihre Wirbelwindromanze gedauert. Sie hatten gar keine Zeit gehabt, sich besser kennenzulernen. Nicht wirklich.

„Ich nenne mich nicht mehr Nicola“, platzte sie heraus.

Steif stand er an der Bogentür und sah sie seltsam, unübersehbar wütend an.

Es tat weh. So weh …

„Ich habe nie …“ Es war noch schlimmer, als Paige es sich unzählige Male vorgestellt hatte. Ihre Augen brannten, aber sie durfte nicht in Tränen ausbrechen, es nicht herauslassen. Dann würde Giancarlo einen Wutanfall bekommen. Sie konnte froh sein, dass er überhaupt mit ihr sprach, statt sie von Violets Sicherheitsleuten einfach vor die Tür setzen zu lassen.

„Nicola ist mein Mittelname“, sprach sie schnell weiter. „Das war … eigentlich heiße ich Paige.“

„Komisch. Paige heißt auch die persönliche Assistentin meiner Mutter“, bemerkte Giancarlo gefährlich leise. Also wusste er Bescheid. Er war nicht erstaunt oder forderte Erklärungen. Er hatte es gewusst – dass sie all die Jahre über hinter den E-Mails seiner Mutter gesteckt hatte.

Und es war nicht zu übersehen, wie er darüber dachte. Das sagte ihr seine Haltung.

„Die du nicht bist.“ Beängstigend steif bewegte er sich jetzt. „Sag, dass du nur eine unerfreuliche Gestalt aus der dunkelsten Stunde meines Lebens bist. Dass du dich nicht hinterhältig in meine Familie eingeschlichen hast. Los, sag es! Dann lasse ich dich vielleicht gehen, ohne die Polizei zu rufen.“

Vor zehn Jahren hätte Paige geglaubt, er bluffte. Damals hätte er sich eher von der nächsten Brücke gestürzt, als ihr die Polizei auf den Hals zu hetzen. Vor ihr stand ein völlig anderer Mann … der Giancarlo, den sie aus ihm gemacht hatte.

Na ja, vielleicht nicht ganz allein. Aber es hatte keinen Sinn, seine Mutter ins Spiel zu bringen. Ihn interessierte nur seine Wut. Seit zehn Jahren hatte er nicht mehr mit ihr gesprochen.

„Also …“, begann sie bebend, „ich arbeite seit drei Jahren für Violet. Aber du musst mir glauben, Giancarlo, ich habe niemals …“

„Stai zitto.“

Auch das hatte sie verdient.

Paige hatte gewusst, dass dieser Tag kommen würde. Das ruhige Leben, das sie sich mit viel Glück aufgebaut hatte, ruhte auf brüchigen Fundamenten. Irgendwann würde Giancarlo auftauchen und dem ein Ende bereiten, das war ihr stets bewusst gewesen. Er war Violets Sohn. Ihr einziges Kind aus der Ehe mit einem italienischen Grafen – in den Augen der Welt ein Märchenpaar.

Seit dem Vorstellungsgespräch hatte Paige von geborgter Zeit gelebt. Dank ihrer Insiderkenntnisse von Violets Privatleben nach der kurzen heißen Affäre mit ihrem Sohn hatte sie die Stelle als Violets persönliche Assistentin ergattert, nachdem sie deren Managern alle Fragen zufriedenstellend beantwortet hatte.

Natürlich durfte Giancarlo davon nichts erfahren. Aber sie hatte nur in bester Absicht gehandelt. Zählte das nicht? Du weißt genau, was gute Absichten wert sind, hörte Paige ihre Mutter höhnen.

Außerdem lag das Ganze so lange zurück, dass Paige fast schon geglaubt hatte, damit durchzukommen: Vielleicht blieb Giancarlo ja für immer in Europa, abgeschottet in der Toskana, in seiner privaten Luxushotelanlage – wie vor zehn Jahren, als sie ihn öffentlich mit den Sexfotos bloßgestellt hatte, die in allen Boulevardblättern erschienen waren.

Ja, sie hatte sich in falscher Sicherheit gewiegt.

Jetzt war er hier, und es gab keine Sicherheit mehr. Dennoch konnte Paige von seinem Anblick nicht genug bekommen. Er machte ihr erneut bewusst, was sie aufgegeben und zerstört hatte.

Natürlich hatte sie überall in der Villa Fotos von ihm gesehen, seit sie für Violet arbeitete. Stets wirkte er sehr gepflegt und elegant, und es war nicht zu übersehen, dass er kein Amerikaner war. Unverkennbar der Abkömmling einer uralten europäischen Adelsdynastie. Etwas an seiner Haltung, seiner kühlen, arroganten Art wies ihn als Aristokraten aus.

Paige war sicher gewesen, dass Giancarlo immer noch so fabelhaft aussah – falls sie ihm je wieder begegnen sollte. Nur hatte sie nicht erwartet – oder vergessen wollen – wie überwältigend er auf sie wirkte. Ihn unverhofft wieder vor sich zu haben, traf sie wie ein Blitzschlag. In ihren Ohren rauschte es, ihr Herz jagte. Als wüsste er, was in ihr vorging, neigte er den Kopf leicht zur Seite und betrachtete sie. Sicher, weil sie immer noch sprach, statt zu schweigen, wie er ihr befohlen hatte.

Dennoch konnte sie nicht anders, sie musste ihn einfach ansehen. Die zehn Jahre der Trennung kamen ihr wie eine endlose Zeit der Trauer vor. Und nun stand er vor ihr, umwerfend und überaus lebendig …

Er war es gewöhnt, bewundernde Blicke auf sich zu ziehen … mit seiner teuren Kleidung, dem eleganten Auftreten, seinen geschmeidigen Bewegungen, der geballten Sinnlichkeit, die von ihm ausging und sich fast körperlich auf Paige übertrug.

Doch er würde sie nie mehr anrühren …

Das hatte er ihr unmissverständlich klargemacht.

Ja, Giancarlo war nach wie vor ein atemberaubender Mann. Er verströmte so viel urtümliche Männlichkeit, dass Paiges Kehle trocken wurde. Es war schlimmer als vor zehn Jahren. Wie er da an der Tür stand – dunkle Hose, Stiefel, eine Jacke, die Paige mit Ducati-Motorrädern und Treffpunkten der Schönen und Reichen verband –, ein Typ, von dem ein Mädchen wie sie aus einem armseligen Nest mitten in Arizona nur träumen konnte. Selbst in dem saloppen Aufzug wirkte er weltgewandt, als könnte er damit in jede Abendgesellschaft hineinspazieren – oder mit einer Frau ins Bett steigen, um eine wilde Sexnacht mit ihr zu verbringen.

Aber es war sinnlos, sich an diese Dinge zu erinnern … obwohl sie sich nach ihm sehnte, als wäre es zehn Minuten und nicht zehn Jahre her, seit er sie zuletzt berührt hatte. Als würde sie ihn so verzweifelt und bedingungslos begehren wie damals. Er war wie ein Virus, der sich nur verkapselt hatte, für den es keine Heilung gab.

Der Virus Giancarlo tobte selbst jetzt noch in ihr … über ihn war sie nie hinweggekommen.

Als das Schweigen unerträglich wurde, lächelte Giancarlo zynisch.

Paige war froh, dass er die verspiegelte Sonnenbrille noch nicht abgenommen hatte. Sie wollte nicht wissen, was sie entdecken würde, wenn sie in seine Augen sah. Was sie dann empfinden würde. Sie hatte nicht vergessen, was beim letzten Mal passiert war, an jenem Morgen bei der kurzen scharfen Auseinandersetzung an der Tür ihres Apartments. Giancarlo hatte sie mit den schrecklichen Fotos konfrontiert und begriffen, was sie ihm angetan hatte. Wie er sie in dem Moment angesehen, ihr wahres Gesicht kennengelernt hatte …

Paige riss sich zusammen. Es gab kein Zurück. Keine Aussöhnung …

„Tut mir leid“, brachte sie hilflos hervor, ehe er ihr erneut das Wort abschneiden konnte. Ehe sie in Tränen ausbrach. Weinen konnte sie später, wenn der Kummer sie überschwemmte, über den sie seit Jahren hinweg zu sein geglaubt hatte. „Es tut mir ehrlich leid, Giancarlo.“

Steif und unversöhnlich stand er da. Und sie litt.

„Es ist mir egal, wieso du hier bist.“ Sein Ton zerriss ihr das Herz. „Oder was für ein Spielchen du diesmal treibst. Ich gebe dir fünf Minuten, um das Anwesen zu verlassen.“

Paige hörte nur, was er ihr vorwarf: Rache. Verrat. Als ob das neu wäre. Zwischen ihnen tobte ein Feuer, eine Wut, die nie erloschen war. Aber komisch, statt Angst zu haben, machte ihr die Erkenntnis Mut. Sie war Giancarlo auch nach all den Jahren nicht gleichgültig.

„Wenn du nicht freiwillig gehst“, fuhr er drohend fort, „befördere ich dich mit dem größten Vergnügen persönlich auf die Straße.“

„Giancarlo …“ Sie versuchte, sich zu fangen, strich sich die Seidenbluse, den engen Bleistiftrock glatt. Zwar konnte sie seine Augen nicht sehen, doch sie spürte, dass er ihre Hüften, die langen Beine betrachtete, die ihn früher verrückt gemacht hatten.

Wieder unterbrach er sie.

„In den vier Minuten, die dir noch bleiben, ehe ich dich rauswerfe, bin ich für dich Graf Alessi“, forderte er. „Und wenn ich dir einen guten Rat geben darf: sei still, wie immer du dich jetzt nennst.“

„Ich spiele kein falsches Spiel …“ Paige verstummte. Das Ganze war viel zu kompliziert. Warum hatte sie sich auf diese Gegenüberstellung nicht vorbereitet? Aber was konnte sie dem Mann sagen, der keinen Grund hatte, sie anzuhören. Warum sollte er? Er glaubte ihr kein Wort. „Ich weiß, dass du nichts hören willst, aber es war nicht so, wie du denkst. Nicht wirklich.“

Giancarlo schien sich nur mühsam zu beherrschen. Eine Gänsehaut überlief Paige, sie war auf alles gefasst. Er presste die Lippen zusammen und riss sich die Spiegelbrille herunter, was die Situation nicht erträglicher machte. Seine dunklen Augen funkelten gefährlich, er machte keinen Versuch, seinen Hass zu verbergen.

Die Beine drohten unter Paige nachzugeben. Am liebsten hätte sie den Tränen freien Lauf gelassen, wie damals vor zehn Jahren. Alles in ihr war taub und leer.

„Das musst du mir erklären“, fuhr Giancarlo täuschend liebenswürdig fort. „Was war nicht so, wie ich dachte? Die Schnappschüsse, die du bestellt hattest, während wir Sex hatten – obwohl du genau wusstest, dass ich nach dem Leben im Rampenlicht meiner Mutter alles Öffentliche hasste? Oder dass du die Fotos an die Sensationspresse verkauft hast?“ Er ballte die Hände zu Fäusten und kam näher. Unwillkürlich wich Paige zurück, obwohl sie sich ihm liebsten in die Arme geworfen hätte. Doch das wäre Selbstmord. Wer wusste das besser als sie? „Oder sollte ich falsch verstanden haben, dass du dich raffiniert in die Villa meiner Mutter eingeschlichen hast, um meine Familie weiter zu bespitzeln?“ Er schüttelte den Kopf. „Was bist du nur für ein Mensch?“

„Giancarlo …“

„Ich werde es dir sagen.“ Er atmete tief ein. Diesen Gesichtsausdruck kannte sie nur zu gut. Wie konnte sie ihn je vergessen? Paige schoss das Blut ins Gesicht, ihr war elend vor Scham und Reue. „Du bist ein geldgieriges Luder, das habe ich dir schon damals ins Gesicht geschleudert! Ich wollte dich nie wiedersehen.“

Sie hätte nicht sagen können, was sie am schlimmsten traf. Aber was hätte sie dagegenhalten sollen? Giancarlo hatte ja recht. Sie hatte nur noch das Bedürfnis, sich auf den Boden zu hocken – wie damals, als er sie auf das Wüsteste beschimpft hatte. Am liebsten wäre Paige im Erdboden versunken.

Irgendwie schaffte sie es, seinem wütenden Blick standzuhalten.

„Violet bedeutet mir sehr viel.“

Wie Bleigewichte hingen die Worte zwischen ihnen. Das hatte sie ihm schon vor zehn Jahren gesagt, als es längst zu spät war. Als Giancarlo ihr noch weniger geglaubt hatte. Als sie gewusst hatte, dass sie ihm damit nur wehtun würde: Es tut mir schrecklich leid, Giancarlo. Ich liebe dich.

„Wie bitte?“, fragte er leise – entschieden zu freundlich. Paige bebte, doch sie riss sich zusammen. Jetzt galt es, Rückgrat zu zeigen. „Was bezweckst du mit der lächerlichen Entschuldigung?“

„Dass ich hier bin, hat nichts mit dir zu tun.“ Zumindest das stimmte. Sie war nicht verrückt, was immer er denken mochte. Schon vor Jahren hatte sie begriffen, dass sie ihn unwiderruflich verloren hatte. Damit hatte sie sich abgefunden. Es ging ihr nicht darum, ihn zurückzugewinnen. Sie wollte ihre Schuld auf ihre Weise sühnen. „Mit dir hatte das nichts zu tun“, wiederholte sie tapfer. „Jedenfalls nicht so wie du denkst.“

Er schüttelte den Kopf und erwiderte heftig etwas auf Italienisch, das sie erschauern ließ, weil es wie eine Liebkosung klang. Nur war das Gegenteil der Fall.

„Das Ganze ist ein Albtraum.“ Er beherrschte sich nur noch mühsam. „Doch Albträume enden irgendwann. Du jedoch machst jahrelang einfach weiter. Es ging ja nicht nur um zwei Monate und zahllose eindeutige Fotos. Einer Frau wie dir hätte ich von Anfang an nicht trauen dürfen. Aber das ist Vergangenheit.“ Er lächelte verbittert. „Verschwinde, Nicola.“

„Paige.“ Sie konnte den anderen Namen nicht mehr ertragen. Nicola stand für alles, was sie verloren hatte – die schrecklichen Dinge, die sie hatte tun müssen, die Opfer, die sie für eine Unwürdige gebracht hatte. Sie verspürte einen bitteren Geschmack im Mund. „Und bitte nenn mich nicht mehr geldgieriges Luder.“

„Es ist mir egal, wie du dich nennst.“ Er sprach jetzt verdächtig ruhig, doch seine Worte trafen Paige wie ein Kugelhagel. „Verschwinde. Es widert mich an, dass du die ganze Zeit über hier warst, ohne dass ich die geringste Ahnung davon hatte.“

Ja, ich sollte wirklich gehen, dachte Paige. Obwohl sie nur das Beste gewollt hatte, war das Ganze zu etwas Verrücktem, Krankem ausgeufert. Alle Erklärungen und Entschuldigungen waren sinnlos, wenn sie Giancarlo damit nur noch mehr Schmerz zufügte. Das hatte er nicht verdient.

„Tut mir leid“, wiederholte Paige matt. Giancarlo hatte sie nicht aus den Augen gelassen und sah sie seltsam traurig an. Dennoch hielt sie seinem Blick stand. An allem war sie schuld. Altvertraute Empfindungen wie Schmerz und Rebellion stiegen in ihr auf. „Mehr als du dir vorstellen kannst. Dennoch kann ich deine Mutter nicht verlassen. Das habe ich Violet versprochen.“

Wieder brauste Giancarlo auf, und Paige musste allen Mut aufbieten, um nicht zurückzuweichen, als er auf sie zukam. Am liebsten wäre sie davongerannt. Über den gepflegten Rasen in den wild wuchernden Canyon hinunter. Fliehen, nur weg von diesem Mann … so weit die Füße sie trugen!

Aber sie hatte es vor zehn Jahren nicht getan, als sie es hätte tun müssen – vor sehr viel beängstigenderen Leuten als Giancarlo Alessi –, und würde sich auch jetzt nicht dazu hinreißen lassen. Egal wie ihr Herz raste. Obwohl ihr zum Heulen war.

„Falls du glaubst, ich wollte nur ein Spielchen mit dir treiben“, fuhr Giancarlo bedrohlich leise fort, „vergiss es!“

„Ich verstehe ja, wie schwierig das Ganze für dich ist … dass du mir nicht glaubst.“ Paige versuchte, einen versöhnlichen Ton anzuschlagen, der jedoch eher panisch klang. Aber Panik war so sinnlos wie Reue, und beides war hier fehl am Platz. In diese Situation hatte sie sich selbst gebracht. „Aber ich bin verpflichtet, deiner Mutter die Treue zu halten, nicht dir.“

„Entschuldige bitte … habe ich mich verhört?“, höhnte Giancarlo. „Hast du eben Treue gesagt?“

Das saß. Doch Paige gab nicht nach. „Nicht du hast mich eingestellt, sondern sie.“

„Was sich erledigt haben dürfte, wenn ich dich mit bloßen Händen erwürge“, tobte er. Doch seltsamerweise hatte sie auf einmal keine Angst mehr vor ihm. Er konnte sie vom Anwesen jagen, sie mit Worten niedermetzeln, aber wehtun konnte er ihr nicht mehr. Nicht körperlich. Das brachte er nicht fertig.

Vielleicht war sie immer noch ein bisschen das Mädchen von damals. Das sträflich naive Ding, das geglaubt hatte, eine strahlend neue Liebe könnte alles besiegen. Inzwischen wusste sie es besser. Sie hatte ihre Lektion auf grausamste Weise gelernt. Dennoch hielt sie Giancarlo für einen anständigen Mann, egal, was ihr Verrat aus ihm gemacht hatte.

„Ja“, erwiderte sie gefasst. „Aber du wirst es nicht tun.“

Fast gequält wirkte er auf einmal. „Sag bitte nicht, du könntest dir nicht vorstellen, dass ich dich fertig mache.“

„Natürlich könntest du es“, gab Paige kühn zu. „Aber das wäre nicht deine Art.“

„Der Mann, den du kanntest, Nicola, ist tot.“ Wieder benutzte er den verhassten Namen, und Paige wich vor ihm zurück. „Er starb vor zehn Jahren und kommt nie wieder, egal, was für Jammergeschichten und Lügen du ihm auftischst. Für ihn gibt es keine Wiederauferstehung. Ich mag wie der Mann aussehen, den du knapp zwei Monate kanntest, aber glaube mir: Er ist tot und kommt nie zurück.“

Es war also hoffnungslos …

„Ich übernehme die Verantwortung für das, was vor zehn Jahren war, Giancarlo“, versuchte Paige es betont sachlich. Er durfte nicht merken, wie verloren und unglücklich sie sich fühlte, nachdem sie die schönsten Wochen ihres Lebens mit ihm verbracht hatte. Sie waren alles wert gewesen, was danach kam. Selbst das hier. „Ich kann nicht anders … weil ich Violet versprochen habe, sie nicht zu verlassen. Bestrafe mich, wenn du musst, Giancarlo. Nicht sie.“

Giancarlo Alessi wusste, dass er vieles falsch gemacht hatte. Das war ihm seit zehn Jahren klar. Auch, dass er für seine Dummheit einen hohen Preis bezahlt hatte. Doch er hing maßlos an seiner Mutter. Seiner großartigen, berühmten, kapriziösen Mutter, die ihn auf ihre Art vergötterte – obwohl sie ihn aus Karrieresucht im Laufe der Jahre oft genug ausgespielt hatte, um Gerüchte über eine Zerrüttung ihrer Ehe zu zerstreuen. Und um der Sensationspresse Ersatzmaterial für ihr alles andere als romantisches Leben zu bieten.

Er hatte sich auch damit abgefunden, dass er als Sohn eines Hollywoodstars wie Violet das öffentliche Interesse an seinem Privatleben über sich ergehen lassen musste. Deshalb hatte er sich geschworen, nie Kinder zu haben, die seine Mutter für ihre Publicity nutzen könnte. Keine süßen Enkel als Dekor für Zeitschriftenartikel über ihr reiches, tiefgründiges Privat- und Seelenleben. Keine Babys, die sie vor Kameras herzen und küssen konnte, um ihr angekratztes Image aufzupolieren. Egal wie sehr Giancarlo an Violet hing, so ein Leben würde er keinem eigenen Kind zumuten. Den italienischen Grafentitel würde er einem entfernten Cousin seines Vaters vererben und der gnadenlosen Hetzjagd Hollywoods so einen Riegel vorschieben.

Seiner Mutter verzieh er. So war sie nun mal. Paige wollte er wehtun, nicht Violet. Mochte sie sich nennen, wie sie wollte. Für ihn war und blieb sie Nicola. Die Architektin seines Niedergangs, seiner abgrundtiefen Beschämung.

Die bildhübsche Tänzerin, wegen der er den Kopf verloren, seinen uralten Adelstitel in den Schmutz gezogen, die Beziehung zu seinem Vater zerstört hatte. Die besitzergreifende Intrigantin hatte ihn mit Sex betört, ihn zu einem Mann gemacht, den er nicht wiedererkannte. Sie hatte ihn zum Komplizen bei dem gemacht, was ihm mehr als alles verhasst war – zum Sensationsobjekt der Boulevardpresse, die seine Privatsphäre vor die Öffentlichkeit gezerrt hatte.

Das musste er sich erst noch verzeihen. Nicola zu verzeihen, kam nicht infrage.

Und jetzt stand er hier im Haus seiner Mutter, das er nie wieder hatte betreten wollen. Vor der Frau, die er eiskalt aus seinem Gedächtnis radieren wollte. Er kam sich wie ein Betrunkener vor, taumelnd und benommen … nur noch erfüllt von eiskaltem, unversöhnlichem Hass.

Nicola … sie würde bekommen, was sie verdiente. Erbarmungslos würde er sie büßen lassen. Aber er musste die Kontrolle behalten. Durfte sich zu nichts Unüberlegtem hinreißen, sein Temperament nicht wieder mit sich durchgehen lassen – und alles zerstören wie damals, als er sie geliebt hatte. Er war nicht mehr der vertrauensvolle, gutgläubige Narr von einst, der sich für einen welterfahrenen, scharfsichtigen Mann gehalten hatte, dem niemand etwas vormachen konnte. Nicola hatte dafür gesorgt, dass er sich nie wieder zum Gespött machen lassen würde.

Jetzt war er nur noch voller Hass … auf das sonnenverwöhnte Los Angeles, das goldene Kalifornien mit seinen künstlichen Grünflächen und der Jagd nach dem großen Geld. Auf seine unbeschwerten Twenjahre als aufstrebender Regisseur mit dummen Spielchen im Kopf, umgeben von einer Parade von Schönheiten, die Nicola auf schrillste, unerträgliche Weise öffentlich beendet hatte. Hass auf die verschwenderische Eleganz der Villa La Bellissima, die unbarmherzigen heißen Winde, die erfüllt waren vom Rauch ferner Buschbrände und einem Hauch des beständig warmen Pazifiks. Und er verwünschte seine Mutter, die mit ihrem schillernden Privatleben und einer endlosen Folge von Liebhabern, Ehemännern und Assistenten zur Freude der Medienhaie laufend für Aufregung sorgte – ein Zug an ihr, an dem Giancarlo damals verzweifelt war …

Nur einmal hatte er es ihr nachgetan.

Ein einziges Mal.

Einmal war mehr als genug!

Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete Giancarlo Nicola – Paige –, wie sie vor ihm stand … mit ihren unergründlichen Augen, die unerwartet von Blau zu Grün wechseln konnten, dem langen kastanienbraunen Haar, das sie in einem dicken Schulterzopf gebändigt hatte. Damals war ihr Haar rötlicher und länger gewesen. Weniger Farbe, mehr Feuer. Er wünschte, der dunklere Ton würde ihm nicht gefallen. Sie war groß, wie er sie in Erinnerung hatte, nur dünner, wie alle hier, denen mager zu sein als höchstes Gut galt, als würden sie den über alles ersehnten Ruhm erringen, wenn sie sich jedes Vergnügen versagten. Er galt als wichtiger als zu atmen, zu essen. Weit mehr als Liebe. Das wusste er nur zu gut.

Bloß nicht an dieses Wort denken!