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Es sind drei harte Burschen, die ihre schweißnassen Pferde durch den Canyon in Richtung Bluegrass Valley antreiben. Auf den Jacken der Reiter funkeln die Abzeichen von US-Marshal Deputies. Seit Tagen sind die drei hinter Jerry Bingham her, der mit der Beute aus einem Postkutschenüberfall entkommen ist.
Die Spur des Gejagten führt ins Bluegrass Valley. Und die Jäger werden sich Jerry und die Beute holen...
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Seitenzahl: 143
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Zeit der Jäger
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Impressum
Zeit der Jäger
von Frank Callahan
Es sind drei harte Burschen, die ihre schweißnassen Pferde durch den Canyon in Richtung Bluegrass Valley antreiben. Auf den Jacken der Reiter funkeln die Abzeichen von US-Marshal Deputies. Seit Tagen sind die drei hinter Jerry Bingham her, der mit der Beute aus einem Postkutschenüberfall entkommen ist.
Die Spur des Gejagten führt ins Bluegrass Valley. Und die Jäger werden sich Jerry und die Beute holen...
Die drei Reiter zügelten die müden Pferde. Ihre zusammengesunkenen Körper richteten sich in den Sätteln auf. Die Gesichter waren von einer schmierigen Schicht aus Staub und Schweiß bedeckt.
Jeff Mason schob seinen Stetson in den Nacken. Rotblondes Haar lugte hervor. Er leckte sich über die ausgetrockneten Lippen und strich sich dann über den kurzgestutzten Oberlippenbart, der seinem ovalen Gesicht einen verwegenen Anstrich gab.
»Dort vorne kann ich die Gebäude einer großen Ranch entdecken«, sagte er mit heiserer Stimme. »Bingham kann nur dort untergekrochen sein, Jungs. Wenn wir Glück haben, dann ist dieser höllische Trail beendet.«
Die beiden anderen Männer nickten.
Cal Center, der rechts von Jeff Mason seinen mausgrauen Wallach gezügelt hatte, spuckte aus. Der Mann wirkte untersetzt, hatte eine Knollennase und abstehende Ohren.
Er blickte Dave Winter an, der sein nervös tänzelndes Pferd beruhigte. Winter wirkte hager, fast schon dürr. Seine Kleidung schien einige Nummern zu groß.
»Wir sollten weiterreiten«, meinte Dave. »Wenn sich Bingham auf der Ranch versteckt hat, dann werden wir ihn schnappen. Das hier ist ein wunderschönes Tal, ein Blaugras Tal, wie ich es bisher selten gesehen habe. Und die Ranch muss groß und mächtig sein. Wir sind an vielen Rindern vorbeigeritten.«
Die drei Reiter trieben ihre erschöpften Pferde an, die sich auch willig in Bewegung setzten, denn sie witterten schon längst das Wasser des kleinen Sees, der nahe der Ranchgebäude wie ein Spiegel die Strahlen der hochstehenden Sonne reflektierte.
Die Abzeichen von US-Marshal Deputies funkelten auf den Jacken der drei Reiter. Hart und ausdruckslos wirkten nun die Gesichter der drei Gesetzeshüter.
Sie hielten auf die Ranchgebäude zu und ritten wenige Minuten später durch das Ranchtor, auf dessen Querbalken der ausgebleichte Schädel eines Stiers befestigt war.
Auf dem Ranchhof rührte sich zuerst nichts, dann trabte ein Schäferhund aus dem Schatten eines Heuschobers hervor, der sich den Reitern vorsichtig näherte und darauf achtete, den Pferdehufen nicht zu nahe zu kommen.
Aus einem langgestreckten Gebäude erklangen Hammerschläge, die nun abbrachen. Dann schob sich ein großgewachsener Mann aus der Tür heraus. Gewaltige Muskeln spielten unter dem Hemd des Mannes. Er hielt einen schweren Schmiedehammer in der Hand, als wäre das Ungetüm nichts anderes als ein Zahnstocher. Es war Brazos.
Die drei US-Marshals rutschten aus den Sätteln, dehnten und reckten sich und traten dann Brazos entgegen, der sich mit dem Handrücken über sein schweißglänzendes Gesicht fuhr und den Besuchern neugierig entgegenblickte.
Aus dem Küchentrakt trat ein alter Bursche hervor. Auf seinem Kopf thronte ein riesiger Lederhut, der seinem verwitterten Piratengesicht Schatten spendete.
Jeff Mason, Cal Center und Dave Winter blieben stehen. Mason versuchte den Schäferhund zu kraulen, der aber blitzschnell zur Seite wich und ein warnendes Knurren ausstieß.
»Hallo Gents«, brummte Brazos mürrisch. »Das hier ist die Skull-Ranch. Was kann ich für euch tun?«
»Zuerst hätten wir gerne unsere Pferde saufen lassen und uns auch ein wenig erfrischt, Cowboy«, sagte Jeff Mason und lächelte freundlich. »Dann möchten wir euren Boss sprechen. Das lässt sich doch sicherlich einrichten?«
Doc Smoky, der Koch der Skull-Ranch, war neben Brazos stehengeblieben. Er musterte die drei Fremden mit forschenden Blicken, ehe der Oldtimer nickte.
»Bedient euch, Männer«, krächzte er dann. »Die Tränke ist dort drüben. Ich werde eine Tasse Kaffee für euch kochen. Der Boss ist auf der Weide, wird aber innerhalb der nächsten Stunde wieder aufkreuzen. Ihr müsst euch ein wenig gedulden.«
Die drei Deputies nickten gleichzeitig.
»Eine Pause kann uns nicht schaden«, meinte der knollennasige Cal Center. »Wir haben uns in den letzten Tagen das Sitzleder fast wundgeritten. Und deine Idee mit dem Kaffee ist goldrichtig, Alter.«
Doc Smoky verzog sein Gesicht. Wenn er etwas nicht leiden konnte, dann war es, Alter genannt zu werden.
»Was wollt ihr denn hier auf der Ranch?«, fragte Brazos, der Ranchschmied, neugierig. »Sucht ihr jemanden?«
»Später«, antwortete der dürre Dave Winter. »Zuerst möchten wir unsere Pferde versorgen. Außerdem freuen wir uns schon auf den Kaffee. Und wenn ihr dann noch einen scharfen Drink übrig hättet, wäre die Welt wieder für uns in Ordnung.«
Er packte sein Pferd an den Zügeln und zog es zur Tränke hinüber. Jeff Mason und Cal Center folgten dem Gefährten.
Brazos blickte ihnen mürrisch hinterher, warf dann einen Blick zum blauen Himmel, an dem hoch die Sonne stand.
»Die Burschen gefallen mir nicht so richtig«, knurrte er. »Ich werde in meine Schmiede gehen und sie von dort aus nicht aus den Augen lassen.«
Doc Smoky schüttelte den Kopf.
»Das sind Gesetzeshüter, die hinter einem Verbrecher her sind, Dicker. Hinter den Männern liegen lange Meilen. Das sieht man ihnen an. Und du brauchst doch nicht gleich sauer zu sein, nur weil sie dir nicht gleich alles auf die Nase gebunden haben.«
Brazos winkte ab und stampfte davon. Doc Smoky blickte zu den drei Männern hinüber, die nun ihre Köpfe ins Wasser steckten und kurze Zeit darauf wieder prustend auftauchten.
Der Oldtimer schlenderte zum Küchentrakt hinüber, um Kaffeewasser aufzusetzen. Schon bald pfiff der Alte fröhlich vor sich hin. Er hatte nichts gegen Besuch auf der Skull-Ranch einzuwenden, der oft ein wenig Abwechslung in den Alltagstrott brachte.
»Da scheint der Ranchboss angeritten zu kommen«, sagte Dave Winter und stellte sein Whiskyglas auf den Verandatisch zurück. Seine beiden Gefährten hoben nun ebenfalls die Köpfe und blickten dem Reiter entgegen, der soeben den Ranchhof erreichte und aus dem Sattel sprang.
Der Mann war groß, breitschultrig, hatte rauchgraue Augen und ein markantes Gesicht. Seine Schläfen waren grau.
Brazos wechselte einige Worte mit John Morgan, dem Boss der Skull-Ranch, der einen kurzen Blick zu seinen Besuchern hinüberwarf, dem Ranchschmied die Zügel seines prachtvollen Rapphengstes überließ und dann mit schnellen Schritten zum Ranchhaus herüberlief.
Die drei US-Marshals erhoben sich.
»Mein Name ist John Morgan«, sagte der Ranchboss und lächelte freundlich. »Nehmen Sie doch bitte wieder Platz, Gentlemen.«
Dave Winter, Cal Center und Jeff Mason setzten sich.
»Was kann ich für Sie tun?«
Jeff Mason ergriff das Wort. Er stellte sich und seine beiden Begleiter vor und fügte dann hinzu: »Wir sind US-Marshal Deputies, die hinter einem geflüchteten Verbrecher her sind, der eine Postkutsche der US-Kavallerie überfallen und reichliche Beute gemacht hat. Sein Name ist Jerry Bingham. Seine Fährte führte in dieses Tal. Ich muss aber eingestehen, dass wir heute Nacht die Spuren verloren haben. Alles weitere Suchen blieb erfolglos. Als wir dann die Ranchgebäude sahen, ritten wir hierher. Wir hofften, den flüchtenden Halunken vielleicht hier zu finden. Ihre Leute haben aber niemanden gesehen. Wir haben uns auch schon ein wenig auf dem Ranchgelände umgesehen. Nichts deutet darauf hin, dass sich dieser Bingham hier aufhält oder aufgehalten hat. Wir wollten trotzdem auf Sie warten, Sir. Vielleicht ist Ihnen auf der Weide ein Fremder begegnet?«
John Morgan verneinte.
»Tut mir leid, Gents«, sagte er achselzuckend. »Ich habe niemanden getroffen, und auch meine Cowboys draußen auf der Weide haben keinen Fremden gesehen. Meine Jungs hätten mir davon erzählt.«
Dave Winter, Jeff Mason und Cal Center nickten enttäuscht. Sie erhoben sich.
»Dann wollen wir Sie nicht länger stören, Mr. Morgan«, meinte Jeff Mason. »Irgendwie wird es uns schon gelingen, diesen Jerry Bingham zu stellen. Der Bursche ist verwundet. Weit kann er nicht mehr geflohen sein.«
John Morgan nickte und antwortete: »Sie stören auf keinen Fall, Gentlemen. Bleiben Sie doch zum Abendessen. Sie haben sich bestimmt eine Ruhepause verdient. Auch Ihre Pferde könnten eine längere Rast vertragen. Ich will Sie natürlich nicht drängen, doch ich esse gerne in Gesellschaft. Meine Tochter ist zu einer Freundin in ein benachbartes Tal geritten, und mein Schwiegersohn ist mit einem alten Freund auf einem Jagdausflug. Und noch etwas: Dieser alte Krauterer, der mit dem Schlapphut, ist ein ausgezeichneter Koch. Und wie ich Doc Smoky kenne, wird er seinen ganzen Ehrgeiz daransetzen, um ein leckeres Essen auf den Tisch zu zaubern.«
Die drei US-Marshals sahen sich an. Der dürre Dave Winter sagte dann lächelnd: »Ihr Whisky schmeckt uns ausgezeichnet, Mr. Morgan. Wir nehmen die Einladung gern an. Vor Anbruch der Nacht wollen wir dann aber wieder weiterreiten, damit der Vorsprung dieses Postkutschenräubers nicht zu groß wird.«
»Ich werde Doc Smoky verständigen, Gents«, entgegnete John Morgan lächelnd. »Und dann sollten wir ein wenig plaudern, was sich so alles in der weiten Welt tut.«
Der Boss der Skull-Ranch stiefelte zum Küchentrakt hinüber, um dem Ranchkoch Bescheid zu geben. Anschließend kehrte John Morgan wieder zu seinen Gästen zurück. Bald unterhielten sich die vier Männer sehr angeregt.
»Von unserem Jagdausflug habe ich mir mehr versprochen«, ließ sich Chet Quade, der ehemalige Revolverkämpfer, enttäuscht vernehmen und nickte Leroy Spade, dem Raubtierjäger, zu.
»Tut mir leid, Chet«, antwortete der hagere Mountain-Mann. »Irgendwie muss der Grizzly Lunte gerochen haben. Der kapitale Bursche wird wohl auch so schnell nicht mehr in dieser Gegend auftauchen. Nun sehen wir ganz schön alt aus, nicht wahr?«
Leroy Spade zuckte mit den Schultern und blickte auf Chet Quade, der nun lässig zu grinsen begann.
»Eines Tages schnappen wir uns Meister Petz. Lass uns losreiten, damit wir die Skull-Ranch noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen.«
Chet Quade, der indianerhafte Vormann und seit kurzem der Ehemann von John Morgans Tochter Mary-Lou, zog sich in den Sattel seines grauen Wallachs.
Er und der Rockyman befanden sich in den Ausläufern der Cochetopa Hills. Sie hatten vergebliche Jagd auf einen Grizzlybären gemacht, der hin und wieder die Herden in Panik versetzte und junge Longhorns auf seinen Speisezettel gesetzt hatte.
Leroy Spade folgte dem Ranchvormann, dessen Pferd sich einen Weg durch die unwegsame Bergwildnis der Rocky Mountains bahnte.
Um die Reiter herum reckten sich Murry-Fichten und Colorado-Zedern gegen den blauen Himmel. Büsche, Gräser und Farne bildeten hin und wieder eine grüne Mauer, durch die es kein Vorwärtskommen zu geben schien.
Vögel scharrten in den Sträuchern. Insekten umsurrten die Reiter manchmal in dichten Wolken.
Endlich lichtete sich das Grün des Waldes. Felsschroffen ragten aus dem Boden und erinnerten an spitze Haifischzähne.
Chet zügelte sein Pferd und wandte sich nach dem hinter ihm reitenden Leroy um. Diese Bewegung rettete das Leben des Ranchvormanns. So verfehlte ihn die aus dem Hinterhalt abgefeuerte Kugel nur um wenige Zoll.
Chet Quade und Leroy Spade reagierten sofort und ohne Schrecksekunden, wie es vielen Männern des Westens eigen war, die sich in dieser Wildnis zu behaupten wussten.
Die beiden Männer hechteten von den Pferderücken, rollten sich gedankenschnell über den Boden und tauchten dann in einen Haselnussstrauch hinein, dessen Blattwerk sie vor den Blicken des heimtückischen Schützen verbarg.
Chet hielt seinen Revolver in der Faust. Kalt funkelten seine dunklen Augen. Auch Leroys Gesicht glich einer versteinerten Maske.
Die beiden Männer lauschten. Kein Schuss zerriss mehr die Stille des Tages.
»Ich hole mir den Bastard«, sagte Chet klirrend. »Der Hundesohn steckt zwischen den Felsschroffen.«
Leroy nickte.
»So ist es, Chet. Ich werde dir Feuerschutz geben, sollte sich der Bursche nochmals rühren.«
Chet Quade schlich los. Ein Indianer hätte es nicht besser gekonnt. Chets indianisches Blut setzte sich wieder einmal durch, denn immerhin war seine Großmutter eine Comanchen-Squaw gewesen.
Er nutzte jede Deckung aus und näherte sich langsam den Felsbrocken. Nichts regte sich im weiten Rund. Das Gezwitscher der Vögel setzte nun langsam wieder ein.
Der Skull-Vormann näherte sich seinem Ziel von der Seite, nachdem er einen halben Bogen geschlagen hatte. Noch immer war von dem hinterhältigen Schützen nichts zu bemerken.
Fast sah es so aus, als wäre alles nur ein Spuk gewesen und Chet und Leroy hätten sich das alles nur eingebildet.
Quade schlich weiter. Schussbereit hielt er seinen Revolver in der Hand. Und der ehemalige Revolverkämpfer konnte noch immer mit seinem Colt die Hölle loslassen. In zahllosen Kämpfen hatte er dies in den letzten Jahren bewiesen.
Noch näher kroch er an die Felsen heran, die von niedrigen Büschen und Farnen umsäumt wurden.
Chet blieb plötzlich regungslos liegen.
Er sah einen dunklen Körper, der verkrümmt gegen einen Felsen lehnte. Neben dem Mann lag ein Gewehr. Und es hatte wirklich den Anschein, als wäre der hinterhältige Schütze eingeschlafen.
Chet Quades Körper entspannte sich leicht. Die Härte verschwand aus seinem Gesicht.
Mit schnellen Schritten huschte er an den sich noch immer nicht bewegenden Mann heran und zielte mit dem Revolver auf ihn.
»Nimm die Hände hoch, du Bastard!«
Der Mann bewegte sich nicht.
Erst jetzt erkannte der Skull-Vormann den durchbluteten Verband seines Gegners, der bewusstlos zu seinen Füßen lag. Chet wälzte den Besinnungslosen auf den Rücken.
Er blickte in ein ausgezehrtes und fieberglühendes Gesicht, das von einem Stoppelbart bedeckt war. Schwer hob und senkte sich die Brust des Verwundeten. Keuchender Atem verließ den geöffneten Mund.
Chet wandte sich um, als er hinter sich ein Geräusch vernahm. Er senkte seinen Revolver, als er Leroy Spade erkannte, der sich zwischen den Zweigen eines Wacholderstrauches hervorschob.
Quade holsterte seinen Colt und winkte Spade zu, der sich schnell näherte. Sie knieten sich neben dem Verwundeten nieder, der in diesem Moment die Augen öffnete.
Mit verschleiertem Blick sah er die beiden Männer an, während ein schmerzerfülltes Stöhnen seinen Mund verließ.
Der Verwundete wollte sich aufrichten, fiel dann aber wieder kraftlos zurück.
»Wasser«, keuchte er. »Ich... ich...«
Sein Kopf kippte zur Seite und schlug dumpf gegen den Felsen. Noch immer starrte er die beiden Männer aus fieberglänzenden Augen an, schien durch Leroy und Chet hindurchzusehen.
Der Mountainman eilte zu den Pferden, um eine Wasserflasche zu holen. Kurze Zeit darauf setzte er sie dem Verwundeten an die ausgetrockneten Lippen.
»Ganz vorsichtig trinken«, murmelte Spade und zog die Wasserflasche wieder zurück. Er befeuchtete das Halstuch des Fremden und tupfte die großen Schweißperlen von der Stirn des Mannes.
»Ich hole Verbandszeug«, meinte Quade. »Der Bursche muss halbtot sein. Trotzdem hätte er mir beinahe den Kopf von den Schultern geschossen.«
»Ein glatter Durchschuss«, sagte der Rockyman später, nachdem er den blutigen Verband gelöst hatte. »Die Wunde hat sich entzündet und sieht übel aus.«
Chet nickte.
Er starrte auf die eiternde Schussverletzung, von der ein übler Geruch ausging.
Leroy Spade säuberte die Wunde, desinfizierte sie mit Whisky und legte dann einen straffen Verband an. Der Verwundete war inzwischen bewusstlos geworden.
Chet und Leroy sahen sich an.
»Wir müssen ihn mit zur Skull-Ranch nehmen. Hier wird er innerhalb kürzester Zeit vor die Hunde gehen.«
»Okay, Leroy, natürlich nehmen wir den Burschen mit. Ich möchte nur wissen, warum er auf mich gefeuert hat? Fast sieht es so aus, als ritten Verfolger auf seiner Fährte, die er mit uns verwechselte. Ich sehe mich mal um, ob ich sein Pferd finde.«
Der Ranchvormann stakte davon. Schon bald entdeckte er einen Pinto hinter einem Dickicht. Das gefleckte Pferd sah ganz so aus, als wäre es in den letzten Tagen hart gefordert worden. Der Sattel war blutbefleckt.
Eine halbe Stunde später ritten die beiden Skull-Männer los. Den Verwundeten hatten sie auf dem Pferderücken festgebunden, denn er war noch immer nicht aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht.
»Nun wird es aber wirklich Zeit, diesen gastlichen Ort zu verlassen«, sagte Jeff Mason und stellte sein leeres Whiskyglas auf den Tisch zurück. »Sie sind ein ausgezeichneter Gastgeber gewesen, Mr. Morgan. Ich bedauere es sehr, schon reiten zu müssen.«
Der US-Marshal nickte seinen beiden Partnern zu, die sich erhoben und dem Boss der Skull-Ranch die Hand reichten.
»Ich wünsche Ihnen viel Glück, Gents, dass Sie den Postkutschenräuber erwischen«, sagte John Morgan noch, als seine drei Gäste bereits in den Sätteln saßen.
»Das können wir gebrauchen«, rief der knollennasige Cal Center. Die drei Gesetzeshüter ritten los. Bald tauchten sie in der Abenddämmerung unter, die ihre dunklen Schleier über das Bluegrass Valley ausbreitete.
»Hat das Essen geschmeckt, Boss?«, fragte Doc Smoky, der neben den Skull-Rancher getreten war und ihn forschend von der Seite ansah. Der Oldtimer zog seine Hose ruckartig nach oben, was bei ihm oft ein Zeichen von Nervosität bedeutete.
»Ausgezeichnet, Smoky. Du willst wohl wieder einmal von mir hören, dass du der beste Koch jenseits des Mississippis bist, nicht wahr? Okay, du bist es. Zufrieden?«
Der alte Ranchkoch grinste.
»Sie dürfen mich nicht für neugierig halten, Mr. Morgan, aber mich würde brennend interessieren, hinter wem diese drei hartbeinigen Gesetzeshüter her sind?«
John Morgan erklärte es ihm. Auch Brazos, der herangetreten war, hörte aufmerksam zu.
»Dann sollten wir Augen und Ohren offen halten«, meinte der Ranchschmied. »Vielleicht treibt sich dieser Verbrecher wirklich in der Nähe herum. Wer weiß, wie so ein in die Enge getriebener Halunke reagiert, Boss?«
John Morgan nickte unmerklich und rieb sich das Kinn.
»Da kannst du recht haben, Brazos. Ich werde die Umgebung der Ranch von einigen unserer Jungs abreiten lassen. Außerdem werden wir in den folgenden Nächten Wachposten aufstellen, um kein Risiko einzugehen. Ich werde mit Chet darüber sprechen, wenn er wieder auf der Ranch ist. Ich möchte nur wissen, wo er und Leroy bleiben. Eigentlich müssten die beiden doch schon längst wieder aufgekreuzt sein.«
Doc Smoky räusperte sich. Dann deutete er mit der rechten Hand ins Bluegrass Valley hinein.
»Dort neben dem kleinen Wäldchen sind drei Reiter zu sehen. Fast sieht es so aus, als kehrten die drei US-Marshals nochmals zurück.«