Skull-Ranch 99 - Frank Callahan - E-Book

Skull-Ranch 99 E-Book

Frank Callahan

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Beschreibung

Die schweren Murphy-Wagen waren in Sharon Springs beladen worden, hatten das Wallace County nach Nordwesten durchquert und die Grenze nach Colorado am Goose Creek passiert.
Bisher hatte es keine Schwierigkeiten gegeben. Die den Transport begleitenden zehn schwerbewaffneten Reiter brauchten nicht ein einziges Mal einzugreifen.
In der jüngsten Zeit hatten die Schmuggler zu viele mit tödlicher Fracht beladene Wagen ins Gebiet der Uintahs gebracht, als dass der Munitionstrail unbemerkt geblieben sein konnte. Und so rechneten die Banditen diesmal mit einem heißen Gefecht.
Das änderte sich, als die Wagenkolonne das Hügelland des Cheyenne County erreichten. Zwischen den Wellentälern der Green Hills tauchte plötzlich eine Patrouille der US Cavalry auf - ein Lieutenant, ein Sergeant und ein Dutzend Soldaten...


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Inhalt

Cover

Todesfracht

Vorschau

Impressum

Todesfracht

von J.H. Wayne

Die schweren Murphy-Wagen waren in Sharon Springs beladen worden, hatten das Wallace County nach Nordwesten durchquert und die Grenze nach Co‍lo‍ra‍do am Goose Creek passiert.

Bisher hatte es keine Schwierigkeiten gegeben. Die den Transport begleitenden zehn schwerbewaffneten Reiter brauchten nicht ein einziges Mal einzugreifen.

In der jüngsten Zeit hatten die Schmuggler zu viele mit tödlicher Fracht beladene Wagen ins Gebiet der Uintahs gebracht, als dass der Munitionstrail unbemerkt geblieben sein konnte. Und so rechneten die Banditen diesmal mit einem heißen Gefecht.

Das änderte sich, als die Wagenkolonne das Hügelland des Cheyenne County erreichten. Zwischen den Wel‍len‍tälern der Green Hills tauchte plötzlich eine Pa‍t‍r‍o‍u‍i‍l‍l‍e der US-Cavalry auf – ein Lieutenant, ein Ser‍geant und ein Dutzend Soldaten ...

Die zehn Transportbegleiter überlegten keine Sekunde. Sie eröffneten das Feuer auf die Blauröcke sofort und ohne Warnung.

Der Lieutenant kam nicht einmal dazu, ein Kommando zu schreien. Feuerlanzen rasten auf ihn zu. Er verspürte nur den Einschlag einer Kugel; dass ihn drei weitere trafen, merkte er nicht mehr. Lieutenant Weaver war bereits tot, als er seitlich vom Pferd fiel.

Dem Soldaten links neben ihm erging es nicht anders. Für ihn gab es plötzlich keinen blauen Himmel, kein Sonnenlicht mehr. Schlagartig wurde es dunkel um ihn, wurde sein Lebensfaden jäh von einem Stück heißem Blei zerrissen, stürzte er in einen Abgrund, der kein Ende zu nehmen schien.

Die übrigen Blauröcke saßen wie erstarrt in ihren Sätteln, sahen entsetzt, wie ihr Lieutenant und ihr Kamerad starben. Erst die heisere Stimme des Sergeanten riss sie aus ihrer Erstarrung.

»Scheißt euch nicht in die Hosen, verdammt! Schießt...! Oder sie knallen euch ab wie...«

Seine Stimme brach ab. Statt weiter zu brüllen, feuerte er seinen Spencer Repeater ab und holte mit dem ersten Schuss einen der Fahrer vom Bock des zweiten Wagens.

Jetzt endlich schossen auch die Blauröcke. Zwei der Transportbegleiter flogen aus den Sätteln. Ein dritter wurde von zwei Kugeln getroffen und vom Rücken seines Gauls katapultiert.

Das Feuergefecht dauerte nicht sehr lange – nicht mehr als eine Viertelstunde. Dann senkte sich die Stille des Todes über die Ausläufer der Green Hills im Cheyenne County von Colorado.

Von der Patrouille der US-Cavalry lebten noch drei Mann: der Sergeant und zwei Reiter. Die anderen Blauröcke waren von den Transportbegleitern zusammengeschossen worden.

Ohnmächtig vor Wut sah der Sergeant zu, wie die fünf schwer beladenen Murphy-Wagen zwischen den wellenförmigen Ausläufern verschwanden. Um ihre vier Toten kümmerten sich die Banditen nicht, sie ließen sie einfach zurück.

»Diese Hundesöhne!«, fluchte der Sergeant und erhob sich hinter seinem erschossenen Pferd, das er als Deckung benutzt hatte. »Irgendwann treffen wir uns wieder! Dann schieße ich jeden einzelnen von euch in Stücke!«

Neben ihm erhoben sich die beiden überlebenden Soldaten. Das Grauen stand in ihren blassen Gesichtern. Der Sergeant lachte rau. »Die Hosen voll, was? Hölle, warum hat der Alte auch Lieutenant Weaver mit uns losgeschickt? Ein Milchgesicht ohne Erfahrung! Scheiße! Hätte er auf mich gehört, wäre das nicht passiert!«

Mehrere Stunden vergingen, bis der Sergeant und die beiden Soldaten ihre toten Kameraden und den Offizier begraben und sechs der überlebenden Pferde eingefangen hatten. An eine Verfolgung des Wagenzugs war nicht mehr zu denken. Die Dämmerung setzte ein, zudem hatten die Banditen einen zu großen Vorsprung, hatten ihr Ziel vielleicht schon erreicht. Oder ein sicheres Versteck in den Bergen gefunden.

Es war fraglich, ob der Kampf anders ausgegangen wäre, hätte Lieutenant Weaver anders gehandelt. Zu überraschend war seine Patrouille auf den Wagenzug gestoßen.

Die zehn Begleiter hatten sich sofort von den Wagen, neben denen sie geritten waren, gelöst und eine Schützenreihe gebildet. Ihr Vorteil war, dass der Lieutenant und ein Soldat gut zwanzig Yard vor der Patrouille ritten. Das Überraschungsmoment war auf Seiten der Banditen und sie nutzten es ohne zu zögern und rücksichtslos aus.

Wahrscheinlich wussten sie, dass die Armee ihre Patrouillen verstärkt hatte, seitdem Waffen von Kansas durch Colorado zu den Uintahs geschmuggelt wurden. Die Armee-Gerichte verhängten schwere Strafen gegen Leute, die Indianer mit Waffen, Munition und Whisky versorgten. Vom Hängen bis zu zwanzig Jahren Steinbruch.

Die Männer, die solche Transporte führten oder sie begleiteten, kannten die Risiken, die sie eingingen. Da die Bezahlung gut war, fanden sich immer gewissenlose Burschen, die bereit waren, schnelles Geld zu verdienen und die damit verbundenen Gefahren auf sich zu nehmen.

Tauchten Sternträger auf oder kreuzten Blauröcke ihren Weg, stellten sie keine Fragen, warteten auch nicht, sondern schossen sofort.

Bisher war es der Armee nicht geglückt, einen Transport zu kassieren oder einen der Schmuggler lebend in die Hand zu bekommen. Das lag daran, dass die Transporte niemals den gleichen Weg nahmen. Nur eins wusste man in Denver, Fort Collins und in Fort Dodge City: Die Waffentransporte kamen stets aus dem Osten. Aus Kansas.

Die Frage, was die Rothäute veranlasste, Gewehre, Revolver und Munition gegen Gold und Silber zu tauschen, war längst beantwortet: Scouts hatten gemeldet, dass sich am Green River, östlich der Wasatch Mountains, etwas zusammenbraute. Sanpitches, Timpanagos und Uintahs sammelten sich am Green River.

Bisher galten sie als friedlich, aber das schien vorbei zu sein. Und gewissenlose Geschäftemacher nutzten es aus. Rücksichtslos, brutal und ohne Gewissensbisse.

Auf der Skull-Ranch im Bluegrass Valley ahnte man von alledem nichts.

Die Nacht war wie ein dunkles, weiches Tuch über das Hügelland und die Green Hills gefallen. Nur das silberne Licht des Mondes spendete etwas Helligkeit und wetteiferte mit dem der Sterne, von denen Myriaden blinkten.

Leroy Spade, der ehemalige Scout und Raubwildjäger, kannte sich hier aus. Es war schon einige Zeit her, dass er den Blauröcken geholfen hatte, Cheyenne aufzuspüren und zur Räson zu bringen. Aber wo Leroy Spade einmal gewesen war, da fand er sich immer wieder zurecht.

Er liebte die Jagd und hatte wieder einmal seine Freunde auf der Skull-Ranch verlassen, war ziemlich weit nach Norden geritten und befand sich nun im westlichen Teil der Green Hills, wo er sich ein Nachtlager bereitet hatte. Bei Sonnenaufgang wollte er aufbrechen – höher in die Berge hinauf, wo es noch Dickhornschafe gab.

Die Schüsse hatte er am frühen Abend gehört, ihnen jedoch keine Beachtung geschenkt. Es war weit weg gewesen, nur der Wind hatte den verwehten Klang bis zu dem Plateau getragen, auf dem er sich gerade befunden hatte.

Das Feuer brannte noch, wenn auch schwach. Leroy Spade hatte »curl leaf« gesammelt, dessen Zweige den Vorteil besaßen, sehr heiß und so gut wie rauchlos zu brennen.

Plötzlich schnaubte sein Pferd. Sofort war Spade hoch und lauschte. Räderrollen war zu vernehmen, dann Männerstimmen.

Der Raubwildjäger schüttelte den Kopf. Wer, zum Teufel, fragte er sich, kutschiert nachts durch die Berge? Auf keinen Fall jemand, der ein gutes Gewissen hat. Vielleicht Comancheros – Hundesöhne, die mit den Rothäuten dunkle Geschäfte machen...!

Spade hockte über der Passstraße in einem breiten Felsspalt. Jetzt löschte er das Feuer, überprüfte seine Waffen und verließ sein Versteck, legte sich auf den Bauch und schob sich so weit vor, dass er auf die felsige, holprige Straße sehen konnte.

Nachdenklich beobachtete er die Murphy-Wagen und die Männer, die beiderseits des Trecks ritten. Für die Burschen solltest du dich interessieren, dachte der Raubwildjäger, denn was Gutes führen sie nicht im Schilde. Sie scheuen das Tageslicht, deswegen fahren sie nachts durch die Berge!

Behutsam zog er sich zurück, baute sein Nachtlager ab und sattelte das Pferd. Mehr als eine Viertelstunde brauchte er, um von hier oben auf die Passstraße zu gelangen.

Dass die Männer vor ihm ihn hören könnten, glaubte er nicht, dazu machten sie selber zu viel Lärm. So folgte er dem Wagentreck in gebührendem Abstand.

Nach einer Stunde bog der Treck von der abwärts führenden Straße in ein schmales Tal ab. Leroy Spade hielt sich zurück. Der Raubwildjäger besaß gute Augen, sah in der Dunkelheit fast so gut wie am Tage.

Als er sah, dass die Wagen nebeneinander gefahren und die Gespanne ausgeschirrt wurden, führte er sein Pferd hinter eine Gruppe Zirbelkiefern, wo er es festband. »Kein Laut, mein Guter«, sagte er leise. »Aber das weißt du ja auch so!«

Die Männer im Tal hatten ein Feuer gemacht. Einer hantierte mit Kochtopf und Kelle, die anderen hockten auf Sätteln und Kisten. Vorsichtig schlich sich Spade in das Tal hinein, hielt sich dabei im Schatten der linken Felswand, presste sich so eng an sie, dass er fast mit ihr verschmolz.

Als er die Männer verstehen konnte, blieb er stehen und ließ sich nieder, legte sich lang auf die Erde, zog den Hut tief ins Gesicht und lauschte.

»Vier Stunden«, sagte einer der Männer, »eine längere Rast können wir uns nicht leisten, Jungs! Bis zum Green River ist es noch ein ganz schönes Stück! Und wir brauchen den ganzen Tag, um die Berge hinter uns zu bringen.«

»Und?«, fragte ein anderer. »Fahren wir dann weiter? Durch die Ebene?«

Ein dritter mischte sich ein. »Was denn sonst, Gene? Eine Patrouille der verdammten Blauröcke haben wir erledigt! Haben Glück gehabt. Aber in der Ebene? Die können wir nur nachts passieren.«

Leroy Spade zerbiss einen Fluch. Jetzt wusste er, was die Schüsse zu bedeuten hatten, die an sein Ohr gedrungen waren.

»O Mann, wenn die Soldaten uns geschnappt hätten...!« Das war ein vierter. »Wäre ein gefundenes Fressen für sie gewesen! Fünf Wagenladungen Waffen, Munition und Whisky!«

Jetzt hielt es Leroy Spade für besser, sich zurückzuziehen. Er hatte genug gehört. Zum Green River wollten diese Hundesöhne. Dort würden die Uintahs die Fracht übernehmen.

Für einen erfahrenen Mann der Wildnis, wie es Spade war, bedeutete es keine Schwierigkeiten, so unbemerkt aus dem Tal zu gelangen, wie er hineingekommen war.

Es geschah zur richtigen Zeit, denn kaum war er bei seinem Pferd, als die Männer des Wagentrecks zwei Posten einteilten. Als einer der Wächter am Taleingang auftauchte, befand sich Leroy Spade bereits ein ganzes Stück entfernt.

Die Passstraße machte eine Biegung. Bis hierher hatte der Raubwildjäger sein Pferd geführt. Nun stand er da, hielt das Tier am Zügel und überlegte, was er tun sollte.

Wenn er durchritt, würde er es bis zur Morgendämmerung nach Fort Collins schaffen. Von dort aus konnte eine Patrouille der US-Cavalry den Waffenhändlern den Weg zum Green River abschneiden.

Wahrscheinlich hätte sich der Raubwildjäger anders entschieden, hätte er gewusst, dass der Sergeant und zwei Soldaten überlebt und zur Garnison geritten waren.

So machte sich Leroy Spade auf den Weg zum Fort im Norden. An die Skull-Ranch dachte er nicht. Dabei wäre es sicherlich besser gewesen, er wäre ins Bluegrass Valley zurückgeritten...

Doc Smoky, der alte Ranchkoch, hockt wie ein Gnom auf einer der Stangen des Tag-Korrals und sieht Chet Quade entgegen, der eben das Ranchhaus verlassen hat und auf ihn zukommt.

Der indianerhafte, hochgewachsene Vormann der Skull-Ranch macht ein betont grimmiges Gesicht, bleibt vor dem Korral stehen, stemmt die Fäuste gegen die Hüften und knurrt: »Hast du nichts zu tun, Pfannenschwenker? Der Boss bezahlt dich nicht dafür, dass du dich von der Sonne bescheinen lässt! Die Jungs wollen ihr Essen haben, wenn sie...«

»Shut up«, krächzt Doc Smoky. »Plustere dich nicht so auf wie ein Puter kurz vorm Liebestanz, Chet! Was denkst du, warum ich hier sitze, he?«

Chet Quade grinste. »Weil du eine Epoche der Faulheit durchmachst, Freund!«

»Sag das nochmal!« Doc Smoky schneidet eine wütende Grimasse. »Ich und faul! Hoho, ich hab schon gearbeitet, da hast du noch geschlafen und von Mary-Lou geträumt! Geh in die Küche, Chet! Kontrolliere alles! Und du wirst sehen, dass der Fraß für die Jungs schon fertig ist! Steht auf dem Herd! Schmorbraten mit allem, was dazugehört. Hinterher gibt's Flapjacks!«

Chet Quade schnalzt mit der Zunge. »Pfannkuchen mit Sauerteig! Hmmm. Das ist...«

»Du kriegst nichts«, fällt ihm der Koch ins Wort. »Du lungerst faul rum, während die Jungs auf den Weiden schuften!«

»Das werden wir sehen, du Giftzwerg«, lachte Chet Quade. »Was würdest du denn machen, wenn ich dich an deinem Gurt an einem der Haken dort drüben aufhänge, hm?« Er deutete zur Schmiede hinüber. »Und dich dort baumeln ließe, bis du wieder vernünftig bist?«

»Großmaul«, fauchte der Koch. »Gut, gut, du kriegst deine Flapjacks. Sag mal, wo steckt eigentlich Leroy? Wieder mal im Shepherd Valley bei der hübschen Myriam?«

Der Vormann legt den Kopf schief, sieht den auf dem Korralzaun thronenden Koch grinsend an.

»Neidisch? Wieso eigentlich? Bei Myriam Sunbeam hat so ein alter Knacker wie du ohnehin keine Chancen. Leroy ist nach Norden. Wollte in den Green Hills jagen. Und dir einen schönen Braten mitbringen! Eigentlich müsste er zurück sein.«

Doc Smoky schwingt sich vom Zaun, landet vor den Füßen des Vormanns. »Siehst du ihn? Ich auch nicht. Und jetzt hab ich keine Zeit mehr! Die Jungs werden bald zurück sein und sich die leeren Bäuche vollschlagen wollen. Wann treiben wir?«

»In zwei Tagen«, erwiderte der Vormann. »Hast also Zeit genug, den Chuckwagon vollzupacken.«

Doc Smoky würdigt Chet Quade keines Wortes mehr, sondern stakst davon.

Der Vormann lachte leise und geht zum Ranchhaus zurück, auf dessen Veranda eben Mary-Lou aufgetaucht ist, die Tochter des Ranchers.

»Ich hab Dad rumgekriegt!«, ruft sie. »Ich mache den Trail mit, Chet! Dafür bleibt Dad hier.«

Chet schiebt den flachkronigen Stetson ins Genick und schüttelt den Kopf. »Musst du deinen Willen eigentlich immer durchsetzen, Mädchen?«, fragt er. »So ein Trail ist kein Zuckerschlecken. Und das weißt du.«

Sie nickt. »Stimmt. Aber ich weiß auch, dass ich dann bei dir sein kann!« In ihre großen Augen ist ein Glitzern getreten, um den schön geschwungenen Mund mit den feuchtschimmernden Lippen zuckt es verhalten.

»Das bist du doch auf der Ranch auch«, meint er.

»Chet!« Sie stampft mit dem rechten Fuß auf. »Tu nicht so, als wüsstest du nicht... Wer kommt denn da?«

Sie wendet den Kopf. Ein Reiter ist aufgetaucht, prescht auf den Hof und gleitet neben dem Windmühlenrad am Brunnen aus dem Sattel.

»Hallo, Miss Morgan! Hallo, Chet!«, grüßt er.

»Hallo, Mr. Steele«, gibt Mary-Lou den Gruß zurück.

Chet tippt nur an die Hutkrempe. »Was führt Sie denn zu uns?«, will er wissen.

»Schwierigkeiten, Chet«, klingt es zurück.

»Schwierigkeiten? Ärger mit den Kiowa?«

Steele schüttelt den Kopf. »Mit den Rothäuten? Nein. Zeitmangel. Darum will ich mit Ihrem Boss sprechen.«

»Dann kommen Sie«, sagt Mary-Lou. »Dad sitzt über dem Herdenbuch!«

Sie lässt Steele an sich vorbei, blinzelt Chet Quade zu und streckt ihm die Zunge raus. Dann dreht sie sich um und folgt Steele.

»Na warte, Mädchen«, murmelt Chet, »dafür leg' ich dich übers Knie!« Dass er es nicht tun wird, ist so klar, wie Doc Smokys Chili-Bohnen-Suppe dick und scharf ist.

Thad Steele ist ein alter Bekannter des Ranchers. Er betreibt in Grand Junction eine Frachtwagen-Linie und hat auch schon oft für die Skull-Ranch gefahren.

Chet Quade fragt sich, auf welche Weise John Morgan, der Skull-Rancher, Steele helfen kann. Fünf Minuten später erfährt er es. Mary-Lou ruft den Vormann ins Haus.

John Morgan und Thad Steele sitzen um den runden Tisch im Wohnraum. Jeder hat ein Glas Jack Daniel's vor sich. Mary-Lou füllt ein drittes und reicht es Chet.

Der Vormann nimmt es dankend und setzt sich auf ein Zeichen des Ranchers.

»Chet, Thad hat eilige Fracht aus Colorado Springs, die in Grand Junction nach Price umgeladen werden muss. Er bat mich, seinen Wagenzug durch das Bluegrass Valley fahren zu lassen. Ich habe zugestimmt. Die Wagen werden in zwei Stunden hier sein. Sorg dafür, dass die Maultiere Futter und Wasser bekommen. Und schick ein paar Jungs los, die die Herden etwas nach Norden treiben. Ein bis zwei Meilen.«

Chet nickt. Dann meint er: »Wird aber nicht einfach sein, mit den Wagen über die Sawatchs und die Elks.«

Thad Steele stimmt dem zu.

»Ist richtig, Chet, aber immer noch besser als der Riesenumweg. Der Weg durch euer Tal ist wesentlich kürzer. Und darauf kommt's mir nun mal an. Komme ich zu spät nach Grand Junction, verlangt die Eisenbahngesellschaft einen ziemlich hohen Aufschlag.«

Chet Quade zieht die Schultern hoch, lässt sie wieder fallen, trinkt sein Glas leer und erhebt sich.

»Okay, dann werd' ich mich um alles kümmern.« Er sieht zum Regulator an der Wand hinüber. »Noch 'ne halbe Stunde, dann kommen die Jungs zum Essen rein. Was ist mit Ihren Leuten?«

Steele winkt ab.

»Die können in Grand Junction den Hund von der Leine lassen, Chet! Proviant haben sie außerdem mit. Keinen langen Aufenthalt. Es genügt, wenn für die Gespanne gesorgt ist.«

Der Vormann wendet sich ab und verlässt den Raum. Irgendetwas an der ganzen Sache kommt ihm merkwürdig vor, aber er macht sich keine Gedanken weiter.

Steele hat gefragt, ob er mit seinen Wagen durch das Bluegrass Valley fahren darf, der Rancher hat zugestimmt, alles andere kümmert ihn daher nicht. Immerhin würde es Chet Quade interessieren, um was für eilige Fracht es ist, derentwegen Steele den beschwerlichen Weg durch zwei Bergmassive hindurch auf sich nehmen will. Für die Maultiere wird es eine Mordsschinderei sein.

Doc Smoky steckt den Kopf aus dem Küchenfenster. »Was ist los?«, will er wissen.

Chet sagte es ihm. Und der Koch tippt sich gegen die Schläfe. »Verrückt, Chet! So eilig kann keine Fracht sein, dass man die Tiere derart quält.«

»Du sagst es. Aber es ist nicht unser Bier!« Quade wendet sich ab.

Chet Quade und Mary-Lou stehen unter dem Vordach auf der Veranda und beobachten die drei Studebaker-Wagen, die eben auf den Hof der Skull-Ranch fahren.

Sie haben schwer geladen. Die Segeltuchplanen sind mit Ketten festgezurrt und jeweils mit einem riesigen Vorhängeschloss gesichert.

»Scheint eine wertvolle Fracht zu sein«, murmelt der Vormann, als John Morgan neben ihn tritt.

Der Rancher sieht ihn fragend an. »Wieso?«

Chet Quade deutet auf die Ketten und die Schlösser. »Hast du so was schon mal gesehen, John?«, stellte er eine Gegenfrage. »Ich nicht. Hat Steele nicht verraten, was er transportiert?«