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Smoke hat sich mehr aus Langeweile, denn aus Überzeugung für ein soziales Evakuierungsprogramm auf der Erde gemeldet. Sein vornehmliches Interesse beschränkt sich deshalb darauf, in den Bars der Außenbezirke die Zeit totzuschlagen. Seine Interessen beginnen sich zu verändern, als er dort auf Amber trifft. Amber weiß genau, was sie vom Leben zu erwarten hat. Sie gehört zu den Lost Ones, den auf der Erde zurückgelassenen. Allein muss sie sich um ihre jüngere Schwester kümmern. So gut es geht, versucht Amber klarzukommen – dann trifft sie auf Smoke, der sie für käufliches Inventar der Bar hält, in der sie arbeitet.
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Seitenzahl: 122
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Alexa Kim
Smoke (Master Trooper - The next Generation) Band 14
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Epilog
Bisher erschienen von Alexa Kim
Impressum neobooks
Smoke
Ich steige aus dem Shuttlebus und sehe hinauf in den grauen Himmel. Warum tue ich mir das hier an? Keine zehn Minuten, nachdem ich mich für das Siedlungsprogramm gemeldet hatte, wusste ich bereits, dass es ein Fehler war. Soll die Erde sich doch selbst um ihre Bewohner kümmern. Was kümmert es mich eigentlich? Hat es United Government interessiert, was mit uns passiert? Und die Nachfolgeregierung der Erde ist nicht besser … allesamt elitäre Arschlöcher, die sich nur für sich selbst interessieren!
Warum also bin ich hier? Vielleicht, weil ich auf der Suche nach irgendetwas bin … nach einem Sinn meines Daseins. Ich kann ihn auf jeden Fall nicht darin finden, Crawler auf Terra Alpha zu jagen. Das wurde mir klar, nachdem ich meine Ausbildung abgeschlossen hatte. Wir wissen außerdem alle, dass es kaum noch nötig ist. Die Crawler kommen schon lange nicht mehr an unsere Grenzen. Dieses ganze Schutzprogramm ist vielmehr Beschäftigungstherapie für diejenigen von uns, die sich nicht in ein Zivilistenleben einfügen können oder wollen. Aber das alles ist mir zu wenig … nur was um Himmels willen habe ich geglaubt, auf der Erde finden zu können? Eine Berufung?! Mir sind diese Menschen egal, sie interessieren sich nicht für mich und ich mich nicht für sie.
„Du wurdest Block C zugeteilt, Smoke. Creature leitet diesen Evakuierungsblock … melde dich bei ihm ...“, holt mich der Einsatzleiter aus meinen düsteren Gedanken.
Ich mache kehrt und gehe in die entgegengesetzte Richtung. Creature ist ein riesiger Trooper mit Glatze und selbst unter unseresgleichen kaum zu übersehen. Es liegt etwas Brutales in seinem Blick, und ich wundere mich, dass ein Typ wie er sich ausgerechnet für ein soziales Programm gemeldet hat. Andererseits … seht mich an … hier bin ich ...
Creature mustert mich von oben bis unten, dann nickt er, und ich reihe mich in den Rest der Einheit ein. Alle stehen militärisch angeordnet in einer Reihe und warten auf weitere Anweisungen. Ich zähle insgesamt zehn Waffenbrüder.
„Also ...“, beginnt Creature zu erklären. „Wir sind zuständig für Block C. Das ist einer der schwierigsten Außenbezirke … Gewalt, Drogen und Prostitution sind an der Tagesordnung. Wir haben die Aufgabe, Menschen von dort zu evakuieren. Sie sollen auf Terra Beta angesiedelt werden – einem Planeten, der Terra Alpha ähnlich ist, allerdings noch vollkommen unbesiedelt. Eure Aufgabe ist es, diejenigen auszuwählen, die für ein Siedlungsprogramm infrage kommen – Menschen, die sich in Gruppen einfügen können und nützliche Fähigkeiten mitbringen. Darunter fallen vor allem junge Menschen, die sich fortpflanzen können, aber auch ältere, die der Gemeinschaft Struktur geben und nützliches Wissen mitbringen. Ihr müsst also genau hinsehen und die Menschen beobachten. Der erste Eindruck kann täuschen. Sie sind nicht wie wir … weniger ihren Instinkten unterworfen und daher nicht einfach zu durchschauen. Ihr solltet also die Kandidaten, die in die engere Auswahl kommen, näher kennenlernen.
Na klar … sonst noch was? Ich bereue in diesem Moment zutiefst, mich für dieses dämliche Programm gemeldet zu haben und wünschte, ich könnte einfach nach Terra Alpha zurückkehren. Aber ich habe mich für die nächsten sechs Monate verpflichtet, auf diesem stinkenden Müllhaufen von einem Planeten zu bleiben.
„Geht in die Bars und schaut euch um … lernt die Menschen kennen ...“, fordert Creature, und der erste Teil ist zumindest mal eine Anweisung, die ich problemlos befolgen kann. Ich werde die nächsten sechs Monate sehr oft in Bars gehen und mich betrinken … vielleicht erzähle ich den Frauen einfach, dass ich diejenigen, die mir am besten gefallen, für das Siedlungsprogramm auswähle. Langsam aber sicher sehe ich zumindest einen kleinen Lichtblick in diesem Programm.
Nachdem Creature endlich seinen Monolog über Pflichtbewusstsein und Verantwortung gegenüber dem Programm beendet hat, werden wir erneut auf Shuttlebusse verteilt. Unser schlägt die Richtung zu Block C ein – und als wir den Kontrollposten hinter uns lassen, verstehe ich, was Creature damit meinte, dass dieser Block schwierig ist. Er wirkt besonders heruntergekommen, die meisten Geschäfte sind geschlossen, die Scheiben eingeschlagen, die Waren geplündert. An den Straßenecken lungern junge Männer und Teenager herum, die uns feindselig mustern. Es gibt keinen Baum, nichts Grünes, ich finde nicht einen Grashalm. Was für ein furchtbarer Planet! Und überall Menschen mit leerem Blick. Ich nehme an, sie nehmen AX – eine beliebte Droge auf der Erde. Keine Ahnung, woher sie es haben, da der komplette Handel zusammengebrochen ist. Aber scheinbar gibt es Ressourcen, oder die Menschen haben gelernt, sich selbst zu helfen. Warum sonst haben die Bars geöffnet? Sie stellen den Alkohol selbst her, genau wie ihre Drogen … nur gibt dieser Planet keine neuen Rohstoffe mehr her, wenn die letzten verbraucht sind. Jeder von denen, die hier leben müssen, hier weiß, dass er keine Zukunft hat – und das macht sie gefährlich. Ich würde hier niemandem den Rücken zukehren – noch nicht einmal den Frauen und Kindern.
„Das wird nicht leicht ...“, kommentiert mein Sitznachbar unaufgefordert. Scheinbar gehen ihm ähnliche Gedanken durch den Kopf.
„Kommt darauf an, wie man es angeht ...“, antworte ich ausweichend und fühle mich innerlich in meinem Entschluss, mein persönliches Soloprogramm zu fahren, bestätigt.
Amber
„Du hast die Tische nicht abgeräumt ...“, mault mich Grace an. Sie ist die Inhaberin des Dreamland und sowohl der Name der Bar als auch ihr Name sind eine totale Fehlbesetzung. Nichts an Grace ist anmutig und nichts am Dreamland ist traumhaft. Grace trinkt zu viel, hat schlechte Zähne und behandelt die Mädchen, die für sie arbeiten, wie Dreck; das Dreamland ist ein Bordell, das sich als Bar tarnt. Wie oft Grace schon versucht hat, mich dazu zu bringen, mit einem der Gäste ins Bett zu steigen, kann ich gar nicht mehr zählen.
„Als ob es irgendjemandem auffallen würde, ob die Tische abgeräumt sind oder nicht ...“, murmele ich vor mich hin. Grace schnalzt mit der Zunge und sieht mich mit diesem für sie typischen Blick an, der Mädchen allein nach ihrer Wirtschaftlichkeit beurteilt.
„Du wirst auch nicht jünger, Amber … und du könntest viel mehr verdienen, wenn du nicht so stolz wärest. Vom Getränke servieren kannst du deiner Schwester keine Medikamente auf dem Schwarzmarkt kaufen. Was, wenn sie wieder krank wird, wie letztes Jahr ...“ Grace weiß genau, welche Knöpfe sie drücken muss, um mich unter Druck zu setzen, aber bisher habe ich mich erfolgreich dagegen gewehrt, meinen Körper an ihre schmierige Kundschaft zu verkaufen. Mein Körper ist so ziemlich das Einzige, was ich noch nicht verkauft habe … es ist der letzte Rest Menschenwürde, den ich mir erhalten habe. Auch wenn Nila meine Schwester ist, habe ich mir geschworen, dass es Grenzen gibt. Ich arbeite hart und schaffe es, doppelt so viele Tische an einem Abend zu bedienen, wie die anderen Mädchen. Das ist der Grund, weshalb Grace mich noch nicht rausgeschmissen hat, denn eigentlich rentiert sich eine Bedienung für sie nur, wenn sie auch mit Gästen ins Bett geht. Das, und die Hoffnung, dass sie mich doch noch weich bekommt ...
„Nila geht es gut ...“, antworte ich, und mache mich daran, die Tische abzuräumen. Den Gedanken an Nilas schwere Lungenentzündung im letzten Jahr verdränge ich. Ein oder zwei Tage war ich nicht sicher, ob sie durchkommt. Aber Nila hat es geschafft. Seitdem bekomme ich allerdings jedes Mal Panik, wenn sie auch nur hustet.
„Du bist ein furchtbar dummes Mädchen, Amber. Schau dich an … mit deinem Schnewittchengesicht und deinen roten Locken bist du eine echte Exotin. Du würdest bei mir viel verdienen, wenn du nicht so stur wärest ...“
Bla, Bla … Mindestens dreimal am Tag versucht Grace, mich dazu zu bewegen, mich an ihre Gäste zu verkaufen. Sie fragen sie nach mir, weil ich das einzige Mädchen bin, das ihnen nicht für erweiterte Dienstleistungen zur Verfügung steht. Ich nehme an, dass ich meinen Job in der Bar los bin, sobald Grace klar wird, dass ich nicht nachgebe – und das wird nicht mehr lange dauern. Ich mag gar nicht daran denken, was ich dann tue … wie soll ich Nila und mich durchbringen?
Als ich das Geschirr in die Küche tragen will, kommt Nila zur Tür reingestürmt. Wie immer hat sie ihr blondes Haar mit einem roten Band auf dem Kopf zusammengeknödelt. Die Locken sind das Einzige, was darauf hindeutet, dass wir Schwestern sind. Ansonsten sind Nila und ich uns überhaupt nicht ähnlich – weder charakterlich noch äußerlich. Nila ist eher spröde und hat den Körper einer Leichtathletin. Vielleicht bekommt sie irgendwann noch Rundungen, immerhin ist sie erst Vierzehn. Vielleicht lebt Nila lange genug, um erwachsen zu werden … Dass sie hier in der Bar auftaucht, hat mir allerdings gerade noch gefehlt! Ich lasse das Geschirr auf dem Tisch stehen, von dem ich es gerade hatte abräumen wollen, und setze mein böse Schwester Gesicht auf.
„Ich habe dir gesagt, du sollst nicht hierher kommen!“
Nila bleibt stehen und sieht mich mit diesem trotzigen Blick an, den sie in der letzten Zeit öfter hat. Sie ist der Ansicht, dass sie sich nichts mehr von mir sagen lassen muss. Langsam wird es anstrengend mit ihr.
„Ich bin erwachsen, Amber ...“
„Du bist vierzehn! Das ist alles andere als erwachsen!“
Nila zuckt die Schultern. „Erwachsen genug … das kümmert ohnehin niemanden mehr.“
„Mich kümmert es ...“, stelle ich klar und stemme die Hände in die Hüften.
Nila geht in Konfrontationsstellung. Ich erkenne es an der Art, wie sie die Schultern anspannt. „Du bist gerade mal sieben Jahre älter als ich ...“
„Das macht eine ganze Menge aus.“
„Finde ich nicht … außerdem haben wir nichts mehr zu essen.“
„Dann geh etwas kaufen. In der Dose im Schrank sind noch Credits.“
„Jetzt nicht mehr … vorhin kam die Schabracke, die uns das Apartment vermietet, und hat die Miete verlangt.“
„Aber es ist nicht einmal der Letzte im Monat ...“, sage ich empört.
Nila sieht mich herausfordernd an. „Hätte ich es ihr nicht gegeben, hätte sie uns vor die Tür gesetzt.“
Ich presse die Lippen zusammen und spüre dieses schmerzhafte Ziehen im Bauch, das ich immer habe, wenn ich in Panik gerate. Das hier waren unsere letzten Credits, und sie hätten gerade bis zum Monatsende ausgereicht, um uns durchzubringen. Die Vermieterin kommt mittlerweile immer früher, um zu kassieren. Jeder braucht Credits … jeder braucht Essen. Aber manche haben einfach bessere Karten, als Nila und ich.
„Ok … es war richtig, ihr die Miete zu geben ...“, sage ich versöhnlich. Vielleicht geben ein paar der Gäste heute Abend etwas Trinkgeld, aber in der Regel bekomme ich nichts, weil ich nicht mit ihnen ins Bett steige. Wahrscheinlich bleibt mir nichts anderes übrig, als Grace um einen Vorschuss zu bitten.
„Geh nach Hause, Nila. Ich kümmere mich darum ...“
„Und was soll ich essen?“, mault sie unzufrieden.
Ich gehe zum Tisch und nehme ein Stück Brot vom Teller. Der Gast hat nur einmal davon abgebissen.
„Da ...“, sage ich und strecke Nila das Brot hin. Sie verzieht angewidert das Gesicht.
„Ist nicht dein Ernst ...“
„Dann lass es halt ...“, antworte ich gereizt und versuche so gut es geht, meine Verzweiflung nicht zu zeigen.
„Wenn Mom und Dad noch leben würden ...“
„Tun sie aber nicht! Es gibt nur noch dich und mich!“
Ich bereue meine Worte, als ich Nilas zitternde Mundwinkel sehe. Für sie war es besonders schlimm. Dad hat in dem Klimapark gearbeitet, der in die Luft geflogen ist, als die Katastrophe auf der Erde losbrach und Mom … für sie war das alles zu viel. Dass sie sich ein halbes Jahr nach Dads Tod mit einer Überdosis AX das Leben genommen hat, war schlimm genug – noch schlimmer war allerdings, dass es ausgerechnet Nila war, die sie gefunden hat. Seitdem sind wir beide allein – so allein, wie man nur sein kann. Nicht, dass wir früher viel gehabt hätten, aber wir konnten ruhig schlafen und etwas zu essen gab es auch … wir waren eine Familie, die zusammengehalten hat.
„Nila ...“, setze ich an, aber sie dreht sich um verlässt die Bar, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen.
Seufzend kehre ich zum Tisch zurück. Das alte Stück Brot werfe ich auf einen der Teller und schleppe dann alles in die Küche.
„Warum hat das so lange gedauert?“, fährt Grace mich an, sobald ich die Küche betrete.
„Nila war hier … wir haben nichts mehr zu essen.“
„Warum erzählst du mir das?“, fragt Grace verächtlich. Sie hat mir damals mit einem Vorschuss geholfen, als Nila krank war, und seitdem drängt sie noch stärker darauf, dass ich mit den Gästen ins Bett gehe, obwohl ich ihr jeden einzelnen Credit zurückgezahlt habe.
„Mir ist es egal, wenn ich einen oder zwei Tage nichts esse, aber Nila muss etwas essen. Sie ist erst vierzehn.“
„Ich vergehe gleich vor Mitgefühl ...“, antwortet Grace. „Deine Schwester hat genauso wenig eine Zukunft wie wir alle, also kann sie auch hungern wie wir alle.“
Ich stelle das Geschirr ab und bin froh, dass Sid, der Koch, noch nicht da ist. An manchen Abenden kommt Sid überhaupt nicht – nämlich dann, wenn es selbst auf dem Schwarzmarkt nichts zu kaufen gibt, was man kochen könnte.
„Du hattest eine Tochter, die bei dem Klimaparkunfall gestorben ist. Was, wenn sie noch leben würde? Würdest du ihr auch etwas zu essen verweigern?“, versuche ich an Graces Mitgefühl zu appellieren.
„Sie lebt aber nicht mehr! Und Nila ist nicht meine Tochter!“, antwortet Grace kalt.
„Bitte gib mir nur einen kleinen Vorschuss, Grace ...“, bettele ich. „Ich arbeite zwei Schichten hintereinander ...“
Grace strafft die Schultern, und da ist er wieder … dieser Blick. „Du könntest eure Probleme innerhalb eines Abends los sein.“
„Du kennst meine Antwort darauf ...“, entgegne ich eisig.
Sie zuckt die Schultern. „Deine Entscheidung ...“
Dann dreht Grace sich um und lässt mich mit dem dreckigen Geschirr in der Küche zurück. Meine Hände zittern … vor Wut und vor Verzweiflung … aber äußerlich bleibe ich ruhig. Kein Problem … du schaffst das … das hast du immer … irgendwie …
Smoke
Die heruntergekommene Bar sieht nicht wirklich einladend aus – anders als alles, was ich von Terra Alpha gewohnt bin. Allerdings gibt es in diesem heruntergekommenen Außenbezirk ohnehin nichts, was mit Terra Alpha vergleichbar wäre. Da kann ich auch gleich diesen Laden nehmen. Er trägt den vielsagenden Namen „Dreamland“. Vielleicht ist ja wenigstens der Name Programm - ich nehme an, dass man ein Leben auf diesem Planeten nur benebelt ertragen kann.