Solace - Jean Gakwandi - E-Book

Solace E-Book

Jean Gakwandi

0,0

Beschreibung

Tröstet, tröstet mein Volk!, spricht Euer Gott Jes 40,1 Solace Ministries (übersetzt Trost-Dienste) ist eine ruandische, christliche, überkonfessionelle, gemeinnützige Nicht-Regierungsorganisation. Solace Ministries widmet sich seit dem Völkermord gegen die Tutsi 1994 den Nöten der traumatisierten Witwen und Waisen sowie HIV Opfer und anderer notleidender Menschen. Seit einigen Jahren setzen sie sich darüber hinaus auch für andere Hilfsbedürftige ein, z.B. Kranke, Behinderte und Ausgegrenzte.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 188

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



WIDMUNG

Voller Demut gewidmet

Der Ehre Gottes, des Allmächtigen,

unseres Vaters, dem Vater der Vaterlosen und Gott allen

Trostes, der uns tröstet, damit wir andere trösten können

Dem Herrn Jesus Christus, der all unsere Leiden trug

und unsere Schmerzen auf sich nahm

Den vielen Geschwistern, Brüdern und Schwestern,

nah und fern, die an dem Dienst teilhaben

Den (Allen) Opfern aller (der) Wellen von Gewalt

im Völkermord gegen Tutsi seit 1959

Den Überlebenden, die tapfer mit allen Widrigkeiten kämpften und zu lebendigen Zeugnissen der Werke Gottes wurden

ABKÜRZUNGEN UND AKRONYME

AIDS

Acquired Immunodeficiency Syndrome, Erworbenes Immunschwächesyndrom

ART

Anti-Retroviral Treatment, Antiretrovirale Therapie

ARV

Anti-Retroviral. Antiretroviral

CDR

Coalition pour le Defense de la Republique, Koalition zur Verteidigung der Republik

CHH

Child-Headed Household, von Kindern geführte Haushalte

CNLG

Comission National de Lutte contre le Genocide, Nationale Kommission für den Kampf gegen den Völkermord

CRS

Catholic Relief Services, Katholischer Hilfsdienst

DFID

Department for International Development, Abteilung für internationale Entwicklung

ENT

Ear, Nose and Throat, HNO – Ohr, Nase und Hals

ESV

English Standard Version, Englische Bibelübersetzung

FARG

Fonds d’Assistance aux Rescapees du Genocide, Hilfsgelderfonds für die Überlebenden des Völkermords

GP

Garde Presidentielle, Präsidentengarde

HIV

Human Immundeficiency Virus, menschliches Immunschwäche-Virus

ICT

Information and Communications Technology, Informations- und Kommunikationstechnologie

IGA

Income Generating Activities, Einkommen schaffende Aktivitäten

NIV

New International Version, Englische Bibelübersetzung (Gideon Bibel)

OI

Opportunistic Infection, opportunistische Infektionen, weil sie die „günstige Gelegenheit“- nämlich die Schwäche des Immunsystems – nutzen, um sich zu vermehren

PLWA

People living with Aids, Menschen, die mit Aids leben

PTSD

Posttraumatic-Stress-Disorder, posttraumatische Belastungsstörung

RPA

Rwandan Patriotic Army, die rwandische-patriotische Armee

RPF

Rwanda Patriotic Front, die rwandisch-patriotische Front

RWF

Rwandische Francs, Währung in Rwanda

GLOSSAR

Impuzumugambi

„Die, die zusammen planen“, Mitglieder der CDR

Inkotanyi

Begriff der Rwandischen Sprache für die

RPF-Armee, die den Völkermord stoppte

Interahamwe

„Die, die zusammen angreifen“, militante Hutu Gruppe

Inyenzi

Kakerlake, Begriff der Rwandischen Sprache, der von Hutu benutzt wurde, um Tutsi zu entmenschlichen

Inzoka

Schlange, Begriff der Rwandischen Sprache, der von Hutu benutzt wurde um Tutsi zu entmenschlichen

Kinyarwanda

die Landessprache von Rwanda

Solace Ministries

Trost-Dienste

Zeugnis

Erfahrungsbericht von Überlebenden

INHALTSVERZEICHNIS

Widmung

Abkürzungen und Akronyme

Glossar

Danksagung

Vorworte

TEIL I – DIE WERKE GOTTES

EinführungWIE ALLES BEGANNUnfehlbare VerheißungenDie Berufung zu tröstenDer Gott allen TrostesEine Zeit des WeinensDer Dienst entfaltet sichTRÖSTET, TRÖSTET MEIN VOLKZerbrochene LebenGottes Wort zeigt heilende KraftDer Vater der Vaterlosen„Ansteckende“ HeilungenErsatz-FamilieGETRÖSTET, UM ANDERE ZU TRÖSTENKomm und siehGeh und sag es weiterSag Bugesera, Jesus rettetSOS-RufeKommt her zu mir…TRÖSTE, HEILE, STELLE WIEDER HEREin ganzheitlicher AnsatzMenschen stärkenWürde wiederherstellenZukunft aufbauenKranke betreuenDER GOTT DER UNBEGRENZTEN MÖGLICHKEITENGroß ist Deine TreueBereitstellung eines GrundstücksErwerb des GrundstücksDas erste GebäudeDie Eichenhalle und das ZentrumGedenkzentren der Treue GottesINTERNATIONALE PARTNER DER TROSTDIENSTEEine weltweite FamilieGottes erwählte LeuteGlieder eines LeibesGemeinsame VisionGegenseitiger Trost

TEIL II – LEBENDIGE ZEUGNISSE

Der lebendige Gott

Sie schrien zum Herrn …… und er errettete sie

Eichen(bäume) der Gerechtigkeit

ANHANG

Unterstützer der Trostdienste

Chronologie – Schritt für Schritt

Das Wirken Gottes – Berichte von Zeitzeugen

DANKSAGUNG

Zuallererst danke ich meinem Herrn Jesus Christus, der mir ermöglichte, die großartigen Dinge, die ich mit Ihm erlebt habe, in schriftlicher Form zu verkünden, damit viele erkennen, dass Er immer noch wirkt und Sein Geist immer noch in Bewegung setzt (Johannes 5,17).

Mein zutiefst empfundener Dank geht an Viviane, meine geliebte Frau, und an unsere Kinder, die mit dazu beitrugen, mit der Realisierung der Vision von Solace Ministries anzufangen. Ich schulde ihnen sehr viel. So konnten viele der Werke, über die auf den folgenden Seiten berichtet wird, verwirklicht werden. Sie trugen mit ihrer Großzügigkeit, Zeit, Ermutigung und Gebetsunterstützung dazu bei.

Aufrichtiger Dank geht an Professor Don und Lorna Miller von der Universität Southern California für ihre Begleitung und fort-währende Unterstützung in mehreren Bereichen und beständige Beratung. Ihre Herzen sind beständig bei uns, in unserem Kampf ums Überleben.

Vielfacher Dank geht an meine lieben Freunde und unschätzbaren Mitarbeiter im Dienst, dem Vorstand und der Generalversammlung von Solace Ministries, deren Rat unverzichtbar bleibt.

Meine Wertschätzung geht an eine ganze Armee von Betern, Brüdern und Schwestern in Rwanda und in Übersee, einige davon im Verborgenen. Ohne ihre unverzichtbare Unterstützung hätten die Dinge nicht so zur Ehre Gottes geschehen können, wie sie es taten. Besonderer Dank geht an Sabrina Joy Smith, die das erste Manuskript las und überprüfte.

An Karen von Hünerbein dafür, dass sie nach Rwanda kam und ihren Urlaub dafür einsetzte, bei dem ersten Entwurf zu helfen sowie für ihre fortlaufende Unterstützung aus Deutschland für die Registrierung und das Layout des Buches. Ihre Rolle ist hochgeschätzt.

An Jonathan Lamb für sein hier sein während der letzten Wochen des Schreibens, für sein Lesen des Manuskripts, seine Ermutigung und Unterstützung im Prozess der Finalisierung letzter Details für den Druck.

Ich stehe für ewig tief in der Schuld meiner Tochter Dr. Sylvie Mucyo und meiner Frau Viviane für ihre Zeit des Korrekturlesens für dieses Buch. Ihre kritischen und konstruktiven Vorschläge sind unverzichtbar.

Es gibt eine Person, ohne die dieses Buch nicht geschrieben worden wäre. Das ist Karin Heidrich. Es ist jetzt acht Jahre her, seit sie vorschlug, die Geschichte von Solace Ministries aufzuschreiben, um die wunderbaren Dinge, die Gott getan hat, zu bezeugen.

Seitdem hatte sie sich verpflichtet mir zu helfen das Buch zu schreiben, dazu beizutragen und eine Druckerei zu finden. Ich kann ihr niemals genug danken.

Jean Gakwandi

VORWORT 1

Im November 2001 waren meine Frau Lorna und ich eingeladen, an einer internationalen Konferenz über Völkermord im 20. Jahrhundert in Kigali, Rwanda, teilzunehmen. Dort trafen wir Jean Gakwandi zum ersten Mal. Es war der Beginn einer Freundschaft, die im Laufe der vergangenen vierzehn Jahre weiterwuchs, da wir Solace Ministries jedes Jahr einmal oder mehrmals besuchten. Als wir Solace zum ersten Mal besuchten, war es ein kleines Gebäude mit einigen wenigen Räumen. In den ersten darauffolgenden Jahren verfolgten wir mit Staunen, wie das Gebäude zusätzliche Stockwerke erhielt und sich verwandelte in ein Gästehaus mit einem Speisesaal und Gästezimmern .

Jedes Mal, wenn wir Solace besuchten, fanden neue Bauprojekte statt, einschließlich der jetzt fertiggestellten Versammlungshalle mit angrenzenden Büroräumen, einem Aufnahmestudio Studio und weiteren Gästezimmern. Auf diversen Reisen erlebten wir auch den Bau von Häusern für Witwen mit, sowie von Musterfarmen, wo Witwen effektives landwirtschaftliches Bewirtschaften lernten und Werkräume, in denen Witwen Handarbeiten für den Verkauf herstellten. Auf unserer jüngsten Reise sahen wir auch eine völlig funktionsfähige Gesundheitsklinik.

Aber das Beeindruckendste waren nicht die Gebäude und Farmen, sondern die Menschen, denen wir begegneten.

Viele der Überlebenden erfuhren durch die Liebe und mitfühlende Fürsorge, die ihnen in Solace zuteilwurde, eine dramatische Wandlung.

Als sie das erste Mal zu Solace kamen, waren sie schwer traumatisiert und zeigten die klassischen Symptome einer PTSD. Manchmal saßen sie monatelang in den Mittwochstreffen einfach nur da und sagten nichts. Doch letztendlich hatten sie den Mut mit den anderen Überlebenden, die sich versammelt hatten, ihre Geschichte zu teilen. In diesem Prozess waren sie nicht länger allein. Sie waren Teil einer Gemeinschaft, die ihre Last mit ihnen trug. Die Familie, die sie verloren hatten, wurde neu erschaffen.

Vor einigen Jahren begannen wir mit dem Verfahren Mitglieder der Solace Familie formell zu interviewen. Während wir mehr als 100 Erzählungen über den Völkermord und die Wirkung von Solace Ministries zuhörten, fingen wir an zu verstehen, auf welche Weise die Christliche Botschaft der Hoffnung und Auferstehung mit einem ganzheitlichen Ansatz verflochten ist, der die physischen Bedürfnisse der Menschen wie Obdach, Nahrung und Ausbildung befriedigt. Und darüber hinaus entstand ein Vertrauen in einen Gott, der ein stell-vertretender Vater für Waisen und ein stellvertretender Ehemann für Witwen ist.

Ich glaube, dass Solace Ministries ein Modell für andere Christliche Organisationen in der Welt ist, wo Menschen durch Kriege, Gewalt oder Naturkatastrophen traumatisiert werden. Was ich von Solace gelernt habe, ist, dass Menschen Hoffnung, Gemeinschaft und das Vertrauen, dass Gott sie liebt, ebenso sehr benötigen, wie physische Hilfe – auch wenn beides niemals getrennt werden kann.

Ich habe auch gelernt, dass Heilung bei mitfühlendem Zuhören beginnt. Und das bedeutet bei Solace, dass Menschen wie Jean Gakwandi und Mama Lambert häufig mit Überlebenden in der Seelsorge zusammen weinen. Diese Tränen sind ebenso heilsam für die Trost spendenden wie für die, die getröstet werden.

Tatsächlich bedeutet es häufig, wenn jemand nicht weinen kann, dass alle seine Gefühle ausgesperrt sind – beides Freude ebenso wie Trauer.

Wenn ich mich frage, wieso Solace Ministries in den letzten zwanzig Jahren exponentiell gewachsen ist, dann ist es aufgrund der dienenden Leiterschaft von Jean Gakwandi, der beides ist: sowohl ein Visionär als auch ein demütiger Mann Gottes dessen Visionen aus seiner täglichen Gebetspraxis und des Fragens nach Gottes Leitung entstehen.

Als ein Überlebender des Tutsi-Völkermordes versteht Jean den Schmerz, Familienmitglieder verloren zu haben. Obwohl Solace Ministries viele Partner aus anderen Ländern hatte, ist Solace eine indigene Organisation, deren Methodik und Vision in einzigartiger Weise in der Kultur Rwandas verwurzelt ist.

Trotzdem sind die moralischen Prinzipien von Solace Ministries universell.

Professor Donald Miller

Los Angeles, Kalifornien, USA,August 2015

VORWORT 2

In der westlichen Welt teilen Menschen die intimsten Details aus ihren Leben mit Fremden, häufig sogar im Fernsehen. In dieser sich offen bekennenden und vielleicht maßlosen Zeit sind Zurückhaltung und sogar Würde verloren gegangen.

Das Gegenteil ist der Fall in Rwanda, wo viele Menschen selbst Jahre nach dem Völkermord nicht über die erlittenen Gräuel gesprochen haben. Darum fühlen sie sich allein und verletzlich. Es ist schwer vorstellbar, wie man mit dem Leid der Vergangenheit zurechtkommen und sich gleichzeitig auf eine bessere Zukunft zubewegen soll, während man sich isoliert fühlt und unfähig, durch andere Menschen in der gleichen Lage Trost zu finden.

Jean Gakwandi und sein Solace-Team haben einen Ort geschaffen, an dem sich Überlebende sicher fühlen. Sie können ihre Erlebnisse erzählen und zusammen Gottesdienst abhalten und sich sicher sein, dass sie dies unter Menschen tun, die sie verstehen. Auf diese Weise hat Solace Ministries Tausende Leben verwandelt: sie zeigten den Menschen, dass sie nicht allein sind, dass sie die Liebe Gottes und die Liebe neuer Freunde haben, um ihnen Kraft zu geben. Die kraftvollen Auswirkungen, die dies auf Menschen hat, die in ihrem Leid eingeschlossen waren, bevor sie zu Solace kamen, kann nicht hoch genug geschätzt werden. Wo Menschen sich allein und verängstigt fühlten, fühlen sie sich jetzt geliebt und stark.

Während Solace gewachsen ist, haben Jean und sein Team auf die geistliche und emotionale Hilfe gesetzt, die sie verletzbaren Menschen bieten. Sie bieten Tausenden von Leuten praktisches Training und medizinische Hilfe; ihre Projekte helfen den resilienten und einfallsreichen Überlebenden auf die Sprünge, die sich wünschen, ihre Leben und ihre Gemeinschaften wiederaufzubauen.

Rebecca Tinsley

London, UK, August 2015

TEIL I

DIE WERKE GOTTES

EINFÜHRUNG

„Es war Gottes Plan für mich, dass ich überlebe“, sagte eine junge Dame, bevor sie anfing, ihre Geschichte zu erzählen:

Als die Interahamwe drohten, das Waisenhaus anzuzünden, das zu unserem Versteck geworden war, flohen wir voller Angst und Verwirrung aus diesem Zufluchtsort. Einige von uns gingen zu ihrem Zuhause zurück, welches wenig Sicherheit bot, während andere nach neuen Verstecken suchten. Ich war zu der Zeit auf Besuch bei meiner Tante in Kigali gewesen, denn der Völkermord an den Tutsi begann während der Schulferien. Ich ging mit ihnen wieder zum Haus meiner Tante zurück. Meine eigene Familie lebte einige Kilometer entfernt.

Als wir das Haus erreichten, bat meine Tante mich, gemeinsam mit ihrer Tochter gehen und nach-zusehen, ob die Familie ihrer älteren Schwester, die nur 400 Meter entfernt wohnte, noch am Leben war. Wir waren noch kleine Kinder. Ich war 12 Jahre alt, aber sehr klein für mein Alter und keiner konnte leicht erahnen, ob wir Hutu oder Tutsi waren.

Einmal da, sahen wir, dass alle getötet worden waren außer zwei Kinder, die es geschafft hatten, sich zu verstecken.

Der Mann meiner Tante und eine Tochter waren in eine Fäkalgrube geworfen worden und die Übrigen waren zusammen mit vielen anderen Tutsi in der Sankt-André-Kirche in Nyamirambo getötet worden. Wir waren geschockt und rannten sofort zurück zum Haus meiner Tante.

Als wir näherkamen, hörten wir viele Schreie aus dem Haus kommen.

Die Interahamwe töteten unsere Familie. Die Art und Weise wie einige von ihnen getötet wurden, ist unvorstellbar. Jean Yves Ikibaruta war noch ein Baby. Er wurde gegen die Wand des Hauses geschlagen, bis sein Kopf zerbarst. Sechs weitere Geschwisterkinder wurden mit dem Buschmesser zu Tode gehackt. Nur vier von uns haben überlebt. Nachdem der Völkermord von den Soldaten der RPF gestoppt worden war, ging ich dorthin, wo einmal mein Elternhaus gewesen war. Da war kein Haus. Keiner hatte überlebt. Alles war zerstört. Ich war zerstört. Ich beschloss direkt zum nahen Fluss Nyabarongo zu gehen, wo nach Aussage meiner Nachbarn meine gesamte Familie von den Interahamwe ertränkt worden war. Ich wollte auch sterben. Selbstmord war die bessere Wahl. Es war meine beste Wahl. RPA-Soldaten in der Nähe sahen mich.

Sie ahnten, was ich vorhatte, und kamen und stoppten mich. Ich wurde nach Nyamirambo zurückgebracht.

Die folgenden Jahre waren ein Albtraum. Es war nicht einfach. Ich hatte permanente Kopfschmerzen. Ich ging zur Schule, aber die Kopfschmerzen machten es schwierig, mich zu konzentrieren. Ich wollte lieber sterben als weiterzuleben. Mir war bewusst, dass ich eine Last für die Menschen war, die mich aufgenommen hatten.

2005 erkannte eine Dame, eine Nachbarin, die mich zu einer Kirche in der Nähe mitgenommen hatte, meinen traumatisierten Zustand und sie erzählte mir ihr Zeugnis. Sie ist eine Witwe. Sie sagte mir, dass der Ort, den sie besuchte, ihr geholfen hatte Frieden zu haben. Dieser Ort wird Solace Ministries genannt.

Also nahm sie mich mit zu Solace. Ich war vorher nie dazu fähig gewesen, meine Geschichte zu erzählen. Ich wurde willkommen geheißen und war überrascht jemanden anzutreffen, der sich Zeit nahm, mir zuzuhören. Ich fing an zu weinen, während ich meine Geschichte erzählte. Ich sah, dass er die gleichen Gefühle hatte. Ich bekam auch eine Tasse Tee. In mir begannen sich Dinge zu ändern. Ich war überrascht zu erleben, dass an diesem Ort Menschen waren, die noch Liebe für andere haben.

Mir wurde gesagt, dass ich aus der Sicht Gottes sehr wertvoll bin und dass der Herr große Dinge für mich tun würde. Mir wurde gesagt, dass ich nicht länger allein bin, weil ich jetzt eine Familie hätte. Solace ist jetzt meine Familie.

Von da an konnte ich kein von Solace organisiertes Treffen mehr verpassen. Wir erhielten dort immer aufbauende Botschaften. Solace half mir dabei, wieder in die Schule zu gehen. Aber ich hatte das Ausmaß des Erlittenen noch nicht vollständig realisiert und wie diese Erlebnisse mich wirklich geschädigt hatten. Ich konnte mich in der Schule nicht konzentrieren und ich hatte immer noch starke Kopfschmerzen. Also gab ich meinen Schulbesuch wieder auf.

Allerdings fand ich Freude in der Anbetung Gottes. Ich schloss mich der Gesangsgruppe von Solace Ministries an. Der Herr öffnete viele Türen durch den Dienst der Anbetung.

Ich ging mit dem Solace-Chor nach Uganda und auch nach Europa. Der Herr hat mich auf wunderbare Weise gesegnet und jetzt hat Er mir eine eigene Familie geschenkt. Ich bin verheiratet und habe zwei wunderbare Kinder. Solace vertrat meine Familien-angehörigen bei meiner Hochzeit. Durch Solace Ministries hat Jesus meine Tränen des Leids abgewischt.

Die Tränen, die ich jetzt habe, sind Tränen der Freude und Dankbarkeit. Ich glaube, dass Gott mich gerettet hat und dass Gott der Grund dafür ist, dass ich heute am Leben bin.“

Diese Geschichte ist ein Teil von Charlottes Zeugnis. Jede Person, die zu Solace kommt, hat eine Geschichte zu erzählen. Solange hat ebenfalls fast ihre gesamte Familie im Völkermord verloren. Sie selbst und ihr Zwillingsbruder sind die beiden einzigen Überlebenden einer achtköpfigen Familie und Solange wurde im zarten Alter ein Opfer von Vergewaltigung und davon schwanger. Das hier ist es, was sie sagt:

„Bevor ich zu Solace kam, war mein Herz sehr schwer. Es fühlte sich an, als ob ein großer und schwerer Stein auf mein Herz drückt. Nichts und niemand konnte mich glücklich machen. Ich hasste alles und alle. Ich hasste mich auch selbst.

Ich fühlte mich völlig zerbrochen. Ich fragte mich, wer ich jetzt bin – noch ein Mädchen oder eine Frau, da ich nicht länger eine Jungfrau bin. Ich hasste nicht nur alle Menschen, sondern glaubte, dass auch sie mich hassten. Keiner konnte glauben, dass das Kind, das ich habe, meins ist, aufgrund meines jungen Alters. Ich war erst 14 Jahre alt. Dazu litt ich durch die Vergewaltigung an HIV/AIDS. Ich suchte ständig nach einem Weg mein Leben zu beenden.

Ein junges Mädchen, das bei Solace gewesen war, bat mich, auch dorthin zu gehen.

Am Anfang weigerte ich mich, doch schließlich stimmte ich zu, mit ihr zu gehen. Ich war überrascht, dass sie ihnen von mir erzählt hatte, denn sie erwarteten mich. Ich sah, dass diese Menschen anders waren als diejenigen, die ich bisher in meinem Leben getroffen hatte.

Obwohl ich nicht mit ihnen reden wollte, waren sie geduldig mit mir und zeigten mir Liebe. Schließlich ging ich dorthin zurück und als ich anfing meine Geschichte zu erzählen, begannen Dinge sich zu verändern. Jetzt fühle ich, dass der Stein, der schwer auf meinem Herzen lastete, entfernt worden ist. Ich fühle mich frei.

Ich danke Gott, dass ich zu Solace Ministries kam. Durch sie habe ich verstanden, dass es Gottes Wille für mich war, zu überleben.“

Heute ist Solange ein sehr aktives Mitglied in einer der Solace-Gemeinschaften. Auch wenn es ihr manchmal nicht gut geht, lächelt sie immer. Ihr Kind, ein Junge, wird von Solace bei seiner Ausbildung unterstützt.

Diese Geschichten sind Ausschnitte aus zweien von Hunderten von Zeugnissen, die bei Solace Ministries während der Treffen oder bei Einzelbesuchen zur Seelsorge gehört wurden. Es ist erstaunlich, dass alle mit der Aussage enden, dass sie durch den Willen Gottes überlebt haben.

Die Mehrheit derer, denen bei Solace zugehört wurde, sind Überlebende des Völkermordes gegen die Tutsi in Rwanda im Jahr 1994. Der Völkermord vernichtete mehr als eine Million Leben. Einige Familien wurden komplett ausgelöscht, in anderen Fällen blieben nur ein oder zwei Überlebende übrig, so wie in den beiden Zeugnissen oben.

Das Leid der Überlebenden des Völkermordes

Unter dem Namen „Überlebender“ des Völkermordes ist jede Person zu verstehen, die in der Zielgruppe war und schließlich einen Teil ihrer Familie oder alle verloren hat. Um die Vielschichtigkeit des Leids und der Probleme zu verstehen, die in vielen Fällen in starke Depression bis hin zum Selbstmord führt, muss der Leser wissen, dass das Abzielen auf und die Verfolgung der Tutsi im Jahr 1959 angefangen hat und mehr als drei Jahrzehnte andauerte.

1959 war ich noch ein Kind, aber ich erinnere mich gut daran, was geschah. Unsere Häuser wurden niedergebrannt und dem Erdboden gleichgemacht und unsere Besitztümer wurden geplündert. Die Kühe wurden mitgenommen, geschlachtet und gegessen. Wir waren gezwungen Zuflucht zu suchen und mussten unter schrecklichen Umständen leben. Wir verloren einige unserer engeren und entfernteren Familienmitglieder, darunter die meisten meiner Onkel.

So wie ich, hatten viele Überlebende miterlebt, was geschah. Einige sahen, wie ihre Eltern und Familienmitglieder getötet wurden oder ins Exil gezwungen worden waren. Viele flohen in den Kongo, nach Burundi, Uganda, Tansania oder anderswohin. Aufeinanderfolgende Regime führten, seit 1959 bis 1994, Regeln der Ausgrenzung ein, eine Form von Apartheid, befleckt mit Blut von Tutsi.

In diesen Jahren fing die Entmenschlichung der Tutsi an, in Vorbereitung auf den Völkermord von 1994. Tutsi wurden iyenzi1 oder inzoka2gerufen, um sie so ihres Menschseins und ihrer Rechte zu berauben.

1963 wurden die Leiden durch Tötungen verschlimmert, die in der Weihnachtzeit ihren Höhepunkt erreichten. Ganze Familien wurden ausgelöscht, besonders in der früheren Präfektur Gikongoro.3 Ich erinnere mich daran, dass fast alle Kinder meines Alters oder jünger – ich war fast 11 – Waisen wurden.

Überlebende aus dieser Zeit hatten nicht nur Familienmitglieder verloren, sondern mussten auch fortwährende Frustration und Ausgrenzung ertragen. Sie lebten in Angst vor einer ungewissen Zukunft. Vielen der begabten, klugen Kinder wurde allein aufgrund ihrer ethnischen Herkunft ein Zugang zur Ausbildung verwehrt. Diejenigen, die Zugang hatten, wurden aufgespürt und 1973 aus Schulen und Universitäten ausgestoßen. Einige wurden getötet. Die Probleme verbreiteten sich zu Verwaltungsangestellten, Lehrern und der gesamten Tutsi-Bevölkerung. Familien wurden zerstört, indem einige ihre Familienmitglieder verloren und andere sicherheitshalber ins Exil gingen.

Das Leid und die Schmerzen wurden schweigend ertragen, denn es war keineswegs möglich etwas verbal auszudrücken, aus Angst vor dem, was folgen könnte.

Die Leiden beinhalteten Entmenschlichung, Unterdrückung, Ablehnung, Kummer, Angst, Armut, Verzweiflung, Traurigkeit, Schmerzen, Einsamkeit und Zustände von Depressionen.

Das Leid und die Verluste, die sich 1994 in einem noch viel größeren Umfang wiederholten, lösten viele der seit 1959 erlittenen Traumata erneut aus. In 1994 war die totale Auslöschung der Tutsi das Ziel, was zu brutalen Tötungen führte. Die Gräueltaten, die verübt wurden, sollten unvorstellbare Leiden verursachen. Viele Überlebende blieben behindert, ihre Körper und Gliedmaßen verstümmelt; andere sind entstellt. Verschiedene Arten von Folter und sexueller Gewalt wurden besonders gegenüber Frauen angewandt.

Vergewaltigungen waren systematisch und wurden von Tätern, die mit HIV infiziert waren, als Waffe eingesetzt -eine effiziente Methode um Tutsi-Frauen langsam zu töten, die eines Tages ihre potenziellen zukünftigen Tutsi-Partner anstecken würden. Die emotionalen, inneren Wunden, die ein Ergebnis des Traumas, das jede Einzelne erlebt hat, werden äußerlich als Symptome von Posttraumatischer Belastungsstörung (PTSD) ausgedrückt.

Ein Überlebender ist jemand, der Angst hat. Er oder sie kann Angst haben vor ihren Nachbarn, vor jeder Art von Lärm, vor der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Überlebende leben oft in Armut und Einsamkeit und viele haben Obdachlosigkeit erfahren. Der Schmerz und das Leiden, welche sie während des Völkermordes erduldet haben, sind ständig im Kopf.

Ich erkannte, dass ein Überlebender eine Person ist, die Verständnis und Tröstung benötigt. Gott ist sehr sensibel gegenüber einem leidenden Herz. Die Gebete von einer leidenden Person zu Gott sind echt und ehrlich.

Gleichzeitig hatten die Überlebenden niemand, zu dem sie in ihren extremen Umständen rufen konnten, außer allein zu Gott. Weil Gott voller Erbarmen und Liebe ist, gegenüber Menschen in Leid und Schmerz, gab Er Jesus, um für uns und mit uns allen zu leiden, um so Schmerz und Leid in all seinen Formen zu besiegen und zu beheben.

Gott mobilisierte Menschen zugunsten der Überlebenden des Völkermordes 1994. Sie wurden zu Instrumenten oder Kanälen für Gottes Antwort an die Menschen, die zu ihm riefen.