Solange es Menschen gibt. Ein spannender Roman, in dem grundlegende Aspekte der Führung von Mensch zu Mensch beleuchtet werden. - Rainer Bopp - E-Book

Solange es Menschen gibt. Ein spannender Roman, in dem grundlegende Aspekte der Führung von Mensch zu Mensch beleuchtet werden. E-Book

Rainer Bopp

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Beschreibung

In einer Welt, die ständig im Wandel ist, suchen viele nach neuen Führungskonzepten und innovativen Ansätzen. Doch was, wenn das Geheimnis guter Führung viel einfacher ist, als wir denken?   Entdecken Sie zeitlose Weisheiten für herausragende Führung.  — Mit einem fesselnden Erzählstil und inspirierenden Beispielen führt Sie das Buch durch die grundlegenden Qualitäten und Verantwortungen einer Führungskraft. Lassen Sie sich von den Lehren der Vergangenheit inspirieren. DAS BUCH ZU FRAME SETTING LEADERSHIP

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Rainer Bopp

Solange es Menschen gibt

Zeitlose FÜHRUNG jenseits von Trends und Methoden

© 2023 Rainer Bopp

Lektorat: Barbara Wenz

Coverdesign: Silke Müller

Layout: Dr. Matthias Feldbaum

FRAME SETTING LEADERSHIP VERLAG

ISBN

Hardcover: 378-3-347-95180-8

E-Book: 378-3-347-95181-5

Verlag und Druck:

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Vorwort

Kapitel 1: Der Auftrag

Kapitel 2: Stillstand

Kapitel 3: Blockade

Kapitel 4: Spannungen

Kapitel 5: Im Herzen der Pyramide

Kapitel 6: Der Baumeister

Kapitel 7: Antike Besprechungen

Kapitel 8: Heilige Pflichten

Kapitel 9: Eine Frage der Haltung

Kapitel 10: Fürsorge

Kapitel 11: Zeitdruck

Kapitel 12: Führungsqualitäten

Kapitel 13: Offenheit

Kapitel 14: Übergang

Kapitel 15: Praktische Umsetzung

Kapitel 16: Ein Gruß aus der Vergangenheit

Solange es Menschen gibt. Ein spannender Roman, in dem grundlegende Aspekte der Führung von Mensch zu Mensch beleuchtet werden.

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Vorwort

Kapitel 16: Ein Gruß aus der Vergangenheit

Solange es Menschen gibt. Ein spannender Roman, in dem grundlegende Aspekte der Führung von Mensch zu Mensch beleuchtet werden.

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Vorwort

„Management by Was Auch Immer“, Agile, Objectives and Key Results (OKR), usw. … Die Liste der Management- und Führungsansätze ist lang. Im Kern steht dabei meistens die Frage, welche Führungsmethode zeitgemäß, modern oder aktuell ist? Seit langem schon ist die Wahrnehmung der „nächsten Sau“, die durchs Dorf getrieben wird, verbreitet. Diese sarkastischen Bemerkungen verleiten dazu, diese Ansätze als unnütz abzutun, was natürlich nicht zutrifft.

In diesem Buch geht es allerdings um die Aspekte der Führungsarbeit, die nicht von einer bestimmten Zeit und bestimmten Umständen abhängen. Im Fokus steht der menschliche Aspekt, der über Management, Prozesse und Systeme hinausgeht. Dieser hat sich in den letzten 6.000 Jahren nicht geändert, vermutlich sogar viel, viel länger nicht. Jenseits von Kultur und Kontext zeichnet gute Führung sich im Kern durch dieselben Merkmale aus. Der Titel des Buches, „Solange es Menschen gibt“, verdeutlicht diese Tatsache. Solange Führungskräfte Menschen führen, gelten die immer gleichen Führungsprinzipien.

Es ist also wichtig, nicht den äußerlich sichtbaren Stil mit der Essenz zu verwechseln. Ersterer kann sich tatsächlich sehr stark unterscheiden, je nach Ort und Zeit. Führung findet nicht im „luftleeren Raum“ statt. Die Rahmenbedingungen spielen natürlich eine wichtige Rolle. Doch die Essenz von Führung bleibt immer gleich.

Was ist diese Essenz? Sie lässt sich am besten durch den Begriff des Frame Setting Leadership erfassen. Frame Setting Leadership ist das genaue Gegenteil eines neuen Führungsansatzes. Es beschreibt mit zeitgemäßen Worten die dauerhaften Elemente guter Führung. Frame Setting Leadership besagt, dass die Rolle der Führungskraft darin besteht, den optimalen Rahmen für diejenigen zu bieten, die die Arbeitsleistung für die Kunden erbringen.

Der optimale Rahmen hat natürlich organisatorische Aspekte. Aber er hat auch sehr viel mit der Persönlichkeit der Führungskraft zu tun. Ist der organisatorische Rahmen gesetzt, ganz gleich, wie gut er ist, muss dieser durch die Menschen mit Leben gefüllt werden. Dafür braucht es die Menschen und deren Menschlichkeit. In einem hierarchischen System hat die Führungskraft einen sehr großen Einfluss auf dieses Menschliche. Wird dieser Einfluss negiert und nicht beachtet, leidet unweigerlich das Team und somit auch das Ergebnis der Arbeit.

Manch einem wird die These, gute Führungsarbeit sei zeitlos, sehr gewagt erscheinen. Schließlich wurde zu Anfang der Industrialisierung der Mitarbeiter geknechtet. So wie Armeen aufgebaut waren, wurden Unternehmen aufgebaut. Die Menschen waren sehr schlecht ausgebildet. Man musste sie „rumkommandieren“, sonst ging gar nichts. Dem kann folgendes entgegengehalten werden: Niemand von uns war damals dabei, also wissen wir nicht genau, wie es damals lief. Wenn wir aber einfach davon ausgehen, dass es tatsächlich so zuging (was in den meisten Fällen wahrscheinlich ist), ist es doch kein Beweis für die Wirksamkeit dieser Art zu führen. Tatsächlich gibt es einen beeindruckenden Gegenbeweis. Schon Anfang des 19. Jahrhunderts hat der Unternehmer Robert Owen in seinem Unternehmen New Lanark, das Baumwolle verarbeitete, für seine Mitarbeiter den 8-Stunden-Arbeitstag sehr erfolgreich eingeführt1. Ein weiterer Hinweis findet sich in der Geschichte Frankreichs. König Heinrich IV (1553–1610) musste, schon vor seiner Thronbesteigung, viele Kriege führen. Zu dieser Zeit tobten die Religionskriege mit voller Wucht. Als Feldherr war Heinrich bei seinen Truppen äußerst beliebt. Er verstand die Soldaten, war nahe bei ihnen. Er kam abends an die Lagerfeuer, lachte und scherzte mit den einfachen Fußsoldaten, kämpfte natürlich auch mutig mit. Später, als er schließlich den Thron Frankreichs bestiegen hatte, gelang es ihm, die Religionskriege zu beenden.

Zu jeder Zeit und unter allen Umständen haben gute Führungskräfte ihre Teams inspiriert, haben ihnen Ausrichtung und Mut gegeben, den vorgegebenen Weg von sich aus zu gehen, mit viel Eigeninitiative. Diese Leistung fordert sowohl das Verständnis der eigenen Rolle als Führungskraft, als auch menschliche Qualitäten.

Im vorliegenden Buch werden diese menschlichen Qualitäten beleuchtet. Die Geschichte, welche den Rahmen bietet, ist nicht nur fiktiv, sondern sogar fantastisch. Träumen gehört zum Führen. Das Erzählen von (guten) Geschichten ist ein wesentliches Werkzeug der Führungsarbeit. Aus diesem Grund halten Sie, lieber Leser, kein nüchternes Sachbuch in der Hand, sondern ein erzählendes Sachbuch, einen Roman. Das Buch vermittelt in konzentrierter und zugleich kurzweiliger Form Wissen für alle, die Frame Setting Leadership zu leben wünschen. Eine letzte Frage bleibt zu klären: Kann man diese Dinge lernen oder braucht es dafür Talent? Anders gesagt: Kann man Führung lernen? Meine persönlichen Beobachtungen deuten auf Folgendes hin: Diejenigen, die gute persönliche Voraussetzungen mitbringen, haben es sicher leichter als andere. Allerdings profitieren gerade die „Talentierten“ sehr davon, die guten Führungshandlungen nicht nur instinktiv, sondern bewusst und gezielt durchzuführen. Diejenigen, denen Führen nicht in die Wiege gelegt ist, können sehr große Fortschritte machen, wenn sie sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen. Sie müssen begreifen, dass Führung ein eigener Beruf ist, den man ebenso lernen muss, wie jedes andere Handwerk. Wenn diese Personen den Willen haben, erfolgreich zu führen, können sie die Kraft in sich finden, die teilweise sehr anspruchsvolle Arbeit an sich selbst konsequent zu machen.

Eine abschließende Bemerkung richtet sich an die Leser, die von Altägyptischer Geschichte und Archäologie begeistert sind. In diesem Buch geht es um die Story, nicht um Geschichte. Auch wenn einige der enthaltenen historischen Elemente gut belegt sind, spielt es für dieses Buch keine Rolle, ob es sich um Fakten handelt. Beispielsweise gibt es tatsächlich viele Spekulationen über eine mögliche Grabstätte von Nofretete im Bereich des Grabes von Tutanchamun. Zugleich scheint heute durch Genanalysen erwiesen, dass Nofretete nicht die Mutter des berühmten Pharao war, sondern eine Junge Frau, dessen Mumie schon Ende des 19. Jahrhunderts gefunden wurde.

Eine Legende, die heute als widerlegt gilt, hat Herodot (490– 430 v. Chr.) in die Welt gesetzt: Die Pyramiden seien mit Horden von Sklaven erbaut worden. Tatsächlich war der Grieche über 2.000 Jahre nach der Fertigstellung der Pyramiden in Ägypten. Er konnte also nicht die geringste Ahnung haben, wie es damals wirklich gelaufen war. Dieser Punkt spielt für das Thema dieses Buches eine wichtige Rolle. Mehr dazu später.

Genießen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, die Geschichte und lassen Sie sich Zeit, über die Botschaften zu reflektieren. Dann wird die Lektüre ein weiterer Baustein für Ihre persönliche Entwicklung hin zu einer gute Führungskraft sein.

1 Es gibt zu Robert Owen (1771–1858) viel Literatur. Er wird als einer der Vorväter des Sozialismus gesehen. Ich selbst bin auf dieses interessante Kapitel der Geschichte durch die Geschichte der Philosophie von Richard David Precht aufmerksam gemacht worden, das ich als Hörbuch kennengelernt habe.

Kapitel 1: Der Auftrag

„Was verheimlicht ihr vor mir?“

Der Professor starrt frustriert auf die bunten Wandmalereien vor sich. Die Jahrtausende alten Bilder und Inschriften, grell beleuchtet durch die Scheinwerfer seines Archäologenteams, kennt er in- und auswendig. Doch dieses Wissen hilft ihm nicht weiter. Seit seiner Ankunft im Tal der Könige kommt das Team nicht vom Fleck. Die Zeit läuft ab, die Grabungssaison geht ihrem Ende entgegen.

„Professor Hartmann?“

Unwillig dreht sich der Professor nach dem Eingang des berühmtesten Grabes der Welt um. Heiner Bruch, der vorlaute Radiologe des Teams, streckt den Kopf gerade weit genug herein, um seinen Grabungsleiter hinter dem Steinsarg sehen zu können.

„Das Shuttle ist startbereit, wir können zurück zum Hotel fahren.“ Unwirsch winkt der Professor ab. „Danke, ich bleibe noch. Fahren Sie ohne mich.“

„Soll ich Ihnen den Shuttle wieder zurückschicken?“, erkundigt sich Bruch in bemüht neutralem Ton.

„Ich nehme mir ein Taxi.“ Der Professor wendet sich wieder den Hieroglyphen zu und ignoriert das Schulterzucken seines Mitarbeiters. Seine Gedanken wandern zurück zu dem Tag, als sich scheinbar durch Zufall alles zu dieser Expedition gefügt hatte, die von Anfang an unter einem bösen Stern stand. So zumindest erscheint es Hartmann in diesem Augenblick. Und wenn er zu sich selbst ehrlich ist, auch in vielen anderen Augenblicken dieses unseligen Abenteuers. Sein Renommee steht auf dem Spiel, vielleicht sogar seine Karriere. Und trotzdem fühlt er sich machtlos, die Situation zu verbessern. Was ihn dabei besonders ärgert ist, dass Weizfelt, dieser schleimige Staatssekretär, mit seinen kritischen Bemerkungen möglicherweise Recht behalten könnte. Das Ganze hatte bei einer Konferenz in Berlin begonnen.

Hartmann sieht den Moment deutlich vor seinem inneren Auge: Die Fensterfront im Raum ‚Spree‘ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gab den Blick auf den Fluss frei, an dessen Nordufer der Ministeriums-Neubau lag und nach dem der Sitzungsraum benannt worden war. Das allgemeine Stimmengewirr verebbte, als Staatssekretär Rüdiger Weizfelt ans Rednerpult trat und die Teilnehmer der „Anhörung zur Zukunft der Altertumsforschung“ begrüßte. „Der Minister und ich finden, es kann nichts schaden, wenn sich die Politik vor Entscheidungen auch einmal sachkundig macht.“ Diese Selbstironie quittierte das Publikum mit verhaltenem Gelächter. „Deshalb freue ich mich sehr, dass Sie als Vertreter so exzellenter Institutionen wie der Freien Universität, der Humboldt-Universität, der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, des Deutschen Archäologischen Instituts, des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz unserer Einladung gefolgt sind. Vielen Dank für Ihre Arbeit und ein großes Dankeschön für Ihre Teilnahme an dieser Veranstaltung!”

Während die versammelten Altertumswissenschaftler freundlich applaudierten, betrat eine junge Frau verspätet den Raum und ging zielsicher durch die gut gefüllten Reihen auf einen der letzten freien Plätze in der ersten Reihe zu. Kurz darauf saß sie neben Hartmann, der krampfhaft versuchte, seine neue Sitznachbarin zu ignorieren. Was macht die denn hier?, dachte er irritiert. Seine ehemalige Doktorandin war, seiner Meinung nach, auf archäologischen Irrwegen unterwegs. Karin Götz war diese Meinung ihres ehemaligen Doktorvaters wohlbekannt. Doch sie schien sich nicht darum zu scheren.

„Die Unruhen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling“, fuhr Weizfelt fort, „haben die wissenschaftliche Erkundung der antiken Stätten im Nahen Osten und Nordafrika erschwert und teilweise bis auf den heutigen Tag gänzlich zum Erliegen gebracht. Inzwischen konnten viele Projekte zwar wieder in Angriff genommen werden, aber die prekäre Sicherheitslage macht uns vielerorts weiterhin zu schaffen. Grund genug für die Bundesregierung, alle bisherigen Planungen auf den Prüfstand zu stellen und unsere Aktivitäten, wo nötig, neu auszurichten. Niemand kennt sich auf diesem Gebiet besser aus als unser hochgeschätzter erster Referent, Professor Peter Hartmann vom Institut für Altertumsforschung der Humboldt-Universität.“

Hartmann erhob sich und übernahm den Platz am Rednerpult. Wie immer sprach er frei. Die vielen Stunden im Hörsaal hatten ihn zu einem routinierten Redner gemacht.

„Vielen Dank, Herr Staatssekretär, auch im Namen meiner Kollegen, für die Einladung und die Gelegenheit, die Politik ein wenig mit Fakten zu … irritieren.“ Ein belustigtes Murmeln ging durch den Saal. „Die Erforschung der historischen Stätten und der Kulturen, die sie hervorgebracht haben, hilft uns nicht nur, mehr über unsere Vergangenheit zu erfahren“, fuhr er fort, „sondern versetzt uns auch in die Lage, unsere Gegenwart besser zu verstehen und unsere Zukunft entsprechend zu planen.“

Eine halbe Stunde lang führte der Professor aus, welche Perspektiven die Archäologie in Anbetracht der allgemeinen Weltpolitik, der Kriege, Hungersnöte, Fluchtbewegungen und nicht zuletzt Pandemien in der heutigen Zeit hatte. Seine Ausführungen waren zwar wohlformuliert, aber nicht besonders tiefschürfend, das war sowohl dem Redner als auch seinen Zuhörern bewusst. Doch das war zweitrangig, denn der eigentliche Wert der Veranstaltung lag in den Diskussionsrunden, die im Anschluss geplant waren. Noch ahnte Hartmann nicht, dass es ganz anders kommen würde.

Nachdem er seinen kurzen Vortrag abgeschlossen hatte, trat Weizfelt wieder neben ihn. Kaum hatte er die Anwesenden aufgefordert, Fragen zu stellen, hob Karin Götz unübersehbar die Hand. Seine Hoffnung, Weizfelt möge die gut aussehende junge Frau übersehen, zerschlug sich schnell.

„Ja, bitte, Ihre Frage“, sagte der Staatssekretär und deutete auf Götz. Hartmann versuchte, seinen schmerzlichen Gesichtsausdruck in den Griff zu bekommen. Es war ihm bewusst, wie schlecht ihm dies gelang, während Götz aufstand und sich laut und deutlich an das Publikum wendete.

„Professor Hartmann hat ein realistisches Bild der Situation gezeichnet und nichts beschönigt. Dafür, Herr Professor, vielen Dank!“ Sie nickte ihm kurz zu. „Trotzdem hat die Archäologie für die Menschheit noch viel zu bieten. Auch in diesem Punkt wird ganz sicher jeder Professor Hartmann folgen. Die Frage ist aber, was tut die Archäologie in Anbetracht der Herausforderungen, um sich selbst zu erneuern, neue Wege zu gehen, den Status quo zu brechen?“

Im ersten Moment meinte Hartmann, Götz habe eine rhetorische Frage gestellt. Doch dann drehte sie sich wieder zu ihm um und blickte ihn erwartungsvoll an. Aus dem Konzept gebracht, fragte er in barschem Ton zurück:

„Wollen Sie von Ihren ‚revolutionären‘ Ansätzen bei der Interpretation von Hieroglyphen sprechen? Falls ja, gehört diese Diskussion nicht hierher!“

Bevor Weizfelt, dem die angespannte Situation sichtlich unangenehm war, eingreifen konnte, konterte Karin Götz kampflustig. „Sie wissen genau, dass es nicht nur um meine Forschungsansätze geht. Die Archäologie ist heute so antiquiert wie die Objekte, die sie erforscht.“ Mehrere Hände hatten sich inzwischen erhoben. Erleichtert rief Weizfelt einen Herrn mittleren Alters auf, der in der Saalmitte saß. Hartmann konnte sich nicht erinnern, den Kollegen zu kennen, und suchte in seinem Gedächtnis, während der Aufgerufene sich ebenfalls erhob.

„Ich kann den Ausführungen des werten Kollegen Hartmann durchaus folgen, gebe aber auch meiner Vorrednerin teilweise recht. Ergänzen will ich allerdings, dass uns Archäologen in den letzten Jahren eine spektakuläre Entdeckung fehlt. Wir brauchen die Unterstützung der öffentlichen Meinung, sonst wird die Politik uns nach und nach den Geldhahn zudrehen.“

Karin Götz, die immer noch stand, hob die Hand und setzte, ohne auf Weizfelt zu warten, an. „Vielen Dank für diesen Hinweis. Sie haben vollkommen recht.“ Der Herr in der Saalmitte neigte höflich den Kopf. „Daher sollten wir jede Chance nutzen. Zum Beispiel ist hinlänglich bekannt, dass sich das Grab der Nofretete im Grabkomplex des Tutanchamun befindet. Wir müssen nur den Mut haben, uns ernsthaft auf die Suche zu machen …“

Hartmann konnte nicht an sich halten. Erneut gelang es ihm nicht, einen sachlichen Ton zu wahren. Hätte er geahnt, was kurze Zeit später geschehen sollte, hätte er sich seine Reaktion verkniffen.

„Frau Götz, wem, bitteschön, ist ‚hinlänglich bekannt‘, ich zitiere, dass das Grab der Nofretete im Komplex des Tutanchamuns ist? Oder überhaupt im Tal der Könige? Diese unwissenschaftlichen Spekulationen haben in dieser Runde überhaupt nichts verloren“, fügte er hinzu, hilfesuchend an das Auditorium gewandt.

Götz lächelte gelassen in die Runde und setzte sich auf ihren Platz. Das lange Schweigen im Saal machte deutlich, dass niemand daran interessiert war, sich in diesen Disput einzumischen. Auch Weizfelt schien vorübergehend überfordert zu sein, was Hartmann insgeheim freute, trotz der peinlichen Situation. Der Staatssekretär gehörte, gelinde gesagt, nicht zu seinen liebsten Ansprechpartnern.

Ein junger Mann in perfekt sitzendem Sakko, der genau in diesem Moment die Saaltür öffnete, rettete Redner und Moderator. Der Herr im Sakko sah sich kurz um und ging dann zielstrebig auf Staatssekretär Weizfelt zu. Dieser trat mit fragendem Blick vom Pult weg. Beide Herren steckten die Köpfe zusammen. Das kurze und intensive Gespräch, das sie im Flüsterton führten, zog die Aufmerksamkeit des ganzen Saals auf sich. Weizfelts Augen öffneten sich vor Staunen, mehrmals sah man ihn den Kopf schütteln, sein Blick wanderte zu Karin Götz. Schließlich ging er nachdenklich zum Rednerpult.

„Meine Damen und Herren, soeben erhalte ich eine“, er suchte nach dem richtigen Begriff, „eine Nachricht, die kaum zu einem eigenartigeren Augenblick kommen kann. Wovon war gerade die Rede? Vom Grab der Nofretete. Tja …“ Er zögerte. „Tatsächlich wurden vor zwei Tagen mittels Radartechnik zwei Hohlräume im Grabkomplex von Tutanchamun nachgewiesen.“

Ein Raunen ging durch den Saal. Hartmann, der ein Stück vom Rednerpult weggetreten war, schaute mit offenem Mund auf den Staatssekretär. „Es gibt auch gleich eine sehr gute Nachricht“, fuhr dieser fort. „Die ägyptische Regierung hat bereits signalisiert, dass eine Unterstützung seitens der Bundesrepublik erwünscht ist. Die Regierung vermutet …“, Weizfelt zögerte erneut und blickte etwas unsicher zu Hartmann hinüber, „dass diese Hohlräume möglicherweise das Grab der Nofretete sein könnten. Wie werten Sie das, Herr Professor?“

Die Frage überrumpelte Hartmann, der sich gerade intensiv über die triumphale Miene ärgerte, die Götz, nach anfänglicher Verblüffung, aufgesetzt hatte. Nachdem er sich wieder gefangen hatte, machte er eine wegwerfende Handbewegung: „Zwei Hohlräume bedeuten erst mal alles Mögliche und gar nichts - sicher will sich jemand im ägyptischen Ministerium wichtig machen. Was natürlich nicht heißen soll“, fügte er schnell hinzu, als er das Stirnrunzeln seines Publikums sah,“dass wir dieser Sache nicht nachgehen müssen.“

Vor den Augen von Peter Hartmann sind die Hieroglyphen an der Wand verschwommen, während er die unerfreuliche Szene Revue passieren lässt.

„Hier gibt es kein Grab, weder von Nofretete noch von sonst irgendjemanden. Wenn es etwas in diesen Hohlräumen gibt, dann höchstens Luft und Bakterien. Natürlich“, gesteht er sich ungern ein, „wurden solche Hohlräume in den Felsengräbern im Tal der Könige eigentlich nicht geschlagen. Warum auch? Diese sind nur von den Pyramiden bekannt. Vielleicht einfach eine natürliche Grotte, die schon vorher bestand?“ Doch es hilft nichts. Hartmann muss sich eingestehen, dass seine Motive gänzlich unwissenschaftlich sind. Es kann nicht sein, dass diese Götz recht behält. Der Professor ist in einem Zwiespalt. Auf der einen Seite wäre es die Krönung seiner Karriere, wenn er als Expeditionsleiter das Grab der Nofretete entdeckte. Auf der anderen Seite würde eine Person recht behalten, mit der er auf keinem Fall in Verbindung gebracht werden möchte.

Entsprechend erinnerte er sich mit gemischten Gefühlen an das, was danach gekommen war. Weizfelt hatte sich entschuldigt und war eilig und mit wichtigtuerischer Miene aus dem Raum gelaufen.

Der nächste Redner war von einem Assistenten etwas unbeholfen angekündigt worden. Niemand hatte dem Mann wirklich zugehört. Neben Hartmann, der sich wieder gesetzt hatte, war Götz unruhig auf ihrem Stuhl hin und her gerutscht. Nach zehn Minuten war sie aufgestanden und gegangen, ohne ihn noch einmal angeschaut zu haben. Irgendwann, mitten im Vortrag, hatte jemand ihm auf die Schulter getippt. Der junge Mann im perfekt sitzenden Sakko hatte ihm zugeflüstert: „Der Staatssekretär möchte Sie gern in seinem Büro sprechen.“ Der Ton war höflich, aber der junge Schnösel nahm sich und seinen Staatssekretär zu wichtig. Hartmann mochte ihn nicht.

Weizfelt hatte Hartmann ohne Umschweife eröffnet, dass er die Expedition leiten solle. Die Frage, ob er verfügbar sei und bereit, die Verantwortung zu übernehmen, wurde nicht gestellt. Hartmann selbst war eingebildet genug, um von diesem Auftrag nicht überrascht zu sein. Die Regierung wollte jemanden schicken, der in der Welt der Archäologie etwas galt. Auf der anderen Seite drohte Blamage, wenn sich die Sache nach großen Ankündigungen als Seifenblase erweisen sollte. Weizfelt würde es gut passen, wenn ausgerechnet Hartmann diesen Dämpfer erhielte. Kurz hatte er geschwankt, dem Staatssekretär eine Abfuhr zu erteilen. Dann hatte er zugestimmt.

„Prima!“, hatte Weizfelt ausgerufen, um dann sofort ein ernstes Gesicht aufzusetzen. „Allerdings“, fuhr er fort, „möchte der Minister, dass Sie wissen: Sie stehen unter Beobachtung.“

„Wie bitte?! Unter was?“ Hartmann war die Luft weggeblieben. „Sie haben richtig verstanden, unter Beobachtung.“ Weizfelt deutete auf einen blauen Aktenordner, auf dessen Rücken Hartmann die Worte „Altertumsforschung – Effizienz – Risiken“ entziffern konnte.

„Zur Leitung einer solchen Operation gehört mehr als archäologisches Know-how“, dozierte der Staatssekretär, während er eine Hand auf den Ordner vor sich auf den Glastisch legte. „Es geht nicht nur um Mumien, Hieroglyphen und Tonscherben, sondern vor allem um die Führung des Teams, das nur erfolgreich sein kann, wenn alle Mitglieder reibungslos zusammenarbeiten.“

Er schob Hartmann den Ordner zu, der diesen widerwillig aufnahm. „Hier finden Sie die Auswertungen der fünf letzten Exkursionen, die wir gefördert und Ihrer Leitung anvertraut haben.“

„Auswertungen?“, fragte Hartmann perplex und blätterte orientierungslos in dem Ordner.

„Der Minister selbst hat mich gebeten, Ihnen diesen Ordner zu überreichen. Die Regierung ist insgesamt bemüht, die Effizienz, mit der öffentliche Mittel verwendet werden, zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund wurden Untersuchungen durchgeführt.“

Hartmann konnte es sich nicht verkneifen, die Augen zu verdrehen. „Was ist den bei den Untersuchungen herausgekommen?“, fragte er in bemüht teilnahmslosen Ton.

„Ich will nicht lange drumherum reden. Viele Ihrer Expeditionen waren zwar grundsätzlich erfolgreich. Allerdings nur vom Ergebnis her.“

„Zählt denn noch etwas anderes?“, fragte Hartmann schroff.

Unbeirrt fuhr Weizfelt fort: „Sie wären noch erfolgreicher gewesen, wenn es in Ihren Teams nicht so oft zu Reibungsverlusten gekommen wäre.“

„Reibungsverluste? Was genau soll das heißen?“

„Während Ihrer drei letzten Expeditionen mussten wir sieben Forscher unterwegs austauschen, weil sie sich weigerten, weiter unter Ihrer Leitung zu arbeiten. Und, wie Sie sich erinnern, konnten wir beim letzten Mal zwei Top-Archäologen gar nicht erst für eine Mitarbeit gewinnen, weil sie fürchteten, von Ihnen allzu sehr gegängelt zu werden.“

„Ich muss mich doch sehr wundern …“ Hartmann schlug den Ordner mit einem hörbaren Knall zu. „… dass die Untersuchung mir die Verantwortung für das Verhalten dieser Archäologie-Primadonnen in die Schuhe schiebt. Als Expeditionsleiter muss ich ja wohl dafür sorgen, dass jeder seinen Job macht – und zwar so, wie ich das als hauptverantwortlicher Experte für richtig halte. Wenn alle glücklich sind und wir nichts herausfinden, ist schließlich keinem gedient.“

Der Staatssekretär nickte zustimmend. „Natürlich liegt die Verantwortung für das Ergebnis beim Expeditionsleiter, Herr Professor, die kann und will Ihnen niemand abnehmen. Bei der Zielerreichung könnte Ihnen aber etwas weniger Starrsinn und dafür etwas mehr Leichtigkeit nur von Nutzen sein.“

„Was soll das denn konkret heißen?“

„Bei den Untersuchungen hat sich herauskristallisiert, dass Ihnen offensichtlich einige wichtige Elemente erfolgreicher Führungsarbeit fehlen.“ Weizfelt nahm Hartmann den Ordner aus der Hand und blätterte eine Seite gezielt auf. „Hier, sehen Sie: Fünf Schlüsselfaktoren sind Bewusstheit, Klarheit, Sicherheit, dezentrale Entscheidungen und persönliche Entwicklung.“

Hartmann überflog mehrmals die kurze Liste. „Es tut mir leid, Herr Staatssekretär, damit kann ich gar nichts anfangen.“

„Ich habe auch erst mal die Details lesen müssen, um es zu begreifen“, gestand der Staatssekretär ein. „Einfach gesagt heißt es, dass Ihre Mitarbeiter nur dann im Sinne des großen Ganzen erfolgreich sein können, wenn Sie jedem Einzelnen bewusst machen, um was es bei dem Projekt geht und welche Funktion er dabei hat. ‚Klarheit‘ steht dafür, dass jeder nicht nur genau weiß, was er selbst zu tun hat, sondern dass ihm darüber hinaus alle für die Expedition als Ganzes wichtigen Informationen zur Verfügung stehen. So kann jeder im Team alles, was er tut, richtig einordnen. Höchstmögliche Transparenz ist ein Schlüsselfaktor für Ihren Erfolg, denn diese gibt allen Beteiligten Sicherheit. Ein weiterer Punkt: ‚Entscheidungen dezentral‘ von den jeweiligen Akteuren treffen zu lassen, führt zu qualifizierteren Entscheidungen mit besseren Ergebnissen und ganz nebenbei zu zufriedeneren Teammitgliedern. Zum Stichwort ‚Sicherheit‘ ist noch etwas zu erwähnen: Expeditionsleiter, die ihren Teams den Rücken stärken und sie zu autonomen Entscheidungen anhalten, sind im Schnitt wesentlich erfolgreicher, weil ihre Teammitglieder sich auf das eigentliche Thema konzentrieren, statt ihre Energie in die eigene Absicherung zu stecken.“ „Das kommt von einem Theoretiker, nicht wahr? Der hat keine Ahnung, wie es im Feld aussieht.“ Bevor Weizfelt antworten konnte, fuhr er fort. „Und was ist mit ‚persönlicher Entwicklung‘ gemeint?“ „Ein ganz wichtiger Punkt laut unserer Analyse.“ Weizfelt klappte den Ordner zu und übergab ihn wieder dem Professor. „Ein zentraler Aspekt: Als Expeditionsleiter tragen Sie nicht nur Verantwortung für die Weiterqualifizierung Ihrer Teammitglieder, wo immer dies nötig ist, sondern auch für die Weiterentwicklung Ihrer eigenen sozialen und insbesondere Ihrer kommunikativen Kompetenz. Als Führungskraft überzeugen Sie nur mit entsprechender Persönlichkeit und adäquatem Auftritt. Machen Sie sich keine Sorgen. Ich stelle Ihnen einen kompetenten Mann bei, dessen Expertise Sie brauchen werden und der zudem Führungserfahrung aus der Industrie mitbringt, die Sie gebrauchen können.“

Hartmann hatte es gerade noch geschafft, dem Staatssekretär nicht sofort eine Abfuhr zu erteilen. Inzwischen war er sich nicht mehr sicher, ob es nicht viel besser gewesen wäre, den Auftrag in diesem Moment rundweg abzulehnen. Stattdessen hatte er gefragt, ohne sich zu bemühen, den ironischen Unterton zu verbergen: „Und wer ist dieser Experte?“

„Heiner Bruch.“

„Bruch, der Radiologe?“

„Eben der …“

Hartmann kannte Bruch flüchtig. Ein junger Mann, zumindest aus der Perspektive eines erfahrenen Universitätsprofessors, der kurz vor seiner Emeritierung stand, ein Mann, der das Leben leicht nahm. Heiner Bruch hatte nach seinem Studium zunächst in der Industrie gearbeitet, bevor er seiner Passion, der Archäologie, nachgegangen war. Soweit Hartmann bekannt war, kam Bruch aus wohlhabendem Hause und brauchte nicht zu arbeiten, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Kurz, ein Amateur. Der allerdings Glück gehabt hatte. Mit seinen radiologischen Untersuchungen an der Mumie von Tutanchamun hatte Bruch die wahre Todesursache des jungen Königs herausgefunden. Damit war er zu einer Berühmtheit in der Szene geworden.

Den Rest des Teams hatte Hartmann selbst zusammenstellen können. Allerdings musste er zermürbt feststellen, dass einige Experten, die sich eigentlich die Finger nach einer solchen Aufgabe hätten lecken müssen, aus den verschiedensten Gründen keine Zeit hatten. Hartmann waren damals die ersten Zweifel gekommen, ob vielleicht an der Untersuchung und den Ergebnissen in dem blauen Ordner doch etwas Wahres dran sein könnte.

So war er kurze Zeit später mit einem Team in Luxor gelandet, das er zwar als gut betrachtete, das man aber bei Weitem nicht als herausragend bezeichnen konnte. Und dann war zu allem Überfluss auch noch Karin Götz im Tal der Könige aufgetaucht.

Kapitel 2: Stillstand

Der Professor seufzt und schüttelt den Kopf. Er blickt auf die Metallkonstruktion, die Bruch hat installieren lassen, um sein radiologisches Equipment aufzunehmen. Bisher war allerdings nicht viel herausgekommen. Der Radiologe konnte noch nicht einmal endgültig bestätigen, dass die Hohlräume, die ein japanisches Team entdeckt zu haben glaubte, tatsächlich vorhanden waren. Die Japaner waren ziemlich verschnupft, nicht selbst die Nachforschungen machen zu dürfen. Doch Hartmann war völlig klar, welches Spiel die ägyptische Regierung hier spielte. Sie hatte es auf die Büste der Nofretete abgesehen, die in Berlin im Museum stand statt in Kairo, wie es aus Sicht der Ägypter richtig gewesen wäre. Um die Wogen zu glätten, hatte man sich darauf geeinigt, einen der japanischen Experten hinzuzuziehen. Dieser unterstützt Bruch nach besten Kräften, so viel muss Hartmann dem Mann zugestehen.

Hartmanns Gedanken wandern in der Zeit zurück, viele Jahrhunderte. So oft er auch in Ägypten gewesen war, so wenig kann er sich daran gewöhnen, mit den unglaublichen Leistungen dieser Menschen in grauer Vorzeit konfrontiert zu sein. „Wie habt ihr das bloß geschafft?“, fragt er sich, „wie habt ihr mit so einfachen Werkzeugen diese tiefen Gräber gegraben, so perfekt? Wie konntet ihr ein Bauwerk wie die Cheopspyramide errichten?“ Der Klang seiner eigenen Stimme überrascht ihn. Er hat, ohne es zu merken, laut zu sich selbst gesprochen. Er seufzt erneut, steht auf und schaltet die Scheinwerfer aus. Jetzt erscheint der Raum wieder in der verhaltenen Beleuchtung, die für Touristen bestimmt ist.

Als er vor das Grab tritt, sieht er, dass die Dämmerung schon eingesetzt hat. Um so überraschter ist er, Faisal Mansour zu erblicken, der gerade mit einer kleinen Gefolgschaft in Uniform am Eingang des Grabes vorbeiläuft. Der Chef der Altertumsverwaltung hatte sein Team bei der Ankunft am Flughafen empfangen und dafür gesorgt, dass alle Formalitäten geregelt waren. Mansour überwachte die Arbeiten von ägyptischer Seite und war zudem die Verbindungsperson zu den anderen Behörden. Hartmann kannte Mansour von früheren Expeditionen und schätzte die Kompetenz des Ägypters. Da Mansour in Kairo stationiert war, fanden die meisten Abstimmungen telefonisch statt.

Daher ist Hartmann erfreut, den Ägypter im Tal der Könige anzutreffen.

„Ich bin etwa alle drei Wochen hier“, erklärt Mansour, „um über die Entwicklungen der verschiedenen Projekte direkt vor Ort informiert zu werden und gegebenenfalls wichtige Dinge mit eigenen Augen zu sehen. Sie wissen, wie viel hier ständig zu tun ist, um die Gräber in gutem Zustand zu halten.“

„Allerdings“, bestätigt Hartmann.

„Ich bin gleich fertig. Wenn Sie noch etwas Zeit haben und es für Sie nicht zu spät ist, können wir uns dann noch kurz zusammensetzen und über die Fortschritte Ihrer Nachforschungen sprechen?“

„Selbstverständlich, gerne.“ Der Professor lächelt gequält. Am Telefon ist es etwas leichter, das Ausmaß der Probleme herunterzuspielen. Außerdem ist ihm bekannt, dass Mansour auch mit Weizfelt in Kontakt steht. Trotzdem kann und will er die Einladung des Ägypters nicht ablehnen.

Wenig später sitzen beide in einem der Container, welche die ägyptische Regierung dem Team zur Verfügung gestellt hat.