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"Ist es nicht verrückt? Ohne diese Krankheit hätte ich mir meinen größten Wunsch, Sängerin zu werden, nie erfüllt. Und gleichzeitig kann mir die Krankheit alles wieder nehmen." Helena Zumsande ist mit einundzwanzig Jahren an Magenkrebs gestorben. Ihre Heilungschancen waren gering. Trotzdem kämpfte sie bis zum Schluss. Dabei halfen ihr ihre Familie - und die Musik. Ihr Musikvideo Ein Song für Helena, das sie im Juni 2015 postete, hat die Herzen der Internetgemeinde berührt. Für Helena war das ein großes Glück: "Allen Mut und alle Lebensqualität schöpfe ich, seit ich aus der 'normalen' Welt herausgeschleudert wurde, aus der Hilfe, dem Zuspruch und der Anteilnahme von anderen." Helena Zumsande ist am 15. August 2015 gestorben. Die Arbeit an ihrem Buch konnte sie noch abschließen. Es ist so erschienen, wie sie es sich gewünscht hat.
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Das Buch
Als sie achtzehn ist, ändert sich Helenas Leben. Sie leidet an Übelkeit und Magenproblemen, fühlt sich schlapp und immer unwohl. Eine Ärzte-Odyssee beginnt. Dann, zwei Jahre später, bekommt sie die niederschmetternde Diagnose: Magenkrebs im fortgeschrittenen Stadium. Seither kämpfte Helena: gegen die Krankheit und für jeden positiven Moment. Dabei half ihr ihre große Leidenschaft, das Singen. In ihrem Buch beschreibt sie, was jetzt in ihrem Leben wirklich zählt, welche Träume sie noch hat und was ihr die Musik geben kann. Helenas Geschichte ist berührend und hat eine klare Botschaft: Tu, was dir am Herzen liegt.
Helena Zumsande ist am 15. August gestorben. Die Arbeit an ihrem Buch konnte sie noch abschließen. Es ist so erschienen, wie sie es sich gewünscht hat.
Die Autoren
Helena Zumsande wurde 1993 geboren. Sie begann eine Ausbildung zur Erzieherin, die sie wegen ihrer Krebserkrankung frühzeitig abbrechen musste. Ihr eigentlicher Traum war es, Sängerin zu werden. Mit einem emotionalen Musikvideo auf Facebook erregte sie im Juni 2015 große Aufmerksamkeit in aller Welt.
Nina Poelchau ist Redakteurin beim Stern, Fachgebiet: Psychologie. Sie begegnete Helena Zumsande im Zuge anderer Recherchen in einem Hamburger Krankenhaus. Helena Zumsande sagte ihr später: »Ich habe immer gewusst, dass ich noch jemanden treffen werde, der mir hilft, meine Geschichte aufzuschreiben.«
Helena Zumsande
mit Nina Poelchau
Solange ihr mein Lied hört
Mein Leben mit Krebs
Mit einem Nachwortvon Sarah Connor
ullstein extra
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ISBN 978-3-8437-1242-2
© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2015Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, MünchenUmschlagfoto: © Nina Poelchau
E-Book: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin
Alle Rechte vorbehalten
An das Leben
Über das Buch und die Autoren
Titelseite
Impressum
Widmung
Warum ich dieses Buch schreibe
All of Me
Gut aufgelegt, fast überdreht
Einblick in mein Leben
Die anderen konnten fast alles, ich nichts
Überall Stress
Party, Party, Party
Ich singe
Casting in Hamburg
Chess
Die Krankheit
Fast wäre ich in der Psychogruppe gelandet
Die Schockdiagnose
Was ist wirklich wichtig?
Schreckliches Schweigen
Das Mädchen mit den langen Haaren
Ich will gesund werden
Kampf ums Überleben
Mein einundzwanzigster Geburtstag
Über die Liebe
Ich möchte an ein Wunder glauben
Getrennt von der Welt
Disziplin und Gebet
Veränderungen
Der Tod
Warten, warten, warten
Ein Song für Helena
Wie schön du bist
Nachwort
Quellen
Bildteil
Feedback an den Verlag
Empfehlungen
Mit einem Mal wirst du mit dem Wort »unheilbar« konfrontiert. Niemand kann sich vorstellen, was das bedeutet. Ich jedenfalls konnte es überhaupt nicht. Ich war doch eine ganz normale junge Frau, die vor allem Klamotten und Party im Kopf hatte, ihre Clique, die Sehnsucht nach Freiheit und großen Reisen. Mein Traum: eines Tages auf einer Bühne zu stehen und vor großem Publikum zu singen. Doch dann: Magenkrebs. Finales Stadium. Ich war noch nicht mal einundzwanzig Jahre alt.
Es ist so viel passiert seit der Diagnose. So viel Schreckliches, aber, so verrückt das klingen mag, auch so viel Phantastisches. Schon bald hatte ich das Gefühl, dass ich meine Geschichte erzählen möchte.
Zum einen möchte ich das, weil ich Menschen in vergleichbarer Situation die schreckliche Odyssee ersparen will, die mir widerfahren ist. Ich denke da vor allem an den Umgang einiger Ärzte mit mir und meiner Familie. Klar, Ärzte können vieles richtig machen, aber leider auch verdammt viel falsch. Es ist so wichtig, dass Fachleute sich Zeit nehmen, dass sie einem aufmerksam zuhören, dass sie genau hinschauen. Es kann so tragisch sein, wenn sie nur den einen Teil des Körpers betrachten, auf den sie spezialisiert sind, und einen dann mit den Worten »Du hast nichts« oder »Jetzt wird das wieder« wegschicken.
Zum anderen ist es mir auch ein Anliegen zu erzählen, woraus ich allen Mut und alle Lebensqualität schöpfe, seit ich aus der »normalen« Welt herausgeschleudert wurde: nämlich aus der Hilfe und dem Zuspruch von anderen. Diese Anteilnahme habe ich auf Facebook von Abertausenden gespürt. Sie bedeutet mir sehr viel.
Und ich habe sie auch von einer Freundin entgegengebracht bekommen. Ich kenne sie schon lange, doch eigentlich richtig kennengelernt habe ich sie erst im vergangenen Jahr. Sie ist diejenige, die kontinuierlich den Kontakt zu mir hält, auch dann, wenn ich einfach nur kaputt, mutlos und traurig in der Ecke hänge. Andere Freundinnen und Freunde haben sich von mir abgewendet. Das ist eine harte Erfahrung. Klar weiß ich: Sie sind unsicher, sie wissen einfach nicht, wie sie mit jemandem umgehen sollen, der schwer krank ist. Trotzdem. Den Kontakt abzubrechen, ist immer eine schlechte Lösung. Ich habe mich, wenn das passierte, jedes Mal verlassen und abgehängt gefühlt. Wer meine Geschichte liest, dem wird ganz nebenbei auch klar, dass es eigentlich gar nicht so schwierig ist, mit mir in Verbindung zu bleiben.
Besonders wichtig für mich ist meine Familie. Alle sind für mich da. Meine Eltern, mein Onkel, meine Geschwister. Egal ob mit Taten, Worten oder einfach nur schweigend. Das habe ich immer gespürt, das ist mir beim Erzählen meiner Geschichte sehr deutlich geworden. Meine Familie hält mich. Dafür bin ich von ganzem Herzen dankbar.
Ich bin zurück! Durch die Hölle gejagt. Wieder auferstanden. Ganz schön verändert bin ich, fast muss ich sagen: demütig geworden. Was nimmt man sich nicht alles vor, wenn man so verdammt tief unten ist. Das Leben zu ehren, jede Sekunde zu lieben, jedes Blümchen, jedes Lächeln, jeden Donut, den man essen kann, ohne sofort anschließend kotzen zu müssen.
Ich bin wieder im Leben, an Deck, am Mikrophon. Ich lasse mich nicht unterkriegen. Mein Kopf war unter Wasser, aber ich bin wieder aufgetaucht. Die Tumore sind in die Flucht geschlagen. Sie schrumpfen. Sie schrumpfen sich zu Tode. Sie töten nicht mich, sie sterben selbst.
Bald wird in der Computertomographie gar nichts mehr von ihnen zu sehen sein. Weg mit dir, Krebs, nur weg! Auf Wiedersehen sage ich nicht, das wäre ja verrückt. Hey, ihr Krebszellen, ich singe wieder. All of Me. Und das wird, ich verspreche es, nicht mein letztes Lied sein. Wie schön du bist werde ich als Nächstes singen. Wie schön du bist, Leben! Und das nächste Lied ist dann mein eigenes. Eines mit richtig krassem Text.
Ich weiß jetzt, wovon ich spreche. Alle sollen das hören. Ich bin zurück in der Welt der Menschen, die eine Zukunft haben, ich bin glücklich. Ach, viel mehr noch: über-überglücklich.
So fühlte sich das an, damals im November 2014 in einem Tonstudio mitten in Hamburg. Mein Onkel hatte es für mich angemietet. Ich hatte gerade den ersten Block einer harten Chemotherapie hinter mir. In gewisser Weise waren er und ich Leidensgenossen, denn er hatte zwei Jahre vorher eine schwere Krankheit durchgemacht. Außerdem teilten wir die Liebe zur Musik.
Helmuth wohnt bei uns um die Ecke. An unser Haus grenzt ein Naturgebiet mit alten Bäumen und schmalen Wegen. Dort trafen wir uns an einem Nachmittag beim Spazierengehen. Ich dachte damals, es wäre ein Zufall, dass er da auch gerade herumlief. Später erzählte er mir, er habe mich abgepasst. Er wusste, wie krank ich war, und suchte deshalb Kontakt zu mir, wollte aber nicht aufdringlich sein und einfach bei uns zu Hause klingeln. Seine Idee war, mir von dem neu eingerichteten Studio eines seiner Freunde zu erzählen und mich so auf andere Gedanken zu bringen.
Wie immer sah er so aus, als wäre er unterwegs zu einem offiziellen Termin; er trug ein gebügeltes Hemd und Markenjeans. Mein Onkel ist so ein Typ, den man nie in Jogginghosen und Latschen antrifft. Man kann ihn deshalb für ein bisschen snobistisch halten, also für jemanden, der denkt, er wäre was Besseres. Ich glaube, ganz ehrlich, das tut er auch. Aber, na und? Er hat ein ziemlich gutes Herz.
Wir blieben stehen, ich war noch so schwach, dass ich mich an einen Baumstamm lehnen musste. Dann erzählte er mir begeistert von seinem Freund und von dessen mega-ausgestattetem Tonstudio, und dass er da jetzt seine Klavierstücke aufnehmen würde. Ich fühlte mich wie angezündet, bettelte sofort: »Ich will dort singen.«
Mein Onkel sah mich vergnügt an, schließlich hatte er von vornherein gewollt, dass es darauf hinausläuft. Er überlegte kurz, dann antwortete er: »Klar, machen wir. Du sagst einfach, welches Stück. Nächste Woche habe ich Zeit.« So schnell ging das.
Später erzählte er mir, er habe nicht gedacht, dass ich tatsächlich so talentiert bin. Zwar wusste er, dass seine Nichte eine hübsche Stimme hat und schon seit ihrer Kindheit bei jeder Gelegenheit herumträllert. Aber dass sie so herausragend gut singt? Das habe er nicht ahnen können.
Für mich war es wie früher vor Weihnachten. Eine kribbelnde Vorfreude breitete sich in meinem ganzen Körper aus. Ich musste nicht lange überlegen, welches Stück ich aufnehmen wollte. All of Me von John Legend. Den amerikanischen R&B-Sänger finde ich gut, er wirkt auf mich überzeugend. Er kommt aus einfachen Verhältnissen. Nach seinem Studium arbeitete er als Berater für ein Consulting-Unternehmen und hat dort bestimmt viel Geld verdient – aber er hat sich trotzdem für die Musik entschieden. Das dürfte erst mal ziemlich mutig gewesen sein, denn egal, wie viel Talent jemand hat, nur wenige schaffen es zum Star. John Legend ist das gelungen. In Amerika ist er ein Superstar.
All of Me ist ein Lied, das so viel für mich ausdrückt. In dieser schweren Zeit meines Lebens habe ich es oft im Kopf, den Text, die Melodie, seine tiefe, warme Stimme. Manchmal, wenn ich das Lied höre, kommt es mir vor, als hätte es John Legend für mich ganz persönlich geschrieben. Diese Zeile zum Beispiel, sie passt so gut: »My head’s under water, but I’m breathing fine.« Was für ein Satz! Wenn mein Kopf unter Wasser ist, atme ich trotzdem fein weiter. Na ja, fein, das ist keine gute Übersetzung. Ich atme trotzdem weiter. Tapfer weiter. So in der Richtung. Trotzig klingt das für mich. Zart auch. Das passt gut zu mir.
Es war ein lustiger Tag. Ich war der umschwärmte Mittelpunkt. Ein schönes Gefühl, nachdem ich mich wie ein einziger Haufen Elend gefühlt hatte. Dieser Onkel, der ältere Bruder meiner Mutter, ich mag ihn. Wir sind als Kinder oft bei ihm gewesen, dann aber lange nicht mehr, obwohl er so nah bei uns wohnt. Als ich geboren wurde, hat er auf meine drei Geschwister aufgepasst. Das sorgt unterschwellig für eine besondere Beziehung zwischen uns beiden: Ich, die Kleinste, war mit meiner Mama im Krankenhaus. Das ging nur, weil die anderen drei so lange bei Onkel Helmuth und seiner Frau gut untergebracht waren.
Helmuth ist anders als meine Eltern, bei ihm stehen zwei superteure Autos in der Garage, mit Ledersitzen und allem Schnickschnack, er hat einen Doktortitel und ein eigenes Unternehmen. Er verkörpert für mich so ein bisschen die große, weite Welt.
Sein Freund Erlin ist Bolivianer, ein sensibler Mann voller Lebensfreude. Die beiden behandelten mich wie einen kleinen Star. Sie waren geduldig und behutsam mit mir. Immer und immer wieder habe ich das Lied gesungen. Vierzehnmal insgesamt. Sechs Stunden ging das. Immer wieder brachen wir ab oder beschlossen: noch mal. Und noch mal. Und noch mal. Mal war ich zu nah am Mikro, mal klang das ganze Stück irgendwie öde, wie Kirchenchorgesang, lalala, ohne Höhen und Tiefen. Dann hatte ich keine Luft mehr, mir war schwindelig.
Die beiden Männer bestellten Pizza, damit ich ausruhen konnte. Wir haben uns hingesetzt und herumgeblödelt. Sie haben mich aufgezogen: »Helena, unser Star. Sprichst du noch mit uns, wenn du weltberühmt bist?«
Ich habe geantwortet: »Dann stelle ich hier erst mal ein Luxusstudio hin, und es gibt keine Pizza, sondern Steak und Champagner!«
Wir alle waren froh, dass es mir endlich wieder besser ging, obwohl meine Prognose doch so unterirdisch schlecht war. Ich war gut aufgelegt, fast überdreht. Erlin hat mir Komplimente gemacht für meine Stimme. Er sagte, das sei eine außergewöhnliche Blues-Stimme. Sie erinnere ihn an Joan Baez.
Es wurde schon Abend, als mein Onkel mir eine Stagegitarre in die Arme drückte. Ein schweres Instrument, es kam mir vor wie ein wildes Tier. Die Saiten reagierten auf die kleinste Berührung. Ich musste mich voll konzentrieren, damit die Töne nicht meiner Stimme davonrannten. Meine eigene Begleitung trieb mich vorwärts. Ab und zu lächelte ich den beiden Männern zu, mein Onkel machte ein paar Grimassen, ich musste aufpassen, nicht loszuprusten und diese vierzehnte Aufnahme zu gefährden. Man kann auf dem Video sehen, wie ich mit dem Lachen kämpfe.
Helmuth ist irgendwann aus dem Raum gegangen, weil er spürte, dass diese Aufnahme der Hammer war. Er sagte später, er wollte mich auf keinen Fall aus meinem beinahe hypnotischen Zustand herausreißen. Mir standen Schweißtröpfchen auf der Stirn, ich gab wirklich alles, »all of me«, meine Stimme und meine Begleitung verschmolzen zu einer Einheit, alles stimmte in diesem Moment. Danach war ich kaputt wie nach einem Marathon mit abschließendem Sprint. In meiner Euphorie verpasste ich der Stagegitarre ein Küsschen, bevor ich sie zur Seite legte.
Die letzte Aufnahme war dann tatsächlich ideal als Vorlage für ein Helena-Zumsande-Video. Helmuth hatte mich beim Singen mit dem iPhone gefilmt. Er wollte zusammen mit der Tonaufnahme ein Video produzieren. Erlin, der professioneller Musiker ist, wollte das Stück noch mit Gitarrenbegleitung unterlegen.
Ich war froh. Froh und unbeschwert wie so lange nicht mehr. Versöhnt fühlte ich mich. Das Leben ist schon gerecht, dachte ich. Man fällt auf die Schnauze, man leidet – aber dann kommt wieder was ganz Schönes. Ich war bereit dafür. Ich hatte dem lieben Gott oder Jesus oder wem auch immer da oben versprochen: Wenn ich mit heiler Haut davonkomme, dann werde ich das Leben endlich richtig lieben.
An diesem Tag im November hatte ich noch keine Haare, ich trug ein Kopftuch, war dürr und bleich und geschwächt von der schweren Therapie. In meinem Rücken saß immer noch ein bohrender Schmerz – doch, ja, das war jetzt alles vergessen, Schwamm drüber, alle Ampeln standen auf Grün.
Wenn ich das Video heute, acht Monate später, ansehe, dann macht mich das traurig. Ich finde mich hübsch und fröhlich auf den Fotos, die eingeblendet sind, ich sehe den Bildern an: Ich glühte vor Lebensfreude und Zuversicht. Ich hatte ja keine Ahnung zu diesem Zeitpunkt, was noch an Schrecklichem kommen würde. An Schrecklichem, aber auch an unglaublich Schönem. Alles in so kurzer Zeit. Manches grenzt an ein Wunder.
Allerdings nicht an das Wunder der Heilung. Darauf warte ich noch, dafür bete ich jeden Tag. Es sind mir Dinge passiert, die ich nie für möglich gehalten hätte. So wenig, wie ich je für möglich hielt, was ich seit Oktober, dem Monat meines 21. Geburtstags, durchmachen würde, seit die Diagnose der Ärzte feststand: Ich habe Magenkrebs. Fortgeschrittenes Stadium. In den Lymphknoten haben sich Metastasen gebildet. Schulmedizinische Prognose: unheilbar.
Früher habe ich gerne Soaps gesehen, Gute Zeiten, schlechte Zeiten, Anna und die Liebe, irgendwelche trashigen Serien, von denen meine Freundinnen und ich keine Folge verpassen wollten. Wir haben »Oje, wie schlimm!« gedacht, wenn in diesen Geschichten ein Mädchen mit sechzehn schwanger wurde oder ein Junge seinem Chef beichten musste, dass er schwul ist. Seinen Job hat er dann natürlich behalten oder sogar einen noch besseren gefunden, meistens laufen diese Geschichten aus dem »ach so wahren« Leben ja auf ein Happy End hinaus. Ich erinnere mich auch an diese Szene: Eine Frau hatte in ihrer Brust einen Knoten ertastet. Sie war völlig außer sich. Alle waren in Panik, sie selbst am meisten. Noch bevor sie überhaupt beim Arzt war, hat sie schon über ihre Beerdigung nachgedacht. Sie stellte sich ein Blumenmeer vor und wer alles kommen und um sie trauern würde. Und dann: Fehlalarm! Nur ein gutartiger Tumor.
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