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"Er hört nicht auf, mich zu liebkosen. Streichelt mich, als habe er nur den einen Wunsch, mir Lust zu bereiten …" Erregt schreibt Sophie den erotischen Traum mit einem Unbekannten in ihr Tagebuch - und mailt die Datei versehentlich ihrem neuen Boss Jared Sanderson! Als sie am nächsten Tag das verführerische Leuchten in seinen Augen entdeckt, wird sie rot vor Scham. Aber seinem leidenschaftlichen Kuss kann sie trotzdem nicht widerstehen. Ehe sie sich versieht, wird ihre Fantasie lustvolle Wirklichkeit. Doch sie fürchtet, dass Jared mehr will, als sie einem Mann geben kann …
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Seitenzahl: 202
Anne Oliver
Sophies erotisches Tagebuch
IMPRESSUM
JULIA erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH
© 2011 by Anne Oliver Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V., Amsterdam
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 022012 - 2012 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Susanne C. Roth
Fotos: mauritius images
Veröffentlicht im ePub Format im 01/2012 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-86494-009-5
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Wow … Was Männer mit einem so alles anstellen können … Er war der fantasievollste Liebhaber, den sie je gehabt hatte. Und das waren einige gewesen. Sophie Buchanan leckte sich die Lippen, die immer noch nach Heidelbeeren und Sahne schmeckten.
Das seidene Laken schmiegte sich kühl und glatt an ihre Haut, während sie sich unter seinem warmen, muskulösen Körper wand. Sie wollte mehr. Alles. Und sie erklärte ihm genau, was das war. Jedes köstliche Detail.
Er begann, ihre Forderungen zu erfüllen. Sie seufzte auf. Zunächst knabberte er an ihrem Ohrläppchen, dann arbeitete er sich weiter an ihrem Hals hinab.
Seine Lippen fühlten sich warm und feucht an. Spielerisch ließ er seine Zunge über ihren Hals tänzeln. Sie erschauerte. Eine Gänsehaut überlief sie von den Haarwurzeln bis zu den Zehenspitzen – und sparte auch alle anderen sensiblen Stellen dazwischen nicht aus. Gleichzeitig reizte er mit den Fingern ihre empfindsamen Brustspitzen. Er streichelte sie und kniff leicht hinein, bis Sophie glaubte, vor Verlangen in Flammen zu stehen.
„Warte ab. Das ist längst nicht alles“, raunte er mit seiner tiefen, rauchigen Stimme.
„Hmm“, gab sie erwartungsvoll zurück. Genüsslich sog sie seinen männlichen Duft ein, während er mit den Händen seine erotische Reise fortsetzte.
Sie wollte ihn spüren. Sie wollte wissen, wie sich seine Haut anfühlte. Langsam strich sie über seinen Rücken. Sie erkundete jeden Wirbel, grub die Fingerspitzen in seine kräftigen Muskeln. Sein kehliges Stöhnen war so wohltuend: Offenbar genoss er das sinnliche Spiel ebenso wie sie.
Und er hörte nicht auf, sie zu liebkosen. Seine Finger waren überall. Überall gleichzeitig. Zielsicher suchte und fand er ihre erregbarsten Punkte. Köstliche Schauder erfassten sie – sein Geschick kannte keine Grenzen. Scheinbar hatte er bloß den einen Wunsch, ihr Lust zu bereiten.
Und das tat er. Auf jede nur erdenkliche Weise. Jared … Allein sein Name bewirkte, dass eine wohlige Wärme sich in ihrem Innern ausbreitete.
Er lächelte. Sachte zeichnete er ihre Lippen mit seinem Finger nach, danach mit seiner Zunge. Schließlich verloren sie sich in einem verzehrenden Kuss. Er schmeckte so süß und fruchtig – wie die Heidelbeeren mit Sahne, die sie sich geteilt hatten. Zugleich lag ein Hauch von Gefahr in seiner Liebkosung, was aber völlig in Ordnung war. Sie wusste ja, dass sie bei ihm sicher war.
Er spreizte ihre Schenkel, legte sich auf sie. Langsam, ganz langsam drang er in sie ein. Und plötzlich schien die Welt vergessen zu haben, sich zu drehen. Es war, als würde die Zeit mit einem Mal stillstehen. Nichts zählte mehr – es gab nur sie und ihn in dieser endlosen Liebesnacht.
Und dann …
… hörte sie sich selbst stöhnen. Ihre Stimme klang wie aus weiter Ferne. Sie schlug die Augen auf. Die Dunkelheit um sie herum schien von Wundern erfüllt zu sein, während Sophie auf den Gipfel der Lust getragen wurde. Anschließend lag sie still da und lauschte dem heftigen Keuchen ihres eigenen Atems. Es war, als wäre sie auf einem anderen Stern: Sie sah zu, wie ihr Körper langsam auf die Erde zurücksank.
Sie berührte ihre prickelnden Lippen und merkte, dass sie immer noch lächelte. Und warum auch nicht? Das war … hmm … unglaublich gut gewesen.
Inzwischen war es Nacht geworden. Funkelnde Sterne sprenkelten den dunkelblauen Himmel über der australischen Gold Coast.
Ein Traum. Und der beste Sex, den sie je gehabt hatte.
Und obwohl sein Bild verführerisch undeutlich blieb, spürte sie seinen köstlichen Geschmack noch auf der Zunge. Als Liebhaber hatte er ihrer Einschätzung nach fünf Sterne verdient. Allerdings gab es in ihrer wirklichen Welt leider keinen Mann, mit dem sie ihn vergleichen konnte.
Sie schüttelte den Kopf. Auch wenn eine Million vergleichbarer Männer vor ihrer Tür Schlange stehen würden: Es würde sie kaltlassen. Sie brauchte keinen realen Mann mehr in ihrem Leben. Nicht nach Glen. Er hatte alles zerstört, was sie miteinander geteilt hatten. Schlimmer noch, er hatte ihr das Selbstwertgefühl genommen. Die Liebhaber in ihren Träumen hingegen bekamen ihr ausgezeichnet. Sie begehrten sie, erfüllten ihr alle Wünsche und enttäuschten sie nie.
Sophie streckte sich, knipste die Leselampe an und griff nach ihrem Laptop. Obwohl sie keine Therapiestunden mehr nahm, führte sie weiterhin ihr Traumtagebuch. Doch das lag im Regal. Sie war zu faul, um aufzustehen. Deshalb öffnete sie eine neue Datei und begann zu tippen.
Sein Name ist Jared, und dieser echt heiße Typ darf mich gerne jederzeit wieder heiß machen … Die Worte flossen nur so aus ihr heraus, während ihr Körper erneut zu prickeln begann. Sie überflog das Geschriebene noch einmal und spürte, wie sie rot wurde. Puh, das las sich wie einer dieser schwülstigen Liebesromane. Was wohl ihre Therapeutin dazu gesagt hätte?
Mit einem Mal hielt sie über der Tastatur inne. Jared? Ihr Herz setzte für einen Schlag aus, und eine sengende Hitze schoss durch ihren Körper. Außer Jared Sanderson kannte sie niemanden, der so hieß. Aber der zählte nicht. Er war der Chef ihrer Freundin Pam. Wie konnte sie von einem Mann träumen, den sie am Tag zuvor einmal kurz im Vorbeigehen gesehen hatte? Von einem Mann, der obendrein für die nächsten Tage ihr eigener Chef sein würde: Pam hatte sich krankmelden müssen und hatte sie gebeten, für sie einzuspringen.
Ein Schauer überlief sie, und jedes Härchen in ihrem Nacken stellte sich auf. Heute Morgen hatte sie das Büro der Sanierungsfirma J. Sanderson Property Investments betreten. Sie hatte nur einen flüchtigen Blick auf dunkles, kurz geschnittenes Haar und auf ein schneeweißes Hemd erhascht, das sich um unglaublich breite Schultern gespannt hatte …
Schnell verscheuchte sie dieses Bild. Big Boss Jared war beschäftigt gewesen. Vielleicht war er auch einfach zu unhöflich gewesen, um sich seiner Aushilfssekretärin vorzustellen. Mit wehenden Rockschößen war er aus dem Büro geeilt.
Nein, das konnte nicht derselbe Jared sein. Wahrscheinlich war ihr bloß der Name im Gedächtnis geblieben, das war alles. Und natürlich seine attraktive Erscheinung: groß, schlank und sehr männlich. Genau ihr Typ.
Und nicht zu vergessen, ihr Chef! Aber das war kein Problem. Selbst wenn es derselbe Jared war, der ihr im Traum erschienen war und der diese wilde Leidenschaft in ihr entfacht hatte – er würde es ja nie erfahren. Schließlich würde sie niemals zulassen, dass ausgerechnet dieser Traumliebhaber ihr professionelles Image zerstörte. Das hatte sie sich zu hart erarbeitet. Sie war in die Stadt Surfers Paradise an der Gold Coast gezogen, um die Verletzungen aus der Vergangenheit für immer zu begraben und ein neues Leben zu beginnen.
Professionell. Das erinnerte sie an etwas. Pam hatte sie darum gebeten, eine Akte für sie zu bearbeiten. Und sie hatte die Datei noch nicht an das Büro gemailt. Sie öffnete ihr E-Mail-Programm, tippte die Adresse ein und verfasste ein kurzes Begleitschreiben. Lieber Jared …
Unwillkürlich hielt sie inne. Sofort breitete sich schwelende Glut in ihrem Bauch aus. Sie fächelte sich mit der Hand Luft zu und musste lächeln. Wo zum Kuckuck blieb ihre Professionalität?
Sie löschte die Anrede, schüttelte die Finger aus und setzte erneut an. Mr Sanderson … Schon besser. In der Anlage finden Sie den Lygon-Bericht zu Ihrer Begutachtung. Mit freundlichen Grüßen, Sophie Buchanan, i. A. Pam Albright.
Sie fügte Pams überarbeiteten Bericht als Anhang ein und drückte auf „Senden“. Danach schaltete sie den Computer und die Lampe aus und machte es sich im Bett bequem. Vielleicht wiederholte sich ja dieser wunderbare Traum.
Sie hatte kaum die Augen geschlossen, als sie plötzlich eine verheerende Ahnung beschlich. Nein. Sie konnte unmöglich … Nein!
Wie elektrisiert sprang sie auf und schnappte sich den Laptop. Sie zitterte vor Nervosität, während der Computer im Schneckentempo hochfuhr. Verflucht, warum dauerte das so lange?
Als nach einer Ewigkeit die Startseite ihres E-Mail-Programms erschien, klickte sie auf „Gesendete Objekte“. Ihr stockte der Atem. Ihr blieb das Herz stehen. Oh. Mein. Gott. Das darf nicht wahr sein!
Seit einer Minute lag Jared Sanderson ihr Traumtagebuch zur Begutachtung vor!
Ihr Herz pochte, und sie spürte ein hysterisches Lachen in ihrer Kehle aufsteigen. Schnell hängte sie das richtige Dokument an und schickte die Mail noch einmal ab. Besaß der Mann eventuell Humor? Laut Pams Aussage nicht den geringsten.
Und selbst wenn er diesem fatalen Missgeschick eine gewisse Komik abgewinnen könnte: Was sie geschrieben hatte, war … schockierend. Das Schlimmste daran war, dass sein Name darin vorkam. Zwar nur sein Vorname, aber das war peinlich genug. Nie wieder würde sie ihre erotischen Träume schriftlich festhalten!
Was mache ich jetzt? überlegte sie fieberhaft. Sie besaß einen Schlüssel fürs Büro, doch keinen für das Gebäude selbst. Daher hatte sie keine Möglichkeit, noch in der Nacht an Jared Sandersons Computer zu gelangen und die eben geschickte Mail zu löschen. Also blieb ihr nichts anderes übrig: Sie musste warten, bis der Portier am nächsten Morgen um sieben das Bürohaus aufsperrte.
Seufzend ließ sie sich auf die Kissen fallen und starrte an die Decke. Doch sie sah sie gar nicht. Sie sah nur den Gesichtsausdruck von Jared Sanderson, nachdem er ihre Mail geöffnet hatte.
Sie war erledigt.
Er war Onkel geworden. Kurz nach zehn Uhr abends schlenderte er mit einer Flasche Champagner und zwei Gläsern ins Wohnzimmer. Eine Nichte. Arabella Fleur. Ein süßer Fratz mit schwarzen Haaren, großen Augen und einer niedlichen Schnute. Seit Crystal am Nachmittag ihr erstes Kind geboren hatte, konnte er nicht aufhören zu lächeln. Das Lächeln schien ihm geradezu ins Gesicht gemeißelt zu sein.
Seine jüngste Schwester Melissa war schon zu Hause, wie er am Rauschen der Dusche hörte. Nachdem er die Flasche und die Gläser auf dem Couchtisch abgestellt hatte, setzte er sich aufs Sofa. Er klappte sein Handy auf und überflog rasch die eingegangenen Nachrichten und E-Mails.
Sophie Buchanan. Der Name sagte ihm nichts, wohl aber der Betreff: Lygon-Bericht. Ah … jetzt erinnerte er sich. Pam hatte sich krankgemeldet. Crystals aufgeregter Anruf heute Morgen hatte ihn alles andere vergessen lassen: Ihre Wehen hatten vorzeitig eingesetzt, und ihr Mann Ian hatte noch im Flugzeug nach Sydney gesessen. Sophie musste also Pams Vertretung sein.
„He, Lissa?“, rief er, als er Schritte im Flur hörte. „Komm schnell zu mir ins Wohnzimmer. Es gibt was zu feiern.“ Er schenkte bereits die Gläser ein, als Melissa im Bademantel in der Tür erschien. Ihr rotes Haar war noch feucht vom Duschen.
„Super.“ Sie kam herein und streckte die Hand nach dem angebotenen Glas aus.
„Prost, Tante Melissa.“
Grinsend stieß sie mit Jared an, blieb aber stehen. „Willkommen auf unserer Welt, Arabella Fleur“, sagte sie feierlich und fügte hinzu: „Sie hat deine Ohren. Schön anliegend und knubbelig.“
Jared lächelte. Er war stolz, dass zumindest ein winziger Teil von ihm unsterblich war. „Denkst du?“
„Unbedingt. Hm, nicht übel.“ Melissa nahm einen weiteren Schluck und schaute auf das Etikett. „Ich ziehe trotzdem die französische Variante vor.“
Liebevoll betrachtete Jared seine Schwester, die er praktisch großgezogen hatte. Sie war sechs gewesen, Crystal dreizehn und er selbst achtzehn, als ihr Vater gestorben war. Ihre Mutter hatte Melissa nie kennengelernt; sie war kurz nach ihrer Geburt gestorben. Wann war aus dem kleinen Mädchen diese kluge junge Frau geworden? Beinahe zu klug, wie er fand. „In deinem Alter solltest du den Unterschied noch gar nicht kennen.“
„Oh, Mann! Ich bin fast achtzehn.“ Sie wandte sich ab. „Wie altmodisch! Du klingst wie ein Vater.“
Der Vorwurf traf Jared tief. Vor zwölf Jahren hatte er die Rolle und die Verantwortung beider Eltern übernommen. Und es nicht eine Sekunde bedauert. Aber manchmal …
„Mag sein“, räumte er ein. „Entschuldigen werde ich mich dafür allerdings nicht. Ich liebe dich, Lissa, und das wird sich nie ändern.“
„Das weiß ich.“ Ihre Stimme nahm einen sanfteren Ton an. „Aber manchmal …“
Lissa großzuziehen war die größte Herausforderung seines Lebens gewesen. Und er hatte das Gefühl, dass der härteste Teil noch auf ihn zukam. Das Loslassen.
„Da wir gerade von Vätern sprechen … und Babys … und so …“ Sie drehte das Glas in der Hand und musterte ihn dabei durchdringend. „Wann findest du endlich das arme Mädchen, das deine unmodernen Ansichten teilt und mit dir eine Familie gründen will?“ Damit du mich mein eigenes Leben leben lässt, sagte ihr Blick.
Um dieser altbekannten Leier zu entgehen, griff er nach seinem Handy. Erneut ging er die Nachrichten durch. „Da ist keine Eile geboten. Noch habe ich ja dich, die ich umsorgen kann.“
Melissa ließ ein genervtes Brummen hören. „Wann kriegst du es in deinen Kopf, dass ich eine erwachsene Frau bin?“
„Das bist du erst in drei Wochen.“
„Und noch etwas“, klagte sie weiter. „Ich habe …“
Was zum …? Er blinzelte und kniff die Augen zusammen. Melissas Gezeter verhallte im Nichts. Sein Name ist Jared, und dieser echt heiße Typ darf mich gerne jederzeit wieder heiß machen …
„Stimmt was nicht?“
„Was?“ Er riss sich vom Display los und bemerkte, dass Melissa ihn anstarrte. Sogleich schüttelte er den Kopf. „Nein, alles in Ordnung.“ Um nichts in der Welt hätte er seiner kleinen Schwester das hier gezeigt. Immerhin hatte sie ihn soeben noch als altmodisch und unmodern verlacht. Mein G-String mit dem Schlangenmuster schmolz unter der Hitze seiner Hand dahin. Automatisch spreizte ich meine Schenkel, als er …
Er trank einen Schluck Champagner, der aber nichts gegen seine plötzlich staubtrockene Kehle ausrichten konnte. Mit einem Scheppern stellte er sein Glas ab.
„Schlechte Nachrichten?“
„Nicht wirklich“, murmelte er. Er hatte keine Ahnung, was das bedeuten sollte. Doch er war fest entschlossen, es herauszufinden.
„Also, wie gesagt, ich habe darüber nachgedacht. Und …“
„Entschuldige, Lissa. Ich muss kurz etwas abklären“, unterbrach er sie und stand auf. Ihre enttäuschte Miene entging ihm nicht, doch im Moment konnte er sich nicht voll auf seine Schwester konzentrieren. Nicht solange ihm diese unglaublich heiße Mail auf seinem Handy geradezu ein Loch in die Handfläche brannte. „Wir reden später weiter, okay?“
Schnurstracks lief er ins Arbeitszimmer und fuhr den Computer hoch. Er trommelte ungeduldig mit den Fingern auf die Schreibtischplatte. Der Anhang trug das heutige Datum. Der Name der Datei hatte jedoch nichts mit Lygon zu tun.
Gespannt öffnete er das Dokument, und der Text erschien auf dem Monitor. Er war pink. Wild, farbenfroh, erotisch. Unwillkürlich musste er lächeln. Je weiter er las, umso heißer wurde die Geschichte.
Und umso heißer wurde ihm selbst.
Er rutschte auf seinem Stuhl herum, um seine wachsende Erregung unter Kontrolle zu bringen. Die Szene war so lebendig beschrieben. Fast glaubte er, er könnte ihre aufgerichteten Brustspitzen schmecken. Die seidige Haut auf der Innenseite ihrer Oberschenkel spüren …
Als er das Geschriebene zu Ende gelesen hatte, konnte er keinen klaren Gedanken mehr fassen. Er lehnte sich zurück und massierte sich die verspannten Schultern. Angestrengt versuchte er, die erotischen Bilder aus dem Kopf zu bekommen. Er hatte nicht gewusst, dass Worte allein einen Mann binnen einer Minute so anstacheln konnten.
Mann, er brauchte dringend wieder Sex.
Sophie Buchanan. Kannte er sie schon? Der Name sagte ihm nichts, doch das musste nichts bedeuten. Nach ein paar Monaten hatte er oft die Namen der Frauen vergessen, mit denen er geschlafen hatte. Und das letzte Mal lag tatsächlich bereits einige Zeit zurück.
Schlangenmuster. Er lächelte. Daran würde er sich sicher erinnern. Und erst recht an diese ausgefallene Stellung. War das körperlich überhaupt möglich? Verdammt, bei Gelegenheit musste er es unbedingt ausprobieren.
Nun gut. Diese Sophie Buchanan hatte offenbar versehentlich die falsche Datei an ihre Mail angehängt. Was ihn jedoch nicht davon abhielt, das Dokument auszudrucken. Sollte er sie morgen darauf ansprechen, oder sollte er die Sache lieber übergehen? Nun, es wäre natürlich verlockend, ihre Reaktion zu beobachten. Doch angesichts seiner Position sollte er es besser bleiben lassen.
Sie hatte die E-Mail vor einer halben Stunde abgeschickt. Hatte sie da bereits im Bett gelegen? Möglicherweise in ihrem G-String? Erneut loderte feurige Lust in ihm auf. Seine Handflächen wurden feucht.
Ganz ruhig, mahnte er sich im Stillen. Dann fiel ihm etwas anderes ein. War es vielleicht Absicht gewesen? Wollte sie ihn heiß machen? Ihn verführen? Wollte sie sich durch eine Affäre einen Platz in der Firma sichern? Ein abscheulicher Gedanke.
Der Drucker spuckte das erste Blatt aus. Erst jetzt bemerkte er die winzige Fußzeile: Traumtagebuch.
Ein Traum. Während er die Seite überflog, nickte er langsam. Sein Lächeln kehrte zurück. Okay, das ergab einen Sinn. Dies waren erotische Fantasien einer Frau, in denen er die Hauptrolle spielte. Sein Lächeln wurde breiter.
Wie sah diese Frau wohl aus? Weizenblonde Löwenmähne. Verführerische Lippen. Große Brüste. Sexy, gelenkig, spontan. Sophie.
Schmunzelnd faltete er die Seiten zusammen und steckte sie in die Tasche.
Er freute sich auf morgen früh.
Sophie saß in ihrem geparkten Auto und starrte nervös auf die hohe Glasfassade des Bürogebäudes. Die Räume von J. Sanderson Property Investments nahmen die beiden oberen Etagen ein.
Bitte, lass ihn noch nicht da sein. Sie wusste, dass er am Morgen einen Termin in Coolangatta hatte. Der Ort war eine halbe Autostunde von Sydney entfernt, und Jared wurde nicht vor zehn zurückerwartet.
Was aber nichts bedeutete. Ihrer Erfahrung nach waren Chefs unberechenbar.
Sie sah auf die Uhr. Zwei Minuten vor sieben. Mit einem tiefen Atemzug wappnete sie sich. Anschließend schnappte sie sich ihre Tasche, stieg aus und überquerte die Straße. Bring es hinter dich.
In der Nacht hatte sie kein Auge zugemacht. Auch jetzt quälte sie noch der Gedanke, wie Jared Sanderson reagieren würde, falls sie die Mail nicht rechtzeitig löschen konnte. Was, wenn er seine Mails bereits von zu Hause aus gecheckt hatte? Dann war sie geliefert.
Ein flaues Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus, und sie beschleunigte ihren Schritt.
Vor dem Eingang zupfte sie den Kragen ihrer weißen Bluse zurecht und versicherte sich, dass alle Knöpfe bis auf den obersten geschlossen waren. Ihr langes Haar hatte sie im Nacken zu einem Knoten festgesteckt.
Sie lächelte dem Sicherheitsbeamten zu, der soeben die Türen entriegelte. Danach ging sie zu den Aufzügen – langsam, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.
Kurz darauf stand sie vor Pams Schreibtisch und verstaute ihre Handtasche in einer Schublade.
In dem Raum war es still. Durch das dicke Fensterglas konnte sie das Rauschen des Ozeans hören. Und das schuldbewusste Klopfen ihres Herzens.
Der Büroschlüssel gewährte ihr Zutritt zum Allerheiligsten. Gestern hatte sie keinen Grund gehabt, Jareds Büro zu betreten. Heute hingegen … Der Schreibtisch stand vor der Wand. Falls Jared wider Erwarten plötzlich auftauchen sollte, würde sie ihn im Augenwinkel sehen.
Sie fuhr den Computer hoch. Vor Nervosität zitterten ihr die Knie. Kurz entschlossen ließ sie sich in den bequemen Chefsessel fallen. Eins war ihr klar: Es war absolut unverzeihlich, was sie da tat. Mit fliegenden Fingern tippte sie dennoch das Passwort ein, das Pam ihr gegeben hatte. Sie öffnete das E-Mail-Programm und wartete mit angehaltenem Atem, bis die Liste der neuen Mails erschien. Da. Ihre Mail. Zum Glück war sie noch als ungelesen markiert.
Mit einem erleichterten Seufzer löschte sie sie. Fertig.
Sie lehnte sich zurück und atmete tief durch. Jetzt musste sie sich bloß an ihren eigenen Schreibtisch setzen, und niemand würde jemals …
„Guten Morgen.“ Die tiefe, männliche Stimme riss sie schlagartig aus ihren Gedanken.
Sophie sprang von dem Chefsessel hoch. Verzweifelt suchte sie nach Worten, brachte aber nur ein unverständliches Stammeln hervor.
Seine Größe, seine machtvolle Ausstrahlung und sein unglaublicher Sex-Appeal raubten ihr den Atem. Sie bemerkte, wie er sie mit seinen olivgrünen Augen eindringlich musterte.
„Miss Buchanan, nehme ich an?“
Wie lange steht er da schon?
„Ja … Äh … Sophie“, stotterte sie zwei holpernde Herzschläge später. „Sophie Buchanan.“
Ein Bild von einem Mann. Dunkelbraunes Haar, leicht von der Sonne gebleicht. Frisch rasiert, markantes, energisch wirkendes Kinn. Makellos gebügeltes, schneeweißes Hemd, schwarze Krawatte. Der Duft von Sandelholzseife. Nur mit Mühe gelang es ihr, ihren Blick nicht an ihm hinabwandern zu lassen.
Um Himmels willen, Mädchen, krieg dich wieder ein! „Guten Morgen, Mr Sanderson. Ich wollte gerade … Ihren Terminplan für heute hochladen“, sagte sie nahezu flüssig und streckte ihm die Hand entgegen. Sie brachte sogar ein unbefangenes Lächeln zustande – so als hätte sie sich nicht soeben ohne sein Wissen Zugang zu seinem Computer verschafft. „Ich freue mich, heute mit Ihnen zu arbeiten.“
Sein fester, unnachgiebiger Händedruck löste ein elektrisierendes Prickeln auf ihrer Haut aus. Unwillkürlich dachte sie daran zurück, wie diese Hände gestern Nacht in ihrem Traum ihre Brüste umfasst hatten.
Denn so viel stand fest: Das war der Typ aus ihrem Traum.
Und das war nicht gut. Gar nicht gut. Sie wollte nicht, dass ihre Traumliebhaber in ihrem Arbeitsleben auftauchten. Sie brauchte jeden Job, den sie kriegen konnte. Aber wie sollte sie jetzt in seiner Gegenwart nicht ständig daran denken, wie es gewesen war, so leidenschaftlich geliebt zu werden? Und wichtiger noch: Wie sollte sie es schaffen, sich nichts anmerken zu lassen?
Zum Glück wusste er von alledem nichts. Oder etwa doch? Er hob einen Mundwinkel zu einem Lächeln, doch seine grünen Augen waren unergründlich.
„Nennen Sie mich Jared“, sagte er. „Wir gehen hier ganz locker miteinander um.“
Ja, sehr locker. Ihr eigenes Lächeln war wie festgefroren, als sie ihm ihre Finger entzog. „Gut. Jared“, erwiderte sie. Rasch schaute sie zum Monitor und vergewisserte sich nervös, dass die Datei nicht auf geisterhafte Weise wieder aufgetaucht war.
„Verzeihen Sie, dass ich mich Ihnen gestern nicht vorgestellt habe. Ich musste dringend weg. Bei meiner Schwester hatten unerwartet die Wehen eingesetzt, und ihr Mann war geschäftlich unterwegs. Ich hoffe, dass Mimi sich um Sie gekümmert hat.“
Die Rezeptionistin. „Ja, das hat sie.“ Sofort vergab Sophie ihm sein schlechtes Benehmen. Wieviele Männer standen ihren Schwestern schon so nahe und ließen alles stehen und liegen, um ihnen bei der Geburt beizustehen? Ganz anders als ihr eigener Bruder. Der hatte sich bei ihr nicht mehr gemeldet, seit er vor Jahren der Hölle ihres Zuhauses entflohen und nach Melbourne gezogen war.
„Ist alles gut gegangen?“, erkundigte sie sich. Sie war erleichtert, dass sie sich auf etwas anderes konzentrieren konnte als auf diese verdammte E-Mail – und dieses erotische Knistern, das sie zwischen ihnen zu spüren glaubte. „Hat sie einen Jungen oder ein Mädchen bekommen?“
Sein Blick wurde sanfter, und ein unglaubliches, schiefes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Wow. Auf einmal bekam sie weiche Knie.
„Ja, alles bestens. Es ist ein Mädchen. Arabella.“ Wäre er der Vater gewesen, er hätte nicht glücklicher klingen können.
„Ein hübscher Name.“ Sie überlegte kurz. „Dann haben Sie gestern Abend bestimmt gefeiert, oder?“ Und sich nicht mit langweiligen E-Mails beschäftigt.
Er betrachtete sie so durchdringend, als könnte er ihre Gedanken lesen. Als wüsste er genau, was sie am Abend zuvor getrieben hatte. Mit ihm. Sogleich schoss ihr die Hitze in die Wangen.
Dann lächelte er wieder. „Ja, Melissa und ich haben mit Champagner auf das freudige Ereignis angestoßen.“
Melissa? Er war also gebunden. Unwillkürlich sackte Sophie in sich zusammen. Sie musste sich zwingen, die Schultern zu straffen und gerade zu stehen. Dieses Detail hatte Pam ihr verschwiegen. Pam hatte ihr bloß erzählt, dass ihm seine Familie sehr wichtig war, dass Frauen ganz unten auf seiner Prioritätenliste standen und dass er aber nicht schwul war.