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Seitenzahl: 37
LUDWIG BERGER
EINE PHANTASIE
KURT WOLFF VERLAG / MÜNCHEN
BÜCHEREI „DER JÜNGSTE TAG“ BAND 81
GEDRUCKT BEI DIETSCH & BRÜCKNER IN WEIMAR
Copyright 1920 by Kurt Wolff Verlag, München
(Schwillt der Name: Imma. Laut — gesteigert — Schrei!)
Klagend Stimmen: Imma!
(Die Königin entsetzt)
Königin: Ruf! — Wer ruft? Wie Taubenflügel schwirren? Zum Himmel auf und fort!
(Die Mägde stürzen ihr zu Füßen)
Die Magd Gersa: Oh —!
Die Magd Buh: — — Oh — —!
Die Magd Linde: O Herrin!
Königin: Ich weiß! Das — Unglück heißt! Wo ist sie?
Die Mägde(knieend, den Boden schlagend): Imma!
(Der König im Mantel)
Königin: Ich sinke! Frage du! Ja — es geschah! Mein Kind! Mir Tochter! Imma!
Tausendfach Echo: Imma!
König(schreiend): Still! (Brinhildis wankt herbei)
Gersa: Sie sank!
Buh: Im Bad!
Linde: Die Fluten!
König: Ach — ertrank!
Brinhildis: Nein! Schwand in Schönheit! Stengelschlank hinab, die Winde um die nackte Brust gebogen! Und ohne Schrei im Schauer stumm verzückt! So uferlos durch Tiefe — —
Die Mägde am Boden: Uferlos —!
König: Führt mich.
Königin: Mich führt!
König: Bleib! Warte!
(Der König folgt den drei Mägden)
Königin: Brinhildis, du!
Brinhildis: Es war wie Sturm: Im Spalt der Felsen: Dampf, dicht, kraftgeballt — Die Elemente wach Trieb ohne Halt Aufwärts und abwärts Strom und Fall und Dunst! Das Moos von Schaum bespritzt. Die Blumen schwimmend und tosend in der Gicht gereckter Leib! Hochwirbelndes Gesicht, das Nebel hüllte in Schalen blau gestumpft! O nein — kein Tod! Raub war es, Raub der Erde! Dann wieder glatt und Ruhebild — wie Hohn! Der Fließ gespreizt, Der Fluß so klar und jede Spur versäumt — gespült — verloren — — ach! — — — —
Königin: Ihr saht sie nicht?
Brinhildis: Wir sahen sie nicht mehr!
Königin: O Hoffnung, zwiefach Antlitz!
Brinhildis: Hoffnung nicht! O Ohnmacht!
Königin: Mädchen! Ruf’ mir Ratibor! Ihr Freund! Mein Sohn!
Brinhildis: Was soll er?
Königin: Frage nicht!
Brinhildis: Ihr lacht?
Königin: In Schmerzen! Stärker er, als du! Als ich auch, Als die andern alle! Rufen Geh!
Brinhildis: Herrin!
Königin: Trost: allein sein! — Ratibor! —
(Brinhildis geht, die Königin langsam)
Geist: Alles dir! Nur eines von dir: Menschen!
Imma: Alles behalte! Eines gib! Gib Menschen!
Geist: Pracht der Tiefe!
Imma: Sonnenweh! Gib das Licht, das Tiere atmen! Gib die Regung, zart wie Reh schattend unter Bäumen! Gib, was die Seele nie im Laut geweckt: Gib die Liebe!
Geist: Meine Liebe!
Imma: Hart! Gold und Stein, dein zähes Element! Worte, die du denkst im Fels begriffen! Wert, wie Fäuste aus Gestalt gestaut ohne Kreislauf, sündenlos, die Wut!
Geist: Soll ich menschlich sein?
Imma: Du kannst es nicht! Sehnsucht heißt der Pol! Du hast die Macht! Unerfüllt wir sind! Du bist Vollendung! Warum raubtest du?
Geist: Aus Not der Kraft!
Imma: Spalte deine Kräfte in das Meer! Fest sei Ziel im Mittelpunkt der Erde! Jage Wunsch auf Flügeln um die Welt!
Geist: Das ist Menschenblick, der reißt entzwei! Kraft bin ich und will die Ohnmacht lieben! Beides schmilzt im Mantel meiner Brust!
Imma: Deute nicht Gewalt! Sei mutig roh! Zeichne stark: Tod gib mir! Gib mir Leben!
Geist: Gestorben bist du! Lebe!
Imma: Fremd die Welt!
Geist: Starb der Mensch! Dein Atem füllt die Luft!
Imma: Lebt sein Bild! Mein Atem trägt die Liebe!
Geist: Laß mich bei dir sein!
Imma: Laß mich empor!
(Sie wirft sich auf die Erde, Kopf vergraben. Der Geist sinnt gekrümmt. Dann streckt er die Hände, weckt Musik, kniet wie träumend, wühlt die Erde auf, zieht drei Rüben, wirft sie hoch im Bogen, spricht dazu)
Geist: Bildkraft: Liebe! Sehnsucht: Ziel! Wurzeltriebe, Mondenspiel! Flut und Ebbe! Quillt die Wut? Blut und Erde, Seelenbrut!