Spiritual Care und Seelsorge in der SAPV - Franz Schregle - E-Book

Spiritual Care und Seelsorge in der SAPV E-Book

Franz Schregle

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Beschreibung

Der Seelsorger und der leitende Palliativarzt der Augsburger Hospiz- und Palliativversorgung stellen hier erstmalig ein Praxisbuch zur ambulanten Seelsorge und Spiritual Care in der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) vor. Sie beschreiben deren Schwerpunkte mit den Elementen spirituelle Begleitung, seelsorgerliche Netzwerkarbeit, interprofessionelle Teamarbeit, Bildungsarbeit und Forschung. Sie entwickeln ein Instrument zur seelsorgliche Fallvorstellung, stellen es exemplarisch an einzelnen Beispielen von Betroffenen vor, unterziehen die Beispiele einer seelsorgerlichen und palliativmedizinischen Fallreflexion und erläutern dessen zentrale Fragen: • Wer ist für mich da? • Wovon bin ich überzeugt? • Wer bin ich? Was hatte mein Leben für einen Sinn? • Was sind meine Werte? Wie kann ich in Würde sterben? • Was ist los mit mir? • Wie kann ich mich mit Dir versöhnen? Wie kann ich Versöhnung erlangen? • Was gibt mir Kraft? Was lasse ich zu? • Wie soll ich stellvertretend entscheiden? Wie lade ich keine Schuld auf mich? Mit dem Begriff der "spirituellen Fatigue" wird ein neues Konzept in die Spiritual Care eingeführt und differenziert vorgestellt. Die spirituelle Fatigue erweitert und differenziert die Phänomene, denen sich seelsorgerliches Handeln widmet und dient als ergänzender Orientierungspunkt der Spiritual Care in Theorie und Praxis.

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Seitenzahl: 401

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Franz Schregle

Eckhard Eichner

Spiritual Care und Seelsorge in der SAPV

Praxisbuch zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung und spirituellen Fatigue

Spiritual Care und Seelsorge in der SAPV

Franz Schregle, Eckhard Eichner

Wissenschaftlicher Beirat Programmbereich Pflege:

Jürgen Osterbrink, Salzburg; Doris Schaeffer, Bielefeld; Christine Sowinski, Köln; Franz Wagner, Berlin; Angelika Zegelin, Dortmund

Wissenschaftlicher Beirat Programmbereich Palliative Care:

Christoph Gerhard, Dinslaken; Markus Feuz, Zürich

Dr. theol. Franz Schregle. Pastoralreferent, Seelsorger im SAPV-Team, Augsburger Palliativversorgung gemeinnützige GmbH

Stadtberger Str. 21

DE-86157 Augsburg.

E-Mail: [email protected]

Dr. Dr. Eckhard Eichner, Ltd. Arzt im SAPV-Team, Geschäftsführer der Augsburger Palliativversorgung gemeinnützige GmbH

Stadtberger Str. 21

DE-86157 Augsburg

E-Mail: [email protected]

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

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Hogrefe AG

Lektorat Pflege

z. Hd. Jürgen Georg

Länggass-Strasse 76

3012 Bern

Schweiz

+41 31 300 45 00

[email protected]

www.hogrefe.ch

Lektorat: Jürgen Georg, Martina Kasper

Herstellung: René Tschirren

Umschlagabbildung: Getty Images/StreetFlash

Umschlaggestaltung: Claude Borer, Riehen

Satz: Claudia Wild, Konstanz

Format: EPUB

1. Auflage 2021

© 2021 Hogrefe Verlag, Bern

(E-Book-ISBN_PDF 978-3-456-96144-6)

(E-PUB-ISBN 978-3-456-76144-2)

ISBN 978-3-456-86144-9

https://doi.org/10.1024/86144-000

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Anmerkung:

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Inhaltsverzeichnis

Geleitwort Andreas Heller

Geleitwort Angelika Maucher

Vorwort

Einleitung

1 Entwicklungen der Augsburger SAPV-Seelsorge

1.1 Spirituelle Begleitung

1.1.1 Position 1 der SAPV-Seelsorge

1.1.2 Position 2 der SAPV-Seelsorge

1.1.3 Position 3 der SAPV-Seelsorge

1.2 Seelsorgerische Netzwerkarbeit

1.2.1 Position 4 der SAPV-Seelsorge

1.2.2 Position 5 der SAPV-Seelsorge

1.3 Interprofessionelle Teamarbeit

1.3.1 Position 6 der SAPV-Seelsorge

1.3.2 Position 7 der SAPV-Seelsorge

1.4 Bildungsarbeit und Forschung

1.4.1 Position 8 der SAPV-Seelsorge

1.4.2 Position 9 der SAPV-Seelsorge

2 Seelsorgliche Fallvorstellungen

2.1 Wer ist für mich da?

2.1.1 Seelsorgliche Erzählung

2.1.2 Spirituelle Kernfragen

2.2 Wovon bin ich überzeugt?

2.2.1 Seelsorgliche Erzählung

2.2.2 Spirituelle Kernfragen

2.3 Wer bin ich?

2.3.1 Seelsorgliche Erzählung

2.3.2 Spirituelle Kernfragen

2.4 Was sind meine Werte?

2.4.1 Seelsorgliche Erzählung

2.4.2 Spirituelle Kernfragen

2.5 Was ist los mit mir?

2.5.1 Seelsorgliche Erzählung

2.5.2 Spirituelle Kernfragen

2.6 Wie kann ich mich mit Dir versöhnen?

2.6.1 Seelsorgliche Erzählung

2.6.2 Spirituelle Kernfragen

2.7 Was gibt mir Kraft?

2.7.1 Seelsorgliche Erzählung

2.7.2 Spirituelle Kernfragen

2.8 Wie soll ich stellvertretend entscheiden?

2.8.1 Seelsorgliche Erzählung

2.8.2 Spirituelle Kernfragen

3 Spirituelle Fatigue

3.1 Der Begriff

3.2 Spirituelle Fatigue

3.3 Deutung

3.3.1 Heilende und versöhnende Müdigkeit

3.3.2 Schlaf und Nacht: Wandlung und Veränderung

3.3.3 Die Müdigkeit beweinen

3.4 Zusammenfassung

4 Drei Perspektiven

4.1 Körperliche Symptome und spirituelle Anteile

4.2 Seelsorgliche Begleitungsnarrative

4.3 Interprofessionelle Herausforderungen

5 Seelsorgliche Fallreflexion

5.1 Wer ist für mich da?

5.1.1 Symptom – Auszehrung (Kachexie)

5.1.2 Spirituelle Symbolisierungen

5.1.3 Interprofessionalität – Nähe und Distanz

5.2 Wovon bin ich überzeugt?

5.2.1 Spirituelle Fatigue?

5.2.2 Zulassen und Würdigung der Lebensmüdigkeit

5.2.3 Aktive Lebensbeendigung

5.3 Wer bin ich?

5.3.1 Agitation (Unruhe)

5.3.2 Lebens-Weg-Navigationen

5.3.3 Kämpfen bis zuletzt

5.4 Was sind meine Werte?

5.4.1 Übelkeit (Nausea)

5.4.2 Wertvorstellungen

5.4.3 Interprofessionelle Herausforderungen

5.5 Was ist los mit mir?

5.5.1 Terminale Unruhe

5.5.2 Mittragen und Dasein

5.5.3 Interprofessionelle Herausforderungen

5.6 Wie kann ich mich mit Dir versöhnen?

5.6.1 Atemnot (Dyspnoe)

5.6.2 Versöhnung und Vergebung

5.6.3 Interprofessionelle Herausforderungen

5.7 Was gibt mir Kraft?

5.7.1 Schmerz (Total Pain)

5.7.2 Von Träumen sprechen

5.7.3 Interprofessionelle Herausforderungen

5.8 Wie soll ich stellvertretend entscheiden?

5.8.1 Ambivalenz beim Wachkoma (Vegetativer Status)

5.8.2 Schuldig sein und werden: Dilemmata

5.8.3 Interprofessionelle Herausforderungen

6 Palliativmedizinische Reflexion

6.1 Die Rolle der SAPV-Seelsorge

6.1.1 Spiritual Care Definition

6.1.2 Interprofessionalität – eine gemeinsame Sprache finden

6.1.3 Zur Profession: SAPV-Seelsorge

6.2 Seelsorgliches Handeln

6.2.1 Kernfragen in der seelsorglichen Begleitung

6.2.2 Formen seelsorglicher Arbeit

6.2.3 Grenzen seelsorglicher Arbeit

6.3 Spirituelle Fatigue

6.3.1 Sterbehilfe und Lebensmüdigkeit

6.3.2 Total Pain und Spirituelle Fatigue

Anhang

Ergänzende Materialien

Spiritual Care und Seelsorge in der Hospiz- und Palliativversorgung

Seelsorge und Spiritual Care

Erklärung zur aktiven Sterbehilfe und ärztlich assistiertem Suizid

Vereinbarung zum Umgang mit assistiertem Suizid und/oder suizidalen Patient(inn)en (AHPV, 2018)

Stellenbeschreibung SAPV-Seelsorge Augsburg

Schema seelsorglicher Einzelfallevaluation

Autorenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Sachwortverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

|9|Geleitwort Andreas Heller

Der seelsorglich-spirituelle Blick auf Symptome am Lebensende

Hospizarbeit und Palliativversorgung haben sich in den letzten Jahrzehnten international in hohem Maße professionalisiert, spezialisiert, institutionalisiert und auch ökonomisiert. Das ist nicht ambivalenzfrei.

Aber: Einsichten aus der Versorgung schwerkranker, sterbender Menschen und ihrer Bezugspersonen gehen (ganz) langsam (aber sicher) in die allgemeine (Grund-)Versorgung ein und über. Viele ethischen Diskussionen zur Autonomie der Patientinnen und Patienten, zur Patientenverfügung, zur Vorsorgevollmacht, zur Sterbehilfe, zur Suizidassistenz und zur Euthanasie etwa werden durch die praktische Versorgung am Lebensende freigesetzt und in die Gesellschaft getragen. Öffentliche, leidenschaftlich geführte Debatten sind die Folge. Sie werden kein Ende nehmen. Eine individuelle, würdige und umfassende Sorge am Lebensende ist eine Daueraufgabe, die nicht aufhört. Und sie braucht alle Professionen und immer mehr zivilgesellschaftliches Engagement.

Die mittlerweile auch höchstrichterlich bestätigte Einsicht, dass die Betroffenen selbst entscheiden, was sie wollen und was nicht, haben das hospizlich-palliative Prinzip der „radikalen Betroffenenorientierung“ rechtlich und behandlungsprozedural bestätigt.

Die am Lebensende gewachsene Erkenntnis, die freilich schon mehr als 100 Jahre Ausgangspunkt der Psychosomatik ist, dass der Mensch nicht auf die biologischen und physiologischen Funktionen seines Körpers reduziert werden kann, wird professionell und berufsübergreifend aufgenommen. Dass die Biomechanik der konventionellen Medizin, der Mensch als Maschine, in die ingenieurhaft-mechanistisch eingegriffen werden kann, kein angemessenes Denk- und Handlungsmuster für Therapie, Behandlung und Betreuung ist, hat sich vom Lebensende, zumindest in der palliativen Sorge durchgesetzt.

Eine Grunderkenntnis besteht nämlich darin, dass der Mensch ein komplexes Lebewesen ist. In der Sprache der Weltgesundheitsorganisation haben Sterbende physische, psychische, soziale und spirituelle Bedürfnisse, die wahrgenommen werden müssen. Man kann darüber streiten, ob der Begriff „Bedürfnisse“, der ja aus der Konsum- und Warenwelt stammt, eine gute Beschreibung der Lebenslage von Sterbenden sein kann. Der Konsumismus geht ja davon aus, dass wir Bedürfnisse durch das Kaufen von Waren oder Dienstleistungen befriedigen können.

Die Einsicht in die Brüchigkeit unseres Lebens im Sterben, die Fragmentarität des Lebens, könnte ein Glück, aber auch eine Befreiung sein, das Leben nicht bedürfnisorientiert meinen vollenden zu müssen. Die Anstrengungen der Helfenden sollten vielleicht eher nicht auf Bedürfnisbefriedigung ausgerichtet sein.

Dieses Buch ist aus einer bemerkenswerten Teamarbeit aus Alltags-Dialogen zwischen Arzt und Seelsorger erwachsen. Die Palliativmedizin, die traditionellerweise zunächst an Symptomen (in der ersten Phase vor allem am Schmerz) und deren Linderung orientiert war (und ist), erkennt und anerkennt, dass alle Symptome komplex sind.

|10|In Abwandlung des Diktums von Cicely Saunders muss man formulieren: Nicht nur der Schmerz ist total („total pain“), sondern alle Symptome sind facettenreich (all symtoms are total).

Diese basale Erkenntnis aufnehmend, entwickelt sich dieses Buch zu einer faszinierenden und praktisch so hilfreichen Erweiterung der Perspektive. Der seelsorglich-spirituelle Blick, gewonnen durch eine sorgend-beziehungsreiche spirituelle Praxis hilft, den Kranken und Sterbende tiefer zu verstehen, seine Symptomlage und Symptomlast dekliniert durch die literarischen und biblischen Traditionen existenzieller Grunderfahrungen, aufzunehmen und zu verbalisieren.

Seelsorglich-spirituelle Praxis nimmt so ihren Ausgang bei den Symptomen der Kranken und sterbenden Menschen, erweitert und ergänzt den „Symptomblick der Medizin“ zugunsten einer umfassenden palliativ-hospizlichen Behandlung und Begleitung.

Das Buch setzt in verschiedener Hinsicht einen Meilenstein.

Es war eigentlich längst überfällig, um eine interprofessionelle palliative Teamarbeit am Lebensende zu realisieren.

Es positioniert die Seelsorge neu im Palliativen Team und es schlägt Brücken zu allen anderen Berufsgruppen.

Seelsorge wird in dieser Hinsicht integrierter Bestandteil einer umfassenden Sorge um die Menschen. Sie nimmt den Ausgangspunkt in der Wahrnehmung der verbalen und nonverbalen Ausdrucksformen der Menschen.

Das Buch ist aber auch exemplarisch ein Glücksfall und Geschenk für die Kirche, die die Forschung zu diesem Buch finanziert hat, die lernen könnte, was unverzichtbare Aufgabe eines selbstvergessenen, absichtslosen kirchlich-diakonischen Handelns ist, nämlich: „Kirche für andere zu sein“ (Dietrich Bonhoeffer) und nicht für sich selbst.

Prof. Dr Andreas Heller

Lehrstuhl für Palliative Care und Organisationsethik an der Karl- Franzens-Universität Graz

|11|Geleitwort Angelika Maucher

„Am Ende wird alles gut. Und wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende.“ Dieses Zitat unbekannter Herkunft, das verschiedenen Autoren zugeschrieben wird, spiegelt den menschlich nachvollziehbaren Wunsch nach einem gelungenen runden Abschluss. Dies gilt in besonderem Maß für das eigene Leben. Daneben steht die Erfahrung, es nicht in der Hand zu haben, wie die letzte Lebensphase verläuft. Eine schwere Krankheit verändert Befinden, Erleben und Handlungsmöglichkeiten. Angewiesen sein auf andere Menschen, medizinische Versorgung, Medikamente und Hilfsmittel nehmen in einem oft schwer erträglichen Maß zu. Bis an die Schmerzgrenze – und manchmal auch darüber hinaus – tritt Endlichkeit zum Vorschein. Dem auf den Tod Erkrankten und seinem Umfeld wird bewusster, dass nicht nur die Zeitspanne des menschlichen Lebens begrenzt ist, sondern auch die Unterstützungsmöglichkeiten. Das Bemühen einander beizustehen und Linderung zu verschaffen ist nicht gleichbedeutend mit „alles gut“.

Die Spannung zwischen der Sehnsucht danach, es möge gut ausgehen und den Zumutungen, die eine schwere Krankheit mit sich bringt, kann auch durch Spiritual Care und Seelsorge nicht einfach aufgelöst werden. Davon erzählen die hier skizzierten Begegnungen und seelsorglichen Erzählungen. Gleichzeitig wird der Wert deutlich, körperliches Befinden an- und ernst zu nehmen und behutsam mit einem Gegenüber den Raum der eigenen Gedanken und Gefühle, der persönlichen Religiosität und Spiritualität zu betreten. Ohne ein „gutes Ende“ zum Anspruch, gar zur Ideologie zu erheben, finden sich Annäherungen, was bei Begleitungen in der sogenannten letzten Lebensphase hilft, möglichst gut gehen zu können. Für dieses „personelle Angebot“ arbeiten Träger der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) und christliche Kirchen zusammen. Wie die Form dieser Kooperation aussehen kann, wie sie manchmal leicht ineinander geht, ein anderes Mal aber auch Kontrapunkte setzt, wird im vorliegenden Buch anschaulich. Seelsorger Dr. Franz Schregle und Dr. med. Dr. phil. Eckhard Eichner, leitender Arzt, stellen ihre langjährige Kompetenz, Erfahrungen und Reflexion zur Verfügung. Phänomene der letzten Lebensphase können aus unterschiedlichen Perspektiven wahrgenommen werden. Ohne entschlüsseln zu können, wie Körper, Geist und Seele im letzten zusammenhängen und -spielen, entspricht es dem Menschen in seiner Vielschichtigkeit, auf die verschiedenen Ebenen und Bedürfnisse einzugehen und das Begleitungs- und Versorgungsteam multidisziplinär zu besetzen.

Dabei ist es gleichermaßen wichtig, das jeweilige Gegenüber mit seinen Nöten und Ressourcen individuell in den Blick zu nehmen und ebenso auf Erfahrung und Wissen zurückzugreifen. So wie die Medikation auf den konkreten Menschen abgestimmt sein muss, braucht es auch im sozialen und spirituellen Bereich das Eingehen auf die Gedanken- und Gefühlswelt des Einzelnen, auf seine Lebensgeschichte und seine Deutungen. Hier setzt „Spiritual Care“ als Begleitungsform mit ihrer Konzentration auf die Individualität an. Zum seelsorglichen Beistand gibt es, wie im Buch |12|aufgezeigt wird, eine große Schnittmenge. Gleichzeitig sind kirchlich beauftragte Seelsorger und Seelsorgerinnen eingebunden in einen gemeinsamen Deutungshorizont. Sie sind insofern „heilkundig“, als sie Kraftquellen im konkreten Gegenüber und seinem Umfeld entdecken helfen und zugleich Gemeinschaft, den Schatz religiöser Tradition und Erfahrung in der eigenen Person und in Texten, Bildern, Symbolen, Gebeten und Ritualen anbieten. Dies bedeutet nicht, Bescheid zu wissen, auch wenn das christliche Menschenbild Sterben als Heimgehen zum Ursprung, zu Gott deutet. Wahrnehmen, was ist, Leere, Unvermögen, Ohnmacht und die Erfahrung von Gottferne zulassen sind Teil des Ringens um Vertrauen. Es entzieht sich der Machbarkeit, wenngleich die Erfahrung zeigt, dass es in offenen Begegnungen und im sich Einlassen auf einen Prozess wachsen kann. Körperliches Leiden und Seelenlasten lindern, das soziale Netz stärken, Fürsorge und Solidarität konkret leben sind förderlich.

Um dies zu erfahren, muss nicht das christliche Menschenbild geteilt werden. Es nimmt jedoch allen Beteiligten den Druck, allein zuständig für gutes Leben und Sterben zu sein. Das Leben und besonders auch seine letzte Phase als Teil eines Selbstoptimierungsprojekts zu begreifen überfordert vielfach. Dagegen entlastet es, das eigene Leben in seiner individuellen Ausprägung und nicht delegierbaren Zuständigkeit anzunehmen und gleichzeitig seinem unverfügbaren Anteil zuzustimmen, sich menschlich unterstützen zu lassen und sich im Glauben einer größeren göttlichen Kraft anzuvertrauen.

Diese Balance kommt im Agieren des Seelsorgers und in der Art und Weise der dargestellten Begleitungen zum Ausdruck. „Sprich leise“ – das Zitat aus einem Vierzeiler von Michelangelo Buonarotti im dritten Kapitel dieses Buches im Kontext „Umgang mit Fatigue-Phänomenen“ steht für eine Haltung, die von Unaufdringlichkeit in der Kommunikation und Rücksicht zeugt. Ehrfurcht vor dem Erleben des anderen, vor seinem Schmerz und seinen Hoffnungen steht neben der Überzeugung, dass auch am Ende des Lebens Zuspruch möglich und nötig ist, auch wenn er womöglich manchmal im gemeinsamen Schweigen angesichts des Unsagbaren gipfelt.

Angelika Maucher

Leiterin des Seelsorgeamts der Diözese Augsburg

|17|Einleitung

Schwerstkranke Menschen sind in ihrer letzten Lebenszeit zumeist mit zunehmender und oft belastender Schwäche, Müdigkeit und Erschöpfung konfrontiert. Der medizinische Fachbegriff dafür lautet „Fatigue“. Fatigue ist aber nicht nur eine leiblich-körperliche Erfahrung, sondern auch die Seele und der Geist können sich müde und erschöpft fühlen, lebensmüde manchmal, zu Tode erschöpft, unendlich schwach. Das kann so tief gehen, dass am Lebensende die bisher tragende spirituelle Praxis ins Leere zu fallen droht oder die Sinnbilder des Lebens in Scherben zerspringen. Der Begriff „Spirituelle Fatigue“ legt sich nahe. Oft, wenn in den seelsorglichen Begegnungen und auch im regelmäßigen interprofessionellen palliativen Austausch von Schwäche, Erschöpfung, Müdigkeit die Rede war, kam dem Autor diese „Spirituelle Fatigue“ in den Sinn. Von dieser Wortverbindung sensibilisiert bildete sich die Vermutung, dass die spirituellen Ursachen und Anteile von körperlichen Symptomen wie Übelkeit, Atemnot oder Unruhe gerade am Lebensende stärker in den Blick zu nehmen sind.

Der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen in den letzten Jahren hat solche Überlegungen teils relativiert, insgesamt aber bestätigt: Wenn Palliativ-Seelsorge als Spiritual Care den ganzen Menschen, mit Leib und Seele, Geist und Körper meint, dann ist für die Verdeutlichung des spezifischen Auftrags der Palliativseelsorge und für die interprofessionelle Verständigung mit den anderen palliativen Berufsgruppen die vertiefte Frage nach der spirituellen Dimension von körperlicher Symptomatik wichtig und richtig. Wie und wo die wechselseitige Durchwirkung von Leiblichem und Spirituellen und die dabei notwendige Unterscheidung von Körperlichem und Seelischem sprachlich fassbar wird, sich gleichsam „kristallisiert“, und sich in der palliativen Versorgung, in der seelsorglich-spirituellen Begleitung und im interprofessionellen Miteinander auswirkt, das wird im Folgenden versucht zu zeigen. Einen wesentlichen Beitrag dazu verdanken die Verfasser dem Augsburger Klinikseelsorger Michael Saurler. Manche der Gedanken dieses Buches haben im jahrelangen Austausch und Gespräch mit ihm ihre Formung erfahren.

Der Kontext ist die relativ junge Versorgungsform der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV). Die SAPV wurde 2007 als Leistungsanspruch gesetzlich Krankenversicherter im Sozialgesetzbuch V verankert (§ 37b in Verb. m. § 132 d SGB V). Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung gemäß § 37b SGB V (SAPV) dient dem Ziel, die Lebensqualität und die Selbstbestimmung schwerstkranker Menschen zu erhalten, zu fördern und zu verbessern und ihnen ein menschenwürdiges Leben bis zum Tod in ihrer vertrauten häuslichen Umgebung oder in stationären Pflegeeinrichtungen (§ 72 Abs. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XI, Fassung vom 20.12.2007) zu ermöglichen. In den folgenden Jahren wurde diese flächendeckend in Deutschland eingeführt und steht nun in unterschiedlichen Praxis- und vielfältigen Vertragsmodellen nahezu an allen Orten als Ergänzung zur Regelversorgung zur Verfügung.

Ein erster Versuch, die Rolle der Seelsorge in der SAPV zu beschreiben, liegt im Positions|18|papier vor, das die Augsburger Hospiz- und Palliativversorgung e.V im Jahr 2014 veröffentlichte. In neun Positionen werden dort „konzeptionelle Gedanken zur SAPV-Seelsorge“ entwickelt und erläutert. Das daraus erwachsene Buch „Ein ‚Andersort‘ der Seelsorge (Schregle et al., 2014; Abk. im Folgenden: Ein ‚Andersort‘ der Seelsorge) versucht Antworten zu geben auf die Frage, ob und wie hauptamtliche Seelsorge ihren Platz in SAPV-Teams finden kann, aber nicht nur dort, sondern darüber hinaus im weiteren Feld der ambulanten Palliativseelsorge. Dieses Buch fand Verbreitung, löste Resonanz aus, weckte teils lebhafte und heftige Kritik, scheint aber auch hilfreiche Impulse zu geben.

Von daher kam von Eckhard Eichner, dem Vorsitzenden der Augsburger Hospiz- und Palliativversorgung e. V. (AHPV) und ärztlichem Leiter des Augsburger SAPV-Teams, der Anstoß zu diesem zweiten gemeinsamen Buch. Es soll die teaminterne wie externe Auseinandersetzung über das Tätigkeitswort ‚seelsorgen‘ in der SAPV auf Basis der in den letzten Jahren gemachten Erfahrungen in der Augsburger Palliativversorgung weiterführen.

Wie in „Ein Andersort der Seelsorge“ entstanden auch diese Überlegungen mitten im Fluss der praktischen Arbeit:

aus der eigenen arbeitstäglichen Reflexion und schriftlichen Dokumentation,

aus der interprofessionellen Kommunikation im SAPV-Team, informell und formell (Supervisionen, Teambesprechungen),

aus Bildungskursen für Ärzte und Pflegende und deren Reflexion,

aus AHPV-Veranstaltungen und deren Auswertung,

aus Vorgaben der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP),

aus den Arbeitskreistreffen von Seelsorger/Innen während und nach der Erstellung des Augsburger Rahmenkonzepts für Hospizarbeit und Palliativversorgung (Eichner, 2016),

aus lokalen und regionalen Seelsorgekonferenzen sowie

aus kollegialem seelsorglichem Austausch.

Auf der Basis von acht Fallbeispielen aus der Praxis und der Perspektive der Augsburger SAPV-Seelsorge