Spitzenmänner sind gut - Spitzenfrauen besser! - Luitgard Lemmer - E-Book

Spitzenmänner sind gut - Spitzenfrauen besser! E-Book

Luitgard Lemmer

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Beschreibung

Das Buch beschreibt die Probleme von Frauen in höheren Managementpositionen, die durch die männlich geprägten Karrierebedingungen hervorgerufen werden. Diese Bedingungen basieren auf biologischen Grundlagen, wie sie in den letzten ca. 10 Jahren in den Neurowissenschaften erforscht wurden. Die Beispiele aus der Arbeitswelt verdeutlichen die unterschiedlichen Verhaltensweisen und zeigen mögliche Handlungswege auf.

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Frauen in Spitzenpositionen sind in Deutschland noch immer selten anzutreffen. Woran mag das liegen? Dieser Frage geht dieses Buch nach und kommt, ganz entgegen zum heutigen Gender-Mainstreaming zum Ergebnis, dass die Biologie eine wesentliche Rolle dabei spielt. Frauen und Männer verhalten sich unterschiedlich, weil auch ihre Biologie unterschiedlich ist. Eine Auswahl der Männertypen wird hierbei näher untersucht und Handlungsempfehlungen gegeben.

Wenn eine Frau um die Biologie der Männer weiß und ihr Verhalten richtig deutet, kann sie wesentlich einfacher mit den „Herren der Schöfpung“ umgehen und ihren Karriereweg souveräner gehen. Dieses Buch soll dazu als Ratgeber dienen.

Luitgard Lemmer

Spitzenmänner sind gut - Spitzenfrauen besser!

Wie die Biologie männliches und weibliches Verhalten in der Berufswelt steuert und warum weibliches Verhalten für die Unternehmen überlebenswichtig ist

© 2020 Luitgard Lemmer

Verlag und Druck:tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN

Paperback: 978-3-347-08331-8

Hardcover: 978-3-347-08332-5

e-Book: 978-3-347-08333-2

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Mein Dank gilt meinen Freundinnen und Kolleginnen, insbesondere Ina und Ute, die mich an ihren Erfahrungen teilhaben ließen und so viele Beispiele aus dem Leben beigesteuert haben. Diese habe ich mir zu eigen gemacht, um eine bessere Lesbarkeit des Textes herzustellen. Ebenso danke ich meiner Freundin und Lektorin Karin für ihre kritische Durchsicht des Buches und die vielen Anregungen zur besseren Lesbarkeit.

Inhalt

I. Genderforschung vernachlässigt biologische Grundlagen

II. Frauen erobern Führungspositionen - das können doch keine richtigen Frauen sein!?

1. Ein paar Zahlen aus Deutschland

III. Die Denkmuster der heutigen männlichen Entscheider

1. Was wollen die Herren in den Vorständen und Aufsichtsräten?

2. Erstes Mentalitätsmuster: konservative Exklusion

2.1 Beispiel aus dem Leben

3. Zweites Mentalitätsmuster: emanzipierte Grundhaltung – doch chancenlos gegen männliche Machtrituale und gesellschaftliche Rollenbilder

3.1 Beispiel aus dem Leben

3.2 Frauen streben in Führungspositionen?

3.3 Margaret Thatcher

4. Drittes Mentalitätsmuster: radikaler Individualismus- Mangel an authentischen und flexiblen Frauen

4.1. Beispiel aus dem Leben

4.2 Hierarchien sind männlich

IV. Die Auswirkungen der Mentalitätsmuster auf die Auswahl von weiblichen Führungskräften

1. Gatekeeper

2. Türöffner

V. Warum solles es Chefinnen sein?

1. Vorbilder, Prägungen, Gene oder was?

2. Das männliche Prinzip: Wasch mich, aber mach mich nicht nass!

2.1 Beispiel aus dem Leben

3. Die Sicherheit der neuronalen Routine

4. Werte arbeiten in allen Menschen

VI. Verschiedene Männertypen

1. Der Promovierte

1.1 Beispiel aus dem Leben

1.2 Männerbünde über Hierarchien hinweg

1.3 Biologische Ursachen von Konkurrenz und Hierarchie

2. Der Verwandte

2.1 Beispiel aus dem Leben

2.2 Hormongesteuerter Schutz der eigenen Sippe

3. Der Kurze

3.1 Beispiel aus dem Leben

3.2 Korpsgeist biologisch betrachtet

4. Der Heuchler mit verborgenem Minderwertigkeitsgefühl

4.1 Beispiel aus dem Leben

4.2 Neid und Minderwertigkeitsgefühl

5. Der Kleingeist und Schnäppchenjäger

5.1 Beispiel aus dem Leben

5.2 Auswirkungen der Herkunft

VII. Biologische Grundlagen geschlechtsspezifischer Unterschiede

1. Frauen und Männer kommunizieren unter-schiedlich

1.1 Männer reden quantitativ häufiger

1.2 Beispiel aus dem Leben

1.3 Männer stellen fest

1.4 Frauen erzählen von ihren Schwächen, Männer von ihren Stärken und Erfolgen

2. Männer deren Umgang mit Konflikten

2.1 Verschiedene neuronale Netzwerke in Gebrauch

3. Männer gehen Risiken ein, Frauen setzen auf Sicherheit

3.1 Beispiel aus dem Leben

3.2 Biologische Hintergründe der unterschiedlichen Risikoneigungen

VIII. Weibliche Eigenschaften in der Arbeitswelt gesucht!

1. Frauen gleichberechtigt an die Spitze

2. Was sind die Erfolgsfaktoren der gemischten Doppelspitze?

IX. Mitarbeiterführung heute

1. Die Caring-Company braucht weibliche Eigen schaften

1.1 Weibliche Führung im Praxisbeispiel

2. Die jungen Generationen wollen etwas anderes

3. Die Wünsche der Generationen Y und Z in Deutschland - biologische Grundlagen

4. Die Caring Companies haben einen Wettbewerbsvorteil

5. Was brauchen wir zukünftig in der Gesellschaft und im Wirtschaftsleben?

Literaturverzeichnis

I. Genderforschung vernachlässigt biologische Grundlagen

185 Lehrstühle an deutschen Universitäten forschen zu den Unterschieden zwischen Frauen und Männern. Dagegen gibt es 22 Fakultäten für Pharmazie, 38 Fakultäten für Humanmedizin und 5 Fakultäten für Veterinärmedizin. Daran wird deutlich, dass heute den Hochschulen Genderforschung wichtiger ist, als Humanmedizin und Veterinärmedizin oder der Nachwuchs an Apothekerinnen und Apothekern.

Allerdings liegt der Fokus der „Genderstudies“ auf den soziologischen und kulturell bedingten Ursachen der Unterschiede zwischen Frau und Mann. Dies erinnert mich an die sozialpsychiatrischen Forschungen in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Alle „abnormen“ Verhaltensweisen wurden mit der unterschiedlichen Sozialisation, den verschiedenen kulturellen und individuellen Erfahrungen, die jeder Mensch im Laufe seines Lebens macht, erklärt. Inzwischen hat sich jedoch ein bio-psycho-soziales Krankheitsverständnis und auch Menschenbild durchgesetzt. Es ist anerkannt und durch wissenschaftliche Forschungsergebnisse belegt, dass die Biologie so manches unterschiedliche Verhalten von Frauen und Männern direkt steuert. Leider hat sich diese Erkenntnis noch nicht bis in die heute übliche Genderforschung durchgesetzt. Dies ist meines Erachtens ein Fehler. Alle Menschen sind eben in erster Linie biologische Wesen, gehören zur Gattung der Säugetiere, genauer gesagt der Trockennasenaffen, und daher müssen die biologischen Grundlagen des menschlichen Verhaltens – in seiner weiblichen und männlichen Erscheinungsform – in die Genderforschung einbezogen werden. Es gibt dazu inzwischen Forschungsergebnisse, die uns aufhorchen lassen sollten.

Dieses Buch versucht auf der Basis von praktischen Erfahrungen aus dem Berufsleben die dahinter liegenden, auf den biologischen Grundlagen stehenden unterschiedlichen Verhaltensweisen und deren Bewertungen von Frauen und Männern plastisch darzustellen und so konkret begreifbar zu machen. Insofern ist dieses Buch auch eine Handreichung für Frauen, die sich aufmachen wollen, ihren eigenen Karriereweg zu gehen und dabei die Unterschiede der weiblichen und männlichen Verhaltensweisen erkennen und nicht in Fallen tappen wollen. Immerhin sind erfolgreiche Frauen in hohen beruflichen Positionen gegenüber der entsprechenden Männeranzahl immer noch in der Minderzahl. Das Buch ist auch eine Anregung für die genaue Beobachtung und Umgestaltung der Gesellschaft hin zu mehr Gleichberechtigung und einem einfacherem Zusammenarbeiten von Frauen und Männern im beruflichen Zusammenhang.

Bitte erlauben Sie mir, dass ich dieses Buch in der ganz persönlichen Ich-Form schreibe. Es sind Geschichten, die sich so oder ähnlich in meinem Leben und dem meiner Freundinnen ereignet haben und die sich wahrscheinlich auch in Zukunft im Leben anderer Frauen ereignen werden.

Auch nach 70 Jahren Grundgesetz und dessen rechtlicher Gleichstellung von Mann und Frau ist die Gleichberechtigung und vor allem die selbstverständliche Akzeptanz von Frauen in Führungspositionen in Deutschland – und wahrscheinlich auch in anderen Ländern dieser Welt – längst noch nicht gegeben. Immer wieder stoßen Frauen auf mehr und andere Hindernisse als Männer dies tun. Wie kann Frau diese oft subtilen Hindernisse erkennen und umgehen oder überwinden? Leistung allein reicht dafür meist nicht aus. Und wie kann Frau dann mit der neuen Position und den damit verbundenen Anfeindungen und Intrigen leben? Davon handelt dieses Buch.

Nach über 25 Jahren Führungspositionen im deutschen Gesundheitswesen kann ich ein Lied von machohaft oder subtil vorgehenden Männern singen, die gegen leistungsstarke Frauen gewettert, intrigiert, Gerüchte gestreut oder frech gelogen haben. Dass dies nicht nur im Gesundheitswesen so ist, zeigt der Fall von Valerie Holsboer, die sich als erste weibliche Vorständin der Bundesagentur für Arbeit gegen einen männlichen, offensichtlichen Egomanen im Verwaltungsrat wehren musste1. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter standen hinter ihr, aber das half ihr nicht. Es gilt immer noch in diesen Hierarchieebenen das männliche Denken: nur die Anerkennung von Männern durch Männer zählt; Frauen zählen nicht.

Meine Freundinnen und ich haben in unserem Berufsleben meist in Männergesichter geblickt. Es sind uns als jungen Frauen und auch heute noch als älteren Frauen immer wieder ähnliche männliche Charaktere begegnet, die mit Frauen in Führungspositionen besondere Schwierigkeiten hatten. Vom Erkennen dieser Charaktere und dem möglichst schadensarmen Umgang mit ihnen erzählt dieses Buch. Dabei habe ich versucht, ein möglichst rundes Bild des männlichen Verhaltens und seiner biologischen Gründe zu zeichnen. Denn es gibt meines Erachtens biologische Grundlagen für das unterschiedliche Verhalten von Frauen und Männern, die - immer noch? - stark wirken.

Allerdings bin ich nicht so naiv zu glauben, dass diese biologischen Grundlagen quasi festgelegt und unveränderbar sind. Vielmehr wurden sie in der Vergangenheit von Frauen und Männer auch kulturell umgeformt und erscheinen heute auf den ersten Blick als ein Ausdruck der Prägung der Geschlechter durch die patriarchalische Gesellschaft. Ich will und kann nicht erklären, wer den größeren Einfluss auf das Verhalten der unterschiedlichen Geschlechter hat: Gesellschaft oder Biologie. Letztlich ist diese Frage auch müßig zu beantworten. Wir Spitzenfrauen müssen mit der gegebenen Realität umgehen und sie bestenfalls für die Zukunft ändern. Und das können wir, davon bin ich überzeugt! Aber wir müssen dies auch selbst in die Hand nehmen. Die heute an der Macht sitzenden Männer werden diese Macht nicht freiwillig aufgeben, weil sie so nett sind oder ein Herz für die Gleichberechtigung von Frauen haben. Das ist meiner Meinung nach eine Illusion. Vielmehr geht es darum, die verdeckt laufenden Machtspiele zu erkennen, für beide Geschlechter hörbar zu benennen und letztlich einen neuen kulturellen Weg der Zusammenarbeit zu finden, mit der beide Geschlechter gleichberechtigt leben können. Dies wird nicht nur von einer Seite aus zu realisieren sein. Aber die Frauen müssen damit anfangen – jetzt!

II. Frauen erobern Führungspositionen - das können doch keine richtigen Frauen sein!?

1. Ein paar Zahlen aus Deutschland

Erlauben Sie mir, dass ich zunächst die „Vogelperspektive“ einnehme und Ihnen einige Zahlen präsentiere. Frau muss ja wissen, auf welches Terrain sie sich begibt.

Derzeit sind in Deutschland 54% der Erwerbstätigen Männer und 46% Frauen. Bei den Hochschulabsolventen verteilt sich das Geschlechterverhältnis fast gleich (49% Männer, 51% Frauen)2. Allerdings setzt sich dieses Verhältnis überhaupt nicht bei der Besetzung der Führungspositionen allgemein (69% Männer, 31% Frauen) und schon gar nicht im mittleren Management (85% Männer, 15% Frauen) fort. So erstaunt es nicht, dass auf Vorstandsebene nur 3% Frauen und in den Aufsichtsräten nur 10% Frauen anzutreffen sind. Schaut man genauer hin, so vertreten die Frauen in den Aufsichtsräten hauptsächlich die Arbeitnehmer, wurden also von den Betriebräten und Gewerkschaften entsandt. Kaum eine Frau wurde von der Arbeitgeberseite benannt. Damit liegt Deutschland bei den Frauen in allgemeinen Leitungspositionen unter dem EU-Durch- schnitt auf Rang 113.

Woran liegt es also, dass wir Frauen so unterrepräsentiert sind? Sind wir Frauen zu unqualifiziert und/oder zu schwach, um einen Vorstands- oder Aufsichtsratsposten zu bekleiden? Wenn dem nicht so ist, woran liegt es dann, dass so wenig „passende“ Frauen gefunden werden?

Bereits im März 2010 hat die Sinus Sociovision GmbH, Heidelberg unter der Projektleitung von Dr. Carsten Wippermann im Auftrag des Bundesfamilienministeriums eine Untersuchung zu Frauen in Führungspositionen durchge- führt4,5. Dazu wurden im Rahmen einer Repräsentativstudie 511 Frauen und Männer in Führungspositionen befragt. Mittels qualitativen Einzelinterviews wurden daraus 40 Männer und 10 Frauen in deutschen Vorständen befragt. Da die Ergebnisse nicht ins Weltbild der damaligen Frauenministerin passten, wurden sie zunächst unter Verschluss gehalten. Ans Licht gekommen sind die Ergebnisse dann aber doch noch.

III. Die Denkmuster der heutigen männlichen Entscheider

1. Was wollen die Herren in den Vorständen und Aufsichtsräten?

Politisch korrekt wollen diese Männer auf jeden Fall Frauen in Führungspositionen – natürlich auch in den Vorständen und Aufsichtsräten! Aber leider finden sie einfach keine geeigneten Kandidatinnen! So ist die Realität, liebe Frauen: wir Männer würden ja gerne, aber es ist keine Frau für diese so wichtige Position wirklich geeignet. Das ist sehr schade! So klingt es aus den Mündern der mächtigen Männer.

Ich habe mich immer wieder gefragt, ob das tatsächlich so ist, oder ob eher ein „blinder Fleck“ bei diesen Herren vorhanden ist, der sie einfach die guten Frauen nicht erkennen lässt. Dabei unterstelle ich diesen Herren, dass sie wirklich Frauen in Führungspositionen wollen. Die anderen Herren mit den reinen Lippenbekenntnissen gibt es natürlich auch. Doch davon später.

Die oben genannte Studie hat verschiedene Denkmuster entdeckt. Es sind vielfach verschränkte Argumente, die die „Gläserne Decke“ - also die Hierarchieebene, die Frauen nicht durchbrechen können - verfestigen. Diese Argumente stelle ich Ihnen vor und fasse sie zu verschiedenen „Mentalitätsmustern“ zusammen.

2. Erstes Mentalitätsmuster: Konservative Exklusion

Die meisten der Vorstände und Aufsichtsräte sind älter als 50 Jahre, gehören also mindestens zur Generation der Babyboomer, die ungefähr zwischen 1955 und 1965 geboren wurden. Oft sind sie noch älter und wurden als Nachkriegskinder in den Jahrgängen bis ca. 1955 geboren und werden als „Traditionals“ bezeichnet. Die allermeisten dieser Männer sind konservativ. Sie wurden in einer Familie erzogen, in der der Mann das Geld verdiente und die Frau als Mutter und Ehefrau den Haushalt führte und auch repräsentierte. Diese Ehefrau machte Karriere über ihren Mann. Sie kennen doch den Scherz, dass die Metzgerstochter einen Doktor geheiratet hat und fortan als Frau Doktor angesprochen wurde! Das ist nicht nur Scherz, sondern auch wirkliches Leben. Das damit verbundene Rollenbild der Frau ist bei diesen Männern in den Köpfen und Herzen verankert und zwar so stark, dass sie es selbst nicht mehr als internalisiertes Rollenbild erkennen.

Und dieses Rollenbild hat starke Auswirkungen auf ihre heutigen Personalentscheidungen. Für sie hat eine Führungskraft in einer Vorstandsposition einen solch anstrengenden Job, dass er eine Familie im Hintergrund braucht, die ihn umsorgt, ihn emotional auffängt und seinen physischen und psychischen „Akku“ auflädt. Die Verhältnisse müssen geordnet und die Kinder versorgt sein. Die Ehefrau hat für ihren Ehemann da zu sein und ihn zu unterstützen, wo es nur geht. So ist es nicht verwunderlich, dass 54% dieser Männer zwei und mehr Kinder haben, die von der Ehefrau erzogen werden.

Zu diesem Weltbild passt keine Frau, die für die Karriere auf eigene Kinder verzichtet. Das ist also jemand wie ich: unverheiratet, keine Kinder. Sie wird als „ungeordnet lebende, unberechenbare Einzelkämpferin“ wahrgenommen, die keine Sphäre zur Balance und Erholung hat. Kein Wunder, dass diese Frau manchmal so unausgeglichen reagiert, wenn etwas nicht klappt! Diese Frau hat ja nichts anderes in ihrem Leben, als die Arbeit. Sie hat und kennt das wahre Leben mit Ehe und Familie und deren schönen und problematischen Seiten nicht. Im Grunde ist sie wohl zu bemitleiden, wenn sie so allein durchs Leben geht und keinen Ehemann für sich gewinnen konnte!

Eine solche, nicht familiär eingebundene, gar ledige Frau ist eine Exotin. Exoten fallen auf und stehen unter besonderer Beobachtung von anderen Männern und Frauen. Deshalb war es mir immer besonders wichtig, mein Privatleben zu schützen, das sicherlich auf manche Personen meiner Arbeitsumgebung etwas unkonventionell gewirkt hätte. Dieses Vorgehen verursachte aber ein Problem. Eine Führungsfrau ist immer auch öffentlich. Wenn vom privaten Menschen so gar nichts bekannt ist, ist er eine riesige Projektionsfläche. Friedemann Schulz von Thun, der wichtige Kommunikationswissenschaftler der 1970er Jahre, beschreibt dies sehr genau in seinem Buch über Konflikte und Störungen in der Kommunikation6. Deshalb ist es wichtig für jede Spitzenfrau, dass sie sich sehr genau überlegt, wie viel ihres Privatlebens sie im beruflichen Umfeld preisgibt. Ich habe im Laufe meiner Karriere gelernt, dass es ohne die Preisgabe von etwas Privatem nicht geht. Andernfalls schießen die Fantasien der Umwelt ungeheuer ins Kraut. Dem kann frau aber relativ einfach entgegenwirken. Unverfängliche Themen sind allgemein bekannte Hobbys, Sport oder Haustiere. Das macht eine Spitzenfrau ganz menschlich und jede bzw. jeder kann sich darunter etwas vorstellen und die Normalität der Person erkennen.

Zu äußerster Vorsicht rate ich jedoch bei der Preisgabe von eigenen Erkrankungen oder denen der Familienangehörigen. Hier sind nur normale Krankheiten, wie ein grippaler Infekt, ein Beinbruch oder eine normale Kinderkrankheit der lieben Kleinen für die Erzählungen geeignet. Sollte es sich um etwas Ernsteres handeln, beachten Sie bitte, welche Rückschlüsse damit auf Ihre berufliche Belastbarkeit oder Ihr moralisches Leben gezogen werden könnten. Sie glauben gar nicht, wie fantasievoll die Menschen sind! Auch Beziehungsprobleme gehören überhaupt nicht in das berufliche Umfeld, so verständnisvoll - und damit verführerisch – insbesondere ein älterer Kollege oder Vorgesetzter auch sein sollte, bei dem frau sich einmal ausweinen könnte! Eine Frau sollte sich ganz klar von einer „Vaterfigur“ im Beruf abgrenzen. Selbst wenn frau den älteren Mann nicht als Vaterfigur sieht, ist noch lange nicht klar, ob der ältere Kollege oder Vorgesetzte sich selbst doch als Vaterfigur sieht und damit auch irgendwann mehr Mitspracherechte bei ihr einfordern wird.

Eine Frau ohne eigene Familie – eine Familie würde entsprechend der Denkweise dieser konservativen Männer allerdings die weibliche Karriere verhindern – kennt nur ihren Beruf, für den sie all ihre Zeit und Energie einsetzt. Das ist per se bereits ein Angriff auf die (insbesondere mittelmäßigen) Männer, die ihre Zeit und Kraft ganz natürlich zwischen Beruf und Familie aufteilen wollen bzw. müssen. Hier hat die ledige Karrierefrau schlicht einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den familiär gebundenen Männern. Dieser Wettbewerbsvorteil macht ihnen Angst und der Vorteil wird daher diskreditiert und für die Frau in einen persönlichen Nachteil umdefiniert.