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Der Band "Sportpsychologie in 60 Minuten" führt kompakt in diesen Teilbereich der Sportwissenschaft ein. Er zeigt, mit welchen Phänomenen sich die Sportpsychologie beschäftigt und welche Themen aus ihrer Sicht relevant sind. Folgende Fragen werden geklärt: Wie ist die Sportpsychologie entstanden, wie hat sie sich bis zum heutigen Stand entwickelt und welche Verbindungen bestehen zu ihrer Mutterwissenschaft? Welche wissenschaftlichen Zielsetzungen und Aufgaben hat die Sportpsychologie und mit welchen Theorien nähert sie sich den für sie relevanten Phänomenen und Themen? Welchen Problem-/Fragestellungen widmet sie sich und welche Methoden kommen dabei typischerweise zum Einsatz? Der Band enthält Lernziele, Kontrollfragen und ein Beispiel aus der Praxis. Jetzt mit sorgfältig ausgewählten und kommentierten Links zu aktuellen Podcasts, Journals und Verbänden.
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Petra Wagner / Manfred Wegner / Ines Pfeffer
Sportpsychologie in 60 Minuten
UVK Verlag · München
Umschlagabbildung und Kapiteleinstiegsseiten: © iStock – baona
„Sportpsychologie in 60 Minuten“ führt kompakt und verständlich in die Problemstellungen und Methoden dieser Teildisziplin der Sportwissenschaft ein.
Alle Titel „in 60 Minuten“: Sportpädagogik, Sportgeschichte, Sportsoziologie, Sportökonomik, Sportmedizin, Sportpsychologie, Bewegungswissenschaft und Trainingswissenschaft.
Prof. Dr. Petra Wagner leitet das Institut für Gesundheitssport und Public Health in der Sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig. Schwerpunkte ihrer sozialwissenschaftlichen Forschungs- und Lehrtätigkeit sind Gesundheits- und Rehabilitationssport sowie körperliche Aktivität und Inaktivität über die Lebensspanne. [email protected]
Prof. Dr. Manfred Wegner ist Leiter der Arbeitsbereiche Sportpsychologie und Bewegungswissenschaft an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Die Arbeitsschwerpunkte sind die Sportspiel- und Stressforschung, Teamentwicklung, Präventions-, Rehabilitations- und Behindertensport, Familiensport und das Psychologische Training. [email protected]
Prof. Dr. Ines Pfeffer ist Professorin für Medizinpädagogik mit Schwerpunkt Gesundheitswissenschaften an der Fakultät Humanwissenschaft der Medical School Hamburg. Ihre Forschungsschwerpunkte konzentrieren sich auf motivationale und volitionale Aspekte des körperlichen Aktivitätsverhaltens und die Rolle der Selbstregulation zur Erklärung der Intentions-Verhaltens-Lücke. [email protected]
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ISBN 978-3-7398-3071-1 (ePDF)ISBN 978-3-7398-8071-6 (ePub)
Siegen und Verlieren, Erfolg und Misserfolg im Sport hängen von zahlreichen Faktoren ab, von individuellen Leistungsvoraussetzungen, vom Trainingszustand, von der aktuellen „Form“, aber auch von der „Mentalen Stärke“, d.h. von der absoluten Bereitschaft und vom Können, sein gesamtes Leistungspotential im Wettkampf nutzen zu können. Der Spitzensport ist eines unter mehreren Anwendungsfeldern der Sportpsychologie. Sportpsychologen arbeiten eng mit Spitzenathleten zusammen und vermitteln beispielsweise Strategien, um mit dem Wettkampfstress und den aktuellen Bedingungen des Wettkampfs effektiv umgehen zu können.
Der Gesundheitssport ist ein weiteres Anwendungsfeld. Personen mit Risikofaktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck oder Diabetes, denen vom Arzt geraten wird, durch körperliche Aktivität etwas für ihre Gesundheit zu tun, steigen vielleicht in eine Kampagne ihrer Krankenkasse ein, halten aber die Verhaltensänderung zu einem aktiven Lebensstil nicht über einen längeren Zeitraum aufrecht. Sie steigen aus, weil sie zu viele Beschwerden haben, alles zu aufwändig ist oder sie keine Lust haben. Aus der sportpsychologischen Gesundheitsforschung ist bekannt, dass soziale Unterstützung in diesem Stadium sehr wichtig ist. Wenn die Absicht, Sport zu treiben vorhanden ist, aber durch Schwierigkeiten und Barrieren behindert wird, sind sportpsychologische Prinzipien nutzbar: eine gezielte Planung des Sportengagements, das Vermitteln von Erfolgserlebnissen oder der Einsatz von sozialer Unterstützung durch Familie, Freunde oder Sportkollegen, um nachhaltig an der regelmäßigen sportlichen Aktivität festzuhalten.
Auch im Schulsport greifen sportpsychologische Prinzipien, etwa können Schüler in zahlreichen Situationen an ihre Grenzen kommen. Das kann die geringe Bewegungserfahrung im Turnen sein, die Furcht beim Tauchen in tiefem Wasser, die Unerfahrenheit mit körperlicher Anstrengung bei einem Ausdauertraining oder die Angst vor Blamage in Leistungssituationen. Um entsprechend kompetent reagieren zu können, müssen Sportlehrer geschult sein, die Emotionen der Schüler zu deuten. Angst zeigt sich beispielsweise in körperlichen Reaktionen wie Blässe, übermäßigem Schwitzen oder in Zittern und Verkrampfungen. Andere Indikatoren können aus auffälligem Verhalten geschlossen werden, wie dem Rückzug oder dem sozial übertriebenen Verhalten, das besondere Aufmerksamkeit hervorrufen soll. Derartigen Situationen kann im Sportunterricht vom geschulten Beobachter mit entsprechenden Angst reduzierenden Maßnahmen (z.B. Ermutigung, Sicherheitsstellung) begegnet werden.
Anhand dieser exemplarischen Beispiele aus den Bereichen Spitzensport, Gesundheit und Schule kann der Phänomenbereich der Sportpsychologie weiter spezifiziert werden. Die Sportpsychologie ist eine Disziplin, die als Forschungsfeld, universitäres Lehrfach und auch als Anwendungsbereich mittlerweile in Wissenschaft und Sportpraxis tief verankert ist. Nimmt man die Gegenstandsbereiche Sport und Psychologie, lassen sich zwei Ausrichtungen (Sportpsychologie oder Sportpsychologie) entsprechend der speziellen Schwerpunktsetzungen differenzieren. Schlicht (2009) klärt diese Frage mit einem „sowohl als auch“ auf. Dabei betont er die besonderen Möglichkeiten und Zugänge, die sich aus der „Kreuzung“ der beiden Disziplinen ergeben. Die Psychologie ist in ihren Theorien und Methoden die ältere und stärker differenzierte Disziplin, während die Sportpsychologie zwar als interdisziplinär ausgerichtet, aber als noch relativ junge Disziplin wahrgenommen wird.
Die Leser erfahren, mit welchen Phänomenen sich die Sportpsychologie beschäftigt und welche Themen aus ihrer Sicht relevant sind.
Sie erkennen, wie die Sportpsychologie entstanden ist, wie sie sich bis zum heutigen Stand entwickelt hat und welche Verbindungen zu ihrer Mutterwissenschaft bestehen.
Sie lernen wissenschaftliche Zielsetzungen und Aufgaben der Sportpsychologie kennen und reflektieren, mit welchen Theorien sich die Sportpsychologie den für sie relevanten Phänomenen und Themen nähert, welchen Problem-/Fragestellungen sie sich widmet und welche Methoden dabei typischerweise zum Einsatz kommen.
Sie erfahren, in welchem Verhältnis die Sportpsychologie zur Sportpraxis steht, insbesondere welche Bedeutung die Sportpraxis ihren Forschungsergebnissen beimisst.
Der Gegenstandsbereich der Psychologie und der Sportpsychologie wird gleichermaßen darin gesehen, das Verhalten und Erleben des Menschen und deren Ursachen und Wirkungen zu analysieren (Janssen, 1995).
Für den Kontext des Sports kann man sich an Brand (2010, S.16) orientieren: „Definitorisch zusammengefasst beschäftigt sich die wissenschaftliche Sportpsychologie mit dem für körperliche Aktivität und besonders Sport relevanten Verhalten und Erleben. Sie widmet sich insbesondere der Beschreibung, der Erklärung, der Vorhersage oder der Veränderung solchen Verhaltens und Erlebens und fundiert damit die praktische Anwendung sportpsychologischer Erkenntnisse im Feld.“
In der psychologischen Betrachtung von Erleben und Verhalten wird die Perspektive „Innenwelt“ – z.B. Ich erlebe „Ärger“ aufgrund eines Misserfolgs – vom Verhalten, d.h. der Perspektive „Außenwelt“ – z.B. Ich vermeide einen weiteren Versuch – getrennt. Diese Person-Umwelt-Interaktion wird im Grundmodell der Verhaltenserklärung nach Nolting und Paulus (2015) verdeutlicht (vgl. Abb. 1). Es sind vier Aspekte, mit denen Verhalten beschrieben und auch erklärt werden kann: (1) die aktuellen Prozesse im Individuum, (2) die Bedingungen der Situation, (3) die Merkmale (Eigenschaften) der Person und (4) Aussagen über den Hintergrund dieser Merkmale im Sinne der Entwicklungsbedingungen der Person.
Grundmodell der Verhaltenserklärung nach Nolting und Paulus (2015, S.113)
Für das Beispiel aus dem Schulsport bedeutet dies: Ein Schüler ist motiviert, beispielsweise das Hindernis (Bock, Kasten, Pferd) zu überwinden, aber vielleicht nicht selbstsicher oder sogar gehemmt. Aktuelle Prozesse werden häufig von den situativen Bedingungen ausgelöst (Anreger) und spiegeln sich im inneren Erleben wider: Der Schüler will eigentlich am Sportunterricht aktiv teilnehmen, fühlt sich aber überfordert. Dieses innere Geschehen (innere Prozesse und Zustände) lässt sich weiter differenzieren. Die Situation wirkt auf das psychische System. Dazu gehören die „Wahrnehmung“, das „Denken“ (im Sinne von erfassen), die „Emotion“ (im Sinne von bewerten), die „Motivation“ (im Sinne von anregen) und das „Denken“ (im Sinne von planen). Diese inneren Bewertungs- und Entscheidungsprozesse werden im äußeren Verhalten (Effekt) sichtbar, z.B. als gehemmt ausgeführter Versuch, möglicherweise mit einem „hängen bleiben“ am Kasten. In diesen aktuellen Prozessen zeigt sich einerseits das kognitive Erfassen der Aufgabe, andererseits können emotionale Bewertungen und daraus folgende motivationale Tendenzen die kognitive Planung soweit beeinflussen, dass das beobachtbare Vermeidungsverhalten daraus folgt. In diese Beschreibung gehen noch weitere Aspekte ein: die Persönlichkeitsebene als personale Disposition und die individuellen Entwicklungsbedingungen als Reifung und Lernen. Möglicherweise ist der Schüler in seinem Persönlichkeitsprofil so ausgerichtet, dass er Situationen vermeidet, in denen die Gefahr besteht, Misserfolge zu erleben. Damit zeigt er eine Verhaltenstendenz, die in der Motivationspsychologie als „Furcht vor Misserfolg“ bezeichnet wird und die im Gegensatz zur Verhaltenstendenz „Hoffnung auf Erfolg“ steht. Bezieht man nun auch zusätzlich die Entwicklungsbedingungen ein, könnte man als Hintergrund für das Verhalten folgende Informationen nehmen: Der Schüler hat keine sehr aktive Sportsozialisation genossen und wurde von seinen Eltern nicht besonders ermutigt, Sport zu treiben.
Das Grundmodell der Verhaltenserklärung (vgl. Abb. 1) – skizziert anhand des Beispiels aus dem Schulsport – lässt sich nutzen, um den komplexen Bezug von Erleben und Verhalten abzubilden und stellt eine Grundlage zum Verständnis psychologischer Prozesse dar.