SPRUNG INS UNBEKANNTE (Zwischen den Welten - Band 2) - Rosen Dimitrov - E-Book

SPRUNG INS UNBEKANNTE (Zwischen den Welten - Band 2) E-Book

Rosen Dimitrov

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Beschreibung

Nachdem Lena-Marie in einem Anflug von Panik den Teleporter benutzt hat, folgt auch der in sie verliebte Jeffry Niels ihr durch das Portal und lässt dieses nach seinem Sprung von einer Bombe zerstören. Als der Teleporter wieder repariert ist, folgen ihnen Mark und seine Freunde – und landen in Leoria, einer mysteriösen Parallelwelt, die sich ganz anders als unsere Erde entwickelt hat und auf der Stufe unseres Mittelalters stehengeblieben ist. Ihre Suche nach Lena-Marie und Jeffry führt sie durch eine Welt gefährlicher Tiere, blutiger Kriege, allmächtiger Götter und eines machthungrigen Imperators …Rosen Dimitrovs Dreiteiler »Zwischen den Welten« verbindet auf schwindelerregend spannende Weise die Themen künstliche Intelligenz, virtuelle Realitäten und Parallelwelten miteinander. Hier treffen Schwerter auf Bits und Bytes und Götter auf Programmierer. Eine großes Abenteuer zwischen Fantasie und Wirklichkeit. 

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Sprung ins Unbekannte

Zwischen den Welten – Band 2

Rosen Dimitrov

Impressum

Deutsche Erstausgabe Copyright Gesamtausgabe © 2023 LUZIFER Verlag Cyprus Ltd. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Cover: Michael Schubert

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2023) lektoriert.

ISBN E-Book: 978-3-95835-766-2

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

Inhaltsverzeichnis

Sprung ins Unbekannte
Impressum
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Über den Autor

Kapitel 1

Dichter, grauer Nebel. Nichts war zu sehen, nur dichter, grauer Nebel. Aber recht ungewöhnlich war der schon, irgendwie viel zu hell. Er hob die Hand vor die Augen, sah jedoch nur ihre Umrisse.

Seltsam, dachte er und tastete um sich herum – kleine Zweige und Laub, er schien in einem Wald oder Park zu sein. Er horchte. Zu hören war Vogelgezwitscher und auch das Sirren von Insekten und das Rascheln von Blättern, die sanft vom Wind gestreichelt wurden. Er versuchte, sich aufzusetzen, doch sein Kopf schwirrte dermaßen, dass er sich wieder auf den Rücken fallen ließ. Er wusste weder, wer er war, noch wo er war, noch was er hier machte. Er strengte seinen Kopf an, um sich an etwas zu erinnern. Durch sein Bewusstsein gingen irgendwelche schwachen, verwaschenen Erinnerungen, aber er konnte sich auf nichts so recht besinnen. »Immer mit der Ruhe, Mann«, sagte er sich, »Nur ruhig Blut! Komm zu dir und beruhige dich! Langsam und tief einatmen und versuch, dich auf etwas zu konzentrieren!« Der Nebel fing an, heller zu werden, schon waren die Silhouetten der Bäume ringsum zu erkennen. Er schloss die Augen und atmete noch einmal langsam und tief ein und aus. Noch immer wusste er nicht, wer er war, aber eine weit zurückliegende Erinnerung begann sich herauszukristallisieren. Er musste sich eben einfach konzentrieren. Er stellte sich vor, dass er mitten im Nichts war, irgendwo im Kosmos, und dass es um ihn herum nur so von kosmischer Energie strotzte. Mit beiden Händen packte er sich etwas von dieser Energie und richtete sie auf seinen Körper. Und dann noch einmal und noch einmal. Er spürte diese Energie bereits in sich rumoren. Nun brauchte er sie nur noch richtig auszurichten. Er konzentrierte sich auf die Energie, schickte sie in jede Faser seines Körpers, atmete dann langsam und tief aus und machte die Augen auf. Der Nebel war weg, wahrscheinlich hatte es ihn überhaupt nicht gegeben. Sein Kopf schwirrte auch nicht mehr und er probierte erneut, sich aufzusetzen. Dieses Mal gelang es ihm. Er blickte um sich. Er war mitten in einem Wald. Es war ein Mischwald aus Nadel- und Laubbäumen und dazu nicht mal allzu hoch – höchstens an die zwanzig Meter. Zu sehen waren auch niedrige Büsche und stellenweise kleine Felsbrocken, das Gelände war leicht abschüssig. Er war wohl in einer Gebirgsgegend. Er wandte sich um und bemerkte zwei leblose Körper hinter sich – den eines Mannes und den einer Frau. Sie kamen ihm bekannt vor. Er betrachtete sie aufmerksam und plötzlich kam ihm ein Name in den Sinn – Basti! Sebastian. Und das war Fredi. Seine Erinnerungen fingen an, Fahrt aufzunehmen. Mark. Er war Mark. Und das waren seine Freunde Sebastian und Frederike. Und sie hatten sich auf die Suche gemacht … er stockte einen Augenblick, dann fiel es ihm aber wieder ein – Lena, Lena-Marie! Bei dem Gedanken an sie zog sich ihm das Herz zusammen. Lena bedeutete Mark so wahnsinnig viel, sie hatte seinem Leben einen neuen Sinn gegeben und er hatte ihre Freundschaft zerstört durch unüberlegte Handlungen und war so die Ursache für ihr Unglück geworden. Und für ihre panische Flucht ins Ungewisse. Deshalb war er ihr auch gefolgt. Unterstützt durch seine Freunde Sebastian und Fredi. Jetzt war wieder alles an seinem rechten Platz. Moment mal, warum lagen denn die beiden so da und sagten nichts? Mark stand vorsichtig auf, aber der Schwindel hatte sich offensichtlich schon vollkommen verflüchtigt. Er näherte sich Fredi und kniete sich neben sie. Er griff nach ihrer Hand, um ihren Puls zu fühlen. Der langsame und ruhige Puls eines schlafenden Menschen. So weit, so gut. Dann ging er zu Sebastian und ertastete auch dessen Puls. Bei ihm war ebenfalls alles in Ordnung. Hinter Sebastian lagen die drei Militärrucksäcke, die ihnen Christopher mitgegeben hatte, Lenas Vater. Mark wühlte in einem von ihnen, nahm ein Satellitentelefon heraus und einen kleinen Erste-Hilfe-Kasten. Er schaltete das Telefon ein, das jedoch keinen Empfang anzeigte, keinerlei Signal. »Na schön, damit befasse ich mich später, jetzt wollen wir erst einmal die beiden da aufwecken.« Im Erste-Hilfe-Kasten fand er ein Fläschchen Ammoniak, öffnete es und hielt es Basti unter die Nase. Kaum eine Sekunde verging und der wandte den Kopf abrupt beiseite und hustete. Er machte die Augen auf und blickte verwirrt um sich: »Was ist denn los, wo bin ich?«

Sebastian erhob sich ein wenig, stützte sich auf den Ellenbogen und tastete um sich herum. Dann knurrte er erbost: »Zum Teufel noch mal, warum sehe ich denn nichts? Was ist denn nur los, zum …?«

Ja ja, Basti ging es gut, das war so typisch für ihn – immer verwegen, hastig und unzufrieden. Mark legte ihm die Hand auf die Schulter. »Nur ruhig, alter Freund. Bleib einen Augenblick liegen. Es wird schon wieder, nicht so hastig. Warte einen Moment, ich wecke nur Fredi, dann bin ich wieder bei dir.«

Mark tat das Ammoniakfläschchen wieder in den Rucksack und holte eine Flasche Wasser heraus. Er goss sich ein wenig davon in die hohle Hand und benetzte damit Fredis Stirn, ihre Schläfen und ihre Wangen. Da bewegte sich Fredi und machte die Augen auf. Mark nahm sie bei der Hand und redete in einem lustigen Ton rasch auf sie ein: »He, du Schlafmütze! Mach dir nichts draus, wenn du nichts sehen kannst, nur keine Panik! Ihr Frauen geratet ja gern mal in Panik, ob mit oder ohne Anlass, und du noch leichter als alle anderen! Alles ist in Ordnung, ich bin‘s, Mark. Erinnerst du dich?«

Fredi rollte völlig orientierungslos die Augen, dann machte sie ein finsteres Gesicht.

»Mark? Welcher Mark denn? Und warum sehe ich dich nicht?«

»Du wirst mich schon noch sehen, Süße, brauchst nur ein wenig Zeit. Und jetzt hört mir mal beide gut zu. Wahrscheinlich habt ihr einen vorübergehenden Gedächtnisverlust und sicher seid ihr ganz durcheinander und seht nur vage Schatten, stimmt's?«

Mark wartete einen Augenblick ab und die beiden anderen murmelten nur so etwas wie eine Bestätigung.

»Ihr könnt gleich wieder sehen, braucht keine Angst zu haben. Vielleicht erinnert ihr euch auch wieder, wer ihr seid und was ihr hier macht, aber ich sag's euch. Also du, meine liebe Freundin, bist die schöne Kleopatra, die Herrscherin über Ägypten, und du, gewaltiger Riese, bist der große Julius Cäsar, der Kaiser von Rom. Und ich bin Mark, Mark Antonius, ein Freund und gehorsamer Untertan.«

Mark biss sich auf die Lippen, um nicht loszulachen, und wartete auf ihre Reaktionen. Fredi hatte nach wie vor einen vernebelten Blick. Sie hob die Augenbrauen und fragte: »Kleopatra? Der Name sagt mir nichts. Bist du sicher, dass das mein Name ist, Mark Antonius?«

»Ich habe auch keine Ahnung, wer Julius Cäsar ist«, murmelte Basti, »klingt aber gut, scheint mir – der große Julius Cäsar! Wodurch bin ich denn groß, was habe ich denn getan?«

Nun vermochte Mark nicht länger an sich zu halten und brach in Gelächter aus. Beide sahen ihn voller Staunen an. Na ja, zumindest konnten sie wieder halbwegs sehen.

»War ein Spaß, liebe Freunde, weder du bist Kleopatra noch du Julius Cäsar. Es stimmt aber, dass wir alle drei Freunde sind, sehr gute Freunde sogar. Eigentlich seid ihr beide wie Bruder und Schwester für mich. Eure Namen sind Sebastian und Frederike, wir nennen euch Basti und Fredi. Kommt euch das wenigstens bekannt vor?«

Schweigen. Beide versuchten, ihre Erinnerungen wachzurufen, allerdings klappte das noch nicht so recht. Mark wartete abermals ein wenig und fuhr dann fort: »Na gut, dann will ich es euch kurz erklären, aber zunächst müsst ihr mir einfach vertrauen, bis euer Gedächtnis wieder auf der Höhe ist. Wir drei sind Freunde, haben uns vor Jahren beim Karatetraining kennengelernt, das ich leite. Von da kennt ihr auch Lena-Marie, mit der ihr ebenfalls befreundet seid. Nun, und Lena-Marie ist Wissenschaftlerin, Physikerin und hat ein Teleportierungsverfahren entwickelt. Und aus … gewissen Gründen hat sie sich selbst teleportiert und dabei ist sie verschwunden. Ich habe mich dann dazu entschlossen, ihren Versuch zu wiederholen, um sie zu suchen, und ihr habt mich überrumpelt und mich gezwungen, euch mitzunehmen – als hätte ich keine anderen Probleme, muss ich jetzt auch noch auf euch aufpassen …« Mark klopfte Basti fröhlich auf die Schulter und gab Fredi einen kleinen Nasenstüber. Beide schauten immer noch verwirrt drein und versuchten, die erhaltene Information zu assimilieren. Nach kurzem Nachsinnen fragte Fredi: »Und warum habe ich so gar keine Erinnerungen daran?«

»Das kann ich euch auch nicht genau sagen, das ist vermutlich ein Nebeneffekt der Teleportation. Ich möchte euch daran erinnern, dass bei der Teleportation der ganze Körper eines Objektes in seine elementaren Bestandteile zerfällt und in einem Bündel Photonen transportiert wird, die darauf programmiert sind, das Objekt wieder zusammenzusetzen. Bisher wurden noch keine Versuche unternommen, auch Menschen zu teleportieren, Lena-Marie war die Erste, nach ihr dann Jeffry, ihr ehemaliger Freund und Kollege und schließlich wir drei. So wissen wir also bisher noch nichts über Nebeneffekte, allerdings vermute ich, dass aufgrund des komplizierten menschlichen Gehirns eine Zeit lang ein gewisses Durcheinander seiner Funktionen zu erwarten ist. Die gute Nachricht ist, dass der Versuch erfolgreich verlaufen ist und wir alle noch leben!«

»Es sei denn, wir sind gestorben und sind ins Paradies gekommen!«, murmelte Sebastian.

»Unmöglich, Basti«, lachte Mark. »Du hast schon so viele unschuldige Studentinnen verführt, dass am Tor zum Paradies mit Sicherheit dein Foto hängt, mit der Aufschrift: Der ist umgehend zur Hölle zu schicken! Und das hier sieht mir so gar nicht nach Hölle aus und wir sind offenbar noch quicklebendig!«

Sebastian schnitt ein böses Gesicht, während Fredi über diesen Scherz lachte, und nach einem kurzen Zögern lächelte auch er. Fredi fragte dann weiter: »Mark, wenn der Gedächtnisverlust, hoffentlich ist der wirklich nur vorübergehend, wenn der also ein Nebeneffekt ist, warum betrifft das nur uns beide und du erinnerst dich an alles?«

»Das ist nicht ganz so, ich hatte auch Schwierigkeiten mit dem Gedächtnis, bin aber verhältnismäßig schnell damit fertig geworden. Ich kann nur raten, warum sich mein Gedächtnis schneller wieder erholt hat als eures. Vor ungefähr zwei Jahren habe ich ein Computerprogramm geschrieben, das ich Nora genannt habe. Ihr werdet euch später auch wieder an sie erinnern. Um ständigen Kontakt dazu zu haben, habe ich mich einer experimentellen Operation unterzogen, bei der man mir einen Chip aus organischer Materie ins Gehirn eingepflanzt hat. Dieser Chip unterhält einerseits eine doppelseitige Verbindung zu Nora aufrecht und sie hört und sieht alles, was ich sehe und höre, andererseits dient er als zusätzliches Gedächtnis, als Erweiterung meines Gedächtnisses. Vermutlich wird auch darin ein Teil meiner Erinnerungen gespeichert, was dann meinen übrigen Erinnerungen geholfen hat, wieder nach oben zu kommen. Und ich sage es noch einmal, das sind nur Vermutungen, sicher bin ich nicht.«

»Wenn du nun ständig mit diesem Programm verbunden bist, warum fragst du es nicht, wo wir hier sind?«, fragte Fredi.

»Hab ich längst versucht, aber dabei ist nichts herausgekommen. Praktisch kann Nora zu mir von jedem Punkt der Erde Verbindung aufnehmen. In unserem Gepäck haben wir Mobil- und Satellitentelefone, aber die nehmen auch kein Verbindungssignal auf. Und da wir weder zu Nora Verbindung haben, noch zu den Satelliten, fallen mir nur zwei Möglichkeiten ein – entweder sind wir durch die Teleportation in der Zeit zurückversetzt worden oder wir sind nicht mehr auf unserem Planeten.«

Fredi und Sebastian sahen ihn mit ungläubigen Gesichtern an. Mark zuckte mit den Schultern. »Ich weiß, dass das für euch nach Phantastik klingt, aber eine andere Erklärung habe ich nicht. Ich hoffe nur, dass wir nicht in die Dinosaurierzeit zurückversetzt worden sind, obgleich du, Basti, dich dort bei den Tyrannosauriern wie zu Hause fühlen würdest!«

Sebastian wunderte sich erneut, ob er nun böse werden oder sich dem Gelächter der anderen beiden anschließen sollte. Nach einem kurzen Zögern entschied er sich für letzteres. »Na, Mark, wenn du denkst, du gleichst einem wunderhübschen Schmetterling, dann ist dein Gedächtnis wohl kaum wieder vollständig auf der Höhe!«

Nun hallte ihr Lachen durch den ganzen Wald. Das waren seine Freunde. Mit ihnen war es überall lustig und fröhlich, wo dieses Überall auch immer sein mochte! Nachdem sie sich wieder beruhigt hatten, wandte sich Fredi an Mark. »Na gut, wir sind also losgezogen, um Lena-Marie zu suchen und wir selbst haben keine Ahnung, wo wir eigentlich sind. Habe ich das richtig verstanden?«

»Nun sei mal nicht so pessimistisch, Fredi, es hätte auch schlimmer kommen können. Vor Jahren habe ich mal eine wissenschaftlich-utopische Geschichte von Ljuben Dilov gelesen, einem in Bulgarien sehr bekannten Schriftsteller. Und dort war die Rede von einem Präzedenzfall bei einer Körper- Teleportation, bei der ein junger Mann von der Hüfte an den Unterleib einer jungen Frau bekam. Die junge Frau hatte den Unterkörper einer Alten, und die Alte, die sich jedoch nach der Teleportierung nicht meldete und schnellstens in der Menge verschwand, hatte sich offenbar den Unterleib des jungen Mannes gekapert. Es konnte also noch viel schlimmer kommen. Stellt euch mal vor, du Basti hast den Unterleib von Fredi und umgekehrt! Ich würde alles geben, um das sehen zu können!«

Sebastian musterte Fredi von oben bis unten, dann sich selbst und sagte entschlossen: »Dann lieber in die Hölle!«

Fredi versetzte ihm empört einen Faustschlag auf die Schulter. »Was gefällt dir denn nicht an meinem Körper, du Dinosaurier? Du kannst nur davon träumen, einen solchen festen Hintern zu haben und solche schlanken Beine!« Dann wandte sie sich Mark zu: »Im Grunde hat er recht, ich möchte auch nicht von der Taille nach oben ein Engel sein und nach unten ein Nilpferd!«

Basti sah sie böse an, hielt jedoch seinen Kommentar zurück und fragte stattdessen: »Und was machen wir nun?«

»Eine großartige Auswahl haben wir nicht gerade«, versuchte Mark zu antworten, obwohl er fast erstickte vor Lachen, »wir können höchstens versuchen, einen Weg zu finden oder wenigstens aus dem Wald hinauszugehen. Während ihr lauft, seht euch um, ob ihr nicht eine Spur von Lena-Marie findet. Ich weiß nicht viel über das Teleportieren, aber es ist zu vermuten, dass sie an einen Ort hier ganz in unserer Nähe teleportiert worden ist. Das Problem ist, dass ganze sieben Tage zwischen den Teleportationen liegen, wenn es nicht zusätzlich noch eine Zeitverschiebung gegeben hat. Darüber hinaus müssen wir auch noch auf Jeffry achten. Aber immerhin ist unsere Hauptaufgabe fürs Erste, aus dem Wald herauszukommen. Wir haben einen Kompass, also besteht keine Gefahr, dass wir uns verirren, und der Wald ist nicht sehr dicht, sodass wir leicht vorankommen. Nach dem Stand der Sonne zu urteilen, müsste es jetzt Mittag sein. Wenn ihr euch besser fühlt, schlage ich vor, dass wir sofort aufbrechen, denn wir wissen nicht, wie weit der Weg ist und in diesem unbekannten Wald übernachten möchte ich nicht gern.«

»Mir geht’s gut, ich kann gleich loslegen. Basti erhob sich munter und warf sich einen Ranzen über die Schulter. Und wenn die kleine Rothaarige sich noch nicht gut genug fühlt, werfe ich sie mir auch über die Schulter. Die wiegt sowieso nicht allzu viel!«

»Ich schaffe das auch allein.« Fredi stieß ihm den Ellenbogen in den Bauch, doch die Wirkung war, als hätte sie gegen einen Felsen gestoßen. »Geh du nur voran, knick die Bäume um und bahne uns den Weg, du Tyrannosaurus!«

»Ich bin froh, dass ihr mitgekommen seid, meine Freunde. Wenn wir zusammen sind, wird es bestimmt lustig, ganz gleich, wohin wir gehen!«

»Kein Zweifel, in Gesellschaft zweier Tyrannosaurier wird’s bestimmt lustig«, neckte Fredi sie und musste sich umgehend bücken, um dem Tannenzapfen zu entgehen, den Mark in ihre Richtung schleuderte. »Mark, alles, was du uns erzählt hast, klingt zwar bekannt, aber noch immer kann ich mich an rein gar nichts erinnern. Erzähl uns doch etwas mehr über uns beide, so kommt uns die Erinnerung vielleicht schneller zurück.«

Und Mark fing an zu erzählen – über ihre Arbeit, über ihr Training, über die Freunde, über die Abende im Studentenklub. Über die Spiele in der virtuellen Realität. Von Zeit zu Zeit stellten Fredi und Basti Fragen, vor allem Fredi natürlich. Die war von Natur aus schon immer neugierig. Wegen ihrer französischen Abstammung pflegte Mark sie zu hänseln, denn mütterlicherseits war sie Halbfranzösin.

So liefen sie fast drei Stunden, ehe sie endlich an einen schmalen, ausgetretenen Pfad gelangten. Mark blieb stehen, nahm seinen Rucksack ab und suchte darin etwas. Er holte eine Pistole heraus, eine Beretta Kaliber neun Millimeter, überprüfte die Patronen und sah ins Magazin, dann sicherte er sie wieder. Anschließend steckte er die Pistole in den Gürtel unter seiner dicken Militärjacke, die Chris ihm gegeben hatte.

»Ich rate euch, tut das auch, Freunde. Es ist gut, wenn wir die Waffe zur Hand haben, sei es zur Verteidigung, sei es zur Jagd. Aber verbergt sie unter den Jacken, damit sie nicht auf den ersten Blick zu sehen ist. Außerdem schlage ich vor, dass wir uns jeder einen Stock besorgen. Beim Training und bei den virtuellen Spielen habt ihr ja gelernt, ausgezeichnet damit umzugehen. Der Stab löst darüber hinaus auch keinen Verdacht aus, und sollten wir auf Menschen treffen, so werden die sich wohl kaum vor drei Wanderern mit geschnitzten Stöcken in den Händen fürchten.«

»Das ist gut«, seufzte Fredi erleichtert, »da können wir uns zugleich ein wenig ausruhen, denn meine Füße tun mir schon weh vom stundenlangen Laufen.«

»Mein Vorschlag, dich Huckepack zu tragen, gilt nach wie vor, Kleines, so hältst du uns unterwegs wenigstens nicht auf!«, spottete Basti.

Dieses Mal überhörte Fredi jedoch die Anspielung und ließ sich müde auf den Rücken fallen.

»Na, du Wildfang, ist es doch ein wenig viel für dich?« Mark kniete sich neben sie.

»Ich bin so müde, Mark. Offensichtlich habe ich in letzter Zeit zu wenig Sport getrieben. Meine Beine sind bleischwer!«, beklagte sich die Rothaarige.

»Ruh du dich ruhig aus, ich werde auch für dich einen Stab fertigen. Versprich mir nur, dass du mir damit nicht eins überziehst!«

»Mache ich denn auch so was, haue Männer mit Stöcken?«, fragte Fredi lachend. Dann schloss sie die Augen und legte sich hin.

Als Sebastian und Mark nach etwa zwanzig Minuten mit drei langen Stäben zurückkehrten, lag Fredi noch immer mit geschlossenen Augen da. Sebastian warf sich seinen Rucksack über den Rücken, Fredis Rucksack ebenfalls und Mark stupste sie leicht an der Schulter an. »He, Rotschopf, wir müssen los. Auf dem Pfad geht es sich jetzt jedenfalls leichter. Wir müssen versuchen, bis Sonnenuntergang den Wald hinter uns zu lassen. Noch wissen wir nicht, wo wir sind, möglich, dass es ringsherum Raubtiere gibt – Bären, Wölfe oder sogar Tiger und Leoparden.«

Bei der Erwähnung von Raubtieren öffnete Fredi sofort die Augen und blickte erschrocken um sich. »Meinst du das ernst, Mark?«

»Natürlich ist das mein Ernst! Wir waren uns doch schon einig darüber, dass wir entweder nicht mehr auf unserem Planeten sind oder dass wir doch noch da sind, nur in einer anderen Zeit. In unserer Zeit leben Raubtiere in Europa fast ausschließlich in Zoos, aber in der Vergangenheit sind sie ein untrennbarer Teil der Natur gewesen. Wenn wir jedoch auf einem anderen Planeten sind, dann haben wir nicht mal eine Vorstellung davon, worauf wir treffen könnten. Wer weiß, was für hungrige Viecher uns gerade aus den Büschen beobachten und sich auf ihr bevorstehendes Abendessen freuen …«

»Mark, hör schon auf, mir Angst einzujagen!«, empörte sich Fredi, erhob sich aber rasch und nahm Mark den Stock ab.

Der Pfad war zwar schmal, aber dennoch kamen sie wesentlich leichter und schneller voran. Manchmal erblickten sie Hasen und Eichhörnchen, was Mark zufolge die These untermauerte, dass sie immerhin noch auf der Erde waren. Mit Ausnahme des kaum sichtbaren Pfades, den sie entlanggingen, waren keine anderen Spuren menschlicher Anwesenheit zu bemerken, die in der heutigen Zeit ein untrennbarer Teil der Natur in den »zivilisierten« Bereichen der Welt waren – Zigarettenkippen, Bonbonpapier, Plastiktüten und jegliche sonstigen, von Touristen weggeworfene Abfälle. Und dann beunruhigte sie noch das Fehlen eines Satellitensignals. Ob sie nicht doch in eine zurückliegende Zeit versetzt worden waren? Und wenn sie in eine frühere Zeit zurückgekommen waren, wie weit lag die dann zurück – hundert Jahre, tausend, fünftausend? Was für Gefahren mochten da auf sie warten, was für Raubtiere beherrschten diesen Wald? Dass sie bisher noch keinem Raubtier begegnet waren, hatte noch nichts zu sagen – die meisten gingen ja nachts auf die Jagd und verkrochen sich am Tage in den Büschen. Und womöglich waren es ja nicht nur die Tiere, vor denen sie auf der Hut sein mussten, Gefahren konnten ebenso von Pflanzen ausgehen, seien es fleischfressende Pflanzen, die auf Beute aus waren, oder von Giftpflanzen, die sich einfach nur vor Übergriffen schützen wollten. Der Abend nahte schon, es fing bereits an, dunkel zu werden, als der schmale Pfad sie auf eine breite Wiese mit einem weit ausladenden Baum in der Mitte führte.

»Ich schlage vor, wir nächtigen hier.« Mark ließ seinen Rucksack auf den Boden gleiten und lehnte sich an den Baum. »Erst wollen wir uns eine kleine Pause gönnen. Dann müssen wir aber Holz sammeln und ein Feuer anzünden. Das Feuer müsste die wilden Tiere fernhalten.«

»Also brauchen wir ziemlich viel Holz, damit es für die ganze Nacht reicht«, stellte Basti missmutig fest.

»Geht ihr nur sammeln, Jungs, ich passe inzwischen auf die Rucksäcke auf.« Fredi hatte sich erneut auf der Erde niedergelassen und dachte offenbar gar nicht daran, noch einmal aufzustehen.«

»Wie ich dich so sehe, Kleines, kannst du wohl kaum auf dich selbst aufpassen«, meinte Basti lachend.

»Und du, Großer, bilde dir bloß nicht ein, dass du es besser kannst als ich, nur weil du zwei Meter lang bist und zweihundert Kilo wiegst«, entgegnete Fredi bissig. Basti war natürlich sofort beleidigt. »Nicht übertreiben, bitte. Ich wiege nur 120 Kilo und das ist reines Kampfgewicht, reine Muskeln und keinerlei überflüssige Pfunde. Wenn du von überflüssigen Pfunden redest, guck dir lieber deinen Hintern an, der ist so dick, dass es mich nicht wundert, dass du so müde bist. Es ist nicht leicht, ständig eine so große Last mit sich herumzuschleppen.«

»Mark, würdest du mir wohl erklären, wie man mit der Pistole schießt?«, fragte Fredi sehr böse und drohend.

Mark bekam aber vor lauter Lachen kaum Luft und konnte nicht antworten. Fredi versetzte ihm einen kraftvollen Tritt gegen den Knöchel, wandte beiden den Rücken zu und schimpfte ärgerlich, während sie in Richtung Wald davonging: »Ich sehe nicht, was es da zu lachen gibt. Der Dicke macht sich über die weibliche Würde lustig, und der andere lacht sich eins ins Fäustchen und erstickt fast daran!«

Basti verfolgte mit den Augen, wie Fredi im Wald verschwand und seufzte erleichtert: »Endlich ein bisschen Ruhe …«

»Ihr beide werdet mich noch umbringen vor lauter Lachen, alter Freund!« Mark konnte sich endlich beruhigen und Atem schöpfen. Dann erhob er sich ächzend, während er sich den von Fredi getretenen Fußknöchel rieb. »Ich gehe Feuerholz sammeln. Bleib du hier bei den Rucksäcken, bis der Rotschopf zurück ist. Ich bitte dich nur, sei etwas netter zu ihr, denn sonst bringt sie uns beide um!«

Basti brummte nur als Antwort und fing an, in seinem Rucksack herumzukramen. Mark klopfte ihm freundlich auf den Rücken und schritt dann auf die Bäume zu, aber in der entgegengesetzten Richtung als Fredi. Er hatte noch keine drei Schritte getan, als aus dem Wald Fredis erschrockenes Geschrei zu vernehmen war. Er horchte einen Augenblick, um herauszufinden, woher genau das Geschrei kam und rannte in diese Richtung. Basti folgte ihm auf den Fersen. Sie kamen unter die Bäume und sahen sich um. Fredi schrie immer weiter, doch sie sahen sie noch nicht. Es wurde schon dunkel, aber noch konnte man gut sehen. Sie liefen weiter zwischen den Bäumen hindurch, geleitet von den Schreien und bemerkten sie dann endlich in etwa zwanzig Metern Entfernung. Fredi wand sich und machte seltsame Handbewegungen, als versuche sie, etwas von sich abzunehmen. Als sie schließlich bis zu ihr vorgedrungen waren, sahen sie endlich, was sie beschäftigte – über ihrem Haar und ihrer Kleidung lag ein Spinnennetz und Fredi versuchte, es abzumachen, schrie dabei und wand ihre Arme chaotisch. Mark lehnte sich an den nächsten Baum und rief lächelnd: »Sieh mal einer an, unser Mädchen wollte wohl gar zu gern tanzen, und wir dachten schon, sie ist zum Abendbrot eines Leoparden oder eines Grizzlybären auserkoren worden …«

»Das ist nicht zum Lachen, ihr Idioten! Ihr hättet mal sehen sollen, was für eine riesige Spinne sich zu mir heruntergelassen hatte …« Und Fredi breitete die Arme aus, um deren Größe anzudeuten. Wenn man den Andeutungen Glauben schenken wollte, musste die Spinne mindestens die Ausmaße eines großen Hundes gehabt haben. Basti sah sich um, hob dann mit seinem Messer eine Spinne hoch, die ein wenig größer war als eine Walnuss und brachte sie zu Fredi. »Meinten Sie diese riesige Bestie, Mylady?«

Beim Anblick der Spinne schrie Fredi wieder los, machte blitzschnell einen Schritt nach hinten und fiel mit dem Rücken auf das Laub vom letzten Jahr, wobei sie wieder mit Armen und Beinen fuchtelte. Mark krümmte sich erneut vor Lachen und Basti gab seinen Bass dazu. Beide beugten sich zu Fredi hinunter und reichten ihr die Hände, um ihr zu helfen. Fredi warf ihnen einen bösen Blick zu, ergriff aber ihre Hände und ließ sich hochziehen.

»Ich will keinen Kommentar dazu hören! Das gilt für euch beide!«

»Selbstverständlich, Mylady, zu Befehl, Mylady!« Mark verbeugte sich theatralisch und biss sich auf die Lippen, um das aufsteigende Lachen zu unterdrücken. Dann legte er seinen Arm um Fredis Schultern und seinen Zeigefinger warnend auf ihren Mund, um die Proteste seiner Freundin noch rechtzeitig aufzuhalten. »Ruhig, meine Süße, wir sagen ja gar nichts. Jedem kann es mal passieren, dass er im Wald einem wilden Tier begegnet …«

Kaum hatte er das ausgesprochen und schon wand er sich vor Schmerz, hervorgerufen durch Fredis heftigen Stoß mit dem Ellenbogen gegen seine Rippen. Während sich Mark die schmerzende Stelle hielt, setzte er zu einem neuerlichen Kommentar an: »Nun ja, wenn du diese Kampftechnik bei der menschenfressenden Riesenspinne angewendet hättest, hätten wir dich vielleicht gar nicht zu retten brauchen!«

»Ihr beide seid unmöglich! Sind wir wirklich Freunde, oder habt ihr mich entführt, um eine naive, hilflose Frau terrorisieren zu können?«

Es war bereits dunkel geworden, als sie endlich genügend Holz zusammen hatten. Sie schichteten einen Teil davon zu kleinen Haufen rund um den Baum, zündeten einen davon an und holten Konserven aus ihren Rucksäcken. Während sie ihr Abendbrot verzehrten, erzählte Mark ihnen allerlei aus ihrem Leben in Deutschland, immer in der Hoffnung, dadurch ihr schlafendes Gedächtnis wecken zu können. Nachdem sie gegessen hatten, übermannte sie die Müdigkeit und sie beschlossen, sich schlafen zu legen. Sie zündeten auch die übrigen Holzhaufen an, damit die wilden Tiere nicht bis zu ihnen vordringen konnten, doch das war wohl kaum ausreichend. Einer musste wach bleiben und Wache halten. Fredi schlug vor, die erste Schicht zu übernehmen, denn die Nacht mache ihr Angst und sie würde ohnehin nicht sofort einschlafen können. Mark holte eine der Pistolen hervor und zeigte ihr, wie die geladen und gesichert und wie geschossen wurde. Dann gab er ihr noch weitere Instruktionen: »Wenn du etwas bemerkst oder fragwürdige Geräusche hörst, gerate bloß nicht in Panik. Erstens könnten das harmlose Waldtiere sein oder einfach nur Waldgeräusche, die nur in deiner Vorstellung zur Gefahr werden. Mir ist das auch schon passiert. Während meiner Wehrdienstzeit hatten wir Wache in einem Waldgebiet. Wir sollten auf ein Militärdepot aufpassen. Der von mir zu bewachende Bereich hatte keinerlei Beleuchtung und die Bäume standen nur etwa zehn Meter von meinem Posten entfernt. Und auf einmal, es mochte ca. 2 Uhr nachts gewesen sein, hörte ich Schritte, ziemlich verdächtige Schritte, als wenn da jemand heranschlich und sich dabei bemühte, unbemerkt zu bleiben. Zwei-drei Schritte, dann Stille, dann wieder mehrere Schritte und wieder Stille. Und so sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte nichts sehen, es war stockdunkel. Ich erschrak mächtig, hielt das Maschinengewehr in Bereitschaft und rief dem Störenfried laut zu, er möge stehenbleiben. Und die Schritte verstummten. Über Funk rief ich die Kollegen, sie sollten schnell kommen. Nach wenigen Minuten waren die Schritte wieder zu hören. Mein Herz war am Zerspringen, ich war so aufgeregt, dass ich beinahe auf die Kollegen geschossen hätte, als sie sich mit Lampen in den Händen näherten. Wir entdeckten den Störenfried wenige Meter von mir entfernt. Es war ein großer und sehr gefährlicher Igel. Noch lange nach diesem Vorfall nahmen mich die Kollegen auf die Schippe … Wenn ich mich jetzt daran erinnere, muss ich selber lachen. Aber du kannst dir nicht im mindesten vorstellen, wie sehr die Schritte des Igels denen eines Menschen glichen. Wenn jedoch tatsächlich Gefahr besteht, fang bloß nicht an zu schreien und mit den Armen zu fuchteln wie ein Hahn ohne Kopf mit den Flügeln, wie heute im Wald (hier sah Fredi ihn sehr wütend an), sondern mach uns so leise wie möglich wach. Und sieh zu, dass das Feuer brennt, denn wenn es ausgeht, bemerkst du, dass ein Bär oder ein anderes Raubtier näherkommt, erst, wenn der dich bei den Beinen packt und ins Gebüsch zerrt.«

»Mark, hör auf, mir Angst einzujagen. Jetzt werde ich die ganze Nacht kein Auge zumachen können und bei jedem Geräusch aufschrecken!«

»Das ist Sinn und Zweck der Sache, Süße!«, lachte Mark, während er in seinen Schlafsack kroch.

Basti schnarchte bereits lauthals. Mark schloss die Augen und versuchte, ebenfalls einzuschlafen, aber der Gedanke an Lena-Marie ließ ihm keine Ruhe. Vor seinen Freunden bemühte er sich, überzeugend und ruhig zu erscheinen, doch in ihm brannte die Unruhe, dass ihr etwas geschehen sein könnte. An diesem unbekannten Ort waren sie drei auch nicht vor Gefahren gefeit, aber immerhin waren sie zu dritt und noch dazu bewaffnet. Lena war jedoch vollkommen allein auf sich gestellt, unbewaffnet, schutzlos … nun ja, nicht so ganz schutzlos … Sowohl während des Trainings in der Universität, als auch während ihrer Behandlung und ihrer Schulung in der virtuellen Realität hatte Lena ausgezeichnete Kampfkenntnisse erworben und in einer wirklichen Situation wäre sie in Lage, mit ein-zwei Gegnern fertigzuwerden, und das auch ohne Waffe. Und wenn sie einen Stab oder ein Schwert hätte, würde sie es auch mit vier – fünf Angreifern aufnehmen können. Sollte sie allerdings an Raubtiere geraten oder an erfahrene und zahlreiche Gegner, dann würden ihr auch ihre Kampfkünste nicht helfen können. Unwillkürlich stellte sich Mark dieses zarte, hübsche Mädchen vor, wie es vor einem 300-Kilo schweren Bären stand, oder umgeben von einem Rudel hungriger Wölfe, und er erzitterte. Nein, das konnte unmöglich geschehen, Lena war sein Engel, und wenn es einen Gott gab, so wachte er bestimmt über ihr und schützte sie! Unmerklich überwand die Müdigkeit seine düsteren Gedanken und er schlief ein. Er hatte das Gefühl gerade erst die Augen zugemacht zu haben, als er spürte, wie er an der Schulter gerüttelt wurde. Seine Hand griff automatisch zur Pistole und richtete sie in die entsprechende Richtung, noch ehe er die Augen geöffnet hatte. Dann sah er in Fredis erschrockenes Gesicht.

»Mark, bist du verrückt? Du hättest mich erschossen!«

»Tut mir leid, meine Süße, einfach eine Reaktion … Was ist denn los, gibt’s ein Problem?«

»Nein, kein Problem, es ist Zeit, dass du die Wache übernimmst.« Fredi fing an, müde ihren Schlafsack aufzuwickeln.

»O-o-o, und ich dachte, ich hätte mich gerade erst hingelegt … Gute Nacht denn, Rotschopf, und schöne Träume, und denk bloß nicht an die blutrünstigen Grizzlys, die hungrigen Wölfe oder an die fleischfressenden Ameisen, die zu Millionen anmarschieren und nur abgenagte Skelette hinterlassen.«

»Mark, ich bring dich um, wie soll ich denn da nun schlafen, du verfluchter Kerl!« Fredi sah tatsächlich hellwach aus und sehr verängstigt.

»Immer ruhig, meine Süße, ich wache doch über dir und du brauchst keine Angst zu haben. Leg dich hier neben mich und schlaf. Wenn du bei mir bist, passiert dir nichts … ausgenommen, ein wildes Tier frisst mich auf. Dann kann ich dich natürlich nicht länger beschützen …«

»Mark!« Fredi schlug ihm empört auf die Schulter, dann kroch sie dicht an ihn heran, legte ihren Kopf auf seinen Schenkel und schlief fast sofort ein.