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STAR GATE – das Original: Die 18. Kompilation
Wilfried A. Hary (Hrsg.): „Die Bände 171 bis 180 der laufenden Serie STAR GATE – das Original – zusammengefasst!“
Die Serie STAR GATE – das Original existiert nun schon seit 1986(!). Einige Autoren sind daran beteiligt. Viele Leser schätzten das frühere Heftformat und genießen das Taschenbuchformat, in dem die Serie inzwischen erscheint, aber es gibt nicht wenige Leser, die immer wieder auch nach einem umfangreichen Buchformat verlangen, vergleichbar etwa mit den Silberbänden der Perry-Rhodan-Serie.
Für diese haben wir nun die nächste Kompilation geschaffen, basierend auf den folgenden Bänden der laufenden Serie:
171/172 »Alarm auf Terra« W. K. Giesa/W. A. Hary
173/174 »Spirale der Gewalt« W. K. Giesa/W. A. Hary
175/176 »Neue Wahrscheinlichkeiten« W. K. Giesa/W. A. Hary
177/178 »Cheekan« W. K. Giesa/W. A. Hary
179/180 »Alarm auf Phönix« W. K. Giesa/W. A. Hary
Viel Freude beim Lesen dieser immerhin wieder ganze 10(!) Bände umfassenden Kompilation!
Euer Wilfried A. Hary (Hrsg.)
Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie
STAR GATE - das Original:
Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary,
Frank Rehfeld
Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch)
by HARY-PRODUCTION!
Achtung: „STAR GATE - das Original“ ist eine eigenständige Serie, die nachweislich Jahre vor Serien ähnlichen Namens begann, wie sie im Fernsehen laufen oder liefen oder im Kino zu sehen sind oder waren! Daher der Zusatz „das Original“!
ISSN 1860-1855
© neu 2019 by HARY-PRODUCTION
Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken * Telefon: 06332-481150
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.
Coverhintergrund: Anistasius, Logo: Gerhard Börnsen
Nähere Angaben zum Herausgeber und Hauptautor siehe Wikipedia, Suchbegriff Wilfried A. Hary
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Veröffentlichungsjahr: 2021
Die 18.
Kompilation
Wilfried A. Hary (Hrsg.)
Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original: Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld.
Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de.
ISSN 1860-1855
Diese Fassung basiert auf den Romanen
der laufenden Serie!
© 2019 by HARY-PRODUCTION
Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken
Telefon: 06332-481150
www.HaryPro.de
eMail: [email protected]
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und
Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.
Logo: Gerhard Börnsen
Coverhintergrund: Anistasius
Achtung: „STAR GATE - das Original“ ist eine eigenständige Serie, die nachweislich Jahre vor Serien ähnlichen Namens begann, wie sie im Fernsehen laufen oder liefen oder im Kino zu sehen sind oder waren! Daher der Zusatz „das Original“!
Die Serie STAR GATE – das Original existiert nun schon seit 1986(!). Einige Autoren sind daran beteiligt. Viele Leser schätzten das frühere Heftformat und genießen das Taschenbuchformat, in dem die Serie inzwischen erscheint, aber es gibt nicht wenige Leser, die immer wieder auch nach einem umfangreichen Buchformat verlangen, vergleichbar etwa mit den Silberbänden der Perry-Rhodan-Serie.
Für diese haben wir nun die nächste Kompilation geschaffen, basierend auf den folgenden Bänden der laufenden Serie:
171/172 »Alarm auf Terra« W. K. Giesa/W. A. Hary
173/174 »Spirale der Gewalt« W. K. Giesa/W. A. Hary
175/176 »Neue Wahrscheinlichkeiten« W. K. Giesa/W. A. Hary
177/178 »Cheekan« W. K. Giesa/W. A. Hary
179/180 »Alarm auf Phönix« W. K. Giesa/W. A. Hary
Alarm auf Terra
Wilfried A. Hary und Werner K. Giesa:
„Das Randall-Team ist zurück – und der Kampf beginnt!“
Das Randall-Team kehrt mit seinem neuen Raumschiff EXCALIBUR zurück zur Erde, gewissermaßen mit einem Knalleffekt. Das löst planetenweit einen Alarm aus.
Während die kyphorische Besatzungsmacht noch Ursachenforschung betreibt, rüsten sich die Rebellen zum Aufstand. Und dies birgt tödliche Risiken nicht nur für sie, sondern für die ganze Erde…
Im kyphorischen Hauptquartier in Detroit hatte der Blitz eingeschlagen. So zumindest sah es aus, warf man einen Blick auf die Offiziere, Verwaltungsbeamten und Soldaten, die diskutierten, hin und her eilten und doch nicht viel erreichen konnten. Nur die craahlschen Söldner ließ alles kalt. Sie waren dazu da, zu kämpfen und zu bewachen, nicht aber sich Gedanken über Strategie und Überraschungsangriffe zu machen.
Tanya Genadas Vergleich hingegen mit einem Hühnerstall, in dem der Fuchs räubert, traf den Kern.
In einem großen Saal hatte sich die Führungsspitze der auf Terra stationierten Kyphorer eingefunden. Selbst The-Faro, der Gouverneur von Terra und damit sogar der Vorgesetzte von Kar-Nol, der Heerführer und Oberbefehlshaber der Invasionstruppe, hatte sich herabgelassen, zu erscheinen. Die aktuelle Lage war doch wichtiger als sein Versuch, das terranische Schachspiel zu erlernen.
Kar-Nol, sein Stellvertreter, erstattete offiziellen Bericht. Zwei Verwaltungsbeamte, ein paar Assistenten und einige Rottenoffiziere waren ebenfalls zugegen. Eine riesige Holographie, die gut ein Drittel des Raumes ausfüllte, zeigte den Luftraum über der Erde.
Einer der Flottenoffiziere kommentierte:
„Die Aufnahme wurde von einem unserer Überwachungssatelliten gemacht und gespeichert“, erklärte er. „Sie zeigt den Luftraum über dem Golf von Bengalen.“
Wo der auf der Erde zu finden war, wussten die Anwesenden.
„Raumkampfschiff KY-OF2318 unter Kommandant Gor-Gol wurde aus dem Wachorbit beordert, um die Gleiter der Rebellen abzufangen und notfalls zu zerstören“, fuhr der Offizier fort.
Die Anwesenden glaubten, frei in der Luft zu schweben. Die holographische Aufzeichnung war perfekt. „Unten“ waren die ausgedehnten Wassermassen, an den Rändern die Ufergebiete.
„Taktische Falschfarbenprojektion“, sagte jemand.
Schlagartig wechselte das Bild. Die Konturen blieben, aber die Farben änderten sich. Die Wasserfläche hellgrau, die Landstriche etwas dunkler. Zwei gelbe Punkte waren zu sehen.
„Der Farbverlauf geht von gelb zu rot und kennzeichnet die Flughöhe. Gelb ist in Bodennähe“, wurde erklärt.
The-Faro bewegte sich nicht. Mit ausdruckslosem Gesicht betrachtete er die dreidimensionale Projektion.
Kar-Nol war nervöser. Seit über hundert Jahren war er als militärischer Führer der Invasionstruppen nach einer Besetzung stets Stellvertreter des politischen Führers und tat alles, um dies irgendwann zu ändern. Eine Schlappe wie diese, die zwar nicht allein ihm anzulasten war, aber immerhin in >seinem< Sonnensystem geschehen war, sorgte nicht gerade für Pluspunkte.
The-Faro konnte Ruhe bewahren. Er hatte den Höhepunkt seiner Karriere erreicht. Er hätte höchstens noch in die Regierung Kyphoras aufsteigen können, indem er dort Vorsitzender des Kronrates geworden wäre. Aber das war ja schon sein Bruder Rhe-Faro, und wieso hätte er diesen jemals ablösen wollen? Er mochte sowieso keine Intrigen unter Kyphorern, ganz im Gegensatz zu seinem ewigen Rivalen Kar-Nol.
The-Faro konnte auch nicht degradiert werden. Nicht nur, weil sein Bruder eben das mächtigste politische Wesen der Galaxis war, sondern seine Verdienste waren einfach zu groß.
Was immer auch geschehen würde, der Herr des Planeten Terra hatte sein Schäfchen auf jeden Fall im Trockenen, wie die Irdischen zu sagen pflegten.
Von rechts näherte sich jetzt ein dunkelroter Punkt, der allmählich heller wurde und sich dem Orange-Bereich näherte. Das bedeutete, dass er tiefer ging. Auch die Form war zu erkennen. Es war eine große fliegende Pyramide mit dreieckigem Grundriss. Die Form der kyphorischen Raumschiffe wurde durch das Transitionssystem vorgegeben. Für die interstellaren Flüge bedienten sie sich einer Abwandlung des Transmitter-Prinzips, und dafür war nun einmal die exakte Pyramidenform notwendig. Nur so konnten entsprechende Energien freigesetzt werden, die entweder im Innern eines STAR GATES die zu befördernden Personen oder Güter in die Empfangsstation versetzten oder außerhalb eines interstellaren Sternenschiffes eben das ganze Raumschiff.
Dazu musste das betreffende Raumschiff lediglich die Ekliptik - genauer: die Massenballung - verlassen, weil diese das Prinzip unmöglich machte. Dabei war die Geschwindigkeit von sekundärer Bedeutung. Ein solches Raumschiff brauchte nur mit der Spitze das Ziel anzupeilen, bevor das Fluoreszenzfeld gezündet wurde. Natürlich wurde ein solcher Sprung umso ungenauer, je weiter die Entfernung war. Also wurden in der Regel nur Sprünge über wenige Lichtjahre weit durchgeführt, außer in ausgesprochenen Notfällen oder wenn dazwischen keine weitere Massenballung sich befand, um dort Zwischenstation zu machen. Und die Materialisation geschah in der Massenballung am Ziel ganz von allein: Das war ein Naturgesetz.
Anders waren Reisen von Stern zu Stern - schneller als das Licht - nicht möglich. Zumindest hatte sich kein anderes Transitionsprinzip im Bund von Dhuul-Kyphora durchsetzen können.
Der Pyramidenraumer, die KY-OF-2318, stoppte sein Tiefergehen. Der Farbton blieb nun konstant, während der Pyramidenraumer sich den noch weit unter ihm fliegenden beiden Gleitern näherte.
„Wir erleben gleich, was zur Zerstörung der KY-OF 2318 führte“, sagte der kommentierende Offizier heiser.
Der Pyramidenraumer eröffnete aus großer Höhe das Feuer. Der Strahlenimpuls wurde kenntlich gemacht. Er verfehlte die beiden Gleiter knapp.
„Wir wissen nicht, ob Kommandant Gor-Gol absichtlich nur einen Warnschuss abgeben ließ, oder ob es sich um einen Fehlschuss handelte. Doch sehen Sie weiter.“
Es blieb unklar, ob der Pyramidenraumer noch einen weiteren Schuss abfeuern wollte.
Plötzlich war da ein anderer Impuls. Er raste mit enormer Geschwindigkeit herbei, aus den Tiefen des Weltraums kommend, offensichtlich sogar von außerhalb der Ekliptik – obwohl er augenscheinlich in einem Maße die Geschwindigkeit verringerte, wie es aus kyphorischer Sicht völlig unmöglich erschien. Sie glaubten beinahe an eine Fehlmessung, aber dafür war ihre Messtechnik zu fortschrittlich - eigentlich.
„Stopp!“
Die Wiedergabe erstarrte.
Die Erklärung:
„Das fremde Objekt erschien einfach aus dem Nichts, aus Richtung außerhalb der Massenballung, also nicht mit Ursprung innerhalb des Sonnensystems, wie die Richtungsanalyse eindeutig beweist. Es war gewissermaßen einfach da und entschleunigte sogleich mit unvorstellbaren Werten. Und es flog auf Kollisionskurs mit der 2318.“
„Weiter!“
Fast sah es so aus, als müssten das Fremdobjekt und die Pyramide einander berühren, und in diesem Augenblick nahmen die meisten Anwesenden, die den Film noch nicht kannten, auch an, ein Zusammenstoß sei die Ursache für die Vernichtung der 2318 gewesen.
Aber dann zuckte ein Schuss aus dem UFO. Der Pyramidenraumer verwandelte sich fast in der gleichen Sekunde in einen Feuerball, dessen Randzone das UFO durchflog.
„Stopp!“, befahl der Kommentator erneut.
Die Holographie wurde zum Standbild. In der Falschfarbenwiedergabe war die Feuerwolke der Explosion nur ein gezacktes Sternsymbol, an dem die Kugel des UFOs bereits vorbei war.
„Echtwiedergabe. Vergrößerung stufenlos“, befahl der Offizier.
Schlagartig wechselte das Bild wieder. Aus dem Symbol wurde eine feurige Wolke, rötlich glühend und in schwarzen Wolken aufglühende Trümmerstücke nach allen Seiten schleudernd. Fast eine ganze Gitterseite des Pyramidenraumers wurde brennend abgesprengt. Die verglühenden Teile waren anschließend in den Golf gestürzt.
Das UFO im Zentrum der Projektion wuchs rasend schnell heran. Die Vergrößerung drängte die eingefrorene Feuerwolke zur Seite und aus dem Bildbereich.
Deutlich war plötzlich das fremde Objekt zu erkennen. Ein Dodekaeder, ein aus insgesamt zwölf Fünfecken zusammengesetzter Raumkörper. Triebwerks- und Schleusenöffnungen waren zu sehen, Funk- und Waffenantennen. Als das Objekt die gesamte Holographie ausfüllte, wurde die Vergrößerung gestoppt.
„Was ist das? Ihr Sternengötter, was ist das für ein Ding?“, keuchte einer der Kyphorer erschrocken. „Doch kein Raumer?“
Es war ein Raumschiff! Daran gab es keinen Zweifel.
Das Dodekaeder-Schiff war nicht einmal halb so groß wie der kyphorische Kampfraumer. Und es sah dennoch außerordentlich bedrohlich aus.
„Ist jemandem unter den Anwesenden dieser Raumertyp bekannt?“, schnarrte The-Faro wie eine Maschine.
Schweigen. Niemand hatte jemals ein Dodekaeder-Schiff gesehen oder von seiner Existenz gehört.
„Damit müssen wir davon ausgehen, dass Unbekannte über dem Planeten Terra erschienen sind. Unbekannte, die entweder mit den Terranern verbündet sind oder mit ihnen identisch!“
„Aber das ist doch ein Widerspruch!“, schrie einer der Verwaltungsbeamten erregt.
The-Faro verneinte:
„Kein Widerspruch. Wir wissen, dass die Rebellen mindestens einen Stützpunkt in einem anderen System unterhalten. Vielleicht haben sie dort ein Raumschiff konstruiert. Denn meine erste Annahme, dass es sich um Unbekannte handeln könnte, halte ich für unwahrscheinlich. Ein Fremdvolk, das die überlichtschnelle Raumfahrt beherrscht, ist eher uns bekannt als den Terranern.“
„Lächerlich“, wandte Kar-Nol ein. Auch wenn The-Faro sein politischer Vorgesetzter war, hatte er als ranghöchster Offizier innerhalb es Bundes von Dhuul-Kyphora ein Recht auf freie Meinungsäußerung. „Eure Erhabenheit mögen bedenken, dass überlichtschnelle Fortbewegung nur mittels des uns bekannten Transistionsprinzips möglich ist. Sehen aber Eure Erhabenheit oder einer der anderen Anwesenden an dem Raumer etwas, das auch nur entfernt einer Pyramide ähnelt?“
Wieder Schweigen.
„Also kann es kein interstellares Schiff sein“, glaubte Kar-Nol damit bewiesen zu haben. „Haben die Rebellen innerhalb des Systems noch Stützpunkte, die wir nicht kennen und die als Raumschiffswerft dienen könnten?“
Abermals Schweigen. Der Dodekaeder blieb ein ungelöstes Rätsel!
Aber dann schüttelte The-Faro entschieden den Kopf:
„Wie auch immer, aus innerhalb des Sonnensystems kann das Ding nicht stammen, sonst hätten die unbedeutenden Kleinkolonien im Bereich von Venus, Mars oder des Asteroidengürtels nicht so lange gewartet. Und sie hätten einen möglichen Gegenschlag unsererseits auf keinen Fall riskiert. Ich bin sogar überzeugt davon, dass sich das Problem dort längst von selbst gelöst hat. Wie hätte ein Mensch dort so lange überleben können, ohne Unterstützung von der Erde aus? Das ist ja auch der Grund, wieso ich uns die Mühe erspart habe, das gesamte Sonnensystem zu durchkämmen: Es war völlig unnötig. Und auch Alpha Centauri kommt nicht in Frage. Die Abkömmlinge der Menschheit dort sind uns nicht nur bestens bekannt, sondern werden seit Jahren lückenlos überwacht, wie jeder weiß.“
„Normalwiedergabe. Weiter“, befahl der Kommentator indessen, ohne eine Reaktion auf die Ansprache The-Faros zu zeigen.
Abrupt zeigte sich das Fremdobjekt wieder in >normaler< Größe. Auch der Feuerball war zu sehen, der beim Weiterlaufen der Aufnahme kleiner wurde und dem Meer entgegenstürzte. Der Dodekaeder dagegen raste weiter und verschwand schließlich aus dem Erfassungsbereich des Überwachungssatelliten, obgleich dessen Kamera mehrmals anders eingestellt wurde, um ihn optisch zu verfolgen.
Der Dodekaeder zog beim schnellen Atmosphärenflug einen Glutschweif hinter sich her wie ein Komet.
„Der Überwachungssatellit verlor das UFO schließlich aus der Optik“, erklärte der Offizier überflüssigerweise. „Andere Satelliten konnten es nicht mehr übernehmen. Unser Überwachungsnetz ist noch zu klein. Ich schlage vor, dass wir mit erster Dringlichkeit weitere Satelliten anfordern, noch vor jedem anderen Nachschub. Wir müssen die totale Kontrolle über diesen Planeten ausüben können und nicht nur über diesen.“
„Wir werden sehen. Haben die Wachraumer im Orbit das UFO nicht orten können?“, fragte The-Faro scharf.
„Sie orteten es kurz, aber noch ehe sie sich darum kümmern konnten, war es schon wieder verschwunden.“
The-Faro klatschte mit der Handfläche auf die Tischplatte vor ihm.
„In Kürze werden neue Anweisungen ergehen“, sagte er. „Ich danke Ihnen für die Vorführung der Aufzeichnung. Ich glaube, wir haben die Terraner bis heute sehr unterschätzt.“
Es war gut, dass er die Gedanken Kar-Nols nicht lesen konnte, denn dessen Nervosität war plötzlich neuer Zuversicht gewichen: Waren diese Vorgänge denn nicht ideal dazu geeignet, noch einen weiteren Versuch zu starten, die totale Vernichtung der Erde durchzusetzen? Ehe er doch noch auf dieser Dreckswelt versauerte. Er sah es nämlich als eine echte Strafe an, sein Talent als Oberheeresführer hier zu verschwenden – und dann auch noch unter dem Kommando eines Politikers wie The-Faro, den er zutiefst verabscheute.
In ihren Unterkünften waren Ken Randall und Tanya Genada nicht zu erreichen. Trotz Dringlichkeitssignal schaltete niemand den Interkom ein.
„Jetzt sind die beiden vollends größenwahnsinnig geworden“, murmelte Clint Fisher verärgert.
„Oder sie haben sich verabschiedet und vergnügen sich irgendwo in den Freizeitzentren von Rheinstadt“, unkte Walter Sprint.
Fisher sah den Stützpunktkommandanten des >Bergwerks< einen Moment lang verblüfft an. Dann nickte er, während seine Stirn sich in grimmige Falten legte.
„Ja, ich glaube, das ist beiden sogar zuzutrauen.“
Er kannte sie doch, seine beiden Survival-Experten!
Die brachten es fertig, den Stützpunkt zu verlassen, um sich draußen umzusehen. Und das ausgerechnet jetzt!
Sprint fragte schon bei den Wachen nach, die an den Geheimausgängen aufpassten, dass kein Unbefugter herein oder hinaus gelangte. Das hieß, wenn Unbefugte an den Eingängen erschienen, war es eh längst zu spät. Die Wachposten hatten unauffällig dafür zu sorgen, dass es erst gar nicht dazu kam.
In den letzten Stunden hatte niemand das >Bergwerk< verlassen. Erst recht nicht jemand, auf den die Beschreibung von Ken oder Tanya passte.
Clint schäumte regelrecht:
„Dann sind sie also noch anwesend? Warum, zum Teufel, meldet sich dann keiner von ihnen? So fest können doch beide nicht schlafen.“
Sprint grinste plötzlich von einem Ohr zum anderen. Aber er enthielt sich jeden Kommentars.
„Ich werde mal persönlich nach dem Rechten sehen“, grollte Fisher und verließ Sprints Büro, das zum Hauptquartier geworden war, zur Schaltstelle des kalten Krieges gegen die Invasoren.
Die Rebellen hatten in den letzten Tagen und Wochen empfindliche Rückschläge hinnehmen müssen, aber allmählich bekam Fisher die Lage wieder in den Griff. Andererseits hatten sie den Invasoren schon lange nicht mehr so hart zugesetzt wie in den letzten Tagen.
Fisher durchmaß mit weit ausgreifenden Schritten die Gänge des Stützpunktes. An ihr System, das den einstigen Abbaustollen folgte, hatte er sich erst gewöhnen müssen. Im >Fuchsbau< nahe Detroit, der jetzt nur noch ein gigantischer Bombenkrater war, hatte er sich blind zurechtgefunden. Hier war alles anders.
Als er einst den >Fuchsbau< im Auftrag von Lino Frascati hatte einrichten lassen, hätte er sich nie träumen lassen, dass das einmal ein Rebellenstützpunkt gegen außerirdische Invasoren werden würde. Mit einem Nacht- und Nebelüberfall durch Söldnertruppen der konkurrierenden Konzerne war schon eher zu rechnen gewesen, und der unterirdische Bunker war ein Ausweichhauptquartier gewesen.
Aber alles war anders geworden.
Auch Clint Fisher hatte sich verändert. In den vier Jahren kyphorischer Schreckensherrschaft war der jetzt 52jährige ehemalige Sicherheitschef von MECHANICS Inc. um dreißig bis vierzig Jahre gealtert - zumindest äußerlich. Sein kantiges Gesicht mit den schmalen Lippen war faltiger geworden, seine einst grauen Haare schlohweiß.
Nur Zigarillos rauchte er immer noch und stellte die Klimaanlage des >Bergwerks< vor dieselben Probleme wie bis vor kurzem die des >Fuchsbaus<. Und heute wie damals sah man ihn nie anders als in blütenweißem Hemd und grauem Maßanzug.
Aber auch innerlich war eine Veränderung eingetreten, und nur Haiko Chan, Fishers bester Mann, wusste, dass es eine Umkehr zu den Anfängen war. Denn der harte Zyniker, der Fisher als Sicherheitschef von MECHANICS INC. gewesen war, war er erst im Laufe seiner Dienstzeit geworden. Chan hatte ihn in einer stillen privaten Stunde einmal ganz anders erlebt. Damals hatte Fisher ein einziges Mal seine Maske fallengelassen.
Doch wer ihn als Sicherheitschef erlebt hatte, hätte sich nicht vorstellen können, dass dieser Mann einmal idealistischen Zielen dienen würde - der Befreiung der Erde vom kyphorischen Joch zum Beispiel.
Fisher setzte sich mit allen Kräften dafür ein! Und er war ein verdammt guter Mann für diesen haarigen Job. Um nicht zu sagen: Der beste Mann!
In Kramert, seinem einstigen Gegenspieler bei FLIBO, hätte er vielleicht einen ebenbürtigen Partner haben können. Aber Kramert war tot, wie überhaupt wohl alle ehemaligen Konzern- und Sicherheitschefs inzwischen. Wenn nicht, hätte er es definitiv gewusst.
Fisher verdrängte die Erinnerungen, als er vor dem Quartier stehenblieb, das Ken Randall zugewiesen worden war. Er drückte auf den Türmelder.
Selbst wenn Randall den Interkom abgeschaltet hatte, was gegen die Vorschriften war, würde er den Türmelder hören müssen. Der ließ sich nicht ausschalten, ebensowenig wie die Alarmeinrichtungen im Stützpunkt.
Drinnen rührte sich immer noch niemand.
Fisher spielte Einbrecher. Er brauchte dazu nur die Türklinke zu bewegen: Zu seiner Verblüffung war die Unterkunft noch nicht einmal abgeschlossen.
Fisher trat ein und berührte den Lichtdimmer. Es wurde hell.
Das Zimmer war leer.
Fisher verließ es wieder, schloss die Tür und versuchte es beim nächsten Quartier. Das war Tanya Genada für die Dauer ihres Aufenthaltes im Rebellenstützpunkt zugewiesen worden.
Plötzlich wurde drinnen eine Stimme laut:
„Verflixt noch mal - hat man denn hier keine fünf Minuten Ruhe? Was soll das?“
„Machen Sie schon auf, Genada!“, verlangte Fisher lautstark. „Ich habe Mitteilungen für Sie. Wo ist Randall?“
Er sah ihn, als Tanya eine halbe Minute später öffnete. Verblüfft starrte Fisher die beiden an, die ziemlich zerzaust aussahen. Sie schienen in ziemlicher Hast in ihre Overalls geschlüpft zu sein.
„Hören Sie, Fisher“, sagte Ken Randall. „Sie sind zwar der Oberboss auf der Erde, aber wenn wir nicht gestört werden wollen, dann gilt das auch für Sie. Was glauben Sie, weshalb der Interkom abgeschaltet ist?“
„Ich verstehe nicht“, sagte Fisher. Er sah die beiden an, und plötzlich kam ihm ein Gedanke. „Sie und Genada, Randall? Aber das ist doch unmöglich. Ich kanns nicht glauben.“
Ken grinste plötzlich von einem Ohr zum anderen.
„Es ist wirklich erbaulich zu erleben, dass der große Meister Fisher einmal etwas nicht weiß“, sagte er spöttisch. „Ja, manchmal vertragen sich auch Hund und Katze.“
Früher waren sie so zueinander gewesen. Aber allmählich hatten sie erkannt, dass sie zusammengehörten. Sie liebten sich.
Nur Fisher hatte das noch nicht spitzgekriegt.
Nun, er war ja auch auf der Erde geblieben, während die Randall-Crew sich auf anderen Planeten herumgetrieben hatte.
„Wenn das so ist...“, murmelte Fisher betreten, aber plötzlich schien er sich alter Zeiten zu entsinnen. „Randall, Genada - Sie sind hier, weil Sie für die Freiheit der Erde kämpfen, nicht um sich privaten Spielchen hinzugeben. Schlafen Sie miteinander, wenn die Erde befreit ist. Dann haben Sie Zeit! Bis dahin aber halten Sie sich an die Vorschriften. Der Interkom wird wieder eingeschaltet und...“
„Mal langsam, Fisher“, stoppte Tanya ihn. „Ich habe Sie in unsere Privatsphäre eingelassen, weil Sie mit Ihrem Dauersummton unsere Stimmung ohnehin zerstört haben, nicht aber, um mir irgendwelche Tiraden anzuhören. Was also haben Sie für Mitteilungen?“ Sie wies auf einen Stuhl. „Sie dürfen sich sogar dabei setzen.“
Fisher zog es vor, stehen zu bleiben.
„Zwei Dinge, die uns alle angehen, haben sich herausgestellt“, sagte er. „Zum einen: Die Kyphorer haben auf die Vernichtung ihres Raumers reagiert.“
„Wie?“, fragte Ken mäßig interessiert, als Fisher eine Pause machte.
„Überall auf der Erde, also in jeder Zeitzone turnusmäßig, ist ab achtzehn Uhr Ortszeit bis sechs Uhr morgens absolute Ausgangssperre. Es werden keine Ausnahmegenehmigungen erteilt, nicht einmal für Ärzte und Hebammen. Mehr als zwei Personen dürfen sich nicht mehr zusammen an einem Ort befinden. Selbst Privatwohnungen stehen unter dieser Anordnung. Das heißt, dass Familien auseinandergerissen werden. Die Kyphorer und Craahls erzwingen die Durchsetzung ihrer Anordnungen mit Waffengewalt. Sie wollen damit, wie es in den Nachrichten heißt, konspirative Zusammenkünfte verhindern.“
„Es sind Ungeheuer“, sagte Tanya blass. „Nicht einmal Ärzte dürfen nachts noch raus? Das ist unmenschlich.“
„Wenn mehr als zwei Personen zusammen aufgespürt werden, wird jeder Überzählige verhaftet oder erschossen. Auch wer sich zur Sperrstunde draußen erwischen lässt, wird unverzüglich hingerichtet. Die Kyphorer greifen hart durch. Sie haben auch verkünden lassen, dass das eine direkte Reaktion auf den Diebstahl des Transmitters in Kalkutta ist.“
„Ach nein“, sagte Ken. „Von dem Pyramidenraumer kein Wort?“
„Keins. Offenbar wollen sie vor der Öffentlichkeit nicht zugeben, dass man ihnen ans Leder kann. Der >Transmitter-Klau<, nun gut, das kommt vor. Das lässt sich verschmerzen und mit einer entsprechenden Strafaktion ahnden, aber ein vernichtetes Raumschiff zerstört auch den Nimbus ihrer Unbesiegbarkeit. Randall, ich glaube, mit dem Abschuss haben Sie weit mehr geleistet, als zu erwarten war. Von verlässlichen Informanten weiß ich, dass sie weniger des STAR GATES wegen verrückt spielen, sondern vordringlich des Raumers wegen.“
„Suchen sie nach der EXCALIBUR?“
„Das weiß ich nicht“, gestand Fisher. „Wir haben keine Möglichkeit, den Weltraum zu überwachen. Aber es ist anzunehmen.“
„Dann wünsche ich ihnen viel Spaß“, grinste Ken. „Die Kyphorer sind alles Mögliche, nur keine ausgefuchsten Raumfahrer. Dessen bin ich mir sicher. Sie werden die EXCALIBUR höchstens durch einen Zufall finden.“
„Aber Sie sprachen von zwei Dingen“, erinnerte Tanya.
Fisher nickte.
„Ich kann auch unter den nun erschwerten Bedingungen etwa sechzig Leute mobilisieren. Ein großer Teil davon sind ehemalige MECHANICS- und FLIBO-Raumfahrer. Ist Ihnen damit gedient? Wir müssen nur eine Möglichkeit finden, sie von der Erde fortzubringen. Ein Pendelverkehr zu Ihrem Raumer dürfte allerdings zu auffällig und zu riskant sein. Haben Sie einen Transmitter an Bord? Das würde die Sache wesentlich vereinfachen.“
Ken schüttelte den Kopf.
„Wir haben zumindest noch keinen entdecken können.“
„Verdammt“, knurrte der Rebellenführer.
„Raumfahrer, sagten Sie?“ Tanya seufzte. „Uns sind auch ganz normale Leute recht. Sie werden sowieso erst eine Spezialschulung in der Basis über sich ergehen lassen müssen, bevor sie einen Dodekaeder fliegen können. Die Dinger unterscheiden sich nämlich von einem MEC- oder FLIBO-Raumer ganz enorm. Allein wenn Sie die Zentrale sehen, Fisher, erleiden Sie einen Nervenzusammenbruch.“
Fisher seufzte.
„Wir werden das schon alles organisieren“, sagte Ken. „Ich habe schon eine Idee, wie wir die Leute an Bord bekommen. Sehen Sie nur zu, dass alle rechtzeitig zur Stelle sind. Sechzig Mann? Hm.“
„Was haben Sie vor?“
„Streng geheim“, grinste Ken. „Wenn ichs Ihnen sage, verbieten Sie es mir. Lassen Sie mich nur machen. Die Kyphorer werden sich noch wundern.“
„Hoffentlich nicht auch wir“, bellte Fisher verärgert. „Wir haben schon genug Verluste hinnehmen müssen in der letzten Zeit. Es muss auch langsam wieder aufwärts gehen. Randall, wenn Sie mit den Besatzungen losfliegen zur Basis - wann können Sie mit den zehn Raumern wieder hier sein?“
„Elf, mit der EX“, verbesserte Tanya leise.
Fisher winkte ab.
„Einen Monat wird es schon dauern“, sagte Ken.
Jetzt setzte Fisher sich doch.
„Sind Sie wahnsinnig, Mann? Erst reden Sie mir die Ohren heiß, dass jetzt alles schnell gehen muss, und dann soll es noch einen Monat dauern?“
„Deswegen will ich ja so dringend mit den Leuten zur Basis“, erklärte Ken. „Hören Sie, die Leute müssen geschult werden. Jeder Handgriff muss perfekt sitzen, sonst schießen nicht wir die Kyphorer ab, sondern sie jagen uns wie die Hasen! Und mit einem wilden >Krieg der Sterne< ist uns ohnehin nicht gedient! Es reicht nicht, sie aus dem Weltraum zu blasen, sondern wir müssen sie auch von der Erde vertreiben. Verstehen Sie? Wir müssen die Fremdtechnik perfekt beherrschen. Auch wir von der EXCALIBUR haben noch eine Menge zu lernen! Das geht alles nicht so schnell.“
„Ich fasse es nicht“, ächzte der Rebellenführer.
„Sie werden sich daran gewöhnen müssen“, sagte Ken. „Wohin werden Sie die sechzig Leute beordern?“
Fisher schürzte die Lippen.
„Den Ort müssen wir noch aussuchen. Da Sie kein STAR GATE an Bord haben, entfällt das >Bergwerk<.“
„Suchen Sie, aber schnell. Und teilen Sie uns den Treffpunkt mit. Außerdem werde ich noch ein paar Leute brauchen, die uns unter die Arme greifen.“
„Ich sehe zu, was ich tun kann“, versprach Fisher und erhob sich.
Ohne ein weiteres Wort verließ er das Zimmer.
Kopfschüttelnd kehrte er in die Zentrale zurück. Ken Randall und Tanya Genada, die beiden ewigen Streiter gegeneinander! Er hatte es nicht für möglich gehalten, dass ausgerechnet diese beiden Menschen zueinander finden würden, zu gegensätzlich waren sie gewesen.
Nun, die Welt war voller Veränderungen. Da kam es auf diese Überraschung auch nicht mehr an.
„Was hast du nun eigentlich vor?“, fragte Tanya, als sie wieder allein waren und sie die Tür hinter Fisher verriegelt hatte. Sie trat zu Ken, küsste ihn und begann, den Magnetsaum seines Overalls wieder zu öffnen.
Ken strich ihr durchs Haar.
„Lass es“, flüsterte er. „Ich bin nicht mehr in der Stimmung. Wir holen es später nach. Spätestens, wenn wir wieder in der Basis sind und unsere neuen >Rekruten< die tägliche Hausarbeit machen lassen.“
„Ich habe aber keine Lust, so lange zu warten, Ken“, sagte sie enttäuscht. „Meine Güte, er hätte auch noch eine Stunde warten können.“
Ken seufzte. Er strich Tanya abermals durchs Haar.
„Wir werden es in den nächsten Stunden und Tagen eilig haben“, sagte er. „Sobald wir wissen, wann die sechzig Leute wo sind, müssen wir auch schon zuschlagen.“
„Und wie? Wie sollen wir die Leute in die EXCALIBUR schaffen? Ich sehe allenfalls eine Möglichkeit, sie nach >Phönix< zu schicken und dort aufzunehmen. Dazu müssen wir aber von der Basis aus die Koordinaten von >Phönix< bestimmen. Was ohnehin angebracht wäre, denn wir werden nicht so viele Leute über den Planeten >Trick Stop< und das One-Way-STAR GATE schicken können.“
„Wir brauchen den Umweg über >Phönix< nicht“, sagte Ken trocken. „Wir machens nämlich ganz anders: Wir klauen den Kyphorern einen Raumtransporter.“
Da hielt Tanya den Engländer für verrückt!
*
Kar-Nol sah es gar nicht ein, warum er anklopfen sollte, wenn er einen Terraner besuchte, auch wenn dieser Terraner William Maverick hieß.
Maverick war ein Verräter an seiner Rasse. Er arbeitete für die Invasoren mit Rat und Tat und genoss dadurch als einziger Terraner nicht unerhebliche Privilegien. So galten Beschränkungen für ihn nicht. Er konnte immerhin Craahls Befehle erteilen, und er brauchte vor den Kyphorern nicht in den Staub zu fallen. Respekt hatte er ihnen zu erweisen, aber nicht anders als einem menschlichen Vorgesetzten.
Aber menschliche Vorgesetzte gab es für William Maverick nicht mehr. Er war es, der Befehle erteilte. Die Möglichkeit, nahezu uneingeschränkte Macht über seine Mitmenschen und über Leben und Tod ausüben zu können, faszinierte ihn. Um diese Macht ungestraft ausüben zu können, konspirierte er mit den Fremden und konnte sich nichts Besseres wünschen, als dass es bis zu seinem Lebensende so blieb.
Dass er als der größte Verräter aller Zeiten eben durch seinen Verrat dafür ungewollt gesorgt hatte, die Vernichtung der Erde aufzuhalten, wusste er inzwischen, doch bildete er sich darauf nicht das Geringste ein. Es war ihm schlichtweg egal.
Nun gut... Etwas besser konnte es möglicherweise noch werden, sogar für ihn, aber im Moment war Maverick zufrieden. Er konnte seine Wunschträume und selbst seine abartigsten Fantasien ausleben, ohne dass ihn jemand dafür zur Rechenschaft zog. Im Gegenteil, den Kyphorern schien sogar daran gelegen zu sein, dass er sich wohl fühlte.
Dass er zuweilen auch etwas tun musste, um seinen Status zu erhalten, damit konnte er leben.
„Die Kyphorer“, hatte Haiko Chan einmal gesagt, „sind dekadenter als der Adel im antiken Rom seit Caligulas Ausschweifungen. Wenn sie mal zufällig nicht gerade einen Planeten versklaven und ausbeuten, geben sie sich hemmungslos ihren Trieben und der Langeweile hin.“
Es war überspitzt formuliert, aber durchaus zutreffend, wie auch Maverick annahm. Das Unglück jedoch war, dass kein Mensch auf der Erde die Kyphorer wirklich kannte, einmal von den wenigen Mutanten abgesehen, die von dem Metawesen Maria Scott instruiert worden waren. So wussten sie nicht das Geringste über den wahren Status sogenannter Elite-Kyphorer. Ja, ihr Vorurteil war wohl auf die meisten Angehörigen dieser selbsternannten Herrenrasse zutreffend, aber auf die Führungselite, selbst wenn sie noch nicht zu den auserwählten Elite-Kyphorern gehörte…
Allerdings war Kar-Nol in seinem rassistischen Hass auf alles, was mit der Erde und ihren Bewohnern zusammenhing, durchaus angetan von dem Bild, das sich ihm bot, als er unangemeldet Mavericks Privatsphäre aufsuchte. Maverick entwickelte eine Art römisch-dekadenten Lebensstil. Er hatte es sich auf einer Liege bequem gemacht und ließ sich von einigen, kaum bis gar nicht bekleideten Mädchen verwöhnen und mit Leckerbissen füttern.
Wie üblich, waren die Mädchen unter Drogen gesetzt worden und deshalb grenzenlos willig. Wenn die Drogen ihren Verstand restlos verbrannt hatten, ließ Maverick sie für gewöhnlich wegschaffen. Für Ersatz brauchte er nicht zu sorgen, das taten schon die Kyphorer, die - organisch menschenähnlich genug - regelmäßig Sklavinnen für den Eigenbedarf beschaffen ließen. Waren sie ihrer überdrüssig, schickten sie sie fort oder gaben sie an Maverick weiter; die Mädchen, die fortgeschickt wurden, waren so gut wie tot.
Kaum jemand sprach in der Öffentlichkeit darüber, weil es den meisten Menschen nicht bekannt war. Die Rebellen wussten davon, waren aber machtlos. Das Image der Kyphorer hätten sie durch eine Verlautbarung aber auch nicht mehr verschlechtern können.
Die Invasoren waren durchweg verhasst. Noch verhasster war aber Maverick, der Verräter. Normale Menschen konnten einfach nicht begreifen, dass einer der ihren mit diesem grausamen Feind fraternisierte, dass er alles und jeden verriet um persönlicher Vorteile wegen. Macht und Luxus, in denen Maverick schwelgte, wurden durch Blut, Schweiß, Tränen und sogar Tod anderer Menschen erkauft.
Kar-Nol und The-Faro sorgten deshalb dafür, dass zumindest Maverick immer wieder ins Gespräch kam. Wenn er irgendwelche Aktionen gegen Terraner leitete, wenn er unwillkommene Ratschläge erteilte oder - wie vor kurzem - als er das Zwangsverhör des gefangengenommenen Rebellen Haiko Chan über die öffentlichen TV-Sender hatte ausstrahlen lassen. Dass Kar-Nol bei dieser Aktion gekidnappt und Chan geflohen war, das war lediglich für The-Faro unangenehm gewesen, nicht für Kar-Nol selber, der diese Aktion höchst persönlich und natürlich ohne Wissen und Billigung von The-Faro geplant hatte. Er war als Geisel von Heiko Chan nicht einen Sekundenbruchteil auch nur annähernd gefährdet gewesen als Elite-Kyphorer. Heiko Chan ahnte noch heute nicht, wozu Kar-Nol überhaupt fähig war.
Das Ganze hatte dem Heerführer nur dazu gedient, schlagende Argumente zu erzeugen, um vor dem Kronrat wieder einmal die völlige Vernichtung der Erde durchzusetzen.
Er verstand immer noch nicht, wieso ihm das auch diesmal nicht gelungen war…
Immerhin wuchs der Hass der Versklavten auf den Verräter. Und das konnte den Kyphorern nur recht sein. Sie hatten in Maverick den absolut idealen Sündenbock!
Maverick runzelte die Stirn, als er Kar-Nol sah.
„Oh, hoher Besuch“, brummte er verdrossen. „Sie kommen unpassend, Sir.“
„Das sehe ich, aber es stört mich nicht im Geringsten.“ Kar-Nol grinste abfällig und betrachtete die Mädchen, dann nahm er unaufgefordert in einem Sessel gegenüber Mavericks Liege Platz. „Deine Sklavinnen könnten mir Wein und Obst anbieten“, verlangte er.
„Erfüllt seine Wünsche!“, befahl Maverick den Mädchen. „Was wollen Sie, Sir?“
Kar-Nol räusperte sich.
Was in den Nachrichtensendungen verschwiegen worden war, brauchte er vor Maverick nicht geheim zu halten; der ehemalige MECHANICS-Wissenschaftler hatte zu tiefe Einblicke erhalten.
„Du hast wohl inzwischen mitbekommen, dass wir ein kleines Problem haben?“
„Das Raumschiff, das einen Ihrer Kampfraumer zerstört hat? Sehr bedauerlich, wirklich sehr bedauerlich, Sir.“ Maverick ließ sich mit Weintrauben füttern.
„Du bist Terraner“, sagte Kar-Nol übergangslos. „Keiner kennt Terraner so gut wie sie sich selbst, deshalb ist es gut, dass du uns deine Erfahrungen immer wieder zur Verfügung stellst. Kann dieses Raumschiff von Terranern gebaut worden sein?“
Maverick lachte.
„Sonst haben Sie keine Probleme?“
„Ich erwarte eine Antwort auf meine Frage, Maverick“, sagte Kar-Nol kalt.
„Sonst hätten Sie sie nicht gestellt, das ist mir klar. Ebenso klar ist aber auch die Antwort. Sie haben doch erlebt, wie einfach Ihre Invasionsflotte damals die Raumer der Space-Troopers von der UNO und die der Konzerne niedergebügelt hat. Und in diesen vier Jahren haben auch die Rebellen nicht zaubern können. Es gibt keine auf andere Planeten oder gar Systeme ausgelagerten Werften. Ich wüsste davon. Ich gehörte zu den Experten der Abteilung Weltraum und war daher eingeweiht. Ich musste es sein, denn sonst hätte man mich nicht durch ein STAR GATE geschickt. Sir, es gibt da draußen im All keine Raumschiffswerft - und hier auf der Erde auch nicht mehr.“
„Einige aus unseren Kreisen vermuten es aber“, widersprach Kar-Nol und befingerte ungeniert das willenlose Mädchen, das sich um sein Wohlbefinden zu sorgen hatte.
„Ich glaube eher etwas anderes“, sagte Maverick. Er richtete sich halb auf und sah Kar-Nol starr an.
„Rede!“, verlangte der Kyphorer in der silbernen Uniform.
„Dieser Randall, der uns bereits Schwierigkeiten machte“, sagte Maverick. „Er oder ein paar von seinen Leuten. Das sind nicht nur einfache Rebellen - das sind Könner, Sir. Es waren die besten Leute, die MECHANICS INC. seinerzeit aufzubieten hatte.“
„Und, Maverick?“
„Randall ist uns entwischt. Und in den vier Jahren vorher, als er nicht auf der Erde war, wird er nicht irgendwo Däumchen gedreht haben. Er ist in der Galaxis herumgereist. Vielleicht hat er mit irgendeiner Planetenrasse einen Bündnisvertrag geschlossen, und dieses Ungeziefer unterstützt jetzt die Rebellen?“
Kar-Nol dachte sogleich an die Chamäleonen, von denen Maverick nichts wusste. Zu diesem Zeitpunkt war er am Rande der Prupper-Galaxie gewesen.
Nein, die Chamäleonen kamen nicht in Frage, denn deren Kriegsraumschiffe waren Pyramidenraumer, genauso wie die der Kyphorer. Außerdem hatte der Angriffskrieg gegen die Prupper-Galaxie außer Verlusten auch bei den Chamäleonen überhaupt nichts gebracht. Im Grunde genommen war der gesamte Bund von Dhuul-Kyphora seitdem empfindlich geschwächt.
Kar-Nol war nicht nur nur einer der ranghöchsten Heerführer des Bundes, sondern auch einer der ältesten. Falls jemals eine der unterdrückten Rassen solche Raumschiffe gebaut hätte, wäre ihm das unweigerlich bekannt gewesen.
Gegenüber von Maverick behauptete er:
„Es gibt außer der kyphorischen keine interstellare Raumfahrt, Maverick!“
Der lachte wieder.
„Und die Prupper? Wir wissen nicht, wie ihre Raumschiffe aussehen, weil sie es nicht nötig hatten, sich selbst zu verteidigen. Das haben ihre automatischen Verteidigungsanlagen besorgt. Ja, wir haben noch nicht einmal herausfinden können, ob die Prupper überhaupt noch existieren, ob die automatischen Verteidigungsanlagen, die ihre gesamte Galaxie abschotten, sie nicht schon längst überlebt haben.“
„Die Überwachung wurde nicht vernachlässigt. Die Prupper haben ihre Galaxie nicht verlassen. Also brauchen wir sie bei unseren Überlegungen nicht zu berücksichtigen.“
Jetzt schüttelte Maverick den Kopf.
„Sir, woher kommt dann dieses Raumschiff? Der Planet >Phönix<, dessen STAR-GATE Sie ja immer noch nicht angepeilt haben, hat keine technischen Möglichkeiten, Raumschiffe zu bauen. Also muss es sich um eine Fremdrasse handeln. Eine, die dem Bund von Dhuul-Kyphora nicht gewogen ist und deshalb den Rebellen hilft, um Ihnen eine Niederlage beizubringen.“
Kar-Nol wurde nachdenklich.
„Du bist da sehr sicher, Maverick“, erkannte er. „Was schlägst du also vor?“
Maverick grinste.
„Geben Sie mir ein Raumschiff mit einer Besatzung, auf die ich mich verlassen kann, Sir. Ich werde diesen Fremdraumer aufspüren und Ihnen seine Besatzung auf dem Silbertablett präsentieren. Denn Sie wissen doch nicht, wohin der Raumer verschwunden ist, nicht wahr?“
„Du bist gut informiert, Maverick. Vielleicht zu gut? Woher?“
Mavericks Grinsen wurde zum aalglatten Lächeln.
„Man hört dies und das“, wich er aus.
„Es stimmt“, bestätigte Kar-Nol kurzentschlossen. „Wir haben das Raumschiff nicht mehr entdecken können.“
„Ich spüre es Ihnen auf“, behauptete Maverick. „Geben Sie mir einen Raumer, Sir.“
„Du verlangst zuviel“, sagte Kar-Nol.
Er stieß das Mädchen zur Seite und erhob sich. Wortlos verließ er den Salon.
Maverick sah ihm nach. Er war nicht sicher, was der Kyphorer tun würde.
„Ken, du hast den Verstand verloren“, behauptete Tanya Genada. „Einen Raumtransporter stehlen - wie stellst du dir das überhaupt vor?“
„Schwierig, aber machbar“, sagte Ken. „Die Idee kam mir ganz spontan.“
„Raumtransporter: Haben die Kyphorer so etwas überhaupt?“, zweifelte die gebürtige Spanierin. „Sie benutzen doch für ihren Frachtverkehr STAR GATES, nicht die kleinen Beiboote, um auf Planeten ohne STAR GATE landen zu können, und ich vermute, dass sie ansonsten auch per Transmitter ihre Raumschiffe betreten oder verlassen. Denn eine Landung auf einer Atmosphäre-Welt dürfte für einen normalen Pyramidenraumer zu riskant sein. Wir können nur vermuten, ob es vielleicht auch noch andere Pyramidenraumer gibt, die irgendwie landefähig gemacht wurden. Ansonsten gilt: Schon eine leichte Deformierung der Pyramide durch Reibungshitze macht eine Transition zwischen den Sternen unmöglich.“
„So sagt man“, nickte Ken.
„Und du glaubst jetzt im Ernst, wir könnten die SG-Norm eines Raumschifftransmitters ermitteln und uns an Bord senden lassen?“
„Nein“, meinte Ken gelassen. Er beugte sich vor und küsste Tanyas Hals. Sie war unsicher, ob sie nicht doch noch einen Verführungsversuch starten sollte, und zupfte am Magnetsaum ihres Overalls.
Ken schüttelte leicht den Kopf.
„Was, zum Teufel, hast du dann vor?“, schnappte sie ärgerlich. „Willst du einen Raumer zur Landung zwingen?“
„Nein“, wiederholte Ken. „Die Kyphorer lassen ihre Raumschiffe im All, klug wie sie sind, oder dringen gerade mal in die oberen Luftschichten ein, wo sie sich sehr zögerlich und vorsichtig bewegen. Siehe jene Pyramide, die wir abgeschossen haben, weil sie uns genau in die Flugbahn schwirrte.“ Dass sie damit Haiko Chan und seiner Begleiterin das Leben gerettet und dafür gesorgt hatten, dass der gestohlene STAR GATE-Bausatz heil nach Australien kam, war ein überaus nützlicher Nebeneffekt gewesen.
Ken fuhr fort:
„Aber auf der Erde bedienen sie sich ihrer Luftfahrzeuge. Leichte sowie schwere Gleiter und Schweber, auch Transporter. Schließlich können sie ja nicht an jeder Straßenecke ein STAR GATE errichten. Allein alle U-Bahn-Stationen Londons durch STAR GATES zu ersetzen, dürfte auch für die Kyphorer ein halbes Jahrtausend dauern - schon deshalb, weil jeder zweite Bausatz von den Rebellen geklaut wird.“
Er grinste.
„Du bist ein Mondkalb“, beschied ihm Tanya. „Kannst du vielleicht auch mal ernst bleiben?“
„Bin ich doch immer“, behauptete er. „Nun, einige dieser Transportgleiter sind raumtüchtig. So ähnlich wie seinerzeit die Vorläufer unserer interplanetaren Schiffe, die Spaceshuttles und Super-Shuttles der NASA etwa. Wir müssen nur noch herausfinden, wie viele Leute wir in ein solches kyphorisches Shuttle packen können. Wenn wir Pech haben, müssen wir zwei Shuttles erbeuten.“
„Du bist wirklich verrückt. Oder lebensmüde.“
Ken lachte leise.
„Wenn Haiko einen kompletten Transmitter stibitzen kann, werden wir doch wohl noch so ein kleines Raumboot in die Hände bekommen können.“
„Haiko hatte dabei Unterstützung durch die Rebellengruppe in Kalkutta, wie man so hört“, sagte Tanya. „Und wir?“
„Haben die Unterstützung des Hauptquartiers. Ist das etwa nichts?“
„Na schön“, gab sie achselzuckend nach. „Gesetzt den Fall, der Diebstahl gelingt: Was dann? Die Kyphorer werden sich das nicht gefallen lassen. Sie werden nicht zögern, das Shuttle oder was auch immer zu vernichten.“
„Nicht, wenn wir schnell genug sind“, sagte Ken. „Es muss so eingefädelt werden, dass die Übernahme etwa dort stattfindet, wo die Rebellen warten. Wir werden also einen Köder brauchen, um einen Transporter hierher zu locken. Wir übernehmen das Ding, packen unsere Leute hinein und starten im Blitzflug ins All. Bis die Kyphorer merken, was passiert, docken wir schon bei der EXCALIBUR an.“
„Das sehe ich noch nicht. Aber gut: Wenn du meinst, dass wir es schaffen…“
„Sicher“, verbreitete Ken pure Zuversicht. „Wir werden ja auch noch ein bisschen mehr Zauber veranstalten. Wir haben noch die EXCALIBUR und ihre zehn Beiboote.“
„Das zehnte befindet sich hier“, erinnerte Tanya. „Außerdem haben wir nicht so viele Piloten. Fünf Leute sind noch in der EX. Drei werden mindestens gebraucht, den Raumer zu fliegen. Also lässt sich gerade mal ein Beiboot bemannen. Denn zwei Leute werden bekanntlich auch für ein Beiboot gehraucht.“
„Verdammt“, sagte Ken. „Das gefällt mir aber gar nicht. Nun gut, machen wir also das Beste draus. Die EXCALIBUR muss uns jedenfalls entgegenkommen und notfalls Feuerschutz geben.“
„Du hast ein wahrlich sonniges Gemüt“, sagte Tanya kopfschüttelnd. „Den Plan wirst du erst mal Fisher schmackhaft machen müssen.“
„Der erfährt keine Einzelheiten“, beharrte Ken. „Wenn du schon zweifelst, wird er erst recht nein sagen. Aber verlass dich drauf, es klappt, Tanya!“
Sie seufzte.
„Und wann gedenkst du loszulegen?“
„Sobald Fisher die sechzig Weltraumrekruten greifbar und abholbereit hat“, sagte Ken. „Und wie ich ihn kenne, kann das ziemlich schnell passieren.“
Tanya schüttelte den Kopf. Sie trat zu Ken und öffnete nun doch seinen Overall.
„Wir werden eine wunderschöne Feuerbestattung im kyphorischen Strahlenfeuer bekommen“, sagte sie. „Aber bevor wir zur Hölle fahren, möchte ich doch noch einmal mit dir schlafen.“
Sie umarmte ihn und küsste ihn herausfordernd.
Noch während er sich fragte, ob Tanya das wirklich ernst meinte, merkte Ken, wie sein Widerstand schmolz. Nun, auf eine Stunde oder so kam es vielleicht doch nicht mehr an. Auch nicht auf deren zwei oder drei.
*
William Maverick wurde zu The-Faro gerufen. Es gefiel ihm nicht, schon so kurz nach dem Gespräch mit Kar-Nol wieder gestört zu werden, aber er wusste, wann er zu gehorchen hatte. Denn wenn er auch noch so große Freiheiten hatte - die eigentlichen Herren der Erde waren nach wie vor die Kyphorer.
Maverick schlüpfte in seine weinrote, goldverzierte Fantasieuniform und machte sich auf den Weg zu The-Faro.
Diesmal empfing ihn der oberste Kyphorer im Sonnensystem hinter einer riesigen Arbeitstischplatte sitzend, in die Schaltleisten und Monitore eingelassen waren. Kampfroboter flankierten ihn. Mavericks Erscheinungsbild war programmiert, deshalb ignorierten sie ihn.
Maverick neigte zur Ehrerbietung nur leicht den Kopf. Er war der einzige Mensch, dem The-Faro das durchgehen ließ. Maverick brauchte ihn auch nicht mit >Erhabenheit< anzureden.
Der Verräter deutete auf die Roboter.
„Sie vertrauen immer noch diesen Blechkameraden, Sir? Was die wert sind, hat doch Dar-Gan in Kalkutta am eigenen Leibe erfahren müssen! Die Roboter haben ihn nicht vor dieser Attentäterin geschützt, die ihn vergiftet hat.“
The-Paro hob den Kopf. Überrascht runzelte er in einer typisch menschlichen Geste die Stirn.
„Du weißt davon? Ah, Kar-Nol sagte mir schon, dass du gut über alles informiert bist. Möchtest du mir nicht verraten, woher deine Informationen stammen?“
„Nur, wenn es sich wirklich nicht vermeiden lässt, Sir“, sagte Maverick. „Muss ich stehenbleiben, oder darf ich mich setzen?“
„Du stehst“, entschied The-Faro und fügte mit mildem Spott hinzu: „Ich gewähre dir die einmalige Gunst, auf mich Sitzenden hinabsehen zu dürfen.“
Maverick lächelte knapp bemessen.
„Die Roboter sind gut programmiert - um deine Sorgen zu entkräften“, sagte The-Faro. „Dar-Gan trägt selbst die Schuld an seinem Missgeschick. Er ließ die Terranerin ohne Sicherheitsprüfungen an sich heran, um seine Gelüste zu stillen, und die Roboter waren entsprechend abgeschaltet. Diese hier aber nicht. Die Kleidung der Terranerin war mit einem Nervengift getränkt, und als Dar-Gan sie berührte... Nun ja, meine Sklavinnen müssten das Kontaktgift schon auf der eigenen Haut tragen, würden also noch vor mir sterben.“ Er grinste. „Aber das ist nicht der Grund, aus dem ich dich her befohlen habe. Du hast eine recht ungewöhnliche Forderung gestellt, Maverick. Hättest du die Güte, sie noch einmal zu wiederholen?“
Maverick presste die Lippen zusammen. Was wollte The-Faro? Hatte Maverick mit seiner Forderung den Bogen überspannt?
„Sir, geben Sie mir ein Kommando. Ich brauche einen Kampfraumer. Dann stöbere ich Ihnen das Fremdschiff auf. Ich bin sicher, dass der Rebell Randall dahintersteckt. Und den kenne ich. Ich werde sein Raumschiff finden.“
„Randall?“, überlegte The-Faro laut. „Du glaubst, dass er sich in dem Schiff befindet? Zu Kar-Nol sagtest du, es könne das Schiff einer Fremdrasse sein, die sich hinter unserem Rücken mit den Terranern verbündete.“
„Trotzdem bin ich sicher. Ich kenne Randall. Er würde nicht aus der Ferne zusehen, wie seine Verbündeten agieren. Er ist in dem Schiff, ich bin sicher. Und ich weiß, wie er reagiert. Ich kann ihn finden.“
The-Faro lachte.
„Das könnte dir so passen, Maverick! Hast du nicht schon genug Macht in deiner Hand? Du hast die Befehlsbefugnis über Craahl-Einheiten, du kannst auf Terra schalten und walten, fast wie du willst, solange du in unserem Interesse handelst! Und jetzt willst du ein Raumschiff? Das ist wahrhaft erheiternd.“
Maverick konnte da nicht mitlachen.
„Unsere Kampfschiffe werden nur von kyphorischen Offizieren kommandiert“, sagte The-Faro. „Selbst wenn ich dir ein Raumschiff unterstelle - glaubst du Narr ernsthaft, die Kyphorer würden sich dir unterordnen? Du kannst den Craahls Befehle geben, weil sie es gewohnt sind, zu gehorchen, ohne zu denken. Aber Kyphorer gehorchen nicht nur, sondern sie denken auch - und vor allem befehlen sie. Sie nehmen Befehle nur von höhergestellten Kyphorern entgegen! Und du, Maverick, bist erfreulicherweise >nur< ein lausiger Terraner. Allerdings ein zuweilen nützlicher, wie ich zugeben muss.“
Maverick schluckte. So deutlich hatte es ihm The-Faro noch nie gesagt.
„Dann eben nicht“, murmelte er. „Ich dachte, ich könnte Ihnen mit meinem Vorschlag helfen. Aber wenn Sie nicht wollen...“
The-Faro lehnte sich zurück.
„Hast du überhaupt Raumerfahrung?“
„Ein wenig“, wich Maverick aus. Immerhin war er am Rande der Prupper-Galaxie gewesen, nicht wahr? Außerdem war er als Passagier mehrmals mit einem MEC-Raumer zwischen den Planeten unterwegs gewesen. Aber das lag schon einige Zeit zurück.
Der Kyphorer lachte wieder spöttisch.
„Du bekommst das Kommando über die KY-OF 1010. Es werden sich ausschließlich Craahls an Bord befinden. Schließlich kann ich es nicht verantworten, dir Kyphorer unterzuordnen. Benutze die 1010 und finde das fremde Schiff. Findest du es nicht, wirst du den Einsatz des Raumers von deinem Privatvermögen bezahlen müssen.“
Maverick war perplex. Mit allem Möglichen hatte er gerechnet, nicht aber damit, dass The-Faro seinem Wunsch nun doch entsprechen würde.
„Einverstanden“, sagte er rasch, ehe der Kyphorer es sich wieder anders überlegen konnte. Gleichzeitig fragte er sich, was der Flug im Falle eines Fehlschlages wohl kosten würde. Er hatte keine Ahnung, nach welchen Maßstäben die Kyphorer rechneten. Dass Raumflüge Geld kosteten, war ihm klar. Aber wieviel?
„Notfalls kannst du weitere Schiffe anfordern, falls es zu Kampfhandlungen kommt“, setzte The-Faro hinzu. „Du hast nun meine Erlaubnis, zu gehen.“
„Ich danke Ihnen, Sir“, sagte Maverick, noch immer erstaunt.
In der Tür hielt The-Faro ihn noch einmal zurück.
„Um dir einen Begriff zu geben, was der Einsatz dich kosten kann: Einen Pyramidenraumer der OF-Klasse einen Tag lang zu unterhalten, kostet in eurer Währung umgerechnet etwa eine halbe Million Verrechnungseinheiten.“
William Maverick verschluckte sich fast.
Während seiner Angestelltentätigkeit für MECHANICS INC. hatte er nicht einmal vierzigtausend VEs im Jahr verdient…
Was ihm The-Faros allerdings verschwieg, war: Seine Entscheidung war durchaus wohlüberlegt und entsprach voll und ganz der praktizierten Sündenbock-Taktik.
Die Kommandoübernahme Mavericks würde in Bild und Ton dokumentiert werden.
The-Faro rechnete mit Schwierigkeiten. Die Terraner waren nicht dumm. Sie würden über kurz oder lang herausfinden, dass ein kyphorisches Kampfschiff in der Atmosphäre vernichtet worden war. Und wenn die ersten Gerüchte dann kreisten, konnten die Kyphorer darauf hinweisen, dass nach dem Rebellenraumschiff intensiv gesucht wurde, dass es keine Chance hatte, auf Dauer zu entkommen. Und wieder einmal würde es der Verräter sein, der viel gehasste William Maverick, der diese Suchaktion leitete und gegen die Interessen der um ihre Freiheit ringenden Menschen handelte. Wieder einmal würde sich der Hass, wenn der Raumer aufgespürt und vernichtet wurde, in erster Linie auf Maverick konzentrieren.
Deshalb nur erlaubte es The-Faro, dass ausnahmsweise ein Terraner auf einem kyphorischen Kampfraumer das Kommando übernahm.
Und wenn die Aktion fehlschlug - nun, dann war es eben auch nicht kyphorische Schuld, sondern die dieses lausigen, großmäuligen Verräters.
The-Paro war mit sich und seiner Entscheidung außerordentlich zufrieden.
William Maverick ebenfalls, wenn auch aus anderen Gründen: Sein Ansinnen nach einem Kommando entsprach nicht allein dem Wunsch, sich den Kyphorern wieder einmal nützlich zu machen. Das war nur ein Nebeneffekt, der ihm wieder mal Pluspunkte bringen konnte, wenn alles so klappte, wie er es sich vorstellte.
Aber Maverick war ein Mann, der an die Zukunft dachte und weit vorausplante. Die momentane Macht reichte ihm nicht. Der Schritt zu einem Raumschiff war die logische Weiterentwicklung. Und nicht nur das: Es war seine Absicherung. Er musste es irgendwie so einrichten, dass ihm der Raumer nicht nur für diesen Einsatz, sondern durchaus öfter mal, wenn möglich sogar auf Dauer, zur Verfügung gestellt wurde. Er musste die Mannschaft auf seine Seite bringen. Da es sich um Craahls handelte, mochte das möglich sein.
Dann war die KY-OF 1010 eines nicht allzu fernen Tages endgültig >sein< Raumschiff!
Und das brauchte er. Um seinem Machtrausch zu frönen: Dann nicht nur Herr über Leben und Tod der Erdbewohner, sondern auch Herr im Weltraum!
Es gab noch einen anderen Grund: Irgendwie hatte er seit einiger Zeit das Gefühl, dass es bei den Kyphorern nicht mehr so lief, wie es eigentlich müsste. Maverick hatte die Geschichte der Nationalstaaten der Erde gut studiert. Eine Besatzungsmacht hatte sich nie auf Dauer halten können. Gut, in Extremfällen hatten sich die Truppen der Eroberer auch schon mal ein halbes Jahrhundert lang oder mehr im besetzten Land aufgehalten. Aber irgendwann waren sie verschwunden oder vertrieben worden.
Maverick war sicher, dass auch die Kyphorer eines Tages wieder von der Erde verschwinden würden, so oder so. Dann, wenn es sich noch zu Mavericks Lebzeiten abspielte, war es aber auch mit seiner Macht und seinen Privilegien vorbei. Er musste also Vorsorge treffen.
Wenn er ein Raumschiff besaß, war er schon wesentlich freier in seinem Bewegungsspielraum, falls das Blatt sich zu seinen Ungunsten wenden sollte.
Und irgendwie hatte er das Gefühl, dass das schon bald geschehen konnte. Es musste nicht, aber die Möglichkeit bestand.
Die kyphorischen Besatzer steuerten einem kritischen Augenblick entgegen. Maverick konnte es nicht begründen, er spürte es nur. Hinzu kam, dass Ken Randall vor kurzem aus Weltraumtiefen zurückgekehrt war. Er war zwar sofort wieder untergetaucht, aber Maverick war sicher, dass Randall in dem fremden Raumschiff steckte. Vielleicht hatte er vor ein paar Wochen nur erst einmal die Lage sondiert und hatte jetzt das Raumschiff nachgeholt?
Maverick traute Randall alles zu. Der Mann war erste Garnitur. Maverick hatte ihn auf >Phönix< zwar nur kurz kennengelernt, aber er verstand es, Menschen - und auch Kyphorer - einzuschätzen. Sonst hätte er sich nie zu der Position aufschwingen können, die er jetzt innehatte.
Und er hatte Randall als außerordentlich gefährlich eingestuft. Wenn es jemand schaffte, den Kyphorern wirksam entgegenzutreten, dann waren das Clint Fisher, der Leuteschinder, und Ken Randall. Beide zusammen mussten unschlagbar sein.
Maverick hoffte zwar, dass er sich irrte, doch trotzdem war es besser, vorzusorgen. Denn wenn die Invasoren sich zurückzogen, würden die Menschen Maverick jagen und totschlagen, falls nicht die gesamte Erde sowieso ausgelöscht werden würde. Aber er hing am Leben. Sehr sogar. Und egal wie es ausging: Im Weltraum war er sicherer als auf der Erde. Sowieso!
Über dem Tschad-See brannte die tropische Sonne. Vor der Invasion war diese Gegend unbedeutend gewesen. Es gab hier keine Industrie, keine nennenswerte Viehzucht, und die Baumwollplantagen in Nigeria waren auch nicht mehr bedeutend.
Als die Kyphorer kamen, hatte sich das geändert.
Am Nordufer des Sees hatten sie in den vier Jahren, die sie nun schon die Erde beherrschten, eine Superstadt aus dem kargen Steppenboden stampfen lassen. Tschad-City, nahe dem See, war zu einem Erholungs- und Freizeit-Superangebot für Kyphorer und verdiente Craahls geworden.
Detroit war nach wie vor die Zentrale, und Tschad-City sorgte für die Zerstreuung. Das hatte sich als notwendig erwiesen. Die kyphorischen Besatzungstruppen wurden in einem sehr weiträumigen Turnus ausgewechselt; sie hatten sehr lange Aufenthalte auf der Erde: Von einem halben Jahr für Offiziere bis zu einem ganzen für Mannschaften. Von den Verwaltungsfachleuten und den Stabsoffizieren einmal ganz abgesehen, die ohnehin langfristig an Terra gebunden sein sollten.
Um ihnen Zerstreuung und Unterhaltung zu bieten, war diese Stadt erbaut worden.
Menschen gab es hier auch. Terraner dienten als Animateure und Sklaven, verrichteten niederste Dienste, für welche den Kyphorern sogar ihre Roboter zu schade waren. Und diese Terraner, die durch ihre schwarze Haut ohnehin neben heller und gelber Hautfarbe des größten Bevölkerungsteils der Erde eine Sonderrolle spielten, waren für die dreckigste Arbeit gerade gut genug. Die Kyphorer waren darauf gekommen, nachdem sie beobachtet hatten, dass es ein Sozial- und Prestigegefälle unter den Terranem gab, von weißhäutig abwärts zu schwarzhäutig.
Den Grund hatten die Kyphorer nie begriffen. Sie nahmen es einfach als gegeben hin, dass die Hellhäutigen auf die Dunkelhäutigen mit Verachtung hinabsahen, und taten es ihnen gleich. Die Dunklen waren es ja gewöhnt, dass sie getreten wurden. Sie kannten es nicht anders. So jedenfalls glaubten die Kyphorer.
Je hellhäutiger die Terraner waren, die in Tschad-City geduldet wurden, desto mehr hatten sie zu sagen - solange sie sich im Rahmen der kyphorischen Vorgaben und Gesetze bewegten.
Tschad-City flirrte vor Licht und pulsierendem Leben. Hier gab es alles:
Drecksarbeit für die Unterprivilegierten, Lustbarkeiten für Begüterte und vor allem für Außerirdische. Weiße Sandstrände entlang des kultivierten Seeufers, schwimmende Lokale zwischen den Inseln, Spielhöllen in der Stadt, Drogen und Sex für Kyphorer und manche Terraner, Verbrechen - und Spionage.
Für die Rebellen war es naheliegend, von Anfang an mit dabei zu sein. Als Tschad-City auf dem Reißbrett entworfen wurde, waren die Rebellen bereits da. Clint Fisher hatte von Anfang an erkannt, dass eine solche Freizeitstadt der Invasoren seinen Leuten jede Möglichkeit gab, an Informationen zu kommen. Und so mancher Farbige, der sich unter dem Stiefel des hellblonden, herrischen Kyphorers duckte, trug wichtige Informationen in den >Löwenkral<.
Die Kyphorer ahnten nicht einmal, wie nah ihnen dieser Rebellenstützpunkt war, der zugleich mit Tschad-City entstanden war. Der >Löwenkral<, wie alle anderen Stützpunkte unterirdisch angelegt, war nur wenige Meilen vom Strand entfernt entstanden. Er konnte in der Größe und Ausrüstung allerdings nicht mit Stützpunkten wie dem vernichteten >Fuchsbau< bei Detroit oder dem >Bergwerk< konkurrieren. Denn hier im Zentrum Afrikas hatte man nicht auf Anlagen zurückgreifen können, die von den großen Konzernen eingerichtet worden waren.
Immerhin war der >Löwenkral< groß genug, um ein STAR GATE zu beherbergen, doch dieses STAR GATE gab es nicht mehr. Es war durch eine kyphorische Bombe zur Explosion gebracht worden. Allerdings hatte der Stützpunkt das größtenteils überstanden. Die Kyphorer hielten ihn für vernichtet. Ihre Kampfroboter waren durch den Transmitter gekommen, ohne dass sie wussten, wo er sich befand. Sie waren niedergekämpft worden, den Transmitter gab es nicht mehr, also war der Stützpunkt für die Kyphorer unerreichbar geworden, solange sich niemand der Gegner verriet.
Aber in Tschad-City gab es auch noch andere, nämlich offizielle Transmitter. Zwei Stück sogar. Die Pyramidenbauten, an deren Form ein STAR-GATE schon auf vielen Meilen Entfernung zu erkennen war, standen direkt nebeneinander. Spötter witzelten, Afrika sei schon immer ein >pyramidales< Land gewesen, und die Kyphorer möchten doch bitte nicht die ägyptischen Grabpyramiden mit STAR GATES verwechseln; sie würden sich sonst wundern, weshalb der Transport nicht funktionierte.
Drei Kyphorer in silbernen Uniformen mit den Rangabzeichen von höhergestellten Offizieren verließen die Gitterpyramide eines STAR GATES. Sie trugen Helme, unter denen hellblondes und silbernes Haar hervorlugte. Ihre Gesichter waren ein wenig wächsern, aber das konnte an der Beleuchtung liegen.
Die Frau und die beiden Männer sahen sich in der Halle um. Sie registrierten die schwarzhäutigen Sklaven, die als Hilfstechniker hier arbeiteten, von Craahls überwacht.
Die Craahls und die Menschensklaven verneigten sich vor den drei hochgestellten Ankömmlingen.
Von dem kyphorischen Kommandanten, der die Leitung des STAR GATES inne hatte, war nichts zu sehen.
„Er ist den Versuchungen des Freizeitzentrums erlegen“, sagte einer der beiden Männer leise. „Wir wissen, dass er sich häufiger als erlaubt in den Spielsalons und Bordellen herumtreibt. Er vernachlässigt seine Aufgaben.“
„Uns kann das nur recht sein“, sagte die silberhaarige Frau.
Ihre Augen hatten die drei Offiziere mit Sonnenbrillen gegen die grelle Sonne Afrikas geschützt. Hier im STAR GATE-Inneren war das nicht unbedingt von Vorteil, aber dafür waren ihre Gesichter auch nicht sofort erkennbar.
Sie schritten an den Arbeitern vorbei und verließen durch den Tunnelkorridor die Halle.
„Meinst du, dass das Wissen über den Kommandanten uns nützlich sein könnte? Ich glaube nicht daran“, sagte der andere hochgewachsene Mann.
„Da er keinen Einfluss auf das nicht transmittergebundene Transportwesen hat, können wir ihn getrost von der Liste der nützlichen Leute streichen“, sagte die Frau.
Das Doppel-STAR GATE stand auf einem riesigen asphaltierten Areal. Es wurde von Schutzzäunen und Wachposten umgeben. Im Norden erhoben sich die Unterkünfte der Wachtruppen und die einfachen Hütten der Arbeitssklaven. Die Kyphorer selbst wohnten nicht hier, sondern in luxuriösen Apartments in der Vergnügungsstadt. Den Pendelverkehr dorthin besorgten Schwebetaxis.
Sie parkten halbhundertweise auf gekennzeichneten Feldern unweit der STAR GATE-Eingänge.
Lastengleiter rangierten ihre Container zu den Transmittern und von ihnen fort. Es herrschte reger Betrieb. Ganze Schübe von mehreren Dutzend Kyphorern oder Craahls verließen oder betraten die STAR GATES gleichzeitig. Dass bei dem letzten Transport nur drei Offiziere angekommen waren, konnte nur deren Bedeutung unterstreichen; sie hatten es nicht nötig, sich mit anderen zusammen in die Pyramide pferchen zu lassen.
Die Frau winkte. Ein Schwebetaxi surrte heran und stoppte mit geöffnetem Einstieg direkt vor den drei Kyphorern, die Platz nahmen. Der Fahrer, ein dunkelhäutiger Mann mittleren Alters, verneigte sich, bis seine Stirn die Steuerkonsolen berührte.
„Den Quatsch solltest du ruhig lassen, Mann“, sagte einer der beiden männlichen Kyphorer.
Der andere stieß ihn heftig an und zischte warnend. Deutlich resignierend ließ der Leutselige sich in das Polster fallen.
„Wohin darf ich die Erhabenen chauffieren?“, fragte der Fahrer devot.
„Wohin wohl? Ins beste Hotel“, sagte die Frau. „Und zwar so schnell wie möglich. Du hast unsere Erlaubnis, bereits per Funk drei Suiten vorzubestellen. Unser Gepäck kommt in vierzehn Stunden. Träume nicht!“
Der Fahrer zuckte zusammen. Irgendwie beschlich ihn bei der Sprechweise der Frau ein seltsames Gefühl. Aber er gehorchte.
Noch während der Schweber sich in den Leitstrahl einfädelte, tastete der Schwarze den Rufcode des „Residenz Interstellar“ ein.
Tschad-City war eine durchaus sehenswerte Stadt, üppig begrünt und großzügig gebaut. Die Wolkenkratzerbauten hielten sich in überschaubaren Grenzen, die Schweber-Leitstraßen waren von den Fußgängerbezirken deutlich abgetrennt. Überall wurde deutlich, dass hier weder Geld noch Platzbeschränkungen eine Rolle gespielt hatten.
„Brasilia ist dagegen ein Dorf und Dubai bedeutungslos“, murmelte einer der beiden männlichen Kyphorer und erinnerte die beiden anderen zum einen damit an die ehemalige Hauptstadt des terranischen Regionalstaates Brasilien, die vor mehr als einem Jahrhundert ebenfalls als Reißbrettstadt aus dem Boden gestampft worden war, und zum anderen an jene künstliche Luxus-Metropole an der afrikanischen Küste, die heute nur noch ein dem Erdboden gleich und von den Fluten des Ozeans großenteils überflutetes Gebiet von verbrannter Erde darstellte.
Tschad-City entsprach den Lebensgewohnheiten der Invasoren, und die kannten es nicht besser, aber auch nicht schlechter.
Wenn der Fahrer sich wunderte, woher ein Kyphorer in Afrika Brasilia kannte, so hielt er sich zurück und stoppte das Taxi schließlich vor dem „Residenz Interstellar“.
Eine Viertelstunde später befanden die drei Offiziere sich in ihren Suiten, trafen aber bald darauf in den Räumen der Frau zusammen.
Zu bezahlen brauchten sie für ihre Unterbringung nichts. Das erledigte der Rechnungshof in Detroit gewissermaßen >familienintern<. Was die Terraner an Dienstleistungen zu erbringen hatten, wurde mit der Strafgebühr für die damaligen widerrechtlichen Transmitterbenutzer verrechnet - und auch mit den heute immer noch stattfindenden, denn man munkelte, dass ein paar von den Rebellen immer noch im interstellaren Transmitternetz unterwegs seien, ohne dafür zu bezahlen.
„Bis hierher sind wir also gekommen“, sagte einer der beiden Männer, ließ sich in einen bequemen Schwebesessel fallen und nahm Helm und Sonnenbrille ab. Er reckte sich. „Ah - diesen Luxus wollte ich schon immer mal genießen. Ob dieser Fahrer etwas gemerkt hat?“
„Er hat“, sagte die Frau, legte wie der andere Mann ebenfalls Helm und Sonnenbrille ab und schüttelte das silberne Haar. „Aber bis er sich Gedanken darüber macht und sie möglicherweise meldet, haben wir unsere Aktion schon durchgezogen.“
„Hoffentlich“, sagte der Sitzende. „Ich kann es mir einfach nicht vorstellen, dass es klappt.“
„Bis jetzt ging doch alles gut“, sagte der andere Mann.
Der Sitzende schüttelte den Kopf.
„Ja, bis jetzt - für meine Begriffe sogar etwas zu gut. Es gab ja nicht einmal Kontrollen. Himmel, ich muss diese verdammte Folie wenigstens vorübergehend los werden. Das Zeug juckt auf der Haut!“
Er griff mit beiden Händen an sein Gesicht und zog sich die Haut ab. Darunter war er schwarz wie jeder andere Farbige in diesem Teil der Welt auch.
William Maverick hatte es sehr schnell fertiggebracht, sich in dem Pyramidenraumer einzuleben. Die genauen Abmessungen des Kampfschiffes mit der offiziellen Bezeichnung >Kyphorisches Offensivgerät 1010< waren ihm nicht bekannt, und sie interessierten ihn auch nicht sonderlich. Irgendjemand hatte ihm mitgeteilt, die Kantenlänge der Dreieckspyramide betrage dreihundert Meter, aber es war Maverick egal.
Wichtig war, dass die KY-OP 1010 unter seinem alleinigen Kommando stand und dass sie mit wirkungsvollen Waffen ausgestattet war. Damit ließen sich schon feindliche Flugobjekte am Boden halten. Die Kyphorer, fast völlig auf ihre Transmitter fixiert, verstanden zwar von der Raumfahrt an sich nicht viel, aber dafür vom Kampf umso mehr. Schließlich waren ihre Flotten dazu da, das Handels- und Transportmonopol zwischen den Sternen zu sichern und jeden Versuch, es zu brechen, schon im Keim zu ersticken.