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Besuch aus der Zukunft
Tau Lyra III ist ein geschützter Planet, den kein Raumschiff anfliegen darf, um die Entwicklung der Yoon-Zivilisation nicht zu stören. Als die
Enterprise das Überwachungssystem überprüft, taucht wie aus dem Nichts ein Schiff auf und nimmt Kurs auf den Planeten. Captain Kirk lässt die Besatzung an Bord beamen und muss sich vom Kommandanten der
Nautilus eine abenteuerliche Geschichte anhören. Noch größere Rätsel allerdings gibt das Schiff selbst auf: Obwohl es aus derselben Baureihe stammt wie die
Enterprise scheint es schon ewig in Dienst zu sein. Kirk hat keine andere Wahl und stellt die Besatzung unter Arrest. Die Sicherheitssysteme stellen für die
Nautilus-Crew jedoch kein Problem dar, und bereits nach kürzester Zeit haben sie die
Enterprise übernommen. Allmählich beginnt Captain Kirk zu begreifen, dass diese Leute aus der Zukunft kommen - und diese scheint der blanke Horror zu sein ...
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Seitenzahl: 458
Tau Lyra III ist ein geschützter Planet. Kein Schiff der Föderation darf diese Welt ansteuern, damit die Entwicklung der Yoon-Zivilisation nicht gestört wird. Als die Enterprise die Raumbojen in diesem Sektor überprüft, taucht wie aus dem Nichts ein Raumschiff auf und nimmt Kurs auf den Planeten.
Captain Kirk lässt die Besatzung an Bord beamen und muss sich vom Kommandanten der Nautilus eine abenteuerliche Geschichte anhören. Noch größere Rätsel allerdings gibt das Schiff selbst auf. Obwohl es aus der Baureihe der Enterprise stammt, scheint es seit einer Ewigkeit in Betrieb zu sein. James Kirk hat keine andere Wahl, als die Nautilus-Crew unter Arrest zu stellen.
Die Sicherheitssysteme der Enterprise
BARBARA HAMBLY
KREUZWEGE
Star Trek™
Classic
Für Erina,
Es geschah kurz nach Beginn der Nachtschicht. Zumindest waren sich alle Beteiligten später in diesem Punkt einig.
Um 19.40 Uhr, Sternzeit 6251.1, befand sich Captain James T. Kirk in der Sporthalle auf Deck Acht des Raumschiffs Enterprise. Während des Sparringskampfes mit Fähnrich Lao Zhiming – einundzwanzig Jahre alt, gedrungene Statur, schnelle Reflexe und genauso schnelle Auffassungsgabe – ertönte das Signal des internen Kommunikationssystems. Einer der Basketballspieler am anderen Ende der großen Halle nahm den Anruf entgegen.
Kurz darauf drehte der Mann sich um. »Captain?«, rief er.
Kirk tauchte unter einem Schlag weg und zog sich keuchend zurück, ohne seine Deckung zu vernachlässigen. Lao entspannte sich. »Nur der Gong hat Sie gerettet, Captain«, stichelte er grinsend.
»Mich oder Sie?«, gab Kirk spöttisch zurück und lief mit federnden Schritten zum nächsten Interkom-Anschluss, von denen es insgesamt acht im großen, hallenden Raum gab, der sich am Rand des primären Schiffsrumpfes befand. Der Captain bemerkte, dass die Basketballer ihr Spiel unterbrochen hatten, um unauffällig zu lauschen. Sie dribbelten auf der Stelle oder machten Dehnübungen, als würden sie sich lediglich eine Ruhepause gönnen. Natürlich waren sie neugierig darauf, was die Brücke dem Captain nach Dienstschluss mitzuteilen hatte.
Als er auf die Ruftaste drückte, spürte auch Kirk den zusätzlichen Adrenalinstoß nach der Anspannung des Sparringskampfes.
Lao hielt sich auf Distanz, aber auch er horchte.
»Captain?« Lieutenant Mahases tiefe Stimme klang völlig teilnahmslos. »Die Raumbojen der Föderation in der Nähe des Systems Tau Lyra melden ein nicht identifiziertes Schiff.«
»Unmöglich!«, entfuhr es Lao.
Kirk warf ihm einen kurzen Blick zu. Der junge Mann strich sich das glatte, schweißgetränkte schwarze Haar aus dem Gesicht, während er mit gerunzelter Stirn über die widersprüchlichen Fakten nachdachte.
»Wir haben erst vor drei Stunden den gesamten Sektor überprüft, Captain, kurz vor Ende unserer Schicht. Sie haben die Sensordaten selbst gesehen. Hier ist nichts. Kein Schiffsverkehr, kein Bergbau, keine Raumstationen … Nicht eine einzige Zivilisation – abgesehen von dem, was sich auf Tau Lyra Drei befindet. In so kurzer Zeit hätte nichts in die Reichweite der Raumbojen kommen können.«
»Sie vergessen den Kreuzwege-Nebel.« Der Schweiß, der allmählich auf seiner Brust trocknete, ließ Kirk leicht frösteln. Zumindest konnte er sich keinen anderen Grund vorstellen, warum ihm kalt werden sollte.
»Aber dort …«, begann Lao, verstummte dann aber. Er war noch jung, ein Fähnrich, der erst vor kurzem die Akademie verlassen hatte. Doch Kirk wusste schon jetzt, dass er eines Tages zu den besten Captains von Starfleet gehören würde.
»Sie wollen sagen, dass es dort nichts gibt?«, vervollständigte Kirk den Einwand des jungen Mannes und bedachte ihn mit einem schiefen, ironischen Grinsen, das sowohl seinen eigenen Erinnerungen als auch den naiven Vorstellungen des Fähnrichs über die Zuverlässigkeit von Messwerten in kaum erforschten Regionen des Weltraums galt. »Zumindest nichts, von dem wir wüssten, Fähnrich.«
Er drehte sich um und schlug noch einmal mit dem Handballen auf die Ruftaste. »Wir sind unterwegs.«
»Es handelt sich eindeutig um ein Schiff, Captain.« Lieutenant Tonia Barrows schaltete die Fernbereichsensoren auf maximale Vergrößerung, während Kirk das Bild auf den kleinen strategischen Monitor in der Armlehne seines Kommandosessels holte. Doch die Anzeigen waren ihm zu ungenau, da sie alles ignorierten, was außerhalb der Reichweite eines Photonentorpedos lag. Also stand er auf und trat neben die Navigatorin der Nachtschicht. Mr. Spock, der in seinem Quartier gelesen hatte, als die ungewöhnliche Ortung gemeldet worden war, verließ die Hauptcomputerstation, um sich zum Captain zu gesellen.
Grüne Lichtpunkte schwebten vor dem onyxschwarzen Hintergrund des Bildschirms. Ein blassgelber Nebel deutete den äußersten Rand der Kometenwolke des Sterns Tau Lyra an, während der Stern selbst noch zu weit entfernt war, um auf der Darstellung sichtbar zu werden. Der kleine blinkende Punkt war die Raumboje, die den Alarm ausgelöst hatte. Sie stand weit außerhalb der Kometenbahnen. Ein weiterer Lichtpunkt, der wie eine Ameise über die Mattscheibe kroch, war das näher kommende Raumschiff.
»Wie es aussieht, halten sie Kurs auf Tau Lyra, Captain«, sagte Barrows und blickte zu Kirk auf. Sie war eine hübsche und kompetente schwarzhaarige Frau, die im Ruf stand, eine gerissene Pokerspielerin zu sein. In den vier Jahren und neun Monaten dieser Mission der Enterprise waren viele Besatzungsmitglieder gekommen und gegangen, doch Barrows gehörte zu der kleinen Gruppe jener Leute, die von Anfang an dabei gewesen waren.
Da die Nachtschicht mit einer kleineren Brückenbesatzung arbeitete, hatte sie die Aufgaben des Piloten und des Navigators übernommen. »Jedenfalls gibt es in der Nähe nichts anderes, zu dem sie unterwegs sein könnten. Sie bewegen sich mit hoher Unterlichtgeschwindigkeit.«
»Aus welcher Richtung kommen sie?«
»Aus dem Kreuzwege-Nebel, Captain.«
Kirk schwieg einen Moment, während er die Situation einzuschätzen versuchte. Er konnte spüren, wie angespannt die Brückenbesatzung war. Diese Männer und Frauen waren ihm nicht so vertraut wie die Gruppe der Tagesschicht, auch wenn er nach Möglichkeit an jedem Abend einige Stunden auf der Brücke verbrachte. Er wusste, dass das Schiff während seiner Abwesenheit bei dem großen, unkomplizierten Lieutenant Winfield in guten Händen war. Er sah, wie der technische Offizier einen besorgten Blick mit Lieutenant Mahase austauschte, und er fühlte das Gewicht des bedrückenden Schweigens, während Dykstra an der technischen Station arbeitete. Er glaubte fast, die leichte Beschleunigung des Pulsschlags aller Anwesenden hören zu können – vielleicht nur mit Ausnahme des unerschütterlichen Mr. Spock.
Als er zu seinem Sessel zurückkehrte, wich ihm der Vulkanier nicht von der Seite. »Wann ist das letzte Schiff in der Umgebung des Kreuzwege-Nebels verschwunden?«
»Vor drei Komma sieben Standardjahren, Captain. Es war der Föderationsaufklärer Harriet Tubman, der mit einer zwölfköpfigen Besatzung von Starbase Zwanzig aufbrach. Davor gab es einen unbestätigten Bericht über ein Freihändlerschiff namens Sagittarius, das zuletzt in dieser Gegend gesehen wurde. Zusätzlich sind drei der Wachbojen der Föderation, die am Rand des Sternsystems Tau Lyra stationiert wurden, spurlos verschwunden, genauso wie drei automatische Drohnen, die vom Wissenschaftsinstitut der Föderation in den Nebel geschickt wurden, um festzustellen, ob sich darin tatsächlich eine Turtledove-Anomalie befindet.«
»Und das alles haben Sie auswendig gelernt, damit Sie es fehlerfrei aufsagen können?« Die Türen des Turbolifts glitten mit einem leisen Zischen zu, als Dr. McCoy an die andere Seite von Kirks Kommandosessel trat und den vulkanischen Wissenschaftsoffizier mit einem sarkastischen Glitzern in den blauen Augen musterte.
Spock richtete sich kaum merklich auf, bevor er antwortete. »Da unsere derzeitige Mission darin besteht, weitere Sonden mit Messinstrumenten in den Nebel zu entsenden, hielt ich es für logisch, mich mit den potentiellen Gefahren dieses Phänomens vertraut zu machen. Der Sektor Sechs ist größtenteils unerforscht. Die Sternkarten, die wir heute Vormittag anfertigten, sind die ersten neuen Daten seit der Erkundung durch vulkanische Schiffe vor fünf Jahrhunderten. Außerdem wurde die Region damals als p'laaka klassifiziert – als unsicher aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse. Seit dieser Zeit scheint der Kreuzwege-Nebel weder seine Größe noch seine relative Position in einem ungewöhnlichen Maß verändert zu haben. Er ist eine Anomalie, aber keine Gefahr.«
»Solange man sich nicht zu nahe heranwagt«, brummte McCoy.
Spock hob eine Augenbraue. »Dieselbe Feststellung könnte jemand treffen, der einen Schleimteufel in seiner Badewanne entdeckt. Obwohl die Daten bruchstückhaft sind, gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass die Warnung vor diesem Sektor wegen des unerklärlichen Verschwindens von Schiffen ausgesprochen wurde. Nach dem Verschwinden der Harriet Tubman hat die Föderation den Nebel zur ständigen Gefahrenzone erklärt. Deshalb die Erkundungsdrohnen.«
Ganz zu schweigen von der üblichen Warnung vor allen Planeten, ob bewohnt oder nicht, innerhalb eines Radius von fünf Parsec rund um eine Anomalie, dachte Kirk unbehaglich.
»Für diesen Sektor ist in zwei Jahren eine organisierte Erkundung geplant«, sagte Fähnrich Lao. Er war kurz nach Kirk auf die Brücke gekommen und rückte genauso wie der Captain immer wieder seine goldene Uniformjacke zurecht. Sein feuchtes Haar war zurückgekämmt, und seine Augen leuchteten bei der Aussicht auf eine solche Mission. »Ich würde mir sehr gerne das Planetensystem einmal genauer ansehen, das wir heute früh am Rand des Nebels entdeckt haben. Wenn man mich lassen würde.«
Kirk grinste, als er den mitreißenden Eifer in Laos Worten hörte. »Da Sie jetzt einer der ganz wenigen Fähnriche sind, die sich jemals in Sichtweite einer Anomalie aufgehalten haben, wird man Sie wohl kaum übergehen können.«
»Falls Starfleet die nötigen finanziellen Mittel auftreiben kann«, knurrte McCoy zynisch.
»Leider habe ich keine ausreichenden Informationen über die Haushaltsplanung von Starfleet«, sagte Spock. »Solange keine solche Expedition ausgerüstet werden kann, bleiben unsere Daten zwangsläufig fragmentarisch.«
»Aber man hat Trümmer gefunden«, sagte Kirk.
Spock neigte den Kopf. Alle Mitglieder der Brückenbesatzung – und sogar die meisten der knapp fünfhundert Männer und Frauen an Bord der Enterprise – wussten von den Trümmern. Niemand konnte die Herkunft dieser beunruhigenden Bruchstücke aus Metall und Porzellan erklären, die von der Tubman am Rand des Nebels registriert worden waren, etwa vier oder fünf Stunden bevor auch dieses Schiff verschwand. Doch Kirk war überzeugt, dass jeder der Basketballspieler in der Sporthalle daran gedacht hatte. Es zeigte sich daran, wie Barrows die Schultern angespannt hatte, wie Winfield den Kopf geneigt hielt. Der Bericht befand sich im Hauptcomputer und war vermutlich von jedem an Bord des Schiffes studiert worden.
Unbekannte Technologie, hieß es darin.
Und jetzt war, soweit man wusste, zum ersten Mal seit fünf Jahrhunderten ein Schiff aus dem dunklen Herzen der Gasschlieren aufgetaucht, aus den glühenden Staubwolken, den fluktuierenden Schichten und Feldern, die im My-Spektrum strahlten und den Kreuzwege-Nebel für beinahe jede Art von Sensor-Ortung undurchdringlich machten. Ein Schiff, das genau auf den ungeschützten Planeten Tau Lyra III zuhielt, dessen Bewohner noch keine Raumfahrt entwickelt hatten.
»Wir erhalten jetzt genauere Werte«, sagte Barrows. »Die gleiche Masse wie die Enterprise, aber wesentlich geringerer Energieausstoß. Es sieht danach aus, dass die Energiewerte immer weiter sinken.«
»Die Tubman …?«, sagte jemand auf der Brücke.
»Wie ist die Energiesignatur?«
»Inkonsistent.« Barrows überprüfte verblüfft noch einmal ihre Anzeigen. »Sieht aus wie ein Antimaterie-Triebwerk, aber die Leistungsrate ist niedriger.«
»Sie sind jetzt in Sichtweite …« Lieutenant Mahase brach mit einem Keuchen ab. Sie riss die Augen auf und warf Kirk einen hilfesuchenden Blick zu, während sie langsam den Kopf schüttelte. Kirk wusste, dass Mahase nicht so leicht zu erschüttern war.
»Auf den Sichtschirm, Lieutenant.«
»Ich fasse es nicht …«, flüsterte sie, während ihre Finger die Vergrößerungssequenz eintippten.
Das fremde Schiff, das aus den geheimnisvollen Tiefen des Kreuzwege-Nebels hervorgekommen war, war ein Raumschiff der Föderation.
Es hatte einen mattschwarzen Anstrich und war im lichtlosen Abgrund des Weltraums fast unsichtbar. Nur vor dem leuchtenden Hintergrund der Staubmassen des Nebels war es überhaupt zu erkennen.
Die Sichtluken im Rumpf waren dunkel. Nur ein schwaches rötliches Glühen zeigte sich am Ende der Triebwerksgondeln. Davon abgesehen war es, als würde man eine Aufnahme der Enterprise auf Negativfilm betrachten – oder eins der anderen elf Raumschiffe der Constitution-Klasse. Trotz der dunklen Farbe, trotz der von Meteoritentreffern eingedellten und verkohlten Hülle war die elegante und vertraute Form mit der dreieckigen Anordnung der schlanken Gondeln und der untertassenförmigen Kommandosektion unverkennbar.
»Faszinierend.« Spock verschränkte die Hände hinter dem Rücken und studierte den Sichtschirm.
»Ich werde als rotäugige Makrele wiedergeboren!«, keuchte McCoy.
Spock war so sehr in die Betrachtung des düsteren Schiffes vertieft, dass er auf jede Bemerkung zu dieser Reinkarnationsspekulation verzichtete.
»Es ist … eins von unseren Schiffen«, stammelte Barrows verblüfft. Kein Wunder, dass sie völlig die Fassung verloren hatte, dachte Kirk.
Hinter ihm starrte Lao mit offenem Mund auf den Bildschirm. Er war noch zu jung, um gelernt zu haben, dass in der unbekannten Welt der unendlichen Sterne alles möglich war.
»Identifikationscode?«
»Es ist noch zu weit entfernt, Captain. Ich empfange nichts, nicht einmal Rauschen.«
Kirks Blick wurde härter. »Dann öffnen Sie eine Grußfrequenz. Mr. Winfield, Deflektorschilde aktivieren.«
Er sah auf seinen eigenen Monitor, der nun zahlreichere und genauere Daten zeigte, während sich die Entfernung zwischen dem schwarzen Schiff und der Enterprise verringerte. »Ihre Energie lässt nach, aber vielleicht haben sie noch genügend Reserven für ein oder zwei Schüsse.« Kirk hatte selbst schon oft genug das Letzte aus der Enterprise herausgeholt, so dass er keinem noch so schwer angeschlagenen Schiff mehr vertraute. Auch ohne Energie für die Phaser musste man immer noch mit den Photonentorpedos rechnen.
Das Schiff war jetzt nahe genug, um es ohne Vergrößerung erkennen zu können. Rostflecken, Kampfspuren und silbrige Kratzer von Meteoriten überzogen die schwarz gestrichene Außenhülle. Selbst unter der Farbe schien das Metall starke Abnutzungserscheinungen aufzuweisen. Jede Spur eines Namens oder einer Seriennummer musste schon vor langer Zeit verschwunden sein.
Vor wie langer Zeit? Kirk suchte in seinem Gedächtnis nach frühen Verlusten unter den Schiffen von Starfleet. Dieses hier war zweifellos schon seit Jahrzehnten den Einflüssen des Weltraums ausgesetzt. Allerdings gab es die Constitution-Klasse erst seit zwanzig Jahren. Doch unter extremen Belastungen …
Der Anblick verursachte ihm ein unheimliches Gefühl, so wie damals während des Zwischenfalls auf Gamma Hydra IV, als er in den Spiegel geschaut und ein vergreistes Gesicht gesehen hatte, das sein eigenes gewesen war.
Vor dem fahlen Leuchten des weit auseinandergezogenen Gasnebels drehte das andere Raumschiff plötzlich ab. Gleichzeitig meldete Barrows: »Sie gehen auf Ausweichkurs …«
»Bleiben Sie dran!«
Noch während Kirk den Befehl gab, bediente die Navigatorin bereits die Kontrollen. Das Bild des Sterns Tau Lyra, der auf diese Entfernung kaum mehr als ein gelber Stecknadelkopf war, fiel in den schwarzen Abgrund zurück. Das dunkle Raumschiff beschleunigte schwerfällig. Kirks geübter Blick erkannte am schwächer werdenden Glühen der Triebwerke, dass die Energie der Materie-Antimaterie-Reaktion nachließ. Er blickte sich kurz zu Spock um, der sich wieder über seine Computerstation gebeugt hatte. Lao stand neben dem Vulkanier. »Wurde von den Drohnen, die im Kreuzwege-Nebel verschwanden, nicht ein Energieverlust gemeldet?«
»Positiv, Captain.« Das blaue Leuchten der Station flackerte auf Spocks kantigen Gesichtszügen. »Die Tubman meldete bereits zwei Parsec vor dem Rand des Nebels energetische Anomalien. Auch unsere heutige Vermessung des Planetensystems wurde durch ähnliche Effekte beeinträchtigt. Falls das Raumschiff sich dem Nebel nähern sollte, rate ich bei der Verfolgung zu äußerster Vorsicht.«
»Zum Teufel mit der Vorsicht!«, stieß Kirk knurrend zwischen den Zähnen hervor. »Ich will wissen, mit wem wir es zu tun haben und was sie mit einem unserer Raumschiffe machen.« Er wusste natürlich, dass Spock recht hatte. Es nützte ihm überhaupt nichts, wenn er sich durch ungeduldige Neugier auf die Lösung des Rätsels zu unvorsichtigen Handlungen hinreißen ließ – vor allem angesichts der Warnungen, die für diesen Sektor galten. Es bestand immerhin die Möglichkeit, dass das schwarze Raumschiff ein Köder war, der die Enterprise in das Herz des Nebels locken sollte – zu dem Phänomen, das die ungewöhnlichen Messwerte und unbekannten Energiespektren verursachte, die sie mangels besseren Wissens nach ihrem Entdecker als Turtledove-Anomalien bezeichneten.
Spock, der über das ausgezeichnete Gehör eines Vulkaniers verfügte, hob eine Augenbraue. Außer ihm hatte niemand etwas wahrgenommen. Vor ihnen drehte das schwarze Raumschiff erneut ab und nahm jetzt Kurs auf den leeren Weltraum, fort von den Gefahren des Nebels und dem verbotenen System Tau Lyra. Barrows setzte die Enterprise in Bewegung und verringerte die Entfernung zwischen den zwei Schiffen. Kirk wandte sich an McCoy. »Wenn sie glauben, dass sie ihre Kiste noch auf Warpgeschwindigkeit hochpeitschen können, will ich es sehen …«, murmelte er. »Mr. Spock!«, setzte er lauter hinzu. »Die Namen aller Raumschiffe der Constitution-Klasse, die nicht mehr im Starfleet-Dienst stehen!«
»Die Constellation, die Valiant und die Intrepid. Alle wurden in jüngster Zeit zerstört – und es gibt eindeutige Beweise ihrer Zerstörung. Um genau zu sein …« Der Vulkanier richtete sich auf und blickte von Kirk zum dunklen Umriss auf dem Sichtschirm. »… es gibt keinen einzigen Bericht über ein Sternenschiff der Constitution-Klasse, das spurlos verschwunden wäre.«
»Und wie erklären Sie sich dieses Schiff?«, wollte McCoy wissen.
»Ich vermute, Sie haben eine rhetorische Frage gestellt, Doktor«, gab Spock mit hochgezogener Augenbraue zurück.
»Sie verlieren Energie«, unterbrach Barrows ihr Gespräch. Kirk konnte erkennen, wie das rötliche Glühen der Triebwerke zusehends schwächer wurde. »Nach den Sensoren scheinen ihre internen Systeme kurz vor dem Kollaps zu stehen. Es ist schwer zu sagen, da die Messwerte durch eine ungewöhnliche Abschirmung verfälscht werden.«
»Grußfrequenzen geöffnet, Captain.«
»Dann wollen wir mal sehen, ob wir von den Leuten da drüben eine Erklärung erhalten«, sagte Kirk und aktivierte das Mikrophon.
Das Trägersignal wurde von statischem Rauschen gestört, so dass Kirk möglichst deutlich sprach. »Hier ist Captain James T. Kirk vom Raumschiff Enterprise der Vereinten Föderation der Planeten. Sie haben die Richtlinien für den Schiffsverkehr und die Erste Direktive der Föderation verletzt. Bitte übermitteln Sie Ihren Identifikationscode, Ihren Namen und Ihren Auftrag.«
Das Rauschen wurde lauter und überflutete die Brücke mit einem prasselnden Knistern. Eine ganze Minute lang war nichts weiter zu hören, obwohl Kirk das Gefühl hatte, dass irgendwo jemand seinen Worten lauschte. Er glaubte fast, jemanden zu sehen, der sich genauso wie er in der abgedunkelten Brücke des Schiffes aufhielt, das sich als Schatten vor den leuchtenden Schleiern des kosmischen Staubes abzeichnete.
»Hat man uns gehört?«, fragte er leise.
Mahase berührte den Kommunikationsstöpsel in ihrem Ohr. »Eigentlich müsste man uns gehört haben.«
»Wenn die Energiereserven versiegen«, mutmaßte Spock, der kurz von seiner Station aufsah, »dann könnten auch die Lebenserhaltungssysteme beeinträchtigt sein. Die letzte Übertragung von der Harriet Tubman deutete darauf hin, dass es nicht nur Energieverluste, sondern auch eine Reihe unerklärlicher Energieausbrüche und Überladungen gab, als sie in den Nebel eindrang.«
»Ich habe den Eindruck, dass es dort drüben noch Leben gibt«, sagte Barrows plötzlich. »Jedenfalls tut sich etwas.«
Auf dem vorderen Hauptsichtschirm war zu erkennen, wie das schwarze Schiff nach unten wegkippte, um sich außer Reichweite der Enterprise und in Sicherheit zu bringen. »Packen Sie es mit einem Traktorstrahl, Mr. Dykstra«, bellte Kirk, während Barrows gleichzeitig ihre Konsole bearbeitete und die Enterprise wie ein Fallbeil nach unten drückte, um das flüchtende Schiff nicht zu verlieren. Das andere Schiff drehte wieder ab und beschleunigte träge, um sich aus dem Wirkungsbereich des Strahls zu bringen. Doch die Reserven waren erschöpft, und der Pilot konnte kaum noch etwas aus den Maschinen herausholen.
»Wir haben sie, Captain«, meldete Barrows.
»Dann gehen Sie auf Rückwärtsschub«, sagte Kirk. »Wir wollen ein wenig Tauziehen spielen.«
Die Triebwerke des schwarzen Schiffes glühten flackernd auf. Dann schossen rote Stichflammen aus den Gondeln, und das Glühen verdunkelte sich zu einem matten Braun, als die Hitzestrahlung in die kalte Schwärze des Weltraums entwich. »Die interne Energie des Schiffes ist erschöpft«, meldete Spock. »Die Lebenserhaltungssysteme versagen.«
Kirk beugte sich über das Mikrophon in der Armlehne seines Sessels und sprach wieder in die rauschende Meeresbrandung. »Hier ist das Föderationsraumschiff Enterprise. Ich wiederhole, hier ist die Enterprise. Antworten Sie!«
»Sie treiben antriebslos im Raum«, meldete Barrows. »Die Maschinen sind tot.«
»Vielleicht nicht nur die Maschinen«, setzte Mahase leise hinzu.
»Empfangen Sie noch Lebenszeichen?«, fragte Kirk und blickte sich zu Spock um.
Die Augenbrauen des Vulkaniers bildeten einen spitzeren Winkel. »Ich erhalte nur unklare Angaben, Captain. Wie schon Lieutenant Barrows bemerkte, ist das Schiff stark und auf ungewöhnliche Weise abgeschirmt. Außerdem scheinen meine Messwerte durch eine Strahlungsquelle im My-Spektrum verzerrt zu werden, die sich innerhalb des Schiffes befindet.«
»Im My-Spektrum?« Lao, der an der taktischen Station Posten bezogen hatte, fuhr plötzlich herum. »Aber das ist …« Er verstummte, als ihm bewusst wurde, dass er ein Gespräch seiner Vorgesetzten unterbrochen hatte.
»… auffallend charakteristisch für eine Turtledove-Anomalie«, führte Kirk den Gedanken zu Ende.
Dann war plötzlich im Rauschen die Stimme eines Mannes zu hören. Er sprach angestrengt, als hätte er kaum noch Luft zum Atmen. »Föderationsschiff …«
»Können Sie mich hören?«, fragte Kirk. »Sie befinden sich in ernsthaften Schwierigkeiten. Machen Sie sich bereit, zu uns herüberzubeamen.«
»Nein«, entgegnete die Stimme keuchend. Dann folgte ein anderes Geräusch, möglicherweise eine weitere Stimme, und schließlich ein heftiges Zischen.
Die Kühlsysteme der Brückenkonsolen, dachte Kirk. Sämtliche Schaltkreise der Brücke brennen durch. Das Rauschen schwoll an und erstickte fast die erschöpfte Stimme, die noch einmal keuchte: »Niemals …«
Kirk warf Spock einen schnellen Blick zu. »Desorientierung infolge Sauerstoffmangel?«
»Oder ein verdammt schlechtes Gewissen«, erwiderte McCoy.
Auf dem Bildschirm vor ihnen war zu sehen, wie die erloschenen Triebwerke des schwarzen Schiffes noch einmal in grellem Orange aufflackerten. Kirk spürte die Vibrationen des Traktorstrahls durch den Boden, als das andere Schiff einen letzten vergeblichen Versuch unternahm, sich zu befreien. Dann erstarb auch dieses Glühen.
Kirk drückte auf den Interkomknopf. »Lieutenant Organa, machen Sie ein Enterkommando bereit. Volle Kampf- und Schutzausrüstung. Dr. McCoy, holen Sie Schwester Chapel und schließen Sie sich dem Team an.« Dann schaltete er auf den externen Kanal zurück. »An das unbekannte Raumschiff. Wir werden an Bord kommen und Sie herausholen, wenn Sie es nicht freiwillig verlassen wollen«, sagte er.
Es gab keine Antwort. Kirk nickte McCoy zu, der sich umdrehte und die Brücke verließ. Dann meldete sich die Stimme zurück. »… ergeben uns …«, sagte sie schleppend und gequält. »Beamen Sie uns … Koordinaten …«
Kirk war bereits auf den Beinen, als er mit dem Transporterraum sprach. »Erfassen Sie die Leute! Ich komme herunter. Sicherheit zum Transporterraum Zwei! Mr. Winfield, Sie übernehmen die Brücke.«
»Gibt es in den allgemeinen Warnungen über diesen Sektor irgendeinen Hinweis, der … nun ja … auf diese Situation anwendbar ist?«
Laos Frage unterbrach das bedrückte Schweigen im Turbolift, während im transparenten Schlitz die Markierungen der Decks vorbeisausten. Kirk war so sehr in seine eigenen Gedanken vertieft, dass er überrascht aufblickte. Laos wacher Verstand, seine Fähigkeiten als Computerexperte und sein großes technisches und physikalisches Wissen wogen gelegentlich seine Jugend und Unerfahrenheit auf.
Es war seltsam, den Mentor spielen zu müssen, dachte Kirk. Es gab ihm zwar nicht direkt das Gefühl, zum alten Eisen zu gehören, machte ihm aber bewusst, dass er nicht mehr vierunddreißig war, sondern in wenigen Monaten vierzig wurde.
»Nicht … direkt.«
Lao runzelte verblüfft die Stirn. Spock erklärte es ihm. »Die Warnungen, die für diesen Sektor gelten, beziehen sich auf die Wahrscheinlichkeit unerwarteter Ereignisse. Im Umkreis von fünf Parsec um jede erwiesene oder vermutete Anomalie scheint der Prozentsatz unwahrscheinlicher Ereignisse erhöht zu sein. Bei Computern ist mit einer um sieben Prozent höheren Fehlerquote zu rechnen, die nicht auf die Technik oder den Anwender zurückzuführen ist. Die statistische Variation biochemischer Experimente ist dagegen um vier Prozent …«
»Und die meisten Heimsuchungen durch Yagghorths scheinen innerhalb eines Radius von fünf Parsec um eine Anomalie aufzutreten«, sagte Kirk leise.
Lao zuckte zusammen. Eine verständliche Reaktion, dachte Kirk. Die Bezeichnung ›Yagghorth‹ ging auf den Schriftsteller H. P. Lovecraft zurück. Kirk selbst hatte noch nie ein Yagghorth gesehen, aber er war an Bord von Schiffen gewesen, die von ihnen heimgesucht worden waren. Er hatte dabei geholfen, die Überreste der Besatzungsmitglieder aus den Luftschächten und Wartungstunneln zu holen, wo diese Geschöpfe ihre Opfer aufzubewahren pflegten.
Und er hatte die Aufzeichnungen gesehen. Er war überzeugt, dass jeder in seinem Schiff innerhalb der vergangenen Wochen diese Bilder gesehen hatte, genauso wie die Berichte über das Verschwinden der Harriet Tubman. Es waren keine deutlichen Aufnahmen, die man in einer Rettungskapsel in Sektor Acht entdeckt hatte. Sie waren nach dem Energieausfall des Schiffes entstanden, und der skelettförmige Umriss, der feuchtglänzende, tintenfischartige Kopf und die schleimigen Tentakel waren im Widerschein des Feuers an Bord des unbekannten Frachtschiffes nicht klar zu erkennen. Doch das Bild dieser Wesen – augenlos, zischend und taumelnd, während sie mit der Eleganz einer Rasierklinge menschliche Körper zerfetzten – schien einem Albtraum zu entstammen, als wären sie den tiefsten Abgründen der Hölle entflohen.
»Sie können wohl kaum durch die Abschirmung gekommen sein, oder?« Lao gab sich Mühe, sein Entsetzen nicht allzu deutlich zu zeigen. »Ich meine, Schiffe der Constitution-Klasse sind doch so ziemlich gegen alles gefeit, oder?«
Die Tür glitt auf. Im kühlen Licht von Deck Sieben waren die verschiedenfarbigen Uniformen der Männer und Frauen der zweiten Wache zu sehen, die ihren Tätigkeiten nachgingen.
»Fähnrich«, sagte Kirk, »das erste, was Sie über den Weltraum lernen müssen, ist die Tatsache, dass wir hier draußen nie gegen alles gefeit sind. Und dass die Dinge hier niemals so sind, wie wir sie uns vorstellen.«
Das goldene Flimmern des Transporterstrahls verdichtete sich gerade zu menschlichen Umrissen, als Kirk, Spock und Fähnrich Lao den Transporterraum Zwei betraten. Dr. McCoy und Christine Chapel waren bereits eingetroffen und lösten die zusammenklappbare Trage von der magnetischen Wandhalterung. Injektoren mit Tri-ox, Adrenalin und Antischockmitteln lagen bereit. Mr. DeSalle hatte sich mit einigen kräftigen Leuten von der Sicherheit eingefunden. An der Transporterkonsole passte Mr. Kyle seine Einstellungen an die seltsame Abschirmung des schwarzen Schiffes an. Neben ihm stand Mr. Scott. »Es sind nur noch sechs Personen an Bord, Captain«, meldete er.
»Das muss nicht bedeuten, dass sie auf jeden Widerstand verzichten werden.« Kirk hatte schon des Öfteren Besatzungen aus Notlagen gerettet. Außerdem waren diese Leute bereit gewesen, lieber im Weltraum zu sterben, als sich der Föderation zu ergeben. Wie schon Dr. McCoy bemerkt hatte, deutete einiges auf ein sehr schlechtes Gewissen hin.
»Phaser auf Betäubung, Mr. DeSalle.«
Die flimmernden Lichtsäulen verfestigten sich.
Auf jeden Fall humanoid.
Neben ihm trat Schwester Chapel widerstrebend einen Schritt vor.
Einer der Geretteten war bewusstlos, ein Vulkanier in jugendlichem Alter. Er wurde von einem kleinen, schlanken Mann in der Mitte der Gruppe gestützt. Dieser Mann machte eine schnelle Bewegung, und Chapel blieb sofort stehen, als wollte sie ein verängstigtes und möglicherweise gefährliches Tier beschwichtigen. Die anderen Mitglieder der eingetroffenen Gruppe bildeten einen schützenden Kreis, doch Kirk wusste instinktiv, dass diese dünne, unscheinbare Person mit den verbrannten Händen und der weiten, aschfarbenen Kleidung ihr Anführer war.
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