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Spock bricht erneut mit seinem Vater
Spocks Mutter Amanda liegt im Sterben. Doch ihr Mann Sarek, Spocks Vater, muss sie alleine lassen, denn er wird beauftragt, Verhandlungen mit den Klingonen zu führen. Spock ist darüber so wütend, dass es erneut zu einem Bruch mit seinem Vater kommt.
Auf der Erde wird Kirks Neffe Peter, Kadett der Sternenflotte, von den Klingonen entführt. Der klingonische Botschafter Kamarag will ihn benutzen, um eine alte Rechnung mit Captain Kirk zu begleichen. Aber er selbst ist nur eine Marionette in einem von langer Hand geplanten Komplott, das die Föderation zerschlagen soll.
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Seitenzahl: 706
Amanda Grayson, Spocks Mutter und Sareks Gemahlin, liegt im Sterben. Doch ihr Mann muss sie in ihrer schwersten Stunde allein lassen. Eine klingonische Renegatengruppe hat die Föderationskolonie Kadura überfallen. Und Sarek erhält den Auftrag, die Verhandlungen mit den Klingonen zu leiten. Spock ist über das Verhalten seines Vaters derart empört, dass es zwischen den beiden erneut zu einem Bruch kommt.
Auf der Erde schüren radikale Fanatiker den Hass gegen die Vulkanier. Peter Kirk, Kadett an der Starfleet-Akademie und Neffe von Captain James T. Kirk, wird von diesen Leuten gekidnappt und anschließend nach Qo'noS, der Heimatwelt des klingonischen Imperiums, verschleppt. Der klingonische Botschafter Kamarag will ihn benutzen, um eine alte Rechnung mit Captain Kirk zu begleichen. Aber er selbst ist nur eine Figur in einem von langer Hand vorbereiteten Spiel, das die Föderation zerschlagen soll …
A. C. CRISPIN
SAREK
Sonnenuntergang auf Vulkan. Im Westen ging Nevasa – auch 40 Eridani A genannt – unter und färbte den tiefroten Himmel mit Schlieren in tiefen Amethyst-, Gold- und Korallentönen. Doch die große Gestalt, die als Silhouette vor dem Sonnenuntergang stand, war blind für diese Farbenorgie. Sarek von Vulkan blickte nach Osten und betrachtete T'Rukh, den Nachbarplaneten seiner Welt, der seine volle Phase erreicht hatte. Der Riesenplanet zog in einer Entfernung von nur 149 895,3579 Standardkilometern der Föderation seine Bahn und nahm am Himmel über Vulkan eine Fläche von dreißig Winkelgraden Durchmesser ein.
Da die zwei Planeten durch Gezeitenkräfte aneinander gefesselt waren, konnte man T'Rukh nur von dieser Seite Vulkans aus beobachten. Die riesige Scheibe hing ständig über dem hohen, zerklüfteten Horizont und durchlief an jedem Tag einen kompletten Phasenwechsel. Erst nach Sonnenuntergang enthüllte die Welt ihr volles, pockennarbiges Gesicht.
Die freie Sicht auf T'Rukh war einer der Gründe gewesen, warum Sarek sich diese abgelegene Gegend für seine Villa in den Bergen ausgesucht hatte. Hier am Rand der zivilisierten Welt wurde der Botschafter niemals müde, den Riesenplaneten über der Feste zu betrachten, dem unwirtlichen, kontinentgroßen Plateau, das sich sieben Kilometer über die restliche Oberfläche Vulkans erhob. Es gab nur wenige Personen, die regelmäßig das volle Gesicht der Nachbarwelt betrachten konnten. Nur der uralte Schrein von Gol lag noch weiter östlich als Sareks Villa.
Der Wind wurde kühler, nachdem Nevasa nun untergegangen war, zerrte an Sareks heller Tunika und leichter Hose. Während er T'Rukh konzentriert beobachtete, klammerten sich seine schlanken, langfingrigen Hände um die Balustrade der Terrasse, von der aus sich der östliche Garten überblicken ließ. Der Botschafter versuchte, zu einer Entscheidung zu gelangen.
Logik kontra Ethik … Wog das Wohl vieler mehr als das Gewissen und die Ehre eines einzelnen? Durfte er das aufs Spiel setzen, was er für richtig hielt, um etwas Notwendiges zu erreichen?
Sarek starrte über die Ebenen von Gol und dachte nach. Vor langer Zeit hatte er dort bei den Hohemeistern studiert. Was würden seine Lehrer tun, wenn sie an seiner Stelle wären?
Der Botschafter nahm einen tiefen Atemzug in der abendlichen Luft und ließ sie langsam wieder aus seinen Lungen entweichen, während er die Berge der Umgebung betrachtete. Er hatte sich diesen Ort schon vor Jahrzehnten als seine private Zuflucht ausgesucht, nachdem er seine zweite Frau geheiratet hatte. In diesem abgelegenen Bergland war es sogar während der Stunden des Tageslichts deutlich kühler und damit angenehmer für Menschen – vor allen Dingen für einen ganz bestimmten Menschen – als in der sengenden Hitze, die auf dem übrigen Planeten herrschte.
Es wurde immer dunkler um Sarek, während er T'Rukh betrachtete. Doch auf dieser Hemisphäre von Vulkan wurde es nie völlig finster. T'Rukh, der Riesenplanet, den die Menschen Charis nannten, spendete vierzigmal soviel Licht wie der Vollmond auf der Erde. In seiner vollen Phase war T'Rukh eine aufgequollene gelbliche Kugel, ein kränkliches Auge, das niemals blinzelte, selbst wenn die Gischt aus Gas und Feuer von der äußerst aktiven Oberfläche durch die Wolkendecke drang. Sarek registrierte geistesabwesend, dass seit dem Tag zuvor ein neuer Vulkan aktiv geworden war. Der große, feuerrote Fleck sah aus wie ein eitriger Abszess auf dem schwefelgelben Antlitz des Planeten.
T'Rukh war nur einer der vielen Namen des Wächters, die im Verlauf des Vulkanjahres wechselten. Der Planet, der mehr als doppelt so groß wie Vulkan war, konnte sich eines eigenen Mondes rühmen, der ihn auf einer engen und schnellen Bahn umlief. Am heutigen Abend war T'Rukhemai – wörtlich »das Auge des Wächters« – als dunkelroter Kreis fast genau im Zentrum der Planetenscheibe zu sehen, wie die Pupille im Auge eines Giganten. Der kleine Himmelskörper, der nur wenig größer als der Erdmond war, umkreiste den Wächter so schnell, dass die Bewegung fast mit bloßem Auge wahrzunehmen war. Sarek starrte auf den Wächter, der seinen Blick unerschüttert erwiderte.
Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, nach draußen zu gehen und den Wächter zu beobachten, wenn er vor einer schwierigen Entscheidung stand. Und die Entscheidung, mit der er nun rang, war eine der schwierigsten seiner bisherigen Laufbahn. Sein Geist spulte unablässig logische Gedankenketten ab und wog Argumente gegeneinander ab. Durfte er aktiv werden? Eine solche Handlungsweise verstieß gegen alle Regeln der Diplomatie und sämtliche interstellaren Gesetze. Wie konnte er diese Regeln missachten, nachdem er sein ganzes Leben lang für die Prinzipien einer zivilisierten Gesellschaft eingetreten war?
Doch wenn er nicht aktiv wurde, wenn er keinen Beweis für die heimtückische Bedrohung präsentierte, die der Föderation bevorstand, würden Millionen unschuldiger Lebewesen sterben. Vielleicht sogar Milliarden.
Sarek kniff die Lippen zusammen. Er konnte seine Theorie nur beweisen, indem er gegen die Gesetze verstieß. Wie konnte er sich über das hinwegsetzen, was er selbst mit aufgebaut hatte? Doch hier ging es eindeutig um einen Fall, bei dem das Interesse der Allgemeinheit im Vordergrund stand. Konnte er die Drohung eines Krieges ignorieren?
Sarek starrte auf den Wächter, während er überlegte. Irgendwo in der Ferne rief ein Lanka-gar. Der Botschafter drehte den Kopf und entdeckte die kreisende Silhouette des nächtlichen Flugtieres, das zwischen den Hügeln nach Beute Ausschau hielt.
Er warf einen Blick über die Schulter und bemerkte, dass die knallbunten Farben des Sonnenuntergangs verblasst waren. In wenigen Minuten würden sie völlig verschwunden sein, woraufhin dann T'Rukh die Nacht beherrschte, auch wenn sein Gesicht nun nicht mehr voll war.
Wieder streifte ihn ein Windhauch, der ihm kühl über die Wangen strich. Um Mitternacht wäre es hier draußen selbst für das Empfinden von Menschen recht kalt.
Obwohl der Botschafter seine adlerhaften Gesichtszüge unter Kontrolle hatte, herrschte in seinem Geist keineswegs Ruhe.
Die logischen Gedankenketten kamen allmählich zu einem Abschluss, bis die Lösung des Problems auskristallisierte. Die Entscheidung war gefallen. In dieser Angelegenheit wogen Logik und Notwendigkeit schwerer als ethische Bedenken.
Mit einem leichten Kopfnicken verabschiedete Sarek sich von T'Rukh, denn er wusste, dass seine Entscheidung ihn von seinem Heimatplaneten fortführen würde. Der Wächter würde viele Nächte lang ohne Sareks Anwesenheit zu- und abnehmen. Der Botschafter musste so schnell wie möglich aufbrechen.
Sarek wandte sich vom Naturschauspiel ab und kehrte mit schnellen und sicheren Schritten zum Haus zurück. Er dachte kurz daran, wie Spock reagieren würde, wenn er herausfinden sollte, was sein Vater plante. Diese Vorstellung amüsierte ihn. Sein Sohn wäre überrascht und möglicherweise sogar schockiert, wenn er erfahren würde, dass sein Erzeuger Logik und Rationalität dazu benutzte, ein Verbrechen zu planen. Sarek bezweifelte nicht, dass Spock an seiner Stelle genau das gleiche tun würde. Doch sein Sohn war zur Hälfte Mensch und hatte schon vor langer Zeit gelernt, sich zu verstellen und auszuweichen – sogar zu lügen. Ja, Spock würde seine Entscheidung stillschweigend dulden. Aber genau das belastete in gewisser Weise um so mehr das Gewissen seines Vaters.
Doch Sareks Entschluss stand fest. Die Logik war unfehlbar. Es gab kein Zurück mehr.
Sarek erreichte die Villa, ein flaches, weitläufiges Gebäude mit dicken, schützenden Wänden, und trat ein. Das Haus war zum größten Teil in typisch vulkanischem Stil eingerichtet, schmucklos und nur mit dem notwendigsten Mobiliar. Doch gerade diese Nüchternheit und Leere vermittelte das Gefühl von geräumigem Komfort. Im Wohnzimmer machte sich die Anwesenheit des menschlichen Bewohners der Villa bemerkbar – durch den alten Schreibtisch mit dem verblassten Petit-Point-Stuhl, den dazu passenden Couchtisch und den handgewebten Wandbehängen, die den Raum in sanfte Rosa-, Türkis- und Meergrüntöne tauchten. Eine Wasserskulptur rieselte leise innerhalb des Schutzfeldes, das die Verdunstung der kostbaren Flüssigkeit verhinderte.
Sarek ging in sein Büro und setzte sich mit seinem jungen Assistenten Soran in Verbindung, damit dieser alles für die Reise vorbereitete. Das Büro des Botschafters war ohne jeden Schmuck, mit Ausnahme des Gemäldes einer Eiswelt unter einer aufgeblähten roten Sonne.
Neben seinem Büro lag das Schlafzimmer, und dahinter befand sich das Wohnzimmer seiner Frau mit Ausblick auf den östlichen Garten. Durch ihre enge Verbindung wusste Sarek längst, dass Amanda dort auf ihn wartete. Er zögerte einen Augenblick vor dem geschnitzten Portal, das in ihr gemeinsames Zimmer führte.
Im Bewusstsein, dass Amanda seine Anwesenheit spürte, öffnete Sarek die Tür und ging durch das Schlafzimmer ins Wohnzimmer hinüber. Seine Frau saß auf ihrem Lieblingsplatz und blickte nach draußen auf den Wächter und die Felsformationen in ihrem Garten.
Das Licht des Riesenplaneten fiel auf ihr Gesicht und enthüllte neue Falten, die vor einem Monat noch nicht dagewesen waren. Ihre Knochen traten deutlicher unter der Haut hervor, die Wangen und die Nase waren eckiger geworden. Er betrachtete sie eine Weile und bemerkte, dass Amandas fließendes Gewand jetzt deutlich die Winkel ihrer Schultern und ihrer Schlüsselbeine nachzeichnete. Sie war niemals eine kräftig gebaute Frau gewesen, doch während des vergangenen Monats hatte ihr ohnehin zierlicher Körper unübersehbar an Gewicht verloren.
»Sarek«, begrüßte sie ihren Gemahl. Sowohl ihre hörbare als auch ihre mentale Stimme waren voller Wärme und Herzlichkeit, als sie ihm eine Hand entgegenstreckte.
»Ich grüße dich, meine Frau«, sagte der Botschafter und gestattete sich das feine Lächeln, das nur für sie bestimmt war. Sie berührten sich gegenseitig mit zwei Fingern. Diese rituelle Geste, die in körperlicher Hinsicht so simpel wirkte, konnte zwischen einem innerlich verbundenen Paar unendliche Nuancen der Bedeutung annehmen. Manchmal war sie nur eine beiläufige Bestätigung, die mentale Entsprechung eines flüchtigen Kusses auf die Wange, und manchmal war sie fast so überwältigend wie die Leidenschaft des Pon Farr. Sareks Berührung übermittelte eine Vielfalt an Gefühlen, die der Botschafter niemals aussprach, denn unter Vulkaniern war es nicht üblich, Gefühle in Worte zu fassen.
»Ist es draußen kühl geworden?«, fragte Amanda und blickte wieder hinaus in ihren Garten, den sie kurz nach Spocks Geburt angelegt hatte. Ungewöhnlich geformte und gefärbte Steine ergänzten die kaktusartigen Bäume von Vulkan und die Wüstenpflanzen von einem Dutzend Planeten der Föderation.
»Die Temperatur ist für die Jahres- und Tageszeit normal«, antwortete Sarek.
»Ich wollte auf die Terrasse gehen und mich zu dir gesellen«, sagte Amanda, ohne den Blick vom Garten abzuwenden, »aber dann bin ich offenbar eingeschlafen. Ich wachte erst wieder auf, als ich deine Anwesenheit im Nebenzimmer spürte.«
Sarek setzte sich neben sie und betrachtete ihr Gesicht. Beunruhigt stellte er fest, wie abgespannt und blass sie aussah. Und sie ermüdete in letzter Zeit so schnell …
Besorgt aktivierte der Vulkanier die Leuchtkörper des Raumes und studierte dann aufmerksam das Gesicht seiner Frau. Auch ohne das unheimliche Licht des Wächters wirkte Amanda ausgezehrt und blass. Auf ihren Wangen, die einmal so voll und gesund gewesen waren, war nun keine Spur von Rosa mehr.
Als sie seinen konzentrierten Blick bemerkte, wandte sie ihre blauen Augen ab. Sie verschraubte andächtig ihren altmodischen Füllfederhalter, schloss ihr Tagebuch und legte es in eine Schublade ihres Schreibtisches zurück.
Sarek beugte sich näher zu ihr herüber, ohne ihr Antlitz aus den Augen zu lassen. »Amanda«, sagte er leise, »ich habe bemerkt, dass du offenbar an Gewicht verloren hast … Geht es dir nicht gut, meine Frau?«
Sie hob die abgemagerten Schultern zu einem schwachen Achselzucken. »Ich vermute, ich habe mich ein wenig erkältet, Sarek. Bitte mach dir keine Sorgen um mich. Es besteht kein Grund zur Beunruhigung.«
Der Botschafter schüttelte den Kopf. »Ich möchte, dass du T'Mal anrufst und einen Termin mit ihr vereinbarst, damit sie eine gründliche Untersuchung deines körperlichen Zustandes durchführen kann.«
Amanda warf ihm einen kurzen Blick zu, wandte ihre Augen jedoch sofort wieder ab. »Ich brauche nur ein paar Tage Ruhe, Sarek. Es besteht kein Anlass für mich, einen Arzt aufzusuchen.«
»Bitte überlasse es der Heilerin, ein solches Urteil zu fällen«, sagte Sarek. »Versprich mir, dass du dich baldmöglichst mit ihr in Verbindung setzt.«
Sie atmete tief durch, und Sarek spürte durch ihre Verbindung, dass sie versuchte, eine starke Gefühlsempfindung vor ihm zu verbergen. »Ich habe in dieser Woche noch sehr viel Arbeit vor mir«, wandte sie ein. »Meine Verlegerin will die Veröffentlichung des neuen Buches auf einen früheren Termin vorziehen. Sie hat mir heute mitgeteilt, dass ein sehr großes Interesse an der Übersetzung der Schriften von Suraks Anhängern besteht.«
»Tatsächlich?«
»Ja«, sagte Amanda und lebte bei diesem Thema sichtlich auf. »Als ich ihr erzählte …«
»Amanda«, unterbrach Sarek sie mit erhobener Hand, »du lenkst das Gespräch bewusst auf ein anderes Thema. Glaube nicht, ich würde es nicht bemerken.«
Seine Frau öffnete den Mund, um zu protestieren, schloss ihn dann wieder und starrte angestrengt auf ihre Hände. Sareks Besorgnis wuchs. Amanda schien innerhalb weniger Wochen um Jahre gealtert zu sein.
»Ich bedaure es, dich morgen früh verlassen zu müssen«, sagte Sarek. »Ich muss mich auf der Erde mit dem vulkanischen Konsulat beraten und dann um eine Unterredung mit dem Präsidenten der Föderation ersuchen. Es würde mir helfen, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren, wenn ich wüsste, dass T'Mal sich um deine Gesundheit kümmert, solange ich nicht bei dir sein kann.«
»Du gehst fort?«, fragte Amanda. Dabei schien ein Schatten über ihre Augen zu fallen. Sarek versuchte, ihre Gefühle zu ergründen, doch sie hatte die vulkanische Mentaldisziplin genauso wie die vulkanische Sprache schon vor Jahrzehnten erlernt, so dass er keinen Erfolg hatte. »Wie … wie lange wirst du fort sein?«
»Ein oder zwei Wochen«, erwiderte der Botschafter. »Wenn ich die Angelegenheit hinausschieben könnte, würde ich es tun, angesichts deiner gesundheitlichen Probleme. Aber ich kann es nicht. Was die IGEM betrifft, hat sich die Lage auf der Erde in den vergangenen Wochen zusehends verschlimmert.«
»Ich weiß«, sagte Amanda. »Ich schäme mich für meinen Heimatplaneten. Die ›Interessengemeinschaft Erde den Menschen‹ schien zunächst nur ein Sammelbecken für unfähige Spinner und unverbesserliche Dummköpfe zu sein. Doch in den heutigen Nachrichten wurde gemeldet, dass es vor dem vulkanischen Konsulat in Paris eine Demonstration gab! So etwas macht mich rasend!« Einen Moment lang blitzten ihre Augen vor Entrüstung saphirgrün, und sie schien ihr früheres Temperament wiedergefunden zu haben. »Diese Narren versuchen den ganzen Planeten davon zu überzeugen, dass Vulkan für jedes Problem – von den Verwüstungen durch die Sonde bis zu den klingonischen Übergriffen entlang der Neutralen Zone – verantwortlich ist!«
»Die IGEM scheint wirklich die Absicht zu verfolgen, Zwietracht zwischen deinem und meinem Volk zu säen«, sagte Sarek. »Von Zwischenfällen im Zusammenhang mit den Konsulaten der Andorianer oder Tellariten ist mir nichts bekannt.«
»Glaubst du, dass die plötzliche Renaissance der IGEM etwas mit Valeris' Verstrickung in die geheime Intrige zu tun haben könnte?«, fragte Amanda.
»In den terranischen Nachrichten wurde viel deutlicher auf die Rolle der vulkanischen, klingonischen und romulanischen Verschwörer als auf die Aktivitäten von Admiral Cartwright oder Colonel West hingewiesen, nachdem das Attentat auf Kanzler Gorkon verübt und die Khitomer-Konferenz unterbrochen wurde«, gestand Sarek ein. »Angesichts der Umstände ist das bedauerlich, aber nicht überraschend.«
Seine Frau betrachtete ihn aufmerksam. »Sarek … hat die Wiederbelebung der ›Interessengemeinschaft Erde den Menschen‹ irgend etwas mit deiner neuen Mission zu tun?«
Sarek lehnte sich im Sessel zurück und blickte durch das Fenster auf T'Rukh, dessen oberes Segment jetzt im Schatten lag. Der Botschafter schwieg fast eine Minute lang, bevor er sprach. »Ich bin in letzter Zeit zu einer Reihe von Schlussfolgerungen gelangt, Amanda«, sagte er. »Und es haben sich einige Verdachtsmomente erhärtet. Allerdings habe ich für meine Theorie keinen Beweis, der über spekulative Indizien hinausgeht. Ich brauche konkrete Beweise, bevor ich mit meinen Vermutungen vor die offiziellen Vertreter der Föderation treten kann.«
»Und deshalb willst du zur Erde? Um an Beweise zu gelangen?«
»Ja«, sagte der Botschafter. »Falls das möglich ist«, schränkte er ein.
»Ich verstehe.« Amandas Lippen wurden hart, doch sie fragte nicht weiter – was Sarek fast noch mehr beunruhigte als ihr körperlicher Zustand. Unter normalen Umständen hätte seine Frau niemals so schnell aufgegeben. Sie hätte nicht locker gelassen, bis sie ihre Neugier befriedigt hatte. Doch jetzt lehnte sie sich erschöpft mit dem Kopf gegen ihren Sessel und blickte schweigend mit halb geschlossenen Augen auf den Wächter.
Sarek stockte der Atem in der Kehle, als er sie so sah. Und jetzt konnte er das Gefühl identifizieren, das immer stärker in ihm geworden war, seit er diesen Raum betreten hatte.
Angst.
»Amanda«, sagte er und versuchte, jede Spur eines Gefühls aus seiner Stimme herauszuhalten. »Ich bestehe darauf, dass du die Heilerin anrufst und einen Termin mit ihr vereinbarst. Wenn du es mir nicht versprichst, werde ich meine Abreise um einen Tag verschieben und es persönlich tun.«
Als sie ihn ansah, spürte er ihre tiefen Gefühle. Es war Sorge – aber nicht um sich selbst. Amandas Kummer galt ihrem Mann. »Also gut, Sarek«, erklärte sie sich schließlich einverstanden. »Ich gebe dir mein Wort, dass ich noch diese Woche einen Termin vereinbaren werde.«
»Du wirst morgen anrufen?«
»Ja.«
Der Botschafter atmete tief durch. Er empfand Erleichterung, aber immer noch ein wenig Beunruhigung. »Vielleicht sollte ich jemanden kommen lassen, der in deiner Nähe ist, solange ich fort bin«, sagte er. »Einen deiner Freunde …« Er überdachte schnell die Möglichkeiten und erkannte, dass die meisten menschlichen Bekannten seiner Frau in den letzten Jahren gestorben waren. »Eine andere Möglichkeit wäre unser Sohn. Vielleicht könnte er Urlaub nehmen und zu einem Besuch nach Hause kommen, wenn ich ihn …«
»Nein!« Amandas Erwiderung war scharf und duldete keinen Widerspruch. »Ich will nicht, dass unser Sohn damit belastet wird. Es gab in letzter Zeit immer wieder Angriffe durch abtrünnige Klingonen an der Neutralen Zone, und ich bin sicher, dass die Enterprise eines der Schiffe ist, die dort Patrouille fliegen.«
»Wenn Spock wüsste, dass es dir nicht gut geht …«
»Das kommt nicht in Frage«, sagte sie in ruhigerem, aber noch entschlossenerem Tonfall. »Ich möchte, dass du in dieser Angelegenheit meine Wünsche respektierst, mein Gemahl«, fügte sie ernst hinzu.
Sarek zögerte. Amanda fixierte ihn mit strengem Blick. »Mein Versprechen gegen deins, Sarek. Gilt die Abmachung?«
Der Botschafter nickte. »Also gut, Amanda. Du wirst die Ärztin benachrichtigen, und ich werde unseren Sohn nicht benachrichtigen.«
Sie erwiderte sein Nicken. Ihre blauen Augen wurden sanfter, bis sie die Farbe des Himmels ihrer Heimatwelt hatten. »Ich wünsche dir eine sichere Reise, Sarek«, sagte sie und fügte dann mit einem schwachen, zärtlichen Lächeln hinzu: »Was immer du vorhast … sei vorsichtig. Vergiss niemals, dass ich dich liebe … auf völlig verrückte und unlogische Weise. Vergiss das niemals!«
Der Vulkanier blickte ihr fest in die Augen. Langsam und feierlich hob er zwei Finger. »Ich werde vorsichtig sein, meine Gemahlin.«
Sie beantwortete die Geste, indem sie über seine Finger strich und dann die ihren an seine legte. Die Wärme ihrer Verbindung umfasste sie beide und machte jedes weitere gesprochene Wort überflüssig.
Sarek von Vulkan stand am Fenster des vulkanischen Konsulats in San Francisco und blickte nach draußen. Seine Unruhe wuchs. Die heutige Demonstration der ›Interessengemeinschaft Erde den Menschen‹ hatte mit einigen wenigen Fanatikern begonnen, von denen manche selbstgefertigte Plakate und andere Holo-Transparente trugen. Doch bereits während der kurzen Zeit, die er am Fenster gestanden hatte, waren es deutlich mehr geworden.
Mittlerweile drängte sich eine beachtliche Menge vor dem Eingang. Sareks empfindliches vulkanisches Gehör konnte mühelos wahrnehmen, was sie skandierten: »DIEERDEDENMENSCHEN! DIEERDEDENMENSCHEN!« und dazwischen gelegentlich ein schrilles »VULKANIERRAUS!«
»Unlogisch«, murmelte eine Stimme hinter seinem Rücken. Als der vulkanische Botschafter sich umsah, entdeckte er seinen jungen Assistenten Soran, der mit besorgtem Blick neben ihn trat. »Letztes Jahr hielt man die ›Interessengemeinschaft Erde den Menschen‹ für ein Sammelbecken geistig minderbemittelter Rassisten. Ich habe Nachforschungen angestellt … Die Organisation hatte höchstens fünfzig Mitglieder auf dem gesamten Planeten. Doch jetzt geht die Sicherheitsabteilung der Föderation von einer Anhängerschaft von mehreren Tausenden aus. Wie konnte es zu diesem plötzlichen Anstieg kommen, Botschafter?«
Sarek zögerte. Er hätte beinahe eine unbestimmte Antwort gegeben, doch dann schüttelte er statt dessen langsam und warnend den Kopf.
»Botschafter Sarek?«
Die zwei Vulkanier drehten sich gleichzeitig um, als Surev, einer der jungen diplomatischen Attachés, sich näherte. Vor einigen Minuten hatte der junge Vulkanier den Botschafter gefragt, ob er einen Augenblick für ihn erübrigen könnte, weil er ihm gerne einen befreundeten Menschen vorstellen wollte. Sarek hatte zugestimmt. Nun jedoch wirkte Surevs faltenloses Gesicht noch betrübter als gewöhnlich. »Botschafter, ich glaube, wir müssen das Treffen, von dem ich sprach, absagen.«
»Warum?«
»Ich habe gerade ein Kommuniqué von der Sicherheitsabteilung der Föderation erhalten«, teilte er Sarek mit. »Der Sicherheitschef Watkins bittet darum, dass wir im Gebäude bleiben, bis man geeignete Leute geschickt hat, die die Menge kontrollieren können. Es ist nicht sicher genug, um nach draußen zu gehen, und Sie sollten sich auf keinen Fall mit dem Anführer der IGEM treffen, Botschafter.«
Sarek hob fragend eine Augenbraue. »Hat die Organisation um ein solches Treffen ersucht?«
Soran räusperte sich leise. »Das hat sie in der Tat, Botschafter«, sagte er. »Vor wenigen Minuten erhielten wir eine Nachricht von den Demonstranten.«
»Warum wurde ich nicht darüber informiert?«, wollte der Botschafter wissen und drehte sich zu Soran um. Sein Assistent war offensichtlich über diese Frage erstaunt.
»Botschafter, ich hätte niemals vermutet, dass Sie einer Forderung nach einem solchen Treffen nachgeben könnten; dies wäre äußerst unklug, möglicherweise sogar gefährlich.« Soran klang ziemlich bestürzt, was Sarek ihm jedoch nicht übelnahm. Doch sein Assistent wusste bis jetzt noch nichts vom geheimen Vorhaben des Botschafters. Sarek beschloss, ihn noch heute einzuweihen. Er brauchte Unterstützung, wenn er zu seiner nächsten Reise aufbrach. Außerdem konnte der junge Mann sehr gut mit Computern umgehen. Darin war er fast genauso geschickt wie Sareks Sohn. Derartige Fähigkeiten würden sich als sehr nützlich erweisen.
»Wer hat um das Treffen gebeten?«, fragte Sarek.
»Der Anführer der IGEM auf diesem Planeten«, sagte Surev. »Sein Name oder zumindest der Name, unter dem er in der Organisation auftritt lautet Induna. Er stammt aus der Region Kenia in Afrika.«
Sarek blickte wieder aus dem Fenster. Surev zeigte auf einen Menschen, der die anderen fast um einen Kopf überragte. »Das ist Induna«, sagte er.
Der vulkanische Botschafter studierte die imposante Gestalt eines dunkelhäutigen Menschen, der einen schwarz-rot gemusterten Seidenumhang trug. »Ich werde mit ihm sprechen«, sagte er, als er zu einer Entscheidung gelangte. Er brauchte mehr Informationen über die IGEM, und es ging nichts über Beobachtungen aus erster Hand.
»Botschafter das dürfen Sie nicht tun! Es ist zu gefährlich!« Soran trat ihm halbherzig in den Weg und versuchte, seine Fassung zu wahren. Der Botschafter legte ein äußerst ungewöhnliches Verhalten an den Tag.
Sarek blickte ihm einen Moment lang in die Augen. Soran zögerte und gab schließlich widerwillig den Weg frei. Surev deutete eine Verbeugung an. »Dürfte ich Sie zumindest bis zum Eingang begleiten, Botschafter?«
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