Star Trek: Zeit für Gestern - Ann C. Crispin - E-Book

Star Trek: Zeit für Gestern E-Book

Ann C. Crispin

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Beschreibung

Eine Zeitreise hat für Spock sehr persönliche Folgen ...

Entgegen aller Berechnungen wird ein Stern des Alpha-Centauri-Systems plötzlich instabil. Er bläht sich zu einem roten Riesen auf und verschlingt den Planeten Kent und dessen terranische Siedler. Auch andere Sterne der Galaxis zeigen plötzlich Anzeichen für Instabilität. Grund ist der Planet Gateway, auf dem die mächtige Wesenheit Der Wächter der Ewigkeit lebt. Er ermöglicht Zeitreisen und stört damit das Raum-Zeit-Kontinuum. Admiral James Kirk erhält den Auftrag, Kontakt mit dem Wächter aufzunehmen.

Schon knapp 15 Jahre zuvor sind Kirk, Spock und McCoy auf Gateway in die Vergangenheit gereist, um den Planeten Sarpeidon zu retten. Und für Spock hatte das sehr persönliche Folgen.

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Entgegen allen astrophysikalischen Berechnungen wird ein Stern des Alpha-Centauri-Systems plötzlich instabil. Er bläht sich auf zu einem Roten Riesen, verschlingt den Planeten Kent samt der terranischen Kolonie. Doch auch andere Sterne der Galaxis zeigen plötzlich Instabilität.

Ursache für diese dramatische Veränderung sind Störungen im Raum-Zeit-Gefüge, die von dem Planeten Gateway ausgehen. Und dort existiert jene geheimnisvolle Wesenheit, die sich »Wächter der Ewigkeit« nennt. Admiral James Kirk erhält den Auftrag, Kontakt mit dem Wächter aufzunehmen. Dazu erhält er auch das Kommando über die Enterprise zurück.

A. C. CRISPIN

ZEIT FÜR GESTERN

Star Trek™

Classic

Historische Anmerkung:

Prolog

Der Zweite Kriegskommandeur Cletas wanderte nervös vor dem bewachten Arbeitszimmer des Sovren auf und ab. Bei jedem Schritt quietschten die nassen Stiefel. Selbst durch die dicken Mauern der Festung hörte er dumpfes Donnergrollen und das wütende Prasseln des Regens. Wasser bildete große dunkle Flecken an seinem grauen Mantel und tropfte zu Boden, doch Cletas achtete gar nicht darauf – er war zu müde, zu erschöpft und zu besorgt.

Fackeln steckten in Wandhalterungen, und ihre Flammen zitterten im Luftzug, als die Tür aufschwang und Voba, Adjutant des Sovren, in den Korridor sah. »Du kannst jetzt zu ihm«, flüsterte er und kam in den Flur. »Ingev und Reydel haben gerade berichtet, welche Reichweite wir von den neuen – wie nennt man sie? – Katapulten erwarten können.«

Voba war klein und zierlich, hatte rötliches Haar und eine fast komisch wirkende dicke Nase. Cletas winkte ihn zu sich. »Wie geht es ihm heute Abend?«, fragte er so leise, dass ihn nur der Adjutant hörte.

Der drahtige kleine Mann zuckte mit den Schultern. »Die Feuchtigkeit setzt seinem Bein zu«, raunte er. »Wie dem auch sei: Stimmt es, was man sich erzählt? Hat die Hohepriesterin der Danreg prophezeit, dass er …«

Cletas brachte Voba mit einem durchdringenden Blick zum Schweigen und wusste: Seine Weigerung, Antwort zu geben, wurde bestimmt als Bestätigung interpretiert. Der Adjutant errötete verärgert und bedeutete den Wächtern, die Tür zu öffnen.

Cletas betrat das Arbeitszimmer, eine kleine, gemütliche Kammer im Vergleich mit dem Rest der Festung. Sein leerer Magen knurrte und verkrampfte sich dann voller Sorge. Als sich die drei am langen, mit Einlegearbeiten verzierten Tisch umwandten, verkündete Voba in einem formellen Tonfall: »Der Zweite Kriegskommandeur Cletas bittet um eine Audienz, Herr.«

»Mir scheint, Cletas sollte statt dessen um ein Bad und eine warme Mahlzeit bitten«, erwiderte der Sovren und verzog die Lippen zu einem schiefen Lächeln. »Komm herein und leg den Mantel ab! Sonst wird mein Teppich nass.«

Cletas streifte den feuchten Stoff von den Schultern, nickte Ingev und Reydel zu, dem Ersten und Zweiten Waffenkommandeur, als er über die Dielen schritt und dabei dem blauen Läufer auswich. Vor dem Tisch sank er auf ein Knie und neigte den Kopf. »Euer Gnaden.«

»Lass uns keine Zeit mit Förmlichkeiten vergeuden«, sagte der Sovren sanft und hob eine gewölbte Braue. »Setz dich. Voba soll dir helfen, die Stiefel auszuziehen. Ich habe gehört, wie sie im Korridor quietschten.«

Als der Adjutant an den Füßen des Zweiten Kriegskommandeurs zerrte, sah der Sovren wieder die beiden anderen Offiziere an. »Die neuen Modelle haben also fast die doppelte Reichweite?«, vergewisserte er sich. »Und wie groß dürfen die Steine sein?«

»Die geringste Größe der Wurfschüssel entspricht der von zwei Helmen, Herr«, entgegnete Ingev. »Der maximale Durchmesser beträgt einen halben Meter. Nun, je schwerer die Steine, desto geringer die Reichweite. Etwa vierhundertfünfzig Meter, wenn die Geschosse mehr als fünfundzwanzig Kilo wiegen.«

»Gut. Stützt die Böschungen der Transportpfade mit Streben ab. Außerdem muss die Entwässerung überprüft werden.«

»Ja, Herr«, murmelten Ingev und Reydel. Sie rollten ihre Pergamentlisten und Zeichnungen zusammen.

»Voba, bitte besorg dem Zweiten etwas zu essen«, sagte der Sovren zu seinem Adjutanten, als Cletas am Tisch Platz nahm. »Kommandeur Ingev … Hast du genug Truppen und Vykare, um die sechs Katapulte in Stellung zu bringen?«

Ingev – ein kleiner, untersetzter Mann mit krummen Reiterbeinen – wechselte einen kurzen Blick mit dem hochgewachsenen und blonden Zweiten Waffenkommandeur. »Wir könnten noch einmal hundertzwanzig Soldaten gebrauchen, Euer Gnaden. Zwanzig für jede Schleuder.«

»Na schön. Cletas, stell Kommandeur Ingev hundertzwanzig Kämpfer deiner Hilfstruppen zur Verfügung. Die meisten von ihnen haben sicher Zeit genug, zu ihren Abteilungen zurückzukehren. Die Katapulte nützen uns nur etwas, während der Feind den Rotufer überquert – bevor die Schlacht beginnt.«

Cletas widerstand der Versuchung, eine Grimasse zu schneiden, aber die aufmerksamen grauen Augen ihm gegenüber bemerkten sein Zögern – ihnen entging nichts. »Wie du befiehlst, Herr«, sagte er steif.

Ingev und Reydel standen auf. »Ist das alles, Herr?«

»Ja.« Der Sovren nickte und verabschiedete die beiden Männer mit einer freundlichen Geste. »Ruht euch aus.«

Als ihre Schritte draußen im Flur verklangen, drehte sich Cletas zum Sovren um und protestierte. »Hundertzwanzig Infanteristen, Euer Gnaden! Das ist eine ganze Kompanie. Vielleicht verliere ich noch mehr, wenn sie nicht zurückkehren. Und ihre Aufgabe? Sie sollen Karren schieben, die Wagen mit den …« Er unterbrach sich, als er begriff, dass sein Verhalten an Auflehnung grenzte. »Warum, Herr?«

»Weil wir nur mit den Katapulten eine verheerende Niederlage vermeiden können, mein Freund. Möglicherweise sind wir damit imstande, die Angreifer zumindest aufzuhalten. Angesichts der zahlenmäßigen Überlegenheit des Feindes wage ich gar nicht an einen Sieg zu denken.« Der Sovren strich sich über den schwarzen Bart, und sein schmales Gesicht wirkte sehr ernst. Graue Augen musterten Cletas mit intensiver Aufmerksamkeit. »Unsere Konstruktionen sind den Asyri, Kerren und Danreg völlig unbekannt. Wenn Felsen auf ihre Horden herabregnen, so werden sie von einem Entsetzen erfasst, das noch mehr Schaden anrichtet als die Steine.«

»Aber bist du sicher, dass die Apparate während eines Kampfes funktionieren? Man hat sie nie zuvor eingesetzt …«

»Ganz im Gegenteil. Sie wurden häufig verwendet, aber nicht hier und nicht jetzt. Keine Sorge. Sie erfüllen ihren Zweck. Habe ich mich jemals geirrt?«

Müde und resigniert fuhr sich Cletas mit der einen Hand durch sein meliertes Haar, dachte dabei an die vielen Veränderungen, die der Sovren im Verlauf von zwanzig Jahren bewirkt hatte. Neue Methoden des Zählens und Messens, sogar des Sprechens und Lesens … Lampen, Entwässerungssysteme, Schulen für die Kinder. Wir spannen Vykare nicht mehr nur vor Karren, sondern reiten auch auf ihnen. Bessere Rüstungen. Eisen anstatt der weicheren, leichter zu bearbeitenden Bronze …

»Nein, Euer Gnaden«, räumte er ein. »Du hast dich nie geirrt. Und doch …« Er lächelte reumütig. »Ich wünschte, wir müssten die Katapulte nicht in einer Schlacht testen, die vielleicht für uns beide das Ende bedeutet. Wenn dir schließlich doch ein Fehler unterlaufen ist, so möchte ich auf keinen Fall die Gelegenheit zu einem ›Ich hab's gewusst!‹ versäumen.«

Diesmal lächelte der Sovren ganz offen, was nur selten geschah. »Ich verspreche dir, an deinen Wunsch zu denken.« Er entrollte eine Karte aus Pergament, und seine langen Finger bewegten sich dabei mit typischem Geschick. »Hast du die Meldungen deiner Spione entgegengenommen, oder sind sie unterwegs alle ertrunken?«

»Ich habe mit ihnen gesprochen, Herr«, sagte Cletas. »Die Situation ist praktisch unverändert. Heldeon von Danreg-Furt hat sein Lager am Nordhang des Großen Weißen aufgeschlagen. Heute Nachmittag empfing er dort Kriegskönigin Laol und Rorgan Todeshand. Zwei Stunden lang sprachen sie miteinander, kehrten dann zu ihren Truppen zurück.

Nach den Auskünften meiner Informanten wurden während der Beratungen drei Spione entdeckt, wodurch es zu gegenseitigen Vorwürfen kam. Doch nach kurzer Zeit beruhigten sich die drei Anführer wieder, tranken Wein und brachen Brot, wie gute Freunde. Trotz des Regens starrten sie gierig auf Neu-Araen hinab.«

Das Gesicht des Sovren zeigte die übliche Ausdruckslosigkeit, aber Cletas bemerkte, wie die Schultern ein wenig nach unten sanken. »Wir können also nicht einmal hoffen, dass sich einige von ihnen gegenseitig die Kehle durchschneiden, bevor die anderen über uns herfallen«, brummte er bitter. »Durch den Regen ist die Moortor-Ebene so weich, dass der Gegner nicht einmal Schaufeln braucht, um Gräber für uns auszuheben. Vorausgesetzt, er hat überhaupt den Anstand, uns zu begraben, was ich bezweifle.«

Cletas nickte. Er konnte das Prasseln des Regens nicht mehr hören, aber der Mann vor ihm vernahm es nach wie vor. »Wenn es auch weiterhin so gießt, wird unsere Lage noch schlimmer. Dann können die Soldaten nicht marschieren, die Katapulte nicht rollen. Dann bleibt unsere Kavallerie im Schlamm stecken.«

»Zwei Tage mit Sonnenschein sind nötig, um den Boden zu trocknen.«

»Ja«, bestätigte Cletas und blickte kummervoll auf den Teller mit schmackhaftem Eintopf, den Voba vor ihm abgestellt hatte. Geistesabwesend griff er nach einem rötlichen Stück Brot und knabberte daran. »Vielleicht müssen wir auf Flankensicherung durch die Reiterei verzichten. Nach all dem Exerzieren …« Er seufzte. »Yarlev, Kommandeur der Vykar-Truppen, bricht bestimmt in Tränen aus.«

Der Sovren ignorierte den gutmütigen Spott und sah den Zweiten an. »Das Treffen mit deinen Spionen und Spähern …«, sagte er. »Was ergab sich dabei? Etwas belastet dich. Ich habe es sofort gespürt, als du hereingekommen bist.«

Cletas schauderte. Nicht zum ersten Mal nahm der Sovren Dinge wahr, die Cletas lieber für sich behalten hätte. Manchmal erschreckte ihn die Erkenntnis, dass sich dieser Mann nicht nur in physischer Hinsicht vom Volk seiner Wahlheimat unterschied, sondern auch im Innern. Er dachte anders, auf eine Weise, die Cletas nicht erklären konnte. Ihm offenbarten sich Gedanken und Gefühle, und manchmal erahnte er auch nahen Tod.

»Entschuldige, Freund«, fügte der Sovren ruhig hinzu. »Habe ich dich erneut erschüttert? Inzwischen solltest du daran gewöhnt sein. Nun, was ist mit dem Rest deines Berichts? Führt der Rotufer noch immer Hochwasser? Hat die Hohepriesterin der Danreg bereits das Kampforakel verkündet? Wann brechen unsere Feinde auf?«

»Nein«, schnaufte Cletas. »Sie hat das Kampforakel noch nicht bekanntgegeben. Und wir wissen, dass Heldeons Truppen – derzeit gehören auch Rorgan Todeshands Asyri und Laols Clan-Kerren dazu – nicht ohne eine derartige Proklamation in die Schlacht ziehen. Was den Fluss betrifft … Nach den Angaben meiner Informanten zu urteilen, kann der Feind den Rotufer frühestens in zwei Tagen überqueren. Ich halte drei Tage für wahrscheinlicher.«

Der Sovren beobachtete den Zweiten, als Cletas Bratensaft aufs Brot strich. »Was ist heute passiert? Voba weiß ebenfalls etwas, obgleich er versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Nun?«

Cletas biss ab und kaute, während er verzweifelt nach taktvollen Worten suchte. Wenn er zunächst den Plan schilderte, den er entwickelt hatte – vielleicht wirkte dann nicht alles so … endgültig. Der Zweite Kriegskommandeur schluckte und trank einen Schluck Rochab-Wein. »Die Hohepriesterin Wynn dient nicht nur der Göttin, sie ist auch Heldeons Tochter«, begann er.

»Und?«

»Vor zwei Jahren, bei einem Überfall der Asyri, verlor sie Mann und Kind. Man kann sie nicht mehr als junges Mädchen bezeichnen, aber sie ist keineswegs zu alt für eine Schwangerschaft … Es heißt, der Vater schätzt ihren Rat noch mehr als den der Stammesoberhäupter. Sie soll recht attraktiv sein: groß und …«

»Ich wiederhole: und?« Die Stimme des Sovren klang nun scharf, und in seinen Augen blitzte es. Cletas zuckte unwillkürlich zusammen, als ihm Zorn entgegenflutete. »Erklär mir, was das alles mit dem Kampforakel zu tun hat, verdammt!«

»Herr …« Cletas erwiderte den Blick der fast farblosen Augen und gab die Zurückhaltung auf. »Fast zwanzig Jahre sind vergangen, seit die Lady Araen – möge die Göttin ihrer Seele gnädig sein – hinter den Letzten Schleier trat. Wenn du möchtest, könnte es eine Staatsangelegenheit sein, keine wahre Ehe! Bitte zieh es in Erwägung, Euer Gnaden. Bitte!«

»Wenn ich deinen Vorschlag richtig verstehe, Cletas, so weise ich ihn mit aller Entschiedenheit zurück.« Die Züge des Sovren verhärteten sich und bekamen dadurch etwas Fratzenhaftes. »Wenn ich deine anscheinend zusammenhanglosen Bemerkungen falsch gedeutet habe, so solltest du sie besser erläutern.«

»Es geht mir um folgendes, Herr: Wenn die Hohepriesterin Wynn entführt wird, bevor sie das Kampforakel verkündet – dann entsteht Verwirrung bei den Danreg. Dann weigern sich die Truppen vielleicht, aufs Schlachtfeld zu ziehen.«

Eine erstaunte Braue wölbte sich nach oben. »Hmm … Das klingt weitaus logischer als alles, was ich vom Rat hörte. Hältst du es für möglich, dass eine kleine Gruppe so etwas bewerkstelligen könnte?«

»Ich bin bereit, sie selbst anzuführen, Euer Gnaden«, sagte Cletas. »Heute Nacht.« Er holte tief Luft. »Doch das ist nur der erste Teil meines Plans, Herr. Wenn sich die Frau in dieser Festung befindet, sind wir vielleicht imstande …« Er zögerte und wählte die nächsten Worte mit großer Sorgfalt. »Dann sind wir vielleicht imstande, vernünftig mit ihr zu reden. Sie davon zu überzeugen, dass ein Bündnis durch Heirat unseren beiden Völkern zum Vorteil gereicht. Brautraub ist bei den Danreg nicht unüblich, und sie finden sich bestimmt damit ab, wenn er einer ehrenwerten Heirat gilt.«

Der Sovren stand ruckartig auf und kehrte dem Zweiten Kriegskommandeur den Rücken zu. Cletas fuhr hartnäckig fort: »Heldeons Volk achtet die Bluts- und Eheverwandtschaft so sehr, dass es niemals gegen Verwandte kämpfen würde. Wenn du jene Frau dazu bringst, durch ein Handbinden-Ritual deine Partnerin zu werden … Dann wäre es durchaus möglich, dass Heldeon beschließt, auf unsere Seite zu wechseln. Zumindest zieht er seine Truppen zurück, um die Sünde zu vermeiden, das Schwert gegen Eheverwandte zu erheben.«

Als Cletas schwieg, schritt der Sovren auf und ab. Selbst sein Hinken – ein Speer hatte sich ihm vor Jahren in den linken Oberschenkel gebohrt – täuschte nicht über den Ärger hinweg, der in allen Bewegungen zum Ausdruck kam. »Hat dich der Rat beauftragt, mir so etwas vorzuschlagen?«, stieß er hervor. Das Gesicht glich noch immer einer Maske, doch das Funkeln in den Augen ließ Cletas erschauern. Er wusste, dass er eine alte und noch immer tief schmerzende Wunde aufgerissen hatte.

»Nein, Herr«, erwiderte er und zwang sich dazu, dem Blick des Regenten standzuhalten. »Mein Plan ermöglicht es uns vielleicht, Neu-Araen zu retten. Nur daran denke ich. Und an den Umstand, dass du zu lange allein gewesen bist. Neunzehn Jahre …« Er zögerte einmal mehr, und seine Gedanken kehrten zu Marya zurück, zu Sohn und Tochter. Er versuchte, sich ein Leben ohne sie vorzustellen. »Niemand sollte so lange allein sein.«

»Einmal habe ich sieben Jahre in völliger Einsamkeit verbracht«, entgegnete der Sovren knapp. »Auch damit bin ich fertig geworden.« Er legte die Hände auf den Rücken und stand vor einem Bild an der Wand, das er selbst gemalt hatte, vor zwei Jahrzehnten, beim Bau der Festung. Cletas fand die seltsame Darstellung rätselhaft: Sterne, eine ausgestreckte Hand unter einem seltsamen, scheibenförmigen Etwas. Einmal hatte er den Regenten nach der Bedeutung des Gemäldes gefragt, und die Antwort lautete: »Es ist eine Botschaft für jemanden, der erst noch geboren werden muss.«

Es fiel dem Zweiten Kriegskommandeur schwer, sich wieder auf das Hier und Heute zu konzentrieren – den Sternen haftete etwas Hypnotisches an. Es waren nicht nur weiße Punkte und Flecken, so wie am Nachthimmel; vielmehr sahen sie wie kleine bunte Kugeln aus, die verstreuten Edelsteinen gleich auf schwarzem Samt ruhten. Solche Sterne hatte Cletas nie gesehen.

»Bitte erwäge meinen Plan wenigstens, Herr. Er könnte den Tod vom Lakreo-Tal fernhalten. Wäre die Ehe ein zu hoher Preis für unser Überleben? Heldeon hat fast achttausend Soldaten, und wenn er sich mit uns verbündet …«

Der Sovren seufzte und drehte sich um. Eine tiefe Erschöpfung, die nicht nur den Körper betraf, umhüllte ihn, warf einen Schatten auf das wie gemeißelte Gesicht unter dem dichten schwarzen Haar. »Nun gut, Cletas. Ich denke über den zweiten Teil deines Plans nach – wobei ich von der Annahme ausgehe, dass es dir heute Nacht gelingt, die Frau zu entführen.«

»Danke, Euer Gnaden.«

»Aber bist du sicher, dass sie noch nicht das Kampforakel proklamiert hat? Der Dritte Kriegskommandeur Trebor Damas erwähnte eine Zeremonie, die am Hang stattfand, und angeblich sprach dabei die Hohepriesterin.«

Cletas seufzte. Jetzt ist es soweit. Ich hätte wissen sollen, dass ich es nicht vor ihm verbergen kann. »In Hinsicht auf das Orakel besteht kein Zweifel, Herr. Aber die Hohepriesterin hielt tatsächlich eine Ansprache und erzählte von einer Vision, die dich betrifft.«

Der Sovren hob amüsiert die Brauen. »Mich? Und welchen Ruf genießt die Lady Wynn in diesem Zusammenhang?«

»Ihre Prophezeiungen haben sich immer erfüllt, Herr«, murmelte Cletas und senkte den Kopf.

»Du siehst aus, als sei deine beste Jagdkatze gestorben. Was ist los? Was hat die Frau gesagt?«

Der Zweite Kriegskommandeur sammelte seine ganze Kraft und begegnete dem Blick der müden grauen Augen. »Sie sagte: ›Nur wenn der Hinkende als Geheilter schreitet, nur wenn jener, der beim Kampf tödlich verletzt wird, aufsteht und lebt – nur dann kann uns der Sieg genommen werden. Nur dann wendet die Göttin ihr Antlitz von uns ab.‹«

Wieder neigte sich eine Braue nach oben, verschwand fast im schwarzen Haar. »Bemerkenswert«, kommentierte der Sovren langsam. »Nun, von der Hohepriesterin der Danreg heißt es, dass sich alle ihre Prophezeiungen erfüllen, und heute hat sie meinen Tod in der bevorstehenden Schlacht angekündigt.«

»Herr …« Cletas vollführte eine hilflose Geste. »Vielleicht irrt sie sich diesmal.«

»Wie mein geschätzter Vater sagen würde …« Der Sovren legte eine kurze Pause ein und erinnerte sich. »›Faszinierend.‹«

»Mehr fällt dir dazu nicht ein?« Cletas schnaufte empört. »Eben scheinst du bereit gewesen zu sein, mich in Stücke zu reißen, nur weil ich dir vorschlug, deine Einsamkeit mit einer neuen Gemahlin zu beenden. Aber die Prophezeiung des nahen Todes interessiert dich kaum.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Sie veranlasst dich nur dazu, deinen Vater zu zitieren. War er ebenso kaltblütig wie du?«

»Nein, eigentlich nicht«, erwiderte der Sovren und nahm das Temperament des Zweiten amüsiert zur Kenntnis. »Im Vergleich zu dem Blut deines Volkes ist unseres sogar wärmer. Der Unterschied beträgt etwa drei Grad.«

Cletas maß ihn mit einem nachdenklichen Blick. »Offenbar ist dies ein ganz besonderer Abend. Du hast nie von deinem Vater gesprochen. Lebt er noch? Wo hält er sich auf?«

Die grauen Augen starrten melancholisch ins Nichts. »Mein Vater … Seit zwanzig Jahren habe ich ihn nicht mehr gesehen.« Tief in Gedanken versunken berührte der Sovren einen Armschutz aus schwerem Silber. »Ich vermisse ihn noch immer, fast so sehr wie Araen. Mit beiden war ich nur kurze Zeit zusammen …«

»Ist er tot?«, fragte Cletas, obwohl ihn der Tonfall des Regenten etwas anderes vermuten ließ.

»Tot?« Der Sovren gab ein Geräusch von sich, das wie leises Lachen klang. »Nein.«

»Ähnelt er dir?«, erkundigte sich der Zweite Kriegskommandeur behutsam.

»Körperlich, meinst du?« Der seltsame Mann zupfte am Haar über einem Ohr: Er hatte es extra lang wachsen lassen, um das offensichtlichste Merkmal seiner Andersartigkeit zu tarnen. Schon seit langer Zeit wusste er, dass sich weniger Probleme ergaben, wenn er seine Unterschiede nicht so deutlich zeigte. »Ja, ich komme ganz nach ihm.«

»Ist er … ebenfalls ein Herrscher, Euer Gnaden?«

»Nein, nicht in dem Sinne. Als ich ihn zum letzten Mal sah, war er ein stellvertretender Befehlshaber, so wie du, mein Freund. Und er diente seinem Regenten ebenso treu und gut wie du mir. Zusammen haben sie viele Abenteuer erlebt und sich dabei einen legendären Ruf erworben.«

»Sie sind große Krieger, nicht wahr?«

»Falls es notwendig ist. Aber meistens beschreiten sie den Pfad des Friedens.«

»Ich wünschte, das wäre auch uns möglich, Herr«, sagte Cletas und versuchte, sich ein Land vorzustellen, das nicht unter der Geißel des Krieges litt. »Hast du die Möglichkeit, dich mit ihnen in Verbindung zu setzen? Wir könnten zwei so gute Kämpfer gebrauchen.«

Der Sovren schüttelte langsam den Kopf. Er blickte erneut ins Leere, schien etwas Wundervolles zu betrachten, das er für immer verloren hatte. »Nein, Cletas. Uns trennt mehr von ihnen als nur Entfernung. Wenn du für den Rest deines Lebens Tag und Nacht reitest, und wenn auch deine Kinder nach dir jeden Tag und jede Nacht reiten – sie kämen nicht einmal in ihre Nähe. Sie zu finden … Genauso gut könnte man versuchen, eine Handvoll Sterne vom Himmel zu holen …«

Seine Stimme verklang, und nach einigen Sekunden straffte er die Gestalt, sprach lauter und fester. »Genug davon. Prüfen wir Trebor Damas' Listen mit den Aufstellungen des Waffenbedarfs. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit.«

Kapitel 1

Der Nebel hatte greifbare Substanz, dämpfte das Donnern der Brandung tief unten am Fuß der steilen Klippe und legte eine grauweiße Decke auf zerklüftete Felsen. Selbst das Rauschen des mächtigen Pazifiks wurde hier zu einem leisen, gespenstisch widerhallenden Gurgeln. Der Mann stand an einem Ort, den man Lands End nannte, am Rand der Klippe. Im einen Augenblick herrschte völlige Stille, und im nächsten hörte er das klagende Bellen der Seelöwen auf den Felsen und Navigationsbojen.

Wind kam auf, zerrte an seinem dunklen, welligen Haar. Aus langer Erfahrung wusste er, dass er bald wieder aufs Meer blicken konnte. Der Nebel von San Francisco war sehr hartnäckig, doch letztendlich setzte sich immer der Wind durch, trieb ihn über den Ozean, zerfaserte die Schwaden an den Berghängen, zerriss sie in Tälern.

Einige Sekunden lang spürte der Mann fast so etwas wie Mitleid einem Nebel gegenüber, der sich nicht gegen die Brise wehren konnte. Du wirst trübsinnig, dachte er. Hör sofort damit auf, wenn du nicht für den Rest des Tages deprimiert sein willst. Außerdem … Das Chronometer am Handgelenk vermittelte ihm eine mahnende Botschaft. Die Mittagspause ist seit zehn Minuten zu Ende. Du bist bereits spät dran.

Doch er blieb auch weiterhin stehen, kehrte nicht zu den Türmen von Starfleet Command zurück. Was nützte ein hoher Rang, wenn man die Pausen nicht ab und zu um eine halbe Stunde verlängern konnte? Seine Adjutantin, Lieutenant Thasten, richtete bestimmt keinen vorwurfsvollen blauen Zeigefinger auf ihn. Ganz im Gegenteil: Sicher freute sich die Andorianerin, wenn sie in aller Ruhe arbeiten konnte. Er hielt sie sehr beschäftigt … Ich sollte sie für eine Beförderung empfehlen, überlegte der Mann. Es ist bestimmt keine leichte Aufgabe, mein Büro zu organisieren, und zwar über Jahre hinweg. Thasten hat einen Orden dafür verdient.

Langsam schritt er durch die fortkriechende Nebelbank und gab sich Erinnerungen hin, die immer dann in den Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit rückten, wenn ihn nichts anderes beschäftigte. Die dumpfen Echos in den grauen Schwaden klangen wie eine Stimme, und seine Vorstellungskraft gab ihr Worte, die er während der letzten drei Monate häufig gehört hatte.

Jim … Wann kann ich endlich nach Hause, mein Sohn? Ich hasse diesen Ort. Vertrauter Schmerz regte sich, war nach sechs Monaten noch immer nicht ganz aus ihm gewichen. Er glaubte plötzlich, wieder in der schlichten kleinen Kapelle von Riverside, Iowa, zu stehen. Gleich musste er die Urne zu den Wandgräbern tragen und sie ins leere Fach stellen, unter dem ein Bronzeschild darauf hinwies, dass hier die sterblichen Überreste seiner Mutter Winona Kirk ruhten.

Er vernahm das Zischen eines Kuriergleiters, und von einer Sekunde zur anderen befand er sich wieder in San Francisco, in der Gegenwart. Der Schweber näherte sich rasch, verharrte einen halben Meter über der Klippe. Eine junge Pilotin – sie trug die Uniform eines Lieutenants – beugte sich durch die Luke. Ihr Gebaren zeigte sowohl Respekt als auch eine gewisse Nervosität. »Admiral Kirk, Admiral Morrow möchte Sie sprechen, Sir.«

James T. Kirk stieg rasch ein, und die junge Frau beschleunigte, noch bevor er den energetischen Sicherheitsharnisch aktiviert hatte. Er sah nach unten und beobachtete, wie Lands End schrumpfte. Kurz darauf neigte sich der Gleiter zur Seite und sauste nach Osten; die bernstein- und orangefarbenen Pfeiler der Golden Gate Bridge ragten aus dem Nebel, wie die Türme eines Märchenlandes.

»Was ist los, Lieutenant? Wohin fliegen wir?«

»Ich bin angewiesen, Sie zum zentralen Hauptquartier zu bringen, Sir«, antwortete die junge Frau mit einem bewusst neutral gehaltenen Gesichtsausdruck. »Den Grund dafür nannte mir Admiral Morrow nicht. Er meinte nur, es sei dringend.«

Einige Minuten später landete der Schweber im Shuttlehangar von Starfleet Command, und Kirk machte sich sofort auf den Weg zu Morrows Büro. Er fragte sich noch immer, warum ihn der Admiral persönlich sprechen wollte, dachte in diesem Zusammenhang an seine gegenwärtigen Aufgaben. Alles in bester Ordnung: Bei den meisten war er dem Zeitplan voraus, und wenn es keine unerwarteten bürokratischen Hürden zu überwinden galt – diese Möglichkeit bestand immer –, wurde er sicher rechtzeitig fertig.

Seine Stiefel klackten ungeduldig, als er zu den Aufzügen im Nordturm schritt. Doch dann runzelte Kirk unwillig die Stirn, als er feststellte, dass alle Lifts besetzt waren. Er zwang sich dazu, ruhig zu warten, nicht vom einen Bein aufs andere zu treten. Der Blick seiner nussbraunen Augen wanderte zum langen, gewölbten Panoramafenster, das polarisiertes Sonnenlicht in die Eingangshalle strömen ließ. Jenseits davon erstreckten sich San Francisco und die Bucht. Inzwischen hatte sich der Nebel vollständig aufgelöst, und Sol verwandelte den weißen, bronze- und goldfarbenen Saal in ein funkelndes Wunder, hier und dort von den Flecken grüner, zinnoberroter und kobaltblauer Pflanzen durchsetzt.

Komm schon, komm schon, dachte Kirk und widerstand der Versuchung, sich umzudrehen und noch einmal die Ruftaste eines Lifts zu betätigen. Morrow meinte, es sei dringend …

Hinter ihm erklang ein melodisches, entschuldigendes Zirpen, als sich die Transportkapsel öffnete. Der Admiral trat sofort hinein. »Dreiundvierzigster Stock, Sektion siebzehn«, sagte er.

Kurze Zeit später erreichte er den Korridor vor Morrows Büro. Die Tür glitt mit einem leisen Zischen beiseite, und der überraschte Kirk sah sich seiner Adjutantin Lieutenant Thasten gegenüber. »Was liegt an?«, fragte er sie.

»Ich habe Ihre Sachen hierhergebracht, Admiral«, antwortete die Andorianerin und deutete auf einen Koffer im Vorzimmer. »Wissen Sie, wann Sie zurückkehren, Sir?«

Kirk schnitt eine Grimasse. »Bis eben hatte ich keine Ahnung, dass mir eine Reise bevorsteht. Ich gebe Ihnen Bescheid, Thasten. Solange ich fort bin … Bitten Sie Commander Arex, an den Gottesdiensten für Captain Ikeya und die Besatzung der Constellation teilzunehmen.«

»Ja, Sir.«

Kirk drehte sich um und beobachtete, wie Morrows Adjutant seinen Voder justierte. »Admiral Kirk ist hier, Sir.«

»Bitte gehen Sie gleich zu ihm, Admiral«, fügte er fast sofort hinzu, griff mit den obersten Klauen nach dem Koffer und geleitete Kirk in Morrows Büro.

Harry Morrow stand auf und kam hinter dem Schreibtisch hervor. Sein dunkles, attraktives Gesicht wirkte hohlwangig und sehr ernst. »Sparen Sie sich Ihre Fragen, Jim«, sagte er. »Eins unserer Schiffe ist in Schwierigkeiten. Wir haben nicht viel Zeit. Die Cochise wartet auf uns. Ich erkläre Ihnen alles, sobald wir unterwegs sind.«

Kirk nickte und nahm den Koffer entgegen. Morrow drückte eine Taste, und ein breiter Vidschirm schob sich beiseite. Dahinter kam ein kleiner Transporter mit zwei Transferfeldern zum Vorschein. Als sie auf die Plattform traten, sprach der Adjutant in einen Kommunikator. Dann spürte Kirk das Prickeln der Entmaterialisierung. Die Konturen der Umgebung verschwanden, wichen denen eines anderen Ortes.

Er stand nun im Transporterraum der Cochise und bemerkte die vertraute Gestalt seines früheren Ersten Offiziers. »Spock!«, platzte es aus ihm heraus. Er schritt zu dem Vulkanier. »Lieber Himmel, was führt Sie an Bord dieses Schiffes?«

»Admiral Morrow hat mich hierhergebeten«, erwiderte Spock. »Ich bin gerade eingetroffen.«

»Sie sehen gut aus«, sagte Kirk. »Wie lange ist es her?«

»Einen Monat, sechs Tage, siebzehn Stunden, neunzehn Minu…«

»Es war eine rhetorische Frage, Spock – und das wissen Sie genau.« Kirk lächelte. »Ich freue mich, dass wir wieder zusammen sind.«

»Unsere Begegnung erfüllt auch mich mit Zufriedenheit, Jim.«

»Meine Herren …«, erklang Morrows Stimme hinter Kirk. »Ich störe Sie nur ungern, aber die Zeit ist knapp.«

Kirk wandte sich um und folgte dem Admiral. »Na schön, Harry. Hören wir uns einige der Antworten an, die Sie mir versprochen haben. Wohin bringt uns dieses Schiff? Und warum die Geheimnistuerei?«

Morrow nickte. »Was die ›Geheimnistuerei‹ betrifft … Sie sind noch immer der Medienliebling James T. Kirk, und ich wollte nicht, dass Journalisten von der Sache Wind bekommen. Wir müssen unbedingt eine Panik vermeiden.«

»Eine Panik?« Kirks Lächeln verblasste.

Morrow nickte erneut. »Zum Konferenzzimmer geht es dort entlang, meine Herren.«

Sie verließen den Transporterraum, und die kaum spürbaren Vibrationen des Decks veränderten sich: Kirk begriff, dass die Cochise aus der Umlaufbahn schwenkte und mit Impulskraft beschleunigte. Offenbar hat es Morrow wirklich sehr eilig, dachte er. Wir rasen bereits durchs Sonnensystem. Wohin fliegen wir? Und welches Schiff ist in Schwierigkeiten?

Die Cochise war ein Scout der Hermesklasse I, und normalerweise bestand die Crew aus etwa zweihundert Personen. Doch als Kirk Morrows breitem Rücken durch fast leere Korridore folgte, wurde ihm schon bald klar, dass sich jetzt nur eine Minimalbesatzung an Bord befand.

Der Admiral führte sie in das kleine Konferenzzimmer, aktivierte die Sicherheitsschirme und forderte seine beiden Begleiter mit einer knappe Geste auf, am Tisch Platz zu nehmen. »Wir haben ein großes Problem, meine Herren. Etwas bedroht die Föderation, und es hat ein praktisch unbegrenztes Zerstörungspotenzial. Es ist schlimmer als Vejur, viel schlimmer. Der unmittelbare Aspekt des Problems heißt Alpha Centauri B. Die Kismet, ein Kurierschiff der Föderation, sitzt dort fest, etwa hundert Millionen Kilometer von der Sonne entfernt.«

»Sie sitzt fest?« Kirk beugte sich verwundert vor.

»Ja. Seit fast sechzehn Stunden. Sie ist manövrierunfähig; alle Computer sind ausgefallen.«

Spocks Brauen kletterten bis zum Haaransatz empor. »Alle Computer? Sehr … ungewöhnlich. Die Reservesysteme funktionieren nicht?«

»Nein«, bestätigte Morrow. »Es handelt sich um eine direkte Folge der Veränderungen, die Alpha Centauri B erfasst haben. Eine Zeitverschiebung wirkt sich auf den Stern aus, und dadurch altert er wesentlich schneller: Er verbrennt seinen Wasserstoff so schnell in Helium, als vergingen Jahrmillionen innerhalb von wenigen Minuten. Wir evakuieren die Bevölkerung von Kent nach Centaurus und hoffen dabei, dass uns Zeit genug bleibt, bevor die Sonne zu einem roten Riesen wird und ihre Planeten verschlingt. Nach einigen Schätzungen könnte das in etwa zwanzig Stunden geschehen.«

Kirk starrte den Admiral verblüfft an. Das System von Alpha Centauri bestand aus drei Sternen. Alpha Centauri A – eine gelbe Sonne, etwas größer und heller als Sol – hatte insgesamt fünfzehn Planeten, darunter einen bewohnten: Centaurus. Die Entfernung zwischen A und B, einem kleineren, orangefarbenen Stern, schwankte zwischen dreißig und vierzig Astronomischen Einheiten. Ein roter Zwerg namens Proxima Centauri umkreiste die beiden anderen Sonnen. Schon als kleines Kind hatte Kirk gewusst, dass Proxima Centauri von der Erde aus gesehen der nächste Stern war.

Schon seit mehreren hundert Jahren zeigte Alpha A Anzeichen von Instabilität, doch wenn man stellare Maßstäbe anlegte, spielten die geringfügigen Fluktuationen kaum eine Rolle. In Bezug auf Alpha B gab es keine Probleme – unter normalen Umständen sollten beide Sonnen während der nächsten Jahrmilliarden unverändert bleiben. Alpha B wurde von sechs Planeten begleitet, und auf dem erdähnlichsten von ihnen – Kent – lebten seit hundert Jahren terranische Siedler. Kirk hatte die Kolonie häufig besucht.

Er besaß Land auf Centaurus, nur ein Sonnensystem entfernt, ein Tal, das er im Verlauf vieler Jahre erworben und Garrovick genannt hatte, zu Ehren seines ersten Captains. Vor dem inneren Auge sah er die kleine Blockhütte, erinnerte sich an Ruhe und Frieden, an das Angeln im Fluss Farragut.

Es dauerte einige Sekunden, bis er die Stimme wiederfand. »Und die Kismet? Geriet sie ebenfalls in die Zone beschleunigter Zeit?«

»Nein«, sagte Spock sofort. »Die Logik spricht dagegen. In einem solchen Fall wären alle Personen an Bord sofort gestorben und zu Staub zerfallen, ohne zu verstehen, was mit ihnen geschieht.«

Harry Morrow nickte einmal mehr. »Ja, das stimmt. Sehen Sie mich nicht so an, Jim. Auch mir musste man das alles in ganz einfachen Worten erläutern.«

Kirk fühlte sich wie ein Narr. »Eigentlich hätte ich mich längst daran gewöhnen sollen – immerhin habe ich jahrelang mit Vulkaniern zusammengearbeitet. Also gut: Warum sind die Computer der Kismet ausgefallen?«

»Es liegt am sogenannten EMIP-Effekt«, sagte der Oberbefehlshaber von Starfleet. »Eine starke thermonukleare Reaktion – ganz gleich, ob sie von einer Bombe oder einer Sonne verursacht wird – bewirkt einen elektromagnetischen Impuls, der zu Defekten in Computern und Kommunikationsgeräten führt. Wie dem auch sei: Das Schiff treibt im All, und wenn es keine Hilfe bekommt …« Er hob kurz die Schultern und schnippte mit den Fingern.

»Können wir uns der Kismet weit genug nähern, um die Besatzung zu retten – und ohne uns dem EMIP-Effekt auszusetzen?«, fragte Kirk.

»Ich weiß es nicht«, antwortete Morrow. »Wir sind nicht imstande, eine Kom-Verbindung herzustellen. Die Deflektoren schützen uns – auf diese Weise evakuiert man Kent –, aber ob wir in der Lage sind, ein Rendezvousmanöver durchzuführen, um die Crew zu retten …« Er runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Die Kismet geriet in den EMIP, bevor sie Gelegenheit bekam, ihre Schilde zu aktivieren. Wir können nur so schnell wie möglich zu ihr gelangen und anschließend einen Eindruck von der Situation gewinnen. In der wissenschaftlichen Sektion versucht man derzeit, eine Möglichkeit zu finden, um den Transporter trotz aktiver Deflektoren einzusetzen. Allerdings: Sie wissen ja, dass dieses Problem bisher als unlösbar galt.«

»Ich werde die Bemühungen Ihrer Wissenschaftler mit eigenen Beiträgen unterstützen«, sagte Spock. »Wann erreichen wir unser Ziel?«

Morrow sah auf ein Chronometer. »Mit Warp acht in etwa fünfzehn Stunden.«

»Sie holen alles aus den Triebwerken heraus«, murmelte Kirk.

»Man hat uns erst vor einer Stunde verständigt. Die Kismet stand in Kom-Kontakt mit Kent, als es sie erwischte, doch es dauerte eine Weile, bis uns die Meldung erreichte. Nachrichten aus dem Evakuierungsbereich sind nur sporadischer Natur und manchmal widersprüchlich.«

»Wie viele Bewohner von Kent hat man inzwischen in Sicherheit gebracht?«, erkundigte sich Spock.

»Der letzte Bericht sprach von fünfundsiebzig Prozent.«

»Dann sind noch immer ziemlich viele Leute auf dem Planeten«, sagte Kirk. Er versuchte, seine Besorgnis nicht zu zeigen, als er hinzufügte: »Ich nehme an, für Centaurus besteht keine Gefahr, oder?«

»Vielleicht verbrennt Alpha B die Gasriesen am Rand des centaurianischen Systems«, erwiderte Spock und warf seinem Freund einen kurzen Blick zu: Er kannte den Grund für Kirks Frage. »Aber Centaurus dürfte weit genug entfernt sein, um von der Hitze verschont zu bleiben. Was die kosmische Strahlung angeht …« Er sah Morrow an und wölbte eine Braue.

»Wir haben spezielle planetare Schilde vorbereitet, um die Emissionen zu reflektieren«, meinte der Admiral. »Keine Sorge, Jim. Ihr Tal ist nicht bedroht. Ich erinnere mich gut ans Angeln im Fluss.«

Kirk seufzte. »Danke, Harry.«

Spock presste die Fingerspitzen aneinander, für Jim eine sehr vertraute Geste. Sie bedeutete, dass der Vulkanier konzentriert nachdachte. »Sie sprachen eben von einem ›unmittelbaren Aspekt‹, Admiral Morrow, woraus ich schließe: Das Problem weist noch bedeutendere Faktoren auf. Stehen sie vielleicht mit dem Verlust der Constellation vor zehn Tagen in Zusammenhang?«

Kirk versteifte sich unwillkürlich, musterte erst den Vulkanier und dann Morrow.

Der Admiral nickte widerstrebend. »Ja. Es geht um folgendes …«

Das Summen des Türmelders unterbrach ihn. Morrow schaltete die elektronische Verriegelung aus, und das Schott glitt beiseite. Eine junge Tellaritin kam herein, und Unruhe glänzte in ihren kleinen Augen. »Wir haben gerade diese Mitteilung für Sie aufgezeichnet, Sir. Priorität Eins.«

Morrow griff rasch nach der Kassette. »Danke, Fähnrich.«

Der Admiral schob das Datenmodul in einen Scanner, und während er auf den Schirm starrte, entsann sich Kirk an die Auskünfte über das Schicksal der Constellation. Er hatte ihren Captain Carmen Ikeya vor zehn Jahren kennengelernt: die erste Kommandantin eines Starfleet-Schiffes. Inzwischen gab es viele Frauen, die eine so große Verantwortung wahrnahmen. Reminiszenzen zeigten ihm mandelförmige Augen, zerzaustes Haar und ein fast tollkühnes Zum-Teufel-auch-Lächeln. Was auch immer geschehen sein mochte (und in dieser Hinsicht gab die offizielle Starfleet-Bezeichnung »vermisst, wahrscheinlich zerstört« kaum Aufschluss) – bestimmt war sie voller Stolz in den Tod gegangen.

Morrows leises Fluchen brachte Kirk in die Gegenwart zurück, und er sah, wie der Admiral die Schultern hängen ließ. »Was ist los, Harry?«

Spock beugte sich andeutungsweise vor, doch sein Gesicht verharrte in Ausdruckslosigkeit.

Morrow schüttelte den Kopf. »Man hat mir bestätigt, dass sich ein Passagier an Bord der Kismet befindet. Bisher habe ich gehofft, dass er durch irgend etwas aufgehalten wurde …« Er seufzte. »Leider ist das nicht der Fall.«

»Ein Passagier? Wer?« Leises Unbehagen regte sich in Kirk.

»Ich wollte mit Ihnen dreien reden«, sagte Morrow wie zu sich selbst. »Weil Sie ein Team bilden. Deshalb wies ich ihn an, das nächste Schiff zur Erde zu nehmen.«

»Mit uns dreien …« Kirk blickte zu Spock, der langsam und ernst nickte. »Heißt der Passagier an Bord der Kismet etwa … Leonard McCoy?«

»Ja.«

Kapitel 2

»Verdammter Mist«, brummte Kirk. »Eine wirklich üble Angelegenheit.«

»In der Tat«, pflichtete ihm Spock bei.

Morrow nickte grimmig.

Bedrückendes Schweigen folgte, bis der Vulkanier sagte: »Admiral, vielleicht sollten Sie uns nun das ganze Problem schildern und auch erklären, warum Sie ausgerechnet von ›uns dreien‹ nützlichen Rat erwarten.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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