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Unsere Zeit ist gekommen. Über 300 Jahre lang rüsteten wir uns in den Schatten; wir wurden immer stärker, während ihr euch und euer Volk in Sicherheit wähntet. Ihr dachtet, ihr wäret die Führer der Republik - doch ihr wurdet getäuscht. Verraten von der Dunklen Seite der Macht, mit deren Hilfe wir euch mit Blindheit schlugen. Ihr wurdet betrogen - und nun wird eure Republik fallen. Basierend auf dem fesselnden Star Wars-Onlinegame von BioWare und LucasArts. Vom New York Times-Bestsellerautor Paul S. Kemp (Star Wars: Gegenwind)
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Seitenzahl: 428
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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
In neuer Rechtschreibung.
Deutsche Ausgabe 2012 by Panini Verlags GmbH, Rotebühlstraße 87,
70178 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.
Copyright © 2012 Lucasfilm Ltd. & TM. All Rights Reserved. Used under authorization.
Titel der amerikanischen Originalausgabe: „Star Wars: The Old Republic – Deceived“ by Paul S. Kemp, A Del Rey ® Book, published by The Random House Publishing Group.
No similarity between any of the names, characters, persons and/or institutions in this publication and those of any pre-existing person or institution is intended and any similarity which may exist is purely coincidental. No portion of this publication may be reproduced, by any means, without the express written permission of the copyright holder(s).
Übersetzung: Jan Dinter
Lektorat: Manfred Weinland, Marion Bergmann
Redaktion: Mathias Ulinski, Holger Wiest
Chefredaktion: Jo Löffler
Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart
US Buchdesign und Titelillustration von ATTIK
Satz und eBook: Greiner & Reichel, Köln
ISBN 978-3-8332-2492-8
Gedruckte Ausgabe:
ISBN 978-3-8332-2249-8
www.starwars.com
www.starwarstheoldrepublic.com
www.paninicomics.de
Für Jen und Riordan und Roarke.
DANKSAGUNGEN
Ich danke Shelly, Sue, Leland und David für ihre Hilfe und ihren Zuspruch.
HANDELNDE PERSONEN
Adraas; Sith-Lord (Mensch, männlich)
Angral; Sith-Lord (Mensch, männlich)
Arra Yooms; Kind (Mensch, weiblich)
Aryn Leneer; Jedi-Ritterin (Mensch, weiblich)
Eleena; Dienerin (Twi’lek, weiblich)
Malgus; Sith-Lord (Mensch, männlich)
Ven Zallow; Jedi-Meister (Spezies unbekannt, männlich)
Vrath Xizor; Söldner (Mensch, männlich)
Zeerid Korr; Schmuggler (Mensch, männlich)
Es war einmal vor langer Zeit, in einer weit, weit entfernten Galaxie …
TAG EINS
KAPITEL 1
DIE FATMAN BEBTE und ihr Metall ächzte, als Zeerid sie durch die Atmosphäre von Ord Mantell trieb. Reibung verwandelte Luft in Feuer, und Zeerid beobachtete das orangefarbene Glühen der Flammen durch den Transparistahl des Frachtercockpits.
Ihm fiel auf, dass er den Knüppel zu fest umklammerte, und er entspannte sich.
Er hasste Atmosphäreneintritte, hatte sie schon immer gehasst, diesen langen Abzähltanz, bei dem Hitze, Geschwindigkeit und ionisierte Partikel für einen vorübergehenden Sensorausfall sorgten. Man wusste niemals, mit welcher Art Himmel man es zu tun bekommen würde, wenn man die Dunkelheit hinter sich ließ. Damals, als er noch Commandos vom Chaostrupp in einem republikanischen Klapperkasten herumkarrte, hatten er und die anderen Piloten diese Ausfälle mit einem Blindsprung von einer Küstenklippe verglichen.
Man hofft immer auf tiefes Wasser, hatten sie gesagt. Aber früher oder später geht die Flut zurück, und man landet direkt auf den Felsen.
Oder mitten in sengendem Kreuzfeuer. Eigentlich war es vollkommen egal. Das Ergebnis wäre das gleiche.
„Und raus aus der Dunkelheit“, sagte er, als die Flammen zurückgingen und sich der Himmel unter ihm öffnete.
Niemand ging auf seine Worte ein. Er arbeitete und flog die Fatman allein.Das Einzige, was er heute noch herumkarrte, waren Waffen für die Exchange. Er hatte seine Gründe dafür, auch wenn er sich größte Mühe gab, möglichst nicht darüber nachzudenken, was er tat.
Er brachte das Schiff ins Gleichgewicht, richtete sich auf und führte einen raschen Scan des Himmels durch. Die Sensoren empfingen nichts.
„Tiefes Wasser … ein gutes Gefühl“, sagte er lächelnd.
Auf den meisten Planeten hätte er gleich nach dem Eintritt in die Atmosphäre alle Hände voll damit zu tun gehabt, die Abriegelungen der planetaren Regierung zu umgehen. Nicht so auf Ord Mantell. Diese Welt war ein Tummelplatz für Verbrechersyndikate, Söldner, Kopfgeldjäger, Waffenhändler und Drogenschieber.
Und das waren nur die Leute, die den Laden dort schmissen.
Ihre Aufmerksamkeit richtete sich auf Kriege unter Splittergruppen und Attentate, nicht auf Regierungsführung und erst recht nicht auf die Durchsetzung von Gesetzen. Insbesondere die höheren und niederen Breitengrade des Planeten waren nur spärlich besiedelt. Hier gab es so gut wie nie Patrouillen, ein Niemandsland im wahrsten Sinne des Wortes. Es hätte Zeerid überrascht, wenn die Regierung über diesen Gebieten Überwachungssatelliten einsetzen würde.
Das passte ihm alles ganz gut in den Kram.
Die Fatman brach durch eine dichte rosafarbene Wolkendecke – und vor Zeerids Augen erstreckte sich das Braun, Blau und Weiß der nördlichen Hemisphäre von Ord Mantell. Eis und Schnee prasselten gegen das Kabinendach, gefrorene Schrapnelle, die in stetem Rhythmus auf die Hülle der Fatman eindroschen. Die untergehende Sonne tauchte weite Landstriche des Planeten in Orange und Rot. Unter ihm toste kabbelig und dunkel das Nordmeer, in dem unregelmäßige weiße Kreise der rauschenden Brandung Tausende nicht verzeichneter Inseln anzeigten, die durch die Wasseroberfläche stießen. Tief im Westen konnte er verschwommen den Rand eines Kontinents ausmachen und die dünne Kette schneebedeckter, wolkenverhangener Berge, die entlang seiner Nord-Süd-Achse verlief.
Eine Bewegung zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Ein Schwarm Lederflügel, zu klein, um ein Sensorzeichen auszulösen, zog zweihundert Meter steuerbords und ein gutes Stück weit unter ihm in Bogenformation wie eine Klammer durch die Luft. Die Häute ihrer riesigen, membranartigen Flügel flatterten im eisigen Wind. Sie waren unterwegs in die wärmeren Gefilde des Südens, blinzelten mit ihren stumpfen, schwarzen Augen dem Schnee und Eis entgegen und schenkten ihm keine Beachtung, als er über sie hinwegflog.
Er drosselte die Ionentriebwerke und verlangsamte das Tempo noch etwas. Ein Gähnen weitete seinen Mund. Er setzte sich aufrecht hin und versuchte, die Müdigkeit wegzublinzeln, aber die verhielt sich so stur wie ein wütendes Bantha. Er hatte das Schiff dem Autopiloten überlassen und während des Fluges von Vulta durch den Hyperraum gedöst, aber das war auch der einzige Schlaf, den er in den vergangenen zwei Standardtagen bekommen hatte. Das rächte sich jetzt.
Er kratzte sich seine Bartstoppeln, rieb sich den Hinterkopf und gab die Landekoordinaten in den Navicomputer ein. Der Computer stellte eine Verbindung zu einem von Ord Mantells ungesicherten, geostationären Satelliten her und leitete Position und Kurs zurück zur Fatman. Zeerids HUD projizierte beides auf das Cockpitverdeck. Er betrachtete die Position und legte einen Finger auf den Zielort.
„Irgendeine Insel, von der hier oben noch niemand gehört hat, und wo nie jemand hingeht. Klingt ganz gut.“
Zeerid überließ die Steuerung wieder dem Autopiloten, und das Schiff schwenkte in Richtung der Insel ab.
Während die Fatman durch den Himmel pflügte, ließ er seine Gedanken schweifen. Das stete Prasseln von Eis und Schnee auf dem Verdeck sang ihm ein Schlaflied. Im Geiste trieb er zurück durch die Wolken der Vergangenheit, in die Zeit vor dem Unfall, bevor er die Armee verlassen hatte. Damals hatte er die Uniform voller Stolz getragen und sein eigenes Spiegelbild noch ertragen …
Er ertappte sich selbst dabei, wie er sich dem aufkeimenden Selbstmitleid hingeben wollte, und unterbrach seinen Gedankengang abrupt. Er wusste, wohin das führen würde.
„Steck’s weg, Soldat“, ermahnte er sich selbst.
Er war, was er war und die Dinge waren, wie sie waren.
„Konzentrier dich auf die Arbeit, Z-Man.“
Er glich seine Position mit den Koordinaten des Navicomputers ab.
Fast da.
„Bereit machen und ruhig Blut“, sagte er und wiederholte damit die Worte, die er immer an seine Commandos gerichtet hatte. „Neunzig Sekunden bis zur Landung.“
Er führte sein Ritual fort, überprüfte die Ladung seines Blasters, zog die Riemen seiner Verbundrüstungsweste fest und sammelte sich.
Gerade voraus sah er die Insel, auf der er landen würde: zehn Quadratkilometer Vulkanfelsen, bewachsen mit einem schlechten Haarschnitt aus hüfthohem, vom Wind gepeitschtem Gestrüpp. Nächstes Jahr wäre der Ort wahrscheinlich schon vom Wasser verschluckt und verschwunden.
Er ging tiefer, zog einen weiten Kreis, konnte aber wegen des Schnees kaum Einzelheiten erkennen. Wie immer führte er einen weitläufigen Scan durch – und wurde vom Zirpen seiner Instrumente überrascht.
Auf der Insel befand sich bereits ein Schiff. Er warf einen Blick auf seinen Armbandchrono und sah, dass er ganze zwanzig Standardminuten zu früh war. Er hatte diesen Flug bereits dreimal absolviert, und Arigo – er war sich sicher, dass der Mann nicht wirklich Arigo hieß – war noch nie zu früh eingetroffen.
Zeerid ging bis auf ein paar hundert Meter hinunter, um einen besseren Überblick zu bekommen.
Arigos Frachter, die Doghouse, deren Form der eines beinlosen Käfers nicht unähnlich war, befand sich auf einer Lichtung im Osten der Insel. Die Landerampe des Schiffes stand offen und erinnerte an die herausgestreckte Zunge eines Riesen. Halogenstrahler stachendurch das schwindende Dämmerlicht, wurden vom fallenden Schnee reflektiert und verwandelten die Flocken in glitzernde Edelsteine.
Zeerid sah drei Männer um die Rampe herumstehen, war aber zu weit entfernt, um außer ihren weißen Winterparkas Einzelheiten erkennen zu können.
Sie erblickten die Fatman, und einer winkte mit seiner behandschuhten Hand.
Zeerid fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und furchte die Stirn.
Irgendetwas lag in der Luft.
Von dem Frachter lösten sich Leuchtkugeln und explodierten in der Luft – grün, rot, rot, grün.
Die Abfolge war korrekt.
Zeerid zog mit der Fatman eine weitere Schleife und spähte in das Schneetreiben hinunter. Er entdeckte jedoch nichts, das ihm Anlass zur Sorge gegeben hätte; keine anderen Schiffe auf der Insel oder im Meer um sie herum. Er verdrängte seine Bedenken und schrieb sie der Anspannung zu, die Geschäfte mit Schurken und Kriminellen üblicherweise mit sich brachten.
Auf jeden Fall konnte er es sich nicht leisten, eine Waffenlieferung im Wert von mehreren Hundert Millionen Credits zu vermasseln, nur weil ihm die Nerven flatterten. Der endgültige Käufer – wer immer es sein mochte – wäre darüber nicht sonderlich glücklich, und die Exchange würde den verlorenen Profit in Blut und gebrochenen Knochen von Zeerid einfordern und noch auf die Schulden draufpacken, die er dort sowieso schon hatte. Er hatte den Überblick verloren, wie hoch sie genau waren, aber es waren schon allein zwei Millionen Credits als Wechsel für die Fatman, dazu kam eine Million als Vorauszahlung für Arras medizinische Behandlung, wobei er Arras Existenz geheim hielt; sein Kontaktmann glaubte, das Geld wäre für die Begleichung von Spielschulden.
„LR sicher.“ Er hoffte, es laut auszusprechen, würde dafür sorgen, dass er recht behielt. „Wir gehen rein.“
Das Brummen der Rückschubdüsen und ein Gestöber aufgewirbelten Schnees kündigten das dumpfe Geräusch an, mit dem die Fatman auf dem Fels aufsetzte. Er landete keine fünfzig Meter von Arigos Schiff entfernt.
Einen Moment lang saß er völlig reglos im Cockpit und starrte auf den fallenden Schnee. Er wusste, dass auf diese Lieferung eine weitere folgen würde und danach noch eine und noch eine. Und trotzdem würde er der Exchange immer noch mehr schulden, als er ihr jemals würde zurückzahlen können. Er steckte in einer Tretmühle und hatte keine Ahnung, wie er aus ihr herauskommen sollte.
Aber das war egal. Es ging darum, etwas für Arra zu verdienen, ihr vielleicht einen Repulsorsessel zu kaufen, statt dieser Antiquität mit Rädern. Oder besser noch Prothesen.
Zeerid atmete tief durch, stand auf und versuchte, seine Gelassenheit wiederzufinden, während er sich einen Winterparka und Halbfingerhandschuhe überzog. Im Frachtraum musste er sich einen Weg durch ein Labyrinth aus Transportcontainern bahnen. Er vermied es, einen direkten Blick auf die fette, schwarze Schrift an ihren Seiten zu werfen, obwohl er den Text auswendig kannte, denn in seiner militärischen Laufbahn hatte er solche Kisten unzählige Male gesehen.
ACHTUNG – MUNITION.
NUR FÜR MILITÄRISCHE ZWECKE.
VON HITZE UND ANDEREN
ENERGIEQUELLEN FERNHALTEN.
In den Kisten befanden sich schwere Laserkanonen, MPAPPs, Granaten und Munition im Wert von mindestens dreihundert Millionen Credits. Damit hätte es selbst der verrückteste Stoßtrupp monatelang krachen lassen können.
In der Nähe der Laderampe sah Zeerid, dass sich an einer der Kisten mit Granaten drei der vier Sicherungsriemen gelöst hatten. Er konnte von Glück sagen, dass es die Kiste während des Transits nicht herumgeschleudert hatte. Möglicherweise waren die Riemen bei der Landung auf der Insel gerissen. Lieber glaubte er das, als sich seine Schludrigkeit einzugestehen.
Zeerid machte sich nicht die Mühe, die Riemen wieder festzuzurren. Arigos Männer würden sie beim Ausladen sowieso entfernen müssen.
Er löste die Blaster-Arretierungen in seinen Holstern und drückte auf den Knopf, über den der Frachtraum geöffnet und die Rampe hinabgelassen wurde. Als die Tür aufglitt, bliesen Schnee und Kälte herein, ein Hauch Meersalz lag in der Luft. Zeerid trat hinaus in den Wind und kniff die Augen im Licht der untergehenden Sonne zusammen. Über zwölf Stunden hatte er ausschließlich in künstlichem Licht verbracht. Der schneebedeckte, schwarze Fels knirschte unter seinen Stiefeln. Der Wind riss seine Atemwölkchen fort.
Zwei der Männer von Arigos Frachter lösten sich von ihrem Schiff und kamen ihm auf halbem Weg entgegen. Beide waren Menschen und trugen Bärte. Einer hatte eine Augenklappe und eine Narbe, die wie ein gezackter Blitz über seine Wange lief. Sie trugen Blaster an ihren Hüften und wie Zeerid hatten auch sie die Haltelaschen ihrer Holster gelöst.
Die Tatsache, dass er keinen der beiden erkannte, ließ Zeerids vorherige Bedenken wieder aufleben. Er besaß ein recht gutes Personengedächtnis, doch diese beiden Männer waren Fremde.
Die Lieferung bekam einen bitteren Beigeschmack.
„Wo ist Arigo?“, fragte Zeerid.
„Die macht, was Arigo eben so macht“, meinte Narbe mit einer vagen Geste. „Hat stattdessen uns geschickt. Ist aber kein Problem, oder?“
Ohne Narbe trat zappelig und nervös von einem Fuß auf den anderen.
Zeerid nickte und machte ein ausdrucksloses Gesicht, während sich sein Herzschlag beschleunigte, und das Adrenalin anfing, ihn aufzuwärmen. Die Sache stank zum Himmel, und über die Jahre hatte er gelernt, seinem Bauchgefühl zu vertrauen.
„Bist du Zeerid?“, fragte Narbe.
„Z-Man.“
Niemand nannte ihn Zeerid, nur seine Schwägerin.
Und Aryn, damals. Aber das war lange her.
„Z-Man“, wiederholte Ohne Narbe und trat schwach kichernd von einem Fuß auf den anderen.
„Findest du das witzig?“, fragte ihn Zeerid.
Bevor Ohne Narbe antworten konnte, fragte Narbe: „Wo ist die Fracht?“
Zeerid blickte an den beiden Männern vor ihm vorbei zu dem dritten, der neben der Landerampe von Arigos Schiff herumlungerte. Die Körpersprache des Mannes – zu sehr auf den Wortwechsel konzentriert, zu angespannt – verstärkte Zeerids Befürchtungen. Er erinnerte Zeerid an den Anblick von Gaunern, wenn sie das erste Mal auf Imperiale treffen, irre großkotzig und schnell am Abzug.
Sein Argwohn steigerte sich zur Gewissheit. Die Lieferung roch nicht nur faul, sie war es.
Arigo war tot und die Mannschaft vor ihm arbeitete für irgendeine andere Splittergruppe auf Ord Mantell oder für irgendeine Nebenorganisation der Exchange. Wie auch immer. Für Zeerid spielte es keine Rolle. Er machte sich nicht die Mühe zu verfolgen, wer gegen wen kämpfte, von daher traute er einfach niemandem.
Was jedoch eine Rolle für Zeerid spielte, war, dass die drei Männer vor ihm wahrscheinlich durch Folter Informationen aus Arigo herausgepresst hatten und Zeerid umlegen würden, sobald er ihnen bestätigt hatte, dass die Fracht vorhanden war.
Und möglicherweise versteckten sich an Bord des Frachters noch mehr Männer.
Wie es aussah, hatte ihn der Atmosphäreneintritt schließlich doch noch in ein Kreuzfeuer befördert.
Gab’s sonst noch etwas Neues?
„Wieso nennst du dieses Schiff Fatman?“, fragte Ohne Narbe. Arigo musste ihnen den Namen von Zeerids Schiff verraten haben, denn die Fatman trug keinerlei äußere Erkennungszeichen. Zeerid benutzte auf fast allen Planeten, auf denen er andockte, gefälschte Schiffsregistrierungen.
„Weil’s eine Menge braucht, um ihren Bauch zu füllen.“
„Ist aber eine sie. Oder? Warum nicht Fatwoman?“
„Kam mir respektlos vor.“
Ohne Narbe runzelte die Stirn. „Hä? Gegenüber wem?“
Zeerid machte sich nicht die Mühe zu antworten. Er wollte nur die Munition abliefern, einen Teil seiner Schulden an die Exchange zurückzahlen und zurück zu seiner Tochter fliegen, bevor er wieder raus ins Dunkle und sich erneut die Hände schmutzig machen musste.
„Stimmt was nicht?“, fragte Narbe mit misstrauischer Stimme. „Du wirkst aufgeregt.“
„Nein“, erwiderte Zeerid und zwang sich zu einem halbherzigen Lächeln. „Ist alles wie immer.“
Die Männer waren sich nicht sicher, was Zeerid meinte, und grinsten unsicher.
„Gut“, sagte Narbe. „Alles wie immer.“
Zeerid wusste, woher der Wind wehte. Er spürte in sich diese Ruhe, die sich für gewöhnlich in ihm ausbreitete, wenn Gefahr drohte. Für einen Augenblick ging ihm Arras Gesicht durch den Kopf, was sie tun würde, wenn er auf Ord Mantell starb, auf irgendeiner namenlosen Insel. Er verdrängte diese Gedanken. Keine Ablenkungen.
„Die Fracht ist im Hauptraum. Schick deinen Mann rüber. Das Schiff ist offen.“
Die Gesichtsausdrücke der beiden Männer verhärteten sich, eine beinahe unmerkliche Veränderung, die für Zeerid jedoch offensichtlich war. Ein Übergang, der ihre Mordabsicht verriet. Narbe wies Ohne Narbe an, nach der Fracht zu sehen.
„Er wird einen Lastenheber brauchen“, meinte Zeerid und machte sich bereit, konzentrierte sich auf Tempo und Genauigkeit. „Das sind nicht bloß ein paar Kilo.“
Ohne Narbe blieb in Reichweite von Zeerid stehen und schaute mit unsicherer Miene zu Narbe, ob dieser ihm weitere Anweisungen geben würde.
„Ach was“, meinte Narbe, dessen Hand locker neben dem Holster hing. Eine zu zwanglose Haltung, um zwanglos zu sein. „Ich will bloß, dass er nachsieht, ob auch alles da ist. Dann geb ich meinen Leuten Bescheid, die Zahlung freizugeben.“
Er hielt den Arm hoch, um Zeerid das Comlink an seinem Handgelenk zu zeigen, aber es wurde von seinem Parka verdeckt.
„Ist alles da“, sagte Zeerid.
„Mach schon“, sagte Narbe zu Ohne Narbe. „Sieh nach.“
„Oh“, sagte Zeerid und schnippte mit den Fingern. „Eine Sache wäre da noch …“
Ohne Narbe seufzte, blieb stehen, wandte sich ihm zu und zog fragend die Brauen hoch. Sein Atem dampfte aus seinen Nasenlöchern. „Und die wäre?“
Zeerid benutzte seine linke Hand wie ein Messer und rammte seine Fingerspitzen in Ohne Narbes Kehle. Während Ohne Narbe japsend zusammensackte, riss Zeerid einen seiner Blaster aus dem Holster und jagte ein Loch in Narbes Brust, noch bevor der Mann irgendetwas anderes tun konnte, als einen überraschten Schritt zurück zu machen und die Hand an den Griff seiner Waffe zu legen. Narbe torkelte noch zwei Schritte zurück, sein Mund bewegte sich, ohne einen Ton hervorzubringen, und er streckte seinen rechten Arm nach vorn, als könnte er so den Schuss aufhalten, der ihn bereits getötet hatte.
Während Narbe zu Boden ging, feuerte Zeerid auf gut Glück auf den Mann bei der Landerampe der Doghouse – der Schuss ging jedoch weit daneben. Der dritte Mann machte sich im Schatten der Doghouse klein, zog seine Blasterpistole und schrie etwas in das Armband-Comlink. Zeerid sah, dass sich im Frachtraum von Arigos Schiff etwas bewegte – weitere Männer mit unguten Absichten. Er konnte unmöglich sagen, wie viele es waren.
Zeerid fluchte, gab zur Sicherheit noch einen Schuss ab, drehte sich um und rannte zur Fatman. Ein Blasterschuss riss eine rauchende, schwarze Kerbe in den Ärmel seines Parkas, verletzte aber kein Fleisch. Ein Weiterer prallte von der Hülle der Fatman ab. Ein dritter Schuss traf ihn direkt in den Rücken. Es kam ihm vor, als würde er von einem Gleiter überfahren werden. Die Wucht des Aufpralls quetschte ihm den Atem aus den Lungen und warf ihn mit dem Gesicht voraus in den Schnee.
Er roch Rauch. Seine Panzerweste hatte den Schuss abgefangen.
Das Adrenalin brachte ihn genauso schnell wieder auf die Beine, wie er zu Boden gegangen war. Keuchend versuchte er, Luft in seine Lungen zu bekommen, ging hinter einem Landefuß in Deckung und wischte sich den Schnee vom Gesicht. Für einen Augenblick streckte er den Kopf hervor, um zurückzublicken. Er sah, dass Ohne Narbe aufgehört hatte zu japsen und tot war, dass Narbe freundlicherweiseliegen blieb und dass sechs weitere Männer auf ihn zustürmten, zwei waren mit Blastergewehren bewaffnet, der Rest mit Pistolen.
Einen Gewehrschuss würde seine Weste nicht neutralisieren können.
Ein Geschoss schlug in den Landefuß ein, ein weiteres in den Schnee zu seinen Füßen, dann noch eins und noch eins.
„Verdammt!“, fluchte er.
Die Sicherheit der Laderampe und des Frachtraums der Fatman waren nur wenige Schritte entfernt, kamen ihm jedoch kilometerweit weg vor.
Er nahm einen Blaster in jede Hand, streckte seine Arme um den Landefuß herum und feuerte, so schnell er den Abzug betätigen konnte, in Richtung der heranstürmenden Männer. Er konnte weder sehen noch scherte es ihn, ob er einen von ihnen traf. Er wollte nur, dass sie sich auf den Boden warfen.
Nachdem er über ein Dutzend Schüsse abgegeben hatte, ohne dass diese erwidert worden waren, sprang er aus der Deckung des Landefußes und rannte zur Laderampe.
Er erreichte sie, bevor sich die Schützen wieder so weit aufgerappelt hatten, dass sie weitere Salven abgeben konnten. Ein paar Schüsse verfolgten ihn die Rampe hinauf und prallten von ihrem Metall ab. Funken flogen, und der Geruch von geschmolzenem Plastoid vermischte sich mit der Seeluft. Im Vorbeirennen schlug er nach dem Knopf zum Heben der Rampe und hastete weiter zum Cockpit. Erst als er den Frachtraum schon beinahe verlassen hatte, fiel ihm auf, dass er gar nicht das Surren eines arbeitenden Getriebes hörte.
Er wirbelte herum und fluchte.
In seiner Eile hatte er den Knopf zum Heben der Rampe verfehlt.
Draußen hörte er Rufe, wagte aber nicht, zurückzugehen. Er konnte den Frachtraum auch über die Steuerkonsole im Cockpit schließen. Aber er musste sich beeilen.
Zeerid hetzte durch die Korridore der Fatman, stieß mit der Schulter die Tür zum Cockpit auf und fing sofort an, die Startsequenz einzugeben. Die Schubdüsen der Fatman sprangen an, und das Schiff machte einen Satz nach oben. Blasterfeuer krachte gegen die Hülle, verursachte jedoch keine Schäden. Er versuchte, durch das Verdeck nach unten zu schauen, doch das Schiff stieg bereits in steilem Winkel nach oben, sodass er den Boden nicht sehen konnte. Er schlug auf die Steuerung ein, um die Fatman voranzutreiben, und hörte dabei das entfernte Quietschen von Metall auf Metall. Es kam aus dem Frachtraum.
Irgendetwas rutschte dort drinnen herum.
Die lose Kiste mit den Granaten.
Und er hatte den Frachtraum immer noch nicht geschlossen.
Seine Dummheit verfluchend legte er den Schalter um, der die Rampe hinaufzog, dann versiegelte er den Frachtraum und ließ den Sauerstoff absaugen. Falls es irgendjemand an Bord geschafft hatte, würde er dort drinnen ersticken.
Er nahm den Steuerknüppel in die Hand und zündete die Triebwerke der Fatman. Das Schiff schoss nach oben. Im Steigflug schwenkte er herum, um einen Blick zurück zur Insel zu werfen.
Was er sah, verwirrte ihn für einen Augenblick, doch dann dämmerte es ihm.
Als sich die Fatman ruckartig erst nach oben und dann vorwärts bewegt hatte, war der letzte Sicherungsriemen an der Kiste mit den Granaten gerissen, und der gesamte Transportcontainer war über die geöffnete Rampe hinausgerutscht.
Er konnte sich glücklich schätzen, dass er nicht explodiert war.
Die Männer, die ihn überfallen hatten, versammelten sich jetzt um die Kiste. Wahrscheinlich fragten sie sich, was sich darin befand. Zeerid zählte sie kurz ab, kam auf sechs und ging daher davon aus, dass es niemand mit an Bord geschafft hatte. Außerdem schien keiner von ihnen Anstalten zu machen, zu Arigos Schiff zurückzugehen, also nahm Zeerid auch nicht an, dass sie vorhatten, ihn durch die Luft zu verfolgen. Vielleicht gaben sie sich schon mit dem einen Container zufrieden.
Also Amateure. Vielleicht auch Piraten.
Zeerid wusste, dass er nicht nur für das schiefgelaufene Geschäft, sondern auch für die verloren gegangenen Granaten vor Oren, seinem Kontaktmann, würde geradestehen müssen.
Die Klemme, in der er steckte, drohte, außer Kontrolle zu geraten.
Er überlegte, ob er vollen Schub auf die Triebwerke der Fatman geben und Ord Mantells Gravitation einfach hinter sich lassen sollte, um in den Hyperraum zu springen, entschloss sich aber anders. Er war wütend und glaubte, eine bessere Idee zu haben.
Zeerid flog eine Kehre und beschleunigte.
„Waffen an“, sagte er und aktivierte die doppelläufigen Plasmakanonen, die an den Seiten der Fatman montiert waren.
Die Männer am Boden bemerkten ihn, nahmen aber an, dass er fliehen würde. Erst, als er nur noch fünfhundert Meter von ihnen entfernt war, schreckten sie auf. Gesichter starrten zu ihm herauf, Finger zeigten auf ihn, und die Männer fingen an, auseinanderzulaufen. Ein paar Blasterschüsse von einem von ihnen rissen rote Streifen durch den Himmel, aber ein Blaster konnte dem Schiff nichts anhaben.
Zeerid richtete die Kanonen aus. Der Zielcomputer visierte die Kiste an.
„LR wird heiß“, sagte er und jagte sie hoch. Für einen Augenblick verbanden orange pulsierende Linien das Schiff mit der Insel und die Schiffskanonen mit der Kiste. Dann, als die Granaten explodierten, gingen die Linien in einer orangefarbenen Wolke aus Hitze, Licht und Rauch auf, die das gesamte Gelände einhüllte. Schrapnelle prasselten gegen das Cockpit – dieses Mal aus Metall, nicht aus Eis –, und die Druckwelle schüttelte die Fatman ein wenig durch, als Zeerid sie herumdrehte und in den Himmel hinaufsteuerte.
Er warf einen Blick zurück und sah sechs reglose, rauchende Gestalten im Explosionsradius liegen.
„Das war für dich, Arigo.“
Zwar hatte er jetzt immer noch eine Menge Erklärungsarbeit vor sich, aber wenigstens hatte er die Banditen erledigt. Das musste der Exchange auch etwas wert sein.
Das hoffte er jedenfalls.
DARTH MALGUS SCHRITT DEN GEHSTEIG ENTLANG, und der Takt seiner Stiefel glich dem steten Ticken eines Chronos, das die wenige Zeit herunterzählte, die der Republik noch verblieb.
Über ihm dröhnte ein unablässiger Strom aus Gleitern, Swoops und anderen Luftfahrzeugen – das motorisierte Kreislaufsystem des Herzens der Republik. Wolkenkratzer, Brücken, Aufzüge und Plätze bedeckten Coruscants gesamte Oberfläche bis in mehrere Kilometer Höhe – der Zierrat einer reichen, dekadenten Zivilisation, ein Mantel für die Fäulnis, um sie in einem Kokon aus Durabeton und Transparistahl zu verbergen.
Doch Malgus roch den Verfall hinter der Fassade, und er würde ihnen den Preis für ihre Schwäche und Selbstgefälligkeit vor Augen führen.
Schon bald würde alles brennen.
Er würde Coruscant in Schutt und Asche legen. Er wusste es. Er wusste es schon seit Jahrzehnten.
Aus den Tiefen seines Geistes stiegen Erinnerungen herauf – an seine erste Pilgerreise nach Korriban und an das tief greifende Gefühl der Heiligkeit, das er verspürt hatte, als er dort ganz allein durch die Felswüsten und durch staubige Schluchten gewandert war, die von den Grabstätten seiner Sith-Vorfahren gesäumt wurden. Überall hatte er die Macht gespürt, hatte in ihr geschwelgt, und in seiner Einsamkeit hatte sie ihm eine Vision vor Augen geführt. Er hatte ganze Systeme in Flammen aufgehen sehen, den Untergang einer die Galaxie umspannenden Regierung.
Er hatte es damals geglaubt, hatte damals und seitdem gewusst, dass die Vernichtung der Jedi und ihrer Republik ihm zufallen würde.
„Woran denkt Ihr, Veradun?“, fragte Eleena.
Nur Eleena sprach ihn mit seinem Geburtsnamen an, und das auch nur, wenn sie allein waren. Er genoss die geschmeidige Art, in der ihr die Silben über Zunge und Lippen kamen, tolerierte es jedoch bei niemandem sonst.
„Ich denke an Feuer“, antwortete er durch die verhasste Atemmaske, die seine Stimme leicht dämpfte.
Sie ging neben ihm, so schön und gefährlich wie ein eleganter, handgefertigter Lanvarok. Bei seinen Worten schnalzte sie mit der Zunge. Sie sah ihn schräg an, sagte aber nichts. In der untergehenden Sonne schien ihre blasslila Haut zu leuchten.
Auf dem Platz, den sie überquerten, herrschte reges Gedränge. Geplauder und Gelächter schlugen ihnen entgegen, aber auch mürrische Blicke. Malgus fiel ein Menschenkind auf, ein junges Mädchen, das begeistert kreischte und in die ausgebreiteten Arme einer dunkelhaarigen Frau, vermutlich seine Mutter, rannte. Das Mädchen musste seinen Blick gespürt haben. Die Kleine sah ihn über die Schulter der Frau hinweg an, das Gesicht fragend verkniffen. Er starrte sie im Vorbeigehen an, und sie wandte ihren Blick ab und vergrub ihr Gesicht am Hals ihrer Mutter.
Außer dem Mädchen schien seine Anwesenheit niemandem aufzufallen. Tief in den Kernwelten fühlten sich die Bürger der Republik sicher, und die schiere Menge der Wesen auf Coruscant garantierte ihm Anonymität. In Schwarz gehüllt, die Rüstung unter seinem Mantel verborgen, wandelte er inmitten seiner Beute, unerkannt und unbemerkt, aber voller Absichten.
„Was für ein schöner Planet“, befand Eleena.
„Nicht mehr lange.“
Seine Worte schienen sie zu erschrecken, obgleich er sich nicht vorstellen konnte, weshalb. „Veradun …“
Er sah, wie sie schluckte und den Blick abwandte. Was immer sie ihm hatte sagen wollen, die Worte, die seinem Namen folgen sollten, schienen an der Narbe hängen zu bleiben, die ihren Hals verunstaltete.
„Sprich frei heraus, Eleena.“
Sie schaute immer noch weg und nahm die Kulisse ringsum in sich auf, als ob sie sich Coruscant einprägen wollte, bevor Malgus und das Imperium alles in Brand steckten.
„Wann wird das Kämpfen ein Ende haben?“
Er war verblüfft und fragte sich, warum sie diese Frage wohl stellen mochte.
„Wie meinst du das?“
„Euer Leben ist der Krieg, Veradun. Unser Leben. Wann wird das enden? Es kann doch nicht ewig so weitergehen.“
Jetzt nickte er, verstand, welcher Beigeschmack sich in das Gespräch mischte. Sie würde versuchen, ihre selbst erworbene Weisheit hinter Fragen zu verbergen. Einerseits war sie nur eine Dienerin, eine Frau, die ihm Gesellschaft leistete, wenn ihm danach war. Andererseits war sie Eleena. Seine Eleena.
„Es war deine Entscheidung, an meiner Seite zu kämpfen, Eleena. Du hast schon viele im Namen des Imperiums getötet.“
Die blasslila Haut ihrer Wangen nahm ein dunkles Violett an. „Ich habe nicht für das Imperium getötet. Ich kämpfe – und töte – für Euch. Das wisst Ihr. Aber Ihr … Ihr kämpft für das Imperium? Nur für das Imperium?“
„Nein. Ich kämpfe, weil ich dazu geschaffen wurde, und das Imperium ist das Instrument, durch das ich meine Bestimmung verwirkliche. Das Imperium ist der manifestierte Krieg. Aus diesem Grund ist es auch perfekt.“
Sie schüttelte den Kopf. „Perfekt? Millionen sterben in seinen Kriegen. Milliarden.“
„Im Krieg sterben nun mal Lebewesen. Das ist der Preis, der zu bezahlen ist.“
Sie blickte einer Gruppe von Kindern hinterher, die einem Erwachsenen nachliefen, vielleicht einem Lehrer. „Der Preis für was? Wozu ständiger Krieg? Wozu ständige Expansion? Was will das Imperium denn? Was wollt Ihr?“
Er lächelte hinter seiner Atemmaske, wie er es vielleicht auch getan hätte, wenn ihn die Fragen eines altklugen Kindes belustigten.
„Es geht nicht um Wollen. Ich diene der Macht. Die Macht bedeutet Konflikt. Das Imperium bedeutet Konflikt. Beides deckt sich.“
„Ihr sprecht, als ginge es um Mathematik.“
„Das tut es.“
„Die Jedi sehen das anders.“
Er unterdrückte einen Anflug von Zorn. „Die Jedi verstehen die Macht nur zum Teil. Manche von ihnen sind sogar stark im Umgang mit ihr. Aber sie begreifen nicht das grundsätzliche Wesen der Macht, dass sie Konflikt bedeutet. Der Beweis dafür liegt in der Existenz einer hellen und einer dunklen Seite.“
Damit war das Gespräch für ihn beendet, doch sie lenkte nicht ein.
„Warum?“
„Warum was?“
„Warum Konflikt? Warum sollte die Macht existieren, um Konflikt und Tod zu schüren?“
Er seufzte aufgebracht. „Weil die Überlebenden des Konflikts zu einem tieferen Verständnis der Macht finden. Ihr Verständnis entwickelt sich. Das ist Grund genug.“
Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie es immer noch nicht verstand. Seine Verbitterung wuchs, und mit ihr wurde auch sein Ton schärfer.
„Der Konflikt schafft ein vollkommeneres Verständnis der Macht. Das Imperium expandiert und generiert Konflikte. In dieser Hinsicht ist das Imperium ein Instrument der Macht. Verstehst du? Die Jedi begreifen das nicht. Sie nutzen die Macht, um sich selbst und andere zu unterdrücken, um ihre Auffassung von Toleranz und Harmonie durchzusetzen. Sie sind Narren. Und nach dem heutigen Tag werden sie das erkennen.“
Eine Weile erwiderte Eleena nichts darauf, und nur das Summen und Wummern Coruscants füllte die Kluft zwischen ihnen. Als sie schließlich erneut das Wort aufnahm, klang sie genau wie das schüchterne Mädchen, das er einst aus den Sklavenpferchen von Geonosis befreit hatte.
„Euer Leben wird ein ständiger Krieg sein? Unser Leben? Sonst nichts?“
Endlich verstand er, was sie bewegte. Sie wollte, dass sich die Beziehung zwischen ihnen veränderte, wollte, dass auch diese sich entwickelte. Doch seine Hingabe an das Imperium, die es ihm ermöglichte, sein Verständnis der Macht zu perfektionieren, gestattete keinerlei tiefer gehende Bindung.
„Ich bin ein Sith-Krieger“, sagte er.
„Und zwischen uns wird es immer so bleiben, wie es ist?“
„Herr und Dienerin. Missfällt dir das?“
„Ihr behandelt mich nicht wie Eure Dienerin. Nicht immer.“
Er verlieh seiner Stimme eine Härte, die er nicht verspürte. „Und doch bist du eine Dienerin. Vergiss das nicht.“
Die blasslila Haut ihrer Wangen verdunkelte sich wieder zu Violett, doch dieses Mal nicht aus Scham, sondern vor Wut. Sie blieb stehen, wandte sich ihm zu und schaute ihm direkt ins Gesicht. Es kam ihm vor, als könnten weder seine Kapuze noch die Atemmaske etwas vor ihr verbergen.
„Ich kenne Euch besser, als Ihr Euch selbst. Ich habe Euch gepflegt als Ihr nach der Schlacht von Alderaan wegen dieser Jedi-Hexe dem Tode nahe wart. Ihr meint es ernst, wenn Ihr sprecht – von Konflikt, Entwicklung, Perfektion –, doch der Glaube reicht nicht bis in Euer Herz.“
Er starrte in ihr liebliches Gesicht, dessen Symmetrie von ihren beiden Lekku unterstrichen wurde. Sie hielt seinem Blick stand, ohne mit der Wimper zu zucken, und unter ihrem Kragen konnte er die Narbe sehen, die über ihren Hals lief.
Hingerissen von ihrer Schönheit, packte er sie am Handgelenk und zog sie an sich. Sie wehrte sich nicht, sondern drückte sich mit ihren Rundungen an ihn. Er schob die Atemmaske beiseite und küsste sie mit seinen entstellten Lippen fest auf den Mund.
„Vielleicht kennst du mich doch nicht so gut, wie du glaubst“, sagte er, ohne dass seine Stimme durch den mechanischen Filter seiner Maske gedämpft wurde.
Als kleiner Junge hatte er im Haus seines Adoptivvaters eine Twi’lek-Dienerin getötet, sein erster Mord. Sie hatte sich irgendeines unbedeutenden Vergehens schuldig gemacht, an das er sich nicht mehr erinnern konnte, aber das hatte auch nie eine Rolle gespielt. Er hatte sie nicht wegen ihrer Verfehlung getötet. Er hatte sie getötet, um sich zu vergewissern, dass er töten konnte. Er erinnerte sich noch an den stolzen Blick, mit dem sein Adoptivvater die Leiche der Twi’lek betrachtet hatte. Schon bald darauf wurde Malgus auf die Sith-Akademie auf Dromund Kaas geschickt.
„Ich glaube schon, dass ich Euch kenne“, erwiderte sie trotzig.
Er lächelte, sie lächelte, und er ließ sie los. Er legte seine Atemmaske wieder an und sah auf den Chrono an seinem Handgelenk.
Wenn alles wie geplant ablief, würde das Verteidigungsnetz jeden Moment zusammenbrechen.
Seine Gefühle wallten auf, getrieben von der Gewissheit, dass sein ganzes Leben nur auf die kommende Stunde ausgerichtet war, dass die Macht ihn zu dem Moment geführt hatte, in dem er den Untergang der Republik und die Vorherrschaft des Imperiums herbeiführen würde.
Sein Comlink empfing eine Nachricht, und er drückte eine Taste, um sie zu entschlüsseln.
Es ist getan, stand da.
Die Mandalorianerin hatte ihren Auftrag erledigt. Er wusste ihren richtigen Namen nicht, daher war sie in seinem Kopf zu einem bloßen Titel geworden: die Mandalorianerin. Er wusste nur, dass sie für Geld arbeitete, aus irgendeinem persönlichen Grund, den nur sie selbst kannte, die Jedi hasste, und außerordentlich talentiert war.
Die Nachricht verriet ihm, dass das Verteidigungsnetz des Planeten lahmgelegt war, doch niemand unter den Tausenden Lebewesen, die sich mit ihm auf dem Platz befanden, schien besorgt zu sein. Es wurde kein Alarm ausgelöst. Durch den Himmel schossen keine Militär- oder Sicherheitsschiffe. Die zivilen und militärischen Behörden waren sich der Tatsache, dass Coruscants Sicherheitsnetz sabotiert worden war, überhaupt nicht bewusst.
Doch in Kürze würden sie es bemerken. Und sie würden nicht glauben können, was ihre Instrumente ihnen anzeigten. Sie würden Tests durchführen, um zu sehen, ob die Messwerte stimmten.
Und bis dahin würde Coruscant bereits in Flammen stehen.
Sind auf dem Weg, tippte er in das Gerät ein. Trefft uns drinnen.
Er sah sich ein letztes Mal um, sah die Kinder, die mit ihren Eltern spielten, lachten, aßen. Jeder ging seinem alltäglichen Leben nach, ohne zu ahnen, dass es im Begriff war, sich zu ändern.
„Komm“, sagte er zu Eleena und ging weiter. Sein Mantel waberte um ihn herum. Genau wie sein Zorn.
Wenige Augenblicke später erreichte ihn eine weitere verschlüsselte Nachricht, dieses Mal von dem entführten Transportschiff.
Sprung abgeschlossen. Befinden uns im Anflug. Ankunft in neunzig Sekunden.
Vor sich sah er die vier Türme, welche die Dachebenen des Jedi-Tempels umringten. Der uralte Stein des Baus leuchtete im Licht der untergehenden Sonne orange wie Feuer. Die Zivilisten schienen einen großen Bogen um ihn zu machen, als wäre er ein heiliger Ort und nicht einer des Frevels.
Er würde ihn in Trümmer legen.
Er ging auf den Tempel zu, und das Schicksal begleitete ihn.
Den Weg zu den riesigen Toren des Tempels säumten Statuen längst verstorbener Jedi-Meister. Die untergehende Sonne warf die dunklen Formen der Statuen auf den Durabeton. Er ging durch ihre Schatten an ihnen vorbei und erkannte ein paar der Namen: Odan-Orr, Ooroo, Arca Jeth.
„Ihr wurdet getäuscht“, flüsterte er ihnen zu. „Eure Zeit ist vorbei.“
Die meisten der derzeitigen Meister des Jedi-Ordens waren fort und nahmen entweder an den Scheinverhandlungen auf Alderaan teil oder verteidigten auf anderen Planeten die Interessen der Republik. Doch der Tempel war nicht gänzlich unbewacht. Drei uniformierte Soldaten der Republik standen mit Blastergewehren bewaffnet bei den Toren. Er konnte jeweils zwei weitere bei den Absätzen neben den Toren spüren.
Er spürte auch Eleenas steigende Anspannung, aber sie blieb standhaft.
Wieder sah er auf seinen Chrono. Dreiundfünfzig Sekunden.
Argwöhnisch beobachteten die drei Soldaten, wie er sich zusammen mit Eleena näherte. Einer von ihnen sprach in sein Armband-Comlink. Vielleicht fragte er drinnen in der Kommandozentrale nach.
Sie würden nicht wissen, was sie von Malgus halten sollten. Trotz des Krieges fühlten sie sich in ihrer Enklave im Zentrum der Republik sicher.
„Halt!“, rief einer von ihnen.
„Ich kann nicht haltmachen“, sagte Malgus, zu leise, als dass man es durch seine Atemmaske hätte hören können. „Niemals.“
RUHIGES HERZ, ruhiger Geist – beides blieb Aryn versagt, schwebte vor ihr wie Schneeflocken in der Sonne, für einen Augenblick sichtbar und im nächsten schon geschmolzen und fort. Sie spielte mit den geschmeidigen Korallenperlen des nautolanischen Meditationskettchens, das Meister Zallow ihr geschenkt hatte, als sie in den Rang einer Jedi-Ritterin erhoben worden war. Schweigend zählte sie die geschmeidig glatten Perlen, schob eine nach der anderen an ihrer Kette entlang und strebte nach der Ruhe der Macht.
Zwecklos.
Was war nur mit ihr los?
Draußen surrten Gleiter an dem großen Fenster vorbei, das Ausblick auf die Landschaft von Alderaan bot, so idyllisch und wunderschön als wäre sie einem Gemälde entsprungen. Sie fühlte sich aufgewühlt. Für gewöhnlich gelang es ihr besser, sich vor den Emotionen um sie herum zu schützen. Bisher hatte sie ihr Einfühlungsvermögen für einen Segen der Macht gehalten, aber jetzt …
Die Jedi-Ritterin bemerkte, dass sie mit dem Bein zappelte und hörte damit auf. Sie verschränkte die Beine und öffnete sie wieder, dann noch einmal.
Syo saß neben ihr. Er hielt die schwieligen Hände im Schoß verschränkt und war so reglos wie die hoch aufragenden Plastiken alderaanischer Staatsmänner, die den marmorgefliesten Kuppelsaal säumten, in dem sie saßen. Das Licht der untergehenden Sonne strömte durch die Fenster und warf lange Schatten über den Boden. Syo sah sie nicht an, als er sprach.
„Du bist unruhig.“
„Ja.“
In Wahrheit fühlte sie sich wie ein überkochender Topf, aus dem der Dampf ihrer Emotionen unter dem Deckel ihrer Beherrschung zu entweichen versuchte. Die Luft wirkte aufgeladen. Sie hätte diese Gefühle ja dem Stress der Friedensverhandlungen zugeschrieben, doch schien ihr mehr als das dahinterzustecken. Sie spürte Verderben an sich emporkriechen, eine Art Dunkelheit. Versuchte die Macht, ihr etwas zu sagen?
„Unruhe steht dir nicht“, bemerkte Syo.
„Ich weiß. Ich fühle mich … seltsam.“
Sein Gesichtsausdruck hinter seinem kurzen Barthaar veränderte sich nicht, doch wusste er ihr Gefühle sehr wohl ernst zu nehmen. „Seltsam? Inwiefern?“
Seine Stimme beruhigte sie, und sie nahm an, dass dies mit ein Grund dafür war, dass er sprach. „Als ob … als ob etwas bevorstünde. Besser kann ich es nicht erklären.“
„Entspringt es der Macht, deinem Einfühlungsvermögen?“
„Ich weiß nicht. Ich fühle mich bloß … als ob bald etwas passieren würde.“
Er schien das zu überdenken, dann sagte er: „Es wird etwas passieren.“ Er deutete mit einem Blick zu der großen Doppeltür zu ihrer Linken, hinter der Meisterin Dar’Nala und Jedi-Ritterin Satele Shan die Verhandlungen mit der Sith-Delegation aufgenommen hatten. „Das Ende des Krieges, wenn wir Glück haben.“
Sie schüttelte den Kopf. „Es ist etwas anderes.“ Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und rutschte auf ihrem Platz herum.
Eine Weile saßen sie schweigend da, und Aryn begann wieder, an dem Meditationskettchen herumzuspielen.
Syo räusperte sich, und seine braunen Augen richteten sich auf einen Punkt auf der gegenüberliegenden Seite des Saals. Er sprach mit sanfter Stimme. „Sie sehen deine Unruhe. Sie interpretieren sie als etwas, das sie nicht ist.“
Das wusste sie. Ihre Verachtung war spürbar. Sie reizte ihren Verstand wie ein Kieselsteinchen, das im Stiefel drückte.
Zwei Sith in dunklen Mänteln, Mitglieder der Delegation, die das Imperium nach Alderaan entsandt hatte, saßen gegenüber von Aryn und Syo auf einer Steinbank vor der Wand. Fünfzehn Meter polierter Marmorboden, die zwei Reihen alderaanischer Bildhauerkunst und die Kluft konkurrierender Philosophien trennten Jedi und Sith.
Im Gegensatz zu Aryn wirkten die Sith nicht aufgeregt. Sie wirkten gespannt. Beide saßen vorgebeugt da. Sie hatten die Ellbogen auf ihre Knie gestützt und den Blick auf Aryn und Syo gerichtet, so als ob sie jeden Augenblick aufspringen würden. Aryn spürte ihren Hohn über ihren Mangel an Beherrschung, sah es an der Art, wie der männliche Sith die Lippen verzog.
Sie wandte ihren Blick von den Sith ab und versuchte, sich damit abzulenken, die Namen zu lesen, die auf den Sockeln der Statuen eingraviert waren – Keers Dorana, Velben Orr und andere, von denen sie noch nie gehört hatte –, doch die Präsenz der Sith setzte ihrer Machtsensibilität zu. Sie fühlte sich, als würde sie tief unter Wasser gezogen, wo immer stärkerer Druck auf sie einwirkte. Schon wartete sie darauf, dass es in ihren Ohren knacken und der plötzliche Schmerz sie erlösen würde. Doch so kam es nicht, und ihre Blicke wanderten zurück zu den beiden Sith.
Die Frau, deren schmächtige Gestalt sich in der Formlosigkeit ihrer dunkelblauen Robe zu verlieren schien, funkelte sie mit fahlen, verkniffenen Augen an. Ihre langen dunklen Haare hatte sie zu einem Knoten zusammengebunden, dessen Schleife wie eine Henkersschlinge von ihrem Kopf hing. Der hagere Mann, der neben ihr saß, hatte die gleiche blasse Haut wie die Frau und die gleichen fahlen Augen, die sie ebenfalls anfunkelten. Aryn nahm an, dass sie Geschwister waren. Seine dunklen Haare und der Bart – den er zu zwei spitzen Zöpfen geflochten hatte – konnten sein Gesicht nicht verbergen, das derart von Wundmalen und Pockennarben zerfurcht war, dass es Aryn an ein Schlachtfeld nach Artilleriebeschuss erinnerte. Ihr Blick fiel auf den dünnen Griff seines Lichtschwerts und das klobige, kantige Gegenstück dazu, das die Frau trug.
Sie stellte sich vor, wie ihre Eltern das Machtpotenzial von Bruder und Schwester entdeckt hatten, als sie noch klein waren, und sie zur Indoktrination nach Dromund Kaas bringen ließen. Ihr war bekannt, dass man im Imperium auf diese Art mit Machtbegabten verfuhr. Falls das stimmte, wären die beiden Sith, die ihr gegenübersaßen, eigentlich nicht der Dunklen Seite verfallen; sie hätten nie die Chance gehabt, sich zu erhöhen und irgendetwas anderes zu werden.
Sie fragte sich, was wohl aus ihr geworden wäre, wenn sie im Imperium zur Welt gekommen wäre. Hätte sie eine Ausbildung auf Dromund Kaas angetreten und ihr Einfühlungsvermögen in den Dienst von Folter und Schmerz gestellt?
„Bemitleide sie nicht“, riet ihr Syo auf Bocce, so als hätte er ihre Gedanken gelesen. Bocce kam ihm nur ungelenk über die Lippen. „Und zweifle nicht an dir.“
Sein Verständnis überraschte sie nicht. Er kannte sie gut. „Wer hat jetzt das Einfühlungsvermögen?“, erwiderte sie in derselben Sprache.
„Sie haben ihren Weg gewählt. Wie wir alle.“
„Ich weiß“, antwortete sie.
Aryn schüttelte den Kopf über das vergeudete Potenzial, und die Augen der beiden Sith folgten ihrer Bewegung mit dem wachsamen, konzentrierten Blick eines Raubtiers, das seine Beute verfolgt. Die Akademie auf Dromund Kaas hatte Jäger aus ihnen gemacht, und durch die Augen von Jägern sahen sie auch das Universum. Vielleicht war das die Erklärung für diesen Krieg im Kleinen.
Aryn fand jedoch keine Erklärung für das Friedensangebot.
Vielleicht war das der Grund für ihr Unbehagen.
Der Vorschlag des Sith-Imperators, über ein Ende des Krieges zu verhandeln, war so unerwartet gewesen, dass er wie ein Blitz einschlug und einen Ruck durch die Regierung der Republik gehen ließ. Imperium und Republik hatten sich auf ein Treffen auf Alderaan geeinigt, dem Ort eines vorangegangenen Sieges der Republik in diesem Krieg, und man hatte strenge Begrenzungen und Vorgaben zu Personenzahl und Zusammensetzung der beiden Delegationen festgelegt. Zu ihrer Überraschung gehörte Aryn zu den ausgewählten Jedi, auch wenn sich ihr Platz dabei ständig außerhalb der Verhandlungsräume befand.
„Diese Wahl ist eine Ehre für dich“, hatte Meister Zallow zu ihr gesagt, bevor sie das Schiff nach Alderaan bestieg, und sie wusste, dass dies der Wahrheit entsprach. Dennoch fühlte sie sich unwohl in ihrer Haut, seit sie Coruscant verlassen hatte. Es lag nicht daran, dass sie bereits auf Alderaan gekämpft hatte. Es war … irgendetwas anderes.
„Es geht mir gut“, versicherte sie Syo, in der Hoffnung, es auszusprechen würde wie ein Zauberwort dafür sorgen, dass es auch so war. „Wahrscheinlich habe ich nur zu wenig geschlafen.“
„Bleib ganz ruhig“, sagte er. „Es wird sich alles regeln.“
Sie nickte und versuchte, daran zu glauben. Sie verschloss die Augen vor den Sith und besann sich auf die Lehren von Meister Zallow. Sie spürte die Macht in sich und um sich herum, ein Gewebe aus leuchtenden Linien, das sich aus der Verbindung aller lebenden Dinge ergab. Wie immer leuchtete die Linie von Meister Zallow hell wie ein Leitstern vor ihrem geistigen Auge.
Sie vermisste ihn, vermisste seine beruhigende Präsenz und seine Weisheit.
Sie konzentrierte sich auf ihr Inneres, wählte einen Punkt in ihrem Geist, den sie zu einem Loch werden ließ, in dem all ihr Unbehagen versickerte.
Ruhe überkam sie.
Als sie ihre Augen wieder öffnete, richtete sie ihren Blick auf den männlichen Sith. Etwas in seinem Gesicht, ein wissender Blick, halb verborgen unter seinem Hohn, beunruhigte Aryn, aber sie wahrte eine ausdruckslose Miene und hielt seinem Blick reglos wie eine Statue stand.
„Ich sehe Euch“, sagte der Sith von der anderen Seite des Saals.
„Und ich Euch“, erwiderte sie mit fester Stimme.
KAPITEL 2
MALGUS’ ZORN WUCHS mit jedem einzelnen Schritt, als er sich dem Tempeleingang näherte. Die Macht antwortete seinen Gefühlen, schloss mit ihrer Kraft zu ihm auf und riss ihn mit, bis er von ihr durchflutet wurde. Er spürte die Saat der Furcht in den Soldaten aufgehen.
„Ich sagte halt!“, rief der führende Soldat erneut.
„Du tust nichts“, sagte Malgus über seine Schulter zu Eleena. „Sie gehören mir.“
Eleena behielt ihre Hände locker neben ihren Hüften und stellte sich hinter ihn.
Die drei Wachen bildeten einen Halbkreis, als sie sich dem Sith-Lord vorsichtig und mit ihren Blastern im Anschlag näherten. Der Eingang zum Tempel, eine fünfzehn Meter hohe Öffnung in der Fassade des Gebäudes, ragte hinter ihnen empor.
„Wer seid Ihr?“, fragte die Wache.
Das letzte Wort hing noch in der Luft, wie erstarrt in der Zeit, als Malgus sich der Macht bediente, um seine Schnelligkeit zu steigern. Der Griff seines Lichtschwerts fuhr in seine Hand, und der rot leuchtende Schaft zerteilte die Luft. Mit einem Querhieb schlug er der Wache vor sich eine schwarze Kerbe in die Brust, ließ die Klinge durch den Wachmann zu seiner Linken weiterfahren und entfesselte mit der linken Hand einen Machtstoß, der den dritten Wachmann mit genügend Wucht gegen die Tempelmauer schleuderte, um ihm die Knochen zu brechen und ihn zu töten.
Malgus fühlte das plötzliche Entsetzen der übrigen Soldaten auf den Stufen neben dem Eingang, spürte, wie sie mit schweißnassen Händen anlegten und abdrücken wollten. Er schleuderte ihnen sein Lichtschwert entgegen und lenkte es mit der Macht, sodass es sie in einem flackernden roten Bogen niederstreckte, um danach wieder in seiner Hand zu landen. Er schaltete es ab und befestigte es an seinem Gürtel.
Das Fauchen eines Jetpacks ließ ihn aufmerken. Seine Feuerstrahlen trugen die Mandalorianerin von einem Sims über dem Tempeleingang hinauf zu den oberen Tempeletagen, wo sie in einem Fenster verschwand. Er verließ sich darauf, dass sie drinnen beim Kampf zu ihm stoßen würde.
Er blickte auf seinen Chronometer, auf dem die Zahlen dahinschwanden. Noch neunundzwanzig Sekunden.
Eleena postierte sich zu seiner Rechten, und gemeinsam betraten sie den Tempel.
Die untergehende Sonne hinter ihnen ergoss sich durch die gewaltigen Flügeltüren und warf ihre Schatten weit ins Innere; riesige, dunkle Vorboten, die ihnen vorauseilten. Im Tempel herrschte Stille, ein Frieden, der bald enden würde.
Malgus’ Stiefel dröhnten auf dem polierten Steinboden. Über mehrere Hundert Meter erstreckte sich die Halle vor ihnen. Zu beiden Seiten erhoben sich elegante Säulen vom Boden bis zur Decke und bildeten einen Prozessionsweg zum Zentrum der Halle. Auch Balkone und Simse säumten die Seitenwände.
Links, rechts und vor sich spürte Malgus die Anwesenheit weiterer Wachen und Jedi.
Noch ein Blick auf den Chrono: zwölf Sekunden.
Oben – erst zu seiner Rechten, dann zu seiner Linken – zogen Bewegungen seine Aufmerksamkeit auf sich. Neugierige Padawane schauten von den Simsen herunter.
Ein halbes Dutzend Jedi in Roben und Kapuzen glitt vor ihnen von den Balkonen abwärts, um in der Halle Posten zu beziehen. Ein weiterer Jedi kam den breiten Treppenaufgang am anderen Ende der Halle herab. Sein Machtabdruck strahlte Stärke und Selbstsicherheit aus – ein Meister.
Geschlossen bewegten sich die sieben Jedi auf Malgus und Eleena zu, und Malgus und Eleena gingen ihnen entgegen.
Immer mehr Padawane versammelten sich auf den Balkonen und in den Durchgängen über ihnen, und in Malgus’ Wahrnehmung flackerten blasphemische Funken der hellen Seite auf.
Die deutlich stärkeren Machtabdrücke der näher kommenden Jedi stemmten sich Malgus entgegen, so wie sich seiner ihnen entgegenstemmte, und die Stärke der einen Seite verzerrte mit ihrer Präsenz die jeweils andere.
Er zählte in Gedanken weiter herunter.
Der Abstand zu den Jedi schwand.
Die Kraft in ihm wuchs.
Zwei Meter vor ihnen blieben sie stehen. Der Jedi-Meister zog seine Kapuze zurück, unter der blondes, an den Schläfen ergrautes Haar über einem gut aussehenden, geröteten Gesicht zum Vorschein kam. Malgus kannte seinen Namen aus den Geheimdienstbesprechungen – Meister Ven Zallow.
Rein äußerlich war Zallow alles, was Malgus – mit seiner blassen Haut, den Narben und dem kahlen Schädel – nicht war. Hinsichtlich der Macht war Malgus alles, was Zallow nicht war.
Die sechs Jedi-Ritter in Zallows Begleitung verteilten sich um Malgus und Eleena, um ihnen so wenig Bewegungsraum wie möglich zu lassen. Der Jedi-Meister sah ihn mit prüfendem Blick an, in etwa so, wie er vielleicht ein Raubtier in einer Falle angesehen hätte.
Eleena stellte sich Rücken an Rücken zu Malgus. Der Sith-Lord spürte ihren Atem, tief und regelmäßig.
In der Halle herrschte Stille.
Irgendwo räusperte sich ein Padawan. Ein anderer hustete.
Zallow und Malgus starrten sich gegenseitig in die Augen, ohne ein Wort zu wechseln. Es war keines nötig. Beide wussten, was gleich seinen Lauf nehmen würde, was seinen Lauf nehmen musste.
Der Chrono an Malgus’ Handgelenk begann zu piepen. Der dünne Ton dröhnte wie eine Explosion durch die ungeheure Weite der Halle.
Das Geräusch schien die Jedi aus ihrer Starre zu befreien. Ein halbes Dutzend grüne und blaue Linien durchstachen das Halbdunkel, als die Jedi-Ritter allesamt ihre Lichtschwerter zündeten, einen Schritt zurücktraten und Kampfhaltung einnahmen.
Alle bis auf Zallow, der vor Malgus nicht von der Stelle wich. Malgus wusste es ihm anzurechnen und neigte seinen Kopf in Ehrerbietung.
Vielleicht glaubten die Jedi-Ritter, das Piepen würde auf irgendeine Art Bombe hindeuten. Auf gewisse Weise, so dachte Malgus, tat es das auch.
Hinter ihm durchbrach ein weiteres Geräusch die Stille. Das Heulen der herannahenden Triebwerke des gekaperten Transportschiffes.
Malgus drehte sich nicht um. Stattdessen beobachtete er die Ereignisse hinter sich, indem er die Ereignisse vor sich im Auge behielt.
Die Jedi-Ritter traten einen weiteren Schritt zurück und schauten mit unsicheren Blicken an Malgus vorbei. Der Sith-Lord spürte, wie Eleena ihren Rücken gegen seinen presste. Zweifellos konnte sie jetzt das Transportschiff sehen, während es dröhnend auf den Tempel zuraste.
Zallow wich immer noch nicht zurück und hielt seinen Blick weiter auf Malgus gerichtet.
Das Geräusch des Schiffsantriebs stieg an und wurde immer schriller. Es klang wie ein lang gezogenes, mechanisches Schreien.