Star Wars™ Thrawn - Der Aufstieg - Teurer Sieg - Timothy Zahn - E-Book

Star Wars™ Thrawn - Der Aufstieg - Teurer Sieg E-Book

Timothy Zahn

0,0
11,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wie wurde Großadmiral Thrawn zu einem der brillantesten »Star Wars«-Bösewichte? Das phänomenale Finale der neuen Thrawn-Trilogie von SPIEGEL-Bestsellerautor Timothy Zahn

Seit Jahrtausenden ist die Chiss-Aszendenz eine Quelle der Stabilität und der Hoffnung in den unbekannten Regionen der Galaxis. Doch diese Stabilität wird untergraben von einem Feind, der die Vergangenheit kennt. Denn der ordnende Einfluss der Chiss beruht auf vergangenen Kriegen und schrecklichen Taten, von denen alle glaubten, sie seien längst vom Sand der Zeit begraben worden. Um einen Bürgerkrieg zu verhindern, muss Thrawn tief in die Vergangenheit eindringen. Was er findet, birgt die Gefahr, dass es seine Heimat zerstören wird. Doch vielleicht muss das Reich der Chiss vernichtet werden, um die Aszendenz zu retten …


Alle »Star Wars«-Romane über Thrawn:
Die Thrawn-Trilogie (Legenden)
1. Erben des Imperiums
2. Die dunkle Seite der Macht
3. Das letzte Kommando

Die Thrawn-Trilogie (Kanon)
1. Thrawn
2. Thrawn – Allianzen
3. Thrawn – Verrat

Die Aufstieg-Trilogie(Kanon)
1. Drohendes Unheil
2. Verborgener Feind
3. Teurer Sieg

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 839

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Buch

Seit Jahrtausenden ist die Chiss-Aszendenz eine Quelle der Stabilität und der Hoffnung in den unbekannten Regionen der Galaxis. Doch diese Stabilität wird untergraben von einem Feind, der die Vergangenheit kennt. Denn der ordnende Einfluss der Chiss beruht auf vergangenen Kriegen und schrecklichen Taten, von denen alle glaubten, sie seien längst vom Sand der Zeit begraben worden. Um einen Bürgerkrieg zu verhindern, muss Thrawn tief in die Vergangenheit eindringen. Was er findet, birgt die Gefahr, dass es seine Heimat zerstören wird. Doch vielleicht muss das Reich der Chiss vernichtet werden, um die Aszendenz zu retten …

Autor

Timothy Zahn wurde 1951 in Chicago geboren, lebt in Oregon und ist heute einer der beliebtesten Science-Fiction-Autoren der USA. Für seine Novelle »Cascade Point« wurde Zahn mit dem renommierten Hugo Award ausgezeichnet.

Alle »Star Wars«-Romane über Thrawn:

Die Thrawn-Trilogie (Legenden)

1. Erben des Imperiums

2. Die dunkle Seite der Macht

3. Das letzte Kommando

Die Thrawn-Trilogie (Kanon)

1. Thrawn

2. Thrawn – Allianzen

3. Thrawn – Verrat

Die Ascendancy-Trilogie (Kanon)

1. Drohendes Unheil

2. Verborgener Feind

3. Teurer Sieg

Timothy Zahn

ThrawnDer Aufstieg

Teurer Sieg

Deutsch von Andreas Kasprzak

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel »Star Wars™ Lesser Evil (Thrawn Ascendancy 3)« bei Del Rey, an imprint of Random House, a division of Penguin Random House LLC, New York.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlichgeschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Copyright der Originalausgabe Copyright

© 2021 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved.

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2023 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Alexander Groß

Covergestaltung: Isabelle Hirtz, Inkcraft nach einer Originalvorlage © & TM 2022 LUCASFILMLTD

Covermotiv und -design: Sarofsky

HK · Herstellung: sam

Satz und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-641-29083-2V002

www.blanvalet.de

Für alle, die zwischen zwei Übeln wählen mussten und sich eine bessere Option wünschten … und für alle, die sie gefunden haben.

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

Tausende Jahre lang war sie eine Enklave des Friedens inmitten des Chaos. Ein Knotenpunkt der Macht, ein Symbol der Stabilität, ein Leuchtfeuer der Integrität. Die Neun Herrschenden Familien stabilisieren sie von innen, die Expansive Verteidigungsflotte stabilisiert sie nach außen. Ihren Nachbarn ist Frieden sicher, ihren Feinden der Untergang. Sie ist Licht und Kultur und Pracht …

die Aszendenz der Chiss.

Prolog

»Für Rücksprung vorbereiten.« Die Stimme von Senior-Captain Mitth’raw’nuruodo hallte über die Brücke der Springhawk. »Alle Offiziere und Krieger, in Bereitschaft. Wir sind nicht hier, um einen Zwischenfall zu provozieren, aber wir müssen bereit sein.«

Der Erste Offizier, Mid-Captain Ufsa’mak’ro verzog unmerklich das Gesicht. Natürlich wollte Senior-Captain Thrawn keinen Ärger provozieren; das wollte er nie. Und doch schien er Schwierigkeiten wie magisch anzuziehen.

Und sollte sich dieses Muster fortsetzen, hätte er dafür den perfekten Ort gewählt.

Dass es sich bei Zyzek um ein fremdes System handelte, war schon schlimm genug. Hinzu kam, dass die Chiss so gut wie keine Informationen darüber hatten, abgesehen von der Position des Systems und der Tatsache, dass es ein Handelsknoten für mehrere kleine Nationen östlich und südöstlich der Chiss-Aszendenz war. Außerdem glaubte Thrawn, dass Captain Fsir und die anderen Watith dort rekrutiert worden waren, um die Springhawk in einen Hinterhalt zu locken.

Und das Schlimmste von allem: Niemand wusste, dass sie überhaupt hier waren.

Sie hätten mit ihren Informationen sofort zur Aszendenz zurückkehren sollen, nachdem sie den Planeten Hoxim – und das dortige Scharmützel, das Samakro insgeheim die Schlacht der Drei Familien getauft hatte – hinter sich gelassen hatten. Das Schiff musste repariert werden, und es gab Berichte abzugeben … wenn natürlich auch nur, damit irgendjemand die Sache unter den Teppich kehren konnte. All die anderen Chiss-Schlachtschiffe, die ausschließlich von Mitgliedern der Xodlak-, Erighal- und Pommrio-Familien bemannt wurden, waren bereits aufgebrochen, um in einer langwierigen Serie von Mikrosprüngen nach Csilla zurückzufliegen. Sicher zerbrachen ihre Kommandanten sich gerade den Kopf darüber, wie sie das Ganze in ihren Logbüchern erklären sollten.

Aber die Springhawk war geblieben. Thrawn hatte das Wrack des Watith-Frachters stundenlang studiert, bevor sie es zerstört hatten, und irgendetwas daran hatte ihn wohl zu der Schlussfolgerung geführt, dass Fsir von Zyzek stammen müsste. Wenn man das akzeptierte, war nur ein kleiner logischer und taktischer Gedankensprung nötig, um zu verstehen, warum Thrawn sich vor dem Rückflug in diesem System umsehen wollte.

Ja, Samakro verstand seine Strategie. In gewisser Weise teilte er Thrawns Einschätzung sogar. Die Springhawk hatte eine Himmelsläuferin, Che’ri, die sie schnell und sicher durch die verworrenen Hyperraumpfade des Chaos tragen konnte, wohingegen etwaige feindliche Beobachter, die die Schlacht verfolgt hatten, nur auf mittelmäßige Navigatoren zurückgreifen konnten – wenn überhaupt. Mit anderen Worten: Thrawn konnte Zyzek vor den Neuigkeiten über die Schlacht erreichen. Ein großer Vorteil, falls sie Informationen sammeln wollten …

Leider war das aber auch der einzige Vorteil, und ihm stand ein ganzer Berg an Nachteilen gegenüber.

»Rücksprung in drei, zwei, eins.«

Der pulsierende Wirbel löste sich in Sterne auf, und die Springhawk war am Ziel.

»Vollständiger Scan«, befahl Thrawn. »Achten Sie besonders auf die Schiffe in den diversen Orbits. Ich will eine möglichst vollständige Liste der Schiffstypen und ihrer Anordnung innerhalb der Umlaufbahnen.«

»Jawohl, Captain Thrawn«, bestätigte Mid-Commander Elod’al’vumic von der Sensorstation.

»Kharill, helfen Sie ihr bei der Katalogisierung«, fügte Thrawn hinzu.

»Ja, Sir«, tönte es aus dem Lautsprecher; Senior-Commander Plikh’ar’illmorf befand sich unten auf der sekundären Brücke. »Dalvu, markieren Sie die Sektoren, die wir übernehmen sollen.«

»Ja, Senior-Commander«, antwortete Dalvu. »Bin schon dabei.«

»Halten Sie auch nach Bewegungen Ausschau, sowohl ins Systeminnere, falls sie etwas vor uns verbergen wollen, als auch aus dem System heraus, sollte jemand einen Fluchtversuch unternehmen«, fuhr Thrawn fort. »Deswegen sind wir schließlich hier: um ihre Reaktion zu beobachten.« Er nickte in Richtung der Steuerkonsole. »Azmordi, wir fliegen langsam weiter auf den Systemkern zu. Himmelsläuferin Che’ri, halte dich bitte in Bereitschaft. Es könnte sein, dass wir uns schnell zurückziehen müssen.«

»Ja, Sir«, sagte Lieutenant Commander Tumaz’mor’diamir von der Steuerkonsole.

»Ja, Senior-Captain«, wiederholte Mitth’ali’astow, die Hüterin von Himmelsläuferin Che’ri.

Samakro ließ seinen Blick langsam über die Brücke schweifen. Dalvu, Kharill und Azmordi waren Offiziere, mit denen er bereits zusammengearbeitet hatte, als er noch der Kommandant die Springhawk gewesen war. Er kannte sie, er kannte ihre Fähigkeiten, und er würde ihnen jederzeit sein Leben anvertrauen.

Thalias hingegen …

Sein Blick verharrte auf der Hüterin, die ihrerseits durch die Aussichtsfenster starrte, eine Hand aufmunternd auf Che’ris Schulter gelegt. Thalias war ihm noch immer ein Rätsel, eingehüllt in Verdacht, Zweifel und Ungewissheit.

Was Samakro am meisten störte, war, dass ihr der Gestank familienpolitischer Winkelzüge anhaftete. Syndic Mitth’urf’ianico hatte zahlreiche Hebel in Bewegung gesetzt, um Thalias an Bord der Springhawk zu bekommen, und Samakro bezweifelte, dass ihm Thurfians Motive gefallen würden.

Nun, bald sollte er Gewissheit haben. Die Falle war bereits gestellt: Er hatte Thalias eine Geschichte erzählt, die ein schlechtes Licht auf Thrawn warf, und er war sicher, dass diese Geschichte früher oder später Thurfians Ohr erreichen würde – oder womöglich das eines anderen Syndic. Und wenn sich diese falsche Geschichte in den politischen Kreisen ausbreitete, hätte Samakro den Beweis, dass die Hüterin in Wirklichkeit eine Spionin war, hergeschickt, um den Kommandanten der Springhawk zu vernichten oder ihm zumindest zu schaden. Dann hätte Thrawn gar keine andere Wahl, als sie von seinem Schiff zu verbannen.

Bis dahin aber konnte Samakro nichts weiter tun, als die Frau im Auge zu behalten und den Plänen entgegenzuwirken, die sie an Bord verfolgen mochte.

Deswegen sind wir hier: um ihre Reaktion zu beobachten. Leider hatte Samakro schon oft genug erlebt, welche Reaktion Thrawns unangekündigte Auftritte hervorriefen. Vor allem, wenn er in potenziell feindlichem Territorium auftauchte und sich einer großen Zahl potenziell feindlicher Schiffe entgegenstellte.

Aber Thrawn war der Kommandant der Springhawk, und er hatte einen Befehl gegeben. Also war es Samakros Pflicht, diesen Befehl auszuführen.

Ebenso wie es seine Pflicht war, dieses Schiff zu verteidigen … mit seinem Leben, falls nötig.

»Unterwerfung.«

Generalirius Nakirre blickte durch die Aussichtsfenster des Kilji-Schlachtkreuzers Whetstone zu den Dutzenden Handelsschiffen hinaus, die um den Planeten Zyzek kreisten. »Unterwerfung?«

»Ein interessantes Konzept, nicht wahr?«, bemerkte das Wesen, das sich Jixtus nannte.

Nakirre musterte seinen Gast. Es war beunruhigend, sich einem Wesen gegenüberzusehen, das durch seine Robe, seine Kapuze, seine Handschuhe und seinen Schleier vollkommen verborgen war.

Insbesondere, da diese Anonymität Jixtus einen beträchtlichen Verhandlungsvorteil gegenüber Nakirre und seinen Vasallen verschaffte. Sobald das Wesen lernte, das Kräuseln unter der orangefarbenen Haut der Kilji zu interpretieren, durch das sie ihre emotionalen Reaktionen ausdrückten, würde er viel tiefere Einblicke gewinnen als allein durch Nakirres Worte.

Nichtsdestotrotz hatte Nakirre sich bereit erklärt, mit dem Fremdwesen hierherzureisen, und die Overlords hatten seine Entscheidung unterstützt.

Denn Jixtus hatte einige wirklich faszinierende Ideen darüber, wie die Zukunft der Kilji-Illumine aussehen könnte.

»Wesen, die die Weisheit und Führung der Kilji andernfalls ignorieren würden, können so nicht länger weghören«, fuhr Jixtus fort. »Wesen, die Ihre Philosophie andernfalls ablehnen würden, werden zum Schweigen gebracht, sodass ihr Wüten und Toben die Ordnung nicht länger stört.«

»Es würde für Ordnung sorgen, ja«, stimmte Nakirre zu, und Bilder von nie gekannter Stabilität huschten vor seinen Augen vorbei. Unterwerfung.

»Genau«, sagte Jixtus. »Ordnung und Erleuchtung für Milliarden Wesen, die gegenwärtig hilflos im Dunkeln umherirren. Wie Sie selbst wissen, bringen Ermutigung und Überzeugungskraft – ganz gleich wie leidenschaftlich – eine Kultur nur bedingt weiter. Falls die Kilji dieser gesamten Region Erleuchtung bringen wollen, ist Unterwerfung der einzige Weg.«

»Und du glaubst, dass diese Wesen eine solche Erleuchtung wollen?«, fragte Nakirre, wobei er mit einer ausladenden Handbewegung auf die Handelsschiffe in ihren Orbits deutete.

»Ob sie es glauben oder nicht, ob sie es akzeptieren oder nicht, der Weg der Kilji wird ihnen letztendlich Wohlstand und Zufriedenheit bringen«, erwiderte Jixtus. »Also, warum das Ganze unnötig hinauszögern?«

»Ja, warum?« Nakirre blickte zu den Schiffen hinaus. So viele Händler, so viele Nationen, und alle standen sie der Macht der Kilji-Illumine hilflos gegenüber. Welche sollte er sich als Erste herauspicken?

»Wie versprochen werde ich Ihnen helfen, die Nationen zu identifizieren, die sich am schnellsten und einfachsten unterwerfen lassen«, fuhr Jixtus fort. »Die Grysk haben vier besonders vielversprechende Ziele ermittelt, und alle vier sind hier durch Kaufleute vertreten. Wir werden Kontakt mit ihnen aufnehmen und uns die Waren ansehen, die sie anbieten. Und dann …«

»Generalirius?«, rief Vasall Zwei von der Sensorstation. »Ein neues Schiff ist im System angekommen. Unbekannter Bautyp.«

Nakirre blickte zum visuellen Display hinüber. Der Neuankömmling unterschied sich in der Tat von all den anderen Schiffen im Orbit. Vermutlich waren es Vertreter einer weiteren Nation, hergekommen, um zu handeln.

Oder vielleicht auch nicht. Der Bautyp sah nicht nach einem Handelsschiff aus. Die Form, die strategisch platzierten Ausbuchtungen entlang seiner Seiten, das unverkennbare Schimmern einer Nyix-Legierung …

»Das sind keine Kaufleute«, brummte er. »Es ist ein Schlachtschiff. Nicht wahr?«, fügte er an Jixtus gewandt hinzu.

Der Grysk stand ebenso wort- wie reglos da, sein verschleiertes Gesicht dem visuellen Display zugewandt. Es sah aus, als wäre sein Körper unter der Robe zu Stein erstarrt.

Normalerweise hatte Jixtus für alles einen passenden Kommentar parat. Aber nicht jetzt.

»Falls du beunruhigt bist – dafür gibt es keinen Grund«, versicherte ihm Nakirre. Der Neuankömmling war dreißig Prozent kleiner als die Whetstone, kaum größer als ein Kilji-Blockadeschiff also, und ähnlich stark bewaffnet. Sollte es einen Angriff starten, würden die Kilji ohne jeden Zweifel gewinnen.

Er hoffte allerdings, dass die Fremden nicht so töricht sein würden; anstatt ihr Schiff zu zerstören, würde er ihnen viel lieber die Philosophie der Kilji zeigen und ihnen zu wahrer Erleuchtung verhelfen.

»Generalirius, wir empfangen ein Signal von dem Kriegsschiff«, sagte Vasall Vier. Er berührte einen Knopf …

»… an alle versammelten Kaufleute und Händler«, ertönte eine melodische, ebenmäßige Stimme aus dem Brückenlautsprecher der Whetstone, die Worte mit der abgehackten Präzision der Handelssprache Minnisiat artikuliert. »Ich bin Senior-Captain Thrawn an Bord des Schlachtschiffes Springhawk von der Expansiven Verteidigungsflotte der Chiss. Ich habe eine Nachricht an alle Watith, die sich in der Nähe aufhalten. Gibt es einen Vertreter dieser Spezies, der bereit ist, mit mir zu sprechen?«

»Gibt es einen?«, fragte Nakirre mit einem Seitenblick in Jixtus’ Richtung.

Das Wesen löste sich aus seiner seltsamen Starre. »Gibt es was?«, fragte er in seltsamem Ton.

»Einen Vertreter der Watith.«

Jixtus schien sich zu sammeln. »Ich weiß es nicht. Mir sind keine ihrer Schiffe aufgefallen, als wir herkamen, aber ich habe auch nicht wirklich darauf geachtet. Darf ich vorschlagen, dass wir unsere Position halten und abwarten, ob ihnen jemand antwortet?«

»Falls sich sonst niemand meldet, werde ich es tun«, erklärte Nakirre. »Ich möchte wissen, welche Neuigkeiten er hat.«

»Davon würde ich abraten«, entgegnete Jixtus. »Die Chiss sind eine tückische Spezies. Möglicherweise ist das alles nur ein Trick, damit Sie sich zu erkennen geben.«

»Woher sollte er denn wissen, dass ich überhaupt hier bin?«, fragte Nakirre.

»Ich meinte nicht konkret Sie, Generalirius«, verdeutlichte Jixtus. »Aber ich bin sicher, dass er auf nützliche Informationen hofft. Dafür ist dieser spezielle Chiss bekannt.«

»Falls niemand an diesen Neuigkeiten interessiert ist«, fuhr Thrawn unterdessen fort, »könnte uns jemand zumindest den Weg zu ihrer Heimatwelt weisen? Wir haben Gefangene an Bord, die wir in ihre Heimat zurückbringen möchten.«

Nakirre blickte Jixtus überrascht an. »Er hat Gefangene?«

»Nein«, presste das Wesen hervor, »hat er nicht.«

»Aber er hat es gerade gesagt.«

»Er lügt«, erwiderte Jixtus. »Ich habe es doch gerade erklärt: Er will uns zum Reden bringen. Das ist ein Trick.«

»Woher willst du das wissen?«, beharrte Nakirre.

Jixtus verfiel erneut in Schweigen.

»Sag mir, woher du das wissen willst, Jixtus von den Grysk«, wiederholte Nakirre, und diesmal war es ein Befehl. »Falls die Chiss einen Vorstoß unternommen haben, gäbe es ganz sicher Gefangene; selbst nach den brutalsten Schlachten gibt es Überlebende. Also heraus mit der Sprache – oder soll ich ihn fragen?«

»Es gab eine Schlacht«, gestand Jixtus mit hörbarem Widerwillen. »Aber keine Überlebenden.«

»Was macht dich da so sicher?«

»Weil ich derjenige war, der die Watith gegen die Chiss ins Feld geschickt hat«, antwortete Jixtus. »Dreiundzwanzig Watith brachen auf … und dreiundzwanzig Watith sind gestorben.«

»Ich frage noch einmal: Was macht dich da so sicher?«

»Jemand hat die Schlacht aus den Schatten heraus für mich beobachtet«, erklärte Jixtus, jetzt wieder gefasster. »Er hat mich über alles in Kenntnis gesetzt.«

»Ich verstehe.« Nakirre versuchte, so zu tun, als wäre die Antwort zufriedenstellend.

Aber er war alles andere als zufrieden.

Hätte ein Beobachter den Grysk über den Tod der Watith informiert, hätte er zweifellos auch erwähnt, dass die Springhawk überlebt hatte. Warum also war Jixtus überrascht gewesen, als das Chiss-Schlachtschiff aufgetaucht war? Lag es einfach nur daran, dass es hierhergekommen war, nach Zyzek – oder war es doch eher die Tatsache, dass die Springhawk siegreich gewesen war?

Und woher wusste er, dass der Chiss Informationen sammelte? Kannte er ihn etwa persönlich?

Kurz überlegte Nakirre, ob er diese Fragen laut stellen sollte, aber es würde nichts bringen. Falls Jixtus Dinge vor ihm geheim hielt, würde er es auch weiterhin tun. So war es mit allen Wesen, die noch auf ihre Erleuchtung warteten.

Zum Glück gab es eine andere Informationsquelle in Reichweite. »Vasall Eins: Drehen Sie uns dem Chiss-Schiff entgegen«, befahl er. Sobald die Whetstone dem näher kommenden Schlachtschiff zugewandt war, aktivierte er sein Mikrofon. »Senior-Captain Thrawn, hier spricht Generalirius Nakirre von der Kilji-Illumine an Bord des Kriegsschiffes Whetstone. Wieso haben Sie Watith-Gefangene an Bord?«

»Ich grüße Sie, Generalirius Nakirre«, erwiderte Thrawn. »Sind Sie ein Verbündeter oder ein Handelspartner der Watith?«

»Weder noch«, antwortete Nakirre. »Aber das könnte sich bald ändern.«

»Ah«, sagte Thrawn. »Dann sind Sie hier, um neue Beziehungen aufzubauen?«

Nakirres Haut streckte sich zu einem trockenen Lächeln. Jixtus hatte recht gehabt: Dieser Chiss war tatsächlich auf der Suche nach Informationen. »Nicht speziell deswegen, nein«, antwortete er. »Wir von der Illumine bereisen das Chaos, um anderen die Wege der Kilji näherzubringen und sie zu erleuchten.«

»Eine noble Mission«, erwiderte Thrawn. »Gehören die Watith zu Ihren Schülern?«

»Nein, aber auch das könnte sich ändern. Wir sind gerade erst in diesem Teil des Chaos angekommen. Alles Weitere wird die Zukunft zeigen. Verraten Sie mir nun doch bitte: Wieso haben Sie Watith-Gefangene?«

»Ich fürchte, diese Information ist bis auf Weiteres vertraulich.«

»Wie Sie meinen«, sagte Nakirre. »Ich werde Ihnen diese Gefangenen trotzdem gerne abnehmen, um sie nach Hause zurückzubringen.«

»Wissen Sie denn, wo sich die Heimat der Watith befindet?«

Nakirre zögerte. Falls er Ja sagte, würde Thrawn wahrscheinlich nach den Koordinaten fragen und die Gefangenen selbst dorthin bringen. Und falls er Nein sagte, würde Thrawn sich vermutlich weigern, ihm die Watith auszuhändigen. Also wählte er eine dritte Option: »Ich habe bereits Kontakte mit einigen ihrer Händler geknüpft. Einer von ihnen wird mir sicher weiterhelfen.«

»Ich weiß Ihr Angebot zu schätzen«, sagte Thrawn. »Aber ich kann es leider nicht guten Gewissens annehmen. Falls sich hier keine Watith aufhalten, werden wir es beim nächsten Planeten versuchen.«

»Warum wollen Sie so eine unnötige Mühe auf sich nehmen?«

»Das ist meine Entscheidung, nicht Ihre.«

»Meine Mission der Erleuchtung verlangt, dass ich helfe, wo ich nur kann.«

»Nun, in diesem Fall können Sie mir nicht helfen«, entgegnete Thrawn. »Ihre Erleuchtung hat keinen Einfluss auf meine Entscheidungsfreiheit.«

»Lassen Sie ihn ziehen«, flüsterte Jixtus. »Lassen Sie ihn einfach ziehen.«

Nakirres Haut kräuselte sich vor Wut. Wut auf Jixtus; Wut auf Thrawn. Es gab hier wichtige Details, die weder der eine noch der andere preisgeben wollte.

Er brauchte Jixtus und die Grysk, um herauszufinden, welche Nationen sich am leichtesten unterwerfen und somit erleuchten ließen. Aber Thrawn … Thrawn brauchte er nicht. »Sie sollten sich kein vorschnelles Urteil anmaßen«, sagte er, während er die Whetstone mit einem Knopfdruck in Kampfbereitschaft versetzte. »Eines Tages könnte ich die Philosophie der Kilji auch zu den Chiss tragen.«

»Ich fürchte, Sie würden auf wenig Interesse stoßen«, konterte Thrawn. »Wir haben unsere eigenen Traditionen.«

»Der Weg der Kilji ist der einzig wahre.«

»Nein«, sagte Thrawn rundheraus, sein Ton ruhig. »Das ist er nicht.«

»Und schon wieder tun Sie unsere Weisheit ab, ohne ihr auch nur gelauscht zu haben.«

»Meiner Erfahrung nach steht echte Weisheit auf eigenen Beinen – sie muss nicht durch ein Kriegsschiff erzwungen werden.«

»Sie sind ebenfalls mit einem Schlachtschiff hergekommen.«

»Ich behaupte aber nicht, ich würde eine überlegene Weisheit in dieses System bringen«, entgegnete Thrawn. »Und ich habe auch nicht vor, jemandem meine eigenen Überzeugungen aufzuzwingen.«

»Er will Sie zu einem Angriff provozieren«, warnte Jixtus leise mit mühsam beherrschter Stimme. »Gehen Sie nicht darauf ein.«

Nakirres Haut spannte sich vor Verachtung. Wenn der Chiss es so darauf anlegte, sein eigenes Grab zu schaufeln, warum sollte er ihm dann nicht dabei helfen? Die Whetstone war Thrawns Springhawk in jeder Hinsicht überlegen; es würde nicht länger als ein paar Minuten dauern, um sie auszulöschen.

»Er will die Fähigkeiten der Whetstone ausloten«, fuhr Jixtus fort. »Und Ihre Fähigkeiten als Kommandant.«

Und warum sollte er nicht demonstrieren, wozu ein Kampfkreuzer der Kilji in der Lage war? Was immer Thrawn lernte, dieses Wissen würde gemeinsam mit ihm untergehen.

Andererseits gab es andere hier, die die Schlacht beobachten würden. Vielleicht wäre es unklug, ihnen die ganze Macht der Kilji zu demonstrieren, bevor die Kilhorde ihre Welten besuchte und ihnen den Pfad der Erleuchtung zeigte.

Aber allein den Anschein zu erwecken, als würde er sich von diesem Chiss Vorschriften machen lassen …

»Kriegsschiffe, hier spricht der Verteidigungskader des Zyzek-Systems«, meldete sich eine neue Stimme aus dem Brückenlautsprecher. »Sie werden hiermit beide aufgefordert, Ihre Waffensysteme herunterzufahren.«

Furchen kalter Belustigung durchzogen Nakirres Haut. Vier Patrouillenschiffe waren aus dem Durcheinander der Handelsschiffe aufgetaucht und teilten sich nun in Zweiergruppen auf, von denen sich eine der Whetstone und eine der Springhawk näherte. Sie waren sogar noch kleiner und erbärmlicher als das Schlachtschiff der Chiss; im Falle eines Kampfes würde schon eine einzige Salve ausreichen, um sie in das Dunkel jenseits jeglicher Erleuchtung zu schicken.

»Die Kilji können sie nicht erleuchten, wenn sie tot sind«, erinnerte ihn Jixtus.

Natürlich hatte er recht. Und wichtiger noch: Niemand könnte Nakirre Schwäche vorwerfen, wenn er unter diesen Umständen von einem Kampf mit den Chiss absah.

»An den Verteidigungskader von Zyzek, wir werden Ihrer Aufforderung selbstverständlich nachkommen«, sagte er. »Senior-Captain Thrawn, behalten Sie Ihre Gefangenen. Wir werden uns sicher wiedersehen, wenn ich Ihr Volk besuche, um die Chiss von ihren alten Traditionen auf den Weg echter Erleuchtung zu führen.«

»Ich freue mich auf unsere nächste Begegnung«, erwiderte Thrawn. »Auf Wiedersehen.«

»Bis dahin«, murmelte Nakirre, deaktivierte das Komm und drehte sich zu Jixtus um. »Du erwähntest vier Nationen, die die Kilji aufsuchen sollten«, sagte er. »Aber wir werden die Chiss zu unserem Ziel machen.«

»Dafür ist es zu früh«, protestierte Jixtus. »Sie müssen mit kleineren Nationen beginnen.«

»Wieso?«

Das Wesen schüttelte den Kopf, und die Bewegung ließ den Stoff seiner Kapuze und seines Schleiers rascheln. »Weil ich die Chiss kenne, Generalirius. Sie sind mächtig und unnachgiebig. Ich habe gesehen, wie sie Angriffen von außen und Manipulation im Inneren standgehalten haben. Nur eine Kombination aus beidem kann ihre Vernichtung herbeiführen.«

»Wahre Erleuchtung duldet keinen Aufschub«, entgegnete Nakirre. »Außerdem sprachen wir von Unterwerfung. Wir wollen den Chiss Frieden und Ordnung bringen, nicht den Untergang.«

»Die einfache Bevölkerung soll natürlich überleben, ja«, stimmte Jixtus ihm zu. »Sie können jeden erleuchten, der die Herrschaft der Kilji akzeptiert, ohne Widerstand zu leisten. Aber ihre Anführer und Kommandanten müssen sterben.«

»Natürlich«, sagte Nakirre. »Also lass uns zu ihrer Heimatwelt aufbrechen und den Prozess einläuten.«

»Die Grysk haben einen Plan aufgestellt«, beharrte Jixtus. »Und die Nationen müssen in exakt dieser Reihenfolge fallen. Ein Stein stößt den nächsten an. Überspringen wir einen, ist alles umsonst. Aber« – er hob den Finger – »das heißt nicht, dass Sie den Chiss nicht bereits einen Besuch abstatten können. Tatsächlich war es von Anfang an Teil meines Plans, dass wir ihre Welten und ihre Anführer aufsuchen.«

»Nun gut.« Nakirre warf einen Blick auf das Display: Die Springhawk hatte sich abgewandt und flog aus dem Gravitationsfeld des Planeten in den offenen Raum hinaus. »Ich werde mich an deinen Plan halten. Fürs Erste zumindest. Aber sei gewarnt. Falls ich den Eindruck gewinne, dass wir zu langsam Fortschritte machen, werde ich selbst entscheiden, welchen Stein wir als nächsten anstoßen.«

»Ich verstehe«, sagte Jixtus. »Folgen Sie meinem Rat, und die Chiss gehören Ihnen. Sobald die Zeit reif dafür ist.«

»Dann reift die Zeit besser schnell«, entgegnete Nakirre. »Und noch etwas: Wenn du die Anführer und Kommandanten der Chiss stürzt … überlasse mir diesen Thrawn.« Seine Gesichtshaut straffte sich zu einem grimmigen Lächeln. »Ich möchte ihm persönlich zeigen, was wahre Erleuchtung ist.«

Die Springhawk war wieder im Hyperraum, und die Anspannung ihrer kurzen Konfrontation begann gerade, aus Thalias’ Schultern zu weichen, als Samakro seine Suche in den Bordarchiven beendete. »Wir haben keinerlei Informationen über eine Spezies oder eine Regierung, die sich die Kilji nennt, Senior-Captain«, meldete er. »Und es gibt auch keine Verweise auf einen Generalirius Nakirre.«

»Nachvollziehbar«, sagte Thrawn. »Aber den Titel haben wir schon einmal gehört.«

Thalias riskierte einen Blick über die Schulter. Samakros Gesicht sah aus, als hätte er etwas Saures im Mund. »Ja, Sir«, bestätigte er. »Der Dreadnought, der die Vigilant und die Grayshrike bei Neuer Morgen angriff, erwähnte so einen Titel.«

»Was vermuten lässt, dass es eine Verbindung zu Generalirius Nakirre gibt«, sagte Thrawn.

»Ja, Sir«, wiederholte Samakro, und ein widerwilliger Tonfall gesellte sich zu seiner säuerlichen Miene.

Kein Wunder. Der Erste Offizier hatte gegen Thrawns Plan protestiert, Zyzek einen Besuch abzustatten, bevor sie zur Aszendenz zurückflogen – obgleich sein Protest natürlich höflich und beherrscht gewesen war. Er hatte einen solchen Umweg für gleichermaßen gefährlich wie sinnlos gehalten, wohingegen Thrawn überzeugt gewesen war, dass der Abstecher die Mühe wert sein würde. Und einmal mehr hatte der Senior-Captain recht behalten.

Auch wenn Thalias nicht wusste, wie nützlich die so gesammelten Informationen letztlich waren …

»Wir wissen außerdem, dass der Generalirius nicht allein war«, fuhr Samakro fort. »Insgesamt viermal war eine Stimme im Hintergrund zu hören – sie war leise, aber sie gehörte definitiv einer anderen Person. Vermutlich sogar dem Mitglied einer anderen Spezies.«

»Das war auch meine Schlussfolgerung«, sagte Thrawn. »Hat die Analyse dieser Unterbrechungen irgendetwas ergeben?«

»Noch nicht«, antwortete Samakro. »Die Stimme war gedämpft und die Übertragung nicht so klar, wie wir gehofft hatten. Ein paar Worte ließen sich herauspicken, aber eine vollständige Analyse wird vermutlich warten müssen, bis sich unsere Experten auf Naporar die Übertragung anhören können.«

»Lassen Sie die Analytiker trotzdem weitermachen«, entschied Thrawn. »Sie sollen versuchen, soweit möglich ein Stimmprofil anzufertigen.«

»Ja, Sir.«

Thalias spähte erneut über die Schulter. Samakro hatte ein paar Schritte zur Seite gemacht und tippte auf seinem Questis, während Thrawn seinen Blick abwesend über die Brücke schweifen ließ – ein sicheres Anzeichen dafür, dass er tief in Gedanken versunken war, wie Thalias inzwischen wusste.

Sie wandte sich wieder nach vorn zu Che’ri. Deren Blick wirkte ebenso abwesend, aber in ihrem Fall bedeutete es, dass sie das Vierte Auge benutzte, um die Springhawk sicher ans Ziel zu bringen.

»Hüterin.«

Sie wirbelte herum und erblickte direkt hinter sich Thrawn. »Sie sollten sich nicht so an andere Leute heranschleichen, Senior-Captain«, presste sie hervor.

»Verzeihung.« Das Wort klang eher amüsiert als wirklich entschuldigend. »Sie müssen lernen, Ihre Umgebung im Auge zu behalten, wenn Sie nachdenken.« Anschließend nickte er in Che’ris Richtung. »Wie geht es ihr?«

»Gut«, antwortete Thalias, und sie blickte ebenfalls auf das Mädchen hinab. »Sie wird in ungefähr vierzig Minuten eine Pause brauchen, aber sie hat letzte Nacht lange geschlafen und scheint auch sonst recht entspannt zu sein.«

»Das meine ich nicht.« Thrawn senkte die Stimme. »Ich meine sie und die Magys.«

Ein Kloß formte sich in Thalias’ Hals. Sie hatte gehofft, dass es niemandem außer ihr aufgefallen wäre. »Das war vielleicht nur Zufall.«

»Glauben Sie das wirklich?«

Thalias seufzte. Die Magys war die Anführerin einer Gruppe von außerirdischen Flüchtlingen, und Thrawn hatte sie hier an Bord im Kälteschlaf gehalten. Doch als eine andere Gruppe, genannt die Agbui, kostbaren Schmuck eingesetzt hatte, um ein Ratsmitglied der Xodlak-Familie auf Celwis zu manipulieren, hatte er die Magys geweckt, damit sie sich das Schmuckstück ansehen konnte. Sie hatte die Brosche erkannt, und Thrawn hatte sie daraufhin gebeten, sich wieder in Tiefschlaf versetzen zu lassen, bis sie zu ihrem Volk zurückgebracht werden konnte – welches gegenwärtig auf der paccoschen Heimatwelt Rapacc ausharrte.

Verständlicherweise hatte die Magys sich geweigert, denn die Brosche bewies, dass ihre Welt von fremden Mächten bedroht wurde. Thrawns Warnung, dass niemand an Bord sie sehen dürfte, hatte ihr nicht im Geringsten imponiert. Im Gegenteil, sie war so beharrlich gewesen, dass Thalias kurzzeitig befürchtet hatte, Thrawn und Samakro müssten sie mit Gewalt in ihre Tiefschlafkapsel zurückzwingen.

Und dann, ganz plötzlich, hatte sie ihren Widerstand aufgegeben und sich Thrawns Anweisungen gebeugt.

Doch bevor die Magys sich in der Suite der Himmelsläuferin in die Kapsel gelegt hatte, war ihr Blick kurz in Richtung von Che’ris Schlafzimmer gehuscht.

Auf Rapacc, während der ersten Begegnung zwischen Thrawn und den Flüchtlingen, hatte die Magys irgendwie erkannt, dass Thalias früher selbst eine Himmelsläuferin gewesen war – dass sie das Vierte Auge benutzt hatte, um Schiffe durch den Hyperraum zu navigieren. Hatte sie vielleicht auf dieselbe Weise Che’ris Gegenwart gespürt oder ihre Verbindung mit … nun, was immer es war, das das Vierte Auge einem eröffnete?

»Nein, ich glaube es nicht wirklich«, gestand sie. »Aber ich hoffe es trotzdem. Ich meine, da waren zwei Wände und das gesamte Wohnzimmer zwischen ihr und Che’ri. Wie hätte sie sie spüren können?«

»Die Magys behauptet, ihre Leute gehen nach dem Tod auf die Andere Seite über«, erinnerte Thrawn sie. »Außerdem hat sie erkannt, dass Sie auch mal eine Himmelsläuferin waren. Das legt den Schluss nahe, dass diese Verbindung auch bei lebenden Wesen spürbar ist.«

»Aber auf Rapacc hat sie mich direkt angeblickt«, entgegnete Thalias. »Hätte sie Che’ri gesehen, wäre es etwas anderes. Aber sie hat das Kind nie zu Gesicht bekommen.«

Thrawn hob die Augen zum Wirbeln des Hyperraums vor den Aussichtsfenstern. »Falls die Andere Seite dasselbe ist wie die Macht, von der General Skywalker mir erzählt hat, dann könnte sich diese Energie auf vielerlei Weise bemerkbar machen. Vielleicht ist das Vierte Auge eine Manifestation, der die Magys noch nicht begegnet ist.«

»Ich dachte, ihr ganzes Volk wäre mit der Anderen Seite verbunden.«

»Wenn eine gesamte Spezies in einer bestimmten Tonlage summt, würde man sich an diesen Klang gewöhnen«, sagte Thrawn. »Und wenn man dann einer Spezies begegnet, die überhaupt nicht summt, mit Ausnahme dieses einen Wesens, dann würde einem das doch sicher umso mehr auffallen.«

»Ich verstehe, was Sie meinen«, erwiderte Thalias mit einem Nicken. »Die Abwesenheit von etwas kann ebenso lehrreich sein wie seine Gegenwart.«

»Richtig. Wie Ihnen zweifellos auch bei Generalirius Nakirre aufgefallen ist.«

Thalias spitzte die Lippen. Sie hatte geglaubt, sie wäre die Einzige, der es aufgefallen war, und sie hatte vorgehabt, es für sich zu behalten, bis sie unter vier Augen mit Thrawn darüber sprechen könnte. »Sie meinen, dass er nie danach gefragt hat, wie viele Watith-Gefangene wir haben?«

»Sehr gut«, sagte Thrawn. »Ihr analytisches Verständnis ist in beeindruckendem Maße gewachsen, seit Sie an Bord der Springhawk gekommen sind.«

»Danke.« Das Kompliment wärmte Thalias’ Wangen. »Aber das verdanke ich nur meinem Lehrer.«

»Nein«, entgegnete Thrawn. »Ich bin nicht Ihr Lehrer. Jede Person geht anders an ein Problem heran. Ich stelle lediglich ein paar Fragen. Den Weg zu Ihrer Lösung finden Sie ganz allein.«

»Wenn Sie meinen«, murmelte Thalias. Ja, man musste bereit sein, sich Logik und Vernunft zu öffnen. Und viel zu viele Leute – vermutlich sogar die meisten – begnügten sich damit, andere für sich denken zu lassen.

»Also, was schließen wir aus Nakirres mangelnder Neugier?«, fragte Thrawn auffordernd.

»Er weiß bereits, wie viele Leute Captain Fsir auf seinem Frachter hatte.« Thalias runzelte die Stirn. »Oder dass sie alle schon tot sind.«

»Ich tendiere zu letzterer Schlussfolgerung«, erklärte Thrawn. »In jedem Fall deutet es darauf hin, dass es eine Verbindung zwischen dieser anderen Person im Hintergrund und den Leuten gibt, die Fsir angeheuert haben.«

»Ja, das ergibt Sinn«, sagte Thalias, nachdem sie alles noch einmal in Gedanken durchgegangen war. »Ein Handelsknotenpunkt wie Zyzek zieht viele unterschiedliche Nationen und Spezies an. Falls unser mysteriöser Fremder Fsir hier angeheuert hat, ist es wahrscheinlich, dass er hier auch seinen nächsten Helfer sucht.«

»In der Tat«, pflichtete Thrawn ihr bei. »Was uns zu einer weiteren Frage führt.«

Sie runzelte erneut die Stirn. »Wofür genau er Nakirre angeheuert hat?«

»Richtig«, antwortete Thrawn. »Ich hatte gehofft, dass wir den letzten Angriff auf die Aszendenz erlebt hätten. Aber nun sieht es so aus, als wäre das ein Irrtum gewesen.«

»Vielleicht«, murmelte Thalias, und eine gähnende Leere tat sich in ihrer Magengrube auf. Denn selbst wenn die Angriffe auf die Aszendenz geendet hätten, die Angriffe auf Thrawn würden weitergehen.

Kurz wanderten ihre Gedanken zurück zu der Unterhaltung mit Patriarch Thooraki in der Heimstatt der Mitth-Familie. Er hatte sie aufgefordert, Thrawn zu helfen, denn auch wenn er ein militärisches Genie sein mochte, schien er nicht in der Lage, die politische Schlinge zu erkennen, die sich um seinen Hals gelegt hatte.

Thalias war entschlossen, ihr Möglichstes zu tun. Die Frage war nur, was sie – die einfache Hüterin einer Himmelsläuferin – überhaupt bewirken konnte.

»Und falls wirklich ein weiterer Angriff bevorsteht«, fügte sie hinzu, obwohl sie bezweifelte, dass Thrawn die doppelte Bedeutung der Worte erkannte, »werden wir den eben zurückschlagen.«

Die Vorladung nach Sposia war überraschend gekommen, und Supreme-General Ba’kif hatte kaum genug Zeit gehabt, um sein Büro in Csaplar zu verlassen und zu dem Landefeld außerhalb der Stadt zu fliegen, wo sein Scoutschiff auf ihn wartete; eines von fünfen, die stets für die obersten Offiziere der Verteidigungsflotte in Bereitschaft standen. Zwanzig Minuten später hatte er bereits das Gravitationsfeld von Csilla verlassen und tauchte in den hypnotisierenden Wirbel des Hyperraums ein.

Ba’kif ließ sich normalerweise nicht herumscheuchen; tatsächlich würden viele seiner Kollegen nur dann so überhastet zu einer Reise aufbrechen, wenn ein offener Krieg ausgebrochen war.

Doch die Vorladung stammte direkt vom Büro des Stybla-Patriarchen, Stybla’mi’ovodo, und in seiner Nachricht hatte er erwähnt, dass es um Senior-Captain Thrawn ging. Für Ba’kif war das mehr als genug Anreiz.

Nachdem Ba’kif schließlich die rigorose Sicherheitsüberprüfung der Interplanetaren Forschungsgruppe überstanden hatte, erwartete ihn Lamiov vor den gewaltigen Toren von Sektion Vier. »Supreme-General«, sagte der Patriarch, als Ba’kif den Eingangsbereich durchquerte und sein Bestes tat, die Soldaten zu ignorieren, die wortlos über die geheimste Militäranlage der Aszendenz wachten. »Danke, dass Sie so schnell gekommen sind.«

»Ein Besuch bei der IFG ist immer ein Vergnügen, Euer Würden«, erwiderte Ba’kif. »Auch wenn ich gern ein wenig Zeit gehabt hätte, mich vorzubereiten.«

»Glauben Sie mir, ich hatte auch nur zehn Minuten mehr als Sie«, erklärte Lamiov. »Senior-Captain Thrawn hält sich bei seiner aktuellen Mission extrem bedeckt – selbst für seine Verhältnisse.«

»Hat diese Sache damit zu tun, dass er erst so spät zurückgekehrt ist von … nun, von was immer die Xodlak, Erighal und Pommrio dort draußen getrieben haben?«

»Ist das denn wirklich so ungewöhnlich?«, entgegnete Lamiov mit einem Stirnrunzeln. »Die Schiffe dieser Familien kamen schließlich auch erst gestern an.«

»Wohl wahr«, sagte Ba’kif, »aber im Gegensatz zu den anderen Schiffen hat die Springhawk eine Himmelsläuferin an Bord. Thrawn hätte mindestens zwei Tage vor ihnen zurück sein sollen.«

»Interessant«, murmelte Lamiov. »Vielleicht ist er länger bei Hoxim geblieben, um sich die Absturzstelle des Frachters anzusehen.«

Ba’kif schnaubte leise. »Alles, was Sie gerade sagen, sollte eigentlich nur dem Rat bekannt sein, wissen Sie das?«

»Aber, aber, Supreme-General«, konterte Lamiov mit trockenem Humor. »Falls Sie nicht wüssten, dass wir Stybla unsere eigenen Informationsquellen haben, hätten Sie in Ihrem gegenwärtigen Amt nichts zu suchen. Wollen wir reingehen?«

»Nach Ihnen.« Ba’kif bemerkte aus dem Augenwinkel, dass die Wachen hinter ihnen die Schultern strafften, als die beiden Männer die letzten Meter zu den Toren des Komplexes zurücklegten. Unmittelbar nach der Gründung der IFG hatte es im Syndicure Überlegungen gegeben, sämtliches Personal der Forschungsgruppe von ihren Familienwurzeln zu trennen – so wie es routinemäßig auch bei allen hochrangigen Flottenoffizieren geschah, um jegliche Form von Familienpolitik aus den höchsten Rängen des Militärs zu verbannen.

Letztendlich hatte man jedoch entschieden, dass ein solcher Schritt zu viel Aufmerksamkeit auf den Komplex lenken würde, und die Idee war aufgegeben worden. Stattdessen hatte man einen Kompromiss gewählt und bei den IFG-Uniformen auf jegliche Familieninsignien verzichtet – das umfasste sowohl die Familienwappen der Neun und der Vierzig als auch die stilisierten Namen, die von den anderen, niederen Familien der Aszendenz benutzt wurden. Theoretisch waren hier bei der IFG also alle gleichwertig.

Aber Ba’kif kannte Lamiov, und deshalb vermutete er, dass die meisten, wenn nicht gar alle Wachen hier in Sektion Vier von den Stybla gestellt wurden.

Ebenso hatte er bereits vermutet, dass in dem großen Beobachtungsraum von Sektion Vier rege Aktivität herrschen würde, schließlich war gerade ein neues, fremdes Artefakt angekommen. Was er vorfand, überstieg seine Vermutungen jedoch bei Weitem.

Teilweise lag das sicher an der Größe des Artefakts: ein vier Meter langes Geflecht aus weißen Metallrippen, die aussahen, als würden sie aus dem Torso einer monströsen Meereskreatur stammen. Ein Dutzend Techniker schwirrten darum herum, wobei sie Messungen vornahmen oder Sensoren und andere Analysegeräte anbrachten. Zwei ranghohe IFG-Offiziere waren ebenso zugegen, wobei einer die Arbeit der Techniker überwachte und der andere fieberhaft auf seinem Questis herumtippte.

Ein wenig abseits standen zwei schweigsame Beobachter: Senior-Captain Thrawn und Mid-Captain Samakro.

Beide Männer drehten sich um, als Ba’kif und Lamiov auf sie zukamen. »Patriarch Lamiov, Supreme-General Ba’kif«, begrüßte Thrawn sie. »Sie ehren uns mit Ihrer Anwesenheit.«

»Und Sie ehren uns, indem Sie uns ein weiteres Stück für unsere Sammlung bringen«, erwiderte Lamiov. »Erklären Sie dem Supreme-General doch bitte, womit genau wir es hier zu tun haben.«

»Gewiss, Euer Würden.« Thrawn richtete seine Aufmerksamkeit auf Ba’kif. »Als wir nach letzten Widerstandsnestern der Vagaari-Piraten suchten, entdeckten wir einen fremden Kreuzer, der dem Anschein nach von drei Kanonenbooten angegriffen wurde. Wie wir jedoch später herausfanden, war dieses Gefecht gestellt und die erste Phase einer Falle.«

»Offensichtlich wussten sie nicht, mit wem sie sich angelegt haben«, kommentierte Ba’kif.

»Nein, ihr Wissen über die Chiss schien stark begrenzt«, erwiderte Thrawn; das subtile Kompliment schien ihm völlig zu entgehen. »Was mich besonders faszinierte, war, dass dieser gestellte Überfall bereits in vollem Gange war, als wir aus dem Hyperraum zurückfielen. Das legte den Schluss nahe, dass diese Wesen vorherberechnen können, wann und wo ein Schiff in den Normalraum zurückspringt.«

Ba’kif blickte zu dem skelettalen Artefakt hinüber, und seine Brust zog sich auf unangenehme Weise zusammen. »Und das da hat ihnen zu diesem Vorteil verholfen?«

»Davon gehen wir aus, ja«, bestätigte Thrawn. »Das Gitter war zwischen die innere und die äußere Hülle des Frachters eingefügt und durch diese Kabel mit den Instrumenten verbunden.«

Erst jetzt fielen Ba’kif die Rolltische neben dem Gerüst auf, die mit seltsam geformten Kästen und sorgsam aufgerollten Kabelsträngen beladen waren. »Und sah das ganze Gitter so aus wie das da?«

»Zumindest alle Teile, die wir finden konnten«, antwortete Thrawn. »Leider hatten wir nicht viel Zeit für unsere Analyse.«

»Haben Sie eine Theorie, wie weit im Voraus man mit diesem Gerät ein näher kommendes Schiff erkennen kann?«, wollte Ba’kif wissen.

»Ausgehend davon, in welcher Phase der Angriff bei unserer Ankunft war, würde ich schätzen, dass sie mindestens neunzig Sekunden Zeit hatten, um sich vorzubereiten«, sagte Thrawn. »Vielleicht auch länger.«

»Neunzig Sekunden«, murmelte Ba’kif. Die potenziellen Konsequenzen ließen seine Gedanken rasen. Wenn die Aszendenz ein paar Scoutschiffe mit dieser Technologie um jede Chiss-Welt postieren könnte, wären sie vor jeglichen Überraschungsangriffen geschützt.

Besser noch: Falls das Gitter alle Schiffe erfassen konnte, die durch den Hyperraum reisten, auch diejenigen, die sich nicht gerade auf einen Rücksprung vorbereiteten, dann könnte die Expansive Verteidigungsflotte die größeren Hyperraumrouten in der Aszendenz lückenlos überwachen. Und falls das Gerät näher kommende Schiffe nicht nur erfassen, sondern vielleicht auch bestimmen konnte, um wie viele genau es sich handelte …

»Überstürzen Sie nichts, Supreme-General«, warnte Lamiov.

Ba’kif blinzelte die Gedanken fort. »Wie bitte?«

»Ich kenne diesen Blick«, sagte der Patriarch. »Und ich muss Sie warnen; nur weil wir eines dieser Geräte erbeuten konnten, heißt das nicht, dass wir sie rekonstruieren können.«

»Ich weiß«, erwiderte Ba’kif, und seine Aufregung flachte ab. Bislang hatte Thrawn zwei fremde Technologien für Sektion Vier erbeutet, und beide – der Gravitationsfeldgenerator der Vagaari und die modernen Schildsysteme der Republik – gaben den Technikern der IFG nach wie vor Rätsel auf. Ba’kif zweifelte nicht daran, dass sie diesen Rätseln früher oder später auf den Grund gehen würden, aber die Betonung lag dabei wahrscheinlich eher auf später als auf früher.

Und leider gab es keinen Grund zu der Annahme, dass dieses moderne Warnsystem eine Ausnahme von der Regel darstellen würde.

»Ich wünschte nur, ich wüsste, warum jede Technologie, die der Verteidigungsflotte von Nutzen sein könnte, so schwer zu knacken ist«, seufzte Ba’kif.

»Ja, da scheint es in der Tat ein Muster zu geben«, sagte Lamiov und lächelte. »Diese hochpolige elektronische Speichereinheit, die uns vor Hunderten Jahren gebracht wurde, wurde binnen zwölf Monaten in jedem neuen Questis verbaut. Und das Kochsystem, das jemand vor dreißig Jahren fand, war innerhalb von fünf Monaten auf dem Markt.«

»Aber etwas, das die elektrostatische Barriere eines Schiffes um tausend Prozent oder mehr verstärken könnte …« Ba’kif schüttelte den Kopf.

»Vielleicht haben wir hiermit ja mehr Glück«, erwiderte Lamiov mit einem Nicken in Richtung des Gittergebildes. »Es ist nur schade, dass Sie nicht den gesamten Frachter zurückbringen konnten.« Seine Augenbraue wanderte in einer wortlosen Frage nach oben.

»Ja«, sagte Thrawn nur. Entweder hatte er die auffordernde Mimik des Patriarchen nicht bemerkt, oder er hatte bereits beschlossen, dass er keine genaueren Details über das Schicksal des Frachters preisgeben wollte.

»Wir haben die gesamte Ausrüstung, die wir noch finden konnten, geborgen, ebenso wie den intakten Rest des Gitters«, fügte Samakro hinzu, aber auch er ignorierte die angedeutete Frage. »Hoffentlich ist es genug, um Ihnen weiterzuhelfen.«

»Wir werden unser Bestes tun«, versicherte ihm Lamiov. »Gibt es sonst noch etwas, das unsere Techniker wissen sollten?«

»Ich denke, nicht«, antwortete Thrawn. »Mid-Captain?«

»Mir fällt auch nichts ein«, sagte Samakro. »Nur eines vielleicht: Obwohl der Frachter Teil des Hinterhalts war und somit als Kriegsschiff betrachtet werden könnte, entsprach seine Hülle einem gängigen, zivilen Bautyp. Kein Nyix, nicht mal eine Nyix-Legierung an der Innenhülle.«

»Das könnte in der Tat von Belang sein«, murmelte Lamiov.

Samakro nickte. »Ja. Aber vielleicht hat es nur damit zu tun, dass die Erbauer die Illusion eines Frachters wahren wollten, und nicht mit der Technologie selbst.«

»Möglich.« Ba’kifs Gedanken wanderten dennoch in diese Richtung. Nyix besaß einige einzigartige Eigenschaften, die es zu einer perfekten Wahl für die Hülle von Schlachtschiffen machten. Sollten eine oder mehrere dieser Eigenschaften die Funktionsweise des Warnsystems beeinträchtigen, könnte ihnen das wichtige Einblicke in die Funktionsweise der Technologie verschaffen.

»Ich werde die Techniker definitiv darauf aufmerksam machen«, sagte Lamiov. »Aber jetzt sollten Sie den Rat auf Csilla nicht länger warten lassen, Senior-Captain.«

»Natürlich.« Thrawn neigte den Kopf. »Dürfte ich Sie bitten, uns auf der Springhawk zu begleiten, Supreme-General? Es gibt noch eine weitere Angelegenheit, über die ich mit Ihnen sprechen möchte.«

»Kann das nicht warten?«, fragte Ba’kif.

Thrawn wechselte einen Blick mit Samakro. »Doch, Sir, vermutlich schon«, sagte er schließlich. »Fürs Erste.«

»Dann soll es fürs Erste warten«, erklärte Ba’kif streng. »Ich habe nur ein paar Stunden Zeit und einige dringende Angelegenheiten, die ich vor meinem Rückflug mit Patriarch Lamiov besprechen möchte. Außerdem, wie der Patriarch schon sagte: Die Springhawk wird auf Csilla für eine Inspektion und eine Neubestückung erwartet.« Seine Augenbraue wanderte um eine Winzigkeit nach oben, als er sich Samakro zuwandte. »Was Sie angeht, Mid-Captain: Sie stehen auf der Liste von Personen, mit denen ich über den Zwischenfall bei Hoxim sprechen möchte. Sie nutzen die Zeit also besser, um einen Bericht vorzubereiten und alle Dokumente zu sammeln, die Ihrer Meinung nach in die Akte aufgenommen werden sollten.«

»Verstanden, Supreme-General«, bestätigte Samakro. »Aber falls ich dürfte …« Er blickte zu Thrawn hinüber. »Ich würde Sie bitten, Ihre Besprechung mit dem Senior-Captain nicht zu lange aufzuschieben.«

»Betrachten Sie Ihren Hinweis als zur Kenntnis genommen.« Ba’kif runzelte die Stirn. Samakros Gesichtsausdruck war genauso neutral, wie man es von einem Flottenoffizier erwartete, wenn er sich an einen Vorgesetzten wandte.

Aber unter dieser Neutralität lag eine deutliche Anspannung verborgen. Was immer Thrawn mit Ba’kif besprechen wollte – es war keine Unterhaltung, auf die Samakro sich freute.

Das machte Ba’kif noch neugieriger, doch es änderte nichts daran, dass die Sache warten musste. Im Moment hatten Hoxim und die daraus entstandenen Konsequenzen Vorrang.

»Wir sehen uns auf Csilla«, sagte er mit einer wedelnden Handbewegung in Richtung des Ausgangs. »Jetzt lassen Sie Ihr Schiff inspizieren, und halten Sie sich bereit, Bericht zu erstatten.«

1. Kapitel

Die Vigilant war drei Minuten von ihrem Ziel entfernt, und Admiralin Ar’alani fragte sich, ob ihr Schiff rechtzeitig in Bereitschaft sein würde, als Senior-Captain Kiwu’tro’owmis auf die Brücke zurückkehrte.

»Verzeihen Sie die Verzögerung, Admiralin«, sagte Wutroow, während sie zu Ar’alanis Kommandosessel herüberkam. »Raketenrohr eins wollte sich einfach nicht reparieren lassen. Aber zu guter Letzt konnten wir ihm doch noch Vernunft einreden.«

Ar’alani blickte auf die Waffenstatusanzeige: Abschussrohr eins wurde noch immer in Rot angezeigt … bevor es ganz plötzlich auf Grün wechselte. »Ausgezeichnet«, sagte sie. »Vermerken Sie einen lobenden Eintrag über Ihre Techniker im Logbuch. Man sollte sich nie in eine riskante Situation wagen, wenn das Schwert in der Hülle klemmt.«

»Jawohl, Ma’am«, erwiderte Wutroow. »Auch wenn mir noch immer nicht ganz klar ist, was für eine Situation Sie erwarten.«

»Das weiß ich selbst nicht wirklich«, gestand Ar’alani. »Aber irgendetwas an dieser letzten Nikardun-Basis lässt mir keine Ruhe.«

»Was genau?«, wollte Wutroow wissen. »Dass die Angreifer eine Waffe in einen Asteroiden eingebaut hatten? Oder dass die Basis zu groß war, um ein Horchposten zu sein – oder eine der anderen Einrichtungen auf Yivs Liste?«

»Beides. Und da ist noch etwas …« Ar’alani zögerte. »Ich hoffe, ich werde es erkennen, wenn ich es sehe.«

»Hoffen wir außerdem, dass der Rat uns nicht alle degradiert, weil wir diesen kleinen Abstecher machen«, warnte Wutroow. »Ba’kif hat uns einen festen Zeitrahmen gegeben, um Neuer Morgen zu überprüfen, und der ist längst überschritten. Sogar Thrawn ist inzwischen von seiner Piratenjagd zurück, und Sie wissen ja, wie viel Zeit er sich normalerweise lässt. Vielleicht müssen wir einfach akzeptieren, dass wir nicht mehr herausfinden werden, was diesen Dreadnought so an dem Planeten interessiert hat.«

»Es muss mit der Bergbauoperation zu tun haben, die Krieger Yopring entdeckt hat«, murmelte Ar’alani. »Die Aktivität dort unten hat gezeigt, dass da etwas Großes im Gange ist. Nicht zu vergessen, dass er von diesen Sternjägern verscheucht wurde … Ich würde sagen, wir sind auf der richtigen Spur.«

»Es sei denn, wir haben es hier mit zwei unterschiedlichen Gruppen zu tun«, entgegnete Wutroow. »Vielleicht sind die Bergarbeiter und der Dreadnought ja verfeindet. Aber zugegeben, es ist unwahrscheinlich. Meine Hauptsorge im Moment ist eher, dass wir noch immer keine Ahnung haben, was in diesen Schächten vor sich geht.«

»Minen bedeuten in der Regel Metallerze.«

»Ja, aber nicht jede Ausgrabung ist eine Mine«, entgegnete Wutroow. »Vielleicht haben die Einwohner bewusst etwas dort unten verborgen, und jetzt will irgendjemand es wieder ausgraben.«

Ar’alani runzelte die Stirn. An diese Möglichkeit hatte sie noch gar nicht gedacht. »Meinen Sie so etwas wie eine Waffe oder ein Artefakt?«

»Das ist die große Frage«, sagte Wutroow. »Es ist nicht so, als würden wir das erste Mal auf so etwas stoßen. Senior-Captain Thrawn hat praktisch eine zweite Karriere daraus gemacht, fremde Technologie auszugraben.«

»Auch wenn er sie nicht wirklich ausgräbt«, betonte Ar’alani. »Normalerweise liegt sie einfach offen herum und wartet darauf, gefunden zu werden.«

»Nun, vielleicht sind diesmal wir diejenigen, die sie finden«, bemerkte Wutroow mit einem trockenen Lächeln. »Schlagen Sie Thrawn doch ein Geschäft vor: Er bekommt alles, was offen herumliegt, und wir bekommen das, was man ausgraben muss.«

»Ich werde ihn bei nächster Gelegenheit darauf ansprechen«, versprach Ar’alani mit einem Blick auf das Chrono. Gleich war es so weit. »Für Rücksprung bereitmachen«, rief sie laut genug, dass man sie auf der gesamten Brücke hören konnte. »Und halten Sie die Augen offen.« Anschließend wandte sie sich mit einer einladenden Handbewegung an Wutroow. »Senior-Captain?«

»Jawohl, Ma’am.« Wutroow blickte ebenfalls auf die Zeitanzeige. »Rücksprung«, rief sie. »In drei, zwei, eins.«

Der Sternenwirbel löste sich in weiße Stecknadelköpfe auf, und genau wie beim letzten Mal fand sich die Vigilant zwischen den verstreuten Trümmern der zerstörten Nikardun-Basis wieder.

»Biclian?«, fragte Wutroow.

Senior-Commander Obbic’lia’nuf an der Sensorstation straffte die Schultern. »Ja, Ma’am. Unmittelbare Umgebung: sicher. Mittlere Umgebung: sicher. Weitere Umgebung … Admiralin, ich habe hier eine Bewegung. Drei Schiffe nahe der zentralen Basiskonstruktion.«

»Können Sie sie identifizieren?«, fragte Ar’alani, während sie mit zusammengezogenen Brauen auf das taktische Display starrte. Zwei der Schiffe waren relativ klein, und das dritte hatte die typische Form eines Frachters.

»Keine Transpondersignale«, meldete Junior-Captain Evroes’ky’mormi von der Waffenstation. »Das große Schiff scheint keine Waffenbatterien zu besitzen. Vermutlich ist es ein Frachter. Wird vielleicht als mobiles Reparaturdock genutzt.«

»Das wäre auch meine Vermutung, Admiralin«, fügte Biclian hinzu. »Es gibt einige Stellen entlang der Vorderseite, die an Magnetklammern erinnern. Was die beiden kleineren Schiffe angeht … das sind definitiv militärische Bautypen. Vielleicht Patrouillenschiffe, möglicherweise auch Zerstörer.«

Ar’alani kniff die Lippen zusammen. Unter normalen Umständen hatte ein Nightdragon-Schlachtkreuzer wie die Vigilant nichts von zwei Patrouillenschiffen zu befürchten.

Leider waren die Umstände aber alles andere als normal. Der Kampf gegen das unidentifizierte Schlachtschiff über Neuer Morgen hatte der Vigilant und Senior-Captain Lakindas Grayshrike fast alles abverlangt, und obwohl Lakinda ihnen all ihre verbliebenen Säureraketen und Plasmasphären überlassen hatte, bevor sie zur Aszendenz zurückgeflogen war, war Ar’alanis Kreuzer mehr schlecht als recht bestückt.

Bislang hatten sie Glück gehabt; ihre Nachforschungen auf dem verwüsteten Planeten hatten ihren anvisierten Endpunkt erreicht, ohne dass sie zu viel feindliche Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatten. Doch Glück war eine launische Göttin, auf die man sich besser nicht verließ. »Irgendwelche Anzeichen, dass sie uns entdeckt haben?«, fragte Ar’alani.

»Sieht nicht so aus«, erwiderte Biclian. »Sie scheinen ganz auf die Überreste der Basis konzentriert zu sein.«

»Admiralin, Kommaktivität«, meldete sich Junior-Commander Stybla’rsi’omli von der Kommstation zu Wort. »Wir erfassen eine Bundfrequenz-Übertragung.«

»Oh-oh«, machte Wutroow.

Ar’alani nickte, das Gesicht leicht verzerrt. Wenn Larsiom einen Teil dieser Übertragung auffangen konnte, dann musste der Empfänger ganz in der Nähe sein. »Barriere hochfahren«, befahl sie. »Octrimo, neunzig Grad nach Steuerbord gieren.«

»Ja, Ma’am«, bestätigte Mid-Commander Droc’tri’morhs von der Steuerkonsole. Die elektrostatische Barriere hüllte die Vigilant ein, und das Trümmerfeld vor den Aussichtsfenstern kippte zur Seite weg, während das Schiff sich drehte …

»Feindbeschuss!«, rief Oeskym. Seine Warnung wurde von einem grellen Lichtblitz untermalt, als die Spektrallaser der Vigilant die zwei Raketen zerstörten, die ihnen entgegenrasten. »Ein Patrouillenkreuzer – markiert als Kontakt eins – nähert sich mit hoher Geschwindigkeit von hinten.«

»Verteidigungsfeuer, nur die Laser«, befahl Ar’alani, den Blick bereits auf das taktische Display geheftet. Ihre Laser konnten sie praktisch beliebig lange einsetzen, wohingegen ihr Vorrat an Plasmaflüssigkeit für maximal zwanzig Sphären reichte und sie nur noch sechs Säureraketen hatten. Was nicht ansatzweise genug war, um es mit einem Patrouillenkreuzer und zwei Patrouillenschiffen aufzunehmen.

Sie musste sich also schleunigst etwas einfallen lassen.

»Oeskym, deaktivieren Sie die Antriebe der Säureraketen in den Rohren eins und zwei«, rief sie dem Waffenoffizier zu. »Geben Sie Bescheid, sobald Sie fertig sind.«

»Jawohl, Ma’am.« Oeskym runzelte die Stirn, aber er war schlau genug, um nicht mitten in einer Schlacht die Befehle seiner Kommandantin zu hinterfragen. »Die Techniker sind schon dabei.«

»Sagen Sie ihnen, dass sie sich beeilen sollen«, fügte Ar’alani hinzu, dann: »Octrimo, Ausweichmanöver einleiten. Halten Sie uns von ihren Raketen fern, aber verlassen Sie nicht diesen Bereich. Biclian?«

»Die Patrouillenschiffe wurden alarmiert, Admiralin«, meldete der Sensoroffizier. »Markiert als Kontakt zwei und drei. Sie halten sich weiter in der Nähe der Basis, aber sie richten ihre Waffen auf uns.«

»Geben Sie Bescheid, wenn sie näher kommen.« Auf dem taktischen Display beschleunigte Kontakt eins auf sie zu und feuerte zwei weitere Raketen ab. Auf diese Entfernung konnten die Laser der Vigilant die Geschosse mühelos abfangen, aber je näher der Kreuzer kam, desto geringer wurde die Reaktionszeit. Nicht mehr lange, und Ar’alani würde ihr begrenztes Arsenal von Säureraketen und Plasmasphären einsetzen müssen, um ihr Schiff zu beschützen. »Oeskym?«

»Wir sind gleich so weit«, antwortete Oeskym. »Die Techniker melden … ja. Antriebsdüsen sind deaktiviert.«

Endlich. »Werfen Sie sie ab«, wies Ar’alani ihn an, nachdem sie erneut auf das taktische Display geschaut hatte. »Octrimo, sobald wir außerhalb des Sprengradius sind, wenden Sie in Richtung von Kontakt zwei und drei. Ausweichmanöver fortsetzen, aber halten Sie uns auf einem mehr oder weniger direkten Vektor.«

»Hintere Laser, in Bereitschaft«, fügte Wutroow hinzu, als die Vigilant sich von dem näher kommenden Patrouillenkreuzer fortdrehte und stattdessen in Richtung der zerstörten Basis beschleunigte.

»Verstanden«, bestätigte Oeskym. »Wann soll ich feuern, Admiralin?«

»Warten Sie auf mein Kommando«, erwiderte Ar’alani. »Octrimo, behalten Sie Kontakt eins im Auge. Achten Sie darauf, dass wir ihn in die richtige Richtung locken.«

»Ja, Ma’am.«

»Kontakte zwei und drei sind in Bewegung«, rief Biclian. »Sie haben den Frachter zurückgelassen und kommen auf uns zu.«

»Vermutlich wollen sie uns in die Zange nehmen«, sagte Wutroow.

»Vermutlich«, stimmte Ar’alani zu. »Oeskym?«

»Dreißig Sekunden, dann sollten wir in optimaler Position sein«, erklärte der Waffenoffizier. »Octrimo, korrigieren Sie den Kurs um fünf Grad nach Steuerbord.«

»Fünf Grad Steuerbord«, bestätigte Octrimo, und erneut verschob sich das Bild vor den Aussichtsfenstern.

»Die Kontakte zwei und drei eröffnen das Feuer«, verkündete Biclian. »Keine Ahnung, wieso. Sie sind noch immer weit außer Reichweite.«

»Wahrscheinlich wollen sie uns ablenken oder ausbremsen«, mutmaßte Octrimo. »Wir sind drauf und dran, Kontakt eins abzuhängen.«

»Gut, dann bremsen Sie ab«, befahl Ar’alani. »Passen Sie unsere Geschwindigkeit an die von Kontakt eins an. Er soll nicht zu weit zurückfallen …«

»Kontakt eins ändert seinen Vektor«, rief Oeskym. »Er ist nicht länger auf Kollisionskurs mit den Säureraketen.«

»Sie müssen sie entdeckt haben«, presste Wutroow hervor. »Traktorstrahl auf Kontakt eins ausrichten – ziehen Sie ihn zurück auf Kollisionskurs!«

»Nein«, sagte Ar’alani. Sie hatte die Darstellung des taktischen Displays auf den kleinen Bildschirm an ihrem Kommandosessel gelegt, und es war offensichtlich, dass die Distanz zwischen ihnen und dem Patrouillenkreuzer zu groß war, um den Traktorstrahl der Vigilant einzusetzen. Oeskym würde das sicher gleich mit den genauen Daten bestätigen. Aber …

Ein Stück vor dem Kreuzer trieb ein kleiner Meteorit dahin.

»Richten Sie den Traktorstrahl darauf aus«, befahl sie, nachdem sie den Felsbrocken auf ihrem Bildschirm markiert und die Anzeige an die Waffenstation übermittelt hatte. »Volle Energie – versuchen Sie, ihn vor den Bug des Kreuzers zu ziehen.«

»Verstanden«, bestätigte Oeskym, während er bereits hektisch auf seine Konsole eintippte.

Ar’alani wandte sich wieder dem taktischen Display zu. Der Traktorstrahl erfasste den Meteoriten und riss ihn jäh von seinem trudelnden Kurs fort, in einer direkten Linie auf den Patrouillenkreuzer zu. Falls die Angreifer diese neue Bedrohung entdeckten und so darauf reagierten, wie Ar’alani es hoffte …

»Kontakt eins ändert seinen Kurs«, berichtete Biclian. »Sie weichen dem Meteoriten aus … und halten wieder auf die Säureraketen zu.«

Nicht direkt darauf zu, wie Ar’alani sah. Aber es sollte reichen. »Oeskym, jetzt«, befahl sie.

Einmal mehr flackerte Licht auf, als die hinteren Laser das Feuer eröffneten. Diesmal zielten sie allerdings nicht auf das angreifende Schiff, sondern auf die Säureraketen in seinem Pfad. Die Raketen platzten auseinander, und ihre ätzende Ladung spritzte in einer rasch größer werdenden Wolke ins All hinaus.

Der Patrouillenkreuzer erkannte die Situation sofort und legte sich auf die Seite, um auszuweichen, aber seine Geschwindigkeit wurde ihm zum Verhängnis. Bevor er weit genug abdrehen konnte, pflügte seine Backbordseite auch schon durch die Wolke.

Die Säure zerstörte Sensoren und Raketenzielsysteme, während sie schwarze Pockennarben in das Metall brannte. Und als die Laser der Vigilant einen Moment später die nächsten Salven entfesselten, drangen die Entladungen noch viel tiefer in die zerfressene Außenhülle des Kreuzers ein.

Nach fünfzehn Sekunden Dauerbeschuss durchschlugen die ersten Laserstrahlen die Hülle des Angreifers. Sie erreichten die verbliebenen Raketen in ihren Abschussrohren und … der Kreuzer löste sich in einer heftigen Explosion auf.

»Maximale Beschleunigung«, befahl Ar’alani sofort. »Und setzen Sie die Scans fort. Falls da draußen noch jemand ist, will ich es wissen, bevor er uns ins Visier nimmt.«

Wutroow trat dichter neben den Kommandosessel, während die Vigilant einen Satz nach vorn machte, der zerstörten Basis und den drei verbliebenen Feindschiffen entgegen. »Nicht schlecht, Admiralin«, flüsterte sie. »Auch wenn die Erbsenzähler auf Csilla sicher sagen werden, dass Sie die Aszendenz zwei Säureraketen gekostet haben, weil wir ebenso gut hätten verschwinden können.«

»Was, und vor einem Kreuzer und zwei Patrouillenschiffen den Schwanz einziehen?« Ar’alani klackte mit der Zunge. »Das hätte man uns bis ans Ende unserer Tage vorgehalten.«

Wutroow zog die Schultern hoch. »Das stimmt auch wieder.«

»Und wichtiger noch: Wir hätten keine Chance, herauszufinden, was sie hier wollen«, fuhr Ar’alani mit einem Nicken auf die fernen Überreste der Basis fort.

»Es sei denn … nein.« Wutroow schüttelte den Kopf. »Ich wollte sagen, vielleicht sind sie einfach nur Plünderer, aber dafür sind sie zu aggressiv. Also, was wollen sie hier?«

»Lassen Sie es uns rausfinden«, sagte Ar’alani, wobei sie sich wieder dem taktischen Display zuwandte. Die Kontakte zwei und drei kamen weiter näher, und sie feuerten weiter ihre nutzlosen Laser ab. Aber sie bewegten sich in geradezu gemächlichem Tempo, so als wollten sie die direkte Konfrontation möglichst lange hinauszögern. Und das mobile Reparaturdock? Der Frachter schwebte noch immer dicht über der zerstörten Station.

Hatten sie vielleicht Leute an Bord der Basis geschickt, die nun erst wieder an Bord zurückkehren mussten? Oder …?

Schlagartig begriff Ar’alani.

Sie holten nichts von der Station. Sie luden etwas in die Station!

»Sphären auf die Station ausrichten«, rief sie. »Volle Sättigung, und feuern Sie weiter, bis alle Rohre leer sind.«

»Jawohl, Ma’am«, sagte Oeskym.

»Admiralin?«, fragte Wutroow mit gedämpfter Stimme, als die ersten Plasmasphären auf die ferne Basis zurasten. »Die Station? Nicht die Patrouillenschiffe?«

»Ja. Ihr Laserfeuer soll uns davon ablenken, was ihre Freunde auf dem Reparaturdock bei der Station treiben.«

»Und das wäre?«

»Ich glaube, sie wollen sie zerstören«, erklärte Ar’alani in grimmigem Tonfall. »Und damit meine ich nicht einfach nur, sie lahmzulegen, so wie bei dem ersten Angriff. Sie wollen sie vollkommen auslöschen.«

»Interessant«, murmelte Wutroow. »Dann muss etwas an Bord sein, das wir unter keinen Umständen in die Finger bekommen sollen. Obwohl ich sagen muss, dass wir die Station beim letzten Mal gründlich durchsucht haben.«

»Vielleicht wurde zwischenzeitlich etwas Neues hinzugefügt«, überlegte Ar’alani. »Ich hoffe, die Sphären legen ihre Sprengladungen lahm – oder was immer sie sonst benutzen wollen, um die Station zu zerstören.«

»Sind Sie sicher, dass wir wirklich alle Sphären abfeuern sollten?« Wutroow neigte den Kopf in Richtung der Aussichtsfenster, wo die nächste schimmernde Kugel von der Vigilant fortraste. »Vielleicht sollten wir ein paar zurückbehalten, falls die Patrouillenschiffe entscheiden, doch noch Ernst zu machen.«

»Werden sie nicht«, entgegnete Ar’alani. »Sobald sie sehen, dass ihre Sabotageaktion gescheitert ist, werden sie von hier verschwinden … und da gehen sie schon hin«, unterbrach sie sich, als die beiden Patrouillenschiffe in unterschiedliche Richtungen abdrehten und von der Vigilant fortschnellten. Hinter ihnen beschrieb auch das mobile Reparaturdock eine Wende, weg von den Überresten der Station.

»Ihr Befehl, Admiralin?«, fragte Oeskym von der Waffenstation.

Ar’alani konsultierte ihren Schirm. Obwohl die Vigilant während der letzten Minuten den Großteil der Entfernung zu der Basis zurückgelegt hatte, war sie noch immer zu weit entfernt, um einen sicheren Treffer zu landen. Was allerdings nicht hieß, dass sie es nicht auf einen Versuch ankommen lassen könnten. »Versuchen Sie, das Reparaturdock lahmzulegen«, sagte sie. »Aber nur mit den Lasern – decken Sie mit den Sphären weiter die Station ein.«

»Jawohl, Ma’am«, erwiderte Oeskym, und Drillingssalven aus konzentriertem Laserfeuer mischten sich in den Strom von Plasmasphären.

Ar’alani betrachtete Oeskym als einen der besten Waffenoffiziere in der Expansiven Verteidigungsflotte, und er enttäuschte sie auch diesmal nicht; trotz der großen Distanz schaffte er es, drei saubere Treffer auf dem davongleitenden Frachter zu landen.

Leider zeigten diese Treffer keine erkennbare Wirkung; das Schiff war außerhalb der effektiven Schussreichweite, und eine Minute später war es im Hyperraum verschwunden, ebenso wie die beiden kleineren Patrouillenschiffe.

»Tut mir leid, Admiralin«, entschuldigte sich Oeskym, nachdem er das Laserfeuer eingestellt hatte.

»Das war nicht Ihre Schuld«, versicherte ihm Ar’alani. Als auch die Sphärenwerfer verstummten, fügte sie hinzu: »Unsere oberste Priorität ist jetzt, die Sprengsätze zu deaktivieren oder zu zerstören, die sie an Bord platziert haben, bevor der Störeffekt der Plasmasphären abklingt. Wutroow, lassen Sie zwei Shuttles startklar machen.«

»Schon dabei, Admiralin.« Wutroow tippte die Befehle in ihren Questis. »Keine Sorge, wir werden es rechtzeitig schaffen.«

Und falls nicht … Ar’alani blickte durch die Aussichtsfenster. Falls sie es nicht rechtzeitig schafften, würden alle Personen an Bord dieser Shuttles sterben.

Sie konnte nur hoffen, dass das Geheimnis in den Überresten der Station dieses Risiko wert war.

Ar’alani hatte befürchtet, dass ihre Angreifer möglicherweise Zeit gehabt hatten, mehrere Bomben an Bord der zerstörten Nikardun-Station anzubringen, bevor sie geflohen waren. Zum Glück fanden sie nur einen einzigen Sprengsatz, und er blieb inaktiv, eingefroren durch den massiven Ionensturm, mit dem die Vigilant die Basis überzogen hatte, bis die Chiss-Techniker an Bord gehen und ihn entschärfen konnten.

Als die Untersuchungsmannschaft anschließend daranging, die Station zu durchkämmen, breitete sich ein unbehagliches Gefühl in Ar’alani aus.

»Da!« Sie deutete auf eines der Bilder, die von den Kameras des Untersuchungsteams übertragen wurden. »Dieses Brandloch. Ein einzelner Schuss aus nächster Nähe, gerade stark genug, um die Hülle zu durchschlagen und die Atmosphäre aus diesem Bereich zu blasen.«

»Und klein genug, damit man das Leck später mühelos reparieren kann«, brummte Wutroow nachdenklich. »Nachdem ihre getarnte Asteroidenwaffe die Vordertür eingetreten und ein paar weitere Raketen die Kommando- und Kontrollbereiche aufgerissen hatten, sind sie an Bord gestürmt und haben Löcher in die Wände geschossen, bis alle an Bord tot waren.«

»Und diese Strategie haben sie von den Außenbereichen bis ins Herz der Station fortgesetzt«, sagte Ar’alani, wobei sie auf ein weiteres Bild zeigte. »Ihr Plan war, die Nikardun zu töten, die die Station bemannten, und dabei ausreichend Zerstörung anzurichten, damit jeder, der hier vorbeikommt, die Station für verlassen hält – zumindest, bis sie selbst zurückkehren und die Basis wieder in Betrieb nehmen.«

»Niemand hätte Grund, sich genauer an einem Ort umzusehen, der offensichtlich nutzlos ist«, stimmte Wutroow zu. »Also sind die meisten der Trümmer, die hier herumtreiben, nur Schau?«