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Für Stell Dir vor, ich bin Deine heimliche Geliebte hat Autorin Ines Witka 13 Frauen und Männer zum Thema interviewt. Sie sprach mit einem Mann und sechs Frauen, die als Escort-Begleitung arbeiten, und unterhielt sich mit zwei Frauen, die jeweils eine eigene Escort-Agentur führen. Auch die andere Seite kommt zu Wort: Ines Witka befragte vier Männer nach ihren Motiven, warum sie Escort in Anspruch nehmen. Die Autorin lässt die Frauen (und den Mann), die meist nebenbei einen bürgerlichen Beruf ausüben, erzählen, wie sie zum Escort kamen, entlockt ihnen Details zu ihren aufregendsten Erlebnissen und lässt sie resümieren, wie sie mit ihrer Stellung als käufliche Geliebte klarkommen. Auch die Männer schildern, wie sie als Kunden zum Escort-Service kamen, weshalb es für die meisten nie in Betracht kam, ins Bordell zu gehen, und wie es ist, wenn man sich in seine Escort-Begleitung verliebt.
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Seitenzahl: 354
Ines Witka
Die Mätressen der Fürsten, Adligen und hohen Amtsträger sind eigentlich Geschichte. Doch es gibt sie wieder: Heute sind es die exklusiven Damen vom Escort-Service, die sich der Einkommenselite als Geliebte anbieten. Sie gewähren ihren Kunden gegen finanzielle Zuwendungen Aufmerksamkeit und Erotik auf Zeit. Diese Escort-Agenturen haben das alte Geschäft mit der Erotik um eine feine Klasse erweitert, für die Kunden, die es sich leisten können, und für die Frauen, die sich als Escort auf einem anderen Niveau bewegen – und sie zählen immer mehr Kunden. Skandale um Prominente aus Kunst und Politik, die sich teure Frauen ins Hotel bestellten, haben sicher auch dafür gesorgt, dass diese exklusive Form der käuflichen Erotik einen gewissen Ruhm erlangt hat.
Was ist das erotische Geheimnis dieser Frauen? Was macht sie so attraktiv, dass Männer 1.200 Euro für eine Nacht oder 2.300 Euro für einen Wochenendurlaub mit ihnen bezahlen? Und welche Motive treiben attraktive und gebildete Frauen dazu an, in dieser Branche Geld zu verdienen?
Auf diese spannenden Fragen habe ich Antworten gesucht. Ich habe zwei Inhaberinnen von etablierten Escort-Agenturen getroffen. Von ihnen konnte ich erfahren, auf was sie bei ihren Escort-Damen achten: Es geht nicht nur um eine starke erotische Komponente, sondern auch um die Persönlichkeit, um Ausstrahlung, eine gute Allgemeinbildung, einen guten Beruf oder ein interessantes Studium, um gewandtes Auftreten, Menschenkenntnis und Kommunikationsfähigkeit.
Ich habe mit sechs Frauen und einem Mann gesprochen, die neben ihren bürgerlichen Berufen im Escort tätig sind. Sie sind Studentinnen oder kaufmännische Angestellte, Juristinnen, Verkäuferinnen oder Ärztinnen. In den Interviews berichteten sie mir bereitwillig und offen von ihren Motiven und Erlebnissen und von ihren Kunden.
Patricia schilderte mir zum Beispiel, wie viel Spaß sie mit ihren Kunden hat und dass sie beim Escort genau die Männer trifft, die sie sexuell reizen würden. Sie genießt es, in Luxushotels zu übernachten und sich in gute Restaurants ausführen zu lassen. Jessica fehlt nach einer Woche ohne ein Date der Sex. Tanja war finanziell am Ende, als sie mit dem Escort begonnen hat, aber heute möchte sie nicht mehr darauf verzichten. Bei allen Frauen spielen sexuelle Vorlieben eine Rolle für die Entscheidung, im Escort tätig zu sein, doch die gute Bezahlung, mit der sie ihren Lebensstandard noch heben können, ist ebenso wichtig. Und in einem sind sich alle einig: Das klassische Pretty-Woman-Erlebnis ist bloß eine romantische Vorstellung – die Liebe zwischen Escort und Kunde kann nicht funktionieren.
Die Frauen, die ich getroffen habe, waren sehr freundlich, offen und herzlich. Bei den Interviewterminen haben wir viel gelacht, denn sie hatten Humor und waren schlagfertig. Wenn ich ihnen auf der Straße begegnen würde, könnte ich keiner auf den Kopf zusagen, dass sie diese frivole Nebentätigkeit ausübt.
Was ist nun das Besondere am Escort? Warum zahlen Männer für die Erfüllung ihrer erotischen Träume so viel Geld? Könnten sie den Sex bei einer Prostituierten nicht sehr viel billiger haben?
Zum einen wird beim Escort, den man meist über eine Agentur bucht, nicht für Sex bezahlt, sondern für die Zeit, die man miteinander verbringt. Die Erfüllung erotischer Wünsche ist immer ein Kann und kein Muss – auch wenn die Erwartungshaltung in die erotische Richtung gehen darf, denn kaum ein Kunde bucht die reine Dinner Time, also die Begleitung für ein Essen oder einen kulturellen Anlass ohne erotische Zielsetzung. Jedoch basiert alles auf Freiwilligkeit. Die Escort-Damen können den sexuellen Akt ablehnen und ein Date jederzeit abbrechen.
Und häufig steht der Sex auch tatsächlich nicht im Vordergrund, viele der Frauen äußerten sich ähnlich wie Jessica: »Insgesamt haben wir dreieinhalb Stunden geredet und gelacht, der Sex ging nur eine halbe Stunde, hauptsächlich wollte er mich streicheln und fühlen.« Es wird also oft der sogenannte »Girlfriendsex«, der »Sex wie mit einer Freundin«, gewünscht, die Kunden wollen sich entspannen, genießen und keinen Stress haben.
Ich habe auch mit Männern gesprochen, die Escort buchen. Sie waren alle Mitte vierzig, vom Beruf her der oberen Mittelschicht zugehörig und sehr freundlich und höflich. Oft sind es ganz klassisch Geschäftsleute, die beruflich viel unterwegs sind und den Abend nicht allein verbringen möchten. Oder ihre Partnerinnnen wollen ihnen bestimmte Wünsche nicht erfüllen.
Diese Männer sind bereit, viel Geld auszugeben, weil sie davon ausgehen, dass auch in diesem Geschäft der Preis etwas über die Qualität aussagt. Häufig geht es ihnen nicht nur um den sexuellen Akt an sich, sondern auch um die Unterhaltung. Und da sie selbst aus der höheren Mittelschicht oder Oberschicht kommen, suchen sie Frauen mit Niveau. Was den männlichen Kunden außerdem ganz wichtig ist: Dass die Frauen das Zusammensein und den Sex genießen. Sie hoffen, dass diese Frauen Escort aus Leidenschaft machen – und damit haben sie auch häufig recht.
Der Escort-Service ist ein Geschäft mit der perfekten Illusion hocherotischer Beziehungen zwischen Mann und Frau, und zwar beiderseitig: Die Frauen wissen um das besondere Niveau ihres Angebots und die Männer sind gerne bereit, sich diese Qualität und die Erfahrung des besonderen Erlebnisses etwas kosten zu lassen.
Christin, 29, Escort und Juristin
»Mein Beruf ist Ausdruck meiner verantwortungsbewussten, seriösen Seite. Der Escort gehört zur wilden Seite in mir. Ich fühle mich nicht schizophren, sondern sehe es als Ausdruck meiner vielfältigen Persönlichkeit.«
Sedcard
Name: Christin
Alter: 29
Beruf: Juristin
Buchbar: Düsseldorf, Dortmund / Deutschland
Nationalität: deutsch
Sprachen: Englisch (Konversation), Französisch und Spanisch (Grundkenntnisse)
Äußeres: mädchenhaft, blaugraue Augen, rote Haare bis zur Taille, 160 cm groß, 48 kg, Konfektionsgröße 32–34, BH-Größe 70 B, Körpermaße 80-65-94
Parfüm: The One von D&G
Lieblingsblumen: Rosen, Callas
Lässt sich einladen zu: Sekt, Rotwein
Bevorzugtes Abendessen: Deutsch, Italienisch, Chinesisch
Interessen: Fußball, Oper, Dart, Kunst, Tanzen
Erotische Vorlieben: leidenschaftliche Zungenküsse, Girlfrienderotik, französische Erotik – natur nur situationsbedingt, erotische Massagen, Verbalerotik, soft devot, Fesselspiele, Pärchenbegleitung, Toys, glattrasiert, Duo möglich
Honorar, Private Time: 2 Stunden, 350 Euro 24 Stunden, 1.500 Euro
Vor ungefähr einem Jahr saß ich beim Friseur und blätterte gelangweilt in einer dieser Frauenklatschzeitungen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich gerade eine langjährige Beziehung zu einem deutlich älteren Mann beendet. Ich hatte neben ein paar anderen Schwierigkeiten auch ein gewaltiges sexuelles Problem mit ihm. Der Sex mit ihm war schlicht grauenhaft, langweilig und selten. Da saß ich frustriert, sexuell unbefriedigt, gerade mit dem Jurastudium fertig und jammerte über meine verlorenen Jahre. Bei anderen geht in diesem Lebensabschnitt der Punk im Bett ab, und ich hatte zweimal im Monat schlechten Sex. Dabei liebe ich Sex. Also habe ich beschlossen: Wenn ich in der Beziehung keinen Sex bekommen habe, dann hole ich ihn mir jetzt woanders, und zwar doppelt. Aber das war leichter gesagt als getan, denn mit den angehenden Juristen konnte ich nicht viel anfangen. Die hatten einfach andere Interessen, und ich passte wahrscheinlich auch nicht in deren Beuteschema. Sie suchten für den Einstieg in die Karriere eher passive, angepasste Frauen. Als Juristin bin ich aber eher der streitbare Typ, und außerdem bin ich ein Mensch, der zwei Seiten sehr extrem lebt. Zum einen gehe ich sehr gern in italienische Opern, zum anderen auf den Fußballplatz zu Fortuna. Ich kann mich sehr gewählt ausdrücken, aber auf dem Fußballplatz feuere ich meine Mannschaft lautstark an und äußere meinen Unmut über Fehlentscheidungen des Schiedsrichters in deftigen Worten.
Dann las ich einen Artikel über die Erlebnisse einer Frau im Escort und das weckte meine Aufmerksamkeit. Wenn das alles nicht gelogen war, dann schienen die Frauen ein wesentlich aufregenderes Leben zu führen als ich. Das hat mich neugierig gemacht, und ich habe mir gesagt: »Hey, du bist Single, du hast nichts zu verlieren, melde dich doch mal bei so einer Agentur und schau dir das an.«
Daraufhin habe ich im Internet das Stichwort Escort eingegeben und mir die Ergebnisse genau angesehen. Viele Agenturen gefielen mir von der Aufmachung her nicht; zu laut, zu grell und zu billig aufgemachte Seiten strich ich von der Liste, drei habe ich schließlich angeschrieben. Eine der Agenturen hat sich daraufhin telefonisch gemeldet. Eine sehr sympathisch klingende Frau hat mich intensiv befragt, wohl um herauszufinden, wie ernst meine Anfrage gemeint war. Im ersten Gespräch versuchte sie mir einen realistischen Eindruck von dem zu vermitteln, was auf mich zukommen würde.
Aber ich bin ja nicht blauäugig, um es mal prosaisch auszudrücken: Als Juristin weiß ich um die Abgründe der menschlichen Seele. Ein Treffen wird zwar mit romantischen Worten umschrieben, indem es heißt: »Hast du Zeit für ein Date?« Dennoch weiß ich, dass es kein Date ist. Ich bin für ein paar Stunden nett zu dem Mann, aber das war es dann auch. Ich konnte der Frau am Telefon glaubhaft versichern, dass ich keine romantischen Pretty Woman-Vorstellungen habe, so nach dem Motto: Ich treffe dabei meinen Traummann, werde mich verlieben und heiraten.
Sie war mit den Antworten sehr zufrieden, denn sie bot mir an, mich auf ihren Seiten zu listen.
Meine zukünftige Chefin nannte mir einen Fotografen, der mich so fotografieren würde, wie sie es sich für die Präsentation im Rahmen ihres Internetauftritts vorstellte. Die Agentur würde sich mit 50 Prozent an den Kosten beteiligen. Ich wusste nicht, was ich für die Fotos anziehen sollte, deshalb schleppte ich einen Koffer voller Kleidung mit. Wir fingen mit den einfachen Sachen an, erst zeigte ich mich im Tagesdress und in der Abendgarderobe, erst danach kamen die Fotos in Unterwäsche. Das ergab sich ganz selbstverständlich, es war lustig, es war sehr entspannt, und der Fotograf konnte mir meine Unsicherheit nehmen. Ich mache das ja nicht alle Tage, obwohl ich schon einmal in erotischen Posen vor der Kamera gestanden hatte. Das waren aber private Fotos für meinen damaligen Lebensgefährten gewesen.
Einmal habe ich mich auch von einer Freundin fotografieren lassen. Aber mit einem professionellen Fotografen war das schon was anderes, er sorgte dafür, dass ich mich trotz Kamera locker und entspannt bewegte. Außerdem hatte er Erfahrung darin, welche Posen eher erotisch und welche eher komisch aussehen.
Ich vertraute ihm und war mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Das hellgraue Kleid auf dem einen Foto ist eines meiner Lieblingskleider. Das ziehe ich gern zu einem Date an. Meine Dessous sind eher verspielt, ich bin weniger der Vamp, dazu bin ich auch zu klein, das wirkt nicht so gut bei mir, aber Strapse müssen schon sein. Der Abend soll für die Männer und für mich etwas Besonderes sein. Das will ich auch mit meiner Kleidung zum Ausdruck bringen.
Wenn ich heute ein Hotelzimmer betrete, ist die Vergangenheit weit weg. Die Männer freuen sich auf mich und ich mich meistens auch auf sie. Die wenigsten fallen sexhungrig über einen her, man unterhält sich erst einmal, trinkt was zusammen, oft geht man zusammen essen. Die üblichen Fragen sind dann: »Wo kommst du her?« und »Was machst du so?«. Bei mir fragen manche direkt: »Bist du tatsächlich Juristin?«
Dann hoffe ich, dass ich nicht nur deshalb gebucht wurde, denn wenn die Kunden plötzlich ein Fachgespräch über Rechtsfragen mit mir zu führen beginnen, kann es leicht passieren, dass die Stimmung kippt, also blocke ich das weitgehend ab. Die Arbeit in der Anwaltskanzlei reicht mir, ich möchte das nicht auf meine Freizeit ausdehnen. Das ist doch nicht Sinn der Sache. Die Rechtsprechung ist ein weites Feld, gegen ein allgemeines Gespräch darüber habe ich nichts einzuwenden. Aber hat der Kunde ein bestimmtes Rechtsproblem, das er mit mir diskutieren möchte, biege ich das ab. Am liebsten würde ich solchen Kunden einen Termin in meiner Kanzlei geben, denn wären sie dort meine Klienten, würde ich mehr verdienen. Aber das geht natürlich nicht, denn ich trenne Berufliches und Escort strikt. Ich habe keine Lust, mich irgendeinem Tratsch auszusetzen, falls ein Klient dann anfangen sollte, anzügliche Bemerkungen zu machen. Solche Konstellationen, Kunde wird Klient oder umgekehrt, ein neuer Klient stellt sich vor, und ich erkenne ihn als mein Date von letzter Nacht, gibt es hoffentlich nur im Film. Wobei ich kürzlich ein Date mit einem jungen Mann hatte, der extra in Essen ein Zimmer genommen hatte, da ich dort zu buchen bin, und im Gespräch kam raus, dass er in Düsseldorf nur zwei Straßen von mir weg wohnt. Das habe ich ihm nicht gesagt, aber so kann der Zufall spielen, und ich klopfte vorsichtshalber auf Holz, damit mir so etwas nie im Zusammenhang mit meinem Beruf widerfahren wird.
Nichts dagegen habe ich, wenn mich einer wegen meiner großen Leidenschaft für den Fußball bucht. Wenn sie anfangen, mit mir über Fußball zu fachsimpeln, dann weiß ich, dass mal wieder einer meine Sedcard genau studiert hat. Das kommt öfter vor, als man gemeinhin denkt. Die Männer beschäftigen sich im Vorfeld mit dem Date und bereiten sich darauf vor. Wenn sie Blumen mitbringen, dann immer Rosen, selten Callas, aber nie was anderes. Das schmeichelt mir natürlich. Wenn sie was zu trinken anbieten, dann Rotwein oder Sekt. Meine Vorlieben bei den Getränken sind nicht sehr ausgefallen, ich trinke tatsächlich am liebsten Rotwein und Sekt.
Aber zurück zum Fußball: Ich bin Fan von Fortuna Düsseldorf, gehe am Wochenende gern ins Stadion und feuere meine Mannschaft an, mit Fanschal und dem kompletten Programm.
Darüber habe ich einen netten Stammkunden gewonnen. Er bucht mich immer, wenn er in der Stadt ist, und wir haben schon ein richtiges Ritual. Wir schauen die erste Halbzeit eines Fußballspiels im Fernsehen aneinandergekuschelt im Bett an, in der Pause wird ein bisschen gepoppt, dann die zweite Halbzeit angeschaut, und am Ende gibt es sozusagen eine kleine Nachspielzeit. Das ist auch einer meiner wenigen Kunden, der eine besondere Stellung, nämlich Doggy-Style, auch bekannt als Hündchenstellung, bevorzugt. Wobei diese Vorliebe bei ihm weniger damit zu tun hat, dass er die Stellung besonders reizvoll findet, sondern er folgt dabei wohl eher praktischen Überlegungen. Wenn nach fünfzehn Minuten die Pause zu Ende ist, was dann? Er will ja auch nichts vom Spiel verpassen. So kann er gleichzeitig fernsehen und Sex mit mir haben. Mir ist es recht, denn ich schaue in dem Moment in dieselbe Richtung und kann dabei auch Fußball gucken.
Wenn ich eine Buchung für den Abend habe, stimme ich mich meist mit demselben Ablauf darauf ein: Ich dusche und rasiere mich komplett, die Männer stehen da total drauf, und ich mag es selbst auch. Danach trinke ich einen Piccolo und fahre entspannt los. Selbstverständlich bin ich nicht betrunken. Bei einem Date muss man immer höllisch aufpassen, selbst nie betrunken zu werden, obwohl immer Alkohol angeboten wird und die Kunden gerne einen Schluck trinken. Ein bisschen darf man mittrinken, mal zuprosten und so, aber man darf sich nicht gehen lassen.
Vor Kurzem bin ich in ein Gourmetrestaurant in der Nähe der Düsseldorfer Königsallee ausgeführt worden. Ich futterte mich durch sieben Gänge, zu jedem Gang wurde der passende Wein gereicht. Da musste ich schon aufpassen, dass ich nicht betrunken werde, aber es ist mir gelungen. Ganz im Gegensatz zu dem Kunden, in der Nacht ist nichts mehr gelaufen, denn der wollte nur noch schlafen. Das war ein teurer Spaß für ihn, allein der Restaurantbesuch hat 500 Euro gekostet, und ich war für die Nacht gebucht. Er hat sich selbst abgeschossen, er hat nicht mal mehr an Sex gedacht. Ich habe es überspielt, ihm noch ein wenig Kuscheln angeboten, aber er ist schnell eingeschlafen. Am anderen Morgen war er wieder fit und hat den Sex nachgeholt.
Beinhaltet das Date kein Essen, gehe ich meist direkt aufs Zimmer. Der Mann, der mich erwartet, ist oft sehr nervös, es gibt keinen, der richtig auf cool macht. Die muss ich regelrecht beruhigen: »Hey, schön, dass wir uns sehen, erzähl doch mal.«
Meist reden Männer von ihrem Beruf und warum sie in der Gegend sind. Durch ein paar Zwischenfragen zeige ich ihnen, dass ich Interesse habe. Ich muss dabei nur selten heucheln, die Unterhaltungen sind oft wirklich spannend. Dabei wird eine Flasche Sekt aufgemacht, wir trinken was zusammen, irgendwann fangen wir automatisch an, langsam näherzurutschen, und dann landen wir im Bett. Dieser Moment ist natürlich von Date zu Date unterschiedlich. Es ist von vorneherein klar, dass wir im Bett landen, ich werde ja selten nur für die reine Unterhaltung gebucht. Die Frage ist immer nur wann, meist passiert es in den ersten 20 Minuten. Also ist es nicht mit der Aufregung zu vergleichen, die sich einstellt, wenn man zum ersten Mal mit einem neuen Bekannten in die Wohnung geht.
Einen meiner Kunden habe ich tatsächlich in die Oper begleitet. Wir kannten uns schon von diversen Treffen, und er wollte den musikalischen Genuss gerne mit mir teilen, andererseits hatte er Angst, dass er seiner Frau oder Bekannten begegnen könnte. So fuhren wir über 200 Kilometer bis nach Frankfurt. Er hatte auch in Frankfurt das Hotel für die Nacht gebucht.
Übernachtungen mache ich nur mit Männern, mit denen ich vorher schon eine Verabredung hatte. Das ist nicht ungewöhnlich, auch die Männer möchten nicht gleich so eine lange Zeit mit einer Unbekannten buchen. Eine Nacht kostet mehr als 1.000 Euro, wenn man sich da unsympathisch ist, wird es für beide Seiten unangenehm und für den Mann zusätzlich noch teuer.
Eine Übernachtung bedeutet, dass eine große Intimität mit einem Fremden hergestellt wird. Das lässt sich nicht mit dem Einschlafen mit einem Freund oder Lebensgefährten vergleichen, auch wenn sich das mancher Kunde erhofft.
Für mich ist eine Übernachtung noch intimer, als miteinander netten Sex zu haben. Die Erotik kann ich genießen, ohne dass Gefühle im Spiel sind. Dass das problemlos geht, weiß jeder, der schon mal einen guten One-Night-Stand ohne Reue hatte. Aber nebeneinander zu liegen, aneinandergekuschelt einzuschlafen, ist was sehr Persönliches. Wenn ich mit einem Mann nicht diese nahe Vertrautheit herstellen möchte, versuche ich das so hinzukriegen, dass er es nicht merkt.
Ich sage dann zum Beispiel, dass ich nicht einschlafen kann, wenn ich so eng umfasst werde, oder dass ich einen sehr unruhigen Schlaf habe und ihn sicher stören würde. Männer lassen sich in solchen Fragen leicht manipulieren, auch wenn sie sich was anderes vorgestellt haben.
Für den Morgen lege ich mir ein paar Bonbons zurecht, damit ich gleich einen frischen Atem habe. Es gibt ja nichts Schlimmeres, als jemanden neben sich zu haben, der aus dem Mund riecht. Am liebsten ist es mir, wenn ich noch schnell ins Badezimmer springen und mich leicht frisch machen kann, bevor ich wieder ins Bett zurückkrabble, um die Nacht ausklingen zu lassen. Die Männer machen das übrigens genauso, die wünschen sich auch, dass ich sie toll finde. Auch sie möchten sich noch einmal nett präsentieren.
Mit meiner Körpergröße von 1,60 Metern wecke ich oft den Beschützerinstinkt der Männer. Der scheint hauptsächlich bei älteren Männern vorhanden zu sein, denn die reagieren sehr positiv auf mich. Meine Kunden sind fünfzig und älter.
Das stört mich nicht wirklich, denn mein langjähriger Freund war auch zehn Jahre älter als ich.
Aber einmal dachte ich, dass es nicht geht: Ich war für eine Hausbegleitung gebucht und der Herr, der mir die Tür öffnete, war sicher über siebzig. In der Agentur hatte er sein Alter mit Anfang sechzig angegeben, aber als ich ihm gegenüberstand, war mir gleich klar, dass er gelogen hatte. Ich wollte zuerst auf dem Absatz kehrtmachen, doch er war unheimlich höflich, das Haus stand in einer Topgegend von Köln, und Hausbesuche finde ich eigentlich interessant. Da bekomme ich einen guten Eindruck von einem Mann, weil man ja unauffällig gucken kann, wie er lebt, zum Beispiel, ob es ein paar Details gibt, die auf eine Frau hindeuten, so neugierig bin ich schon. Außerdem hat man immer ein Gesprächsthema. Also habe ich dem Impuls, gleich wieder zu gehen, widerstanden und erst mal sein Haus betreten.
Auf der anderen Seite bin ich immer misstrauisch, dass die Kunden mich mal verdächtigen, wenn sie was nicht wiederfinden und in ihrer Aufregung das Nächstliegende behaupten, nämlich dass es fehlen würde, seitdem ich da war.
Da passe ich auf, ich bin lange genug Anwältin und habe mit Strafsachen zu tun, da weiß ich schon, auf was für Geschichten manche kommen. Erlebt habe ich das selbst noch nie, aber das will ich auch nicht, deshalb bewege ich mich nicht allein durchs Haus, sondern bleibe immer schön bei meinem Date, außer wenn ich ins Badezimmer gehe. Die meisten Frauen denken bei Hausbesuchen an ihre persönliche Unversehrtheit, an Vergewaltigung oder dass einer ihnen zu nahe kommt und sie zu was zwingen will. In dieser Richtung hatte ich noch nie Probleme.
Aber, wie gesagt, ich treffe meistens ältere Männer, und mich gegen so einen zu wehren, traue ich mir schon zu. Ich bin körperlich sehr fit, trainiere regelmäßig Tae Bo und Fechten. So einem älteren Herrn bin ich bestimmt körperlich überlegen.
In diesem Fall hat es sich gelohnt, dass ich nicht gleich abgelehnt habe. So habe ich ein wirklich überraschendes Date mit einem über siebzig Jahre alten Mann erlebt, und der Gentleman bucht mich in der Zwischenzeit regelmäßig. Er hat noch volles Haar und, sehr wichtig, echte Zähne. Er ist sehr zuvorkommend und fürsorglich. Selbstverständlich möchte er auch mit mir schlafen, aber auch da fragt er: »Ist das schön für dich? Magst du das? Findest du das klasse?«
Das Schöne bei ihm ist, dass wir viele Gesprächsthemen haben, die bei anderen Dates nicht so im Vordergrund stehen. Wir unterhalten uns über klassische Musik, über moderne Malerei, über große Sportereignisse und das politische Tagesgeschehen. Es ist sehr abwechslungsreich, und was uns darüberhinaus verbindet, ist unser makaberer Humor. Wir erzählen uns wirklich schlechte Witze, über die wir uns kaputtlachen, das ist sehr spaßig.
Er bereitet gerne eine Kleinigkeit zum Essen vor, nette Vorspeisen, dazu macht er immer einen guten Rioja auf. Er bucht gerne etwas mehr Zeit, wie ältere Herren generell, sie wollen sich zeitlich nicht so unter Druck setzen, und Geld haben sie ja genug.
Sein Haus ist riesig, es hat bestimmt über 300 Quadratmeter Wohnfläche, und er bewohnt es allein. Er ist geschieden, seine Frau lebt in einer anderen Stadt.
Dieser Gentleman ist mir auf jeden Fall lieber als dieser unangenehme Typ, der aussah wie Willy Millowitsch, diese rheinische Frohnatur, der Schauspieler und Sänger. Einer seiner Hits war Schnaps, das war sein letztes Wort, das sagt ja schon alles. Er sang auch gern Karnevalslieder, wobei ich nichts gegen Karneval habe, ich gehe sehr gern dahin. Auf jeden Fall war und ist er im Rheinland sehr bekannt. Als ich den Kunden sah, war es aus mit der Erotik, da ging fast gar nichts mehr.
Ich mochte den nicht küssen, und die Vorstellung, mit ihm Sex zu haben, war alles andere als verlockend. Also habe ich eben die Massage ausführlicher gestaltet. Außerdem gab es ein schönes Badezimmer mit einer riesigen Wanne, in der wir auch einige Zeit zusammen verbracht haben.
Er erzählte lustige Storys, so konnten wir viel zusammen lachen, auch wenn er immer wie Willy Millowitsch klang. Gott sei Dank war Essengehen mit eingeplant, denn er hatte fünf Stunden gebucht, und das hätte ich nur im Zimmer und im Bett schwer durchgehalten. Ich muss sagen, dass ich ein guter Esser bin, ich esse gerne und halte mich nicht zwei Stunden an drei Salatblättern auf. Das fand der richtig toll, wie übrigens viele Männer. Wenn sie sehen, dass die Frau vernünftig essen kann und das Essen genießt, dann wissen sie, dass sie auch den Sex genießen wird. Also Mädels, wenn ihr ein richtig schönes Date habt und euch hinterher guten Sex versprecht, dann haut rein, die Kerle stehen drauf. Die merken, die Frau kann sich gehen lassen. Das ist für Männer das inoffizielle Versprechen von gutem Sex.
Dennoch bin ich nicht scharf darauf, dass der Gerüstbauer mich noch mal bucht, obwohl ich es gern mag, Kunden wiederzutreffen. Ich habe in der Zwischenzeit schon Kunden, die mich öfter buchen. Manche davon sind sehr nett und süß, die freuen sich richtig, mich wiederzusehen, das merke ich, und das finde ich schön, denn das ist auch gut fürs Ego.
Ein Kunde buchte mich wegen eines bestimmten sexuellen Wunsches. Er wollte gerne Analsex kennenlernen. Aber nicht mein süßer Po sollte dafür herhalten, sondern er bot mir seinen an: »Meine Frau sagt, ich sei pervers und schwul, nur weil ich mir einen Finger im Po und dabei ein paar Klapse auf den Hintern wünsche. Kann ich mir das von dir wünschen?« Das war so süß, wie er das formulierte.
Er wollte von mir wissen, ob er asozial oder außerhalb der sexuellen Norm veranlagt sei. Daraufhin habe ich ihm erklärt, dass das völlig normal wäre, da genau dort wahnsinnig viele Nervenenden zusammenlaufen und dadurch ein großes Lustempfinden möglich wäre. Warum soll das, was Frauen gefällt, nicht auch Männern gefallen? Selbstverständlich mache ich das, wegen so etwas ist doch keiner pervers. Da war er beruhigt.
Aber meist beschränken sich die sexuellen Wünsche auf die Missionarsstellung und die Reiterstellung. Das war es dann im Großen und Ganzen schon. Ich selbst wäre schon experimentierfreudiger. Ich war echt überrascht, dass nicht mehr gewünscht wird. Aber die Männer haben Angst, in dieser Situation zu versagen, deshalb machen sie keine Experimente. Mit neuen Stellungen sind sie total überfordert, es gefällt ihnen zwar schon, dass ich so gelenkig bin, aber sie nutzen es nicht. Es passt vielleicht auch nicht in ihre Vorstellung vom anständigen Deutschen.
Obwohl Ausländer, meiner Erfahrung nach, auch nicht experimentierfreudiger sind. Ich war schon mit einem Kanadier und einem Holländer zusammen, der einzige Unterschied im Verhalten war die Sprache.
Wenn Männer kurz davor sind zu kommen, merke ich das meistens. Es gibt nichts Schlimmeres als einen Kerl, der nur daliegt, da weiß ich ja nie, wann ich fertig bin. Man möchte schon eine Reaktion haben, und meistens kriegt man die ja auch. Deutsche Männer sagen immer: »Oh mein Gott!« Oder: »Ich komme.« Sie kündigen das immer an. Der Holländer sagte: »Neej, wat lekker.«
Ich musste innerlich so lachen. Er interpretierte dann meine inneren Vibrationen als Ausdruck meiner Leidenschaft, das war auch okay, denn dass ich lachen muss, darf der Mann natürlich nicht mitbekommen.
Die Männer kündigen ihren Orgasmus an, damit man sie bewundern kann. Ich reagiere auf jeden Fall darauf. In der Zwischenzeit habe ich gelernt, meinen Körper so zu steuern, dass ich fast gleichzeitig mit ihnen kommen kann. Wenn nicht, gebe ich ihnen zumindest das Gefühl. Männer freuen sich total über so etwas. Zu 90 Prozent bekomme ich es aber tatsächlich so hin, dass ich einen Orgasmus habe.
Männer lassen sich beim Sex schon so führen, dass ich auch was davon habe. Das ist auch gut so, sonst würde es mir keinen Spaß machen. Dann wäre es ein harter Job, und darauf habe ich keine Lust. Die meisten Männer wollen sich nicht nur selbst vergnügen, sondern geben sich große Mühe, dafür zu sorgen, dass auch ich meinen Spaß habe. Von daher habe ich auch ein ganz eigennütziges Interesse daran, dass der Sex mit meinem Date gut wird. Es wird nicht großartig darüber geredet, es ist ein Rantasten durch Beobachten der Reaktionen. Wenn es total blöd ist, drehe ich mich unauffällig zur Seite oder nehme seine Hand weg, ist es schön, stöhne ich lauter, sodass der Mann weiß, dass er da weitermachen soll. Ich übernehme diskret die Führung.
Die meisten Männer sind unglücklich verheiratet oder haben keine Partnerin. Nun wollen sie einfach einen rundum schönen Abend haben, dazu gehört für sie, dass es auch mir gefällt. Es hat sich in der Zwischenzeit rumgesprochen, dass Sex nur gut ist, wenn es beiden gefällt. Also gehen wir beide mit einer positiven Einstellung in das Date, der Mann leistet seinen Teil dazu und ich meinen.
Es gibt Männer, die sehr nett sind, mit denen könnte ich mir schon vorstellen, privat befreundet zu sein. Aber wenn ein Mann mich einmal gebucht hat, geht das nicht mehr. Das würde immer zwischen uns stehen. Ich mache mir da keine Illusionen. Es gab schon einen, bei dem ich gedacht habe: Schade, dass ich dich nicht anders kennengelernt habe.
Wenn mich so ein Netter ein zweites Mal bucht, freue ich mich darüber, weil ich dann vorher schon weiß, dass wir viel Spaß haben werden. Aber mehr wird daraus nicht. Das ist von vornherein klar, auch wenn ich das denen natürlich nicht zeige.
Mein großer Vorteil ist natürlich, dass ich nicht auf das Geld angewiesen bin, ich könnte von heute auf morgen da raus. Ich kann ohne das Geld meine Miete und meine Rechnungen bezahlen, ich könnte trotzdem weiter in den Urlaub fahren. Den Männern begegne ich ohne Druck, es bleibt immer das Gefühl von Freiheit und Freiwilligkeit. Ich verbringe einen netten Abend und lerne, meistens zumindest, einen interessanten Menschen dabei kennen, mit dem ich Spaß haben kann.
Ein Uniprofessor zum Beispiel bucht mich öfter und zwar Dinner Time, also ohne Sex. Er hat in Düsseldorf einen zweiten Lehrstuhl, aber seine Freunde und seine Familie leben in Berlin, wo er seinen ersten Lehrstuhl hat. Er pendelt hin und her, will aber in Düsseldorf nicht alles alleine machen. Wir gehen essen und besuchen Kunstausstellungen. Wir waren schon bei einer Lesung von einem türkischen Autor mit anschließender Podiumsdiskussion: Wie integriert man muslimische Ausländer in Deutschland. Aber er ist schon eine Ausnahme, bei den anderen Dates ist es klar, dass das Treffen auf Sex hinausläuft.
Ich habe auch einen Arzt, der mich ab und zu bucht. Für ihn besteht ein wichtiger Teil des Dates darin, dass er mir von seinen merkwürdigen Patienten erzählen kann, es sind meist Ekelgeschichten von Hautausschlägen, Ekzemen und schrecklichen Lungenbildern, das ist auch ein bisschen abartig. Normalerweise würde ich mich darüber nicht so gerne unterhalten, wahrscheinlich geht es seiner Frau ähnlich, und sie hört ihm nie zu, wenn er mit diesen Geschichten anfängt. Der Arzt ist mein hübschester Kunde, in jeder Diskothek könnte er die Frauen zu Dutzenden abschleppen. Dafür höre ich mir halt zwei Stunden seine Geschichten an.
Das Honorar lege ich zur Hälfte für mein Traumauto weg. Das restliche Geld nutze ich für anderen Luxus, für Sachen, die ich eigentlich nicht brauche, aber gerne hätte. Zum Beispiel sammle ich teure Gläser und Geschirr. Jedes Mal, wenn ich einen Kunden getroffen habe, kaufe ich mir ein Teil dazu, bis das Set eben komplett ist. Lippenstift und Mascara ist nicht mehr aus dem Drogeriemarkt. Meine Badetücher sind nun von Boss, und es ist jedes Mal ein schönes Gefühl, wenn ich mich darin einwickle.
Ich habe zwei Seelen in mir: Zum einen komme ich aus einer sehr konservativen Familie, ich habe eine klassische Bildung erhalten, wo der Opern- und Theaterbesuch einfach dazugehörte. Meine Eltern haben darauf großen Wert gelegt. Bei uns sind alle Juristen, mein Vater, mein Bruder, und so habe ich auch diesen Beruf gewählt. Das ist meine verantwortungsbewusste, seriöse Seite.
Die andere Seite ist eben, dass ich im Fußballstadion unterwegs bin und Ausdrücke schreie, die meine Mutter in Ohnmacht fallen ließen.
Die eine Seite ist eben die disziplinierte, die andere die wilde. Der Escort gehört zur wilden Seite, genauso wie das ausgelassene Feiern und der Fußball. Ich fühle mich nicht schizophren, sondern sehe das als Ausdruck meiner vielfältigen Persönlichkeit.
Ich habe keinen Freund, ich hole mir meine erotische Befriedigung im Escort oder wenn Sommerflaute im Escort herrscht, ziehe ich durch die Kneipen und suche mir gezielt einen fürs Bett.
Aber ich muss sagen, da fühle ich mich mittlerweile mehr als bitch, also als Nutte oder als Miststück, als wenn ich im Escort mit Männern für Geld schlafe. Als ich im Karneval unterwegs war und an einem Abend mit mehr als zehn Männern rumgeknutscht habe, kam ich mir echt schlampig vor. Ich denke, nächstes Jahr werde ich mich in der närrischen Zeit mehr zurückhalten. Andererseits war es auch eine Leistung, im Kölner Karneval zehn Männer zu finden, die nicht schwul waren.
Der Escort verändert mich, er ist gut für das Ego. Es ist ein irres Gefühl zu wissen, dass ich so viel wert bin. Ich war schon immer sehr selbstbewusst, durch den Escort wurde das aber noch verstärkt, denn ich fühle mich nun auch körperlich begehrt. Selbst auf meinen Beruf hat es Auswirkungen, ich schaue die Menschen heute anders an. Da ich bislang nur positive Erfahrungen gemacht habe, bleibe ich sicher noch eine Weile dabei. Es sei denn, ich treffe meinen Traummann, für den es sich lohnen würde, den Escort aufzugeben. Von meiner bewegten Vergangenheit würde ich ihm aber nichts erzählen. Das bliebe mein Geheimnis, so wie ich gewisse Sachen auch von ihm nicht wissen möchte.
Yvonne, 29, Escort und Verkäuferin in einer Parfümerie
»Meine Spezialität sind Duos, ich liebe schöne Frauen. Wenn bei meiner Agentur eine zweite Frau für ein Doppel-Date angefragt wird, schickt die Chefin immer mich, weil sie weiß, dass ich Frauen gerne mag. Das ist für mich nicht einfach nur eine Erweiterung meines Serviceangebots, es ist ein erotisches Erlebnis.«
Sedcard
Name: Yvonne
Alter: 29
Beruf: Verkäuferin in einer Parfümerie
Buchbar: München / Deutschland / weltweit
Nationalität: deutsch
Sprachen: Englisch (Konversation), Rumänisch
Äußeres: zierlich, mädchenhaft, blaugraue Augen, mittellange, dunkle Haare, 160 cm groß, 49 kg, Konfektionsgröße 34, BH-Größe 70 B
Parfüm: Eternity von Calvin Klein
Lieblingsblumen: Rosen
Lässt sich einladen zu: Rotwein, Champagner
Bevorzugtes Abendessen: Deutsch, Spanisch, Asiatisch
Interessen: Motorradfahren, Sport
Erotische Vorlieben: leidenschaftliche Zungenküsse, Girlfrienderotik, französische Erotik total, Massagen, Verbalerotik, Natursekt aktiv, Rollenspiele, Pärchenbegleitung, glattrasiert, Duo möglich, bi
Honorar, Private Time: 2 Stunden, 350 Euro, 24 Stunden, 1.400 Euro
Escort-Agentur sucht nette Ladys, gute Verdienstmöglichkeiten.« So oder so ähnlich lautete vor knapp drei Jahren der Text einer Anzeige in der regionalen Zeitung. Erst hatte ich keine rechte Vorstellung, was das sein könnte. Ich habe angerufen und mich mit der Agenturchefin getroffen. Sie erklärte mir bei einer Tasse Kaffee, was Escort ist, wie viel ich verdienen könnte und welchen Anteil davon die Agentur bekommen würde, das war alles. Nach ihren Andeutungen am Telefon war ich aufgeregt gewesen und hatte am wenigsten mit einem so sachlichen Gespräch gerechnet. Interessant fand ich es auf jeden Fall, vor allem, da ich nicht irgendwo sitzen und auf Männer warten sollte.
Nun galt es, meinem damaligen Mann Ralf die Sache zu erklären und ihn zu überzeugen. Ralf und ich liebten sexuelle Experimente; zu dem Zeitpunkt, als wir die Anzeige entdeckten, hatten wir schon Swingerclubs besucht, uns mit anderen Paaren und einzelnen Frauen und Männern getroffen, ganz brav war ich also vorher schon nicht gewesen.
Bevor ich meinen Mann kennengelernt habe, war ich sexuell eher unerfahren, Ralf hat mich nach seinen Wünschen geformt. Ich habe mich auch formen lassen, denn es hat mir Spaß gemacht. Langweiliger Sex ist für mich ein Todesurteil. Das Sexualleben muss spannend und aufregend sein. Ich kann mir nicht vorstellen, mein ganzes Leben lang nur mit einem Mann zu schlafen, irgendwann ist das doch fade.
Die Freiheit, etwas anderes erleben zu können als nur den Sex in den eigenen vier Wänden und nur mit meinem Mann, hatten wir uns schon zugestanden. Ich konnte, wenn es sich ergab, auch mit jemand anderem schlafen, ohne dass dies als Betrug an ihm galt.
Von Anfang an war der Sex mit Ralf toll. Ich habe ihn mit 23 kennengelernt, da war ich mit einem anderen verheiratet, aber der Sex mit meinem ersten Mann war langweilig gewesen.
Bei Ralf stand Sex ganz oben, er war sehr aktiv, nach und nach hat er mir gegenüber seine Wünsche und Vorstellungen geäußert. Erst führten wir nur Gespräche darüber, wie ein Partnertausch wohl wäre, dann gingen wir zusammen in einen Swingerclub, um es auszuprobieren. Beim ersten Mal sind wir eine halbe Stunde geblieben, ich saß, nur mit BH, Slip und sexy Schuhen bekleidet, an der Bar. Gemeinsam haben wir uns die Leute angeschaut, aber dabei ist es erst mal geblieben. Nach einem halben Jahr sind wir wieder hin. Diesmal haben wir ein anderes Paar kennengelernt und sind mit denen zusammen auf die Spielwiese. Es war aufregend, aber schon nach vier Besuchen hatte die Sache ihren Reiz verloren. Die Menschen in so einem Club sind im Durchschnitt 45 und älter und, was die Attraktivität angeht, doch sehr unterschiedlich. Ich war 25 und hatte eine supersexy Figur. Ich war die begehrteste Frau im Raum, die Männer haben mich mit den Augen verschlungen und laufend angesprochen. So offensichtlich im Mittelpunkt der sexuellen Aufmerksamkeit von vielen zu stehen hat mich eher abgestoßen.
Wir wünschten uns den Partnertausch persönlicher. Also haben wir in einem Sexheft, in der Rubrik »Paar sucht Paar«, inseriert, um Gleichgesinnte für sexuelle Abenteuer zu treffen. Wir lernten über die Anzeige ein Pärchen aus Frankfurt kennen, mit dem wir uns dann auch getroffen haben. Im Vorfeld hatten wir einen Partnertausch vereinbart. Dabei blieben wir alle vier in einem Zimmer, denn für meinen Mann bestand ein Teil des Reizes darin, zuzusehen, wie ich mit einem anderen Mann schlief.
Er schaute gerne zu, ich nicht, mich macht das nicht an. Für mich war das Wichtige am Sex zu viert, dass ich eine Frau verwöhnen konnte. Ich stehe nicht nur auf Männer, sondern auch auf Frauen. Aber mit der Frau aus Frankfurt hat leider die Chemie nicht gestimmt. Dennoch waren die privaten Treffen auf jeden Fall schon besser als die Besuche im Swingerclub. Wir konnten die Treffpunkte selbst bestimmen, und unsere Wohnung ist viel ansprechender als diese dunklen Räume im Club. Aber die Sympathie zwischen den Beteiligten muss unheimlich groß sein, man sollte sich länger kennen, damit man sich besser fallen lassen kann. Das Pärchen trafen wir aber nur zweimal, da wir uns nicht unterhalten konnten. Hinzu kam, dass der Mann mich überhaupt nicht angemacht hat.
Wir haben dann eine einzelne Frau getroffen, das hat Spaß gemacht. Es war so aufregend, und die Frau hatte viel Erfahrung, auch mit Frauen, sodass ich voll auf meine Kosten kam. Sie war schon etwas älter, küsste unheimlich gut und sah sehr appetitlich aus. Überhaupt haben wir mit einzelnen Partnern gute Erfahrungen gemacht, auch als wir uns mit einzelnen Männern getroffen haben. Mein Mann hatte mir mal eine Phantasie erzählt, er wolle gern gefesselt zuschauen, wie ich mit einem anderen Mann Sex habe. Als wir einen Mann bei uns hatten, habe ich Ralf auf den Stuhl gefesselt, und er durfte zusehen. Meinem Mann hat das riesigen Spaß gemacht.
Ich erzähle dies alles, um zu zeigen, dass Ralf und ich schon ein kreatives Sexualleben hatten, bevor wir auf die Anzeige mit dem Escort gestoßen sind. Wir hatten uns auch schon an allen möglichen Orten geliebt, am FKK-Strand, im Wald, auf der Wiese und natürlich der Klassiker: im Auto.
Wir berieten gemeinsam das Angebot der Agentur. Ich sagte: »Warum nicht, so könnte ich für das Angenehme noch eine gewisse Summe Geld erhalten.«
Doch mein Mann war dagegen. Aber so wie ich mich damals zu den Besuchen im Swingerclub hatte überreden lassen, so ließ er sich diesmal überzeugen, und wir kamen überein, dass ich es wenigstens probieren könne.
Die Fotos hat die Agentur machen lassen, sie sollten erotisch, aber nicht pornografisch sein. Die Bilder waren aber so schlecht, dass ich später, als klar war, dass ich dabeibleiben würde, lieber eigene machen ließ.
Ich bin nur bei einer Agentur gelistet, aber natürlich habe ich mich über andere Agenturen informiert. Da ich ein gutes Verhältnis zur Chefin habe, gab es keinen Anlass für einen Wechsel. Außerdem habe ich zwar eine sehr hübsche Figur, entspreche aber mit meinen 1,57 Metern sicher nicht den Modelmaßen. Dementsprechend traute ich mich nicht, bei einer der wahnsinnig teuren Agenturen anzurufen, bei denen bis zu 800 Euro Honorar für ein Zwei-Stunden-Date bezahlt wird.
Heute ist die Agenturchefin fast wie eine Freundin. Es stellte sich heraus, dass sie in meiner Nähe wohnt, sodass wir auch privat Kontakt haben. Wir betreuen im Notfall gegenseitig unsere Hunde und treffen uns auf einen Kaffee. Sie vermittelt mich gerne. Zum einen weil sie mich im Laufe der Zeit besser kennengelernt hat und mich persönlich zu schätzen weiß, zum anderen weil sie von den Kunden öfter Gutes über mich hört. Ab und zu erzählt sie mir das oder die Kunden verraten mir, dass sie mich gelobt haben. Sie hat Vertrauen zu mir und ich zu ihr.
Meine Agentur betreibt zusätzlich zu der Escort-Vermittlung zwei Wohnungen. Dies fand ich sehr geschickt, denn am Anfang war ich unsicher und wollte nicht gleich in ein Hotel. Ich hatte gerade meine Führerscheinprüfung bestanden, aber gleich mit dem Auto in fremde Städte zu fahren und dort Hotels zu suchen, traute ich mir nicht zu. Außerdem wusste ich ja nicht, wie so ein Treffen ablaufen würde, so fühlte ich mich im Appartement sicherer.
Mein Mann hat mich vor meinem ersten Date zu der Wohnung gefahren und die ganze Zeit über vor dem Haus auf mich gewartet. Danach wollte er alles genau wissen, aber ich musste erst einmal lachen, fast hysterisch, vor Erleichterung und weil die Nervosität endlich von mir abfiel. Ralf fragte mich, ob alles in Ordnung sei, er habe sich doch Sorgen gemacht. Ich lachte weiter, diesmal aus Verlegenheit. Was sollte ich ihm erzählen? Wie ich gezittert habe? Wie ich nicht wusste, ob ich mich mit dem Gast unterhalten sollte? Dass der Gast gleich angefangen hatte, an mir rumzufummeln und mich zu küssen, sodass eine Unterhaltung zweitrangig war? Dass ich mit ihm unter die Dusche bin und ihm dort erst mal einen geblasen habe? Dass wir anschließend auf dem Bett Sex miteinander hatten? Dass der Mann ziemlich korpulent war?
Für Ralf war die Vorstellung, dass ich Sex mit einem anderen Mann habe, ein sexueller Reiz. Wir haben zwar anschließend nicht gleich miteinander geschlafen, aber nach dem zweiten Date war es so, dass Ralf dann selbst Sex mit mir haben wollte. Er ließ sich alles genau erzählen und schlief dann mit mir. Mich selbst machte es nicht an, ihm davon zu erzählen. Ich fand es eher seltsam.
Die Agenturchefin hat mich auf das erste Mal nicht vorbereitet. Sie meinte einfach, ich solle mich auf meinen Instinkt verlassen. Sie gab mir nur einen Tipp, nämlich dass ich mir das Geld vorher geben lassen sollte. Bei den ersten Dates habe ich mich an den Ratschlag gehalten, weil ich nicht wusste, warum das mit der Bezahlung so ablaufen sollte. Vielleicht laufen manche fort, ohne zu bezahlen, dachte ich. Heute regele ich das anders, es zementiert gleich ein Verhältnis zwischen meinem Gast und mir, wenn es so abläuft, und das ist mir unangenehm. Ich finde, es muss nicht sein, dass ich gleich die Hand aufhalte. Der Gast soll das Gefühl haben, dass es ein schönes Date wird.
Der erste Mann, den ich getroffen hatte, war zwar jünger, aber eher unattraktiv. Doch da das Drumherum sehr aufregend war, in diesem Appartement zu sein, auf einen Mann zu warten, mit dem ich Sex haben sollte, nicht zu wissen, was von mir erwartet wird, trat die äußerliche Unattraktivität in den Hintergrund.
Der zweite Mann war älter, er wollte hauptsächlich streicheln, küssen und mich halten. Dabei erzählte er mir unheimlich viel.
Diese Nebenbeschäftigung versprach Spaß zu machen: unterschiedliche Männer treffen, ihre Berufe und Ansichten kennenlernen, ständig Neues erleben.
Als ich mich sicherer fühlte, ließ ich mich in Hotels vermitteln.
Wie würde der Moment sein, wenn der Kunde die Tür aufmacht?