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Oft passieren im Leben unerwartete Dinge die unser Leben, und somit auch unsere Gewohnheiten ändern. In diesem Buch wird die bewundernswerte Erzählung einer Mutter und Lehrerin, die gegen Brustkrebs kämpfen muss, berichtet. Wie in ihr Tagebuch notiert, finden sich hier die verschiedenden Etappen ihres Weges wieder: Von der Entdeckung des Tumors, bis hin zum Heilungsprozess. Dieses Buch steuert uns durch Brittas Erfahrung, welche mit ihren Höhen und Tiefen gründlich und präzis beschrieben wird. Und auch wenn der Weg sich voller Schwierigkeiten zeigt, ist Sterben keine Option.
Britta Dalesch lebt und arbeitet als Grundschullehrerin in Hamburg. Geboren wurde sie 1971 in Hamburg Schnelsen. Nach ihrem Abitur studierte sie an der Universität Hamburg Erziehungswissenschaften und begann 2001 als Lehrerin einer 1. Klasse mit ihrer Arbeit. Die Autorin lebt inzwischen gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem 14-jährigen Sohn in Hamburg Alt-Rahlstedt. Im Februar 2019 wurde bei ihr ein 7 cm großer Tumor in der Brust entdeckt. Auf ihrem Weg durch die Brustkrebserkrankung lautete ihr Dogma stets: „Sterben ist keine Option!“
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Sterben ist keine Option
© 2022 Europa Buch | Berlin www.europabuch.com | [email protected]
ISBN 9791220132046
Erstausgabe: Dezember 2022
Gedruckt für Italien von Rotomail Italia
Finito di stampare presso Rotomail Italia S.p.A. - Vignate (MI)
Dieses Buch ist meinem Sohn gewidmet – dem stärksten Bär der Welt!
Mein Name ist Britta Dalesch. Ich bin 48 Jahre alt. Von Beruf bin ich Lehrerin und arbeite als Klassenlehrerin an einer Grundschule in Hamburg. Ich lebe zusammen mit meinem Mann und unserem Sohn. Er ist zum Zeitpunkt meiner Geschichte 10 Jahre alt. Zwei weitere Familienmitglieder sind Mücke und Bounty – unsere Katzen.
Anfang Februar 2019 habe ich bei mir einen Knoten in der Brust ertastet. Jetzt, zum Ende dieses Buches hin, sind 1,5 Jahre Krebstherapie vergangen.
Zu Beginn des Schreibens war mir noch nicht klar, worauf ich hinauswollte. Ich schrieb eine Art Tagebuch. Ich wollte ein Gedankenwirrwarr in meinem Kopf sortieren und so Ruhe erlangen. Las ich dann Tage oder Wochen später meine geschriebenen Seiten, half es mir tatsächlich beim Verstehen und Verarbeiten.
Während ich schrieb, musste ich an all die wertvollen und weniger wertvollen Tipps denken. An Dinge, welche mir auf meinem Weg halfen und Dinge, die ich falsch anging oder mit denen ich nicht einverstanden war. Diese Tipps wollte ich unbedingt weitergeben.
Ich schlug also einen großen Bogen über meine eigene Geschichte, einen Erfahrungsbericht bis hin zu einem Ratgeber.
Es soll aber auch für all die Mädels da draußen ein Mutmachbuch sein. Ja, das ist ernst gemeint. Lasst euch durch meine teils schmerzhaften Erfahrungen nicht von eurem Weg abbringen. Ich wollte euch gerade dadurch zeigen, dass es jede von euch, genauso wie ich, schaffen kann.
Jeder Tag ist eine Herausforderung. Konzentriere dich auch nur auf einen Tag nach dem anderen.
Horche stets in dich hinein – dein Körper ist auch ein wichtiger Ratgeber.
Und, vergiss nicht, ab und zu mit deinen Lieben um dich herum in den blauen Himmel zu schauen. Die schwarze Wolke wird nicht immer dort hängen und das Blau des Himmels motiviert ungemein!
Wo kommt das denn her?
“What a difference a day made”, genau an dieses Lied von Jamie Cullum musste ich letzte Woche die ganze Zeit denken. Eigentlich ist es ja ein wunderschönes Liebeslied und es ist eins meiner Lieblingslieder der Playlist für den gemeinsamen Sonntagmorgen. Ich habe es durch Zufall in letzter Zeit häufiger gehört. Jetzt verbinde ich dieses Lied mit anderen Gedanken und auch Gefühlen. Ein Tag kann tatsächlich so Vieles ändern.
Ich steckte zum Beginn meiner Geschichte komplett in meinem Alltagswahnsinn. Das Schulhalbjahr neigte sich dem Ende und es galt Vieles zu organisieren. Ich war gestresst von der Schule und genervt von dem vielen Computerspielen meines Sohnes. Wann würde ich endlich anfangen auf Süßigkeiten zu verzichten? Wann hatten wir eigentlich das letzte Mal Sex? Nächste Woche ist Familiensprechtag – habe ich alles dafür organisiert? Zum Friseur muss ich auch noch unbedingt. Bei meiner Mutter muss ich dringend anrufen...
Einen Tag später war all der Alltagskram auf einmal wie weggewischt. Mein Kopf war total leer. Es gelang mir nicht mehr, an irgendetwas anderes als diese eine Sache zu denken. Was war passiert? Was bedeutete dieser eine Tag? Unterbewusst war ich mir aber sicher (oder wollte mir sicher sein), es wird schon alles gut sein!
Aber - ein einziger Tag kann tatsächlich alles ändern!
Dein bisheriges Leben und deine Träume. Aber auch das Leben und die Träume deines Mannes und deines Sohnes.
Genau vor einer Woche, am Montag, den 04.02.19, habe ich abends beim Umziehen fürs Schlafengehen einen riesigen Knoten in meiner linken Brust erfühlt. Es war so groß, dass ich dachte „Wo kommt das denn her?“. Gefühlt, muss es über Nacht gewachsen sein.
Weitere Gedanken habe ich mir nicht erlaubt.
Als mein Mann hochkam, schob ich ihn dann aber doch ins Badezimmer, nahm seine Hand und führte sie an die entsprechende Stelle. Er war auch sichtlich überrascht.
„Hast du dich irgendwo gestoßen?“
„Ok, wird wohl eine Zyste sein!“, meinten wir beide. Etwas anderes konnte es doch auch gar nicht sein, da ich in einem straffen Vorsorgeprogramm war. Vor einem Jahr war ich das letzte Mal bei der Mammographie, vor 5 Monaten bei meiner Gynäkologin zum Abtasten und einem Krebsabstrich, und vor einem Monat wurde noch bei meiner Hausärztin ein großes Blutbild gemacht – alles ok!
Als ich unseren Sohn ins Bett gebracht hatte und mein Mann und ich in unserm Bett saßen und Nachrichten schauten, wurde uns dann aber doch etwas anders. Auf einmal wurde in der Tagesschau über den häufigsten Krebs bei Frauen gesprochen – dem Brustkrebs. Denn es handelte sich heute um den Weltkrebstag!
Ich sagte spontan: „Na dann – herzlichen Glückwunsch!“. Da der Knoten oder Knubbel so groß war, sagte ich gleich für den nächsten Tag die Schule ab und beschloss morgens um 8.00 Uhr zu meiner Gynäkologin zu fahren.
Dort angekommen wurde ich gleich wieder weggeschickt. Für Notfälle war das jetzt der falsche Zeitpunkt – erst um 11.30 Uhr!
Ich fragte höflich ob ich bleiben dürfte, da es mir wirklich nicht gut ging. Aber, keine Chance.
Also sagte ich mir: „Ok, du bist kein Notfall und kannst ganz entspannt in drei Stunden wiederkommen.“
Die später folgende Untersuchung passte dann zum sarkastisch verlaufenden Nachrichtenprogramm vom Vorabend.
Die Ärztin versicherte mir, dass es sich um eine Zyste handelte. Diese Zyste hätte jedoch eine merkwürdig ausgefranste Umrandung und müsse zeitnah in einer Mammographie genauer betrachtet werden.
Danach erzählte sie mir vermeintlich witzige, kleine Anekdoten. Es passte alles nicht zu diesem bedeutungsschweren Moment.
Ich hatte gleich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte.
Aber, es war ja nur eine Zyste.
Dennoch nahm sie gleich den Hörer in die Hand und verabredete persönlich für den nächsten Tag einen Mammographie Termin im Mammazentrum in der Spitaler Straße.
Zu Hause angekommen, kam mir die gerade abgelaufene Szene noch surrealer vor. Ist jetzt alles gut oder traute sie sich nicht die Wahrheit zu sagen. Das ginge gar nicht! Eine Antwort würde ich nicht bekommen. Daher wartete ich den nächsten Tag ab.
Am Nachmittag sollte ich den Termin für die Mammographie haben. Mein Mann fuhr früher von der Arbeit nach Hause, um für unseren Sohn da zu sein.
Begleiten musste er mich nicht, es war ja nur eine Zyste.
Die Mammographie verlief reibungslos und im Anschluss fand das Gespräch mit der Ärztin über die gemachten Bilder statt.
Die Ärztin zeigte sich entgegen meinen Erwartungen sehr
betroffen: „Eine Zyste ist es definitiv nicht!“ Wie jetzt?
Da hatte mein Gefühl zur gestrigen Gesprächssituation mich also nicht getäuscht – scheiße!
Ich fragte, was es denn dann sei.
Sie sagte, sie hätte eine langjährige Erfahrung und aufgrund dessen, könne sie schon jetzt sagen, dass es sich wohl um einen bösartigen Tumor handele.
Moment, bösartiger Tumor heißt doch Brustkrebs, oder?
Die Frage habe ich aber nicht laut gestellt.
Sie hätte mehrere suspekte Stellen gefunden – auch in der anderen Brust.
Sie würde mir anbieten gleich heute Abend eine Biopsie, eine Entnahme von Gewebsproben, zu machen. Ich war über dieses spontane Angebot spät am Abend sehr positiv überrascht und willigte sofort ein. Ich musste am Empfang noch Unterlagen lesen und unterschreiben und sie würde alles vorbereiten.
Währenddessen rief ich meinen Mann zu Hause an. In erster Linie, um ihn darüber zu informieren, dass ich später nach Hause kommen würde. Dann fragte er warum.
Daraufhin erwiderte ich mit kurzen Worten und irgendwie paralysiert, dass die Ärztin sich ziemlich sicher ist, dass es sich um Brustkrebs handeln würde. Bam! Damit war es auch für mich raus und ich habe sofort angefangen zu weinen.
Wir haben uns leise und kurz verabschiedet: „Alles klar. Ok. Ja. Dann bis später.“
Er war vor Schreck – Es ist doch nur eine Zyste! – zusammengebrochen und begann ebenfalls zu weinen. Dies bekam unser Sohn mit. Er erklärte ihm in kindgerechten Worten, warum sein starker Papa jetzt weinen müsse und dass er sich große Sorgen um Mama mache.
Ich ging zurück ins Wartezimmer und setzte mich so hin, dass mir möglichst keiner ins Gesicht schauen konnte. In diesem Augenblick war es schlimm, dass ich nicht weinen konnte, wie ich wollte. Ich hatte wahnsinnige Angst, aber mein Hals tat weh vom Unterdrücken der Tränen. Um mich herum war noch der normale Publikumsverkehr.
Gibt es hier kein „Weinzimmer“?
Als alle anderen Patientinnen weg waren, wurde es ganz still. Ich wurde wieder in die Umkleide gerufen und die Biopsie begann. Beide, die Ärztin und ihre Assistentin waren sehr einfühlsam und redeten in ruhiger Stimme mit mir. Sie erklärten mir alles so gut es ging. Ich konnte die Tränen nicht mehr unterdrücken und fing leise an zu weinen. Ich wollte nun auch keine weiteren Erklärungen hören. „Lassen sie uns bitte einfach beginnen.“ Ich kann gar nicht sagen, was genau weiter passierte. Technisch weiß ich es natürlich. Es wurde „gestanzt“.
Dabei wird ein kleines Röhrchen unter Ultraschall direkt zu der suspekten Stelle geführt. In das Röhrchen wird ein kleiner Greifarm eingeführt, um Gewebeproben zu entnehmen. Genau gesagt, lag ich jedoch einfach nur da, hielt die Augen die ganze Zeit geschlossen und wartete, dass es vorbei war. Ich wurde verbunden und versorgt und konnte danach die Praxis verlassen.
Die Ergebnisse sollten am kommenden Montag, also in fünf Tagen, da sein. Die Ärztin wollte mich sofort anrufen und alles am Telefon mitteilen, wenn es mir recht sei. Natürlich willigte ich ein. Ich war froh, mit dem Auto nicht noch einmal hinfahren zu müssen.
„What a difference a day made! “
Gestern hatte ich eine Zyste – heute habe ich wahrscheinlich Brustkrebs, oder wie die Ärztin bei der Biopsie sagte:
„Höchstwahrscheinlich ein bösartiger Tumor“.
Eigentlich hätte ich gar nicht Autofahren dürfen. Ich musste aber diesen kurzen Augenblick der Fahrt nach Hause für mich allein haben. Die Gedanken drehten sich und die Tränen konnten endlich unbeobachtet laufen. Ich musste ständig an meinen Sohn denken. Ich hatte ihn gerade auf der weiterführenden Schule angemeldet. Erlebe ich jetzt nicht mehr, wie er Abitur macht? Wie soll ich ihn unterstützen, wenn ich nicht mehr da bin?
Zu Hause angekommen empfing mich mein Mann. Er nahm mich sofort in den Arm. „Muss ich jetzt sterben?“, fragte ich ihn. Wir waren beide wie gelähmt vor Schreck. Die Angst tat körperlich weh und keiner wusste, wo er mit seinen Gedanken anfangen und was er sagen sollte. Ein paar Minuten später kuschelte ich mich zu meinem Sohn ins Bett und ließ einzelne Tränen im Dunkeln die Wange hinab laufen.
Für den morgigen Tag hatte ich einen klaren Auftrag bekommen. Ich sollte mich mit meiner Gynäkologin besprechen, ein Krankenhaus auswählen und auch dort gleich einen Termin ausmachen. Nur nicht lange warten – es musste auf jeden Fall operiert werden.
Als ich im Wartezimmer der Gynäkologin saß, natürlich in der Notfallsprechstunde, denn jetzt war ich ja ein wirklicher Notfall, gingen mir alle Menschen dort fürchterlich auf die Nerven. Ich mochte mich mit niemanden unterhalten, mochte niemanden ansehen müssen und die nervige Familie mit einem Kleinkind in der Trotzphase und einem Neugeborenen hätte ich am liebsten rausschmeißen wollen. Dies ist eine Frauen- und keine Kinderärztin!!! Meine sonst große Toleranz und Engelsgeduld, welche ich ja schon berufsbedingt haben muss, war wie weggefegt.
Es nützte nichts, ich musste warten.
Mein Leben schien gefühlt zu enden, das einiger anderer sollte erst beginnen. In so einem Moment war das schwer zu ertragen. Als die Ärztin mich dann fragte, wie es mir ergangen sei (blöde Frage), sagte ich nur, dass wohl der worst case eingetreten sei. Die Ärztin fragt auch nicht weiter nach, wahrscheinlich aus Angst zu viele und zu traurige Antworten zu erhalten.
Ich ging auch nicht darauf ein, dass ich vermutete, dass sie mir nicht die Wahrheit sagen wollte und dass das für mich ein arger Vertrauensbruch sei. Ich konzentrierte mich aufs Informationensammeln. Ich wollte dort schnell wieder weg. Hin zu jemandem, der mir wirklich weiterhelfen konnte.
Bei der Wahl des Krankenhauses gibt es in Hamburg zwei Wahlmöglichkeiten: das Jerusalem oder das UKE. Beide haben einen sehr guten Ruf. Da das Jerusalem sich ausschließlich mit Brustkrebs beschäftigt und daher auch das gesamte Team vor Ort auf die Krankheit und den Patienten abgestimmt ist, entschied ich mich für dieses Krankenhaus.
Als ich sie bat, mir alle Unterlagen oder Befunde per EMail zuzusenden, hob sie die Augenbrauen: „Dann lesen es ja alle!“