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Der zweite Sammelband einer brandneuen Weltraum-Serie von Mara Laue! Nach dem wirtschaftlichen und militärischen Zusammenschluss der Terranischen Welten und ihrer Verbündeten in der Interstellaren Allianz (ISA), übernahm die Interstellare Polizei (IsteP) als vom Interstellaren Rat (ISR) autorisiertes Ordnungsorgan den Schutz der ISA-Bürger. Ihre Aufgabe: Die Gewährleistung der Sicherheit aller Bewohner innerhalb des Bündnisgebietes und die Verteidigung der Grenzen gegen Angriffe von außen. Zu diesem Zweck patrouilliert eine riesige Flotte von mit hochmodernen Raumjägern bestückten Trägerschiff-Kontingenten, genannt „Sternenkommandos“, in jedem Quadranten des ISA-Gebietes. Führungsschiff des dem Cassiopeia-Quadranten zugeteilten Sternenkommandos ist die SALAK 221 unter dem Oberbefehl von Admiral Kendro Trevayaa. INHALT Band 4 Der Geist der Maschinen Band 5 Eindringlingsalarm Band 6 Finale Etappe
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Seitenzahl: 186
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Sternenkommando Cassiopeia 4-6
Finale Etappe
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956170829
Cover
Titel
Impressum
Der Geist der Maschinen
SALAK 221, Begegnungszentrum, Deck 9
Hauptlogbuch 18 der SALAK 221
20.06.344, 6.28 Uhr Bordzeit
Im nächsten Roman: „EINDRINGLINGSALARM“
ANHANG
Eindringlingsalarm
20.06.344, 13.20 Uhr Bordzeit
Hashnarra auf Gemilanth, Regierungsgebäude
Hauptlogbuch 18 der SALAK 221
21.06.344, 07.30 Uhr Bordzeit
8.45 Bordzeit
9.00 Uhr Bordzeit
Irgendwo am Fuß des Yarishkorr-Gebirges, Planet Orshokk, 5. Hauptwelt der Gronthagu Liga
Im nächsten Roman: FINALE ETAPPE
ANHANG
Finale Etappe
Hauptlogbuch 18 der SALAK 221
24.06.344, 02.80 Uhr
07.10 Uhr Bordzeit
11.65 Uhr Bordzeit
Akision, 8. Planet der Sonne Sikara
Akision, 32.07.344, 8.50 Uhr Ortszeit
SALAK 221, 03.08.344, 14.25 Bordzeit
18.60 Uhr Bordzeit
Im nächsten Roman:
ANHANG
Band 4
Die SALAK befindet sich in dem als „Höllenschlund“ bekannten Sternengebiet 9158 außerhalb der ISA auf dem Weg zu einem Transmitter, der sie ins ISA-Gebiet zurückbringen soll. Doch an Bord ist Hölle los, denn den Attentätern, die den nagdanischen Botschafter töten wollten, ist es gelungen, die Roboter umzuprogrammieren. Die unersetzlichen Helfer entwickeln ein bedrohliches Eigenleben und werden zu einer tödlichen Gefahr. Doch das bleibt nicht das einzig Problem, als eine Situation eintritt, die Admiral Kendro Trevayaa vor die schwere Entscheidung stellt, ob die Mission, den Botschafter sicher zum Interstellaren Rat nach Akision zu bringen, es rechtfertigt, den Ausbruch eines Krieges mit unzähligen Toten zu riskieren.
*
17.06.344, 10.65 Uhr ISA-Zeit
Skelosk apat Taskesk stand an dem für ihn und die übrigen Mitglieder der nagdanischen Delegation reservierten Tisch und wartete, dass sowohl sein Mediziner Lersun apat Parisk wie auch Main Captain Skrrrkt, der Leiter des Versorgungsressorts der SALAK, alle für die Nagdaneh vorgesehenen Nahrungsmittel mit ihren Scannern analysiert und für unbedenklich befunden hatten. Nachdem bereits am ersten Tag seiner Anwesenheit an Bord versucht worden war, ihn zu vergiften, kontrollierte besonders Skrrrkt alles, was Skelosk vorgesetzt wurde, mit einer Akribie, die an Verbissenheit grenzte.
Sein Ghrimbal, der auf seiner Schulter hockte und seinen langen Schwanz um die breite Brust des Castorers geschlungen hatte, sah ihm interessiert zu und gab eine Reihe von flötenden Lauten von sich.
„Ghrimbals sind wunderbare Wesen“, stellte Skelosk apat Taskesk fest. „Sie sind das einzig Gute, das jemals aus der Gronthagu Liga kam. Sie können sich glücklich schätzen, Captain Skrrrkt, dass Sie von Ihrem erwählt wurden.“
Skrrrkt gab ein frustriertes Grollen von sich, das nicht sehr überzeugend wirkte, da er mit einer seiner vier Hände den Ghrimbal streichelte. „Eine Schar von Kindern wäre mir lieber. Die wären zumindest nicht so neugierig und hätten Respekt vor mir. Ghrimbal tut, was er will.“
Skrrrkt war an dem Tag, als die nagdanische Delegation an Borg gekommen war, „Opfer“ der Erwählung geworden, denn sein Ghrimbal hatte zu einer Gruppe Ungebundener seiner Art gehört, die mit der Jägerstaffel von Zweiter Captain Melori an Bord gekommen war, welche den Geleitschutz für die Delegation bildete. Kaum hatte dieser Ghrimbal Skrrrkt gesehen, hatte er sich ihm trotz dessen vehementer Gegenwehr angeschlossen und war seitdem nicht mehr von seiner Seite gewichen. Eine solche Anhänglichkeit war in den ersten Tagen nach der Erwählung normal, aber Skrrrkt empfand sie als peinlich.
Er beendete den Scan. „Die Nahrungsmittel sind nicht kontaminiert“, versicherte er.
„Korrekt“, bestätigte Lersun apat Parisk und betätigte sich furchtlos als Vorkoster.
Skelosk apat Taskesk tauchte einen seiner Tentakel in seinen Nahrungsschlauch und sog die blauschillernde Flüssigkeit ein. „Captain Skrrrkt, können und vor allem dürfen Sie mir sagen, was der Alarm vorhin zu bedeuten hatte?“
„Bedauerlicherweise nein, da ich auch nichts Konkretes weiß. Ich kann Ihnen nur so viel sagen, dass wir auf ein kosmisches Phänomen gestoßen sind, das als potenzielle Gefahr eingestuft wurde, als die es sich dann wohl doch nicht entpuppte.“
Der Botschafter wedelte mit einigen seiner Tentakel. „Ich bin erleichtert zu hören, dass es sich diesmal nicht um einen Versuch handelte, mit dem ich daran gehindert werden soll, Akision zu erreichen.“ Er streckte seine Augententakel in die Höhe, schwenkte sie in alle Richtungen und überblickte so das gesamte Begegnungszentrum. „Wo bleibt Treok apat Granis?“
Ein Roboter näherte sich dem Tisch, der auf seinem zum Tablett geformten Kopf weitere nagdanische Karaffen mit Nahrungsmitteln brachte. Um ein übermäßiges Gedränge vor den Nahrungsreplikatoren zu vermeiden, wenn an die hundert Crewmitglieder annähernd zur selben Zeit Dienstschluss hatten, bestellten sie ihre Gerichte und Getränke durch Interfaces an ihren Tischen. Die Replikatoren stellten das Gewünschte her, und speziell für diese Aufgabe konzipierte Roboter lieferten es an die Tische. Da sie sich mit Antigravtechnik fortbewegten und dadurch auch in der Luft fliegen konnten, wurde jedes Gedränge vermieden.
Der Roboter stoppte neben dem Tisch der Nagdaneh und schwebte in die erforderliche Höhe, um seine Last effizient abladen zu können. Doch statt die Karaffen mit seinen Greifarmen auf die Tischplatte zu setzen, schoss einer davon mit zu einer Spitze geformten Zangen auf Skelosk apat Taskesk zu, um sie ihm wie ein Geschoss in den Bereich seines Körpers zu rammen, in dem das Gehirn saß.
Skrrrkts Ghrimbal stieß ein heftiges Fauchen aus, ließ sich auf den Tisch fallen und schnappte mit dem Maul nach dem Robotertentakel. Zwei Reihen stahlharter und skalpellscharfer Zähne durchtrennten Metall und Kunststoff. Der Tentakel fiel auf den Tisch. Der Ghrimbal versetzte dem Roboter, der sofort mit den nächsten Tentakeln angriff, mit dem Schwanz einen so heftigen Schlag, dass der Roboter durch den Raum flog. Die Karaffen von seinem Tablett regneten zu Boden. Er gewann jedoch schnell seine Stabilität zurück und flog einen Bogen, um seine Mordabsicht zu vollenden.
Der Ghrimbal sprang auf dessen Tablett, schlang seinen Schwanz um die Tentakel und presste sie so zusammen, dass sie kein Unheil anrichten konnten. Doch wer immer den Roboter darauf programmiert hatte, den Botschafter zu töten, wollte, dass dieses Ziel unter allen Umständen erreicht wurde. Der Roboter beschleunigte und hatte ganz offensichtlich die Absicht, den Nagdaner wie ein Geschoss zu rammen und dadurch zu töten. Dessen Sicherheitsleute sowie die der SALAK, die ihn permanent bewachten, versuchten, Skelosk apat Taskesk aus der Schusslinie des Roboters zu bringen, waren aber nicht schnell genug. Der Roboter raste mit dem Ghrimbal auf seinem Kopf heran.
Der Ghrimbal knurrte unablässig und benutzte eine weitere seiner tödlichen Waffen. Er fuhr sämtliche Krallen an seinen vier Füßen und beiden Händen aus und trieb sie in die Eingeweide des Roboters, zerfetzte die Kabel, Platinen, Speicherchips und Mechanik. Zwei weitere Ghrimbals flogen heran und unterstützten ihn dabei, während andere einen Kokon um die Nagdaneh bildeten. Doch die mit dem Roboter kämpfenden Ghrimbals hatten ganze Arbeit geleistet. Das Ding gab seinen Geist auf und stürzte zu Boden, wo die Ghrimbals ihm den Rest gaben, bis von ihm nur noch zerfetzte Einzelteile übrig blieben, die garantiert nie wieder ein Eigenleben entwickeln würden.
An einer anderen Stelle im Raum entstand neuer Tumult. Dort umkreisten mehrere Ghrimbals etwas, das sich offenbar unsichtbar fortbewegte und, der Richtung nach zu urteilen, in die die Ghrimbals ihm folgten, ebenfalls auf Skelosk apat Taskesk zuhielt. Bevor das Ding allzu weit gekommen war, stürzten sich die Ghrimbals darauf und machten mit ihm ebenso kurzen Prozess. Als dessen Tarnmechanismus versagte, kam ein weiterer Roboter zum Vorschein.
„Nicht zerstören!“, rief Nissu Kashann, der zur Sicherheitscrew des Botschafters gehörte, den Ghrimbals zu. „Wir müssen ihn analysieren.“
Die Ghrimbals ließen von dem Roboter ab, ließen ihn aber nicht aus den Augen.
Skrrrkt betätigte seinen Kommunikator. „Kybernetikabteilung! Deaktivieren Sie sofort alle Roboter im Begegnungszentrum. Auf der Stelle!“
Kashann betätigte seinen Kommunikator. „Captain Romanow, wir haben ein Problem im Begegnungszentrum. Zwei Roboter haben den Botschafter zu töten versucht. Und die Ghrimbals benehmen sich in einer Weise, wie ich es noch nie erlebt habe.“
„Ich komme“, sagte Romanow.
Sämtliche Roboter im Raum stellten den Dienst ein. Einige, die in der Luft geschwebt hatten, stürzten mitsamt ihrer Ladung zu Boden. Den Ghrimbals schien das jedoch nicht zu genügen. Sie flogen hin und her, hatte ausnahmslos die Krallen ausgefahren und bleckten permanent die Zähne.
„Nicht gut“, stellte Skrrrkt fest. „Wenn friedfertige Wesen derart aggressiv werden, haben wir ein Problem.“
„Eins?“, höhnte Kashann. „Ich schätze die Zahl unserer gegenwärtigen Probleme auf mindestens fünf bis sechs, von denen die Ghrimbals das geringste sind.“
*
17.06.344, 13.85 Uhr ISA-Zeit
Eintragender Offizier: Admiral Kendro Trevayaa, Kommandant
„Die Situation an Bord hat es erforderlich gemacht, das gesamte Schiff in ständigen Bereitschaftsalarm zu versetzen. Wir befinden uns nach wie vor im Sternengebiet 9158, auch ‚Höllenschlund’ genannt, und haben erfahren, was mit den unzähligen in diesem Gebiet spurlos verschwundenen Schiffen geschehen ist. Das Phänomen wird von den hier lebenden Tolakra Mo’ora ‚Tolakras Schatten’ genannt. Es ist unseren Scannern bisher nicht gelungen, es zu analysieren, sodass wir nicht wissen, womit genau wir es tun haben. Nur eins ist sicher: Es stellt eine potenzielle Gefahr dar, die möglicherweise noch nicht gebannt ist. In der für 14.00 Uhr anberaumten Besprechung, an der auch unser Gast, Tolakra Mo’or Lorak, teilnehmen wird, hoffe ich, etwas über das Motiv dieses Phänomens oder der es lenkenden Intelligenz zu erfahren, die von den Tolakra Mo’ora als Gottheit betrachtet wird.
Zusätzlich zu diesem Problem mussten sämtliche Roboter an Bord deaktiviert werden, nachdem einige von ihnen Botschafter Skelosk apat Taskesk mit Tötungsabsicht angegriffen haben. Ich hatte schon einmal die Deaktivierung aller Roboter befohlen, aber angeordnet, dass die, die von Main Captain Sikokku überprüft und für nicht manipuliert befunden wurden, wieder aktiviert werden. Wie es aussieht, wurden mindestens zwei von diesen nach ihrer erneuten Aktivierung manipuliert.
Die Täterin steht inzwischen fest: Kybernetikspezialistin Main Lieutenant Zena Bowasha. Leider können wir sie nicht mehr verhören, da Tolakras Schatten sie und Treok apat Granis, eine Verräterin aus dem Gefolge des Botschafters, als potenzielle Gefahr für uns hat verschwinden lassen. Falls auf Tolakras Urteil in diesem Punkt Verlass ist, dürfte es an Bord keine weiteren Verräter geben. Trotzdem habe ich dem Botschafter geraten, zu seiner eigenen Sicherheit weitgehend in seinem Quartier zu bleiben.
Der Ausfall der Roboter stellt uns jedoch vor ein erhebliches Problem. Da sie alle Routinearbeiten an Bord erledigen, fehlt das Personal, um tausend Roboter zu ersetzen. Main Captain Sikokkus Kybernetikcrew arbeitet in Doppelschichten bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit, alle nicht unbedingt erforderlichen Funktionen an Bord wurden deaktiviert, alle Zivilisten mit entsprechenden Fähigkeiten wurden als Ersatz eingesetzt. Dennoch ist die Lage kritisch, weil wir keinen Roboter benutzen können, ehe Sikokkus Crew nicht die Programmierung jedes Einzelnen bis in den letzten Schaltkreis auf Fremdprogramme überprüft hat.
Dieser Vorfall hat uns deutlich bewusst gemacht, wie abhängig wir von den Robotern sind. Ich werde dem IsteP-Hauptquartier eine dringende Empfehlung schicken, ein Notfallprotokoll für solche Gegebenheiten zu entwerfen. Denn wenn der schlimmste Fall eintritt, den wir jetzt haben, fehlt uns erheblich Personal. Im Fall eines gleichzeitig eintretenden Verteidigungsfalls wäre das tödlich.“
*
Trevayaa beobachtete– verstohlen, wie er hoffte– Zweiter Captain Melori und Lorak, der neben ihr saß. Er fragte sich nicht zum ersten Mal, wie das Verhältnis dieser beiden zueinander wirklich aussah. Melori betrachtete den Tolakra Mo’or, der sie in seine Familie aufgenommen und bei dem sie vor ihrer Zeit als IsteP-Offizierin mehrere Monate gelebt hatte, als einen Freund. Sie war für ihn eine „Die-zu-mir-gehört“, was laut Melori bedeuten konnte, dass sie für ihn Schwester, Tochter oder Ehefrau war. Da Melori und ihre Schwester, soweit Trevayaa wusste, die bisher einzigen Angehörigen eines ISA-Volkes waren, die jemals Kontakt mit den Tolakra Mo’ora gehabt hatten, gab es noch zu viele offene Fragen hinsichtlich ihrer Kultur und ihrer Lebensweise. Genau genommen wusste man bisher nichts, außer dass dieses Volk existierte.
Bevor er sich diesen Fragen widmete, zumindest jenen, die für die SALAK essenziell waren, gab es noch ein paar andere Dinge zu klären.
„Captain Romanow, Sie haben die Quartiere von Main Lieutenant Bowasha und Treok apat Granis durchsucht. Ihren Bericht.“
„Das Quartier von Treok apat Granis war sauber. Das heißt, wir haben dort nichts gefunden, das auf eine Beteiligung an den Angriffen auf den Botschafter schließen ließ. Da aber Lieutenant Bowasha der Konspiration mit dem Feind überführt ist– wozu ich gleich noch komme– und nach den Aufzeichnungen der Bewegungsprotokolle sowie der Bildaufzeichnungen aus dem Begegnungszentrum mehrfach längeren Kontakt mit Treok apat Granis hatte, können wir davon ausgehen, dass die verschwundene Nagdani mit Bowasha zusammengearbeitet hat. Wofür natürlich auch spricht, dass diese beiden die einzigen Wesen sind, die von Bord verschwunden sind.“ Romanow warf Melori und Lorak einen nachdenklichen Blick zu.
„Ich hätte es jedem anderem in meinem Stab außer Dr. Lersun zugetraut, für die Grontheh zu arbeiten, aber nicht Granis“, sagte Skelosk apat Taskesk, den Trevayaa gebeten hatte, an der Besprechung teilzunehmen. „Wir kennen uns schon so lange und standen einander sehr nahe. Dass ausgerechnet sie meinen Tod betreibt, um die Mission zu vereiteln, betrübt mich tief.“
„Verzeihung, Botschafter“, wandte Romanow ein, „aber darüber dürfte es angesichts ihres ‚Verschwindens’ keinen Zweifel geben. Wenn wir denn geneigt sind, den Erklärungen der Tolakra Mo’ora dazu glauben, was das zu bedeuten hat.“ Wieder blickte er Melori und Lorak an.
„Dazu kommen wir gleich“, entschied Trevayaa. „Berichten Sie weiter, Captain.“
„Wir haben bei Bowasha ein Kom-Gerät gefunden, das, wie mir von den Kom-Spezialisten bestätigt wurde, eindeutig nagdanischen Ursprungs ist. Das Gerät wird noch analysiert. Es sieht jedoch so aus, als hätte Bowasha bereits seit geraumer Zeit regelmäßig Kontakt mit jemanden aus der Nagdanischen Planetenunion gehabt. Das lässt darauf schließen, dass ihre nagdanischen Komplizen zu jener Fraktion gehören, die die Rückkehr der Nagdaneh unter gronthische Herrschaft betreiben.“
„Womit sie direkt oder indirekt für die Grontheh arbeiten“, brachte der Botschafter es auf den Punkt. Die Haut seiner Tentakel verdunkelte sich. „Ich werde niemals begreifen, dass es Nagdaneh gibt, die lieber in die Sklaverei der Gronthagu Liga zurückkehren wollen, nach allem, was der Kampf um unsere Freiheit uns gekostet hat.“
„Dafür fällt mir auf Anhieb sogar eine ganze Reihe von Gründen ein“, sagte Romanow. „Angefangen bei Reichtum und Macht.“
„Main Captain Romanow, beschränken Sie sich auf Ihren Bericht“, rügte Trevayaa, bevor Skelosk apat Taskesk darauf antworten konnte.
Romanow räusperte sich. „Ich bitte um Verzeihung.“
„Das ist nicht nötig“, versicherte der Botschafter. „Ich hatte meine Äußerung ungenau formuliert. Korrekt muss sie lauten: Ich verstehe nicht, wie jemand, der unter der Gronthagu-Herrschaft gelitten hat, unterdrückt wurde und so wie Granis persönliche Verluste durch die Grontheh erlitten hat, in Anbetracht dieser Tatsachen Reichtum, Macht und andere persönliche Vorteile über das Wohl des nagdanischen Volkes stellen kann. Das ist nicht unsere Art.“
Romanow ging nicht darauf ein. „Es haben sich außerdem Hinweise ergeben, dass Bowasha Kontakt zur Piratengilde gehabt hat. Sollten sich die bestätigen, können wir davon ausgehen, dass sie den Piraten unsere Route durch den Balin-Cluster verraten hat. Da die Schiffen, die uns angegriffen haben, mit Grontheh besetzt waren, legt das den Verdacht nahe, dass zumindest ein Teil der Piraten mit der Gronthagu Liga unter einer Decke steckt. Zumindest hinsichtlich dieser Mission. Herauszufinden, wie weit diese Kontakte generell reichen, wäre die Aufgabe des IsteND.“
Dieser Meinung war Trevayaa ebenfalls. Sobald er das Ergebnis dieser Besprechung dem Hauptquartier melden konnte– eventuell mit Meloris Kom-Gerät direkt an Admiral Rhan–, würde der den Interstellaren Nachrichtendienst informieren, der die Sache untersuchen würde. Zwar würde Trevayaa das Ergebnis von dessen Nachforschungen nicht erfahren, denn der IsteND gab nur Nachrichten preis, die für die IsteP von essentieller Bedeutung waren. Oder um IsteP-Einheiten für die Vernichtung einiger Piratennester anzufordern, in denen sich nicht unbedingt „Piraten“ verbargen.
Captain Sikokku meldete sich zu Wort. „Kann ich davon ausgehen, dass die Gefahr einer erneuten Umprogrammierung der Roboter nicht mehr gegeben ist, nachdem die Verursacherin keinen Zugriff mehr auf sie hat?“
Trevayaa bewunderte die diplomatische Formulierung, mit der der Ksasskorrer vermieden hatte zu sagen, dass Lieutenant Bowasha verschwunden und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tot war. Seine Frage war jedoch berechtigt. Die Frage, wie sicher eine erneute Inbetriebnahme der Roboter unter den gegenwärtigen Umständen war, ebenfalls.
„Wenn wir davon ausgehen können, dass sich tatsächlich niemand mehr an Bord befindet, der Sabotage betreiben wird, lautet die Antwort ja.“ Trevayaa blickte Melori an. „Captain Melori, fragen Sie bitte Lorak, ob wir uns dessen seiner Einschätzung nach sicher sein können.“
Melori wandte sich an Lorak und übersetzte Trevayaas Frage. Loraks Antwort war nur kurz.
„Ja, Admiral. Lorak sagt, dass Tolakra durch ihren Schatten alle Wesen von Bord geholt hat, die ihren Kindern gefährlich werden könnten. In dem Punkt gibt es für ihn nicht den geringsten Zweifel. Da ich durch die Adoption ebenfalls eines ihrer Kinder bin, hat sie mich und meine ‚Angehörigen’, die SALAK-Crew, beschützt.“
„Das macht Sinn“, meldete sich Kara Tremuraa, die Leiterin der Xenopsychologischen Abteilung, zu Wort. „Es würde auch erklären, warum sie sich darauf beschränkt hat, nur die beiden tatsächlichen Schurken zu entfernen und nicht gleich das ganze Schiff.“
„Falls dem so wäre, was hat sie dann veranlasst, all die anderen Schiffe zu vernichten?“, fragte Romanow. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich bei denen an Bord Verbrecher befunden haben.“ Nicht nur er blickte Melori an, als müsste sie die Antwort kennen.
Trevayaa zweifelte daran, ob die ominöse Göttin Tolakra tatsächlich wissen konnte, wer eine Gefahr darstellte und wer nicht. Immerhin gab es eine Menge durch „Tolakras Schatten“ verschwundene Schiffe, die nichts als harmlose Forschungen im Sinn gehabt hatten und ganz sicher keine Bedrohung für die Tolakra Mo’ora gewesen waren.
„Fragen Sie Lorak, warum Tolakra die Forschungsschiffe hat verschwinden lassen, denn die können wohl kaum alle eine Bedrohung für sein Volk dargestellt haben. Besonders hinsichtlich der Tatsache, dass keineswegs alle Schiffe verschwunden sind, die jemals das Gebiet der Tolakra Mo’ora durchflogen haben.“
Sie leitete die Frage an Lorak weiter. Dessen Antwort war diesmal erheblich länger.
„Lorak sagt, dass Tolakra die Zukunft sehen kann“, übersetzte Melori. „Wenn ich ihn richtig verstanden habe, vernichtet sie auch– Dinge, die sich erst in der Zukunft als Bedrohung etablieren. Ihm war aber bis jetzt nicht bekannt, dass Tolakra so viele fremde Schiffe eliminiert hat. Er sagt, er ist nur einer ihrer Priester. Sie teilt den Priestern nur das mit, was sie wissen müssen. Und offenbar war sie der Meinung, dass die Vernichtung dieser Schiffe nichts wäre, was sie seinem Volk unbedingt mitteilen müsste.“
Lorak sagte wieder etwas und fuhr Melori mit seinen langen Fingern über den Kopf und den Rücken. Sie wehrte das sanft ab.
„Er sagt, dass es viele Möglichkeiten gibt, warum Tolakra diese Schiffe eliminiert hat. Er hält es aber für am wahrscheinlichsten, dass sie eine Gefahr in den Folgen der Forschungen sah, mit denen die Schiffe betraut waren. Meine persönliche Hypothese ist, dass es vielleicht etwas im Gebiet der Tolakra Mo’ora gibt, das für ISA-Völker oder andere so wertvoll ist, dass sie über Leichen gehen würden, um es zu bekommen. Vielleicht haben die Schiffe mit der Route, die sie geflogen sind, ein Tabu verletzt. Vielleicht sind sie in der Zeit der Arrikaifa eingedrungen, in der sich jeder Tolakra Mo’or für eine bestimmte Periode in Abgeschiedenheit zurückzieht zu niemandem Kontakt haben darf. Ich habe keine Ahnung, und Lorak weiß es auch nicht. Er sagte, dass Tolakra nichts ohne Grund tut. Und solange wir nichts Genaueres über dieses Wesen– Göttin oder nicht– und die Tolakra Mo’ora wissen, bliebt alles Spekulation. Das Einzige, was meiner Meinung nach im Moment zählt, ist, dass wir unangefochten zum Transmitter gelangen werden und ihn benutzen dürfen.“
Dem stimmte Trevayaa zu.
„Gibt es eine Garantie, dass wir nicht erneut von diesem kosmischen Phänomen angegriffen werden?“, wollte Romanow wissen.
„Ja“, bestätigte Melori. „Ich bin Tolakra Mo’or, und die gesamte SALAK-Crew ist meine ‚Familie’. Deshalb fällt sie ebenfalls unter Tolakras Protektion. Zumindest solange niemand von uns etwas tut, das sie als Bedrohung einstuft.“
Eine unbefriedigende Antwort, aber die beste, die es in dieser Situation gab, wie Trevayaa fand. „Melori, fragen Sie Lorak, wozu sein Volk einen Transmitter braucht, wenn es keinen Wert auf Kontakt mit anderen Völkern legt.“
Melori übersetzte. Wieder war Loraks Antwort recht ausführlich. „Er sagt, dass sein Volk sehr kontaktfreudig ist, aber auch in diesem Punkt Tolakras Urteil vertraut, die nur solche Kontakte zulässt, die ihren Kindern nicht schaden. Das kann ich bestätigen, Admiral, denn meine Schwester und ich wurden damals sehr gastfreundlich aufgenommen und durften Monate bleiben. Wenn wir gewollt hätten, hätten wir sogar für den Rest unseres Lebens bleiben können. Außerdem haben die Tolakra Mo’ora Kontakte zu mindestens drei raumfahrenden Völkern, deren Territorien an ihr Gebiet grenzen. Was den Transmitter betrifft, so stammt er nicht von den Tolakra Mo’ora. Lorak sagt, dass er schon immer dort gewesen wäre, sogar noch vor der Zeit, als Tolakra Loraks Volk in diesem Gebiet angesiedelt hat.“ Melori blickte Trevayaa bedeutsam an. „Wir haben damals schon vermutet, dass es ein Relikt der Eldereh sein könnte.“
Trevayaa verkniff sich, seine Besorgnis in irgendeiner Form zu erkennen zu geben. Bei den Eldereh handelte es sich um ein geheimnisvolles Volk, von dem nichts bekannt war, außer dass es technisch extrem weit entwickelt gewesen sein musste. Im ISA-Gebiet hatte man bisher auf zwei völlig verschiedenen Welten je eine riesige Kugel aus einem unbekannten Material gefunden, die vollständig mit unbekannten Symbolen bedeckt waren. Man wertete sie als eine Bestätigung der Theorie, dass alle jeweils humanoiden, sauroiden, feliden, insektoiden, caniden, pisciden und vogelartigen Intelligenzen einen gemeinsamen Ursprung haben mussten.
Gestützt wurde diese Theorie durch die Tatsache, dass das Erbgut der jeweiligen Spezies einen hohen Prozentsatz von identischen Gensequenzen aufwies, die unmöglich zufällig übereinstimmen konnten und es ihnen teilweise sogar ermöglichte, sich miteinander fortzupflanzen. Ohne einen identischen Ursprung wäre das nicht möglich gewesen, da bereits ein einziges Prozent Abweichung in mancher DNA ausreichte, eine völlig andere, nicht kompatible Spezies entstehen zu lassen. Da sich die einzelnen Völker aber völlig unabhängig voneinander auf weit von einander entfernten Welten entwickelt hatten, gab es dafür bisher nur eine logische Erklärung: Vor Hunderttausenden oder sogar Millionen von Jahren mussten die Urformen der einzelnen Völker aus einem einzigen Genpool irgendwie auf ihre späteren Heimatwelten gekommen sein. Und das ging nur, indem eine fremde Spezies, die damals schon technologisch hoch entwickelt gewesen sein musste, diese Urkeime auf den betreffenden Welten ausgesetzt hatte. Wohin sie danach verschwunden war, blieb ein bis jetzt ungelöstes Rätsel, mit dem sich eine ganze Abteilung von ISA-Wissenschaftlern als „Herkunftsforscher“ beschäftigte.
Falls Meloris Theorie hinsichtlich des Transmitters stimmte, dann wäre ihn zu benutzen nicht ungefährlich. Trevayaa unterdrückte ein Seufzen. Erst der Höllenschlund und eine ominöse „Göttin“, jetzt auch noch ein mögliches Relikt der Eldereh. Das alte troylanische Sprichwort bewahrheitete sich wieder einmal, das lautete: ‚Willst du ein ruhiges Leben haben, werde Priester.’
„Was macht Sie glauben, Captain, dass Sie in der Lage wären, ihn zu aktivieren, wie Sie behauptet haben?“, fragte Trevayaa.