Sternenschiff - Rachel Bach - E-Book
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Rachel Bach

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Beschreibung

Mehr als ein Schiff

In den Weiten des Weltalls gibt es nichts, was Devi Morris noch nicht gesehen oder erlebt hat. Bis zu dem Tag, an dem sie auf dem ebenso kleinen wie berühmt-berüchtigten Handelsschiff Glorious Fool anheuert. Ein Jahr auf der Fool zählt so viel wie fünf Jahre auf jedem anderen Schiff, so sagt man. Und tatsächlich bekommt es Devi nicht nur mit einer hartgesottenen Crew aus Aliens und Menschen zu tun, auch das Schiff selbst verbirgt einige Geheimnisse. Geheimnisse, die sogar das Vorstellungsvermögen der toughen Devi überschreiten ...

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Rachel Bach

STERNENSCHIFF

Ein Devi-Morris-Roman

Deutsche Erstausgabe

Mit einem Interview

mit der Autorin

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
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Titel der amerikanischen Originalausgabe FORTUNE’S PAWN Deutsche Übersetzung von Irene Holicki
Copyright © 2013 by Rachel Aaron Copyright © 2016 der deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Redaktion: Ralf Dürr Covergestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung von Shutterstock/Angela Harburn Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach
ISBN: 978-3-641-16721-9V002
www.diezukunft.de

Das Buch

In den Weiten des Weltalls gibt es nichts, was die Söldnerin Devi Morris noch nicht gesehen oder erlebt hat. Bis zu dem Tag, an dem sie auf dem ebenso kleinen wie berühmt-berüchtigten Handelsschiff Glorreicher Narr anheuert. Ein Jahr auf der Narr zählt so viel wie fünf Jahre auf jedem anderen Schiff, so sagt man. Und tatsächlich bekommt es Devi nicht nur mit einer hartgesottenen Crew aus Aliens und Menschen zu tun, auch das Schiff selbst verbirgt einige Geheimnisse. Geheimnisse, die sogar das Vorstellungsvermögen der toughen Devi überschreiten …

Die Autorin

Rachel Bach wuchs in Atlanta auf und wollte schon früh Schriftstellerin werden. Sie entschied sich für das Schreiben und lebt mit ihrem Sohn, ihrem Mann, ihrem Hund und einer vor Büchern berstenden Bibliothek zurzeit in Athen.

Mehr über Rachel Bach und ihre Romane erfahren Sie auf:

Für Travis, der mir mehr bedeutet,

als ich mit Worten ausdrücken kann.

1

»Du willst die Schwarzdrosseln verlassen?« Anthonys schockierte Frage stand in krassem Gegensatz zu seinem Finger, mit dem er mir langsam über den nackten Rücken fuhr. »Warum? Du bist doch erst letztes Jahr zum Einsatzleiter befördert worden.«

»Genau deshalb«, sagte ich, schüttelte den Finger ab und schlüpfte in mein Hemd. »Ende der Fahnenstange. Einsatzleiter ist die letzte Beförderungsstufe, danach wirst du hinter einen Schreibtisch verbannt.«

Ich stand auf und griff nach meiner Hose, die auf dem Stuhl lag. Anthony, der immer noch nackt war, rollte sich auf die Seite und sah mir mit wachsendem Missfallen beim Anziehen zu. »Ich verstehe dich nicht, Devi«, grollte er. »Die Schwarzdrosseln sind die renommierteste private Panzertruppe auf Paradox. Die meisten Söldner brauchen sich dort gar nicht erst zu bewerben, bevor sie nicht zehn Dienstjahre in einem weniger angesehenen Verein vorweisen können. Dich hat man unmittelbar nach deinem Wehrdienst aufgenommen, ein Wunder, für das du ewig dankbar sein müsstest. Warum, zum Teufel, willst du raus?«

»Es gibt eben Leute mit Ehrgeiz, Anthony.« Ich setzte mich wieder, um mir die Schuhe anzuziehen. »Ich war fünf Jahre bei den Schwarzdrosseln, es waren gute Jahre, ich habe eine Menge Geld verdient und mir da draußen einen Namen gemacht. Aber wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, geht in der Masse unter, nicht wahr?«

»Noch mehr aufzufallen würde dich wahrscheinlich ins Gefängnis bringen«, gab Anthony zurück. »Erst gestern war in der Kanzlei von der Nummer die Rede, die du auf Tizas abgezogen hast. Der Herzog von Maraday hat offenbar vor, dich für schweres Geld für seine Heimwehr anzuwerben.«

Ich verdrehte die Augen und fuhr mir mit den Fingern durch das Haar, um die wirre dunkelbraune Mähne so gut es ging zu einem Pferdeschwanz zu bändigen. Morgens nach dem Aufstehen ist mein Haar besonders widerspenstig. »Ich trete keiner Heimwehr bei, und wenn der Sold noch so hoch ist. Kannst du dir vorstellen, wie ich auf der Luxusjacht irgendeines Adeligen herumhänge und den Türsteher für seine Cocktailpartys spiele? Nein, danke.«

»Heimwehr ist öde«, räumte Anthony ein. Sein Jungengesicht war plötzlich ernst geworden. »Aber du wärst in Sicherheit.« Ich ließ die Arme sinken, und er ergriff meine Hand. »Devi, ich mache mir Sorgen um dich. Du hast in den fünf Jahren an sage und schreibe acht Expeditionen der höchsten Risikostufe teilgenommen. Ich weiß, du willst dir einen Namen machen, aber auf diese Weise bringst du dich um, und ich rede nicht davon, dass du dir womöglich eine Kugel einfängst. Bei der Heimwehr könntest du es ruhiger angehen lassen. Verdammt, wenn die Sache mit Maraday tatsächlich klappen würde, könntest du hier bei mir wohnen, und wir könnten jede Nacht zusammen sein. Der Herzog verlässt die Hauptstadt nie. Du könntest meine Wohnung sogar nach deinem Geschmack umgestalten.«

Das Gespräch nahm eine Wendung, die mir nicht gefiel, aber das durfte ich mir natürlich nicht anmerken lassen. Also lächelte ich und löste sanft meine Hand aus der seinen. »Das ist süß von dir, Anthony, aber ich habe nicht vor, sesshaft zu werden. Weder hier noch irgendwo sonst.«

Anthony stieß einen tiefen Seufzer aus, ließ sich bäuchlings auf das Bett fallen und blieb einen Moment liegen. Dann rollte er sich herum, stand auf und schlüpfte in seine Boxershorts. »Fragen wird ja wohl erlaubt sein.«

Als er fertig angekleidet war, fuhren wir mit dem feudalen Fahrstuhl hinunter in das Café der Wohnanlage. Ich bedauerte nicht, Anthonys Angebot abgelehnt zu haben, obwohl ich nicht leugnen konnte, dass mir sein Umfeld gefiel. Sein Apartment lag in einem der neuen Wohntürme an der Küste, die die Silhouette von Kingston beherrschten. Vor den riesigen Fenstern breitete sich die königliche Hauptstadt bis zum Horizont aus. Aus dem Dickicht der älteren, kleineren Bauten ragten gewaltige Wolkenkratzer wie Bäume aus Silber und Glas. Der Himmel war wie üblich getrübt vom Smog und den Abgaswolken der Pendlerflugzeuge, die zwischen den offiziellen Flugrouten dahinschossen. Das Café befand sich auf einer der mittleren Etagen des Turms, war aber immer noch so hoch oben, dass wir von unserem Platz aus den Raumhafen und dahinter die gewaltigen Umrisse der Königlichen Burg sehen konnten.

Vielleicht war ich sentimental, doch der Anblick der mächtigen Zinnen und der Batterien von riesigen Plasmakanonen dahinter erfüllte mich jedes Mal mit Stolz. Die Burg war nicht mehr das höchste Gebäude in der Stadt, aber immer noch das größte. Sogar die Tiefraumschlepper, die unterhalb davon im Raumhafen auf ihren Einsatz warteten, wirkten daneben zwergenhaft klein. Die wehrhafte Festung, eine würdige Trutzburg für die Geweihten Könige von Paradox, war auf dem ganzen Planeten und weit darüber hinaus gefürchtet.

Wie immer neigte ich vor der geheiligten Wohnstatt meines Königs das Haupt. Anthony folgte meinem Beispiel erst einen Augenblick später. Er hatte nie so inbrünstig an die Macht des Königs geglaubt wie ich, allerdings war er auch nicht von so vielen Kugeln getroffen worden.

Nach dieser Ehrenbezeugung rief Anthony den Kellner an unseren Tisch und gab eine größere Bestellung auf. Als ich sah, was daraufhin an verschiedenen Speisen aufgetragen wurde, fühlte ich mich fast wie in einem kleinen Paradies. Nach einem kurzen Dankgebet an meinen König griff ich mit dem gesunden Appetit eines Söldners zu. Anthony beobachtete mich amüsiert. Er selbst trank aus einem hohen, beschlagenen Glas etwa Rotes, das verdächtig nach einem Cocktail aussah. Ich hoffte aufrichtig, dass ich mich irrte. So früh am Morgen ließ selbst ich die Finger vom Alkohol.

»Also«, sagte er und drehte das schon fast leere Glas zwischen den Fingern. »Warum bist du wirklich gekommen, Devi?«

»War die vergangene Nacht nicht Grund genug?«, fragte ich und steckte mir den winzigen Keks in den Mund, der zum Kaffee gereicht worden war.

»Es war eine fantastische Nacht«, räumte Anthony ein. »Doch nachdem wir nun beide wissen, dass du dich nicht gerade vor Sehnsucht nach mir verzehrst, und bevor du mein Ego noch weiter mit Füßen trittst, könnten wir eigentlich zur Sache kommen.«

Er hatte die Abfuhr noch nicht überwunden, deshalb ließ ich ihm die Bemerkung durchgehen. Ich kannte Anthony schon lange: Wir waren zusammen bei den Streitkräften gewesen, bevor er in den Hauptmannsrang aufstieg und einen Druckposten bei der Heimwehr bekam. Wir verstanden uns gut, und er war immer der Erste, den ich anrief, sobald ich nach Hause kam. Mittlerweile waren wir seit fast sieben Jahren etwas mehr als gute Freunde, und ich hatte gedacht, wir wären uns in dieser Hinsicht einig. Das hatte sich offensichtlich geändert. Dennoch hatte ich immer noch Anthony vor mir. Eine Entschuldigung hätte ihn bloß in Verlegenheit gebracht, also entsprach ich seiner Bitte und kam zur Sache. »Du musst mir sagen, was für Anforderungen zu erfüllen sind, um Devastor zu werden.«

Damit hatte ich seine volle Aufmerksamkeit gewonnen.

»Bist du verrückt geworden?«, rief er. »Willst du deshalb deine Stelle aufgeben?« Er ließ sich gegen die gepolsterte Rückenlehne fallen. »Devi, das kann nicht dein Ernst sein. Die Devastoren sind die Leibtruppe des Königs. Sie sind besser als die Besten.«

»Und was glaubst du, warum ich dazugehören will?«, fragte ich. »Ich habe es satt, meine Zeit im Auftrag irgendwelcher Konzerne mit dem Ausheben von Piratencamps am Rand des zivilisierten Weltraums zu vergeuden. Die Devastoren sind dem Geweihten König unmittelbar unterstellt. Sie haben die besten Rüstungen und Waffen und bekommen die gefährlichsten und wichtigsten Einsätze zugewiesen. Ihre Schlagkraft kann man nicht kaufen; sogar der Adel hört auf sie. Ich war bei den Schwarzdrosseln die Beste …«

»Die Devastoren sind nicht die Schwarzdrosseln«, zischte Anthony. »Ich kann dir nicht einmal sagen, welche Anforderungen du erfüllen müsstest, weil es keine gibt. Bei den Devastoren bewirbt man sich nicht. Die Devastoren sprechen dich an, nicht umgekehrt, und damit sie dich ansprechen, musst du mindestens zwanzig Jahre im aktiven Weltraumdienst nachweisen können.«

»Zwanzig Jahre?«, rief ich. »Das ist doch lächerlich!«

»Sie wollen Leute mit Erfahrung …«, begann Anthony.

»Und was habe ich in den letzten neun Jahren wohl gesammelt?«, rief ich so laut, dass die anderen Gäste neugierig zu unserer Nische herüberschauten, aber das war mir egal. »Bei den Streitkräften habe ich in vier Jahren zwölf Auszeichnungen bekommen. Du weißt es, du warst selbst dabei. Und bei den Schwarzdrosseln bin ich in fünf Jahren fünfmal befördert worden. Ich bin wahrhaftig kein Grünschnabel mehr.«

»Devi, du bist noch keine dreißig.« Anthony redete so ruhig und vernünftig auf mich ein, als wäre ich ein Kind im Trotzalter. Am liebsten hätte ich ihm die Faust ins Gesicht geschlagen. »Du hast bereits bewiesen, dass du genau der Typ von Berufssöldner bist, wie ihn die Devastoren suchen, kampfbesessen und waghalsig bis zur Selbstaufgabe. Ich wette, dass sie irgendwann bei dir anklopfen werden, aber noch nicht gleich, sondern erst wenn du mindestens zehn weitere Dienstjahre auf dem Buckel hast.«

»In zehn Jahren bin ich tot«, erklärte ich schlicht, denn das war eine Tatsache. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Panzersöldners beträgt knapp fünfundzwanzig Jahre. Ich war schon zwei Jahre darüber. Jenseits der dreißig gingen die Überlebensraten nahezu gegen null. Man musste jung sein, um für Geld zu kämpfen. Später suchte man sich entweder einen Schreibtischjob, bewarb sich bei der Heimwehr oder wurde in einem Leichensack zu seinen Eltern zurückgeschafft. Mit einem Schreibtisch konnte ich die Devastoren ebenso wenig beeindrucken wie mich selbst, aber Kommandounternehmen und Piratenjagden waren auch nichts für die Ewigkeit.

Ich senkte die Stimme. »Dem König kann ich jetzt schon dienen«, beteuerte ich. »Ich habe schon Devastoren in den Dreißigern gesehen, das heißt, was die Erfahrung angeht, sind Ausnahmen möglich. Ich will wissen, was Sache ist, und ich lasse dich hier nicht weg, bevor du es mir verraten hast.« Nur für den Fall, dass er mir nicht glaubte, streckte ich ein Bein aus und setzte meinen Stiefel neben ihm auf den Boden, sodass er die Nische nicht verlassen konnte.

Anthony betrachtete mein Bein mit einem tiefen Seufzer. »Weißt du eigentlich, dass du unmöglich bist?«

Schweigend lehnte ich mich zurück, verschränkte die Arme und wartete darauf, dass er klein beigab.

Es dauerte nicht lange. Nach kaum einer Minute schüttelte Anthony den Kopf und holte sein Faktotum hervor. »Wie es der Zufall will, hast du dir für deine Schnapsidee den richtigen Zeitpunkt ausgesucht«, sagte er und tippte mit dem Daumen auf das Display. »Hier.«

Ich nahm das Gerät und kniff die Augen zusammen, um im hellen Sonnenlicht auf dem beleuchteten Schirm lesen zu können. Erst nach einigen Sekunden begriff ich, dass es sich bei den wenigen Zeilen um eine Stellenausschreibung der Allgemeinen Arbeitsbehörde handelte. Sie war nur sehr kurz, aber die drei Sätze genügten, um mich glauben zu machen, dass Anthony allen Ernstes versuchte, mich zu verarschen.

»Die suchen Sicherheitsbegleiter für ein Handelsschiff!«

»Aber nicht irgendeines.« Anthony lächelte zum ersten Mal, seit wir aus dem Bett gestiegen waren. »Hier geht es um Brian Caldswells Schiff.«

»Wem der Kahn gehört, ist mir egal«, sagte ich. »Ich arbeite nicht im Wach- und Sicherheitsdienst.« Wachdienste rangierten in der Kategorie »Scheißjobs für Panzersöldner« höchstens eine Stufe über der Minenräumung im Tiefraum. Eine Schwarzdrossel, selbst eine ehemalige Schwarzdrossel wie ich, würde lieber sterben, als auf einem Frachter zu arbeiten.

»Wenn es nicht interessant für dich wäre, hätte ich es dir nicht gezeigt«, beschwichtigte mich Anthony. »Hab doch ein wenig Vertrauen, mein Schatz.«

Als sich meine Stirn endlich glättete, fuhr er fort. »Caldswell ist in Händlerkreisen so etwas wie eine Legende. Es heißt, sein Schiff sei verflucht. Er kommt auf einem einzigen Flug öfter in Schwierigkeiten als eine ganze Flotte in zehn Jahren, und er verschleißt die Sicherheitsbegleiter wie Papiertaschentücher. Und das ist deine Chance.« Er beugte sich zu mir. »Behalt es für dich, aber für die Königlichen Streitkräfte zählt ein Jahr bei Brian Caldswell so viel wie fünf Jahre irgendwo sonst. Wenn du auf diesem Schiff einen vollen Kontrakt erfüllst und überlebst, wird das bis zu den Devastoren dringen, und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie dann auf dich aufmerksam werden.«

Ich las mir das Inserat noch einmal durch. Allem Anschein nach wurde kurzfristig jemand für einen von diesen öden Routinejobs gesucht, mit denen sich abgehalfterte Soldaten durchs Leben schlugen, nicht für ein aufregendes, lebensgefährliches Abenteuer, wie Anthony es mir weismachen wollte. »Du willst mich nicht etwa für dumm verkaufen?«

»Ich wünschte, es wäre so«, seufzte Anthony. »Vielleicht hast du überhört, wie schnell Caldswell sein Personal verbraucht? Ich mag dich, wie du bist, und zwar in einem Stück.«

Seine Besorgnis war echt, und es war gemein, ihn auszulachen, aber ich konnte nicht anders. »Und du hast vielleicht vergessen, wen du vor dir hast.«

»Keineswegs.« Anthony war todernst geworden. »Ich habe dich kämpfen sehen, weißt du nicht mehr? Das vergisst man nicht. Aber bei Caldswell fährt man auf der Überholspur, und die ist gefährlich, Devi. Ich weiß, du hast genügend Ehrgeiz für fünf gewöhnliche Söldner, aber man kann auch in Sicherheit und Wohlstand leben und dabei glücklich sein.«

»Ich bin glücklich«, sagte ich, zog einen Stift aus der Tasche und schrieb mir die Nummer des Docks aus der Anzeige auf meinen Handrücken. »Und je schneller ich zu den Devastoren komme, umso glücklicher werde ich sein.« Ich gab ihm sein Faktotum zurück. »Du wirst ihnen doch von mir erzählen?« Die Devastoren taten zwar, was der König sagte, waren aber offiziell der Heimwehr zugeordnet. Anthony hatte manchmal mit ihnen zu tun, nur deshalb konnten wir dieses Gespräch überhaupt führen.

»Ja, wenn Caldswell dich nimmt«, sagte er. »Ob sie auf mich hören, weiß ich nicht, meistens tun sie es nicht, aber ich werde allen erzählen, wie verwegen und tollkühn du bist.«

Mit einem Grinsen ließ ich das Bein sinken, mit dem ich ihm den Weg versperrt hatte. »Du bist ein Schatz, Anthony«, sagte ich und ließ mich aus der Nische gleiten. »Vielen Dank für das Frühstück und den Tipp.«

»Beides setze ich dir auf die Rechnung«, gab er zurück. »Bezahlen kannst du, wenn du das nächste Mal in der Stadt bist.«

Ich gab ihm einen letzten Kuss auf die Wange und ging. Bevor ich mich in den überfüllten Fahrstuhl zwängte, hörte ich noch, wie Anthony beim Kellner einen weiteren Drink bestellte. In den zwanzig Sekunden, die der Fahrstuhl brauchte, um die siebzig Stockwerke nach unten zu rasen, machte ich mir deshalb Sorgen, danach stürmten andere Dinge auf mich ein.

Auf der Straße herrschte ein mörderisches Gedränge, und ich musste meine Ellbogen einsetzen, um mich zum Taxistand durchzukämpfen, was mir ein diebisches Vergnügen bereitete. Ich bin bestenfalls einen Meter siebzig groß und von zierlichem Körperbau, mein Gesicht unter der braunen Mähne könnte eher einer Dreizehnjährigen als einer fast Dreißigjährigen gehören, und so werde ich von gewöhnlichen Leuten oft unterschätzt. Früher war ich deshalb jedes Mal sauer, doch mit der Zeit genoss ich es, wenn etwa einem gesetzten Geschäftsmann das herablassende Lächeln auf den Lippen gefror, weil ihm das kleine Mädchen, das er gerade beiseiteschieben wollte, den Ellbogen so hart in den Magen rammte, dass ihm die Luft wegblieb.

Nachdem ich mich ein paar Minuten lang unnötig brutal vorgedrängt hatte, stand ich an der Spitze der Schlange und hielt einen Bodenwagen an. Ein Lufttaxi wäre schneller gewesen, aber ich hatte es nicht so eilig, dass ich die höheren Kosten in Kauf genommen hätte. Zum Glück saß am Steuer ein typischer Kingston-Fahrer, der fuhr wie ein Irrer. So brauchten wir, obwohl Werktag war und zäher Berufsverkehr herrschte, weniger als zwanzig Minuten bis zum Raumhafen.

Er bot mir an, mich bis zum Abfluggebäude zu bringen, aber nach einem Blick auf den dichten Verkehr ließ ich mich an der Straße absetzen. Nachdem ich mich mit einem üppigen Trinkgeld dafür bedankt hatte, dass er uns nicht beide umgebracht hatte, rannte ich die Fußgängerrampe hinauf, hechtete mit all den anderen morgendlichen Passanten durch die riesigen Spiegeltüren und bog dann scharf nach links zu den Schließfächern ab. Dort hatte ich mein Gepäck gebunkert, als Anthony mich gestern Nacht abgeholt hatte.

Ich öffnete mein Fach, indem ich meinen Daumen auf den Scanner legte, und zog meinen Seesack heraus. Mein Kommunikator lag noch obenauf, wo ich ihn hingelegt hatte. Ich klappte ihn auf und begann mit fliegenden Fingern zu tippen. Zwar hatte ich durchaus Vertrauen zu Anthony, aber nur ein Idiot bewirbt sich um eine Stelle, ohne sich vorher zu informieren. Ein schneller Suchlauf förderte erstaunlich wenig über Brian Caldswell zutage, aber Anthony hatte insoweit nicht übertrieben, als es durchaus karrierefördernd war, auf seinem Schiff zu fahren. Nach fünf Minuten hatte ich nicht weniger als sieben seiner ehemaligen Sicherheitsleute gefunden, die jetzt in fantastischen Stellungen saßen, einer war sogar bei den Devastoren gelandet.

Allerdings stellte ich auch fest, dass Anthony ebenso zutreffend geschildert hatte, wie gefährlich man auf diesem Schiff lebte. Die Zahl von umgekommenen und verschollenen Besatzungsmitgliedern, die bei der Transgalaktischen Handelsunion verzeichnet war, wäre an sich schon atemberaubend hoch gewesen, doch dazu kam, dass Caldswell Kapitän eines Zehn-Mann-Frachters war, der auf einer halbwegs ruhigen Route die größeren Sonnensysteme abflog. Die Verlustrate hätte eher zu einem Schlachtschiff gepasst, das ständig in blutige Kämpfe verwickelt war. All das hätte mich zur Vorsicht mahnen müssen, aber mein beruflicher Aufstieg beruhte von jeher darauf, dass ich das Unmögliche wagte. Nachdem ich Anthonys Angaben zu meiner Zufriedenheit überprüft hatte, ging ich daher daran, den Koffer mit meiner Rüstung aus dem Schließfach zu wuchten.

Ich habe nicht nur spitze Ellenbogen, sondern auch viel mehr Kraft, als mir die meisten Leute zutrauen. Das kommt daher, dass ich den ganzen Tag in einer Powerrüstung stecke, deren Widerstand ziemlich hoch eingestellt ist. Manche Söldner überlassen alles ihrem Kampfanzug. Wozu die eigene Muskulatur strapazieren, wenn man mit Motorkraft genauso viel erreicht? Ich dagegen verabscheue jede Art von Schwäche, und wenn das Kostbarste, was man besitzt, zusammengeklappt in einem fünfundsiebzig Kilogramm schweren Koffer liegt und man nur ein Schließfach in der obersten Reihe bekommen hat, ist man ganz froh um die eigenen Muskeln.

Ich machte mich steif in den Knien, hievte den Koffer mit der Rüstung herunter und setzte ihn auf seine Räder. Als er fest stand, schwang ich mir den Seesack über die Schulter und machte mich auf den Weg zu dem Dock, dessen Nummer ich mir auf der Hand notiert hatte.

Bei dem Ruf, den Caldswells Schiff genoss, hätte ich erwartet, dass es düster und bedrohlich aussah, aber der Frachter an Dock C23503 war nur schäbig. Der blockförmige Rumpf lag direkt auf dem Boden auf und hatte die Höhe eines sechsstöckigen Gebäudes. Er war in einem altmodischen, wenig ansprechenden Beigeton gehalten und übersät mit Schweißstellen, doch da er einen frischen Anstrich bekommen hatte, konnte ich nicht erkennen, ob es sich um Einschusslöcher oder lediglich um gewöhnliche Rostschäden handelte, wie man sie an älteren Schiffen oft sah.

Ungeachtet seines Alters bot Caldswells Schiff einen eindrucksvollen Anblick. Es war vom Bug bis zu den Triebwerken fünfundvierzig Meter lang, wobei das Frachtdeck den meisten Raum einnahm. Der Bug war ebenso plump und kastenförmig wie der ganze Kahn. Stählerne Rollläden, zum Schutz vor der Reibungshitze beim Eintritt in die Atmosphäre mit feuerfestem Plastik beschichtet, verdeckten die Fenster. Am Heck befand sich der Antrieb, zwei Langstreckentriebwerke und eine Hyperraumspule, die ziemlich neu aussah.

Das machte mir Hoffnung. Hyperraumspulen waren nicht billig. Wenn dieser Caldswell sich ein aktuelles Modell leisten konnte, dann konnte er wahrscheinlich auch einen hervorragend qualifizierten paradoxischen Panzersöldner der Spitzenklasse bezahlen.

Wie alle Schiffe, die nicht im Pendelverkehr liefen, hatte man Caldswells Frachter im Entlastungsgürtel untergebracht. Doch obwohl er einen guten Platz nahe dem Haupthafen hatte, war in seiner Umgebung kein anderes Schiff angedockt. Das wunderte mich nicht. Raumfahrer sind abergläubisch. Solange der Mangel an Liegeplätzen nicht zu dramatisch war, würde kein Kapitän sein Schiff im Einflussbereich von Caldswells Fluch abstellen.

Wie jeder gute Paradoxier glaubte ich daran, dass der Geweihte König Wunder wirken konnte, aber an Flüche glaubte ich nicht. So dachten offenbar auch viele andere Söldner, oder sie hatten sich einfach nicht die Mühe gemacht, genauere Nachforschungen anzustellen, denn als ich um den Schiffsbug herumkam, sah ich auf der Rampe eine ganze Schar von Leuten, die ganz ähnliche Rüstungskoffer hinter sich her zogen wie ich.

Von Konkurrenz hatte ich mich noch nie abschrecken lassen, also marschierte ich ohne Zögern zur Rampe und stellte mich an. Vor mir warteten fünfzehn Mann, doch sie gingen fast unter in dem riesigen Frachtdeck, das seltsamerweise leer war. Außer ein paar staubigen Lattenkisten, die an der Rückwand verzurrt waren, war nur ein gepanzerter Raumanzug zu sehen.

Im Gegensatz zu meiner Rüstung, die so zerlegt werden kann, dass sie in einen Koffer passt, war dies ein schwerer Kampfanzug der Marke Count, wie man sie bei den Streitkräften einsetzt, um terranische Panzer aufzureißen. Selbst im abgeschalteten Zustand war das Ding mehr als zwei Meter groß, und so, wie der knallgelbe Lack glänzte, wurde es von seinem Besitzer liebevoll gepflegt. Das war die Rüstung eines professionellen Söldners, der lange bei den Panzerstreitkräften gedient hatte. Eine Stelle war offensichtlich bereits besetzt. In der Anzeige hatte nicht gestanden, wie viele Leute gesucht wurden, aber das Schiff war nicht allzu groß. Mehr als zwei Sicherheitsbegleiter wurden sicher nicht benötigt, und wenn einer bereits gefunden war, konnte ich mir meiner Sache nicht mehr ganz so sicher sein.

Argwöhnisch beäugte ich meine Mitbewerber. Keiner sah so aus, als könnte er mir allzu gefährlich werden, aber in meinen engen Hosen und dem weiten Hemd, die ich für das Treffen mit Anthony gewählt hatte, und dem wirren Pferdeschwanz, den ich mir nach dem Sex flüchtig zusammengedreht hatte, wirkte ich wohl auch nicht wie ein ernst zu nehmender Konkurrent. Blieb also nur abzuwarten. Ich nützte die Zeit, um möglichst unauffällig mein Haar zu bürsten und zu einem straffen Zopf zu flechten. Es ging rasch vorwärts, und kaum hatte ich mein Äußeres auf Vordermann gebracht, war ich auch schon an der Reihe.

Vom Frachtdeck führte eine Treppe nach oben zu dem Raum, in dem die Anwerbungsgespräche stattfanden. Während ich in der Schlange stand, waren etliche Bewerber hinaufgestiegen und nur wenige Minuten später wieder heruntergekommen. Manche wirkten enttäuscht, aber die meisten schienen eher erleichtert, das waren wohl diejenigen, die nicht wirklich auf einem Schiff hatten anheuern wollen, das als fliegender Sarg galt, auch wenn die Stellen für Panzersöldner rar geworden waren, seit der König alle unsere Kriege beendet hatte.

Zu Letzteren gehörte sicherlich der Mann vor mir. Er grinste beinahe, als er die Stufen herabkam, und deutete mit dem Daumen über die Schulter zum Zeichen, dass ich dran war. Ich packte meinen Seesack und hob den Koffer mit meiner Rüstung an, damit er nicht gegen die Stufen stieß. So stieg ich die Treppe hinauf, um mich meinem Schicksal zu stellen.

Die Gespräche fanden in einem Raum statt, der wohl als Aufenthaltsraum wie auch als Messe für die Mannschaft diente. Es gab eine winzige Küche mit einer Theke, einen Tisch für die Mahlzeiten und eine kleine Sitzecke. Nichts davon war besetzt. Der Mann, vor dem ich bestehen musste, saß an einem Klapptisch, ein kleiner Tischventilator war auf sein Gesicht gerichtet. Er war nicht mehr jung, vielleicht Anfang fünfzig, und trug ein altmodisches weißes Hemd mit Knöpfen und eine braune Fliegerweste. Sein kurzes rotbraunes Haar war angegraut, der stämmige Körper wirkte indes noch durchtrainiert und fest. Er stand auf, schüttelte mir die Hand und wies auf den Stuhl.

»Name?«

Ich zuckte zusammen. Er hatte mich auf Universal angesprochen. Natürlich beherrschte ich die Sprache. Jeder beherrschte sie. Es war die Standardsprache im zivilisierten Weltraum. Die Schwarzdrosseln waren freilich überzeugte Paradoxier, und wir verwendeten im Umgang miteinander ausschließlich unsere Königliche Sprache. Ich war im ganzen Universum unterwegs gewesen, jedoch stets mit meiner Einheit, und so hatte ich fast drei Jahre lang kein Universal mehr gesprochen, außer um nach der Toilette zu fragen.

Im Rückblick ist mir meine Überraschung nicht mehr verständlich. Alle Händler, sogar die Paradoxier, sprachen nichts anderes als Universal. Es war schließlich die Sprache des Handels. Doch der Mann hinter dem Tisch sah nicht aus wie ein Paradoxier, sondern wie ein Terraner, und das konnte schwierig werden. Nachdem ich so lange kein Universal mehr gesprochen hatte, war mein Akzent ziemlich stark, und das stieß die meisten Terraner ab. Normalerweise hätte mich das nicht gestört. Paradoxier und Terraner sind einander nicht gerade grün. Wir mochten zwar beide von der Alten Erde abstammen, aber hundert Jahre Grenzstreitigkeiten zählen sehr viel mehr als gemeinsame Vorfahren, die vor tausend Jahren auf demselben toten Felsen wohnten. Falls allerdings der Terraner für die Stellenvergabe zuständig war, war beides für mich Schnee von gestern. Ich konnte nur hoffen, dass er bereit war, bei einem Bewerber mit glänzenden Referenzen über ein paar verschluckte Konsonanten hinwegzusehen.

Der Mann sah mich finster an. Er wartete immer noch auf eine Antwort, und ich schaltete rasch in den Soldatenmodus. »Deviana Morris.« Jede Silbe sprach ich so knackig aus, wie ich nur konnte. »Man nennt mich Devi.«

Ich legte meinen Kommunikator auf den Tisch und drückte den Knopf für die Projektionswand. Sie leuchtete auf, und vor seinem Gesicht flimmerten mein Lebenslauf, meine Referenzen und meine Auszeichnungen in der Luft. Der Mann durchblätterte meine Biografie mit einem Finger, ohne eine Miene zu verziehen, doch als er zu meinem letzten Einsatz mit den Schwarzdrosseln kam, zuckte ein Lächeln um seine Lippen. Eine glorreiche Episode selbst für jemanden, der so ruhmsüchtig war wie ich.

»Das sieht beeindruckend aus, Miss Morris«, sagte er endlich. Es klang widerwillig, als ließe er sich nicht gern beeindrucken. »Bisher dachte ich, die meisten paradoxischen Söldner hätten kein anderes Berufsziel, als zu den Schwarzdrosseln zu kommen. Warum sind Sie weggegangen?«

»Ich hatte im aktiven Dienst das Ende der Karriereleiter erreicht, Sir.«

Der Mann lächelte. »Ein Schreibtischjob ist also nicht das Ziel Ihrer Wünsche, wenn ich Sie recht verstehe?«

Ich erwiderte das Lächeln. »Nein, Sir.«

»Nun gut«, sagte der Mann und warf einen Blick auf meinen Koffer. »Was bringen Sie an Ausrüstung mit?«

Mein Lächeln wurde breiter. Das war bei jeder Anwerbung der Moment, den ich am meisten genoss. Ich bückte mich und drehte den Koffer so, dass das Wappen auf der Vorderseite zu sehen war. »Eine maßgefertigte Verdemont-Rüstung der Ritterklasse aus einem Meisterbetrieb.«

Die Augen des Mannes weiteten sich, er war angemessen erstaunt, was ihn in meiner Achtung beträchtlich steigen ließ. »Und die Rüstung ist Ihr Eigentum?«, fragte er. »Keine Leihgabe von den Schwarzdrosseln?«

»Nein, Sir«, antwortete ich stolz. »Meine ganze Ausrüstung ist mein persönlicher Besitz.« Für die Rüstung hatte ich den Sold von zwei Jahren plus einen ziemlich hohen Kampfzuschlag ausgegeben, doch sie war jeden Groschen davon wert. »Ich habe auch eigene Waffen und eigene Munition und einen Koffer mit Reparaturautomatik für die Rüstung.«

»Munition wird von uns gestellt«, sagte der Mann und lehnte sich in seinem wackeligen Klappstuhl zurück. »Wir sind auf der Suche nach Sicherheitsbegleitern. Zusammen mit Ihrem Kollegen sind Sie rund um die Uhr für den Schutz dieses Schiffes, seiner Mannschaft und seiner Ladung zuständig. Normalerweise fliegen wir große Runden durch den paradoxischen Raum, die terranische Republik und den Sevalis der Äons, doch das kann sich jederzeit ohne Vorankündigung ändern. Der Kontrakt hat eine Laufzeit von einem galaktischen Standardjahr bei einem Monatssold von fünfzehnhundert Republikanischen Skript. Während des Fluges arbeiten Sie in Zwölfstundenschichten, bei Aufenthalten auf Planeten sind Überstunden zu leisten, im Hyperraum haben Sie dienstfrei. Dazu kommt ein Tag bezahlter Landurlaub pro Monat. Solange Sie für dieses Schiff tätig sind, werden Verpflegung, Unterkunft und wie bereits erwähnt die Munition gestellt, außerdem gibt es einen Zuschuss für Wartung und Reparaturen an Ihrer Ausrüstung.«

Ich überlegte einen Moment. Das waren Standardkonditionen, der Sold war für eine Schiffswache hoch, aber sehr viel geringer als das, was ich bei den Schwarzdrosseln verdient hatte. Zwar wollte ich die Stelle nicht wegen des Geldes haben, aber als Söldner durfte man sich nicht unter Wert verkaufen. »Wie sieht es mit Kampfzuschlägen aus?«

»Tausend RS für jeden Einsatz«, lautete die Antwort.

Ich unterdrückte ein Lächeln der Genugtuung. Da war also das Geld versteckt. Nach allem, was ich über den Ruf dieses Schiffes gehört hatte, könnte ich mit den Kampfzuschlägen sogar mehr verdienen als mit meinem Sold als Einsatzleiter.

»Hört sich gut an, Sir«, sagte ich und griff nach meinem Rüstungskoffer. Nun kam der für mich schönste Teil. Ich liebte es, mit meiner Rüstung zu prahlen. »Was darf ich Ihnen vorführen, Sir? Ich beherrsche jeden Präzisionsangriff, den Sie sich vorstellen können, verschiedene Manöver, eine Kraftprobe, was immer Sie wollen.«

»Ich glaube, das können wir uns sparen.« Der Mann schaltete die Projektion aus und gab mir meinen Kommunikator zurück. »Sie haben die Stelle.«

Ich blinzelte. »Das war schon alles?«, entfuhr es mir.

Der Mann zuckte mit den Achseln. »Wenn nicht ein zweiter hochdekorierter Exsöldner von den Schwarzdrosseln mit einer eigenen maßgefertigten Luxusrüstung auf meinem Frachtdeck wartet, dann war das schon alles.« Er streckte die Hand aus. »Ich bin Brian Caldswell. Willkommen auf der Glorreicher Narr.«

Ich schlug ein, obwohl mir der Kopf schwirrte. Das war das kürzeste Anwerbungsgespräch, das ich jemals erlebt hatte. »Narr?«

»Die Glorreicher Narr«, wiederholte Caldswell und lächelte wie über einen alten Witz. »So heißt mein Schiff.«

Merkwürdiger Name, aber ich dachte nicht weiter darüber nach. Zuerst einmal musste ich damit zurande kommen, dass dieser kleine, untersetzte Mann Brian Caldswell höchstpersönlich war, der verfluchte Kapitän. Der Mann, der seine Sicherheitsleute verschliss wie Papiertaschentücher. Und nun hatte er mich in der Hand.

»Vielen Dank, Sir«, sagte ich, bevor ich noch alles vermasseln konnte.

Der Kapitän nickte. »Sobald wir startklar sind, suchen wir eine Koje für Sie. Vorerst können Sie Ihre Sachen hinter der Theke ablegen. Dort rührt sie niemand an.«

Niemand außer mir konnte meine Rüstung anrühren, ohne von einem zehntausend Volt starken Stromschlag getroffen zu werden, doch das behielt ich für mich und verstaute mein Gepäck wie befohlen. Ehrlich gesagt war ich immer noch wie vor den Kopf geschlagen. Da hatte ich mich nun jahrelang mit Zähnen und Klauen jede Sprosse der Karriereleiter hochgekämpft, und nun fiel mir die Stellung, die durchaus schicksalhaft für meine weitere Laufbahn sein konnte, nach einem Anwerbungsgespräch von weniger als fünf Minuten einfach in den Schoß.

Während ich meine Sachen aufeinanderstapelte, ging der Kapitän zu der Tür, die zum Frachtdeck hinunterführte, streckte den Kopf hinaus und brüllte: »Stelle ist besetzt!« Dann schlug er die Tür zu.

Ich fand das einigermaßen brutal, doch der Kapitän hatte die anderen Bewerber offenbar bereits aus seinem Gedächtnis gestrichen. Er drehte sich um und sagte: »Ich habe zu tun.« Dann ging er an mir vorbei auf den Korridor auf der anderen Seite der Mannschaftsmesse zu. »Alles Weitere erfahren Sie von Basil. Er ist mein Stellvertreter, und Sie werden ihm ebenso gehorchen wie mir.«

»Zu Befehl, Sir«, antwortete ich und lief ihm nach. »Wem bin ich sonst noch unterstellt?«

»Mabel, unserem Bordingenieur.« Der Kapitän sah mich nicht an, aber ich bemerkte, dass er lächelte, und klopfte mir im Geiste anerkennend auf die Schulter. Ich hatte ihn beeindruckt. »Sie kommt allerdings erst später. Vorerst genügt es, wenn Sie mit Basil klarkommen. Sie finden ihn auf der Brücke, immer geradeaus.«

Er nickte zu einer geschlossenen Tür am anderen Ende des Korridors hin. Ich nahm sie zur Kenntnis, drehte mich um und sah meinen neuen Kapitän fest an. »Zu Befehl, Sir«, sagte ich mit einer förmlichen Verbeugung aus der Hüfte heraus, wie es sich gehörte. Schließlich war er jetzt mein Vorgesetzter. »Es ist mir eine Ehre, Ihnen zu dienen, Sir.«

Der Kapitän schüttelte den Kopf. »Dies ist ein terranisches Schiff, Morris. Auf Verbeugungen und Kratzfüße legen wir hier keinen Wert. Tun Sie Ihre Arbeit, führen Sie die Befehle aus und widersprechen Sie nicht allzu viel, dann sind wir alle zufrieden.«

»Zu Befehl, Sir«, sagte ich diesmal ohne Verbeugung. Es widersprach allem, was man mir im Umgang mit Vorgesetzten beigebracht hatte, aber schließlich war es sein Schiff. Wenn er nicht wollte, dass ich mich verbeugte, sollte mir das recht sein. Für mich hatten Verbeugungen vor einem Terraner ohnehin etwas von Gotteslästerung.

Der Kapitän nickte und entfernte sich in Richtung Triebwerke durch den Korridor. Ich sah ihm nach, bis er die Wendeltreppe nach unten nahm, dann wandte ich mich wie befohlen der Brücke zu. Der Korridor zog sich wie ein Rückgrat durch das Schiff. Die Brücke befand sich am Kopfende. Alles war einigermaßen sauber, aber dieser Korridor wies fast ebenso viele Schweißstellen auf wie der Schiffsrumpf.

Die äußeren Schäden konnte ich verstehen; Piraten geben gerne Schüsse aus nächster Nähe ab, aber auch die grauen Metallwände des Korridors waren übersät mit Brandflecken von Blasterschüssen, mit Kugellöchern und sogar mit Spuren von Explosionen, die nur von Granaten stammen konnten. Ich habe schon schlimmere Gänge gesehen, aber nicht viele und auch die nur in Kriegsgebieten. Hier waren unzweifelhaft schlimme Dinge geschehen, und ich nahm mir vor, mich zu erkundigen, in welchem Zustand die letzten Sicherheitsbegleiter von Bord gegangen waren.

Die Tür zur Brücke glitt auf, sobald ich davorstand. Ich marschierte hinein und blieb wie früher bei den Streitkräften in militärischer Grundstellung stehen. Dann sah ich mich nach diesem Basil um, der einer meiner Vorgesetzten sein sollte. Was ich sah, stürzte mich in große Verwirrung.

Die Brücke selbst war in drei Ebenen unterteilt, wie ich es gewohnt war. Sie wies weit weniger Schäden auf als der Korridor, allerdings steckte immer noch eine Kugel in der Decke. Ganz oben, wo ich stand, befanden sich die Monitorwand und die Schaltpulte, beide waren unbesetzt. Eine Stufe tiefer stand der Sessel des Kapitäns, seine Lederpolster und die Bedienungselemente waren vom jahrelangen Gebrauch schwarz geworden. Was fehlte, war der Sitz ganz unten am Bug, wo gewöhnlich der Pilot saß. Stattdessen befand sich dort ein Nest aus buntem Stoff, und in diesem Nest saß ein riesengroßer Vogel mit einem Headset auf dem Kopf.

Ich wusste, wie ein Äon aussah, aber leibhaftig hatte ich noch keinen gesehen, und erst recht nicht aus der Nähe. Die Exemplare, die ich kannte, waren knallbunt, sie leuchteten in Pink, Blau, Grün und allen anderen Neonfarben, die man sich für ein riesiges Vogelalien nur vorstellen konnte. Der hier war braun wie ein Feldsperling und hockte in seinem Nest wie ein überdimensionierter aufgeplusterter Storch mit kurzen hell- und dunkelbraunen Federn über einer Schicht aus weißen Daunen. Sein Hals war so lang wie mein Arm, und auf seinem Kopf prangte ein Kamm aus rostroten Federn, die ständig hin und her hüpften, während der Äon die Sternenkarte studierte, die vor ihm in die Luft projiziert wurde. Seine Flügel waren so groß, dass er wahrscheinlich damit fliegen konnte, doch jetzt lagen sie fest am Körper an. An der Spitze jedes Flügels befand sich ein Gelenk mit vier winzigen Klauenfingern, aber die wurden nicht benützt. Stattdessen tippte er mit seinen langen Füßen ungeduldig auf den Steuerknüppel. Die gelben Krallen klopften so hektisch auf den gepolsterten Griff, dass ich ihnen kaum folgen konnte.

Die Äons waren zwar die zahlenmäßig größte Rasse in der Galaxis, sie waren sogar noch zahlreicher als die Menschen, aber sie blieben für sich und verließen ihren Sevalis nicht. Ich hatte gehört, dass sie die anderen Rassen mit einer Leidenschaft verabscheuten, die an radikalen Fremdenhass grenzte, und das war bedauerlich, denn sie galten als die besten Navigatoren im ganzen Universum. Nachdem ich meinen ersten Schock beim Anblick des großen Vogelaliens in seinem Pilotennest überwunden hatte, staunte ich noch mehr darüber, dass Caldswell einen echten Äon dazu gebracht haben sollte, seinen Schrotthaufen von einem Schiff zu steuern.

Der Vogel hatte mich noch nicht bemerkt, und so hatte ich Zeit zu überlegen, ob ich dieses Wesen eher mit Sir oder mit Ma’am ansprechen sollte. Beides erschien mir nicht passend. Ich wusste nicht einmal, ob Äons überhaupt nach den üblichen Geschlechtern getrennt waren. Doch da ich mich auf einem terranischen Schiff befand, wo man ohnehin nichts von Hierarchie verstand, beschloss ich, in diesem speziellen Fall ganz auf den Titel zu verzichten.

»Verzeihung«, sagte ich. »Sind Sie Basil?«

Der Äon drehte ruckartig den Kopf nach hinten, und ich schaute in zwei missmutige gelbe Augen mit runden, schwarzen Pupillen. Sie waren so groß wie meine Fäuste und saßen in einem flachen Gesicht über einem langen, gekrümmten gelben Schnabel, der vor Missbilligung förmlich triefte. »Du meine Güte«, sagte oder vielmehr pfiff er. »Ein Paradoxier.«

Sein Ton gefiel mir ganz und gar nicht. »So etwas bekommt man, wenn man auf Paradox nach Sicherheitsbegleitern sucht«, konterte ich. Am liebsten hätte ich die Arme verschränkt und ihn böse angesehen, aber ich beherrschte mich.

Der Äon zog eine gefiederte Augenbraue hoch, schlug hektisch mit den Flügeln und schwang sich in die Lüfte. Er übersprang den Kapitänssessel mit einem Satz und landete dicht vor mir. Wenn er aufrecht stand, überragte er mich um Haupteslänge. Die gelben Augen glühten, er erwartete eindeutig, dass ich mich hastig in Sicherheit brachte. Aber ich hatte schon Wesen gegenübergestanden, die beängstigender waren als ein zu groß gewachsenes Huhn mit schlechten Manieren, und so wich ich nicht von der Stelle.

Der Vogel schien enttäuscht. »Mein Name ist …« – nun folgte ein schriller Pfiff, der zwitschernd verklang. »Aber damit wäre so ein weicher Menschengaumen heillos überfordert, Sie können mich also Basil nennen. Ich bin der Navigator der Glorreicher Narr und Kapitän Caldswells Stellvertreter. Ich erwarte, stets mit ›Sir‹ angesprochen zu werden.«

»Zu Befehl, Sir.« Ich unterdrückte nur mühsam ein Lächeln. Ein Offizier, der sich im wahrsten Sinne des Wortes aufplustern konnte. Das konnte ja heiter werden. »Der Kapitän sagte, Sie würden mir das Schiff zeigen.«

Der Vogel stieß einen dramatischen Seufzer aus und drängte sich an mir vorbei. »Dann kommen Sie mit, Affe. Und fassen Sie nichts an.«

In der folgenden Stunde führte er mich durch ein Schiff, das man in zehn Minuten hätte erkunden können. Die Narr bestand wie jedes gewöhnliche Raumschiff aus Frachtdeck, Maschinendeck, Mannschaftsmesse, Mannschaftskabinen auf zwei Etagen und einem Lazarett, das überraschend gut ausgestattet war (vielleicht war das auch gar nicht so überraschend, wenn das Schiff tatsächlich so oft in Kampfhandlungen verwickelt war). Am interessantesten fand ich, dass die Schäden, die ich im Hauptkorridor gesehen hatte, auch sonst fast überall zu finden waren.

Ich hatte zwar von diversen Schwierigkeiten gehört, aber den Kampfspuren nach war die Narr öfter in Auseinandersetzungen verwickelt als das Schiff meines früheren Stoßtrupps, mit dem wir regelmäßig Piratennester überfallen hatten. Wohin ich auch schaute, waren irgendwelche Löcher zugespachtelt worden. Noch die verstecktesten Querschotten zeigten Brandmale oder Kratzer, und nicht selten steckten noch die Kugeln darin. Der Boden hatte einen griffigen Gummibelag, der aber an mehreren Stellen offenbar durch Plasmaschüsse verschmort war. Von der Mannschaft begegneten wir niemandem, aber wenn Basil mir nicht gerade die technischen Details des Schiffes erklärte und mich damit zu Tode langweilte, fand er garantiert eine Gelegenheit, über die Besatzung zu sprechen.

»Mabel, unser Bordingenieur, ist für alles zuständig, was mit Technik zu tun hat«, sagte er, als wir über die enge Wendeltreppe vom Maschinendeck nach oben stiegen. »Ihr haben Sie ebenso zu gehorchen wie dem Kapitän oder mir. Nova ist unsere Systemanalytikerin. Sie hilft mir auf der Brücke. Sie beide müssen sich eine Kabine teilen, bis es mir gelingt, den Kapitän zur Vernunft zu bringen.«

Er drehte den Kopf und sah mich grollend an. »Ich will ganz ehrlich sein, wenn wir nicht so beengt wären, hätte ich das niemals zugelassen. Ein nettes Mädchen wie Nova sollte nicht dem Einfluss von Paradoxiern ausgesetzt werden. Man könnte manchmal den Eindruck gewinnen, dass Leute wie Sie einfach unfähig sind, über andere Themen als Rüstungen, Kämpfe und Königsverehrung zu sprechen.«

»Wir reden auch über das Schießen, Sir«, bemerkte ich trocken. »Und über die Vogeljagd.«

»Dann können wir ja froh sein, dass Sie und der andere Schwachkopf die einzigen Vertreter dieser barbarischen Rasse auf unserem Schiff sind«, fauchte Basil und sträubte sein Gefieder. »Zwei von Ihrer Sorte sind schon mehr als genug.« Er fasste sich mit der Flügelspitze an den Kopf. »Um zum nächsten Punkt zu kommen, und bitte prägen Sie sich das ein, denn ich werde es nicht noch einmal sagen: Der Putzdienst rotiert turnusmäßig. Der Koch ist für die Mannschaftsmesse zuständig, doch alle anderen Arbeiten sind von der Besatzung gemeinschaftlich zu erledigen. Sie werden sich mindestens fünf Stunden pro Woche an solchen Arbeiten beteiligen oder müssen mit Soldkürzung rechnen. Außerdem sind täglich Berichte über Ihre Tätigkeit einzureichen …«

Ich bemühte mich, keinen glasigen Blick zu bekommen, als ich seine Stimme ausblendete. Normalerweise bin ich ein vorbildlicher Söldner. Ich bemühe mich, nicht zu fluchen, denn das tun nur die unteren Dienstgrade. Ich achte auf gute Manieren, ich befolge alle Befehle, ich trinke nie im Dienst, und ich erfülle meine Aufgaben mit so viel Fingerspitzengefühl und Gründlichkeit, dass die Belobigungen überschwänglich ausfallen. Doch nachdem ich mir Basils Gekrächze eine halbe Stunde lang angehört hatte, begann die Profifassade zu bröckeln.

Auch ohne die Erwähnung des turnusmäßigen Putzdienstes hätte ich der Führung wenig abgewinnen können. Die Spuren von Schüssen und Explosionen versprachen zwar aufregende Zeiten, doch sonst hörten sich meine Verpflichtungen so öde an wie, nun ja, wie eben Wachdienst. Während des Fluges hatte ich bestimmte Kontrollrunden abzugehen, stündlich Meldung zu machen, Berichte zu schreiben, Bestandsaufnahmen durchzuführen, all die todlangweiligen, stumpfsinnigen Routinearbeiten, die mich während meiner gesamten Laufbahn veranlasst hatten, jede Stellung, die irgendwie mit Wachdienst zu tun hatte, wie die Pest zu meiden. Obwohl ich nach den letzten fünf Jahren wahrlich genug davon hatte, Piratennester auszuheben, erschien mir die Vorstellung, auf irgendeinem abgelegenen Mond aus einem Schiff zu springen und auf dem Kopf eines Piraten zu landen, in diesem Moment geradezu wie der Himmel auf Erden. Als der Vogel in die Mannschaftsmesse einbog und zu einem weiteren Vortrag über Brandschutzbestimmungen ansetzte, verdrehte ich die Augen zur Decke und betete zu meinem König, dass alle diese toten Sicherheitsleute tatsächlich im Kampf und nicht vor Langeweile gestorben waren.

Basil unterbrach seine Erläuterungen, als jemand die Treppe vom Frachtdeck heraufkam. Ich schaute hinüber in der Hoffnung, den Kapitän oder vielleicht das zweite Mitglied des Sicherheitsteams zu sehen, irgendjemanden, der mich vor dem Vogel retten konnte. Aber es war weder Caldswell noch ein Söldner, sondern ein Mädchen. Ich schätzte sie auf etwa vierzehn, vielleicht auch ein wenig älter. Sie hatte dunkle Haut, glattes schwarzes Haar, das ihr bis auf die Schultern reichte, und mandelförmige Augen, die nun mit einem fast zu scharfen Blick von mir zu Basil wanderten.

Wäre es nicht so entsetzlich ungehörig gewesen, ich hätte noch einmal die Augen verdreht. Ich hasse es, im Beruf mit Kindern zu tun zu haben. Sollte mich Caldswell neben dem Berichteschreiben auch noch zum Babysitten verdonnern wollen, dann konnte er sich seinen Job sonst wohin stecken, egal, wie fantastisch er in meinem Lebenslauf aussähe. Ich überlegte mir gerade, mit welchen Ausreden ich mich einem solchen Ansinnen entziehen könnte, als ich den Mann hinter dem Mädchen erblickte und alles andere an Bedeutung verlor. So sah die Sache schon besser aus. Was für ein Bild von einem Mann! Hochgewachsen und von einer Blässe, die ihm gut zu Gesicht stand, das mehr als schulterlange schwarze Haar im Nacken zusammengebunden. Die Augen unter den schwarzen Brauen waren von einem wunderbar strahlenden Blau, und der Mund sah so aus, als würde er gerne lächeln. Er trug einen schwarzen Anzug, nicht mit breitem Revers, wie es in Kingston Mode war, sondern im alten terranischen Stil mit dem Stehkragen, den ich schon immer besonders flott gefunden hatte. Obwohl ihn das Mädchen zum Teil verdeckte, sah ich an seiner Haltung, dass er eine militärische Ausbildung genossen hatte. Dazu die Hände mit den langen Fingern und die breiten, abfallenden Schultern – mein neuer Job war schlagartig in meiner Achtung gestiegen.

»Ach ja«, bemerke Basil, und sein sarkastischer Ton wurde ein klein wenig milder. »Das ist Ren, die Tochter des Kapitäns.«

Ich begriff nicht gleich, dass der Vogel mit mir gesprochen hatte. Doch dann riss ich mich mit einiger Mühe von dem Mann los und sah mir stattdessen das Mädchen an. Sie musste wohl nach ihrer Mutter gekommen sein, dachte ich, denn von dem stämmigen Kapitän Caldswell war auch bei gründlicher Suche in ihren feinen Zügen nichts zu entdecken. Das machte mich neugierig, aber ich vermied es zu fragen. Ein neugieriger Söldner ist ein toter Söldner. Stattdessen nickte ich dem Mädchen höflich zu: »Miss Caldswell.«

Ren sah mich nicht einmal an. Sie ging an Basil und mir vorbei, als wären wir gar nicht da, und setzte sich hinter uns auf die Couch.

Ob Basil an ihrem abweisenden Verhalten Anstoß nahm, war ihm nicht anzumerken. Und auch ich schlug es mir sofort aus dem Sinn, denn jetzt stellte mir Basil den Mann vor. »Das ist unser Koch.«

Der große Mann schenkte mir ein Lächeln, das seine Züge noch weiter verschönerte, und streckte mir die Hand entgegen. »Rupert Charkow«, sagte er. Seine Stimme umfing die Laute mit einem weichen Akzent, den ich nicht einordnen konnte.

»Devi Morris«, erwiderte ich und gab mir alle Mühe, meinen eigenen, weit weniger wohlklingenden Akzent zu unterdrücken. Dann ergriff ich seine Hand.

Wer unter Söldnern lebt, gewöhnt sich an einen schmerzhaften Händedruck. Das hat etwas mit Dominanz zu tun, es ist ein Machtspiel, und ich will bei jedem Spiel gewinnen. Aber Rupert überraschte mich, denn er umschloss meine Hand so behutsam, als wollte er sie liebkosen. Damit zwang er mich, den eigenen Druck im letzten Moment zurückzunehmen, und so kam es zu einem komischen Effekt. Meine Finger glitten auf eine Weise zwischen die seinen, die mir bei zwei Menschen, die sich eben erst kennengelernt hatten, schockierend intim vorkam.

Rupert empfand das wohl ebenso, denn in seinen Augen blitzte es unversehens auf, und er warf mir einen verständnisinnigen Blick zu. »Ich freue mich auf die Zusammenarbeit, Devi.«

»Ganz meinerseits«, sagte ich. Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn er meinen Namen mit diesem betörenden Akzent noch ein paar weitere Male ausgesprochen hätte.

Die Terraner halten den Paradoxiern gern vor, sie seien übermäßig direkt und völlig unfähig, zarte Andeutungen zu verstehen. Das halte ich für übertrieben, muss aber einräumen, dass ich Rupert schamlos anstarrte, als er hinter die Küchentheke ging und die mitgebrachten Lebensmittel aus seiner Tasche in den Kühlschrank räumte. Ich kann nicht anders, ich bin eben nicht raffiniert. Wenn mir etwas gefällt, dann will ich es haben, und was ich hier sah, gefiel mir sehr. Ruperts Bewegungen waren auch dann von großer Eleganz, wenn er bloß Lebensmittel auspackte. Als ich nun hinter Basil zur Brücke zurückging, hatten meine früheren Bedenken an Bedeutung verloren. Ja, entschied ich, Rupert würde mir die Arbeit hier deutlich erträglicher machen. Wenn mein Kollege im Sicherheitsteam nun auch noch ansatzweise kompetent wäre, könnte mir der Wachdienst womöglich sogar gefallen.

Zum ersten Mal, seit Caldswell mir die Stelle zugesagt hatte, war meine Zuversicht gewachsen, und ich trottete brav hinter Basil her und nickte an all den richtigen Stellen, während er mir in aller Ausführlichkeit erklärte, wie schwer die Bürde der Navigation auf ihm laste, und wie unfähig mein unterentwickeltes Gehirn sei, deren Systematik zu begreifen.

2

Basil beendete seine Führung vor der winzigen Kabine, die für das nächste Jahr mein Zuhause sein sollte. Sie war leer, obwohl er mir gesagt hatte, dass ich sie mit jemandem teilen müsste. Entweder war diese Nova jemand, der seine gesamte Habe immer bei sich trug (im Laufe der Jahre habe ich etliche solche Leute kennengelernt; wer für Geld kämpft, wird paranoid), oder Basil hatte den Kapitän tatsächlich überzeugen können, uns getrennt unterzubringen, und wusste es nur noch nicht. Wie auch immer, es kam mir sehr gelegen, dass ich allein war, und ich machte mich daran, meine Ausrüstung auszupacken, eine Aufgabe, die ich sehr ernst nahm.

Wenn ich den Koffer mit meiner Rüstung aufschloss, spürte ich jedes Mal die gleiche Vorfreude, als würde ich ein Geburtstagsgeschenk öffnen. Powerrüstungen sind meine große Leidenschaft, solange ich denken kann. Es hat etwas Magisches, sich vorzustellen, dass sich eine wunderschöne Maschine um den Körper legt und einen zum Übermenschen macht.

Meine Begeisterung hatte natürlich auch damit zu tun, dass ich immer gut mit Rüstungen umgehen konnte. Wir Paradoxier nehmen alles, was damit zu tun hat, sehr ernst. Schon ab zehn Jahren kann man an unseren Schulen in ein Panzerteam aufgenommen werden, und seit ich an Wettbewerben teilnehmen durfte, war ich immer an der Spitze gewesen. Meine Mutter pflegte zu sagen, sie sei froh über meine Liebe zum Rüstungskampf, denn bei meinen Noten könnte ich ohnehin keinen ordentlichen Beruf ergreifen. Was ich darauf antwortete, will ich hier nicht wiederholen, denn seit Basil gegangen war, befand ich mich offiziell im Dienst, und ich bemühe mich, das Fluchen im Dienst zu vermeiden.

Obwohl also meine Mutter nicht viel von mir hielt, verdankte ich es meinem Steckenpferd, dass ich gleich im ersten Jahr des Grundwehrdiensts in die Panzertruppe der Königlichen Streitkräfte versetzt wurde, und als alle anderen nach den zwei Pflichtjahren nach Hause gingen, erhielt ich eine Beförderung. Zwei Jahre später gehörte ich der angesehensten Truppe von Panzersöldnern auf Paradox an. Nicht schlecht für ein junges Ding, dem seine Mutter prophezeit hatte, sie würde es höchstens bis zum Gladiatorengroupie bringen.

Als mein Kontrakt auslief, waren die Schwarzdrosseln am äußersten Rand der Terranischen Republik im Weltraum unterwegs gewesen. Auf den verschiedenen Flügen zurück nach Hause war das Tragen von Kampfanzügen infolge der schwachsinnigen Vorschriften der Republik verboten, und so kam es, dass ich meine Rüstung eine Woche lang nicht ausgepackt hatte. Wie immer nach einer solchen Pause konnte ich es kaum erwarten, sie wieder anzulegen. Nun holte ich ein Teil nach dem anderen aus dem Koffer und untersuchte es auf eventuelle Beschädigungen beim Transport. Natürlich war nichts zu finden. Noch die billigste paradoxische Rüstung ist dem Plastikschrott der Terraner haushoch überlegen. Selbst wenn man sie in einem Sack voller Kugellager beförderte, würde nichts passieren. Doch da ich meine Rüstung liebte wie mein eigenes Kind, kontrollierte ich alles mit größter Sorgfalt.

Als ich endlich zufrieden war, zog ich mich bis auf die Unterwäsche aus und kramte das Innenfutter aus meinem Seesack. Es wäre nicht unbedingt nötig gewesen, denn meine Rüstung ist selbstreinigend. Aber für mich war es unvorstellbar, das teure Stück mit meinem Schweiß in Berührung zu bringen, und so zwängte ich mich zuerst in den hautengen Overall, bevor ich mich mit der Lady Gray umgab.

Die Lady Gray war eine eigens für mich angefertigte Verdemont-Rüstung der Ritterklasse. Verdemont ist auf Paradox eines der ältesten Unternehmen für Kampfanzüge, und das will etwas heißen, denn schließlich sind wir seit Urzeiten von den Dingern besessen. Dieser Hersteller fertigt nur Einzelstücke. Für den Adeligen wie für den Bürger ist Verdemont das Beste, was der Markt zu bieten hat. Ich hatte den Sold von zwei Jahren hingelegt, um sicher sein zu können, dass ich auch das Beste bekam. Von meiner Ausrüstung hängt mein Leben ab; ich kaufe nur Qualität.

Die Lady Gray besteht aus einer Reihe von ineinander greifenden Platten, die sich wie ein Exoskelett um meinen Körper schließen. Jedes Segment wird mit allen benachbarten Teilen so zusammengesteckt, dass sie sich überlappen. Die Verbindungen werden durch Kontakt hergestellt, Drähte kommen für mich nicht infrage. Die Rüstung sieht schon umwerfend aus, wenn sie zerlegt in ihrem Koffer liegt, doch ihre volle Schönheit kommt erst zur Geltung, wenn ich sie anlege. Die Lady ist von einem silbrigen Nebelgrau und hat ein spiralförmiges Muster, das nur zu sehen ist, wenn das Licht direkt darauf fällt. Schnelligkeit, Kraft und Flexibilität sind ihre Stärken, aber was letztlich den Preis rechtfertigt, den ich dafür bezahlt habe, ist ihre Größe.

Normalerweise ist die Größe einer Powerrüstung ein Gradmesser für die Kraft, die man von ihr erwarten kann, aber das gilt nicht immer. Alles in allem macht mich die Lady nur fünfzehn Zentimeter größer und knapp siebzig Kilo schwerer. Die Platten haften an mir wie eine zweite Haut, das Ganze sieht eher aus wie eine Karnevalsrüstung als wie ein Kampfanzug mit allen Funktionen. Der Motorblock befindet sich auf dem Rücken und ist so klein, dass man ihn übersieht, wenn man nicht weiß, wo man ihn zu suchen hat.

Selbst ich war skeptisch gewesen, als mir der Meisterplattner ihre Werte zeigte, doch als ich die Lady zum ersten Mal angelegt hatte, waren alle Bedenken vergessen. In den zweieinhalb Jahren, in denen wir zusammen waren, hatte mich meine Rüstung mit Riesensprüngen auf flüchtende Schiffe getragen und gepanzerte Marineinfanteristen durch Querschotten geschleudert, ohne auch nur einmal zu überhitzen. Äußerlich mochte sie daherkommen wie eine leichte Rennmaschine, aber wer meine Lady oder mich unterschätzte, hatte keine Gnade zu erwarten. Sie hat mich ein Vermögen gekostet, aber ich bereue es nicht.

Meine Rüstung anzulegen und zu spüren, wie angenehm sich die schweren Teile an mich schmiegten, war schon ein Erlebnis der besonderen Art, doch den krönenden Abschluss bildete erst der Moment, als ich den Helm aufsetzte. Die Lady Gray war so ausgestattet, dass sie meinen Bewegungen mit und ohne Helm folgen konnte, aber wenn man wirklich alle Funktionen einer paradoxischen Rüstung nutzen will, muss man das Neuralnetz aktivieren. Sobald ich den schnittigen Helm der Lady aufsetzte, glitten die Neuralsensoren wie ein Kamm durch mein Haar und hefteten sich an meine Kopfhaut. Mit dem Einrasten des Helms veränderte sich meine Welt.

Ich erwachte wie aus einem Traum. Mein Blick schärfte sich, als die Kameras die Arbeit meiner Augen übernahmen, und ich hatte mit einem Mal eine Rundumsicht von 360 Grad. Infrarotanzeigen schwebten sekundenlang wie Gespenster über dem normalen Blickfeld und traten in den Hintergrund, sobald sich mein Gehirn auf die neuen Informationen einstellte, die ihm die Lady über das Neuralnetz einspeiste.

Auch meine Sinne passten sich an, die Rüstung wurde zu einer Erweiterung meines eigenen Körpers. Ich spürte den Boden unter meinen gepanzerten Knien und die glatte Oberfläche der Panzerung unter den gegliederten Handschuhen, als würde ich sie mit bloßen Fingern berühren. Alle Systeme flackerten am Rand meines Denkens: Munition, Energie, Karten, Kommunikation – sogar meine Musik –, alles wartete nur darauf, in mein Blickfeld zu huschen, sobald ich daran dachte.

In meiner Rüstung fühlte ich mich endlich wieder ganz wie ich selbst. Als Nächstes wandte ich mich meinen Waffen zu. Bislang war es mir nicht gelungen, die Artillerie auf die gleiche Qualitätsstufe zu bringen wie die Lady Gray, aber meine Mädels waren dennoch nicht zu verachten. Sascha, meine panzerbrechende Pistole, schaltete sich wie immer als Erste zu. Sie war eine Abart der paradoxischen Handfeuerwaffe, wie sie bei den Streitkräften im Einsatz war, hatte aber einige wichtige Zusatzfunktionen. So besaß sie eine größere Durchschlagskraft und eine besondere Zielvorrichtung, die von den Kameras in meiner Rüstung gesteuert wurde, sobald ich die Waffe berührte. Ich schob sie in das maßgefertigte Holster an meiner Hüfte und griff nach Mias Koffer.

Wenn Sascha die Waffe für den täglichen Gebrauch war, dann war Mia die Sahneschnitte. Sie war eine Plasmaschrotflinte, die ich mir von einem Panzer geholt hatte. Der Quartiermeister der Schwarzdrosseln hatte sie mir verkauft, nachdem ich mich geweigert hatte, sie wieder abzugeben. Ich hatte sie bereits so umgebaut, dass sie sieben anstatt nur sechs Schüsse hintereinander abfeuern konnte, und ich sparte auf eine Zielvorrichtung, die sich wie bei Sascha mit dem Kamerasystem meiner Rüstung verbinden konnte, aber damit hatte ich es nicht allzu eilig. Mit einer Plasmaschrotflinte trifft man ohne größere Schwierigkeiten ins Ziel.

Mein Thermitschwert steckte bereits zusammengeklappt in seinem Fach unter meinem linken Arm. Ich brauchte mir also nur noch Mia auf den Rücken zu schnallen, dann war ich bereit. Den Rüstungskoffer sperrte ich ab, den Seesack und die Waffenkoffer schob ich unter die untere Koje. Dort verstaute ich auch die kleine Handpistole aus den Beständen der Streitkräfte, die ich versteckt am Körper trug, wenn ich, was allerdings selten vorkam, ohne meine Rüstung unterwegs war. Als alles an seinem Platz war, trat ich in den Korridor hinaus, um meinen Dienst zu beginnen.

Beim Verlassen der Kabine fiel mir erstmals auf, dass die Glorreicher Narr zwar ein terranisches Schiff, aber für die Anforderungen paradoxischer Kampfanzüge umgerüstet worden war. Die Deckenhöhe betrug drei Meter, und die Bodenbleche waren verstärkt. Damit stieg mein neuer Kapitän noch weiter in meiner Achtung. Die Lady mochte kleiner sein als die meisten Rüstungen, aber ich war darin immer noch eins fünfundachtzig groß und mit Rüstung, Waffen und Munition fast einhundertachtzig Kilo schwer. Ich kann auf engem Raum durchaus meinen Mann stehen und habe das auch schon bewiesen, aber ich war froh, mehr Bewegungsfreiheit zu haben. Niedrige Decken verursachen mir Platzangst.

Seit ich in meiner Rüstung steckte, lief ich wieder voll im Söldnermodus, und als mein Dichtesensor anzeigte, dass eine zweite Person in einem Kampfanzug in der Mannschaftsmesse stand, legte ich die Hand an meine Waffe und ging nachsehen. Ich traute mir zu, ein Schiff dieser Größe ohne Hilfe gegen so gut wie jeden Angriff verteidigen zu können. Solange der zweite Sicherheitsmann nicht so unfähig war, dass er mich behinderte, wäre alles klar. Caldswell schien ja zu wissen, was er tat, und so machte ich mir keine allzu großen Sorgen, bis ich die Messe betrat.

Wer lange genug im Kriegshandwerk tätig ist, macht die Erfahrung, dass die meisten Söldner in eine von drei Kategorien einzuordnen sind. Die einen sind die Profis, die wie ich diesen Weg eingeschlagen haben, weil sie hervorragende Kämpfer sind und den Kampf lieben. Zum Zweiten gibt es das Fußvolk, Leute, die eine Rüstung anlegen und tun, was man ihnen sagt, weil die Bezahlung gut ist und man nicht viel zu denken braucht. Die dritte Gruppe sind schließlich die Totenschädel, hirnlose, machtgeile Machos. Schon als ich die kanariengelbe Countrüstung auf dem Frachtdeck sah, hätte ich wissen müssen, was mir bevorstand. Countrüstungen sind die größten Kampfanzüge, die sich ein Prolet leisten kann, wenn er nicht in der Arena kämpft. Sie sind riesig, mehr als zwei Meter hoch und mit einer Schulterbreite von knapp einem Meter zwanzig, aber sie taugen im Grunde zu nichts anderem als dazu, die Infanterie niederzutrampeln und Fahrzeuge auseinanderzureißen. Genau deshalb werden sie von den Totenschädeln geliebt.

Diese Countrüstung war billiger Maradayschrott vom Fließband, aber sie war auf Hochglanz poliert. Caldswell stand daneben, hatte den Kopf in den Nacken gelegt und sprach mit einem Kahlkopf, der mit höhnisch-arroganter Miene aus dem offenen Cockpit seiner Rüstung schaute. Hätte ich nicht schon an seinem Aussehen und seiner Rüstung erkannt, was dieser Mann für ein Trottel war, dann hätten die ersten Worte aus seinem Munde auch die letzten Zweifel beseitigt.

»Morris«, sagte Caldswell, als ich eintrat, »das ist Jayston Cotter, die zweite Hälfte des Sicherheitsteams. Cotter, das ist Devi Morris.«

Ein breites Grinsen legte sich über das Gesicht des Mannes, als der Kapitän meinen Namen aussprach. »Von dir hab ich schon gehört«, sagte er und musterte mich von oben bis unten, obwohl er eigentlich nicht durch meine Rüstung sehen konnte. Als ich nicht sofort antwortete, wechselte er in die Königliche Sprache. »Du bist die durchgeknallte Schlampe von den Schwarzdrosseln.«

Ich knirschte mit den Zähnen. »Schlampe« war mir von all der Kacke, die man mir so an den Kopf warf, am meisten verhasst. Natürlich hatte ich viele Affären, aber das war bei allen Söldnern so. Wer morgen tot sein konnte, musste alles mitnehmen, was das Leben zu bieten hatte, und dieser hirnlose Macho von einem Totenschädel brauchte sich wahrhaftig nicht einzubilden, dass ich mich deshalb von ihm durch den Dreck ziehen ließ.