Strafprozessrecht - Lars Bierschenk - E-Book

Strafprozessrecht E-Book

Lars Bierschenk

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Beschreibung

Mit der renommierten Reihe Kompass Recht ist das Gebiet des Strafprozessrechts gut zu erfassen. Unser bewährter und praxisorientierter Ansatz bietet eine kompakte und übersichtliche Darstellung, die durch eine Vielzahl von realitätsnahen Beispielen und anschaulichen Übersichten unterstützt wird. In der neuen Auflage sind insbesondere die aktuellen Entwicklungen im Bereich des Ermittlungsverfahrens und die neuesten Erkenntnisse zur Ermittlungspraxis (durch fortschreitende technische Innovationen) ebenso berücksichtigt wie die jüngsten Urteile des Bundesverfassungsgerichts. Um das Lernerlebnis noch interaktiver zu gestalten, steht auf der Verlagshomepage ergänzendes Downloadmaterial zur Verfügung: interaktive Fälle, Muster, Schemata, sowie ein Multiple-Choice-Test, die dabei helfen, die zentralen Fragen des Strafprozessrechts eingehend zu verstehen und zu vertiefen.

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Kompass Recht

herausgegeben von Dieter Krimphove

Strafprozessrecht

von

Dr. Lars BierschenkRichter am Landgericht, Landgericht BonnPrüfer im 1. und 2. Juristischen Staatsexamen

Dr. Johannes KoranyiRichter am Landgericht, Landesjustizprüfungsamt Nordrhein-WestfalenLehrbeauftragter der Universität Bonn für Strafprozessrecht

Sebastian WeikingerStaatsanwalt, Staatsanwaltschaft BonnLeiter von Referendararbeitsgemeinschaften zum Straf- und Strafprozessrecht

2., aktualisierte Auflage

Verlag W. Kohlhammer

2. Auflage 2023

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-043809-5

E-Book-Format:

pdf: ISBN 978-3-17-043810-1

epub: ISBN 978-3-17-043811-8

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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Mit der renommierten Reihe Kompass Recht ist das Gebiet des Strafprozessrechts gut zu erfassen. Unser bewährter und praxisorientierter Ansatz bietet eine kompakte und übersichtliche Darstellung, die durch eine Vielzahl von realitätsnahen Beispielen und anschaulichen Übersichten unterstützt wird.

In der neuen Auflage sind insbesondere die aktuellen Entwicklungen im Bereich des Ermittlungsverfahrens und die neuesten Erkenntnisse zur Ermittlungspraxis (durch fortschreitenden technischen Innovationen) ebenso berücksichtigt wie die jüngsten Urteile des Bundesverfassungsgerichts. Um das Lernerlebnis noch interaktiver zu gestalten, steht auf der Verlagshomepage ergänzendes Downloadmaterial zur Verfügung: interaktive Fälle sowie einen hilfreichen Multiple-Choice-Test, die dabei helfen, die zentralen Fragen des Strafprozessrechts eingehend zu verstehen und zu vertiefen.

Dr. Lars Bierschenk und Dr. Johannes Koranyi sind Richter für Strafsachen am Landgericht Bonn. Sebastian Weikinger ist Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Bonn.

Vorwort zur 2. Auflage

Auch die zweite Auflage hält am ursprünglichen Konzept des Werkes fest und versteht sich als eine Navigationshilfe durch die einzelnen Abschnitte des Strafverfahrens, wobei insbesondere die Erfahrungen der Verfasser in Ausbildung und Prüfung eingeflossen sind. Dieses Profil wurde weiter geschärft und der Blick noch stärker am Ziel einer rechtsstaatlichen und zugleich effektiven Führung strafrechtlicher Verfahren ausgerichtet. Im Mittelpunkt stehen die Umsetzung strafprozessualer Regeln und die hierzu notwendigen Grundlagen – dies von der Zusatzfrage in der staatlichen Pflichtfachprüfung über die Entschließung im zweiten Staatsexamen bis zum Urteil und seiner Vollstreckung in der Praxis. Neben der sich ständig fortentwickelnden Rechtsprechung des BGH wurden hierzu auch bedeutende Gesetzesänderungen wie z. B. das sukzessive Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5.7.2017, das Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen vom 3.6.2021, das Gesetz zur Fortentwicklung der StPO und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 23.6.2021 oder das Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit vom 21.12.2021 in dem gebotenen Umfang berücksichtigt. Inhaltlich noch nicht vollends absehbare Reformen wie etwa die Aufzeichnung der Hauptverhandlung durch das bislang nur im Entwurf vorliegende Gesetz zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung bleiben einer Folgeauflage vorbehalten.

Bonn, im Juli 2023Die Verfasser

Vorwort zur 1. Auflage

Nach einer Beschreibung des Strafrechtlers Claus Roxin ist das Strafprozessrecht der „Seismograph der Staatsverfassung“ (Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht [2017] § 2 Rn. 1). Das beinahe geflügelte Wort bezeichnet den Konflikt zwischen effektiver Strafrechtspflege und hinreichendem Schutz der Beschuldigten. Über ihre staatsrechtliche Bedeutung hinaus hat die Wendung Roxins längst auch unmittelbare Geltung für die juristische Ausbildung und Praxis erlangt; denn das Strafprozessrecht gilt gemeinhin als besonders sensible Materie und die Sorge, Verfahrensfehler zu begehen oder zu übersehen, ist ein ständiger Begleiter beim Umgang mit diesem Rechtsgebiet. Sowohl der Umfang der StPO als auch die beachtliche Menge wissenschaftlicher und didaktischer Literatur zeigen, dass eine fehlerorientierte Betrachtung des Strafprozessrechts durchaus geboten ist. Hierunter darf aber nicht der Blick auf die Sache leiden; denn jedes rechtsstaatliche Strafverfahren hat letztlich eine dienende Funktion: die Ermittlung der Wahrheit und der gesetzlich gebotenen Folgen (§§ 244 Abs. 2, 264 StPO i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG).

Vor diesem Hintergrund versteht sich dieses Buch im wahrsten Sinne des Wortes als ein Kompass bei der Durchdringung des Strafprozessrechts. Einen Kommentar oder ein Handbuch will dieser Band nicht ersetzen. Er ist vielmehr eine zusätzliche Orientierungshilfe bei der Navigation entlang der wichtigsten prozessualen Klippen und stützt sich dabei auf unsere Erfahrungen aus der beruflichen Praxis, der universitären Lehre und der Referendarausbildung. Diesem Zweck entsprechend richten sich die Ausführungen vorwiegend nach der Rechtsprechung des BGH, wobei aber stets auch das Bewusstsein für streitige Aspekte und ihre juristische Erörterung geschärft werden soll.

Zur besseren Verständlichkeit wird zumeist nur eine männliche oder eine weibliche Form verwendet; die jeweiligen Formulierungen sollen jedoch Personen jeglichen Geschlechts einschließen.

Bonn, im Dezember 2020Die Verfasser

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

1. KapitelAnnäherung an das Strafprozessrecht

I.Studenten und Referendare1

1.Studenten der Rechtswissenschaft1

2.Rechtsreferendare3

II.(Junge) Staatsanwälte, Richter und Verteidiger4

1.Beteiligte des Strafverfahrens und Ablauf4

2.Staatsanwaltschaft und Ermittlungspersonen5

3.Richter8

4.Verteidiger9

III.Soziale Dienste der Justiz9

IV.Verwaltungsbehörden: Ordnungs-, Sozial- und Finanzbehörden10

2. KapitelGrundlagen des Strafprozessrechts

I.Ziele, Rechtsquellen und Abschnitte des Strafverfahrens13

1.Ziele des Strafverfahrens13

2.Rechtsquellen13

3.Verfahrensabschnitte14

II.Prozessgrundsätze15

1.Offizialprinzip15

2.Legalitätsprinzip16

3.Akkusationsprinzip17

4.Recht auf den gesetzlichen Richter17

5.Ermittlungs- bzw. Untersuchungsgrundsatz17

6.Rechtliches Gehör17

7.Beschleunigungsgrundsatz18

8.Nemo tenetur se ipsum accusare18

9.Fair trial-Grundsatz18

10.Grundsätze der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit.19

11.Öffentlichkeitsgrundsatz19

12.Grundsatz der freien Beweiswürdigung21

13.In dubio pro reo21

14.Grundsatz der effektiven Strafverfolgung bzw. funktionstüchtigen Strafrechtspflege21

III.Prozessvoraussetzungen22

1.Allgemeines22

2.Wichtige Prozessvoraussetzungen23

3.Prozesshindernisse aus dem Verfassungsrecht24

3. KapitelErmittlungsverfahren

I.Beginn des Ermittlungsverfahrens26

1.Strafanzeige26

2.Strafantrag27

3.Amtliche Wahrnehmung27

II.Verdachtsstufen der StPO27

III.Die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren28

IV.Ermittlungs- und Zwangsmaßnahmen im Einzelnen30

1.Vernehmung des Beschuldigten30

2.Vernehmung von Zeugen32

3.Durchsuchung36

4.Sicherstellung und Beschlagnahme38

5.Technische Ermittlungen im Bereich Telekommuni­kation41

6.Erkennungsdienstliche und molekulargenetische ­Maßnahmen46

7.Observation48

8.Vorläufige Festnahme und Untersuchungshaft49

9.Fahndungsmaßnahmen51

10.Führerscheinmaßnahmen51

V.Rechtsschutz im Ermittlungsverfahren52

1.Spezielle Rechtsbehelfe52

2.Beschwerde52

3.Antrag auf gerichtliche Entscheidung52

VI.Abschluss des Ermittlungsverfahrens52

1.Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts, § 170 Abs. 2 StPO54

2.Verweisung auf den Privatklageweg56

3.Beschränkung der Verfolgung wegen absoluter Geringfügigkeit, § 153 Abs. 1 StPO58

4.Absehen von der Verfolgung wegen relativer Geringfügigkeit, § 153a Abs. 1 StPO59

5.Absehen von der Verfolgung bei mehreren Taten, § 154 Abs. 1 StPO61

6.Beschränkung der Verfolgung innerhalb einer Tat, § 154a Abs. 1 StPO63

7.Sonstige Erledigungsarten ohne Anklageerhebung63

8.Erhebung der öffentlichen Klage64

VII.Dokumentation der Ermittlungen und Aktenführung69

1.Grundsätze der Aktenführung69

2.Verfügungstechnik70

4. KapitelGerichtszuständigkeit 1. Instanz

I.Arten gerichtlicher Zuständigkeit72

II.Sachliche Zuständigkeit in erster Instanz73

1.Sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts73

2.Sachliche Zuständigkeit des Landgerichts75

3.Sachliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts76

III.Örtliche Zuständigkeit in erster Instanz77

IV.Zur Entscheidung berufene Richter78

1.Ausschluss eines Richters78

2.Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit79

5. KapitelDas gerichtliche Verfahren in erster Instanz

I.Grundlagen gerichtlicher Handlungsformen: Beschluss, Verfügung, Anordnung und Urteil81

1.Arten gerichtlicher Handlungsformen81

2.Formelle Anforderungen82

3.Unterscheidung und Rechtsschutz84

II.Zwischenverfahren84

III.Hauptverfahren und Hauptverhandlung86

1.Vorbereitung der Hauptverhandlung86

2.Grundlagen und Rahmen der Hauptverhandlung86

3.Gang der Hauptverhandlung96

4.Vertiefung: Beweisaufnahme und Beweiswürdigung100

5.Bedeutung von Verfahrensfehlern und Heilung108

IV.Urteil und andere Arten der Verfahrensbeendigung114

1.Urteilsverkündung und weiterer Verfahrensgang114

2.Inhalt und Aufbau von Strafurteilen115

3.Andere Arten der Verfahrensbeendigung116

6. KapitelRechtsmittelverfahren

I.Grundlagen117

II.Überblick über das Berufungsverfahren119

1.Zulässigkeit der Berufung119

2.Verfahren vor dem Berufungsgericht120

III.Revision122

1.Grundlagen122

2.Zulässigkeit der Revision123

3.Begründetheit der Revision126

4.Entscheidung des Revisionsgerichts131

7. KapitelBeschwerden und Anhörungsrüge

I.Sofortige Beschwerde133

II.Beschwerde134

III.Besondere Beschwerdearten und Anhörungsrüge135

1.Haftbeschwerde135

2.Weitere Beschwerde135

3.Rechtsbeschwerde135

4.Anhörungsrüge136

8. KapitelStrafvollstreckung und -vollzug

I.Grundlagen der Strafvollstreckung137

1.Zuständigkeiten137

2.Vollstreckung von Geldstrafen138

3.Vollstreckung von Freiheitsstrafen138

4.Bewährungsaufsicht139

II.Einführung in das Strafvollzugsrecht139

1.Ziele des Strafvollzugs139

2.Ablauf des Strafvollzugs141

9. KapitelJugendstrafverfahren

I.Verfahrensbeteiligte143

II.Besonderheiten im Ermittlungsverfahren145

III.Besonderheiten im gerichtlichen Verfahren146

10. KapitelWeitere besondere Verfahren

Stichwortverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

a. F.alte FassungAbb.AbbildungAbs.AbsatzAFISautomatisiertes FingerabdruckidentifizierungssystemAktOAktenordnungAOAbgabenordnungArt.ArtikelAufenthGAufenthaltsgesetzAufl.AuflageAz.AktenzeichenBaFinBundesanstalt für FinanzdienstleistungsaufsichtBAKBlutalkoholkonzentrationBayAGGVGBayerisches Gesetz zur Ausführung des GVG und von Verfahrensgesetzen des Bundes BayStVollzGBayerisches StrafvollzugsgesetzBBGBundesbeamtengesetzBDBOSGGesetz über die Errichtung einer Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit SicherheitsaufgabenBeamtStGBeamtenstatusgesetzBeckRSBeck-RechtsprechungBerlVerfGHVerfassungsgerichtshof BerlinBeStra NRWAnordnung über Berichtspflichten in Strafsachen Nordrhein-WestfalenBfJBundesamt für JustizBGBBürgerliches GesetzbuchBGBl.BundesgesetzblattBGHBundesgerichtshofBKABundeskriminalamtBKAGBundeskriminalamtgesetzBl.BlattBNetzABundesnetzagenturBPolGGesetz über die BundespolizeiBRAOBundesrechtsanwaltsordnungBT-Drs.Drucksache des Deutschen BundestagesBtMGBetäubungsmittelgesetzBVerfGBundesverfassungsgerichtBVerwGBundesverwaltungsgerichtBZRBundeszentralregisterBZRGBundeszentralregistergesetzbzw.beziehungsweiseDADDNA-Analyse-Dateid. A.der Akted. h.das heißtDJZDeutsche JuristenzeitungDNAdeoxyribonucleic acid (Desoxyribonukleinsäure)DRiGDeutsches RichtergesetzDRiZDeutsche RichterzeitungDSGVODatenschutzgrundverordnungEBAOEintreibungs- und Beitreibungsanordnung EGGVGEinführungsgesetz zum GerichtsverfassungsgesetzEGMREuropäischer Gerichtshof für MenschenrechteEGStPOEinführungsgesetz zur StrafprozessordnungEinl.EinleitungEMRKEuropäische Menschenrechtskonventionetc.et ceteraEUEuropäische UnionEuGHEuropäischer GerichtshofEUREuroEZBEuropäische Zentralbankf., ff.folgendeFAERFahreignungsregister (ehemals VZR)GewOGewerbeordnungGGGrundgesetzggf.gegebenenfallsGnO NRWGnadenordnung Nordrhein-WestfalenGVGGerichtsverfassungsgesetzh. M.herrschende MeinungHmbStVollzGHamburgisches Strafvollzugsgesetz Hrsg.HerausgeberHSHalbsatzHStVollzGHessisches Strafvollzugsgesetzi. d. R.in der Regelinsb.insbesondereIMEIInternational Mobile Station Equipment IdentityIMSIInternational Mobile Subscriber Identityi. S. d. im Sinne des/der i. S. v. im Sinne voni. Ü.im Übrigeni. V. m.in Verbindung mitJAJuristische ArbeitsblätterJBeitrGJustizbeitreibungsgesetz JGGJugendgerichtsgesetzJMBl. NRWJustizministerialblatt Nordrhein-WestfalenJuSJuristische Schulung JustG NRWGesetz über die Justiz im Land Nordrhein-WestfalenJVAJustizvollzugsanstaltJVollzGB I, III BW/JVollzGB SAGesetzbuch über den Justizvollzug Baden-Württemberg, Buch 1, 3/Justizvollzugsgesetzbuch Sachsen-Anhalt KGKammergerichtKWGKreditwesengesetzLGLandgerichtlit.litteraMiStraAnordnung über Mitteilungen in StrafsachenNJVollzGNiedersächsisches Justizvollzugsgesetz NJWNeue Juristische WochenschriftNr.Nummer/nNStZNeue Zeitschrift für StrafrechtNVwZNeue Zeitschrift für VerwaltungsrechtNVwZ-RRNVwZ Rechtsprechungs-ReportOLGOberlandesgerichtOrgStAAnordnung über Organisation und Dienstbetrieb der StaatsanwaltschaftOSINTOpen Source IntelligenceOVGOberverwaltungsgerichtOWiGGesetz über OrdnungswidrigkeitenPolG NRWPolizeigesetz Nordrhein-WestfalenRiStBVRichtlinien für das Strafverfahren und das BußgeldverfahrenRn.RandnummerRPflGRechtspflegergesetzRspr.RechtsprechungRVGRechtsanwaltsvergütungsgesetzRVORechtsverordnungS.SeiteSGBSozialgesetzbuch (römische Zählung)SMSShort Message Servicesog.sogenanntStAStaatsanwaltschaftStBBeschwerde in Strafsachen (Az.)StGBStrafgesetzbuchStPOStrafprozessordnungStRRevisionsverfahren in Strafsachen (Az.)StrEGStrafverfolgungsentschädigungsgesetzStVStrafverteidigerStVollzG (Bln./MV/NRW)Strafvollzugsgesetz (ohne Zusatz: Bund; Berlin/Mecklenburg-Vorpommern/Nordrhein-Westfalen)StVollstrOStrafvollstreckungsordnungTKGTelekommunikationsgesetzTKÜTelekommunikationsüberwachungTTDSGTelekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzu. a.unter anderemusw./u. s. w.und so weiteru. U.unter UmständenUVollzG NRWUntersuchungshaftvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalenv.vomVfg.Verfügungvgl.vergleicheVorb.VorbemerkungVVVergütungsverzeichnis (Anlage 1 RVG)VwVfGVerwaltungsverfahrensgesetzVZRVerkehrszentralregister (nun FAER)WaffGWaffengesetzz. B.zum BeispielZPOZivilprozessordnungZStVZentrales Staatsanwaltschaftliches Verfahrensregister

Literaturverzeichnis

Artkämper/Floren/Schilling, Vernehmungen, 6. Aufl., 2021

Bender/Häcker/Schwarz, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 5. Aufl., 2021

BfJ – Bundesamt für Justiz (Hrsg.), Übersicht Telekommunikationsüberwachung 2020 (online verfügbar unter www.bundesjustizamt.de)

BfJ – Bundesamt für Justiz (Hrsg.), Übersicht Verkehrsdatenüberwachung 2020 (online verfügbar unter www.bundesjustizamt.de)

de Vries, Einführung in die Kriminalistik für die Strafrechtspraxis, 2015

Destatis – Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Fachserie 10, Reihe 2.3, Rechtspflege – Strafgerichte 2021 (online verfügbar unter www.destatis.de)

Destatis – Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Fachserie 10, Reihe 2.6, Rechtspflege – Staatsanwaltschaften 2021 (online verfügbar unter www.destatis.de)

Föhrig, Kleines Strafrichter-Brevier, 2. Aufl., 2013

Graf, Mustertexte zum Strafprozess, 10. Aufl., 2022

Großmann, Telekommunikationsüberwachung und Online-Durchsuchung: Voraussetzungen und Beweisverbote, JA 2019, 241

Haft, Einführung in das juristische Lernen, 7. Aufl., 2015

Haller/Conzen, Das Strafverfahren, 9. Aufl., 2021

Hellebrand, Die Staatsanwaltschaft, 1999

Kissel/Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, 10. Aufl., 2021

KK-StPO, Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 9. Aufl., 2023

Laubenthal/Baier/Nestler, Jugendstrafrecht, 3. Aufl., 2015

Löwe/Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Band III/1 (§§ 94 bis 111a), Band V/1 (§§ 151 bis 157), 27. Aufl., 2019/2020

Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 30. Aufl., 2021

Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 65. Aufl., 2022

MüKo-StPO, Münchener Kommentar zur StPO, Band I (§§ 1–150), 2. Aufl., 2023, Band II (§§ 151–332), 1. Aufl., 2016

Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 30. Aufl., 2022 (Vorwort zur 1. Auflage: 29. Aufl., 2017)

Schuster/Weitner, StPO-Fallrepetitorium, 9. Aufl., 2022

Stollenwerk, Abwehr von Konfliktverteidigung, DRiZ 2012, 225

Stollenwerk, Der Prozessauftakt in konfliktreichen Strafverfahren, DRiZ 2015, 138

von Liszt, Vortrag im Berliner Anwaltsverein am 23. März 1901, DJZ 1901, 179

Wolters/Janko, Die Revision in der strafrechtlichen Assessorklausur, JuS 2004, 684

1. KapitelAnnäherung an das Strafprozessrecht

1Zu Beginn der Auseinandersetzung mit dem Strafprozessrecht empfiehlt es sich, den eigenen Standort zu bestimmen. Je nachdem können sich unterschiedliche Anforderungen an die erforderliche Rechtskenntnis und Arbeitsweise ergeben.

I.Studenten und Referendare

1.Studenten der Rechtswissenschaft

2Im Studium wird man mit dem Strafprozessrecht meist in Form einer Zusatzfrage am Ende einer Klausur konfrontiert. Zwar können strafprozessuale Fragen auch innerhalb der Tatbestände einzelner Delikte relevant werden (z. B. § 113 Abs. 3 StGB – „rechtmäßige Diensthandlung“ oder § 153 StGB – „falsche Aussage“), i. d. R. wird in Klausuren aber eine bestimmte prozessuale Handlung zu würdigen sein. Eine solche Frage sollte zunächst klausurtechnisch eingeordnet werden; häufige Kategorien sind:

–  geeignetes (weiteres) Vorgehen von Staatsanwaltschaft oder Gericht,

–  Rechtmäßigkeit einer konkreten Maßnahme der Ermittlungsbehörden (insb. Beweiserhebungsverbote),

–  Zulässigkeit einer Verwertung bestimmter Beweismittel durch das Gericht (Beweisverwertungsverbote) oder

–  Erfolgsaussichten eines Antrags oder eines Rechtsbehelfs.

3Bezieht sich die Frage auf das geeignete weitere Vorgehen, sollte man sich vor allem auf die Möglichkeiten konzentrieren, mit denen die Staatsanwaltschaft oder das Gericht den jeweiligen Verfahrensabschnitt sachgerecht beenden können (z. B. Erhebung der Anklage oder Verfahrenseinstellung).

4Ist die Rechtmäßigkeit einer konkreten Maßnahme zu prüfen, sollte hierzu der aus dem Verwaltungsrecht bekannte Aufbau zugrunde gelegt werden:

Abb. 1: Schema zur Rechtmäßigkeit strafprozessualer Maßnahmen.

I.Ermächtigungs-/Eingriffsgrundlage

II.Formelle Rechtmäßigkeit

1. Zuständigkeit (z. B. Polizei, StA oder Ermittlungsrichter)

2. Verfahren (z. B. Anhörung, vgl. Art. 103 Abs. 1 GG und § 33 StPO)

3. Form (z. B. Begründung und Bekanntmachung, §§ 34 ff. StPO)

III.Materielle Rechtmäßigkeit (= Voraussetzungen der Eingriffsgrundlage)

5Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine Orientierungshilfe. Zu beachten ist, dass die StPO nur wenige Ermächtigungs- bzw. Eingriffsgrundlagen vorsieht. Die meisten Regeln der StPO betreffen nämlich nicht das „Ob“, sondern das „Wie“ eines staatsanwaltschaftlichen oder gerichtlichen Handelns. Zentrale Grundlagen sind häufig die Generalklauseln der StPO:

–  §§ 160, 161 StPO für das Ermittlungsverfahren

–   Staatsanwaltschaft: § 161 Abs. 1 StPO i. V. m. §§ 160 ff. StPO

–   Polizei: §§ 163 ff. StPO i. V. m. §§ 160 ff. StPO

–   Ermittlungsrichter (auf Antrag StA): § 162 Abs. 1, 2 StPO i. V. m. spezieller Rechtsgrundlage für Beschluss

–  § 202 StPO für das Zwischenverfahren

–   Prozessgericht: § 202 StPO

–   Prozessgericht (auf Antrag StA): § 162 III StPO i. V. m. spezieller Rechtsgrundlage für Beschluss

–  § 244 Abs. 2 StPO für das Hauptverfahren

–   Prozessgericht: § 244 Abs. 2 StPO

Beispiel:

Der sachliche Anwendungsbereich der Ermittlungsgeneralklauseln ist im Ansatz sehr weit gefasst und kann auch Recherchen in öffentlich zugänglichen analogen und digitalen Medien wie z. B. in sozialen Netzwerken erfassen (sog. OSINT-Recherchen). Hiervon zu unterscheiden ist die Frage der Einführung etwaiger Beweismittel in die Hauptverhandlung (Rn. 356 ff.; vgl. KG BeckRS 2021, 47025 – „OSINT-Auswertebericht“).

6Besondere Zuständigkeits-, Verfahrens- oder Formvorgaben können sich aus den einschlägigen Rechtsvorschriften ergeben, z. B. im Fall besonderer Eilbedürftigkeit oder bei verdeckten Ermittlungsmaßnahmen.

Bei der Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit empfiehlt sich ein Vorgehen nach der „Methode der Begriffsentfaltung“ oder auch „Normalfallmethode“ (Zusammenfassung bei Haft Einführung S. 181 ff.):

1.  Zunächst sind die problematischen Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Normen zu identifizieren.

2.  Mithilfe der juristischen Methodik (insb. Grammatik, Systematik und Telos) ist anschließend zu ermitteln, von welchem typischen Fall („Normalfall“) der Gesetzgeber ausgegangen sein dürfte.

3.  Weicht der konkrete Fall von dem Leitbild ab, ist zu prüfen, ob dies von einer übergeordneten Wertung gedeckt ist; hierbei können die Prinzipien des Strafprozesses (Rn. 48 ff.) hilfreich sein.

7Eine besondere Ausprägung derartiger Prüfungsaufgaben ist die Frage nach dem Bestehen eines Beweiserhebungsverbotes. Unter dem Begriff werden Verstöße gegen Rechtsvorschriften zusammengefasst, die sich auf Maßnahmen zum Zweck der Beweisgewinnung beziehen; Beispiele sind die Belehrungspflicht gemäß § 136 StPO und die nach § 136a StPO verbotenen Vernehmungsmethoden (Rn. 103 und 383).

8Hieran anknüpfend kann sich die Frage stellen, ob aus einem Beweiserhebungsverbot ein Beweisverwertungsverbot resultiert, ob also ein rechtsfehlerhaft gewonnenes Beweismittel in die Beweiswürdigung des Urteils einfließen darf (sog. unselbstständiges Verwertungsverbot). Insoweit ist zu erörtern, ob das Erhebungsverbot beachtlich ist oder geheilt werden konnte (Rn. 385 ff.). Allerdings kennt das Strafprozessrecht auch einige selbstständige Verwertungsverbote, die unabhängig von einem Erhebungsverbot gelten (Rn. 384).

9Wird nach den Erfolgsaussichten eines Antrags oder eines Rechtsbehelfs gefragt, ist neben den Rechtsmitteln der Berufung (Rn. 414 ff.) und der (Sprung-)Revision (Rn. 422 ff.) vor allem an die sofortige Beschwerde und die (einfache) Beschwerde (Rn. 448 ff.) zu denken. Darüber hinaus sollten die sog. Zwischenrechtsbehelfe in Form der Verfahrensrüge nach § 238 Abs. 1 StPO (Rn. 298) und der richterrechtlich entwickelten beweisbezogenen Rüge nach § 257 Abs. 1 StPO (Rn. 393) berücksichtigt werden. Zu denken ist auch an besondere Anträge, z. B. auf Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit (Rn. 281), Akteneinsichtsgesuche (Rn. 321) oder Anträge auf Aussetzung und Unterbrechung der Hauptverhandlung (Rn. 331).

2.Rechtsreferendare

10Für Referendare stellen sich die genannten Prüfungsfragen in ähnlicher Weise, sind jedoch regelmäßig in einen praktischen Aufgabenteil einzukleiden:

–  Staatsanwaltsklausur: Entwurf einer Anklageschrift nebst Begleitverfügung und vorangestelltem Rechtsgutachten (ggf. auch Entwurf eines Haftbefehls oder eines Strafbefehls),

–  Urteilsklausur: Entwurf eines Strafurteils und

–  Rechtsanwaltsklausur: Gutachten einer Revision und ggf. Schriftsatz.

11Darüber hinaus können Referendare während der praktischen Ausbildung mit den Aufgaben eines Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft betraut werden (vgl. § 142 Abs. 3 GVG).

II.(Junge) Staatsanwälte, Richter und Verteidiger

12Für Berufsträger mit Tätigkeit im Strafrecht gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Zwar zeichnen sich die meisten Fälle in der Praxis durch eine bedeutend geringere juristische Problemdichte aus; allerdings können andere Schwierigkeiten hinzutreten.

1.Beteiligte des Strafverfahrens und Ablauf

13Obwohl sich die StPO an mehreren Stellen auf „die Verfahrensbeteiligten“ (z. B. §§ 160b, 202a, 212, 257b f. StPO) bezieht, enthält sie keine Definition dieses Personenkreises. Ungeachtet des jeweiligen Verfahrensabschnittes sind zumindest folgende Personen bzw. Institutionen an einem Strafverfahren beteiligt:

–  das Gericht mit funktioneller und instanzieller Zuständigkeit,

–  die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen sowie

–  der Beschuldigte und sein Verteidiger.

14Unterteilt man ein Strafverfahren in seine drei wesentlichen Abschnitte, d. h. in das Ermittlungsverfahren, das gerichtliche Verfahren (Zwischen-, Haupt- und ggf. Rechtsmittelverfahren) und das Vollstreckungsverfahren, ergibt sich folgende Zuständigkeitsverteilung: Die Staatsanwaltschaft leitet das Ermittlungsverfahren (§ 160 StPO) und nimmt nach rechtskräftigem Abschluss die Aufgaben der Vollstreckungsbehörde (§ 451 StPO) wahr. Wegen ihrer zentralen Rolle im Ermittlungsverfahren wird die Staatsanwaltschaft auch als „Herrin des Ermittlungsverfahrens“ bezeichnet.

Entscheidung Nr. 1

15Für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens geht die Verfahrensleitung auf das Gericht über (§§ 199, 203 f., 238 StPO), wobei die Staatsanwaltschaft über weitgehende Anhörungs- und Antragsrechte verfügt (§ 33 StPO). Einzig im Fall einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe unter Strafaussetzung zur Bewährung verbleibt die Verfahrensleitung in Form der Bewährungsaufsicht weiterhin bei dem Gericht (§ 453b Abs. 1 StPO). Angesichts ihrer umfassenden Aufgaben wird die Staatsanwaltschaft nach der AktO aller Bundesländer als aktenführende Behörde in Straf- und Bußgeldsachen qualifiziert.

Abb. 2: Organe der Strafrechtspflege (ohne Rechtsmittelgerichte)

16Der Beschuldigte verfügt als Subjekt des gesamten Verfahrens über weitreichende Mitwirkungsrechte und kann sich insb. „in jeder Lage des Verfahrens“ der Hilfe eines Verteidigers bedienen (§ 137 Abs. 1 Satz 1 StPO).

2.Staatsanwaltschaft und Ermittlungspersonen

17Wesentliche Aufgabe des Staatsanwaltes ist es, das Ermittlungsverfahren effizient zu führen (§§ 160 ff. StPO), geeignete Aufgaben an die nachgeordneten Ermittlungsbehörden zu delegieren (§ 152 GVG i. V. m. § 163 StPO), den Ermittlungsverlauf zu dokumentieren (Rn. 245 ff.) und sowohl im Ermittlungs- als auch im Haupt- und Vollstreckungsverfahren zielführende Anträge an das zuständige Gericht zu stellen (zu Datenverarbeitung und Datenschutz siehe §§ 483 ff. StPO; das ZStV als länderübergreifende Datenbank der Staatsanwaltschaften ist in § 492 StPO geregelt).

Entscheidung Nr. 1

18Der Berufseinstieg als Staatsanwalt wird angesichts der mitunter auch verwaltungsrechtlich geprägten Tätigkeit häufig durch anfängliche Schwierigkeiten im Umgang mit der sog. Verfügungstechnik (Rn. 250) begleitet. Es kommt eben nicht nur darauf an, im Außenverhältnis die im Einzelfall zweckmäßigen Maßnahmen rechtlich korrekt zu bestimmen; sämtliche Maßnahmen müssen auch praktisch angeordnet und umgesetzt werden.

Es sollte nicht übersehen werden, dass auch richterliche Entscheidungen stets einer Begleitverfügung gegenüber der Geschäftsstelle/Serviceeinheit bedürfen.

19a) Verhältnis zu den Ermittlungsbehörden. Wichtige Ermittlungsbehörden bzw. Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft i. S. d. § 152 GVG sind:

–  die Landespolizei (§ 152 Abs. 2 GVG i. V. m. Landes-RVO),

–  die Bundespolizei (§ 152 Abs. 1 GVG i. V. m. § 12 Abs. 5 BPolG),

–  das BKA (§ 152 Abs. 1 GVG i. V. m. § 4 BKAG) und

–  die Steuer- und Zollfahndung (§ 152 Abs. 1 GVG i. V. m. § 404 AO).

20Die Staatsanwaltschaft besetzt die Schnittstelle zwischen Polizei (Exekutive) und Justiz (Judikative) und verdeutlicht zugleich die föderale Anknüpfung dieser beiden Komponenten des Rechtsstaates. Während die Ermittlungsbehörden meist über eine bedeutend größere Erfahrung in Bezug auf Ermittlungstechnik und -taktik verfügen, obliegt es der Staatsanwaltschaft, auf die rechtliche Verwertbarkeit der Ergebnisse hinzuwirken und sie „gerichtstauglich“ aufzubereiten.

21b) Organisation der Staatsanwaltschaft. Formal zählen die Staatsanwaltschaften gleichwohl zur Exekutive und sind von den Gerichten unabhängig (§ 150 GVG). Die §§ 141 ff. GVG sehen vor, dass bei jedem Gericht eine Staatsanwaltschaft eingerichtet wird, welche die staatsanwaltschaftlichen Aufgaben bei diesem Gericht wahrnimmt. Der nähere Aufbau und die Organisation der Staatsanwaltschaften bestimmen das GVG und ergänzende landesrechtliche Gesetze und Verwaltungsvorschriften (z. B. BayAGGVG oder JustG NRW sowie OrgStA). Nicht zwingend, aber häufig werden bei den Landgerichten Staatsanwaltschaften eingerichtet, die auch für die nachgeordneten Amtsgerichte zuständig sind, während bei den Oberlandesgerichten Generalstaatsanwaltschaften bestehen. Zudem können einzelne Staatsanwaltschaften der Länder für spezielle Themen wie z. B. Wirtschaftskriminalität oder Cybercrime zu sog. Schwerpunktstaatsanwaltschaften bestimmt werden (§ 143 Abs. 4, 5 GVG). Die Staats- und Generalstaatsanwaltschaften sind Landesbehörden; auf Bundesebene existiert der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (umgangssprachlich auch „Bundesanwaltschaft“).

22In ihrer Arbeitsweise sind Staatsanwälte im Unterschied zu Richtern nicht unabhängig, sondern weisungsgebunden im Rahmen der beamtenrechtlichen Dienstaufsicht. Dies gilt innerhalb der jeweiligen Verwaltungshierarchie sowohl gegenüber der Landesjustizverwaltung (sog. externes Weisungsrecht) als auch innerhalb der einzelnen Behörde (sog. internes Weisungsrecht), vgl. § 146 GVG i. V. m. § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG i. V. m. landesrechtlichen Vorschriften (z. B. § 8 JustG NRW). Das bedeutet, dass der Justizminister eines Landes von Gesetzes wegen jedem einzelnen Staatsanwalt direkt Weisungen erteilen darf (§ 147 Nr. 2 GVG). In der Verwaltungspraxis wird indes der Dienstweg eingehalten: Auf Landesebene erteilt der jeweilige Justizminister dem Generalstaatsanwalt eine Weisung, dieser weist den Behördenleiter der jeweiligen Staatsanwaltschaft an (§ 147 Nr. 3 GVG), der seinerseits den Abteilungsleiter anweist, welcher letztlich dem betroffenen Dezernenten eine Weisung erteilt. Ein übergreifendes Weisungsrecht von der Bundes- auf die Landesebene besteht hingegen nicht (vgl. Art. 30, 83 f. GG). Der Bundesminister der Justiz ist nur gegenüber dem Generalbundesanwalt weisungsbefugt (§ 147 Nr. 1 GVG, siehe auch § 54 Abs. 1 Nr. 5 BBG). Allerdings verfügt der Generalbundesanwalt gegenüber den Ländern in Bezug auf bestimmte Ermittlungsverfahren über ein sog. Evokationsrecht (§ 120 Abs. 2 GVG). In den Medien findet sich in diesem Zusammenhang häufig die Formulierung, der Generalbundesanwalt habe die Ermittlungen „an sich gezogen“.

23Beispiel:

In einem viel beachteten Urteil hat der EuGH den deutschen Staatsanwaltschaften im Jahr 2019 die Zuständigkeit für die Ausstellung europäischer Haftbefehle abgesprochen. Es bestehe für Staatsanwälte die Gefahr, „unmittelbar oder mittelbar Anordnungen oder Einzelweisungen seitens der Exekutive, etwa eines Justizministers, unterworfen zu werden“ (EuGH NJW 2019, 2145).

24In der Praxis gibt es generelle Weisungen für bestimmte Fallkonstellationen und Verfahrensarten in Form von Verwaltungsvorschriften (z. B. RiStBV und MiStra), aber auch konkrete Weisungen für ein bestimmtes Verfahren. Das Weisungsrecht kann das gesamte Tätigkeitsspektrum der Staatsanwaltschaft vom Beginn der Ermittlungen bis zum Ende der Vollstreckung ­betreffen. Darin enthalten ist eine Rechtmäßigkeits- und Zweckmäßigkeitskontrolle, was insb. für sog. Berichtsfälle gilt. So hat etwa die Landesjustizverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen die sog. BeStra NRW erlassen. Darin sind bestimmte Fallkonstellationen und Vorkommnisse geregelt, zu denen den übergeordneten Behörden berichtet werden muss. Diese werden über den Sachverhalt und den Stand der Ermittlungen informiert, um ihre Kontrollfunktion ausüben zu können. Sofern ein angewiesener Staatsanwalt eine Weisung für rechtswidrig hält, kann bzw. muss er dagegen remonstrieren (§ 36 Abs. 2 BeamtStG).

25Beispiel:

Eine rechtswidrige Weisung könnte z. B. darin liegen, bei bestimmten Delikten unter keinen Umständen von der Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung aus Opportunitätsgründen (Rn. 206 ff.) Gebrauch zu machen.

26Weigert sich ein Staatsanwalt, eine Weisung zu befolgen, können seine Vorgesetzten von § 145 GVG Gebrauch machen: Nach dem dort normierten Substitutionsrecht kann die Bearbeitung des Verfahrens einem anderen Staatsanwalt übertragen werden; das Devolutionsrecht erlaubt es dem Vorgesetzten, das Verfahren auch selbst zu übernehmen.

27c) Weitere Dienstzweige innerhalb der Staatsanwaltschaft. Um die vielfältigen Aufgaben bewältigen zu können, sind diese innerhalb der Behörde auf unterschiedliche Dienstzweige verteilt.

28Gemäß § 31 RPflG werden zahlreiche staatsanwaltschaftliche Aufgaben durch Rechtspfleger ausgeführt, hierzu zählen zusammengefasst:

–  die meisten der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde in Straf- und Bußgeldsachen obliegenden Geschäfte sowie

–  bestimmte Angelegenheiten im Rahmen von Beschlagnahmen.

29Eine besondere Stellung unter Rechtspflegern nehmen Amtsanwälte ein, die nach Absolvierung eines Zusatzstudiums gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 GVG i. V. m. der jeweiligen landesrechtlichen OrgStA für einzelne Delikte aus der sachlichen Zuständigkeit der Amtsgerichte vollständig die Aufgaben von Staatsanwälten übernehmen.

30Zur weiteren Unterstützung der Staatsanwälte und Rechtspfleger sind außerdem Kostenbeamte, Serviceeinheiten/Geschäftsstellen und Wachtmeister tätig. Bei der Aufklärung besonders komplexer wirtschaftlicher Vorgänge werden Staatsanwälte zudem durch Wirtschaftsreferenten (z. B. Buchalter oder Wirtschaftsprüfer) als Beamte des höheren Dienstes unterstützt.

3.Richter

31Nicht nur zu Beginn ihrer Tätigkeit sehen sich Richter mit der Herausforderung konfrontiert, das Zwischen- und das Hauptverfahren und dort insb. die Hauptverhandlung fehlerfrei und effizient zu führen.

Für besonders grundrechtssensible Ermittlungsmaßnahmen bedarf es zudem bereits vor der Erhebung der Anklage eines richterlichen Beschlusses; hierfür ist der Ermittlungsrichter zuständig (§ 162 Abs. 1 StPO). Nach der Erhebung der Anklage geht die Zuständigkeit für Ermittlungsmaßnahmen auf das Prozessgericht über (§ 202 StPO und § 162 Abs. 2 StPO).

Auf die Tätigkeit des für die Vollstreckung zuständigen Gerichts (§ 462a StPO), insb. der Strafvollstreckungskammer (§ 78a GVG), wird im Kapitel über Strafvollstreckung und -vollzug eingegangen.

4.Verteidiger

32Bereits im Ermittlungsverfahren darf der Beschuldigte die Unterstützung durch einen Verteidiger in Anspruch nehmen (vgl. § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO). Anders als im Zivilprozess zeichnet sich die Tätigkeit von Rechtsanwälten im Strafprozess weniger durch schriftliche Darlegung der Sach- und Rechtslage als vielmehr durch taktische Erwägungen aus. Verteidiger sollten immer ein angemessenes Verteidigungsziel mit ihrem Mandanten definieren, wobei man klassischer Weise zwischen „Freispruchverteidigung“ und „Strafmaßverteidigung“ unterscheidet. Im Prozess geht es anschließend darum, die nach dem gesetzten Ziel erforderlichen Umstände in die Hauptverhandlung einzuführen (vgl. § 261 StPO). Dies setzt Kenntnisse sowohl des materiellen Rechts (z. B. Voraussetzungen eines minder schweren Falles) als auch des Prozessrechts (z. B. Erforderlichkeit eines Widerspruchs gemäß § 257 Abs. 1 StPO) voraus. Wichtig sind zudem Kenntnisse des Strafvollstreckungs- und des Strafvollzugsrechts, da entscheidende Weichen oftmals schon im Erkenntnisverfahren gestellt werden und die Möglichkeiten des Vollstreckungs- und Vollzugsrechts auch stets in die Bewertung eines Urteils einfließen sollten, z. B.:

–  Therapie statt Strafe (§ 35 BtMG),

–  Möglichkeit des offenen statt des geschlossenen Vollzugs und

–  Voraussetzungen einer Reduzierung der Strafe (Halbstrafen- und Zwei-Drittel-Verbüßung).

33Auch darüber hinaus kann bzw. muss der Verteidiger Erklärungen abgeben und Anträge stellen (vgl. § 238 Abs. 2 StPO und § 257 StPO). Ein nicht zu unterschätzendes Instrument der Verteidigung ist die nunmehr in § 243 Abs. 5 StPO geregelte Eröffnungserklärung (sog. opening statement).

III.Soziale Dienste der Justiz

34Um ihre gesetzlichen Aufgaben umfassend erfüllen zu können, sind die Gerichte und Staatsanwaltschaften auf zusätzliche soziale Dienste (auch: ambulante soziale Dienste) angewiesen. Konkret betrifft dies folgende Bereiche:

–  Bewährungshilfe

–   Bewährungshilfe (§ 56d StGB) und

–   Bewährungshilfe für Jugendliche und Heranwachsende (§§ 24 f. JGG).

–  Führungsaufsicht

–   Bewährungshilfe im Rahmen der Führungsaufsicht (§ 68 StGB) und

–   Bewährungshilfe im Rahmen der Führungsaufsicht für Jugendliche und Heranwachsende (§ 7 JGG).

–  Gerichtshilfe

–   Unterstützung der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren zur Aufklärung des persönlichen Umfeldes (§ 160 Abs. 3 Satz 2 StPO),

–   Unterstützung bei der Vorbereitung von Entscheidungen in der Vollstreckung, i. d. R. zur Aufklärung des persönlichen und sozialen Umfeldes (§ 463d StPO),

–   Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs (§ 155b StPO) und

–   psychosoziale Prozessbegleitung der Verletzten (§ 406g StPO).

35In Verfahren nach dem JGG tritt das Jugendamt gemäß § 52 SGB VIII als Jugendhilfe (auch Jugendgerichtshilfe) an die Stelle der Gerichtshilfe (Rn. 480). Weitere Aufgaben können sich aus dem Gnadenrecht der einzelnen Bundesländer ergeben.

36Bei sämtlichen Tätigkeiten handelt es sich um eine besondere Form der Sozialarbeit