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Fundierte Kenntnisse der StPO Eine zentrale Aufgabe der Polizei ist die Verfolgung von Straftaten. Hierzu bedarf es fundierter Kenntnisse auf dem Gebiet des Strafverfahrensrechts. Das Lehrbuch orientiert sich an diesen Anforderungen der Polizeipraxis. Ausführliche Erläuterungen mit Fallbeispielen Ausführlich erläutert der Autor die entscheidenden Schritte des Strafverfahrens: • vom Ermittlungsverfahren mit den Verfahrensbeteiligten über die • Vernehmung von Beschuldigten und Zeugen durch die Polizei bis hin zu den • Zwangsmaßnahmen. Zahlreiche Fallbeispiele veranschaulichen die Erläuterungen. Das gesamte Strafverfahren aus Polizeiperspektive Auch alle weiteren Aspekte des Strafverfahrens stellt der Verfasser dar. Der Umfang der Ausführungen richtet sich jeweils nach der Bedeutung dieser Aspekte für die polizeiliche Arbeit. Damit bietet das Kompendium eine einzigartige Abhandlung des gesamten Strafverfahrens aus polizeilicher Perspektive. Strukturen und Zusammenhänge verstehen Die Auseinandersetzung mit dem Stand von Wissenschaft und Rechtsprechung ermöglicht es Leserinnen und Lesern, sich vertieft mit dem Strafverfahrensrecht zu beschäftigen. Dadurch weckt das Buch das für die Polizeiarbeit zwingend notwendige Verständnis für die strafverfahrensrechtlichen Strukturen und Zusammenhänge. Umfassendes Nachschlagewerk Das Lehrbuch dient als umfassendes Nachschlagewerk für die Arbeit der Polizeivollzugsdienste sowie für die Polizeiausbildung.
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Strafverfahrensrecht für Polizeistudium und -praxis
von
Prof. Dr. Kai Müller
Hochschule für Polizei Baden-Württemberg
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
ISBN 978-3-415-07467-5
E-ISBN 978-3-415-07469-9
© 2023 Richard Boorberg Verlag
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Titelfoto: © sdecoret – stock.adobe.com
E-Book-Umsetzung: abavo GmbH, Nebelhornstraße 8, 86807 Buchloe
Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Levelingstraße 6a | 81673 München
Stuttgart | München | Hannover | Berlin | Weimar | Dresden
www.boorberg.de
Eine zentrale Aufgabe der Polizei ist die Verfolgung von Straftaten. Hierzu bedarf es fundierter Kenntnisse auf dem Gebiet des Strafverfahrensrechts. Ziel des vorliegenden Lehrbuchs ist eine an diesen Anforderungen des Polizeistudiums und der Polizeipraxis orientierte Darstellung. In der Folge werden das Ermittlungsverfahren mit den Verfahrensbeteiligten, die Vernehmung von Beschuldigten und Zeugen durch die Polizei sowie die Zwangsmaßnahmen besonders ausführlich behandelt. Alle weiteren Aspekte des Strafverfahrens finden – entsprechend ihrer Bedeutung für die polizeiliche Arbeit – ebenfalls Berücksichtigung, um dem Leser eine möglichst geschlossene Abhandlung des gesamten Strafverfahrens zu vermitteln. Das Buch erschöpft sich dabei nicht in einer bloßen Wiedergabe des Rechts im Sinne eines reinen „Lernbuchs“, sondern bemüht sich als Lehrbuch um eine kritische, an einigen Stellen auch vertiefte Darstellung, wodurch ein besseres und für Polizeistudium und -praxis zwingend notwendiges Verständnis der strafverfahrensrechtlichen Strukturen und Zusammenhänge vermittelt werden soll. Die zahlreichen Beispiele dienen hierbei zur Unterstützung. Dem darüber hinaus interessierten Leser wird durch die in den Fußnoten genannten Fundstellen eine Möglichkeit zur weiteren Vertiefung geboten.
Das Lehrbuch geht auf meine langjährige Vorlesungstätigkeit an der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg sowie zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen für die Polizei zurück. Dabei sind viele Fragen, Anregungen und Gespräche mit Studierenden, Fortbildungsteilnehmenden sowie Kolleginnen und Kollegen eingeflossen. Ihnen allen spreche ich hiermit meinen Dank aus.
Rechtsprechung und Literatur konnten bis Anfang Mai 2023 berücksichtigt werden. Hinweise, Vorschläge und Kritik sind unter [email protected] ausdrücklich erwünscht.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass in diesem Buch fast ausschließlich die maskuline Form benutzt wird, was dem auch so formuliertem Gesetzestext der StPO entspricht und daher für mich die einzig sprachlich zufriedenstellende Variante war. Es handelt sich insoweit um eine pragmatische, einer gendergerechten Sprache aber keinesfalls entsprechende Lösung, wofür ich um Verständnis bitte.
Emmendingen/Villingen-Schwenningen, im August 2023
Kai Müller
Cover
Titel
Impressum
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Verzeichnis der abgekürzten Literatur
1. Kapitel Grundlagen
A. Begriff des Strafverfahrensrechts
B. Aufgaben und Ziele des Strafverfahrens
I. Wahrheit
II. Gerechtigkeit
III. Rechtsfrieden
IV. Zielkonflikte
C. Strafverfahrensrecht und Polizeirecht
D. Strafverfahrensrecht und Verfassungsrecht
E. Rechtsquellen des Strafverfahrensrechts
I. Strafprozessordnung
II. Gerichtsverfassungsgesetz
III. Grundgesetz
IV. Strafgesetzbuch
V. Jugendgerichtsgesetz
VI. Sonstige Bundesgesetze
VII. Verwaltungsvorschriften
VIII. Internationales Strafverfahrensrecht
1. Europäische Menschenrechtskonvention
2. Völkerstrafverfahrensrecht
3. Strafverfahrensrecht der Europäischen Union
IX. Judikatur des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs
F. Gang des Strafverfahrens im Überblick
I. Ermittlungsverfahren
II. Zwischenverfahren
III. Hauptverfahren
IV. Rechtsmittelverfahren
V. Vollstreckungsverfahren
VI. Verfahrensschwerpunkte
G. Die Verdachtsgrade im Überblick
I. Anfangsverdacht
II. Hinreichender Tatverdacht
III. Dringender Tatverdacht
H. Die Verfahrensprinzipien
I. Allgemeines
II. Fair-trial-Grundsatz
III. Unschuldsvermutung
IV. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
V. Beschleunigungsgrundsatz
I. Die Prozessvoraussetzungen
2. Kapitel Die Verfahrensbeteiligten
A. Begriff
B. Das Gericht
I. Stellung
II. Berufsrichter und Schöffen
1. Berufsrichter
2. Schöffen
III. Unabhängigkeit
IV. Dienstaufsicht
V. Ausschließung und Ablehnung
VI. Der Ermittlungsrichter
1. Hauptfunktionen
2. Prüfungskompetenzen
3. Weitere Funktionen
VII. Organisation der Strafgerichtsbarkeit
1. Der Grundsatz des gesetzlichen Richters
2. Strafgerichtliche Zuständigkeiten
3. Zuständigkeit und Besetzung der Eingangsgerichte
4. Instanzenzug und Besetzung in Rechtsmittelsachen
C. Die Staatsanwaltschaft
I. Stellung
II. Aufbau und Organisation
1. Bundesanwaltschaft
2. Landesstaatsanwaltschaften
3. Europäische Staatsanwaltschaft
III. Funktionsweise
IV. Aufgaben
1. Ermittlungsbehörde
2. Anklagebehörde
3. Vollstreckungsbehörde
4. Weitere Aufgaben
D. Die Polizei
I. Funktion
II. Aufbau und Organisation
1. Polizei auf Länderebene
2. Polizei auf Bundesebene
3. Polizei auf europäischer und internationaler Ebene
III. Weisungsrecht der Staatsanwaltschaft
1. Grundsätze
2. Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft
3. Grenzen des Weisungsrechts
IV. Recht des ersten Zugriffs
E. Der Verteidiger
I. Allgemeines
II. Stellung und Funktion
III. Pflichten
1. Fürsprachepflicht
2. Verschwiegenheitspflicht
3. Wahrheitspflicht
IV. Rechte des Verteidigers
1. Kontaktrecht
2. Anwesenheitsrechte
3. Akteneinsichtsrecht
4. Sonstige Rechte
V. Wahl- und Pflichtverteidigung
1. Fälle notwendiger Verteidigung
2. Bestellung eines Pflichtverteidigers
3. Besonderheiten bei jugendlichen und heranwachsenden Beschuldigten
VI. Ausschluss des Verteidigers
VII. Strafbarkeit des Verteidigers
F. Der Beschuldigte
I. Beschuldigtenstellung
II. Beschuldigtenbegriff
1. Gesetzlicher Terminus
2. Formeller Beschuldigtenbegriff
3. Beschuldigtenbegriff bei Vernehmungen
4. Begriff des Verdächtigen
III. Beschuldigtenrechte
1. Aufklärungsrecht
2. Selbstbelastungsfreiheit
3. Recht auf Verteidigung
4. Rechtliches Gehör
5. Akteneinsichtsrecht
6. Anwesenheitsrechte
7. Recht auf Dolmetscher
8. Weitere Rechte
9. Anspruch auf Persönlichkeitsschutz vor medialer Berichterstattung
IV. Pflichten des Beschuldigten
1. Erscheinens- und Anwesenheitspflicht
2. Duldungspflicht
G. Der Verletzte
I. Begriff des Verletzten
II. Stellung des Verletzten
III. Rechte des Verletzten
3. Kapitel Das Ermittlungsverfahren
A. Allgemeines
B. Offizialprinzip
I. Begriff
II. Ausnahmen
1. Antragsdelikte
2. Ermächtigungsdelikte
3. Privatklagedelikte
C. Legalitätsprinzip
I. Begriff
II. Durchbrechungen
D. Einleitung des Ermittlungsverfahrens
I. Einleitung aufgrund privater Initiative
1. Strafanzeige
2. Strafantrag
3. Vertraulichkeitszusage
II. Einleitung von Amts wegen
III. Anfangsverdacht
IV. Vorermittlungen
V. Todesermittlungen
1. Anzeigepflicht nach § 159 StPO
2. Leichenschau nach § 87 Abs. 1 StPO
3. Leichenöffnung nach § 87 Abs. 2–4 StPO
E. Durchführung des Ermittlungsverfahrens
I. Allgemeines
II. Aktenführung
III. Datenerhebung und -verarbeitung
F. Abschluss des Ermittlungsverfahrens
I. Allgemeines
II. Anklageerhebung
1. Prognoseentscheidung der Staatsanwaltschaft
2. Form und Inhalt der Anklageschrift
3. Wirkungen der Anklageerhebung
III. Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO
1. Allgemeines
2. Einstellungsnachricht an den Beschuldigten
3. Einstellungsbescheid an den Antragsteller
4. Klageerzwingungsverfahren durch den Verletzten
IV. Einstellung des Verfahrens aus Opportunitätsgründen
1. Allgemeines
2. Einstellung nach § 153 StPO
3. Einstellung nach § 153a StPO
4. Einstellung nach § 31a BtMG
5. Verweisung auf den Privatklageweg
4. Kapitel Die Vernehmung des Beschuldigten
A. Allgemeines
B. Vernehmungsbegriff
C. Vernehmungsähnliche Situationen
I. Spontanäußerung
II. Informatorische Befragung
III. Vorbesprechung
D. Vernehmungsablauf
I. Vernehmung zur Person
II. Eröffnung des Tatvorwurfs
III. Belehrungspflichten
1. Allgemeines
2. Aussageverweigerungsrecht
3. Recht zur Verteidigerkonsultation
4. Recht auf Bestellung eines Pflichtverteidigers
5. Beweisantragsrecht
6. Qualifizierte Belehrung
7. Belehrung ausländischer oder sprachunkundiger Beschuldigter
IV. Vernehmung zur Sache
V. Dokumentation
1. Allgemeines
2. Protokollarten
VI. Vernehmung jugendlicher Beschuldigter
E. Verbotene Vernehmungsmethoden
I. Grundsätzliches
II. Fallgruppen des § 136a Abs. 1 S. 1 StPO
1. Allgemeines
2. Misshandlung
3. Ermüdung
4. Körperliche Eingriffe
5. Verabreichen von Mitteln
6. Quälerei
7. Täuschung
8. Hypnose
III. Verbotene Methoden nach § 136a Abs. 1 S. 2 u. 3 StPO
1. Allgemeines
2. Zwang
3. Drohung mit verfahrensrechtlich unzulässigen Maßnahmen
4. Versprechen von gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteilen
IV. Maßnahmen nach § 136a Abs. 2 StPO
V. Sonstige verbotene Vernehmungsmethoden
F. Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Beschuldigtenvernehmung
5. Kapitel Zwangsmaßnahmen und Grundrechtseingriffe
A. Allgemeines
B. Ermittlungsgeneralklauseln
C. Struktur der Zwangsmaßnahmen
D. Durchsetzung von Zwangsmaßnahmen
E. Kompetenzverteilung für Zwangsmaßnahmen
I. Grundsätzliches
II. Eilzuständigkeit
F. Schutz von Berufsgeheimnisträgern gem. § 160a StPO
G. Rechtsschutz gegen Zwangsmaßnahmen
I. Allgemeines
II. Bevorstehende oder andauernde Zwangsmaßnahmen
III. Erledigte Zwangsmaßnahmen
IV. Sonderregel für verdeckte Zwangsmaßnahmen
V. Erweiterter Rechtsschutz bei Untersuchungshaft
VI. Rechtsschutz gegen das Ermittlungsverfahren als solches
H. Freiheitsentziehende Zwangsmaßnahmen
I. Verfassungsrechtliche Grundlagen
II. Untersuchungshaft gem. §§ 112 ff. StPO
1. Allgemeines
2. Besondere Arten der Untersuchungshaft
3. Einstweilige Unterbringung nach § 126a StPO
4. Materiell-rechtliche Voraussetzungen der Untersuchungshaft
5. Erlass des Haftbefehls
6. Vollstreckung des Haftbefehls
7. Vollzug der Untersuchungshaft
8. Europäischer Haftbefehl
III. Vorläufige Festnahme
1. Allgemeines
2. Vorläufige Festnahme nach § 127 Abs. 1 StPO
3. Vorläufige Festnahme durch Staatsanwaltschaft und Polizei nach § 127 Abs. 2 StPO
4. Weiteres Verfahren
5. Vorläufige Festnahme bei beschleunigtem Verfahren nach § 127b StPO
IV. Unterbringung zur Beobachtung nach § 81 StPO
I. Identitätsfeststellungen
I. Allgemeines
II. Identitätsmaßnahmen beim Verdächtigen
1. Umfang der Identitätsangaben
2. Mitwirkungspflicht
3. Erforderliche Maßnahmen
III. Identitätsmaßnahmen beim Unverdächtigen
IV. Formell-rechtliche Voraussetzungen
V. Festhalten zur Identitätsfeststellung
J. Erkennungsdienstliche Maßnahmen
I. Allgemeines
II. Zulässige Maßnahmen nach § 81b Abs. 1 StPO
III. Anforderungen des § 81b Abs. 1 2. Alt. StPO
IV. Formell-rechtliche Voraussetzungen und Sonstiges
V. Nachverfahren gem. § 81b Abs. 2–5 StPO
K. Körperliche Untersuchungen
I. Grundsätzliches
II. Körperliche Untersuchung des Beschuldigten
1. Allgemeines
2. Unterscheidung zwischen einfacher Untersuchung und körperlichem Eingriff
3. Duldungspflicht und Verhältnismäßigkeit
4. Anordnungsbefugnis
5. Zwang
6. Einwilligung des Beschuldigten
7. Datenverarbeitung
III. Körperliche Untersuchung anderer Personen
1. Untersuchung auf Spuren und Tatfolgen
2. Blutprobenentnahmen und Abstammungsuntersuchungen
3. Verhältnismäßigkeit nach § 81c Abs. 4 StPO
4. Untersuchungsverweigerungsrecht
5. Anordnungsbefugnis
L. Molekulargenetische Untersuchungen
I. Allgemeines
II. Molekulargenetische Untersuchung nach §§ 81e, 81f StPO
1. Materiell-rechtliche Voraussetzungen
2. Einwilligung und Anordnung
III. DNA-Identitätsfeststellung nach § 81g StPO
1. Allgemeines
2. Materiell-rechtliche Voraussetzungen
3. Durchführung, Anordnung und Speicherung
IV. DNA-Reihenuntersuchung nach § 81h StPO
1. Allgemeines
2. Voraussetzungen
3. Durchführung
M. Gegenüberstellung
I. Vernehmungsgegenüberstellung
II. Identifizierungsgegenüberstellung
1. Allgemeines
2. Ermächtigungsgrundlage
3. Wahlgegenüberstellung
III. Anwesenheitsrecht des Verteidigers
N. Sicherstellung und Beschlagnahme
I. Allgemeines
II. Arten der Sicherstellung und Beschlagnahme
III. Sicherstellung und Beschlagnahme zu Beweiszwecken
1. Beweisgegenstände nach § 94 StPO
2. Herausgabepflicht nach § 95 StPO
3. Einschränkungen der Beschlagnahme
4. Anordnung und Durchführung
5. Zurückstellung der Benachrichtigung des Beschuldigten nach § 95a StPO
IV. Postbeschlagnahme und Auskunftsverlangen nach §§ 99, 100 StPO
1. Postbeschlagnahme gem. § 99 Abs. 1 StPO
2. Auskunftsverlangen gem. § 99 Abs. 2 StPO
3. Formell-rechtliche Voraussetzungen gem. § 100 StPO
V. Beschlagnahme von Führerscheinen nach § 94 Abs. 3 StPO
VI. Sicherstellung von Einziehungsgegenständen
1. Allgemeines
2. Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung
3. Vermögensarrest zur Sicherung der Wertersatzeinziehung
4. Anordnung und Sonstiges
5. Beschlagnahme von Druckwerken
O. Durchsuchung
I. Allgemeines
II. Durchsuchung beim Beschuldigten nach § 102 StPO
1. Tatverdacht und Betroffener
2. Durchsuchungszwecke
3. Durchsuchungsobjekte
III. Durchsuchung beim Unverdächtigen nach § 103 Abs. 1 S. 1 StPO
IV. Durchsuchung zur Nachtzeit
V. Gebäudedurchsuchung nach § 103 Abs. 1 S. 2 StPO
VI. Anordnungsbefugnis gem. § 105 Abs. 1 StPO
VII. Durchführung der Durchsuchung
1. Durchsuchungszeugen
2. Wesentliche Förmlichkeiten der Durchsuchung
3. Beschlagnahme von Zufallsfunden
4. Durchsicht von Papieren und elektronischen Speichermedien
VIII. Legendierte Kontrollen
P. Kontrollstellen
I. Allgemeines
II. Voraussetzungen
III. Befugnisse an der Kontrollstelle
Q. Netzfahndung nach § 163d StPO
I. Allgemeines
II. Materiell-rechtliche Voraussetzungen
III. Formell-rechtliche Voraussetzungen
R. Polizeiliche Beobachtung nach § 163e StPO
I. Allgemeines
II. Voraussetzungen
S. Automatische Kennzeichenerfassung nach § 163g StPO
I. Allgemeines
II. Voraussetzungen
T. Rasterfahndung nach §§ 98a, 98b StPO
I. Allgemeines
II. Voraussetzungen
U. Datenabgleich nach § 98c StPO
V. Ausschreibungen nach §§ 131 ff. StPO
I. Allgemeines
II. Ausschreibung zur Festnahme nach § 131 StPO
III. Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung nach § 131a StPO
IV. Aufklärungs- und Identitätsfahndung nach § 131b StPO
W. Technische Überwachungsmaßnahmen
I. Allgemeines
II. Telekommunikationsüberwachung nach § 100a StPO
1. Allgemeines
2. Begriff der Telekommunikation
3. Materiell-rechtliche Voraussetzungen
4. Verwertung von Zufallsfunden
5. Verwertbarkeit bei Auslandsbezug
6. Anordnung, Durchführung und Sonstiges
7. Quellen-TKÜ
III. Online-Durchsuchung nach § 100b StPO
1. Allgemeines
2. Materiell-rechtliche Voraussetzungen
3. Formell-rechtliche Voraussetzungen und Sonstiges
IV. Akustische Wohnraumüberwachung nach § 100c StPO
1. Allgemeines
2. Voraussetzungen
V. Akustische Überwachung außerhalb von Wohnungen nach § 100f StPO
1. Allgemeines
2. Voraussetzungen
VI. Verkehrsdatenerhebung nach § 100g StPO
1. Allgemeines
2. Verkehrs- und Standortdatenerhebung nach § 100g Abs. 1 StPO
3. Verkehrsdatenerhebung nach § 100g Abs. 2 StPO
4. Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 StPO
5. Weitere Voraussetzungen und Sonstiges
VII. Einsatz des IMSI-Catchers nach § 100i StPO
1. Allgemeines
2. Voraussetzungen
VIII. Bestandsdatenauskunft nach § 100j StPO
1. Allgemeines
2. Voraussetzungen
IX. Nutzungsdatenerhebung nach § 100k StPO
1. Allgemeines
2. Voraussetzungen
X. Observationen
I. Allgemeines
II. Kurzfristige Observation nach §§ 161 Abs. 1, 163 Abs. 1 StPO
III. Längerfristige Observation nach § 163f StPO
IV. Einsatz technischer Mittel nach § 100h StPO
1. Allgemeines
2. Voraussetzungen
Y. Verdeckt ermittelnde Personen
I. Allgemeines
II. Verdeckte Ermittler nach §§ 110a ff. StPO
1. Legende
2. Betreten von Wohnungen
3. Befugnisse und Beschränkungen
4. Materiell-rechtliche Voraussetzungen
5. Formell-rechtliche Voraussetzungen
III. Nicht offen ermittelnder Polizeibeamter (NoeP)
IV. Verdeckter Einsatz zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern gem. § 110d StPO
V. Vertrauensperson, Informant und Augenblickshelfer
VI. Lockspitzeleinsatz und Tatprovokation
VII. Identitätsschutz von verdeckt ermittelnden Personen
6. Kapitel Die Beweismittel
A. Beweis und Beweisbedürftigkeit
B. Beweismittelarten
C. Streng- und Freibeweisverfahren
D. Der Zeuge
I. Zeugenbegriff
II. Verfahrensbeteiligte als Zeugen
1. Beschuldigter
2. Richter
3. Staatsanwalt
4. Verteidiger
5. Nebenkläger
III. Zeugenpflichten
1. Überblick
2. Erscheinenspflicht
3. Aussagepflicht
4. Eidespflicht
5. Verschwiegenheitspflicht und Aussagegenehmigung
IV. Zeugenrechte
1. Überblick
2. Uneingeschränktes Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen nach § 52 StPO
3. Eingeschränktes Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen nach §§ 53, 53a StPO
4. Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO
5. Zeugenbeistand
6. Zeugenschutz
7. Der Kronzeuge
V. Ablauf der polizeilichen Zeugenvernehmung
VI. Dokumentation der Zeugenvernehmung
E. Der Sachverständige
I. Allgemeines
II. Bestellung, Auswahl und Ablehnung
III. Rechte und Pflichten
IV. Gutachtenerstellung
F. Augenschein
G. Urkunden
I. Allgemeines
II. Verbot und Zulässigkeit des Urkundenbeweises
1. Struktur
2. Vorrang des Personalbeweises
3. Zulässigkeit des Urkundenbeweises
4. Verlesungsverbot des § 252 StPO
H. Beweisverbote
I. Allgemeines
II. Beweiserhebungsverbote
1. Beweisthemaverbot
2. Beweismittelverbot
3. Beweismethodenverbot
4. Relative Beweiserhebungsverbote
III. Beweisverwertungsverbote
1. Allgemeines
2. Beweisverwertungsverbotslehren
3. Wichtige Fallgruppen nicht normierter Beweisverwertungsverbote
4. Hypothetischer Ersatzeingriff
5. Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten
6. Fortwirkung von Beweisverwertungsverboten
7. Kapitel Das Verfahren vor Gericht
A. Das Zwischenverfahren
B. Grundzüge des Hauptverfahrens
I. Vorbereitung der Hauptverhandlung
II. Die Hauptverhandlung
1. Allgemeines
2. Wichtige Grundsätze der Hauptverhandlung
3. Ablauf der Hauptverhandlung
4. Polizeibeamte als Zeugen in der Hauptverhandlung
III. Das Urteil
1. Terminologie
2. Tatbegriff
3. Rechtskraft
8. Kapitel Besondere Verfahrensarten
A. Das Strafbefehlsverfahren
I. Allgemeines
II. Voraussetzungen
B. Das beschleunigte Verfahren
I. Allgemeines
II. Voraussetzungen
C. Das Sicherungsverfahren
D. Verfahren zur selbstständigen Einziehung
E. Verfahren bei Vermögensbeschlagnahme
F. Jugendstrafverfahren
9. Kapitel Die Beteiligung des Verletzten am Verfahren
A. Nebenklage
B. Privatklageverfahren
C. Adhäsionsverfahren
10. Kapitel Die Rechtsbehelfe
A. Allgemeines
B. Die Rechtsmittel
I. Grundsätzliches
II. Die Beschwerde
III. Die Berufung
IV. Die Revision
11. Kapitel Die Strafvollstreckung
A. Allgemeines
B. Vollstreckung von Freiheitsstrafen
C. Vollstreckung von Geldstrafen
D. Vollstreckung sonstiger Sanktionen und Nebenfolgen
E. Register
I. Das Bundeszentralregister
II. Das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister
Stichwortverzeichnis
a. A.
anderer Ansicht
abgedr.
abgedruckt
ABl.
Amtsblatt
abl.
ablehnend
Abs.
Absatz
AEUV
Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
a. F.
alte Fassung
AFIS
Automatisches Fingerabdruck-Identifikations-System
AG
Amtsgericht
AGGVG
Ausführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz
AKLS
Automatisches Kennzeichenlesesystem
allg.
allgemein
Alt.
Alternative
Anh.
Anhang
Anm.
Anmerkung
AntiDopG
Antidopinggesetz
AO
Abgabenordnung
AöR
Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift; zitiert nach Band und Jahr)
AR
Allgemeine Rechtssache
Art.
Artikel
Aufl.
Auflage
AZR
Ausländerzentralregister
BAK
Blutalkoholkonzentration
BayObLG
Bayerisches Oberstes Landesgericht
BayVGH
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
BBG
Bundesbeamtengesetz
Bd.
Band
BDBOSG
Gesetz über die Errichtung einer Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben
BDSG
Bundesdatenschutzgesetz
BeamtStG
Beamtenstatusgesetz
BeckRS
Beck online Rechtsprechung
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
BGHSt
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen (zitiert nach Band und Seite)
BKA
Bundeskriminalamt
BKAG
Bundeskriminalamtgesetz
BMJ
Bundesministerium der Justiz
BORA
Berufsordnung für Rechtsanwälte
BPolG
Bundespolizeigesetz
BRAO
Bundesrechtsanwaltsordnung
BR-Drs.
Drucksache des Bundesrates
BT-Drs.
Drucksache des Bundestages
BtM
Betäubungsmittel
BtMG
Betäubungsmittelgesetz
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (zitiert nach Band und Seite)
BVerfGG
Bundesverfassungsgerichtsgesetz
BVerfSchG
Bundesverfassungsschutzgesetz
BVerwG
Bundesverwaltungsgericht
BVerwGE
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (zitiert nach Band und Seite)
BVG
Bundesversorgungsgesetz
BW
Baden-Württemberg
BZRG
Bundeszentralregistergesetz
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CR
Computer und Recht (Zeitschrift)
DAR
Deutsches Autorecht (Zeitschrift)
ders.
derselbe
d. h.
das heißt
DIE POLIZEI
DIE POLIZEI (Zeitschrift)
DNA
Desoxyribonukleinsäure (englisch: desoxyribonucleic acid)
DPolBl.
Deutsches Polizeiblatt
DRiG
Deutsches Richtergesetz
DRiZ
Deutsche Richterzeitung
EBAO
Einforderungs- und Beitreibungsanordnung
ECRIS
Europäisches Strafregisterinformationssystem
EDV
Elektronische Datenverarbeitung
EEG
Elekroenzephalographie
EG
Europäische Gemeinschaft
EGGVG
Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz
EGMR
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
EGStPO
Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung
Einl.
Einleitung
EKG
Elektrokardiogramm
EMRK
(Europäische) Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten
etc.
et cetera (und so weiter)
EU
Europäische Union
EuGH
Europäischer Gerichtshof
EuRAG
Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland
EUStA
Europäische Staatsanwaltschaft
EWR
Europäischer Wirtschaftsraum
f.
folgende
ff.
folgende (Plural)
Fn.
Fußnote
GA
Goldammer’s Archiv für Strafrecht (Zeitschrift)
GBl.
Gesetzblatt
GG
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
ggf.
gegebenenfalls
GKG
Gerichtskostengesetz
GnO BW
Gnadenordnung Baden-Württemberg
grds.
grundsätzlich
GSSt
Großer Senat für Strafsachen
GVG
Gerichtsverfassungsgesetz
h. L.
herrschende Lehre
h. M.
herrschende Meinung
HRRS
Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht (Online-Zeitschrift)
Hrsg.
Herausgeber
hrsg.
herausgegeben
Hs.
Halbsatz
ICPO
International Criminal Police Organisation
ICTR
Internationaler Strafgerichtshof für Ruanda
ICTY
Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien
i. e. S.
im engeren Sinne
IKPO
Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation
IMEI
International Mobil Equipment Identity
IMSI
International Mobil Subscriber Identity
INPOL
Informationssystem der Polizei
IP
Internetprotokoll
IRG
Internationales Rechtshilfegesetz
IRMCT
International Residual Mechanism for Criminal Tribunals
i. S. d.
im Sinne der/des
IStGH
Internationaler Strafgerichtshof
i. S. v.
im Sinne von
IT
Informationstechnologie
i. V. m.
in Verbindung mit
i. w. S.
im weiteren Sinne
JA
Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift)
JBeitrG
Justizbeitreibungsgesetz
JGG
Jugendgerichtsgesetz
JR
Juristische Rundschau (Zeitschrift)
Js
Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft
JuM
Justizministerium
jurisPR StrafR
juris PraxisReport Strafrecht (Online-Zeitschrift)
JVA
Justizvollzugsanstalt
JVEG
Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz
JZ
Juristenzeitung
Kap.
Kapitel
Kfz
Kraftfahrzeug
KG
Kammergericht (Berlin)
KO
Konkursordnung
Kriminalistik
Kriminalistik (Zeitschrift)
KunstUrhG
Kunsturheberrechtsgesetz
LG
Landgericht
lit.
litera
LKA
Landeskriminalamt
Lkw
Lastkraftwagen
LOStA
Leitender Oberstaatsanwalt
LPartG
Lebenspartnerschaftsgesetz
m.
mit
MDR
Monatsschrift für Deutsches Recht
MiStra
Mitteilungen in Strafsachen
MMR
Multimedia und Recht. Zeitschrift für IT-Recht und Recht der Digitalisierung
MMS
Multimedia Messaging Service
m. w. N.
mit weiteren Nachweisen
Nachw.
Nachweise
Nds.
Niedersachsen, niedersächsisches
NdsRpfl
Niedersächsische Rechtspflege (Zeitschrift)
n. F.
neue Fassung
NJG
Niedersächsisches Justizgesetz
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
NoeP
Nicht offen ermittelnder Polizeibeamter
NPOG
Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz
Nr.
Nummer
NRW
Nordrhein-Westfalen
NS-AufhG
Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege
NStZ
Neue Zeitschrift für Strafrecht
NStZ-RR
NStZ-Rechtsprechungs-Report
NVwZ
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
NZWiSt
Neue Zeitschrift für Wirtschafts- Steuer- und Unternehmensstrafrecht
OEG
Opferentschädigungsgesetz
OLAF
Office Européen de Lutte Anti-Fraude (Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung)
OLG
Oberlandesgericht
OVG
Oberverwaltungsgericht
OWiG
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
PassG
Passgesetz
PDV
Polizeidienstvorschrift
PIN
Persönliche Identifikationsnummer
PIOS
Personen-Institutionen-Objekte-Sachen (Spurendokumentationssystem)
Pkw
Personenkraftwagen
POLAS
Polizeiauskunftssystem
PolG BW
Polizeigesetz Baden-Württemberg
PostG
Postgesetz
PsychPbG
Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren
PUK
Personal Unblocking Key
RG
Reichsgericht
RGBl.
Reichsgesetzblatt
RGSt
Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen (zitiert nach Band und Seite)
RiJGG
Richtlinien zum Jugendgerichtsgesetz
RiStBV
Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren
Rn.
Randnummer
RpflG
Rechtspflegergesetz
Rspr.
Rechtsprechung
RStPO
Reichsstrafprozessordnung
RVG
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz
S.
Satz; Seite
s.
siehe
SDÜ
Schengener Durchführungsübereinkommen
SGB
Sozialgesetzbuch
SIRENE
Supplementary Information Request at the National Entry
SIS
Schengener Informationssystem
SISY
Staatsanwaltschaftliches Informationssystem
SMS
Short Message Service
sog.
sogenannte
StGB
Strafgesetzbuch
StPO
Strafprozessordnung
str.
strittig
StraFo
Strafverteidiger Forum (Zeitschrift)
StrEG
Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen
StRR
StrafRechtsReport (Online-Zeitschrift)
StV
Strafverteidiger (Zeitschrift)
StVÄG
Strafverfahrensänderungsgesetz
StVG
Straßenverkehrsgesetz
StVO
Straßenverkehrsordnung
StVollstrO
Strafvollstreckungsordnung
StVollzG
Strafvollzugsgesetz
StVRG
Strafverfahrensreformgesetz
TKG
Telekommunikationsgesetz
TKÜ
Telekommunikationsüberwachung
TKÜV
Telekommunikations-Überwachungsverordnung
TMG
Telemediengesetz
TTDSG
Gesetz über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien
u.
und
u. a.
und andere; unter anderem
U-Haft
Untersuchungshaft
UJs
Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt
UVollzO
Untersuchungshaftvollzugsordnung
v.
vom
VE
Verdeckter Ermittler
VGH
Verwaltungsgerichtshof
vgl.
vergleiche
VO
Verordnung
Vorb.
Vorbemerkung
VP
Vertrauensperson
VRS
Verkehrsrechtssammlung
VStGB
Völkerstrafgesetzbuch
VwGO
Verwaltungsgerichtsordnung
VwV
Verwaltungsvorschrift
wistra
Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht
WÜK
Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen
z. B.
zum Beispiel
ZD
Zeitschrift für Datenschutz
ZEVIS
Zentrales Verkehrsinformationssystem
ZFdG
Zollfahndungsdienstgesetz
Ziff.
Ziffer
ZIS
Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik (Online-Zeitschrift)
ZKA
Zollkriminalamt
ZPO
Zivilprozessordnung
ZRP
Zeitschrift für Rechtspolitik
ZSHG
Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetz
ZStVBetrV
Verordnung über den Betrieb des Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregisters
ZStW
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1
Das Strafrecht besteht aus drei Teilen: Materielles Strafrecht, Strafverfahrensrecht und Strafvollzugsrecht. Das materielle Strafrecht, welches oftmals i. e. S. auch nur als Strafrecht bezeichnet wird, bestimmt, wann eine Handlung strafbar ist und droht eine Sanktion in Form von Strafen und/oder Maßregeln der Besserung und Sicherung an. Es ist der stärkste Eingriff des Staates gegen den Bürger und dient dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter. Um das materielle Strafrecht auch praktisch zur Geltung zu bringen, bedarf es zu seiner staatlichen Durchsetzung eines rechtlich geordneten Verfahrens, nämlich des Strafverfahrens, dessen Normen das Strafverfahrensrecht bilden. Hierbei wird das Strafverfahrensrecht auch als Strafprozessrecht oder – in Abgrenzung zum materiellen Strafrecht – als formelles Strafrecht bezeichnet. Das Strafverfahren dient der Ermittlung, ob eine strafbare Handlung geschehen ist, und ggf. der Festsetzung und Vollstreckung einer konkreten Sanktion. Es verschafft den materiellen Normen Geltung.[1]
2
In der Konsequenz umfasst das Strafverfahren das Erkenntnis- und das Vollstreckungsverfahren. Im Erkenntnisverfahren geht es um die Verfolgung und ggf. den Nachweis einer konkreten, bereits begangenen Straftat (repressiv), sowie für den Fall der Verurteilung auch um die Festsetzung einer angemessenen Strafe. Die Strafvollstreckung lässt sich aufteilen in die Strafvollstreckung i. e. S. und den Strafvollzug, der eine eigenständige Materie bildet. Während die Strafvollstreckung die Einleitung und generelle Überwachung der Sanktionsdurchsetzung betrifft, beinhaltet der Strafvollzug für den Bereich der Freiheitsstrafen die konkrete Umsetzung der mit dem Urteil verhängten Sanktion.
3
Hiervon zu unterscheiden ist der Begriff der Strafrechtspflege i. S. v. § 23 Abs. 1 EGGVG. Darunter fallen alle Maßnahmen der Justizbehörden, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Strafverfolgung und -vollstreckung stehen.
Beispiele:
Führung eines Bundeszentralregisters; Erstellung von Schöffenlisten.
4
Die Strafverfolgungsvorsorge ist Teil der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung und zählt zum Strafverfahrensrecht.[2] Sie umfasst Maßnahmen, die an eine begangene Straftat anknüpfen und darauf ausgerichtet sind, in künftigen Strafverfahren die Strafverfolgung zu ermöglichen, indem die aufgrund der begangenen Straftat erhobenen Daten in ungewisser Zukunft in ein Ermittlungs- und Hauptverfahren einfließen.[3]
Beispiele:
Die Speicherung von Daten des Beschuldigten für zukünftige Strafverfahren nach § 484 StPO oder die DNA-Identitätsfeststellung nach § 81g StPO, bei der vom Beschuldigten für zukünftige Strafverfahren DNA-Material entnommen und in einer Datei beim Bundeskriminalamt gespeichert werden darf.
5
Einige andere Verfahrensarten weisen in der Struktur Ähnlichkeiten mit dem Strafverfahren auf, da es auch dort um die Ermittlung und Sanktionierung bzw. Ahndung von menschlichem Fehlverhalten geht.
Beispiele:
Steuerstrafverfahren, Bußgeldverfahren sowie Disziplinarverfahren gegen Beamte und Soldaten.
In der Folge enthalten diese Verfahrensarten, auf die hier nicht weiter eingegangen wird, Verweisungsnormen auf die StPO. Auch greifen z. T. sowohl Spezial- als auch StPO- Regeln ineinander; dies insbesondere im Steuerstrafverfahren und im Bußgeldverfahren.
6
Das Recht zu strafen liegt heutzutage ausschließlich beim Staat, wodurch sämtliche Formen der Privatfehde, -rache etc. grundsätzlich verboten sind. Diese staatliche Aufgabe wird dabei oftmals als staatlicher Strafanspruch bezeichnet[4], was jedoch kaum überzeugt, da durch die Verwirklichung einer Straftat kein „Strafanspruch“ entsteht, den der Täter durch die Strafe „erfüllt“.[5] Besser erscheint, von einem staatlichen Strafmonopol zu sprechen. Dieses verpflichtet den Staat, zum Schutz seiner Bürger Vorschriften zu schaffen, um die Verfolgung und ggf. Verurteilung eines Rechtsbrechers zu ermöglichen und im Ergebnis den durch die Straftat entstandenen sozialen Störfall zu beseitigen. Damit diese Macht des Staates nicht gegenüber dem Einzelnen missbraucht wird, ist der Staat verpflichtet, rechtliche Schranken gegen einen möglichen staatlichen Machtmissbrauch durch die Strafverfolgungsbehörden zu schaffen. Hierbei ist es auch Aufgabe des Strafverfahrens, die mit den Ermittlungen verbundenen Belastungen für den Bürger möglichst gering zu halten.[6] Daraus ergeben sich drei Ziele des Strafverfahrens: Wahrheit, Gerechtigkeit und Rechtsfrieden.
7
Unter Wahrheit wird dabei die materielle Wahrheit verstanden. Es soll festgestellt werden, was tatsächlich geschehen ist. Der bloße Verdacht einer Straftat ist hingegen keine ausreichende Grundlage, um jemanden zu bestrafen.[7] Die Feststellung des tatsächlichen Sachverhalts ist die Voraussetzung für eine materiell-rechtlich richtige Entscheidung. Damit soll verhindert werden, dass jemand zu Unrecht bestraft wird.
8
Mit Gerechtigkeit ist weniger ein allgemeiner Gerechtigkeitsgedanke im Sinne einer „gerechten Entscheidung“ gemeint, sondern vielmehr ein „gerechtes“, d. h. justizförmiges Verfahren. Die Entscheidung im Strafverfahren muss unter Beachtung aller Vorschriften des Strafverfahrensrechts, d. h. prozessordnungsgemäß zustande kommen. Hier kommen insbesondere die Vorschriften zum Tragen, die den Beschuldigten, aber auch Zeugen und Dritte, vor unverhältnismäßigen Eingriffen des Staates schützen und damit dem staatlichen Aufklärungs- und Verfolgungsbemühen rechtliche Grenzen setzen. Nur ein unter Beachtung dieser Schranken geführtes Strafverfahren ist justizförmig und damit gerecht.
9
Durch eine abschließende Entscheidung im Strafverfahren soll letztlich der soziale Störfall beseitigt,[8] die Geltung der Rechtsordnung bekräftigt und damit Rechtsfrieden geschaffen werden. Dafür sorgt insbesondere die Rechtskraft des Urteils.[9] Insoweit könnte man dieses Verfahrensziel auch als ein übergeordnetes betrachten, das letztlich nur erfüllt sein kann, wenn auch die anderen genannten Verfahrensziele gegeben sind.[10]
10
Dass ein Strafverfahren stets diese drei Ziele in Einklang bringt ist ein Ideal, welches in der Praxis oftmals nicht erreicht wird. So werden der Wahrheitsfindung Grenzen durch die Justizförmigkeit des Verfahrens gesetzt.
Beispiel:
Der Beschuldigte gesteht unter Androhung von körperlicher Misshandlung gegenüber dem Polizeibeamten, seine Ehefrau ermordet zu haben. Da die Androhung der körperlichen Gewalt eine verbotene Vernehmungsmethode darstellt (§ 136a Abs. 1 StPO), darf das Geständnis nicht verwertet werden (§ 136a Abs. 3 S. 2 StPO). Kann dem Beschuldigten die Tat nicht mit anderen Beweismitteln nachgewiesen werden, muss er vom Gericht im Ergebnis freigesprochen werden.
An diesem Beispiel zeigt sich, dass dem Ziel der Wahrheitsfindung rechtsstaatliche Grenzen gesetzt werden, die hier durch den Verstoß gegen § 136a StPO überschritten wurden. Insoweit ist nicht Ziel des Strafverfahrens, stets ein der materiellen Wahrheit entsprechendes Urteil zu finden.[11] Die Wahrheit darf nicht um jeden Preis erforscht werden.[12] Hat der Beschuldigte andererseits bei seinem Geständnis auch angegeben, wo er den Leichnam versteckt hat, so können nach h. M.[13] der Leichnam und alle Spuren, die man dort findet, als mittelbar erlangte Beweise verwertet werden. Das Ziel der materiellen Wahrheit soll in diesem Fall dem Ziel der Justizförmigkeit des Verfahrens vorgehen. Würde der rechtskräftig Freigesprochene sich wiederum gegenüber einem Dritten damit brüsten, seine Ehefrau getötet zu haben, so könnte das rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren gemäß § 362 Nr. 4 StPO wieder aufgenommen werden. In der Folge könnte der zunächst Freigesprochene in einem neuen Verfahren wegen der Tat verurteilt werden. Hier wird die durch den rechtskräftigen Verfahrensabschluss eingetretene Rechtskraft der Entscheidung aufgehoben und damit das Ziel des Rechtsfriedens zugunsten der Wahrheitsfindung durchbrochen. Würden hingegen nach einem rechtskräftigen Freispruch wegen des Vorwurfs des Totschlags (§ 212 StGB) neue belastende Tatsachen und Beweise auftauchen, so wäre eine Wiederaufnahme des Verfahrens zuungunsten des Freigesprochenen nicht möglich, da das Gesetz dies mit Blick auf das Verbot der Doppelbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG) nicht zulässt. Der freigesprochene Bürger darf insoweit darauf vertrauen, nicht ständig mit erneuter Strafverfolgung rechnen zu müssen. Dieser Vorrang des Rechtsfriedens wird nunmehr durch den neu gefassten[14] und heftig umstrittenen[15] § 362 Nr. 5 StPO für Fälle des Mordes (§ 211 StGB) und anderen mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedrohten Straftaten zugunsten der Wahrheitsfindung aufgegeben. Die Beispiele zeigen, dass kein Verfahrensziel stets Vorrang vor einem anderen genießt, sondern im jeweiligen Einzelfall die drei Verfahrensziele gegeneinander abzuwägen sind und mithilfe rechtlicher Kriterien festgestellt werden muss, welches Verfahrensziel überwiegt. Hierin liegt die wesentliche Aufgabe des Strafverfahrens.[16]
11
Während das Strafverfahrensrecht der Verfolgung und Ahndung von begangenen Straftaten dient, also repressiv ausgerichtet ist, schützt das Polizeirecht die öffentliche Sicherheit und Ordnung, indem es Gefahren abwendet und Störungen beseitigt, also präventiv ausgerichtet ist. Es wird daher auch als Gefahrenabwehrrecht bezeichnet. Im Rahmen dieser eigentlich klaren Aufgabentrennung gibt es Überschneidungen und Abgrenzungsprobleme.
Beispiele:
Anordnung einer Geiselbefreiung; Befragung eines Kindesentführers, um den Aufenthaltsort des entführten Kindes zu erfahren; Durchsuchung eines vorläufig Festgenommenen zur Beweismittel- und Eigensicherung.
In der Folge muss bei diesen sog. Gemengelagen eine Dominanzentscheidung erfolgen, bei der nach h. M. auf den Schwerpunkt des polizeilichen Handelns abzustellen ist.[17]
Beispiel:
Liegt dieser bei einer Geiselnahme auf der Befreiung der Geiseln und weniger auf der Aufklärung der Straftat (§ 239b StGB), so richtet sich die Rechtsgrundlage des polizeilichen Handelns nach dem Polizeirecht.
Da sich die meisten der zur Aufklärung von Straftaten bestehenden Maßnahmen auch zum Zwecke der Gefahrenabwehr im Polizeirecht finden, wie beispielsweise die Zwangsmaßnahmen der Identitätsfeststellung oder Durchsuchung, hat sich in der polizeilichen Ausbildung das sog. Eingriffsrechtals eigene Disziplin gebildet, welches die strafverfahrens- und polizeirechtlichen Maßnahmen gemeinsam behandelt und voneinander abgrenzt. Der Vorteil liegt in einer komprimierten Darstellung aller der Polizei zur Verfügung stehenden Eingriffsnormen. Der Nachteil besteht in der jeweils nur bruchstückhaften – im Wesentlichen auf die Eingriffsnormen beschränkten – Behandlung von Strafverfahrens- und Polizeirecht. Dies überzeugt unter methodischen und systematischen Gesichtspunkten nicht. Ein möglicher polizeipraktischer Mehrwert einer solchen Darstellung erschöpft sich grundsätzlich in der oben kurz skizzierten Abgrenzungsproblematik. Diese hat allerdings durch die neuere, mittlerweile gefestigte, aber kaum überzeugende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den sog. legendierten Kontrollen[18](s. Rn. 441)zumindest für die strafverfahrensrechtliche Praxis polizeilichen Handelns erheblich an Bedeutung verloren. Die Notwendigkeit der Abgrenzung beschränkt sich daher nunmehr wohl weitestgehend auf die Frage des Rechtsschutzes bzw. der Rechtswegzuständigkeit – Verwaltungsgerichte oder ordentliche Gerichte – gegen polizeiliche Maßnahmen.[19] Weiterhin scheinen Forderungen nach Schaffung eines sog. Sicherheitsrechts, welches nicht nur das Strafverfahrens- und Polizeirecht, sondern auch die sog. Nachrichtendienste umfasst, immer populärer zu werden.[20] Die hierin liegenden Gefahren einer Verschmelzung der klar voneinander zu trennenden Rechtsmaterien gilt es besonders im Blick zu behalten.
12
Wie bereits oben erwähnt, ist Strafe die schwerste Sanktionsform des Staates gegen seine Bürger und damit der gravierendste Eingriff des Staates in die Freiheitsinteressen seiner Bürger. Die Interessen des Straftäters werden zugunsten der Interessen der Allgemeinheit – notfalls auch mit staatlicher Gewalt – zurückgestellt. Im Strafverfahren zeigt sich daher wie in keinem anderen Rechtsgebiet das jeweils geltende Verhältnis zwischen dem Staat und seinen Bürgern. Es spiegelt insoweit die Ordnungsvorstellungen des jeweiligen Staates wider und wird daher zutreffend auch als „Seismograf der Staatsverfassung“[21] bezeichnet. Dies wird deutlich, wenn man sich beispielsweise das Strafverfahren in totalitären Staaten anschaut, wo die Machtinteressen der Staatsführung für die rechtliche Ausgestaltung und vor allem die praktische Durchführung entscheidend sind. In der Konsequenz ist das Strafverfahrensrecht der Bundesrepublik Deutschland durch die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Grundgesetzes geprägt und insoweit „angewandtes Verfassungsrecht“[22]. Dies soll nicht verkennen, dass die Normen der StPO überwiegend wesentlich älter als das Grundgesetz, d. h. vorkonstitutionell, und damit natürlich gerade nicht ausschließlich verfassungsrechtlich geprägt sind. Gleichwohl hat das Verfassungsrecht entscheidenden Einfluss auf die Auslegung der StPO-Normen. Das Strafverfahrensrecht steht daher in einem Spannungsverhältnis zwischen einer „funktionstüchtigen Strafrechtspflege“ und den Interessen des Beschuldigten an der Wahrung seiner verfassungsmäßigen Rechte. Diese Interessengegensätze prägen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Fachgerichte zum Strafverfahrensrecht und sind daher bei vielen strafverfahrensrechtlichen Fragestellungen von großer Bedeutung.
13
Die Normen des Strafverfahrens bilden das Strafverfahrensrecht. Das Strafverfahrensrecht ist nicht abschließend in einem Gesetz geregelt. Die für das Strafverfahren relevanten Normen finden sich in verschiedenen Gesetzen und Verwaltungsvorschriften, den sog. Rechtsquellen des Strafverfahrensrechts. Primärquelle ist dabei die Strafprozessordnung (StPO). Darüber hinaus finden sich wichtige, die StPO ergänzende Vorschriften für das Strafverfahren in vielen anderen Gesetzen und auch in Verwaltungsvorschriften, wobei regelmäßig nur einzelne Normen oder Abschnitte dieser Gesetze für das Strafverfahren relevant sind. Die Auslegung des Strafverfahrensrechts für die Praxis wird dabei maßgeblich durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs bestimmt.
14
Die wichtigste Quelle des Strafverfahrensrechts ist die Strafprozessordnung (StPO), die bereits als Reichsstrafprozessordnung (RStPO) zusammen mit den übrigen sog. Reichsjustizgesetzen (GVG, ZPO und KO) am 1. Oktober 1879 in Kraft getreten ist.[23] Hierbei handelt es sich um ein formelles Gesetz. Die Grundstruktur ist – trotz der zahlreichen Novellierungen – bis heute erhalten geblieben. Die StPO besteht aus acht Büchern, die in ihrer Grundstruktur nach dem Ablauf des Verfahrens aufgebaut sind. Vorgeschaltet sind im ersten Buch allgemeine Vorschriften, die alle Verfahrensabschnitte und -züge betreffen, wie beispielsweise die örtliche Zuständigkeit der Gerichte und die Rechte der Verteidigung. Sodann folgt im zweiten Buch das Verfahren im ersten Rechtszug. Hier finden sich insbesondere die Regelungen zum Vorverfahren, welches auch als Ermittlungsverfahren bezeichnet wird, sowie zum Zwischen- und Hauptverfahren. Das dritte Buch beinhaltet die Rechtsmittel. Das vierte Buch behandelt die Möglichkeit der Wiederaufnahme eines bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens. Das fünfte Buch regelt die Beteiligung des Verletzten am Verfahren. Im sechsten Buch finden sich besondere Verfahrensarten, wie das Strafbefehlsverfahren (§§ 407 ff. StPO) und das Privatklageverfahren (§§ 374 ff. StPO). Das siebte Buch behandelt schließlich die Vollstreckung des rechtskräftig gewordenen Urteils und die Frage der Verfahrenskosten. Durch das – im Wesentlichen am 01.11.2000 in Kraft getretene – StVÄG 1999 ist das achte Buch zusätzlich in die StPO eingefügt worden und enthält Vorschriften zum Umgang mit personenbezogenen Daten; so beispielsweise zur Auskunftserteilung, der sonstigen Verwendung von Informationen, zu Dateiregelungen und einem länderübergreifenden staatsanwaltschaftlichem Verfahrensregister. Eine grundsätzliche Überarbeitung und Erweiterung erfolgte 2019,[24] mit der insbesondere die Erteilung von Auskünften und die Gewährung von Akteneinsicht an Justizbehörden, sonstige Behörden, Privatpersonen und zu Forschungszwecken geregelt wurde.
15
Das GVG regelt den Aufbau, die Zusammensetzung und die funktionelle sowie sachliche Zuständigkeit der Gerichte sowie die Organisation der Staatsanwaltschaft. Darüber hinaus finden sich auch Regelungen zur Frage der sog. Öffentlichkeit der Hauptverhandlung und zur Beratung und Abstimmung bei Kollegialgerichten.
16
Vor dem Hintergrund, dass Strafverfahrensrecht „angewandtes Verfassungsrecht“[25] ist, zeigt sich die überragende Bedeutung des Verfassungsrechts für das Strafverfahren. Aus dem Grundgesetz sind für das Strafverfahren insbesondere das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG, das Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 S. 1 GG, die Regelungen über die Judikative in Art. 92 ff. GG, die Grundrechte aus Art. 1–19 GG sowie die sog. justiziellen Grundrechte aus Art. 101 Abs. 1, 103 und 104 GG relevant. Diese gegenüber der StPO höherrangigen Bestimmungen beeinflussen durch die Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts wesentlich die verfassungskonforme Auslegung des einfachen Strafverfahrensrechts. Hierdurch werden die verfassungsrechtlichen Grenzen strafprozessualer Eingriffsbefugnisse aufgezeigt, was sich insbesondere auch in einer Stärkung der Beschuldigtenrechte zeigt. Andererseits wird aber von der verfassungs- und einfachrechtlichen Rechtsprechung gerade auch als verfassungsrechtliches Argument die „Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege“ gegen den verfassungsrechtlichen Schutz der Beschuldigtenrechte hervorgehoben.
17
Das Strafgesetzbuch enthält neben den materiell-rechtlichen Normen auch einige wenige Vorschriften, die zumindest nach h. M.[26] dem Strafverfahrensrecht zugeordnet werden. Hierzu zählen insbesondere die Prozessvoraussetzung des Strafantrags (§§ 77 ff. StGB) und das Prozesshindernis der Verjährung (§§ 78 ff. StGB).
18
Das Jugendgerichtsgesetz beinhaltet sowohl materiell-rechtliche als auch verfahrensrechtliche Normen des Jugendstrafrechts. Zu letzteren zählen insbesondere die Bestimmungen über Jugendgerichte sowie die Besonderheiten des Verfahrens gegen Jugendliche und Heranwachsende. Diese Vorschriften ergänzen die Regelungen der StPO.
19
Darüber hinaus finden sich einzelne ergänzende strafverfahrensrechtliche Bestimmungen unter anderem in der Abgabenordnung (§§ 385 ff. AO für das Steuerstrafverfahren), der Zivilprozessordnung, der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Justizbeitreibungsordnung, dem Bundeszentralregistergesetz, dem Deutschen Richtergesetz, dem Gerichtskostengesetz, dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen, dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, dem Gesetz über das Bundeskriminalamt, dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und dem Ordnungswidrigkeitengesetz.
20
Für das Strafverfahren wichtige bundeseinheitliche Verwaltungsvorschriften sind die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren, die Mitteilungen in Strafsachen sowie die Strafvollstreckungsordnung und die Untersuchungshaftvollzugsordnung. Zu beachten ist, dass diese Vorschriften lediglich eine bundeseinheitliche Handhabung des Verfahrens durch die Justizbehörden der einzelnen Länder und des Bundes gewährleisten sollen, jedoch keine Eingriffstatbestände enthalten und nicht bindend für die Gerichte sind. Die Untersuchungshaftvollzugsordnung ist allerdings im Zuge der Neuregelung der Art. 72 ff. GG durch das Föderalismusreformgesetz vom 28.08.2006[27], welches die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug einschließlich des Untersuchungshaftvollzugs auf die Länder übertragen hat (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 70 Abs. 1 GG), durch die einzelnen Justizvollgesetze der Länder ersetzt worden, sodass der Untersuchungshaftvollzug nunmehr landesrechtlich als Gesetz geregelt ist.
21
Im Strafverfahren wird vor deutschen Gerichten grundsätzlich deutsches Strafrecht und damit auch deutsches Strafverfahrensrecht angewandt. Jedoch sind sog. supranationale Regelungenzu berücksichtigen.[28] Diese bestehen in Form völkerrechtlicher Verträge mit entsprechenden Umsetzungsgesetzen, die im Rang einfachen Gesetzesrechts als deutsches Recht gelten. Wichtig für das deutsche Strafverfahrensrecht sind insoweit die Europäische Menschenrechtskonvention, das Völkerstrafverfahrensrecht und die Rechtssetzungen durch die Europäische Union.
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Eine für das Strafverfahren wichtige Norm ist Art. 6 EMRK, der die Rechte des Angeklagten beinhaltet und dabei teilweise detailliertere Regelungen als die StPO enthält. So finden sich dort ausdrücklich das Recht des Beschuldigten auf ein faires Verfahren und die Normierung der Unschuldsvermutung. Dabei steht die EMRK im Rang eines einfachen Bundesgesetzes und muss bei der Auslegung des innerstaatlichen Strafverfahrensrechts im Sinne einer „konventionskonformen Auslegung des deutschen Strafprozessrechts“[29] berücksichtigt werden.[30] In der deutschen Rechtspraxis gewinnt die EMRK zunehmend durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) an Bedeutung, dessen Judikatur für die Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedsstaat grundsätzlich völkerrechtlich verbindlich ist.[31] So hat beispielsweise der EGMR in dem Fall „Jalloh gegen Deutschland“ entschieden, dass der Einsatz von Brechmitteln zur Überführung eines Drogenkuriers eine Verletzung u. a. von Art. 6 EMRK darstellt,[32] während das Bundesverfassungsgericht darin zuvor keine Verletzung der verfassungsrechtlich verbürgten Selbstbelastungsfreiheit(s. Rn. 123) sowie der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) erkannt hatte.[33] Insgesamt zeigt sich, dass der EGMR in seiner Rechtsprechung die Beschuldigtenrechte oftmals stärker betont als das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof.
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Die Bundesrepublik Deutschland hat ein eigenes Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) erlassen.[34] Es dient in erster Linie der Anpassung des deutschen materiellen Strafrechts an das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs, das am 11.12.2000 von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert wurde.[35] Die Tatbestände des VStGB unterliegen gem. § 1 VStGB dem sog. Weltrechtsprinzip. Damit sind die deutschen Strafgerichte auch für alle völkerrechtlichen Verbrechen zuständig, unabhängig davon, in welchem Land sie verübt wurden. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang § 153f StPO, der eine Einstellungsmöglichkeit vorsieht, falls kein Inlandsbezug besteht und der Tatortstaat, der Heimatstaat des Täters oder ein internationaler Gerichtshof die Verfolgung übernimmt. Von letzteren existieren zur Zeit zwei Gerichtshöfe: Zum einen der vom UN-Sicherheitsrat eingesetzte Internationale Residualmechanismus für die Ad-hoc-Strafgerichtshöfe (International Residual Mechanism for Criminal Tribunals, IRMCT),[36] der im Wesentlichen die Tätigkeit der 1993 bzw. 1994 eingesetzten Internationalen Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und Ruanda (ICTR) zum Abschluss bringen soll.[37] Weiterhin der durch das Statut von Rom geschaffene Internationale Strafgerichtshof (IStGH) mit Sitz in Den Haag,[38] dessen Gerichtsbarkeit sich Deutschland durch die Ratifizierung des Rom-Statuts unterworfen hat.[39] Der IStGH ist zuständig für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Verbrechen der Aggression.[40] Hierbei gilt der Grundsatz der Komplementarität, d. h. er ist nur zuständig, wenn ein Vertragsstaat nicht willens oder in der Lage ist, die Straftat zu verfolgen.[41]
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Ein europäisches Strafverfahrenbesteht bisher ebenso wenig wie eine umfassende Kompetenz der Europäischen Union (EU) für das Strafverfahrensrecht. Die EU und ihre Mitgliedstaaten teilen sich aber die Zuständigkeit für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Dies beinhaltet gem. Art. 82 Abs. 1 u. 2, 83 AEUV die gegenseitige Anerkennung von Gerichtsurteilen und Entscheidungen und umfasst die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten. Art. 82 Abs. 2 AEUV enthält einen strafprozessualen und Art. 83 Abs. 1 AEUV einen materiell-strafrechtlichen Zuständigkeitskatalog. Hierbei werden durch Richtlinien in einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Mindestvorschriften festgelegt, die dann von den Mitgliedsstaaten in einfaches nationales Recht umzusetzen sind. Die davon betroffenen Bereiche des Strafverfahrensrechts sind insbesondere die Rechte des Einzelnen im Strafverfahren und die Rechte der Verletzten von Straftaten. Zusätzlich können im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Maßnahmen erlassen werden, um beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden oder entsprechenden Behörden der Mitgliedstaaten im Rahmen der Strafverfolgung sowie des Vollzugs und der Vollstreckung von Entscheidungen zu erleichtern. Hierzu zählen u. a. die Europäische Beweisanordnung, der Europäische Haftbefehl (s. Rn. 292) und die gegenseitige Anerkennung von Geldbußen und Strafen.[42] Darüber hinaus sind auch neue Behörden und Einrichtungen mit EU-weiter Zuständigkeit geschaffen worden (s. Rn. 72 u. 88).
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Weiterhin enthält das ursprünglich dem Abbau von Grenzkontrollen dienende Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) für die Strafverfolgung relevante Normen wie die grenzüberschreitende Observation und die Nacheile sowie Regelungen zur Rechtshilfe. Auch gilt ein Verbot der Doppelbestrafung dahin gehend, dass derjenige, der in einem Schengen-Staat rechtskräftig abgeurteilt wurde, nicht in einem anderen Schengen-Staat wegen derselben Tat verfolgt und abgeurteilt werden kann (vgl. Art. 54 SDÜ), wobei die Auslegung der Begriffe „rechtskräftige Aburteilung“ und „derselben Tat“ umstritten ist.[43] Wichtig für die transnationale Strafverfolgung ist das Schengener Informationssystem (SIS; §§ 92 ff. SDÜ). Hierdurch werden Ausschreibungen, die der Suche von Personen oder Sachen dienen, für einen Abruf im automatisierten Verfahren bereitgestellt. Die Koordination erfolgt über die nationalen Kontaktstellen (Supplementary Information Request at the National Entry – SIRENE). Dies ist in Deutschland das Bundeskriminalamt.
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Die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs stellen zwar keine Rechtsquellen im technischen Sinn dar, haben aber wesentlichen Einfluss auf die Auslegung des Strafverfahrensrechts für die Praxis. Die schon oben erwähnte Bedeutung des Bundesverfassungsgerichts für die verfassungskonforme Auslegung des einfachen Strafverfahrensrechts und die Bestimmung verfassungsrechtlicher Grenzen strafprozessualer Eingriffsbefugnisse zeigt sich insbesondere in der Rechtsprechung zum Verhältnismäßigkeitsprinzip. Der Bundesgerichtshof hat mit einer über die Jahrzehnte ausgebildeten ständigen Rechtsprechung gerade zu den nicht explizit im geschriebenen Recht geregelten Verfahrensfragen, wie beispielsweise den Beweisverwertungsverboten, sog. Richterrechtentwickelt. Dies ist im Verfahrensrecht – im Unterschied zum materiellen Strafrecht (Art. 103 Abs. 2 GG) – möglich und auch notwendig. Das Richterrecht repräsentiert insoweitGewohnheitsrecht.[44]
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Das Strafverfahren gliedert sich in fünf Abschnitte: Ermittlungsverfahren (§§ 151 ff., 170 StPO), Zwischenverfahren (§§ 199 ff. StPO), Hauptverfahren (§§ 213 ff., 226 ff., 260 StPO), Rechtsmittelverfahren (§§ 296 ff. StPO) und Vollstreckungsverfahren (§§ 449 ff. StPO). Im Folgenden wird ein knapper Abriss über den Ablauf dieser fünf Abschnitte gegeben und abschließend werden die Verfahrensschwerpunkte kurz erläutert.
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Das Ermittlungsverfahren beginnt mit dem Anfangsverdacht (§ 152 Abs. 2 StPO) und wird von der Staatsanwaltschaft geführt, wobei ein Großteil der Ermittlungsarbeit durch die Polizei geleistet wird. Inhaltlich muss durch Staatsanwaltschaft und Polizei sowie ggf. den Ermittlungsrichter ermittelt werden, ob wegen einer Straftat genügender Anlass zur Erhebung einer Anklage (§ 170 Abs. 1 StPO), d. h. ein hinreichender Tatverdacht gegen einen Beschuldigten, besteht oder nicht. Mit dieser Entscheidung durch die Staatsanwaltschaft endet das Ermittlungsverfahren. Bei negativer Entscheidung wird das Verfahren eingestellt (§ 170 Abs. 2 StPO). Fällt die Entscheidung positiv aus, ergeht – falls nicht aus anderen Gründen (z. B. §§ 153, 153a StPO) das Strafverfahren eingestellt wird – ein Antrag an das zuständige Gericht auf Erlass eines Strafbefehls oder aber auf Eröffnung des Hauptverfahrens (Anklage).
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Das Zwischenverfahren (§§ 199 ff. StPO) beginnt mit dem Eingang der Anklageschrift bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht. Das Gericht prüft nunmehr, ob die Anklage einen hinreichenden Tatverdacht begründet (§ 203 StPO). Bei positiver Entscheidung erfolgt ein Eröffnungsbeschluss, bei negativer ein Einstellungsbeschluss. Gegen den Einstellungsbeschluss kann die Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde einlegen (§ 210 Abs. 2 StPO). Ob das Hauptverfahren mit Hauptverhandlung durchgeführt wird, entscheidet also nicht die Staatsanwaltschaft durch die Anklageerhebung, sondern das Gericht selbst.
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Mit dem Eröffnungsbeschluss beginnt das Hauptverfahren. Dieses gliedert sich in die Vorbereitung der Hauptverhandlung (§§ 212 ff. StPO) und die Durchführung derselben (§§ 226 ff. StPO). Zur Vorbereitung zählen insbesondere Terminierung, Ladung der Verfahrensbeteiligten, Sachverständigen und Zeugen. Die Hauptverhandlung selbst kann aus einem Sitzungstermin oder – bei umfangreicheren Sachen – auch aus mehreren Einzelterminen bestehen. Der Ablauf einer Hauptverhandlung bis zum Beginn der Beweisaufnahme ist in § 243 StPO festgelegt. Sie ist in der Regel öffentlich (§ 169 GVG) und beginnt mit dem Aufruf der Sache. Sodann prüft der Vorsitzende, ob alle Verfahrensbeteiligten sowie Zeugen und ggf. Sachverständige anwesend und die weiteren Beweismittel herbeigeschafft sind. Es folgt die Vernehmung des Angeklagten zur Person, danach die Verlesung der Anklageschrift durch die Staatsanwaltschaft. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, folgt seine Einlassung. Im Anschluss beginnt die Beweisaufnahme (§§ 244 ff. StPO) als Kernstück der Hauptverhandlung. An die Beweisaufnahme schließen sich die Plädoyers an (§ 258 Abs. 1 u. 2 StPO). Das letzte Wort hat der Angeklagte (§ 258 Abs. 3 StPO). Dann folgt die geheime Beratung und Abstimmung des Gerichts (§§ 192 ff. GVG, § 263 StPO). Nach Wiedereintritt verliest der Vorsitzende die zuvor schriftlich fixierte Urteilsformel und begründet sodann das Urteil mündlich (§§ 260, 268 StPO). Die Hauptverhandlung schließt mit der Belehrung des Verurteilten über die Rechtsmittel (§ 35a StPO). Damit endet das sog. erstinstanzliche Erkenntnisverfahren.
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Wird gegen das Urteil ein Rechtsmittel – Berufung (§§ 312 ff. StPO) oder Revision (§§ 333 ff. StPO) – eingelegt, beginnt das Rechtsmittelverfahren. Findet keine Rechtsmitteleinlegung statt oder sind die Rechtsmittelverfahren erfolglos geblieben, so wird das Urteil rechtskräftig.
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Mit Rechtskraft des Urteils beginnt das Vollstreckungsverfahren (§§ 449 ff. StPO), das nicht vom Gericht, sondern von der Staatsanwaltschaft durchgeführt wird (§ 451 StPO). Dies dient der Durchsetzung der im Urteil ausgesprochenen Sanktionen, wie beispielsweise der Zahlung einer Geldstrafe oder der Verbüßung einer Freiheitsstrafe. Hierzu zählt auch der Vollzug einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§§ 61 ff. StGB) oder die Durchsetzung sonstiger Anordnungen, wie z. B. eine Einziehung oder ein Fahrverbot.[45]
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Von den Normen der StPO aus betrachtet, liegt der Schwerpunkt eindeutig auf der Hauptverhandlung, da dort die Beweisaufnahme stattfindet und das Urteil gefunden wird. Alles, was zeitlich vor der Hauptverhandlung liegt, dient insoweit nur ihrer Vorbereitung. Daher wird das Ermittlungsverfahren in der StPO auch zumeist als Vorverfahren bezeichnet. Gleichwohl werden der Sachverhalt und die ihm zugrunde liegenden Beweismittel im Vorverfahren ermittelt. Diese Ermittlungsergebnisse bilden die Grundlage für das Hauptverfahren. Defizite bei den Ermittlungen können dabei meist im Hauptverfahren nicht mehr korrigiert werden. Die Verfahrensbeteiligten kennen aus den Prozessakten die Erkenntnisse des Ermittlungsverfahrens und haben sich insoweit bereits eine Meinung gebildet. Das führt zu dem sog. Perseveranz- oder Inertia-Effekt, d. h. einer unbewussten „Suche“ nach Bestätigung der Anklage, während dagegensprechende neue Erkenntnisse tendenziell kritischer betrachtet werden.[46] Dies trifft auch auf das Gericht der Hauptsache zu, da der Vorsitzende des späteren Hauptverfahrens bereits im Zwischenverfahren mittels der ihm von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Ermittlungsakte über die Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung bzw. die Eröffnung der Hauptverhandlung entscheiden muss. Eröffnet er das Hauptverfahren, so muss er zuvor zu dem Ergebnis gekommen sein, dass mehr für als gegen eine Verurteilung des Beschuldigten spricht. Die Weichenstellung für den Ausgang der Hauptverhandlung erfolgt somit in der Praxis oftmals bereits im Ermittlungsverfahren. In der Folge ist die praktische Bedeutung des Ermittlungsverfahrens wesentlich größer, als es der Normaufbau in der StPO vermuten lässt.
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Im Strafverfahren werden bis zum Urteil alle Maßnahmen aufgrund eines Verdachts getroffen. Erst wenn das Gericht sich am Ende der Hauptverhandlung eine Überzeugung vom Tathergang gebildet hat (§ 261 StPO), gibt es eine Sicherheit oder Gewissheit. Insofern ist der Verdacht ein zentraler Begriff des Strafverfahrens.[47] Dabei sind drei Verdachtsgrade zu unterscheiden, die im Folgenden kurz vergleichend dargestellt werden. Die Einzelheiten finden sich dort, wo die jeweiligen Verdachtsgründe thematisch verortet sind.
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Der Anfangsverdacht ist notwendig, um ein Ermittlungsverfahren einzuleiten (§§ 160 Abs. 1, 152 Abs. 2 StPO). Er erfordert eine auf konkrete Tatsachen und kriminalistische Erfahrung, aber nicht nur auf Vermutungen oder kriminalistische Hypothesen,[48] gestützte Möglichkeit, dass eine verfolgbare Straftat begangen worden ist.[49] Dabei kann sich der Anfangsverdacht gegen Unbekannt oder gegen eine konkrete Person als Täter oder Teilnehmer richten. Er stellt die schwächste Form des Tatverdachts dar und wird daher auch als einfacher Tatverdacht bezeichnet. Da kein Ermittlungsverfahren ohne Begründung eines Anfangsverdachts geführt werden kann, ist dieser auch notwendige Mindestvoraussetzung für alle Zwangsmaßnahmen im Strafverfahren.
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Der hinreichende Tatverdacht ist Voraussetzung für die Anklageerhebung und die Eröffnung des Hauptverfahrens (§§ 170 Abs. 1, 203 StPO). Er erfordert eine Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Beschuldigte eine Straftat begangen hat und dafür auch verurteilt werden wird.[50] Beurteilungsbasis sind die abschließenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens. Im Sinne einer Prognose müssen diese Ermittlungsergebnisse also mehr für als gegen eine Verurteilung sprechen.
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Der dringende Tatverdacht ist Voraussetzung für einige Zwangsmaßnahmen, die besonders intensiv in Grundrechte eingreifen. Hierzu zählen insbesondere die freiheitsentziehenden Maßnahmen, wie Untersuchungshaft (§ 112 Abs. 1 S. 1 StPO) und vorläufige Festnahme (§ 127 Abs. 2 StPO). Hierbei muss aufgrund konkreter Anhaltspunkte eine große (hohe) Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Beschuldigte als Täter oder Teilnehmer eine rechtswidrige Straftat schuldhaft begangen hat.[51] Der Tatverdacht muss also stärker sein als beim hinreichenden Tatverdacht. Zu berücksichtigen ist aber, dass sich der hinreichende Tatverdacht stets auf Grundlage der abgeschlossenen Ermittlungen und damit einer breiten Beurteilungsbasis ergeben muss, während der dringende Tatverdacht auf Basis des gegenwärtigen, häufig noch unvollständigen Ermittlungsstandes beurteilt wird, der sich ändern kann. Die Annahme des dringenden Tatverdachts setzt also keineswegs voraus, dass auch der hinreichende Tatverdacht feststeht.[52] Nur im Zeitpunkt der Anklageerhebung muss der dringende Tatverdacht stärker sein als der hinreichende Tatverdacht.[53]
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Um ein rechtsstaatliches Verfahren zu gewährleisten, existiert eine Vielzahl von sog. Verfahrensprinzipien. Es handelt sich um Grundsätze des Strafverfahrens, die auch als Prozessmaximen bezeichnet werden. In ihrem Zusammenspiel bilden sie die Grundlage des deutschen Strafverfahrens und seiner oben beschriebenen Aufgaben und Ziele. Für das Ermittlungsverfahren – aber keineswegs ausschließlich dafür – sind als wichtige Prozessmaximen zu nennen das Legalitätsprinzip (Verfolgungs- und Anklagezwang), das Offizialprinzip (Strafverfolgung durch den Staat), das Instruktionsprinzip (Untersuchungsgrundsatz), das Akkusationsprinzip (Anklagegrundsatz) sowie auch das Beschleunigungsgebot. Weiterhin bestehen spezifische Prinzipien zur Ausgestaltung der Hauptverhandlung. Hierzu zählen insbesondere der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, der Unmittelbarkeitsgrundsatz, der Mündlichkeitsgrundsatz, der Öffentlichkeitsgrundsatz sowie die freie Beweiswürdigung mit ihren Bezügen zum Grundsatz „in dubio pro reo“ („im Zweifel für den Angeklagten“) und die gerichtliche Fürsorgepflicht. Für die richterliche Tätigkeit von entscheidender Bedeutung ist auch die richterliche Unabhängigkeit. Weiterhin prägend für das gesamte Strafverfahren sind der Grundsatz des gesetzlichen Richters, das nemo-tenetur-Prinzip (Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung), der Fair-trial-Grundsatz (Gebot des fairen Verfahrens), die Unschuldsvermutung, die Rechtsweggarantie sowie auch das Recht auf Unterstützung durch einen Verteidiger und das Verhältnismäßigkeitsprinzip[54].
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Diese Grundsätze des Strafverfahrens sind nur teilweise gesetzlich normiert, wie beispielsweise die Grundsätze des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) und des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), das Offizial- (§ 152 Abs. 1 StPO) und das Legalitätsprinzip (§ 152 Abs. 2 StPO) oder der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 261 StPO). Andere lassen sich aus Einzelvorschriften ableiten, wie z. B. der Grundsatz der Mündlichkeit aus §§ 261, 264 StPO, oder aber sie ergeben sich aus dem Gesamtzusammenhang, wie die richterliche Fürsorgepflicht. Dabei gelten die Grundsätze zum Teil ausnahmslos, während viele auch Ausnahmeregelungen enthalten. Beispielsweise wird das Legalitätsprinzip durch das Opportunitätsprinzip (vgl. §§ 153 ff. StPO) beschränkt. Einzelheiten zu den einzelnen Verfahrensprinzipien werden jeweils dort behandelt, wo sie ihre entscheidende bzw. größte Relevanz für das Strafverfahren haben. Das kann sowohl einen Verfahrensabschnitt als auch die Verfahrensbeteiligten betreffen. Wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung für das gesamte Strafverfahren werden jedoch bereits hier vorab der Fair-trial-Grundsatz, die Unschuldsvermutung, der Verhältnismäßigkeits- und der Beschleunigungsgrundsatz dargestellt.
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Hergeleitet wird der Fair-trial-Grundsatz aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG)[55] oder aber einer Gesamtschau der Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 S. 2, 20 Abs. 3, 101 Abs. 1 S. 2, 103 Abs. 1 GG, Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK.[56] Die StPO enthält bereits zahlreiche konkrete Rechte, die ein faires Verfahren gewährleisten sollen, wie beispielsweise das Recht auf Verteidigung, die Aussagefreiheit des Beschuldigten, die verbotenen Vernehmungsmethoden sowie zahlreiche Belehrungsvorschriften. Die eigenständige Bedeutung dieses Grundsatzes liegt insoweit in einer Art „Waffengleichheit“im Sinne einer Verfahrensbalance zwischen dem Beschuldigten und den Strafverfolgungsbehörden.[57] Dies bedeutet aber nicht eine Gleichheit der Rechte, sondern eine Ausbalancierung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Verfahrensrollen.[58] Der Beschuldigte muss die Möglichkeit haben, die strukturell bedingte Übermacht der Strafverfolgungsbehörden auszugleichen, indem er die Chance erhält, die gegen ihn vorliegenden Beweise zu analysieren und zu kontern.[59]
Beispiele:
Ein Verstoß gegen den Fair-trial-Grundsatz liegt vor, wenn der Beschuldigte über die wahren Gründe seiner Festnahme getäuscht[60] oder durch einen Polizeispitzel als Zellengenosse staatlich ausgeforscht wird[61].
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Die Unschuldsvermutung ist u. a. in Art. 6 Abs. 2 EMRK verankert und folgt verfassungsrechtlich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).[62] Danach gilt jede Person solange als unschuldig, bis ihre Schuld durch eine rechtskräftige Entscheidung nachgewiesen ist.[63] Dabei darf man, beispielsweise aufgrund stark belastender Indizien, durchaus die Vermutung haben, dass jemand einer Straftat schuldig ist. Jedoch darf man ihn deshalb nicht wie einen Schuldigen behandeln. Die Unschuldsvermutung legt die Grenze der Belastbarkeit des Beschuldigten fest[64] und verbietet, gegen einen Beschuldigten Maßnahmen zu treffen, die Schuld voraussetzen. Demgegenüber sind Maßnahmen, die auf einem Tatverdacht beruhen, zulässig, da diese ja gerade dazu dienen, die Tat aufzuklären und ggf. auch die Schuld nachzuweisen.
Beispiele:
Strafhaft gegen einen Beschuldigten – ohne ein rechtskräftiges Urteil – verstößt gegen die Unschuldsvermutung. Untersuchungshaft setzt hingegen lediglich u. a. einen dringenden Tatverdacht voraus und dient der Durchführung des Strafverfahrens.
Lässt sich am Ende des Strafverfahrens die Schuld nicht nachweisen oder stellt sich die Unschuld heraus, dann bleiben die im Ermittlungsverfahren aufgrund einer Verdachtslage getroffenen Maßnahmen, beispielsweise eine Wohnungsdurchsuchung oder eine vorläufige Festnahme, trotzdem rechtmäßig.
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Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Übermaßverbot haben Verfassungsrang[65] und gelten auch im Strafverfahren.[66] Mit Übermaßverbot ist gemeint, dass der jeweilige Eingriff den Betroffenen nicht übermäßig belasten darf. Er muss also hinsichtlich Anordnung, Vollziehung und Dauer begrenzt werden, damit er dem Betroffenen zumutbar ist.[67] Daher erfordern Grundrechtseingriffe der Strafverfolgungsbehörden stets einen legitimen Zweck. Hierzu zählt grundsätzlich jedes öffentliche Interesse, das verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen ist.[68] Das Mittel zum Erreichen des eingesetzten Zwecks muss dabei immer geeignet, erforderlich und angemessen sein.[69] Die StPO enthält keine Norm, in der dieser Grundsatz allgemein geregelt ist. Zwangsmaßnahmen dürfen aber stets nur unter Beachtung dieser Prinzipien angeordnet werden. Verdeckte Zwangsmaßnahmen greifen besonders intensiv in Grundrechte ein. Sie sind daher nur unter erhöhten materiell-rechtlichen Voraussetzungen, wie beispielsweise dem Tatverdacht einer schweren, in einem Straftatenkatalog abschließend aufgeführten Straftat zulässig (z. B. § 100a Abs. 2 StPO). Dies stellt letztlich eine gesetzliche Konkretisierung der Verhältnismäßigkeit dar.
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Geeignet ist eine Maßnahme, wenn mit ihr der angestrebte Erfolg erreicht werden kann. Erforderlich bedeutet, dass kein milderes Mittel zur Verfügung steht, um den mit der Maßnahme angestrebten Erfolg zu erzielen. Es ist also stets das geeignete Mittel zu wählen, das den Betroffenen am geringsten beeinträchtigt. Bei verdeckten Zwangsmaßnahmen ist die Erforderlichkeit in Form sog. Subsidiaritätsklauseln im Gesetz besonders geregelt.
Beispiele: