Strategisches Personalmanagement - Thomas Batz - E-Book

Strategisches Personalmanagement E-Book

Thomas Batz

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Beschreibung

Strategisches Personalmanagement leistet als zentrale Querschnittsfunktion in allen betrieblichen Funktionsbereichen einen entscheidenden Beitrag zum Unternehmenserfolg. Nur wenn es gelingt, Mitarbeiter zu "Human Capital" zu entwickeln und dieses Kapital optimal einzusetzen, können Unternehmen auf den Märkten dauerhaft bestehen und zukunftssicher agieren. Orientiert an den entscheidenden erfolgskritischen Aufgabenfeldern werden in diesem prägnanten Lehrbuch die Fakten, Erkenntnisse und Hintergründe zum Thema auf wissenschaftlicher Basis strukturiert aufgezeigt. Zudem wird mittels zahlreicher praktischer Beispiele der unmittelbare Wissenstransfer in die betriebliche Personalarbeit gefördert.

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BWL und VWL für die Praxis herausgegeben von Thorsten Krings

Thomas Batz

Strategisches Personalmanagement

Ein Ratgeber für Studium und Praxis

Verlag W. Kohlhammer

Kontaktdaten

Prof. Dr. Thomas Batz

DHBW Heilbronn

Bildungscampus 4

74076 Heilbronn

Kontaktdaten: [email protected]

 

Herzlichen Dank an Herrn Frederick Nieland, der freundlicherweise die Abbildungsvorlagen erstellt hat.

 

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

1. Auflage 2021

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-037804-9

E-Book-Formate:

pdf:        ISBN 978-3-17-037805-6

epub:     ISBN 978-3-17-037806-3

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

 

Geleitwort

 

 

 

Die Idee zur Reihe »BWL und VWL für die Praxis« entstand spontan in einem Gespräch mit dem Kohlhammer Verlag. Den Ausgangspunkt bildete die Feststellung, dass es für die Betriebs- und Volkswirtschaftslehre im Grunde viel zu wenig Bücher gibt, wie wir sie gerne lesen würden: nämlich einerseits wissenschaftlich fundiert, andererseits jedoch mit dem klaren Fokus auf die Anwendbarkeit und prägnante Darstellung des Wissens. Da keine Hochschulform die Verbindung zwischen Theorie und Praxis besser beherrscht als die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), wurde daraus eine eigenständige Buchreihe, deren einzelne Bände von Professoren und Dozenten der DHBW verfasst werden.

Der BWL-Bereich behandelt einzelne relevante Funktionsbereiche eines Unternehmens (teilweise mit Branchenfokus) und bietet eine fundierte – zugleich praxistaugliche – Einführung in die jeweilige Thematik. Im VWL-Bereich geht es ergänzend darum, gesamtwirtschaftliche Ideen und Konzepte auch im historischen Kontext aufzugreifen und zu fragen, welche praktische Relevanz diesen Ansätzen heute noch zukommt.

Im Mittelpunkt der neuen Buchreihe steht der effektive Lernprozess: Die Bücher enthalten neben Fallstudien zahlreiche Transferaufgaben, durch die am konkreten Beispiel die jeweiligen Instrumente angewendet werden können und damit idealerweise schon beim Durcharbeiten des Buchs ein Mehrwert in Form von praktischer Arbeit am eigenen Unternehmen entsteht – auch im Rahmen einer Lehrveranstaltung, eines Seminars oder im Selbststudium. Die Autoren maßen sich dabei nicht an, am besten zu wissen, wie ein Unternehmen zu führen ist. Vielmehr geht es darum, die richtigen handlungsleitenden Fragen zu stellen und dabei praktisch anwendbare Lösungsansätze aus der Theorie vorzustellen.

Ich freue mich sehr, diese Reihe als Herausgeber zu betreuen und bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen, die sich dafür haben begeistern lassen und die viel Zeit und Herzblut in dieses Projekt stecken.

Über kritische Rückmeldungen, Ideen und Anregungen würden wir uns freuen. Die Kontaktdaten der Autoren finden Sie im jeweiligen Buch.

 

Wiesloch, im Juli 2021

Thorsten Krings

 

Vorwort

 

 

 

Ein Buch über Strategisches Personalmanagement zu schreiben, ist kein einfaches Unterfangen. Denn zum einen ist Strategisches Personalmanagement ein Querschnittsthema, das alle Unternehmensbereiche durchdringt. Zum anderen kann man die Aufgabenstellung Strategisches Personalmanagement durchaus aus den verschiedensten Perspektiven betrachten. Hier spielen wesentliche Aufgabenstellungen der Betriebswirtschaftslehre und der Psychologie eine zentrale Rolle. Es ist kaum möglich, allen Ansätzen, Modellen und Überlegungen, die es in diesem Zusammenhang gibt, auch umfassend gerecht zu werden. Das vorliegende Buch ist sich dieser Einschränkung sehr wohl bewusst.

Im Fokus steht die Darstellung und Erläuterung zentraler Aspekte der strategischen betrieblichen Personalarbeit auf der Basis von wichtigen wissenschaftlichen Grundlagen. Damit unterscheidet sich dieses Buch von anderen Werken, die sich teilweise auf die Weiterentwicklung der theoretischen Erkenntnisse fokussieren aber auch von Büchern von Praktikern, die sich zum Teil ohne weitere wissenschaftliche Grundlagen auf die Darstellung ihrer Überzeugungen oder persönlichen Erfahrungen konzentrieren. Ziel war es also, einen fundierten Praxisratgeber zu erarbeiten, mit dessen Hilfe systematische und nachhaltige Lösungen im Rahmen der Personalarbeit erzielt werden können.

Natürlich kann so ein vielschichtiges und anspruchsvolles Thema wie Personalmanagement zu sehr unterschiedlichen Interpretationen und Empfehlungen führen. Um aber trotz dieser Gefahr zu ausgeglichenen und vor allem praxisrelevanten Empfehlungen zu gelangen, integriert dieses Buch zahlreiche Praxisbeispiele, zudem kommen Experten und Vertreter namhafter Unternehmen zu Wort.

Orientiert an wesentlichen Funktionsbereichen des Personalmanagements werden fünf zentrale Themenschwerpunkte näher beleuchtet. Es handelt sich dabei um:

•  Basiswissen Strategisches Personalmanagement

•  Informationsgewinnung, Strategieableitung und Strategiegestaltung

•  Zentrale Handlungsfelder des Strategischen Pesonalmanagements

•  Employer Branding

•  Evaluierung des Erfolgsbeitrags des Strategischen Personalmanagements

Wie schon angesprochen ist es keine einfache Aufgabe, ein Buch über Strategisches Personalmanagement zu schreiben. Wenn aber der vorliegende Praxisratgeber an der einen oder anderen Stelle als Unterstützung, Hilfestellung oder Inspiration für die betriebliche Personalarbeit sowie für das Studium angehender HR Spezialistinnen und Spezialisten dienen kann, dann hat sich die Arbeit mehr als gelohnt.

 

Neunkirchen, im Juli 2021

Thomas Batz

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

Geleitwort

Vorwort

Themenschwerpunkt A: Basiswissen Strategisches Personalmanagement

1   Einführung

2   Verständnis, Begriffsklärung und Ziele des Strategischen Personalmanagements

2.1 Verständnis und Begriffsklärung

2.2 Ziele des Strategischen Personalmanagements

2.2.1 Grundsatzüberlegungen zum Themenfeld Ziele

2.2.2 Spezifische Ziele des Strategischen Personal- managements

2.2.3 HR als strategischer Partner des Managements

2.2.4 Zentrale Trends des Strategischen Personal- managements

3   Ausgewählte Modelle des Strategischen Personalmanagements

3.1 Das Drei-Säulen-Modell

3.2 Das Harvard-Modell des Strategischen Personalmanagements

3.3 Das Fünf-S-Modell des Strategischen Personalmanagements

3.3.1 Strategische effiziente Personalführung

3.3.2 Strategisches Vergütungsmanagement und Strategischer Personalerfolg

3.3.3 Strategisches Recruiting und Strategisches Retainment

3.3.4 Strategischer Personaleinsatz

3.3.5 Strategische Personalentwicklung

3.4 Das St. Gallener-Management-Modell und seine Bedeutung für das Strategische Personalmanagement

3.5 Die Balanced Scorecard des Strategischen Personalmanagements

3.6 Das Modell des HR Business Partners

Themenschwerpunkt B: Evaluierung des Wertschöpfungsbeitrags des Strategischen Personalmanagements

1   Einleitung

2   Bedeutung des Controllings

2.1 Bedeutung und Definition des Personalcontrollings

2.2 Zentrale Begriffe im Rahmen des Personalcontrollings

2.2.1 Evaluation und Evidenz im Rahmen des Personalcontrollings

2.2.2 People Analytics

2.2.3 Prädiktive Analysen

2.3 Zentrale Aufgabenfelder des Personalcontrollings

2.3.1 Begriff und Bedeutung der Wertschöpfung

2.3.2 Die Messung der Wertschöpfung

2.3.3 Wertschöpfungscenter Personalmanagement

2.4 Human Capital Management als Ausgangspunkt des Personalcontrollings

2.4.1 Die Saarbrücker Formel

2.4.2 Der Human Potential Index

2.4.3 Moral des Personalcontrollings, Personalcontrolling der Moral

2.5 Kennzahlenbasiertes Personalcontrolling

2.6 Controlling im Bereich des Employer Branding

Themenschwerpunkt C: Informationsgewinnung, Strategieableitung und Strategiegestaltung

1   Einführung

2   Bedeutung, Definitionen, Anforderungen und Ausprägungen der Informationsgewinnung

2.1 Bedeutung und Definition der Informationsgewinnung

2.2 Qualitätsanforderungen und Rahmenbedingungen der Informationsgewinnung

2.3 Funktionen der Informationsgewinnung

2.4 Methoden der Informationsgewinnung

2.4.1 Sekundärforschung

2.4.2 Primärforschung

3   Analysetools: Voraussetzung für eine Strategieableitung

3.1 Bedeutung und Definition des Analysetool

3.2 Die SWOT-Analyse des Strategischen Personalmanagements

3.3 Die BCG-Matrix des Strategischen Personalmanagements

4   Gestaltung von Personalstrategien

4.1 Bestimmung von Personalstrategien

Themenschwerpunkt D: Zentrale Handlungsfelder des Strategischen Personalmanagements

1   Einleitung

2   Strategische Personalplanung

2.1 Strategische Personalplanung: Begriff und Bedeutung

2.2 Ziele der Strategische Personalplanung

2.3 Personalbewegungen

3   Talente

3.1 Talent und Talent-Management: Begriff und Bedeutung

3.2 Aufbau eines Talent-Managementsystems

4   Strategische Führungskräfte-Entwicklung

4.1 Ziele und Voraussetzungen der strategischen Führungskräfte-Entwicklung

4.2 Prozesse, Methoden und Instrumente der strategischen Führungskräfte-Entwicklung

4.2.1 Gewinnung und Rekrutierung von Nachwuchs- führungskräften

4.2.2 Performance Management

4.2.3 Qualifizierungs-, Trainings- und Fördermaßnahmen

5   Retention Management

5.1 Herausforderungen des Retention Managements

5.2 Geeignete Bindungsmaßnahmen

6   Diversity Management

6.1 Gender Diversity Management

6.2 Cultural Diversity Management

6.3 Age Diversity Management

7   Trennungsmanagement

7.1 Trennungsmanagement: Begriff und Bedeutung

7.2 Gestaltungsfaktoren des Trennungsmanagements

Themenschwerpunkt E: Employer Branding

1   Grundlagen des Employer Branding

1.1 Aktuelle Herausforderungen

1.2 Employer Branding: Begriff und Definition

1.2.1 Marke

1.2.2 Arbeitgebermarke

1.3 Einflussfaktoren auf das Employer Branding

1.4 Wirkungsfelder der Arbeitgebermarke

1.5 Arbeitgeberattraktivität

1.6 Employer Branding für interne und externe Zielgruppen

1.7 Corporate Identity als Fundament der Arbeitgebermarke

1.7.1 Corporate Design

1.7.2 Corporate Communication

1.7.3 Corporate Behavior

1.8 Positionierung einer überzeugenden Mitarbeitermarke

2   Erklärungsansatz des Mitarbeiter- und Bewerberverhaltens

2.1 SOR-Modell

2.2 Strukturmodell der Markenwirkung im SOR-Modell

2.3 Employer Branding im Kontext des Personalmarketings

2.4 Konkrete Anwendungsmöglichkeiten des Employer Branding

2.4.1 Personalbeschaffung

2.4.2 Personaleinsatz und Personalführung

2.4.3 Personalbeurteilung

2.4.4 Personalentlohnung und Personalentwicklung

2.5 Employer Branding-Strategie

2.5.1 Externe und interne Situationsanalyse

2.5.2 Positionierung der Arbeitgebermarke

2.5.3 Markenarchitektur

2.5.4 Evolution und Budgetierung der Arbeitgebermarke

3   Konkrete Umsetzung des Employer Branding

3.1 Interne Implementierung des Employer Branding

3.2 Externe Kommunikation auf der Basis des Employer Branding

4   Abschließende Überlegungen

Literaturverzeichnis

Glossar

 

 

 

 

Themenschwerpunkt A: Basiswissen Strategisches Personalmanagement

 

1          Einführung

 

 

 

Ohne Frage stellt der Faktor Humankapital einen entscheidenden, vielleicht sogar den entscheidenden Erfolgsfaktor für Unternehmen dar. Es erscheint durchaus naheliegend, dass eine Firma mit hervorragenden Mitarbeitern auch über große Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz verfügen sollte. Entsprechend sind das Finden und Binden sehr guter Mitarbeiter sowie deren Integration und Weiterentwicklung von großer Bedeutung. Zudem zählt die optimale Zuordnung zu geeigneten und klar definierten Arbeitsplätzen, die wertschätzende Führung sowie die leistungsgerechte Entlohnung dieser Mitarbeiter zu den zentralen Aufgaben eines Unternehmens. Man wird kaum ein Unternehmen finden, das diese Aussagen in Zweifel zieht. In den allermeisten Imagebroschüren und auf nahezu allen Firmen-Homepages wird die Bedeutung der wertvollen Ressource Mitarbeiter betont.

Wie kann es dann aber sein, dass Mitarbeiter oftmals das Gefühl haben, nicht mit den richtigen Aufgaben betraut zu werden bzw. nicht ihr ganzes Potential einbringen zu können? In verschiedenen Firmen leisten einige wenige einen Großteil der Arbeit ohne dafür ausreichende Anerkennung zu bekommen. Während andere den Tag verstreichen lassen, ohne dass eine negative Konsequenz droht. Teilweise werden Mitarbeiter ge- und befördert, obwohl kaum ein Grund dafür erkennbar ist. Während andere tun können, was immer sie wollen, ohne eine Förderung zu erfahren. Und im Krisenfall scheint die beste aller Lösungen der Personalabbau zu sein, denn so lässt sich ja viel Geld sparen. Stellt sich nur die Frage, mit wem der Neustart nach der Krise gelingen soll, wenn vorher umfassend Arbeitskräfte freigesetzt wurden? Die Konsequenz ist in der Regel, dass motivierte und qualifizierte Mitarbeiter, die auf den aktuellen Arbeitsmärkten durchaus als Mangelware zu bezeichnen sind, das Unternehmen verlassen. Wodurch in diesen Unternehmen spürbare Einschränkungen der Wettbewerbsfähigkeit ausgelöst werden.

Gibt es wirklich keine guten Mitarbeiter mehr auf den Arbeitsmärkten? Natürlich kann sich die Situation auf den Arbeitsmärkten immer wieder verändern. Ein Grund dafür sind Krisen, die urplötzlich und unvorhersehbar entstehen können. Die Weltwirtschaftskrise 2008/09 und die Corona-Krise 2019/20, in der innerhalb von Wochen Millionen ihren Arbeitsplatz verloren haben, sind dafür nur Beispiele. In der Langfristperspektive aber kann festgehalten werden, dass gute Mitarbeiter nur schwer zu finden und vielleicht noch schwerer zu binden sein werden.

Der Grund für diese auch in Deutschland nicht seltene Entwicklung liegt in einem nicht vorhandenen oder zumindest zu geringen Verständnis des Begriffs Strategisches Personalmanagement sowie dessen Zielen und Bedeutung. Leider wird Personalmanagement nicht immer langfristig, vorausschauend und nachhaltig gestaltet, sondern oftmals eher als kurzfristige und situative Reaktion verstanden.

Diese Vorgehensweise ist teilweise den sich rasend schnell veränderten Umweltsituationen geschuldet. In der aktuellen digitalisierten und international verknüpften Arbeitswelt haben sich viele Rahmenbedingungen elementar verändert. Und in vielen Bereichen stehen wir erst am Anfang dramatischer Veränderungen. Darauf aber mit kurzfristigem und kurzsichtigem Aktionismus zu reagieren, führt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolgen.

Sehr wahrscheinlich werden Führungskräfte immer wieder gezwungen sein, aufgrund der skizzierten Entwicklungen des Wettbewerbsumfeldes und der Arbeitswelt auch situativ zu reagieren. Auch wenn Autoren wie Birri (2014, S. 15) dies als »aktionistische Orientierungslosigkeit« bezeichnen.

Die Antwort auf die aktuellen Herausforderungen kann langfristig nur lauten, den Einsatz der zentralen Erfolgsressource Personal nachhaltig, vorausschauend und in enger Abstimmung mit den Unternehmenszielen und -strategien zu gestalten. Je komplexer und dynamischer sich die Umwelt entwickelt, umso konsequenter und zielgerichteter müssen Unternehmen im Hinblick auf Human Resource Management vorgehen. Oder mit anderen Worten: Personalmanagement muss strategisch ausgerichtet werden. Dazu ist es aber erforderlich diese anspruchsvolle Thematik umfassend zu durchdringen und von der wissenschaftlichen Theorie in die betriebliche Praxis zu übertragen.

 

2          Verständnis, Begriffsklärung und Ziele des Strategischen Personalmanagements

 

 

 

In einem ersten Schritt sollen zentrale Grundlagen durch die Darstellung sowie die kritische Diskussion des Begriffs und der wesentlichen Ziele des Strategischen Personalmanagements vermittelt werden, um so ein umfassendes Verständnis von der Notwendigkeit zu erlangen, sich mit diesem Aufgabenfeld intensiv zu beschäftigen. So wird eine klare Orientierung geschaffen, auf deren Basis die weiteren vielfältigen und teils komplexen Aspekte der Personalarbeit erfasst, nachvollzogen und verinnerlicht werden können.

2.1       Verständnis und Begriffsklärung

Wie eingangs bereits skizziert ist das Verständnis für die große Bedeutung und die unverzichtbare Notwendigkeit des zielgerichteten Einsatzes des Strategischen Personalmanagements nicht immer vorhanden bzw. nur unzureichend ausgeprägt. Dieses Verständnis zu erlangen, ist aber eine unverzichtbare Anforderung an Führungskräfte und Personalmanagement, weil die Personalarbeit als Querschnittsfunktion alle Bereiche des Unternehmens durchdringt und somit den Unternehmenserfolg maßgeblich mitgestaltet.

Die Kernaufgabe des Human Resource Management (HRM) besteht darin, für das jeweilige Unternehmen einen Wertschöpfungsbeitrag zu erzielen. Nur dann wird der Personalarbeit auch ein hoher Stellenwert beigemessen. In nicht wenigen Unternehmen aber wird dem Personalmanagement eher mit Geringschätzung begegnet. Woran könnte das liegen? Prinzipiell besteht das HRM aus zwei zentralen Bestandteilen.

Dies ist zum einen die transaktionale, eher verwaltende Komponente der Personalarbeit und zum anderen die für das strategische Management deutlich bedeutsamere Funktion des transformatorischen und damit wertschöpfenden HRM (vgl. Krings, 2018, S. 6). Überdies kann die Erzielung eines Wertschöpfungsbeitrags durch die Personalarbeit auch durch die Tatsache erschwert werden, dass das Personalmanagement häufig nicht in die Festlegung der Unternehmensstrategie miteinbezogen und zudem oft nur unzureichend informiert wird (ebd.). Dies verwundert sehr, weil eine Unternehmensstrategie ohne geeignetes Personal nicht umsetzbar ist. Unternehmensstrategie und Personalstrategie sind also unmittelbar miteinander verbunden und es ergeben sich zahlreiche Interdependenzen. Man könnte vermuten, dass das Management dem HRM die transformatorische Kompetenz nicht zutraut und Personalarbeit eher auch die verwaltende Rolle konzentriert. Mit strategischem Personalmanagement hat dieser Ansatz allerdings nichts zu tun.

Während in der Vergangenheit insbesondere Ressourcen wie Produktionsanlagen oder Finanzen im Vordergrund standen, ist mittlerweile die zentrale Ressource Mitarbeiter in den Fokus gerückt. Diese Einsicht ist sicherlich auch mit dem demographischen Wandel und der damit verbundenen Verknappung von qualifizierten Arbeitssuchenden sowie mit dem Wandel Deutschlands von einem Industriestandort hin zu einer Dienstleistungsnation verbunden. Der »Produktionsfaktor Personal« ist als kritischer Erfolgsfaktor und vielleicht sogar als Engpassfaktor zu verstehen und muss bestmöglich gemanagt werden. Daher ist es wichtig, die zentralen Begriffe des Personalmanagements zu definieren, zu verstehen und gezielt anwenden zu können. Was ist nun aber konkret unter Strategischem Personalmanagement zu verstehen?

Wie bei einem so zentralen und bedeutsamen Begriff zu erwarten ist, gibt es in Wissenschaft und Praxis eine Vielzahl von Definitionen und Begriffsbezeichnungen (nicht wenige Autoren beschreiben eine schier »babylonische Sprachverwirrung«), wodurch die wissenschaftliche Einordnung und praktische Umsetzung des Strategischen Personalmanagements erschwert wird. Leider »gibt es kein allgemeingültiges Verständnis, wie die Ressource Personal im Unternehmen gemanagt werden soll, wer letztendlich das Personalmanagement betreibt und für wen es betrieben wird. So werden auch hier je nach Autor unterschiedlichste Vorschläge unterbreitet« (Lebrenz, 2017, S. 12).

Aus diesem Grunde bezieht sich die verwendete Definition des Strategischen Personalmanagement ganz bewusst auf eine klare und – in einem sehr positiven Sinne zu verstehende – einfache Erklärung eines komplexen Begriffs. »Ohne Personen, die in einem Unternehmen arbeiten, gibt es kein Unternehmen. Das Humankapital ist daher zentraler Baustein jeglichen wirtschaftlichen Handelns« (Lebrenz, 2017, S. 25). Das strategische Personalmanagement verbindet die strategische Unternehmensführung mit dem Personalmanagement, um so die zentralen strategischen Unternehmensziele bestmöglich unterstützen zu können. (Lebrenz, 2017, S. 32).

Ausgehend von dieser grundsätzlichen Definition werden weitere detailliertere Überlegungen möglich, die zu nachfolgendem Definitionsansatz führen.

Wie schon aus der Bezeichnung Strategisches Personalmanagement ersichtlich, liegt der Fokus nicht auf operativen HR Maßnahmen und Umsetzungen, sondern vielmehr auf einem strategischen Blickwinkel und damit auf einer auf lange Sicht angelegten Gestaltung der Personalarbeit, die alle aktuellen und (soweit prognostizierbar) zukünftigen unternehmensexternen und unternehmensinternen Aspekte berücksichtigt. Damit rücken nicht nur die Chancen und die Risiken der Umwelt (bzw. der Arbeitsmärkte), sondern auch die Stärken und die Schwächen des jeweiligen Unternehmens (insbesondere im Hinblick auf die Personalarbeit) in den Vordergrund, wobei die Unternehmensstrategie als zentraler Orientierungspunkt des Strategischen Personalmanagements von ganz besonderer Bedeutung ist (Wirtschaftslexikon 24, 2018a).

Um das Strategische Personalmanagement vollständig erfassen zu können, ist eine Betrachtung auf drei Ebenen erforderlich (Wirtschaftslexikon 24, 2018a):

•  Ebene 1: Zum einen sind zentrale Funktionen der Personalarbeit wie z. B. das Recruiting oder die Gestaltung von Anreizsystemen im Einklang mit der Unternehmensstrategie zu gestalten, um so gezielt zum Unternehmenserfolg beizutragen.

•  Ebene 2: Zum anderen ist es bedeutsam, mit Hilfe einer geeigneten Personalstrategie übergreifend die Personalarbeit in allen Bereichen koordiniert und abgestimmt zu gestalten, um so größtmögliche Effizienz und Synergie erzielen zu können.

•  Ebene 3: Zudem ist es von großer Bedeutung, das Personalmanagement kontinuierlich mit den strategischen Unternehmenszielen und damit mit dem strategischen Management abzustimmen und ggf. anzupassen. Nur so kann die vielleicht wichtigste Aufgabe des strategischen Personalmanagements im Hinblick auf die umfassende Unterstützung der Erreichung der Unternehmensziele erfolgreich gestaltet werden.

Wie aus den Ausführungen ersichtlich wird, ist in diesem Kontext die Strategie von besonderer Bedeutung und soll deshalb nochmals separat betrachtet bzw. definiert werden: »Strategie wird definiert als die grundsätzliche, langfristige Verhaltensweise (Maßnahmenkombination) der Unternehmung und relevanter Teilbereiche gegenüber ihrer Umwelt zur Verwirklichung der langfristigen Ziele« (Müller-Stewens und Gillenkirch, 2018). Insbesondere mit Blick auf die eigenen Mitarbeiter ist eine grundsätzliche und langfristige Vorgehensweise unerlässlich. Ansonsten würden Mitarbeiter die Orientierung und damit wohl auch die Motivation verlieren. Somit könnten sie nicht den ansonsten möglichen Erfolgsbeitrag zur Erreichung der Unternehmensziele erbringen. Vereinfacht könnte man strategische Entscheidungen auch als Grundsatzentscheidungen bezeichnen, durch die zentrale Leitlinien für die Personalarbeit festgelegt werden.

Weitere Klarheit und einen weiterführenden Einblick in die Wirkungsweise des Strategischen Personalmanagements kann durch die Betrachtung des Prozessablaufes und der Architektur des Strategischen Personalmanagements gewonnen werden. Wichtig ist aber in diesem Zusammenhang auch der Hinweis, dass diese Modelle allgemeine Mechanismen verdeutlichen. In der betrieblichen Praxis wird man aber die eine allgemeingültige Lösung nicht finden, die für alle Branchen, Firmen und Situationen funktioniert. Entsprechend müssen die eher grundlegenden theoretischen Modelle für die praktische Anwendung unternehmensspezifisch abgepasst werden.

Strategisches Personalmanagement kann als Prozess verstanden und dargestellt werden (Nitsche, 2012). Die Basis für alle relevanten Überlegungen zum Strategischen Personalmanagement bildet die Unternehmensstrategie als zentraler Orientierungsrahmen. Davon ausgehend sind alle Maßnahmen der Planung und der Differenzierung des Personals in Abhängigkeit von deren Bedeutung für das Unternehmen sowie von der Situation auf den aktuellen internen und externen Arbeitsmärkten festzulegen. Beispiele für diese Hinweise finden sich in der betrieblichen Praxis sehr häufig. So ist es für Unternehmen sehr schwer, hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte zu ersetzen, falls diese das Unternehmen verlassen und damit große Kompetenzlücken hinterlassen. Insbesondere wenn diese zu einem konkurrierenden Unternehmen wechseln, können sich ernste Probleme ergeben. Denn es wird aktuell auf den insbesondere im Bereich der hochqualifizierten Arbeitnehmer geradezu leergefegten deutschen Arbeitsmärkten kaum adäquaten Ersatz geben. Meist ist hier ein hoher finanzieller und zeitlicher Aufwand bei der Mitarbeitersuche zu bedenken.

In einem weiteren Schritt sind parallel in enger Anlehnung an die Unternehmens-strategie sowohl geeignete Prozesse des Strategischen Personalmanagements als auch adäquate Maßnahmen für die jeweiligen Arbeitnehmer zu entwickeln, um diese anschließend implementieren und ebenso strukturiert langfristig umsetzen zu können. Abschließend werden die eingeführten Prozesse und Maßnahmen mit Hilfe des Strategischen Personalcontrollings reflektiert und bestätigt bzw. angepasst.

2.2       Ziele des Strategischen Personalmanagements

Um die Thematik Ziele des Strategischen Personalmanagement umfassend verstehen zu können, sind prinzipielle Überlegungen zum Themenfeld Ziele unverzichtbar, bevor die Ziele des Strategischen Personalmanagement weiter konkretisiert werden können.

2.2.1     Grundsatzüberlegungen zum Themenfeld Ziele

Was kann prinzipiell unter einem Ziel verstanden werden? Ein Ziel stellt im betriebswirtschaftlichen Sinne eine Orientierungsgröße für unternehmerisches Handeln dar und weist damit auf einen angestrebten Wunschzustand hin, der mit Hilfe von unternehmerischen Aktivitäten erreicht werden soll (Kupsch, 1979, S. 15f.). Strategische Ziele sind von besonderer Bedeutung für ein Unternehmen, da diese auf angestrebte Wunschzustände in erfolgsrelevanten Bereichen hinweisen und das Erreichen oder Nichterreichen dieser Ziele für ein Unternehmen den Unterschied zwischen Marktführerschaft und Insolvenz ausmachen kann.

Aber wie können strategische Ziele nun festgelegt werden? Die Festlegung von strategischen Zielen stellt einen strategischen Prozess dar (Meffert et al, 2012, S. 243). Dabei sind zunächst die im Unternehmensumfeld aktuell vorherrschenden Chancen und Risiken zu analysieren und deren künftige Entwicklung im Hinblick auf die Zukunft zu prognostizieren. Da diese Umweltaspekte unmittelbaren Einfluss auf Möglichkeiten und Grenzen der Geschäftstätigkeit und damit auch auf die Ausgestaltung des Personalmanagements haben, ist deren Erfassung, regelmäßige Aktualisierung und korrekte Interpretation von essentieller Bedeutung. Diesen Umweltaspekten sind die Stärken und Schwächen der Unternehmen gegenüberzustellen. Es handelt sich dabei um Aspekte, die als Stärken zu werten sind wie z. B. sehr viel Eigenkapital oder um Aspekte wie unzureichendes Know-how im Hinblick auf Personalmanagement, was sicher als gravierende Schwäche einzustufen ist. Wichtig ist dabei die Erkenntnis, dass es sich bei den Unternehmensstärken und -schwächen um relative und nicht um absolute Faktoren handelt. Das bedeutet, dass sich Stärken eines Unternehmens aufgrund von veränderten Umweltfaktoren wie z. B. neuen technischen Entwicklungen in Schwächen verwandeln können, ohne dass sich beim Unternehmen selbst etwas verändert hat. Entsprechend kann eine Unternehmensanalyse und eine Unternehmensprognose nur durchgeführt werden, wenn vorher die Umweltanalyse durchgeführt wurde. Das Unternehmen im Hinblick auf Stärken und Schwächen ohne Berücksichtigung der relevanten Umwelt bewerten zu wollen, macht schlicht keinen Sinn, auch wenn das in der Realität immer wieder vorkommt.

Zudem sind Unternehmensanalyse und Unternehmensprognose um die Betrachtung der Idealvorstellung und Kulturmaßstäbe des Managements zu ergänzen. Damit wird zum Ausdruck gebracht, welche Ziele von einem Unternehmen als erstrebenswert angesehen werden. Hierbei kann es enorme Unterschiede geben, die von der Gewinnmaximierung bis hin zur Corporate Social Responsibility (CSR) reichen. Die Kombination aus Umwelt- bzw. Unternehmensanalyse und Unternehmensprognose verdeutlicht, wo sich günstige Marktgelegenheiten ergeben, die vom jeweiligen Unternehmen auch umgesetzt werden können. Meffert, Burmann und Kirchgeorg (2012, S. 243) fassen die Situation prägnant zusammen: »Übereinstimmung zwischen externen Chancen und Unternehmenspotenzialen: Was ist machbar?«

Veränderungen in den Unternehmen werden auch für das strategische Personalmanagement zu einer Herausforderung. Denn zum einen stellt sich die Frage des Personalabbaus, wenn ehemals gesuchte Experten für eine zukünftig vielleicht veraltete Technik nicht mehr gebraucht werden. Zum anderen wird das Recruiting vor große Herausforderungen gestellt, weil in kürzester Zeit Experten als neue Mitarbeiter gewonnen werden müssen, die auf dem Arbeitsmarkt nur in sehr geringer Anzahl vorhanden sind und zudem von sehr vielen potentiellen Arbeitgebern umworben werden.

Die somit gewonnene Identifikation machbarer Ziele ist eine Voraussetzung für die Festlegung strategischer Ziele. Weitere Einflussfaktoren finden sich zum einen in der gesellschaftlichen Verantwortung von Firmen, womit Themen gemeint sind, wie die Inklusion von Menschen mit Handikap oder die freiwillige Verpflichtung zur Ausbildung von jungen Menschen. Zum anderen spielen hierbei erneut die Idealvorstellungen und die unternehmenskulturellen Maßstäbe des jeweiligen Managements einer Unternehmung eine wichtige Rolle. Somit wird klar, dass die Festlegung von strategischen Zielen als vielschichtiger und anspruchsvoller Prozess zu verstehen ist, der auf umfassenden Recherchen beruht und in starker Abhängigkeit von kulturellen Idealvorstellung des Managements unternehmensspezifisch durchaus unterschiedlich ausgeprägt sein kann (Meffert et al., 2012, S. 243).

Neben dem Prozess der Erstellung von Strategiezielen ist auch die Hierarchie von Zielebenen zu bedenken, die sich in übergeordnete strategische Ziele und Handlungsziele unterteilt. Aufgrund der Fokussierung auf das strategische Personalmanagement werden im Folgenden die übergeordneten Zielhierarchien näher betrachtet. Diese Zielhierarchien bestehen aus den Teilbereichen Business Mission, den Unternehmensgrundsätzen und der Unternehmenspersönlichkeit. Zunächst ist es erforderlich die sogenannte Business Mission zu betrachten.

Unter einer Business Mission ist der grundsätzliche Zweck eines Unternehmens zu verstehen (»Was ist unser Geschäft?«), wodurch ein Unternehmen eine nachhaltige Orientierung erhält, ohne sich zu stark auf gerade aktuelle Produkte zu fokussieren (Meffert et al., 2012, S. 244). So lässt sich z. B. die Business Mission von BMW im Slogan »Freude am Fahren« sehr kompakt zusammenfassen, ohne dass dabei auf Pkw, Motorräder und sonstige Lösungen der Bayerischen Motorenwerke eingegangen wird.

Eng im Zusammenhang mit der Business Mission steht die Business Vision. Eine Unternehmensvision stellt ein zukünftiges Ziel dar, dass durch die daraus abgeleiteten unternehmerischen Aktivitäten realisiert werden soll. Eine sehr weitreichende und berühmt gewordene Vision hatte des Microsoft-Gründers Bill Gates, als er forderte: »Ein PC auf jedem Schreibtisch und in jedem Heim.« Als er diese Vision im Jahr 1975 erdachte, spielte der PC noch keine Rolle, Großrechenanlagen dominierten. Aber Bill Gates behielt Recht. Große Visionen stammen oftmals von großen Unternehmern.

Konkret bezogen auf das Personalmanagement und Aufgabenfelder wie z. B. Recruiting, Qualifizierung und Retention könnten sich Visionen z. B. auf das Erreichen der Innovationsführerschaft, optimale Kundenorientierung und höchste Flexibilität beziehen und so wertvolle Orientierungshilfe für die Personalarbeit ableiten. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass es Visionen ermöglichen:

•  Die Handlungen eines Unternehmens gegenüber den Stakeholdern zu legitimieren.

•  Die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen zu optimieren und die einheitliche Ausrichtung aller Maßnahmen in einem Unternehme zu unterstützen.

Um eine Business Mission ableiten zu können, ist es sinnvoll, zunächst externe und interne Einflussfaktoren zu bestimmen. Würden die relevanten Einflussfaktoren missachtet, wäre der Weg von einer interessanten Vision zu einer vollkommenen Illusion sehr kurz. Zur Identifikation der relevanten Faktoren eignen sich Analyse-Tools wie die sogenannte SWOT-Analyse, die Abkürzung SWOT steht dabei für Strengths, Weakness, Opportunities, Threats (Krings, 2019, S. 56f.).

Zudem sind Unternehmensleitlinien bzw. -grundsätze strategisch bedeutsam. Durch eine gezielte und komprimierte Zusammenfassung der zentralen Unternehmenswerte der Unternehmensphilosophie in einer Unternehmensleitlinie kann eine interne Orientierungshilfe entstehen, an der alle Mitarbeiter eines Unternehmens ihre Tätigkeit ausrichten können. Ein Leitbild kann als grundlegende Erklärung einer Organisation über ihr Selbstverständnis und ihre grundlegenden Normen und Werte verstanden werden. Das Leitbild stellt ein realistisches Idealbild dar und beschreibt in diesem Sinne die angestrebte Unternehmenskultur. Wichtige Teilaspekte, die in einer Leitlinie enthalten sein sollten, stellt nachfolgender Überblick zusammen (Wirtschaftslexikon, 2018b):

•  Das Unternehmen muss seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden und sich so den Respekt und die Akzeptanz der Gesellschaft verdienen. Dazu ist allerdings mehr erforderlich, als nur die Beachtung von Recht und Gesetz.

•  Das Unternehmen muss die zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal und verantwortungsbewusst einsetzen. Insbesondere mit Blick auf Human Resources darf es im Unternehmen keine Diskriminierung geben und alle Mitarbeiter sollten von z. B. Geschlecht oder Hautfarbe die gleiche Chance unabhängig erhalten, zu lernen, sich zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen.

•  Das Unternehmen ist auf die Schaffung des größtmöglichen Kundennutzens fokussiert. Diese Forderung gilt sowohl für interne Kunden (wie z. B. Arbeitnehmer), wie auch für externe Kunden.

•  Das Unternehmen sollte offen für Innovationen und neue Lösungen sein. Dazu ist aber auch ein innovationsförderndes Arbeitsklima nötig.

•  Das Unternehmen sollte seine Vision aktiv nach innen und nach außen leben und kommunizieren.

Von der Vision leitet sich das strategische Ziel ab, dass in der Regel langfristig angelegt ist. Das strategische Ziel steht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Leitlinien eines Unternehmens, die Leitlinien wiederum dienen als Orientierung für den Aufbau der Arbeitgebermarke und für die entsprechenden Aktivitäten des Employer Brandings. Ein Ziel des strategischen Personalmanagements könnte z. B. ein herausragendes und sehr positiv geprägtes Arbeitgeberimage sein. Um dieses strategische Ziel wiederum erreichen zu können, ist zunächst ein mittelfristiges Ziel zu erreichen, dass sich z. B. auf die Zufriedenheit der eigenen Mitarbeiter konzentriert. Dies erscheint sehr sinnvoll. Wie soll eine positive Wirkung auf externe Potentialkandidaten ausgestrahlen, wenn die dafür verantwortlichen Mitarbeiter selbst mit ihrem Arbeitsalltag sehr unglücklich sind? Abbildung 1 fasst diesen Sachverhalt nochmals zusammen.

Das dritte Element der Zielhierarchien strategischer Ziele bezieht sich auf die Unternehmenspersönlichkeit bzw. die Unternehmensidentität. Damit ist gemeint, dass alle Aktivitäten einer Unternehmung so ausgerichtet werden, dass alle relevanten internen und externen Zielgruppen das jeweilige Unternehmen leicht als

Abb. 1: Visionen, Strategien, Ziele und Leitlinien im Personalmanagement (in Anlehnung an Kolb, 2010, S. 60)

sympathische Persönlichkeit identifizieren können. Sehr häufig werden diese strategischen Maßnahmen unter dem Begriff »Corporate Identity« (CI) zusammengefasst. Ein sehr enger Bezug des CI zum strategischen Personalmanagement ergibt sich z. B. beim Employer Branding.

2.2.2     Spezifische Ziele des Strategischen Personalmanagements

Auf der Basis dieser übergreifenden Überlegungen sollen die Ziele des Strategischen Personalmanagements nachfolgend weiter konkretisiert werden. Die spezifischen Ziele des Personalmanagements können in Anlehnung an Kolb (2010. S. 58) unterteilt werden:

Sachziele, darunter ist zu verstehen, dass das Strategische Personalmanagement langfristig und vorausschauend in Abhängigkeit von den relevanten Umweltfaktoren und auf der Basis zentraler Unternehmensziele und Unternehmensstrategien die zur Erreichung der relevanten Ziele erforderlichen quantitativen und qualitativen Personalkapazitäten sowie die benötigten HR-spezifischen Rahmenbedingungen zur Verfügung stellt.

•  Die erforderliche quantitative Personalkapazität zur Verfügung zu stellen bedeutet, dass eine ausreichende Anzahl an Mitarbeitern zur Verfügung steht, um die Aufträge der Kunden in der gegebenen Zeit zu bearbeiten. Eine Unterkapazität würde zu Verzögerungen und in der Folge zu verärgerten Auftraggebern führen. Eine Überkapazität hingegen zwingt Unternehmen irgendwann zum Personalabbau in dessen Rahmen Kostenfaktoren wie Abfindungen und gesetzliche Anforderungen wie z. B. die Sozialauswahl zu beachten sind. Eine möglichst genaue Planung ist aber nur strategisch möglich, weil sich sowohl Personalaufbau als auch Personalabbau nicht ad hoc gestalten lässt. Wenn Unternehmen Personalabbau z. B. sozialverträglich gestalten wollen, sind dafür ausreichend Zeit, umfassende Planung und Abstimmung mit den betrieblichen Partnern erforderlich.

•  Qualitativ hochwertige Personalkapazitäten können entweder auf dem Arbeitsmarkt rekrutiert werden oder aus den eigenen Reihen weiterentwickelt werden. Beide Aufgaben sind strategisch zu gestalten. Um auf den hart umkämpften Arbeitsmärkten hervorragende neue Mitarbeiter gewinnen zu können, ist eine starke Arbeitgebermarke und erfolgreiche Maßnahmen im Employer Branding erforderlich. Natürlich kann an dieser Stelle kritisch angemerkt werden, dass es insbesondere bei unvorhersehbaren Ereignissen geradezu unmöglich ist, Personalkapazitäten qualitativ und quantitativ optimal zu planen. Ein Beispiel dafür war die enorme Anzahl von Mitarbeitern, die während der Corona-Krise 2019/20 kurzfristig in Kurzarbeit geschickt worden sind. Nahezu über Nacht war es aufgrund der Pandemie erforderlich geworden, gerade noch sehr gut laufende Hotels, Gastronomie, Fitnesscenter etc. zu schließen. Es gab für die Belegschaft schlicht keine Verwendung. Jedoch eröffnen Instrumente wie die Kurzarbeit Möglichkeiten, diese Krisen zu gestalten und Humankapital grade für die Zeit nach der Krise zu bewahren.

•  Die Mitarbeiterqualifikation aus der eigenen Belegschaft heraus erfordert zielgerichtete Maßnahme der strategischen Personalentwicklung.

Zudem ist es für das Strategische Personalmanagement von großer Bedeutung, für das Strategisches Personalmanagement günstige Rahmenbedingungen zu etablieren. Dazu zählen z. B. Maßnahmen zur Gesunderhaltung der vorhandenen Mitarbeiter im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements oder auch die Etablierung geeigneter IT-Systeme zur Performance-Messung des Personals.

Neben den Sachzielen sind auch die sogenannten Formalziele des Strategischen Personalmanagements zu beachten, dabei handelt es sich um wirtschaftliche und soziale Ziele. Oftmals werden im Hinblick auf die formalen Ziele des Strategischen Personalmanagements insbesondere die wirtschaftlichen Ziele betrachtet. Diese wirtschaftlichen Ziele konzentrieren sich auf die Optimierung der Effizienz des Personals. Diese kann einerseits durch die Steigerung der Produktivität und andererseits durch die Reduzierung der Personalkosten erreicht werden, wodurch zur Umsetzung der Unternehmensstrategie maßgeblich beigetragen wird (vgl. Rosenberger, 2014, S. 9).

Aber im Rahmen der Ziele des Strategischen Personalmanagements nur die wirtschaftlichen Ziele zu bedenken, würde bedeuten, nur einen Teil des relevanten Zielspektrums zu erfassen. Denn auch soziale Ziele spielen in der strategischen Personalarbeit eine zentrale Rolle. Der Arbeitgeber hat gegenüber seinen Mitarbeitern eine Fürsorgepflicht. Die Fürsorgepflicht ist in § 241 BGB geregelt und garantiert den Mitarbeitern einen adäquaten Schutz bzw. Rücksichtnahme. Ein wichtiges Beispiel für die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers findet sich im Bereich des Mobbings. Konflikte am Arbeitsplatz, die dadurch ausgelöst werden, gefährden die Gesundheit der Betroffenen und können sogar einen Selbstmord auslösen. Dies geschieht öfter als von vielen vermutet. 25 Prozent aller Selbstmorde in der Bundesrepublik Deutschland werden durch Probleme am Arbeitsplatz verursacht (Buschmann, 2018). Der Arbeitgeber ist hier verpflichtet, frühzeitig einzugreifen und die Gesundheit des Mitarbeiters so gut wie möglich zu schützen.

Die Mitarbeiter können zudem Mitsprache- und Mitgestaltungsrechte in ihren Unternehmen wahrnehmen, z. B. im Hinblick auf Arbeitszeitgestaltung. Unterstützt werden sie dabei häufig von Interessenvertretern wie z. B. dem Betriebsrat. Rosenberger (2014, S. 9) sieht im Ausgleich zwischen sozialen und wirtschaftlichen Zielen die Herausforderung, das Spannungsfeld »Menschlichkeit und Wirtschaftlichkeit« in ein ausgeglichenes Verhältnis zu bringen. Allerdings wird dieser Ausgleich nicht einfach zu bewerkstelligen sein, weil nicht selten die Ansprüche des Managements und die Ansprüche der Arbeitnehmer auseinanderlaufen. Von großer Bedeutung ist es dabei, die Ansprüche beider Seiten ausgewogen zu berücksichtigen. Ohne Frage würden sich die meisten Arbeitnehmer über 90 Tage Urlaub und die 20-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich sehr freuen. Allerdings würde sich dann auch die Frage stellen, wie lange sich der Arbeitgeber das leisten kann und wann dann in der Konsequenz die Insolvenz und damit verbunden der Arbeitsplatzverlust droht. Andererseits würden zu geringe Löhne und ein ungünstiges Arbeitsumfeld zum Verlust guter Arbeitskräfte führen, wodurch die Existenz eines Unternehmens langfristig ebenfalls bedroht wäre.

Es muss daher als eines der zentralen Ziele des Strategischen Personalmanagements verstanden werden, eine Balance zwischen den wirtschaftlichen und den sozialen Zielen herzustellen und somit sowohl die persönliche Situation der Arbeitnehmer als auch den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens zu fördern. Die folgende Abbildung 2 zeigt den Zusammenhang zwischen den Sach- und den Formalzielen des Strategischen Personalmanagements im Überblick auf.

2.2.3     HR als strategischer Partner des Managements

Damit das Personalmanagement diesem Anspruch gerecht werden kann, wäre es zunächst erforderlich, von der Leitung als strategischer Partner akzeptiert zu werden und sich das Vertrauen der Mitarbeiter zu verdienen. Ein zentrales nahezu unverzichtbares Ziel des Strategischen Personalmanagements. Doch dieses Ziel war in der Wirtschaftsrealität über viele Jahre in weite Ferne gerückt. Im Gegenteil, das Personalmanagement wurde in nicht wenigen Unternehmen vom Management ausschließlich als administrativer Erfüllungsgehilfe ohne strategischen (Mehr-)Wert gesehen und von den Mitarbeitern entsprechend primär als Zeiterfassungs- und Personalabrechnungsstelle erlebt. Schlimmer noch, viele Führungskräfte stuften das Personalmanagement als realitätsfern und ohne echten Nutzwert für das jeweilige Unternehmen ein, ohne Bezug zum Markt, zu den Kunden

Abb. 2: Ausgleich zwischen Sachzielen und Formalzielen des Strategischen Personalmanagements (in Anlehnung an Kolb, 2010, S. 58)

und den zentralen Herausforderungen des Unternehmens. Auch in der Literatur waren in der Vergangenheit sehr kritische Beiträge im Hinblick auf das Personalmanagement zu finden. Ein ebenso bekannter wie auch kritischer Beitrag war der Artikel von Keith H. Hammonds (2005) mit dem vielsagenden Titel »Why we all hate HR«. Wie bei diesem Titel schon vermutet werden kann wurde in diesem Beitrag dem Personalmanagement weitgehend die Existenzberechtigung abgesprochen.

Der im Rahmen des Personalmanagements angestrebte strategische und gestalterische Anspruch war in dieser Situation bestenfalls als Illusion einzustufen. Besonders kritisch ist diese Situation auch, weil die Kritik durchaus berechtigt war und in nicht wenigen Fällen vom Personalmanagement durch unzureichende und teils falsche Aktivitäten selbst ausgelöst wurde. Diese Situation ist auch deshalb als besonders problematisch einzustufen, weil das Personalmanagement einerseits als Querschnittsfunktion durch alle Bereiche als wichtiger erfolgskritischer Faktor einzustufen ist und andererseits an das Personalmanagement sehr hohe Anforderungen gestellt werden.

Nach Rosenberger (2014, S. 18ff.) muss sich das Personalmanagement an der Unternehmensstrategie ausrichten. Aber diese Anforderung ist sehr viel leichter formuliert als umgesetzt. Der Grund dafür liegt im oftmals abstrakten und nicht immer klar greifbaren Charakter von Unternehmensstrategien, deren konkrete Umsetzung im Rahmen einer Personalstrategie durchaus komplex ist. Trotzdem ist diese Aufgabe sehr wichtig, weil eine als Orientierung und Leitbild verstandene