Sucht und ihr werdet leben - Communauté von Taizé - E-Book

Sucht und ihr werdet leben E-Book

Communauté von Taizé

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Beschreibung

Die jungen Menschen, die nach Taizé kommen oder an den internationalen Jugendtreffen teilnehmen, stellen täglich Fragen zum Glauben. Die Brüder der Communauté möchten auf der Antwortsuche begleiten. Sie wollen, ausgehend von ihrer eigenen Beschäftigung mit der Heiligen Schrift, Anregungen zum Nachdenken geben, die in die Weite und in die Tiefe führen. Wer sich tiefer auf das Geheimnis Gottes einlassen will, findet in diesem Buch tragfähige Gedanken und einleuchtende Zugänge.

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Seitenzahl: 157

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Originalausgabe:

»Cherchez et vous trouverez«. Questions sur la foi et la Bible

© Ateliers et Presses de Taizé, 2004

F-71250 Taizé-Communauté

Tel.:+33 3 85 50 30 30

[email protected]

www.taize.fr/de

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2023

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Übersetzung: Communauté von Taizé

Umschlagmotiv: © Sabine Leutenegger

Covergestaltung: Verlag Herder

Satz: Barbara Herrmann, Freiburg

E-Book-Konvertierung: Newgen Publishing Europe

ISBN (Print) 978-3-451-39496-6

ISBN E-Book (EPUB) 978-3-451-83146-1

Inhalt

Vorwort

Gottes Sein

Wie können wir Gott erkennen?

Warum nennen wir Gott »Vater«?

Was bedeutet »Gott ist Geist«?

Ist Gott »allmächtig«?

Was bedeutet es, dass Gott der »Schöpfer« ist?

Ist Gott ein Richter?

Gottes Handeln

Greift Gott in unser Leben ein?

Verändert uns Gott?

Was ist gemeint, wenn in der Bibel von »Bund« die Rede ist?

Was versteht die Bibel unter dem »Willen Gottes«?

Ist Gott gerecht?

Was sagt die Bibel über das Leiden unschuldiger Menschen?

Das Leben Jesu

Was bedeutet es, dass Jesus der »Sohn Gottes« ist?

Warum bezeichnet sich Jesus selbst manchmal als »Menschensohn«?

Warum hat Jesus Wunder gewirkt?

Was meint Jesus, wenn er von sich sagt: »Ich bin der Weg«?

Wie hat Jesus gebetet?

Die Botschaft Jesu

Was bedeutet »in das Reich Gottes eingehen«?

Warum spricht Jesus in Gleichnissen über das Reich Gottes?

Warum begann Jesus seine Botschaft mit den Seligpreisungen?

Ist Armut ein Wert des Evangeliums?

Warum sagt Jesus, die Liebe zueinander sei ein »neues« Gebot?

Warum steht die Feindesliebe im Mittelpunkt des Evangeliums?

Erwähnt Johannes die Feindesliebe nicht?

Das Leiden und die Auferstehung Jesu

Warum »musste« Christus leiden?

Warum wurde ein Hinrichtungsgerät zum Symbol des Christentums?

Wodurch konnten die Jünger den Sinn des Kreuzes begreifen?

Kann uns das Leiden eines Unschuldigen retten?

Warum fiel es den Jüngern so schwer, den Auferstandenen zu erkennen?

Warum sprechen die Christen nach der Auferstehung Jesu auch weiterhin über dessen Tod?

Was bedeutet »Auferstehung des Leibes«?

Der Geist, die Seele, der Tod

Ist der Heilige Geist eine Kraft oder eine Person?

Was verändert sich, wenn man den Heiligen Geist empfängt?

Kann man den Heiligen Geist spüren?

Was versteht die Bibel unter »Seele«?

Ist die Seele unsterblich?

Warum gibt es den Tod, wenn Gott nur Gutes erschaffen hat?

Beten

Wenn Gott uns liebt und alles weiß, warum sollen wir ihn dann um etwas bitten?

Welche Beziehung besteht zwischen dem Willen Gottes und dem, was wir wollen?

Kann man ständig im Geist des Lobpreises leben?

Welche Rolle spielte der Gesang im Gottesdienst der ersten Christen?

Warum beten wir nicht nur zu Gott, sondern auch zu Jesus Christus?

Was bedeutet die Vaterunserbitte: »Führe uns nicht in Versuchung«?

Bibel und Kirche

Warum lohnt es sich, die Bibel zu lesen?

Wie soll man in der Bibel lesen?

Wie soll man mit den Widersprüchen in der Bibel umgehen?

Genügt es nicht, dass Gott alle Menschen liebt – Brauchen wir da noch die Kirche?

Kann ich meinen Glauben auch außerhalb der Institution Kirche leben?

Welche Beziehung besteht zwischen dem Reich Gottes und der Kirche?

In der Nachfolge Christi

Muss man alles aufgeben, um Christus nachzufolgen?

Was soll ich tun, wenn mich der Ruf Christi zu überfordern scheint?

Welche Rolle spielen die Gebote in unserer Beziehung zu Gott?

Was ist ein »Opfer«?

Wie kann man sein eigenes Leben zu einem Opfer machen?

Soll man sich als Glaubender von der Gesellschaft absetzen oder sich ihr anpassen?

Freude, Friede und Hoffnung

Wie kann man sich angesichts von Unglück, Ungerechtigkeit und Gewalt in der Welt freuen?

Wozu dient die Freude?

Wer sind die »Friedensstifter«, die Jesus im Evangelium selig preist?

Wie können wir uns die Hoffnung auf Frieden bewahren?

Woher nehmen die Christen ihre Hoffnung?

Verheißt das Evangelium eine bessere Zukunft?

Wie kann man aus der christlichen Hoffnung leben?

Vorwort

Lebendige Menschen sind immer auf der Suche. Sie finden ihr Glück nicht auf ausgetretenen Wegen, sie sehnen sich nach einem Leben, das über Erreichtes oder Gewohntes hinausgeht. Dies gilt auch für ihren Glaubensweg, für ihre Suche nach Vertrauen auf Gott. Der Glaube führt den Menschen mehr und mehr in die vollkommene Freiheit; es stellt ihn in den Horizont dessen, »was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist.« (1 Korinther 2,9)

Als Suchender stellt der Mensch Fragen, merkt aber auch bald, dass es keine Antworten gibt, die unser Nachdenken ein für alle Mal erledigen. Jede Antwort ist immer nur eine Atempause auf dem Weg ständiger Vertiefung. Auf der Suche nach dem Wesentlichen geht der Mensch »von Neubeginn zu Neubeginn in nicht endenden Neuanfängen« (Gregor von Nyssa, 4. Jahrhundert). Wir sind im Glauben stets unterwegs.

Die jungen und weniger jungen Menschen, die auf den Hügel von Taizé kommen und an den internationalen Jugendtreffen teilnehmen, stellen tagtäglich Fragen zum Glauben in der Bibel. Die Brüder der Communauté begleiten sie dabei nicht als Lehrmeister, sondern wollen, von ihrer eigenen Beschäftigung mit der Heiligen Schrift ausgehend, Anregungen geben, die in die Weite und in die Tiefe führen. Die vorliegenden Texte sind ursprünglich im Brief aus Taizé erschienen.

Gottes Sein

Wie können wir Gott erkennen?

Wer hätte noch nie über den Sinn des Lebens nachgedacht! – Warum gibt es das All? Warum bin ich auf der Erde? Folgen die Menschheitsgeschichte und mein eigenes Leben einem inneren Gesetz? – Kann ich hinter all diesen Fragen erkennen, wer Gott ist?

Die Bibel stellt uns einen guten Gott vor, der alles erschaffen hat, und der dem Menschen nahe ist. So sagte Paulus vor Philosophen in Athen: »Keinem von uns ist Gott fern. In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir.« (Apostelgeschichte 17,27-28)

Wir gehen in unserer Suche nach Gott also davon aus, dass Gott sich uns zu erkennen geben will. Das versucht auch Jesus seinen Hörern begreiflich zu machen, wenn er sagt: »Sucht, dann werdet ihr finden, (...) denn wer sucht, der findet.« (Lukas 11,9-10) Es geht also darum, uns Gott in einer vertrauensvollen Zwiesprache im Gebet zu öffnen.

Wer sich auf diese Weise dem geheimnisvollen Kern des Lebens nähert, begibt sich in ein Abenteuer, das uns aus unserer Bequemlichkeit herausführt. Um den wahren Gott zu erkennen, müssen wir nach und nach unsere eigenen Ideen aufgeben. Gott ist uns nahe, aber er sagt auch: »Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege.« (Jesaja 55,8-9) Für Christen ist Gott Licht ohne Dunkelheit; deshalb erkennen wir ihn nur, wenn wir »im Licht gehen« (1 Johannes 1,5-7), wenn wir seinem Willen gemäß unsere Mitmenschen lieben.

Gleichzeitig sind wir auf dieser Suche nach Gott nicht allein. Wir können uns auf die Erfahrungen unzähliger Frauen und Männer durch die Jahrhunderte stützen. Im elften Kapitel des Hebräerbriefs ist von einer »großen Wolke von Zeugen« die Rede, die uns im Glauben tragen. Dort heißt es auch, dass Gott zwar in der Vergangenheit »viele Male und auf vielerlei Weise gesprochen« hat. Nun aber hat er durch Jesus Christus zu uns gesprochen (Hebräer 1,1-2): In ihm ist Gott Mensch geworden, um unseren Weg mitzugehen.

Warum nennen wir Gott »Vater«?

»Du, jenseits von allem, wie sollten wir dich anders nennen?«, sagte Gregor von Nazianz im 4. Jahrhundert. Gott lässt sich mit einem Hirten, einem Bräutigam, einem Freund, einem Vater oder einer Mutter vergleichen: »Wie ein Vater sich seiner Kinder erbarmt, so erbarmt sich der Herr über alle, die zu ihm beten«, heißt es in Psalm 103 (Vers 13), oder: »Wie eine Mutter ihren Sohn tröstet, so tröste ich euch.« (Jesaja 66,13) Und als die Jünger fragten, wie sie beten sollen, gibt Jesus ihnen ein Gebet, das mit dem Wort »Vater« (Lukas 11,2-4) oder »Unser Vater« (Matthäus 6,9-13) beginnt.

Die Christen nennen Gott also Vater, nicht weil sie diesen Namen besonders bevorzugen, sondern weil Jesus ihn so nannte und weil Jesu Leben und Gebet uns etwas über Gott sagen. »Niemand weiß, wer der Vater ist, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.« (Lukas 10,22) Wir dürfen also nicht bei dem hängenbleiben, was wir aufgrund unserer eigenen Erfahrung mit dem Wort Vater (oder Mutter, Freund usw.) verbinden. Der Name Vater drückt aus, wer Gott für Jesus war.

In seiner Muttersprache, dem Aramäischen, sagte Jesus Abba – Vater (Markus 14,36) oder Papa, was deutlich macht, dass Jesus wie ein Kind auf Gott vertraut hat.

Doch Abba bedeutet auch mein Vater (vgl. Matthäus 26,39). Im Alten Testament durfte sich nur der König mit diesen Worten an Gott wenden. Bei der Einsetzung eines Königs verkündet Gott: »Er wird mich Mein Vater (Abba, auf Aramäisch) nennen. (Psalm 89,27)

Vor diesem Hintergrund erscheint das Verhältnis zwischen Gott und Jesus nicht nur als eine vertrauensvolle Vater-Sohn-Beziehung, in der zuerst Gott Jesus Vertrauen schenkt. Sowohl bei der Taufe als auch bei der Verklärung Jesu sprach eine Stimme: »Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.« (Matthäus 3,17 und 17,5) So wie Gott früher die Könige Israels ermächtigt hatte, verleiht er nun Jesus Autorität und Vollmacht für seinen Auftrag. Deshalb kann Jesus anstelle von Vater auch sagen: »Der mich gesandt hat« (Johannes 5,25) oder: »Der Vater, der mich gesandt hat.« (Johannes 12,49)

Wenn wir Gott Unseren Vater nennen, bringen wir zum Ausdruck, dass Gott uns liebt. Christus ist Gottes Sohn und offenbart uns, wie diese Liebe beschaffen ist: Es ist keine vereinnahmende, sondern eine vertrauensvolle Liebe. Die Liebe des Vaters gibt dem Sohn einen Auftrag. Dieselbe Liebe schenkt jedem von uns das Leben, sie setzt in uns verborgene Talente frei. Gott ist unser Vater, der zu jedem von uns sagt: >Du bist mein geliebtes Kind, ich freue mich über dich, so wie du bist.<

Was bedeutet »Gott ist Geist«?

Diese etwas rätselhaften Worte sprach Jesus im Johannesevangelium zu einer samaritanischen Frau. Diese fragte Jesus, an welchem Ort man Gott anbeten solle. Er antwortete ihr, dass die Begegnung mit Gott nicht an einen geografischen Ort gebunden sei, und fügte hinzu: »Gott ist Geist, und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten.« (Johannes 4,24)

Mit der Behauptung, dass man Gott überall begegnen könne, ist Jesus dem Glauben seines Volkes Israel treu. In einem alten Gebet zu Gott heißt es: »Wohin könnte ich fliehen vor deinem Geist, wohin mich vor deinem Angesicht flüchten? Steige ich hinauf in den Himmel, so bist du dort; bette ich mich in der Unterwelt, bist du zugegen.« (Psalm 139,7-8) Gott kann jedem Menschen begegnen, wo immer sich dieser aufhält.

Gott »im Geist und in der Wahrheit« anzubeten, bedeutet mehr als geistlich und wahrhaftig. Durch unsere Anbetung »in Geist und Wahrheit« schafft sich Gott ein Heiligtum in unserem Herzen und festigt es in der Liebe.

»Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; was aus dem Geist geboren ist, das ist Geist.« (Johannes 3,6) Hier besteht ein grundlegender Unterschied: Gott ist Geist, wir dagegen sind Fleisch und als Geschöpfe nicht in der Lage, unsere Grenzen zu überschreiten. Bisweilen können wir im Gebet wie vor einer unüberwindlichen Mauer, vor einer Leere stehen. Aus eigener Kraft können wir Gott nicht erreichen. Unser Wesen ist Fleisch – auch unsere Gedanken, mit denen wir Gott suchen. Gott geht über das hinaus, was unsere Sinne wahrnehmen und unser Verstand begreifen kann. Manchmal jedoch kommen uns Zweifel, und wir verstehen den Sinn des Wortes Gott nicht mehr.

Gott entspricht keiner irdischen Wirklichkeit. Deshalb kann man von ihm nicht sagen: »Er ist hier oder er ist dort.« (vgl. Lukas 17,21) Seine Gegenwart ist ungreifbar wie ein Lufthauch: »Der Wind weht, wo er will; du hörst sein Brausen, weißt aber nicht, woher er kommt und wohin er geht.« (Johannes 3,8)

Dass Gott Geist ist, weist nicht nur auf sein vollkommenes Anderssein hin. In der Bibel ist Geist kein statischer Begriff. Er verweist auf eine Dynamik, ein Wirken, auf wirkende Kräfte. »Gott ist Geist« bedeutet, dass er uns unaufhörlich sucht. Er verbreitet sein Leben und gibt es weiter, er verwandelt auch uns in Geist, gemäß dem Wort Jesu: »Wer aus dem Geist geboren ist, ist Geist.« Gott ist Geist, er ist lebendig, und in ihm »leben wir, bewegen wir uns und sind wir« (Apostelgeschichte 17,28).

Ist Gott »allmächtig«?

Im Glaubensbekenntnis sprechen wir: »Ich glaube an Gott, den allmächtigen Vater.« Doch wenn Gott alles kann, warum verhindert er dann nicht das Böse? Warum müssen unschuldige Menschen leiden?

Vielleicht fällt es uns schwer zu begreifen, was die Glaubenden sagen wollten, als sie Gott eines Tages den Allmächtigen nannten. Manche Wörter verändern im Lauf der Zeit ihre Bedeutung. Im Glaubensbekenntnis und in der Bibel, aus der der Begriff stammt, gibt allmächtig das griechische Wort Pantokrator wieder. Dieser Begriff kommt zehnmal im Neuen Testament vor, davon neunmal allein im Buch der Offenbarung des Johannes. Es ist kein philosophischer Begriff, sondern er stammt aus den Hymnen, die die Ankunft des Reiches Gottes besingen: »Wir sagen dir Dank, Herr, allmächtiger Vater (...), denn du hast deine große Macht in Anspruch genommen und die Herrschaft angetreten.« (Offenbarung 11,17)

Die verfolgten Christen, die Gott für seine Macht und seine Herrschaft lobten, wussten aus Erfahrung sehr wohl, dass Gottes Macht nicht der der Mächtigen auf Erden gleicht. Gott verfügt weder über bewaffnete Armeen noch über Geld oder eigene Medien. Dennoch gibt es etwas, das man seine Herrschaft nennt und das sich auf alles erstreckt. In anderen Worten: Selbst die aussichtsloseste Situation liegt noch im Herrschaftsbereich Gottes und ist nicht von seiner Liebe ausgeschlossen. Der Begriff Allmächtiger war für die Menschen, die ihn gebrauchten, ein Begriff voller Hoffnung.

Von Christus heißt es: »Sie werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben.« (Johannes 19,37) Ohnmächtig, ans Kreuz geschlagen, liebt er. Der gedemütigte Christus offenbart die unerhörte Macht der Liebe Gottes. »Das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen«, schreibt Paulus (1 Korinther 1,25). Johannes drückt dasselbe in einer Vision aus (Offenbarung 4-5): Das Reich Gottes wird durch einen himmlischen Thronsaal versinnbildlicht, mit Wächtern, die Tag und Nacht rufen: »Heilig, heilig, heilig, Herr, allmächtiger Gott.« Voll Erstaunen sieht Johannes auf dem Thron Gottes ein »Lamm, das aussah wie geschlachtet«. Denn Gott herrscht durch den gekreuzigten Christus über die ganze Erde. Seine Herrschaft ist auch die des Lammes. Seit Ostern, und für immer, wohnt der arme und verwundete Jesus, der sein Leben hingegeben hat, in Gott – im Herzen Gottes und mit Gott vereint. Der allmächtige Vater ist Gott, dessen Liebe in allem mächtig ist, weil er »alles glaubt, alles hofft, alles erträgt« (1 Korinther 13,7).

Wir wissen nicht, ob Jesus jemals vom allmächtigen Gott gesprochen hat. Aber im Angesicht des Todes betete er: »Abba, Vater, dir ist alles möglich.« (Markus 14,36) Es ist ein Ausdruck des Vertrauens und der Hoffnung auf Gott, seinen Vater. So können auch wir beten: >Gott, du liebst mich, dir ist alles möglich. Höre mich an, antworte mir!<

Was bedeutet es, dass Gott der »Schöpfer« ist?

Den Angaben der Bibel nach wäre die Welt etwa fünf- bis sechstausend Jahre vor Christi Geburt erschaffen worden. Heute schätzt man das Alter des Universums auf etwa 13 Milliarden Jahre und das der Erde auf etwas weniger als fünf Milliarden Jahre. Vor über drei Milliarden Jahren entstand auf ihr das Leben, und den Menschen gibt es seit etwa vier Millionen Jahren. Das verlegt die Ursprünge der Welt unvorstellbar weit zurück. Wichtiger noch: Man kann die Schöpfung nicht mehr länger mit dem Beginn des Universums gleichsetzen. Wenn Gott die Gestirne ebenso erschaffen hat wie die Menschen, dann zog sich der Schöpfungsprozess über einen unvorstellbar langen Zeitraum von etwa 13 Milliarden Jahren hin.

Wer genauer hinschaut, stellt fest, dass die Bibel Gottes Schöpfung nicht in eine ferne Vergangenheit verlegt. Gott ist »der Schöpfer des Himmels und der Erde« und hat niemals aufgehört, es zu sein. Er ist auch heute noch »unermüdlich« am Werk (Jesaja 40,28). Das hebräische Wort für Schöpfer ist ein zeitlich unbestimmter Ausdruck. Gott war Schöpfer von Anfang an, aber er sendet auch heute noch »seinen Geist, und die Lebewesen werden erschaffen« (Psalm 104,30). Als ewiger Gott bleibt der Schöpfer immer derselbe, er ist in jedem seiner Geschöpfe gegenwärtig und stets bereit, ihnen beizustehen. »Er nennt die Gestirne beim Namen« (Jesaja 40,26) und »er verleiht den Bewohnern der Erde den Lebensatem« (Jesaja 42,5).

Der biblische Glaube an den Schöpfer befreit die Menschen von ihren Ängsten. Er bringt Vertrauen in das Leben zum Ausdruck: Auch ein Erdbeben bringt die Erde nicht aus dem Gleichgewicht, weil Gott sie fest gegründet hat, keine Überschwemmung wird das Leben auslöschen, weil Gott den zerstörerischen Fluten eine Grenze gesetzt hat (Psalm 104,5-9). Gott verhindert auch, dass die zerbrechlichsten Geschöpfe, die Menschen und die Tiere, »zum Staub zurückkehren«, indem er ihnen unablässig den Lebensatem gibt (Psalm 104,29-30). Heutzutage haben wir andere Ängste: Die Auswirkungen des Klimawandels, Umweltkatastrophen, Pandemien, ein Zusammenstoß der Erde mit einem großen Meteoriten ... Doch der Glaube an den Schöpfer verhindert, dass diese Ängste uns lähmen.

Die Schöpfung ist der stete Triumph Gottes über die Kräfte der Zerstörung und des Todes (Psalm 74,12-17). Der Schöpfer errettet alles, was ist, aus der Absurdität des Nichts. Die Schöpfung wird der »Finsternis über der Urflut« (Genesis 1,2) entrissen. Damit aber niemand daraus schließt, dass alles aus Finsternis und Chaos entstanden wäre, stellt die Bibel klar: »Im Anfang schuf Gott ...« (Genesis 1,1) Gott steht am Anfang, nicht das Chaos!

Ist Gott ein Richter?

In der Bibel kommt das Wort richten häufig in den Gebeten der Unterdrückten vor: »Verschaff mir Recht, oh Gott, und führe meine Sache gegen treulose Menschen.« (Psalm 43,1) Der Richterspruch Gottes wird nicht nur nicht gefürchtet, sondern sogar herbeigesehnt. Er bedeutet, dass Gott alles zurechtrückt und den Hilflosen beisteht, indem er den Überheblichen in seine Schranken verweist. Einen Urteilsspruch Gottes zu erwarten, heißt, sich die Hoffnung bewahren, dass der Lauf der Dinge nicht im Absurden endet. Gott unterscheidet zwischen Opfer und Täter, und er »sammelt die Tränen wie in einem Krug« (Psalm 56,9). Damit keine Anstrengung der Liebe verloren geht, »vergilt er jedem, wie es seine Taten verdienen« (Psalm 62,13).

Deshalb besingen bereits die Psalmen und später Maria in ihrem Magnifikat den Richterspruch Gottes: »Die Nationen sollen sich freuen und jubeln. Denn du richtest den Erdkreis gerecht.« (Psalm 67,5) »Gott macht die Pläne der Stolzen zunichte; er stürzt die Mächtigen vom Thron und bringt die Armen zu Ehren.« (Lukas 1,51-52) – Viele von uns konnten solche Aufbrüche und das Ende von Diktaturen sogar in der heutigen Zeit noch erleben.

Doch kann man Menschen mit dem Gericht Gottes drohen und sie in seinem Namen verurteilen, weil sie unserer Vorstellung nach göttlichen Zorn verdienen? Der Apostel Paulus sagt das Gegenteil: Wenn wir anerkennen, dass nur Gott das Herz jedes Menschen kennt, ist es uns verwehrt, über andere zu richten. Er schreibt: »Wie kannst du deinen Bruder richten? (...) Wir werden doch alle vor Gottes Richterstuhl stehen. (...) Jeder von uns