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Mit seinem Bildersturm hat der IS unersetzliche Kulturschätze verwüstet. Michael Sommer schlägt eine Brücke zwischen Gegenwart und Antike: Souverän erzählt und deutet er die wechselvolle Geschichte eines einzigartigen Kulturraums, der unsere Identität bis heute mit prägt. Nahezu wöchentlich werden wir Zeugen, wie der IS antikes Erbe zerstört. Zugleich zerschlägt er die Ordnung, die nach dem Ersten Weltkrieg die Siegermächte entworfen haben. Doch die Geschichte zitiert sich nur selbst. Der IS tut nur das, was antiimperiale Akteure immer wieder getan haben: Ordnung umstürzen und Erinnerung auslöschen. Werden sich auch die selbsternannten Kalifen des IS zu Herren eines neuen Imperiums aufschwingen? Und was geht der Welt mit der Auslöschung zentraler Erinnerungsorte wie etwa Palmyra und Hatra verloren? Michael Sommer zeigt, wie die Menschen zwischen Mittelmeer und Tigris sich in den großen Reichen einrichteten, indem sie sich deren Religion, Kunst, Architektur und Recht aneigneten. So gedieh ein kosmopolitisches Milieu relativer Toleranz. Doch die Macht hat auch eine dunkle Seite: Imperien sind stets Kreaturen von Chaos und Gewalt, die erst die Voraussetzungen für ihre Existenz schaffen.
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Seitenzahl: 222
michael sommer
Syria
Geschichte einerzerstörten Welt
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Klett-Cotta
www.klett-cotta.de
© 2016 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung
Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Cover: Rothfos & Gabler, Hamburg
unter Verwendung des Gemäldes »Campement« von Felix Ziem
Datenkonvertierung: Fotosatz Amann, Memmingen
Printausgabe: ISBN978-3-608-94977-3
E-Book: ISBN978-3-608-10061-7
Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
VORWORT
PROLOG
I. DIE MACHT DER LANGEN DAUER
IMPERIUM
Nation und Imperium
Imperiale Zyklen
Die erste Globalisierung
Die zwei Seiten der Macht
STAMM
Mobile Gesellschaften
Der Nahe Osten als Nomadenland
Integrierte Stammesgesellschaften
TRADITION
Mythos
Religion
Polytheismus – Monotheismus
II. SYRIEN ALS HISTORISCHE LANDSCHAFT – SCHAUPLÄTZE EINER GROSSEN GESCHICHTE
ISSOS DER HELD, DER AUS DEM WESTEN KAM
Tor nach Osten
Neuland
Bildung für alle?
JERUSALEM DIE JUDEN UND DAS RÖMISCHE IMPERIUM
Stein
Stahl
Feuer
HATRA PILGERSTÄTTE DES SONNENGOTTS
Haus des Gottes
Erbfeinde
»Wer immer in Hatra wohnt«
EMESA KAISER ELAGABAL UND DIE MACHT DES STEINS
Gott ohne Antlitz
Schön wie Dionysos
Kulturkampf
PALMYRA KARAWANENSTADT UND TOR ZUM ORIENT
Nemesis
Stadt und Stamm
Vexierbilder
ANTIOCHEIA METROPOLE ZWISCHEN POLYTHEISMUS UND CHRISTENTUM
Julian
Libanios
Megalopsychia
EPILOG:DER ISLAMISCHE STAAT UND DAS ENDE EINER KULTUR
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Die Abkürzungen der griechischen und lateinischen Autoren und Werktitel sowie der Bücher des Alten und Neuen Testaments folgen den in der Altertumswissenschaft gängigen Regeln. Referenzwerk ist Der Neue Pauly. Übersetzungen stammen, wo nicht anders angegeben, vom Verfasser.
1. Griechische und byzantinische Autoren und Werktitel
2. Lateinische Autoren und Werktitel
3. Altes und Neues Testament (Einheitsübersetzung)
4. Sonstige Werke
ANMERKUNGEN
ZEITTAFEL
KARTEN- UND ABBILDUNGSNACHWEISE
Täglich erreichen uns verstörende Nachrichten aus dem Nahen Osten. Im Zentrum der Krise: Syrien, das in den Sog rivalisierender Großmachtinteressen geraten und zum Schlachtfeld so fanatischer wie brutaler Milizen geworden ist. Mit im Fadenkreuz die Zeugen einer großen Vergangenheit: die Ruinenstädte Palmyra, Apameia und Dura-Europos, der historische Stadtkern von Aleppo, die Umayyaden-Moschee in Damaskus und die Kreuzfahrerburg Krak des Chevaliers.
Syrien: Der moderne Nationalstaat ist ein Kunstgebilde, Spaltprodukt des im Ersten Weltkrieg untergegangenen Osmanischen Reiches und Schöpfung der Siegermächte Frankreich und Großbritannien. Deren Vertreter hatten sich 1916 im Sykes-Picot-Abkommen auf die Abgrenzung ihrer Interessensphären zwischen Mittelmeer und Tigris geeinigt. Der Süden und Osten, mit Jordanien und dem Irak, wurde britisches Mandatsgebiet, im religiös und ethnisch zerklüfteten Norden hatte künftig Paris das Sagen. Dort war nach der Vertreibung der Osmanen 1918 der antike Name Syria aus der Versenkung aufgetaucht: als arabisches Königreich Groß-Syrien mit dem Haschemiten Faisal als Monarch. Faisal wurde 1920 von den Franzosen vertrieben, das Königreich in fünf Staaten geteilt. 1924 fusionierten die Staaten Aleppo und Damaskus zum »Staat Syrien«, der 1930, erweitert um den Alawitenstaat im Westen und den Drusenstaat im Süden, aber ohne den mehrheitlich christlichen Groß-Libanon, zur neuen »Republik Syrien« avancierte. Dieses Syrien entließ Frankreich am 17. April 1946 in die Unabhängigkeit.
Syrien – Syria: Der Name ist viel älter als das Sykes-Picot-Abkommen und selbst das Osmanische Reich. Er bezeichnete stets ein Gebiet, dessen uneindeutige Grenzen nichts gemein hatten mit den geraden Linien, welche die Mandatsmächte in den Wüstensand zeichneten, um Einflusssphären zu markieren. Vor allem war die alte historische Landschaft Syrien viel größer als der moderne Nationalstaat: Sie war identisch mit der Westhälfte des Fruchtbaren Halbmonds, jenes sichelförmigen Gebiets, das zwischen Mittelmeer und Persischem Golf sesshaftem Ackerbau günstige Bedingungen bietet. Herodot, der Vater der Geschichte, leitet den griechischen Namen Syría (Συρία) von Assyría (Ἀσσυρία) her (6,63) – Assyrien war einst das Kernland des Assyrischen Reiches gewesen, das in drei Großmachtperioden die politische Geschichte Mesopotamiens zwischen dem 21. und dem 7. Jh. v. Chr. maßgeblich geprägt hatte. Zu Herodots Zeiten hatte sich in Griechenland Syria als Bezeichnung für die Levante längst eingebürgert. Im Perserreich der Achaimeniden war Syria eine Teilprovinz der Hauptsatrapie Assyria, die sich vom Mittelmeer bis nach Nordmesopotamien erstreckte und auch Zypern und Palästina einschloss. Um 300 v. Chr. teilten die Seleukiden das Gebiet in mehrere Satrapien auf, sprachen aber weiter von Syria, wenn sie ihr levantinisches Kernland meinten. Als Pompeius 64 v. Chr. die Reste des Seleukidenreichs eroberte, nannte er die auf dessen Boden eingerichtete römische Provinz ebenfalls Syria. Später teilten die Kaiser die Provinz, aber der Name blieb an der Levante haften, bis im 7. Jh. die Araber den römischen Orient eroberten und das Gebiet aš-Šâm (»der Norden«) nannten.
Das moderne Syrien teilt mit dem der Antike mehr als nur den Namen. Allen historischen Zäsuren zum Trotz ragt vieles von dem, was in hellenistischer und römischer Zeit dem Land zwischen Mittelmeer und Tigris seinen Stempel aufdrückte, bis in die Gegenwart hinein. Grundmuster der langen Dauer, wie die 2000-jährige Präsenz des Christentums in Syrien, gehen auf die Antike zurück und gelangen erst jetzt, in einer Katastrophe genozidalen Ausmaßes, an ihr Ende. Nomaden, Stämme und die Machtinteressen imperialer Mächte sind weitere strukturprägende Momente der langen Kontinuität. Deshalb muss, wer Syriens Zerstörung im Bürgerkrieg seit 2011 verstehen will, weit ausholen und tief in die Schichten der Historie schauen. Er wird darin überraschend viel finden, was ihm aus der Gegenwart bekannt vorkommt.
Zu einer historischen Tiefenschau ins ferne Syrien der klassischen Antike möchte dieses Buch einladen. Es verdankt seine Entstehung der Initiative des Klett-Cotta-Verlags und seines Lektors, Dr. Christoph Selzer. Den Schreibprozess begleiteten, das Thema bringt es mit sich, anregende, teilweise auch hitzige Diskussionen an meinem Institut, aber immer wieder auch am Sommer’schen Esstisch. Dafür bin ich meiner Frau Diana, meinem Sohn Jan und etlichen unserer Freunde, schließlich den Kollegen, Mitarbeitern und Studenten am Institut für Geschichte der Carl von Ossietzky Universität zu großem Dank verpflichtet. Danken möchte ich schließlich Marlies Heinz und Fergus Millar, die mich zuerst für das antike Syrien begeisterten.
Oldenburg, im April 2016
Michael Sommer
An einem Frühjahrstag des Jahres 243 n. Chr. wechselte die Sklavin Amatsin zum Preis von 700 Denaren den Besitzer. Amatsin war zu diesem Zeitpunkt 28 Jahre alt und lebte in Edessa, der vormaligen Hauptstadt eines kleinen Königreichs namens Osrhoene, das sich zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris im nördlichen Mesopotamien ausdehnte. Dass Menschen ein Handelsgut waren, das man kaufen und verkaufen konnte wie Kleider oder Töpfe, war in der Antike ganz und gar nichts Ungewöhnliches. In Griechenland und Rom ebenso wie im Alten Orient war die Arbeitskraft von Sklaven in nahezu allen Bereichen unentbehrlich: in der Landwirtschaft und im Gewerbe wie im Haushalt. Wer Sklave war, war eines anderen Menschen Eigentum. Oder aber er gehörte dem Staat, einem Tempel, einer Organisation. Sklaverei begründete einen Rechtsstatus, sie sagte nicht unbedingt etwas über die Lebensumstände einer Person aus. Manche Sklaven waren wirtschaftlich bessergestellt als viele Freie.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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