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Papst Franziskus: "Diese Wirtschaft tötet" Hat Papst Franziskus Recht, wenn er behauptet, dass die jetzige Wirtschaftsordnung ganze Bevölkerungsgruppen ausgrenzt, soziale Ungerechtigkeiten erzeugt und Gewalt hervorbringt? Diese Frage wird man eindeutig mit "Ja" beantworten. Also gilt, was einige namhafte Wirtschaftsexperten längst entdeckt haben: Reichtum, den viele erzeugen, darf nicht von wenigen angeeignet werden. Eine ausgewogene Verteilung des geschaffenen Reichtums dient dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und dem Frieden. Und es kann nicht Staatsziel Nummer Eins sein, alle Nationen konkurrenzfähig und alle Menschen beschäftigungsfähig zu machen. Friedhelm Hengsbach, Deutschlands führender Sozialethiker, fordert eine Verteilung, die die bisherige Regel der vorrangigen Kapitalverzinsung korrigiert: Natur, Arbeit, Geld und gesellschaftliche Vorleistungen erarbeiten gemeinsam eine Wertschöpfung, und müssen gleichberechtigt entlohnt werden.
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Seitenzahl: 88
Veröffentlichungsjahr: 2014
Friedhelm Hengsbach SJ, Jahrgang 1937, ist Deutschlands führender Sozialethiker; bis 2006 war er Professor für Christliche Gesellschaftsethik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main und Leiter des Oswald von Nell-Breuning-Instituts für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik. Er lebt und arbeitet in der Katholischen Akademie Rhein-Neckar in Ludwigshafen (Rhein). 2012 erschien von ihm im Westend Verlag Die Zeit gehört uns: Widerstand gegen das Regime der Beschleunigung.
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ISBN 978-3-86489-559-3© Westend Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2014Umschlaggestaltung: Max David, Westend VerlagSatz: Publikations Atelier, DreieichDruck und Bindung: CPI – Clausen & Bosse, LeckPrinted in Germany
Inhalt
Vorwort
1 Die Auslöser
Papst Franziskus
Thomas Piketty
Im Vorkrieg
2 Panorama sozialer Ungleichheit
Ungleiche Arbeit, Löhne, Einkommen, Vermögen
Ungleiche Chancen für Männer und Frauen
Ungleiche Bildungszugänge
Zunehmende Polarisierung
Europas Grenze
3 Isoliert und frei
Distinktion
Leistungsmythen
Marktlogik
Kapitalistische Dynamik
4 Gerecht und solidarisch
Biblische Orientierung
Kirchliche Sozialverkündigung
Ethische Reflexion
5 Teilen – was sonst
Tarifverträge
Mitbestimmung
Vermögensteuer
Öffentliche Güter
Zeitautonomie
Ein anderes Europa
Nachwort
Anmerkungen
Vorwort
»Die Wolken am Himmel und die Richtung des Windes könnt ihr deuten. Warum nicht die Zeichen dieser Zeit?« Ein Satz aus dem Lukas-Evangelium hat mich angeregt, dieses Buch zu schreiben, um für das Teilen zu werben. Denn ein Zeichen der gegenwärtigen Zeit sehe ich in dem verweigerten Teilen: An der Peripherie einer Welt des Wohlstands entlädt sich eine Gewalt, die mit Waffen wütet, die im Zentrum hergestellt und für das Töten geliefert werden. Sie treibt zahllose Menschen in eine ausweglose Flucht vor Verfolgung und Entbehrung bis an die Grenzen und in die Vorhöfe des Zentrums.
Ein weiteres Zeichen der gegenwärtigen Zeit erkenne ich in der Wiederentdeckung des Teilens: Während die weiter schwelende Bankenkrise in eine reale Wachstumsschwäche mutiert, kündigen sich ein mentaler Wechsel und ein Umdenken an. Immer mehr Menschen zweifeln an der Überzeugungskraft jener Denkströmung, in der es angeblich nur darauf ankomme, dass die einzelnen im Wettbewerb gegeneinander den eigenen Vorteil suchen, während der Markt es schon richten werde, dass der erzeugte Wohlstand auf alle verteilt wird.
Aufgeschlossene Ökonomen stellen zudem fest: Die herkömmliche Wirtschaftstheorie ist wirklichkeitsfremd und irrt, wenn sie ein Menschenbild unterstellt, in dem soziale Beziehungen und solidarisches Empfinden ausgeschlossen sind. Sie beobachten: Die gesamtwirtschaftliche Leistung wächst, gleichzeitig wächst die soziale Ungleichheit. Die kapitalistische Dynamik vertieft die gesellschaftliche Spaltung zwischen privilegierten und benachteiligten Gruppen. Sie zersetzt die Solidarität der Länder mit den Kommunen in Deutschland, in der Europäischen Union und an deren Grenzen. Sie untergräbt die Zustimmung breiter Bevölkerungsgruppen zur Demokratie.
Welche Entscheidungs- und Handlungsimpulse sollten diese Zeichen auslösen? Mich bewegt ein Wechsel folgender Prioritäten: Menschen, die bisher um sich selbst kreisen und in sich selbst verschlossen sind, öffnen nun ihren Mitmenschen den gleichen Raum, den sie für sich beanspruchen. Die Jagd nach einem ziellosen Wachstum, das erst die Voraussetzung für eine nachrangige Verteilung der Güter bildet, wird als dumm und schädlich verurteilt. Individuelle Begabungen und Leistungen gelten als geringfügig im Vergleich zu der Überzeugung, dass die Menschen als Gleiche geboren werden und gleiche Rechte haben. Die Umverteilung eines bereits privat angeeigneten Reichtums kommt immer zu spät. Deshalb sollte die Entscheidung über das Niveau und die Richtung der Güterproduktion sowie über ihre Verteilung bereits an der Quelle erfolgen, wenn die Güter entstehen. Eine Gesellschaft mit einer eher ausgewogenen Verteilung der Einkommen und Vermögen hat eine größere Chance, nach innen und außen Wohlstand und Frieden zu schaffen – ohne Waffen. Deshalb scheint mir die eindringliche Bitte gerechtfertigt: »Teilen, nicht töten!«
1 Die Auslöser
Zu Beginn des neuen Jahrhunderts hatte Wolfgang Thierse behauptet: »Die Gerechtigkeitsfrage ist in die Gesellschaft zurückgekehrt.«1 Mehr als zehn Jahre danach stellte der Leiter des Instituts für Weltwirtschaft, Dennis Snower, fest, dass die Wirtschaftswissenschaft sich von einem Menschenbild verabschiede, das moralische Werte, soziale Normen und menschliche Beziehungen ausklammert. Das Kieler Institut habe »seinen Bereich von der traditionellen Konzentration auf Effizienzprobleme hin zu Gerechtigkeitsproblemen erweitert«. Eine breite Öffentlichkeit kritisiert bereits seit Jahren die zunehmend ungleiche Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Erleben wir einen Gezeitenwechsel im Urteil darüber, was der Wirtschaft und dem Staat zu tun geboten ist?
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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